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I<br />

Die - allem An;chein nach längerfristige -<br />

Attraktivität dieser neuen Formate resultrert unseret<br />

Erachtens Sanz werentlich daraus, dass sie<br />

die Genese von Erfolg, d.h. die Entwicklung und<br />

AneitnunS von Performance-Kompetenzen im<br />

Sinne von Leistungen nachvollziehbar machen<br />

und damit ein Versprechen (,Erfolg ist machbar')<br />

mit hohem Realitätsgehalt tran5portieren. Die<br />

Genese von Erlolg. die im Rahmen von Wettbewerben<br />

und mit der Bereitstellung von Hintertrundinformationen<br />

medial vermittelt und damit<br />

erfahrbar wird, wird zum alternativen Bildungsprogramm<br />

für junge Leute:<br />

Hier wird anscheinend keiner allein gelassen:<br />

Man lernt nicht allein. Man trainiert nicht allein.<br />

Man hofft nicht allein. Man leidet nicht allein.<br />

Aber man lernt. /V1an trainiert. Man hofft. Man<br />

leidet. Und deshalb hat man die Chance. jemand<br />

zu werden - gerade dann. wenn man nicht<br />

sicher ist, jemand zu sein. Der gecastete Star<br />

markiert als ldee folglich das - zumindest vorläufige<br />

- Ende des Ceniekults. Er ist das Cegenteil<br />

jenes Helden. der aus dem biographischen<br />

Nichts ins Rampenlichtritt.<br />

Der Secastete 5tar mu:l nicht nur.einfach'<br />

etwag können, sondern er muss sich jenes Können<br />

erarbeiten, muss sich disziplinieren, an Regeln<br />

halten, Opfer bringen, sich als zuverlä5sit<br />

und fleißig erweiten und vor allem: durchhalten,<br />

Sehorchen, parieren - am besten vor den Augen<br />

der Fetnsehzuschauel die an ihm, an seinem<br />

Eeispielernen, nicht nur dass, sondern auch wie<br />

sie ihre Cewinnchancen in dieser Lotterie dcs<br />

Lebens steigern können: Eben dadurch, dass sie<br />

Sich von solchen neuen ,Autoritäten' wie Dieter<br />

Eohlen oder Detlef .Dee' Sohrt anschnauzen<br />

und ausammenstauchen lassen - widerspruchslos<br />

(so, als ob sie sich in der Crundausbildung<br />

für eine militärische Elitetruppe befänden).<br />

Gleichwohl gibt er für die Kandidaten der Casting<br />

Shows viel ru gewinnen und wenig zr.r<br />

verlieren. Denn selbst eine für den schlursend-<br />

52<br />

hchen Sre6 untureichende 5elbstrnszenrerung<br />

zreht doch ern hohes Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit<br />

- und auch an frnanziellen Vorterlen<br />

- nach sich. Insofern fungreren die Cagting<br />

Shows für dre vielen.;ungen Menschen, die drese<br />

5endungen ,draußen an den Brldschirmen' verfolgen,<br />

tatsachlch als eine ,Lotterie des Lebens',<br />

als dieses Format eben verspricht, ihnen - allen<br />

- die Chance zu eröffnen. einen in praktrrch<br />

,yeder Hrnsicht,profitablen' Bekanntheitsgrad ru<br />

erlangen und infolge dreses Bekanntheitsgrades<br />

dann vielleicht wenig5tens fur einen gewrsren<br />

Zeitraum auch tattächlich zu so etwas !u werden<br />

wre ein 'Star'.<br />

Jugend der Zukunft -<br />

Zukunft der )ugend?<br />

Dre ständig steigende Geschwindrgkeit und<br />

Komplexität der uns kulturell verfügbaren Kommunikatronrtechnologien,<br />

vereinfachend auch<br />

gerne als ,Mediatisierung des Alltags' bezeichnet,<br />

prägt dergestalt augenscheinlich die Weltsicht<br />

ebenso wie das kohortentyplsche Kompetenzprofil<br />

derjungen Leute heute. In der selb:tverständlrchen<br />

und - .ledenfall: aul Sicht der<br />

Alteren: spielerisch-leichten - AneiBnung, Nuttun6<br />

und Umnutzung neuer und immer avancierterer<br />

Medien liegt ihre offenkunditrte Chance,<br />

tich ihrer Überlegenheit beim Zugriff auf dre<br />

heutige Welt und mehr noch beim Vorgriff auf<br />

die Welt von morgen zu vergewisgern und diese<br />

Übertegenheit auch - nicht selten betont berläufrg<br />

- zu demonstrieren.<br />

Die5e welt ist eine Bilderwelt. eine metaphorische<br />

Oberfläche m't nichtlineafen Trcfenltrukturen,<br />

erne Wirklichkeit symbolrscher Inszenierun-<br />

Ben, ein Spiel mit Kopien und Simulatronen. Der<br />

kulturell angemcrsene Zugri(l tst nicht mehr<br />

tezeptiv. sondern interaktiv, gcnauer SesaBl.<br />

pJeudo-interaktiv (weil mit zwar hochkomplexen,<br />

gleichwohl aber vorgefertagten Programmen<br />

und Oatenpaketen terchehend).<br />

Dre so genannte KulturinduJtrre fungrert hier<br />

nrcht mehr als das GeBenüber, das. 1e nach<br />

Srchtwe'te. unterhalt oder manrpuIen oder manrpulatrv<br />

unterhalt, oder untelhalt5am manrpulrcrt.<br />

5lc wrd zum Cclchaftspartner erner omnr-<br />

letzteren.,sernen.er6enen Weg gehen' lmpLzrert<br />

präsenten, d.h. einer sich in alle Leben5reBUn-fügen hinern er5treckenden und nahezu alle Men-<br />

zwangslaufig, ihn Segen oder ,auf Kosten' arlde-<br />

junge Menschen aber nicht, jedenfalls nicht<br />

schen erfat5enden JuSendkultur, zu elnem Cesch,rftsparlner,<br />

uber detsen EiSeninteressen slch vrelmehr typischerweise sich selber im Kreise<br />

rer zu 6ehen. Die ,Stars' der Zukunft wollen<br />

(so 6ut<br />

wre) nremand mehr lllusronen macht. anderer veruvirklichen. Canz man Selber 2u 5ein'<br />

den aber auch kaum noch lemand damonisiert' steht für sie nicht im Ce8ensat zu kollektivem<br />

Dre Abwrcklung der ,Ceschafte' Setchreht dabei Spaß-Haben und zur Gemeinschafttbildung<br />

-<br />

kcrneswegs verlasslich oder 8ar im jedenfalls<br />

SeSensertiSen<br />

dann, wenn dies ,mit den richtigen<br />

Vertrauen. Vielmehr iJt beiden bzw al(en Seiten Leuten' (und),rnit den richti8en ldeen' 8esch<br />

ieh t.<br />

standrg darum zu tun, sich mittels innovattver<br />

Konzepte weniSstens kurzfristige Ausbeutungsvorterle<br />

gegenüber dem anderen zu verschaffen' Oie sich ins Scheinwerferlicht medialer Öffentlichkeiten<br />

Drängenden hie und die sich in soziale<br />

Aber dieser Spiel um punktuelle Vorteile durch<br />

unentwegte Erhohung der Komplexitat der Sonderwelten Ernspinnenden da bezeichnen somit<br />

lediglrch zwei sich nrcht nur ergänzende.<br />

Spielregeln sowie durch situative UmnutzunB<br />

derselben wird selber zum integralen Bestandteil sondern immer wieder ineinanderfließende Aus-<br />

des kulturellen VergnÜgens.<br />

Dem ganz entsprechend i5t mehr alt die Hälfte<br />

(6enauer. 53(t6l der jungen Menschen heute<br />

zukunftsfroh Sestimmt. und weitere 4496 tind<br />

immcr noch ehcr optrmlttisch' während nur 396<br />

sich um das Morgen ernsthaft sorgen.l Allerdin6t<br />

betreffen diese positiven Erwartungen<br />

eher die .je ei6cne Existenz. Dem weiteren Fortgang,des<br />

6anzen'sehen die meisten von lhnen<br />

eher pessimistisch entgegen (wirtschaftlicher<br />

Nredcr8anS, ökologische Katastrophen. Sewaltformige<br />

Auseinandersetzungen). Was wir also<br />

erkennen können, ist ein deutliche5 Vertrauen in<br />

die eigenen 5tärken und ein fa5t ebento deutlrcher<br />

Misstrauen gegenüber den gesellschaftlichen<br />

Kraften. 7O% glaubcn, dass dre okonomltchen<br />

KrrSenicht nur andauern, sondern noch Mitarbeiterln am Lehrstuhl {ur Soziologe der<br />

Dr. Michaela Pfadenhauer ist wissenschaftlrche<br />

runehmen werden. gar 939b befürchten' dass Universität Dortmund. lhre wichtiSsten Arbe'tsgebiete<br />

sind 5oziof ogie proIessione))en Han-<br />

drc Zertcn. in denen mehr oder wenlSer Jeder<br />

ernen akzeDtablcn Arbeitsplatr frnden kann, in delns. multtoptionales Konsumverhalten, wissenssozrolo6rsche<br />

den westhchen Indu5triet(aJten endSÜlti8<br />

Ethnographie.<br />

vorbei sind.<br />

Zwischen dem Kampf um (dauerhaft Seticherte)<br />

entlohnte Arbeit und dem Kampf um Aufmerkramkert<br />

und soziale Anerkennunt entscheiden<br />

srch deshalb immer mehr Menschen für den<br />

formungen symptomatischer Überlebenskunst<br />

in einer Welt, die vom Heute ini MofEen dreht.<br />

Anmct!qngcn<br />

I Drcse Angaben lrnd den Ertcb^rttcn crner 5(!dt-tandve16le'chenden<br />

qudLfrrrc.endcn €.hcbung von waldcmai<br />

vogel6eiln6 u.a entnommcn, v8l Voiel6etön8.<br />

Waldemir I2O03j. tu$ndncne Leb?ntwelt?n Trret Habrlrtationltchaft.<br />

S.487f.<br />

Or. Ronald Hrtzler ist Ptofessor für 5oziolo6re an<br />

der Unrversität Oortmund, seine Schwerpunkte<br />

srnd DramatoloSische Anthropologie, Lebensweltanalyse.<br />

hermeneutrsche Wissenssozrologre,<br />

Modernisrerung als Handlungsproblem<br />

53

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