Dittmann-VGH - Grüngürtel Frankfurt-Sossenheim
Dittmann-VGH - Grüngürtel Frankfurt-Sossenheim
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4. Senat<br />
4 N 3364/00<br />
AEpse $'rs'Eft<br />
Verkündet am:<br />
7. Oktober 2004<br />
Engelhardt, Ang.<br />
Urkundsbeamtin<br />
der Geschäfissteile<br />
Hessischer Verwaltungsgerichtshof<br />
In dem Verwaltungsstreituerfahren<br />
lm Namen des Volkes<br />
Urteil<br />
1. des Herrn Jürgen Kremser,<br />
2. der Frau Gerda Kremser,<br />
beide wohnhaft: Bottenhorner Weg 40, 60489 <strong>Frankfurt</strong> am l\,4ain,<br />
Antragsteller,<br />
bevollmächtigt: RechtsanwaltFranzNeukirch,<br />
Niddastraße 74,60329 <strong>Frankfurt</strong> am Main,<br />
gegen<br />
das Land Hessen,<br />
vertreten durch das Regierungspräsidium Darmstadt,<br />
Wilhelminenstraße 1 - 3, 64283 Darmstadt,<br />
Antragsgegner,<br />
wegen Überprüfung der Gültigkeit der Landschaftsverordnung über das Landschaftsschutzgebiet<br />
,,Grüngürtel und Grünzüge in der Stadt <strong>Frankfurt</strong> am l\.4ain"<br />
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 4. Senat - durch<br />
Richter am Hess. <strong>VGH</strong> Schröder,<br />
Richterin am Hess. <strong>VGH</strong> Dyckmans,<br />
Richter am Hess. <strong>VGH</strong> lgstadt.<br />
Richter am Hess. <strong>VGH</strong> Dr. <strong>Dittmann</strong>,<br />
Richter am Hess. <strong>VGH</strong> Heuser<br />
aufgrunder mündlichen Verhandlung vom 7. Oktober 2004 für Recht erkannt:<br />
Der Antrag wird abgelehnt.<br />
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.<br />
4 N 3364/00 Eng
2-<br />
Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller<br />
dürfen die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitslejstung in Höhe der vo!-<br />
streckbaren Kosten abwenden, sofern nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung<br />
in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.<br />
Die Revision wird nicht zugelassen.<br />
Tatbestand<br />
Die Antragsteller sind Eigentümer von 13 Grundstücken im celtungsbereich der Verordnung<br />
über das Landschäftsschutzgebiet "Grüngürtel und Grünzüge der Stadt<br />
<strong>Frankfurt</strong> am Main" vom 28.09.1998. 11 Grundstücke liegen in der Gemarkung von<br />
<strong>Sossenheim</strong>, jeweils ein Grundstück liegt in der Gemarkung von Zeilsheim bzw. von<br />
Nied. Die Grundstücke haben eine Gesamtfläche von ca. t ha und sind Ackerland,<br />
Grünland oder sonstige landwirtschaftliche Fläche- Das 529 m, große Grundstück jn<br />
Nied umfasst u.a. eine ca. 125 m, große Wasserflächeines Altarmes der Nidda.<br />
Sämtliche Grundstücke lagen bereits im Geltungsberejch der Verordnung zum Schutze<br />
von Landschaftsteilen in der Stadt <strong>Frankfurt</strong> am Main vom 31 .07.1972- LSVO 1972 -.<br />
lm Jahr 1991 führte das Regierungspräsidium Darmstadt mit der Stadt <strong>Frankfurt</strong> und<br />
dem Umlandverband <strong>Frankfurt</strong> Gespräche über die Novellierung dieser Verordnung.<br />
Daraufhin wurde ein Verordnungsentwurf erarbeitet. Zu Beginn des Jahres 1993 wurde<br />
eine Anhörung der anerkannten Naturschutzverbände, der Träger öffentlicher Belange<br />
sowie der Grundstückseigentümer<br />
Nutzungsberechtigten eingeleitet- Seitens des<br />
Magistrats der Stadt <strong>Frankfurt</strong> wurde der Verordnungsenlwurf der Verordnung über das<br />
Landschaftsschutzgebiet "Grüngürtel und Grünzüge der Stadt <strong>Frankfurt</strong> am Main" am<br />
16.02.1993 mit Text und Ubersichtskarte ortsüblich bekannt gemacht. In der Bekanntmachung<br />
wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen innerhalb einer Frist bis zum<br />
25.03.1993 beim Regierungspräsidium Darmstadt vorgetragen werden können und<br />
dass private Schreiben schriftlich beantwortet werden. Der Verordnungsentwurf samt<br />
Übersichts- und Abgrenzungskarte wurde dem Hessischen Ministerium für Landesentwicklung,<br />
Wohnen, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz mit der Bitte um Genehmigung<br />
und Veröffentlichung im Staatsanzeiger vorgelegt. Die Verkündung erfolgte im<br />
Staatsanzeiger für das Land Hessen vom 31 .01.1994 StAnz. S. 329 - LSVO 1994 -.<br />
Hiergegen haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 07.04.1994 einen Normenkontrollantragestellt<br />
(4 N 1442194). Weitere Flächen, vor allem im Norden und Nordosten<br />
r' N .1J64/00- Fr s
-Jder<br />
Stadt, wurden mit Verordnung vom 25. August 1994 als Landschaftsschutzgebiet<br />
einstweilig sichergestellt.<br />
lm Juni 1998 wurde eine erneute Anhörung der anerkannten Naturschutzverbände, der<br />
Träger öffentlicher Belange sowie der Grundstückeigentümer<br />
Nutzungsberechtjgten<br />
eingeleitet. Die anerkannten Naturschutzverbände sowie die Träger öffentlicher Belange<br />
wurden direkt angeschrieben. Die Anhörung der Eigentümer und Nutzungsberechtigten<br />
erfolgte durch öffentliche Bekanntmachung. In dem Bekanntmachungstext wurde<br />
darauf hingewiesen, dass Bedenken und Einwendungen gegen die Ausw'eisungen des<br />
Landschaftsschutzgebietes sowie Anregungen zum Entwurf der Schutzverordnung bis<br />
zum 09.0B.1998 vorgebracht werden können. Auch wurde ausdrücklich mitgeteilt, dass<br />
Flächen, die bisher schon mit der Verordnung "Grüngürtel und Grünzüge in der Stadt<br />
<strong>Frankfurt</strong> am Main" vom 06.01.1994 unter Schutz gestellt waren, mit Flächen, die im<br />
Rahmen der Sicherstellung "Grüngüftel Teil ll" vom 25. Augusi 1994 unter einstweiligen<br />
Schutz gestellt waren, in einer Verordnung zusammengefasst würden und inhaltliche<br />
Veränderungen<br />
Verordnung nicht geplant seien. Der Verordnungsentwurf samt Abgrenzu<br />
ngskarten wurde für die Dauer vom 18. Juni 1998 bjs zum 31 . Juli 1998 öffentlich<br />
währender Dienststunden zu jedermanns Einsicht<br />
den Diensträumen der Stadt<br />
Frankfud und des Regierungspräsidiums Darmstadt ausgelegt. Aufgrund von Einwendungen<br />
und der damit verbundenen Absicht, Flächen gegenüber dem Verordnungsentwurf<br />
zu entlassen, erfolgte mit Schreiben vom 08.09.1998 eine weitere Anhörung der<br />
anerkannten Naturschutzverbände. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass beabsichtigt sei,<br />
den Text der Verordnung in S 7 "in Zone I bedarf die Durchführung von Vorhaben, die in<br />
dem zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung genehmigten Flächennutzungsplan<br />
des Umlandverbandes <strong>Frankfurt</strong> vorgesehen sind oder die aufgrund erteilter<br />
gültiger Verwaltungsakte die vor Inkraftreten der Verordnung erlassen wurden, erfolgen,<br />
keiner Genehmigung" dahingehend zu ändern, dass entsprechend auch in Zone ll<br />
keine Genehmigung erforderlich sei. Nach Abschluss des Anhötungsverfahrens und<br />
des daran angeschlossenen Abwägungsprozesses erhielten diejenigen, die Bedenken<br />
und Anregungen in schriftlicher Form geäußert hatten, jeweils ein Antwortschreiben.<br />
Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Grüngürtel und Grünzüge der Stadt<br />
<strong>Frankfurt</strong> am Main" vom 28.09.1998 - LSVO 1998 - wurde am 12. Oktober 1998 im<br />
Staatsanzeiger für das Land Hessen (StAnz. S. 3158) verkündet und ist rückwirkend<br />
zum 20.09.1998 in Kraft getreten. Sie umfasst mit Ausnahme weniger Gebiete, die von<br />
4 N 3364/00 Ena
-4-<br />
der Verordnung zur einstweiligen Sicherstellung von des Landschaftsschutzgebietes<br />
"Grüngürtel und Grünzüge in der Stadt Frankfud am l\4ain Teil Il" vom 25.08.'1994 geschützt<br />
waren, die geschützten Gebiete der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet<br />
"Grüngürtel und Grünzüge der Stadt <strong>Frankfurt</strong> am Main" vom 6. Januar 1994.<br />
Durch g 7 der LSVO<br />
'1998 wird die LSVO 1994 ausdrücklich aufgehoben. Der räumliche<br />
Geltungsbereich der LSVO 1998 ergibt sich aus einer Ubersichtskarte mit den Gebietsgrenzen<br />
im Maßstab1 : 30.000 und einer Abgrenzungskarte im Maßstab 1 : 5.000, die<br />
die einzelnen Grundstücke enthält. Diese Karten wurden im Wege der Ersatzverkündung<br />
gemäß S 6 des Verkündungsgesetzes niedergelegt, worauf in g I Abs. 3 der<br />
LSVO<br />
'1998 hingewiesen wurde.<br />
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 09. 10.2000, eingegangen bei Gericht am 10.10.2000,<br />
haben die Antragsteller das Normenkontrollverfahren 4 N 1442194 in der Hauptsache<br />
für erledigt erklärt und einen Normenkontrollantrag gegen die Landschaftsschutzverordnung<br />
über das Landschaftsschutzgebiet "Grüngürtel und Grünzüge in der Stadt <strong>Frankfurt</strong><br />
am Main" vom 28. September 1998, veröffentlicht im Staatsanzeiger für das Land<br />
Hessen vom l2.10.'l998, gestellt.<br />
Nachdem das Regierungspräsidium Darmstadt das Verfahren 4 N 1442194 ebenfalls in<br />
der Hauptsache für erledigt erklärt hatte, hat der Senat dieses Verfahren eingestellt und<br />
die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben.<br />
Zur Begründung des vorliegenden Normenkontrollantrages gegen die LSVO 1998 machen<br />
die Antragsteller im Wesentlichen geltend, sie seien antragsbefugt, da die angegriffene<br />
Rechtsverordn ung in S 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 17 und Abs.2 Nr. 1bis5bestimmte<br />
Handlungen von einer Genehmigung abhängig mache und weil Zuwiderhandlungen<br />
nach 5 6 Abs. I der Verordnung als Ordnungswidrigkeit geahndet würden. Beispielweise<br />
sei ihnen, den Antragstellern, das Grillen auf ihren eigenen Grundstücken, die Errichtung<br />
von Einfriedungen und das Baden in eigenen Gewässer nur nach besonderer<br />
Genehmigung durch die Untere Naturschutzbehörde erlaubt. Insofern seien sie, die Antragsteller,<br />
in ihrem Eigentumsrecht beeinhächtigt.<br />
Die frühere Landschaftsschutzverordnung aus dem Jahr 1972 habe sie, die Antragsteller,<br />
nicht in gleicher Weise betroffen wie die LSVO 1998. Besonders offensichtlich sej<br />
dies im Hinblick auf das nunmehr von einer Genehmigung abhängige private Baden in<br />
eigenen Gewässern oder im Hinblick auf das Grillen. Aber auch die Anpflanzung nicht<br />
4N33ö4/OO-Eng
-5-<br />
heimischer Gehölze, die Errichtung von Grundstückseinfriedungen, das Verbrennen von<br />
Schnjttgut oder die Anlage von Fischteichen hätten im Jahr 1972 nicht Der se ernem<br />
Genehmigungsvorbehalt unterlegen, sondernur dann, wenn diese Maßnahmen geeignet<br />
waren, eine Schädigung der Natur, eine Beeinhächtigung des Naturgenusses<br />
oder eine Verunstaltung des Landschaftsbildes zu verursachen. Unter Geltung der Ver_<br />
ordnung aus dem Jahr 1998 seien sie, die Antragsteller, unabhängig von einer tatsäch_<br />
lichen Ejgnung der Handlung, sich auf Natur und Landschaft negativ auszuwirken, auf<br />
eine Erteilung einer Genehmigung angewiesen. Ferner befürchteten sie, die Antragsteller,<br />
in naher Zukunft weiteren Nachteilen bei der Grundstücksnutzung ausgesetzt<br />
zu sein. Die Stadt <strong>Frankfurt</strong> plane, direkt angrenzend an ihre crundstücke in<br />
<strong>Sossenheim</strong> Retentjonsmaßnahmen für die Zuschüttung des Westhafens zu realisieren.<br />
U.a. solle künftig ein 2 m hoher Wall errichtet werden, der nicht zuletzt eine Kältebrücke<br />
darstellen werde und damit eine erhöhte Gefahr von Frostschäden schaffe sowie erheblichen<br />
Schatten werfen werde. Mit dem "Ausbau des Dottenfeldgrabens" gehe ferner<br />
eine Erhöhung des Grundwasserspiegels einher, welche das Absterben empfindlicher<br />
Anpflanzungen zur Folge haben werde. Entgegen der Meinung des Antragsgegners<br />
handeles sich beiden antragstellerischen Grundstücken nicht um Teile einer<br />
"Auenlandschaft". Zu einer Aue gehörten Grundstücke, die sich in einem regelmäßig<br />
überfluteten Überschwemmungsgebiet einäs Flusses befänden. Seit der Regulierung<br />
der Nidda in den Jahren 1928 bis 1932 mäandriere diese jedoch nicht mehr und seien<br />
auch keine Uberschwemmungen mehr aufgetreten. Nach ihren Kenntnissen sei das<br />
Gebiet letztmalig in den Jahren 1882i83 überschwemmt worden.<br />
Die Landschaftsschulzverordnung sei schon deshalb unwirksam, weil weder eine ordnungsgemäße<br />
vorherige Unterrichtung der betroffenen Eigentümer gemäß S 16 Abs. 3a<br />
HeNatc vor Erlass der Verordnung noch deren ordnungsgemäße Bekanntmachung<br />
gemäß S 6a des Hessischen Verkündigungsgesetzes stattgefunden habe. Weder in der<br />
Ankündigung der ersten Grüngürtel-Verordnung im <strong>Frankfurt</strong>er Amtsblatt vom 16. Februar<br />
'1993 noch in der Ankündigung der dezeitigen Grüngürtel-Verordnung im Amtsblatt<br />
vom 23. Juni 1998 sei eine Karte veröffentlicht worden. Dies sei unverständlich, da das<br />
<strong>Frankfurt</strong>er Amtsblatt dasselbe Format wie der Staatsanzeiger habe, in dem die Verordnungen<br />
immer mit Karten veröffentlicht würden. Durch die nicht erfolgte Veröffentljchung<br />
einer Karte sei die Beteiligung der Privateigentümer weitgehend unterbunden<br />
worden. Darüber hinau sei in der Ankündigung der Verordnung im Amtsblatt vom<br />
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-b-<br />
23. Juni 1998 ausgeführt worden, dass inhaltliche Veränderungen<br />
Verordnung nicht<br />
geplant seien. Damit sei den Betroffenen zu verstehen gegebenen worden, dass jedweder<br />
Veränderungsvorschlag zwecklo sei, so dass sie entmutigt worden seien, ihre<br />
Veränderungsvorschläge überhaupt einzubringen. Die im Rahmen der Ersatzverkündigung<br />
vorgelegte Gebietskarte sei ungenaund weiche in wesentlichen Merkmalen von<br />
der Originalkarte ab, was einen Verkündungsmangel darstelle.<br />
ln der Sache sei zu rügen, dass der räumliche Geltungsbereich der Verordnung aus<br />
dieser nicht eindeutig hervorgehe; daher sei die Verordnung rechtlich unbestimmt. Die<br />
in S 1 Abs. 1 der Verordnung unternommene Unterschutzstellung "der offenen Grünräume<br />
des Stadtgebietes <strong>Frankfurt</strong> am l\4ain" bleibe auch unter Berücksichtigung der in<br />
der Anlage zu der Verordnung beigefügten Abgrenzungska e in jhrem räumlichen celtungsbereich<br />
unklar. Der Begriff sei für sich genommen vöilig unbestimmt und eine hinreichende<br />
Konkretisierung der einzelnen erfassten Grundstücke mit der beigefügten<br />
Karte nicht möglich. Es fehlten die Bezeichnungen der betroffenen Gemarkungen, Flure<br />
und Flurstücke. Auch weise die Karte nicht eine derartige Detailschärfe auf, die eine<br />
eindeutige Abgrenzung ermöglichen würde.<br />
Die Landschaftsschutzverordnung sei im Ganzen abwägungsfehlerhaft. Dies ergebe<br />
sich bereits daraus, dass sie ca. 57,2 % des Gebietes der Stadt <strong>Frankfurt</strong> umfasse. Ob<br />
die Ausweisung eines solch großen Bereichs nach S 13 HeNatc aus naturschutlachlichen<br />
Gesichtspunkten erforderlich und den tatsächlichen Gegebenheitenach angemessen<br />
sei, erscheine äußerst fraglich. Die Grundstücke, die ihnen, den Antragstellern,<br />
gehörten, wiesen insbesondere keine besondere Vielfalt, Eigenart oder Schönheit des<br />
Landschaftsbildes auf. Der Ortsbeirat 6 habe am 28.04.1998 festgestellt, dass das<br />
<strong>Sossenheim</strong>er Unterfeld willkürlich in die Landschaftsschutzzonen I und ll aufgeteilt<br />
worden sei. Die Einteilung<br />
die Zone I und Zone ll sei grundsätzljch falsch. Es gebe<br />
keine objektiv nachvollziehbaren Grundsätze, nach denen die Einteilung in diese Zonen<br />
erfolgt sei. Es hätte vom Antragsgegner im Einzelnen begründet werden müssen, wann<br />
und warum es sich bei den Flächen entweder um die für spezifische Nutzungen vorgesehenen<br />
öffentlichen und privaten Grünanlagen, Spod-, Freizeit- und Erholungsanlagen,<br />
sowie wohnungsferne Gärten, landwirtschaftliche Flächen, Flächen für den Erwerbsgartenanbau<br />
und Grabeland handele (Zone l), oder um ökologisch bedeuisame<br />
Wiesen, extensiv genutzte Ackerflächen, Streuobstbestände, Gehölze, Brachen, Auenbereiche<br />
und Feuchtgebiete sowie Waldflächen und Acker-, Wiesen- und Weideland<br />
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-7 -<br />
und öffentliche crünanlagen (Zone ll) handele. Eine Geeignetheit der Verordnung zum<br />
Erreichen der Ziele des S 13 HeNatc sei nicht ersichUich. Es sei für sie, die Antragstel_<br />
ler, unzumutbar, bei alltäglichen Dingen wie dem Grillen auf dem eigenen Grundstück<br />
oder dem Baden in eigenen Gewässern zuvor eine Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde<br />
einzuholen. Alle Grundstücke, die ihnen, den Antragstellern, gehörten,<br />
würden dem Schutzzweck ll zugeordnet. Ein entsprechendes besonderes Schutzbe_<br />
dürfniseijedoch nicht ersichtlich und die Erforderlichkeit einer Einschränkung der<br />
Grundstücksnutzung nicht gegeben. Dje Verordnung fasse in $ 2 Abs. 2 und 3 völlig<br />
unterschiedliche Gebietstypen pauschal unter einer Schutzzone zusammen. Trotz der<br />
unterschiedlichen ökologischen Wertigkeit, z.B. von extensjv genutzten Ackerflächen<br />
und Auenbereichen, würden für diese die gleichen Ge- und Verbote gelten. Es komme<br />
daher zu unverhältnismäßigen Verboten in den weniger schützenswerten Gebieten. Der<br />
Verordnungsgeber habe versucht, ohne nähere Betrachtung der Schutzwürdigkeit alles<br />
unter Schutzu stellen, was nicht offensichtlich im Widerspruch zur vorhandenen Bebauung<br />
oder zu Planungen der Stadt <strong>Frankfurt</strong> am Main gestanden habe. Ein dahinter<br />
stehendes politisches Ziel dürfte auch das Bestreben der Stadt <strong>Frankfurt</strong> gewesen sein,<br />
ein möglichst zusammenhängendes Erholungsgebiet rund um die Stadt herum zu<br />
schaffen. Diese Motive stellten jedoch keine zulässigen SchuEzwecke dar, die die Beschränkung<br />
der Grundrechte der betroffenen Eigentümer rechtfertigen könnten.<br />
Auch elnzeine Verbote der Verordnung seien für sich genommen unverhältnismäßig.<br />
Innerhalb der Schutzzone I sei insbesondere das Verbot gemäß S 3 Abs. 1 Nr. 15<br />
LSVO unverhältnismäßig. Es verbiete, Hecken, Gebüsche, Einzelbäume, hochstämmige<br />
Obstbäume oder Uferbewuchs zu beschädigen oder zu beseitigen sowie nichtheimische<br />
Gehölze anzupflanzen. Der Begriff der nichtheimischen Gehölze sei zu unbestimmt.<br />
Der Laie sei nicht in der Lage, zwischen Pflanzen zu unterscheiden, die seit<br />
Jahzehnten, Jahrhunderten oder aber erst seit ejnigen Jahren in der freien Natur anzutreffen<br />
seien und deren Qualifizierung als schon heimisch oder noch nicht heimisch er<br />
in vielen Fälle nicht vornehmen könne. Es wäre geboten und erforderlich gewesen,<br />
einen Katalog mit einer Negativ- oder Positivliste aufzustellen, anhan deren eine unzweifelhafte<br />
Aufklärung über die nicht anzupflanzenden Arten erfolgt wäre.<br />
Auch das in S 3 Abs. 1 Nr. 5 festgelegte Verbot der Errichtung von Grundstückseinfriedungen<br />
sei nicht nachvollziehbar. ln der Verordnung sei nicht näher festgelegt, welche<br />
4N3364/00-E.g
-o-'<br />
Arten von Einfriedung der vorherigen Genehmigung bedürften. Insbesondere sei njcht<br />
ersichtlich, warum man beispielsweise Flächen für den Erwerbsgartenbau nicht mitteis<br />
einer Hecke einfrieden dürfe. Sie, die Antragsteller, würden auch durch das Verbot in<br />
S 3 Abs. 1 Nr. 8 unverhältnismäßig beeinträchtigt. Das Verbot, ein Feuer anzuzünden,<br />
würde dazu führen, dass sie ihr Schnittgut nicht mehr wie bisher durch Verbrennen beseitigen<br />
könnten, sondern beijeder noch so geringen l\,4enge eine gesonderte cenehmigung<br />
bei der Unteren NaturschuLbehörde einholen müssten. Auf Flächen, die beispielswejse<br />
dem EMerbsgartenbau dienten, sei nicht ersichtlich, warum ein solches<br />
Verbot erforderlich sei. Sie, die Antragsteiler, würden von den vorgenannten Regelungen<br />
betroffen, obgleich ihre Grundstücke nicht in der Schutzzone I gelegen seien.<br />
lnnerhalb der Schutzzone ll seidas Verbot Nr. 'l unverhältnismäßig. Es sei nicht ersichtlich,<br />
inwieweit etwa das Baden der Antragsteller in ihrem eigenen Teilstück eines<br />
Altarms der Nidda in Nied die Natur belaste. Gleiches gelte für ein kleines Grillfeuer auf<br />
einem ihrer Obstbaumgrundstücke. Das Verbot Nr. 2 (Kahlschläge, die eine Größe von<br />
0,5 ha überschreiten) sei bereits deswegen widersprüchlich, weil in der weniger schutzbedürftigen<br />
Zone I bereits das Beschädigen oder Beseitigen einzelner Hecken, Gebüsche,<br />
Einzelbäume usw. verboten sei, während hier der Kahlschlag von bis zu 0,5 ha<br />
genehmigungsfrei bleibe. Für sie, die Antragsteller, sei insbesondere unklar, ob dje Beseitigung<br />
einer größeren Obstbaumgruppe als genehmigungsfreier Kahlschlag oder<br />
genehmigungspflichtige Baurirbeseitigung zu werten sei. Soweit der Antragsgegner<br />
geliend mache, das Verbot Nr. '15 edasse freistehende Einzelbäume, während das<br />
Verbot Nr. 2 nur für Waldflächen gelte, werde dies bestritten. Kahlschlag liege auch bei<br />
der Rohdung einer Streuobstwiese vor. Selbst wenn man unterstelle, dass der Begriff<br />
Kahlschiag nur das Beseitigen vonWald beschreibe, sei nicht nachvollziehbar, warum<br />
Waldflächen weniger schützenswert sein sollten als freistehende Einzelbäume.<br />
Die Antragsteller beantragen,<br />
die Landschaftsschutzverordnung über das Landschaflsschutzgebiet "Grüngürtel<br />
und Grünzüge in der Stadt Frankfud am Main" vom 28. September<br />
1998, veröffentlicht im Staatsanzeiger für das Land Hessen vom 12. Oktober<br />
'1998, für unwirksam zu erklären.<br />
Der Antragsgegner beantragt,<br />
den Antrag zurückzuweisen.<br />
4 N 3364/00 - Eng
Er macht geltend, der Normenkontrollantrag sei unzulässig, da die Grundstücke der<br />
Antragsteller bereits im Geltungsbereich der Verordnung zum Schutze von Landschaftste;len<br />
in der Stadt <strong>Frankfurt</strong> am Main vom 31. Juli 1972 gelegen hätten. Nach S 2<br />
dieser Verordnung sei es verboten, innerhalb des unter Schutz gestellten Gebietes Veränderungen<br />
vorzunehmen, die die Natur schädigten oder den Naturgenuss beeinträchtigten<br />
oder das Landschaftsbild verunstalteten. Die streitgegenständliche Verordnung<br />
mit ihrer konkreteren Ausgestaltung sei sogar positiver für die Antragsteller, da sie<br />
durch die ausschließliche Aufzählung der Genehmigungspflichten in S 3 weniger beschränkt<br />
würden als durch das allgemeine relative Veränderungsverbot<br />
früheren<br />
Verordnung. Durch die neue Verordnung werde keine bisher zulässige Nutzung zum<br />
Nachteil der Antragsteller ausgeschlossen oder eine Handlung oder Maßnahme für genehmigungspflichtig<br />
erklärt, die zuvor genehmigungsfrei gewesen sei. Überdieseizu<br />
berücksichtigen, dass grundsätzlich die Möglichkeit bestehe, von den Regelungen der<br />
Landschaftsschutzverordnung 1998 Ausnahmegenehmigungen zu erhalten. Überdies<br />
bedürfes für die meisten in S 3 LSVO 1998 formulierten Handlungen ohnehin einer<br />
Eingriffsgenehmigung nach S 6 Abs. 1 HeNatG. lm Übrigen seidie Verordnung ordnungsgemäß<br />
zustande gekommen und sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die<br />
Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes habe in g 16 Abs. 2 HeNatc eine wirksame<br />
Ermächtigungsgrundlage. lm vorliegen Fall seien äuch alle drei in S '13 Abs. 1 Nr- 1<br />
bis 3 HeNatc genannten Schutzzwecke gegeben, da das Gebiet sehr strukturreich sei<br />
und sowohl Auen als auch Felder, Wälder, Wiesen, aber auch Freizeitanlagen und Erholungsflächen<br />
umfasse. lnsbesondere die land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen<br />
und Feuchtgebiete dienten der Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.<br />
Wegen des Beitrages zur Eigenart und Schönheit einer Landschaft bedürften<br />
besonders die Auenlandschaften sowie andere kleinstrukturierte und häufig auch kleinparzellierte<br />
Bereiche sowie durch unterschiedlichste Nulzungen geprägte Bereiche des<br />
besonderen Schutzes. Der gesamte Bereich, der von der Landschaftsschuügebietsverordnung<br />
erfasst werde, diene, da er in einem Ballungszentrum liege, als Naherholungsgebiet<br />
und habe daher besondere Bedeutung für die Erholung.<br />
Zone I enthalte besiedelte bzw. bebaute Berciche, die aufgrund ihrer Struktur und der<br />
vorhandenen Grünbereiche der Naherholung dienten. Zone ll erfasse Flächen, die sowohl<br />
aus naturschutzfachlichen als auch aus Gründen der Naherholung wertvoll seien.<br />
Hierbei handeles sich weitestqehend um unbesiedelte bzw. unbebaute Flächen. Es<br />
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würden Auenbereiche, Wälder, ökologisch bedeutsame Wiesen und extensiv genutzte<br />
Ackerflächen erfasst. Hierbei handeles sich um Bereiche, dje zur Erhaltung der Leis_<br />
tungsfähigkeit des Naturhaushaltes gerade im Ballungsraum von großer Bedeutung<br />
seien und eines besonderen Schutzes bedürften. Die Zweifel der Antragsteller, dass ca.<br />
57,2 % des <strong>Frankfurt</strong>er Stadtgebieteschützenswert im Sinne des Schutzzwecks der<br />
Verordnung seien, seien unbegründet. Die Flächen seien anhand eines Kriterienkatalogs<br />
eingestuft worden, wobei allein fachliche Kriterien entscheidend gewesen seren.<br />
Die Antragstelier lieferten keine substantjellen Argumente, weshalb di€i entsprechend<br />
große Fläch einer Großstadt nicht schützenswert sein solle. Dasselbe gelte hinsichflich<br />
der Meinung, es sei unwahrscheinlich, dass etwa 70 % der ausgewiesenen Flächen der<br />
strengeren Schutzz one ll zugeordnet werden könnten. Die Grundstücke der Antragsteller<br />
lägen sämtlich in der Schutzzone ll. Der Bereich des <strong>Sossenheim</strong>er Unterfeldes,<br />
in dem die meisten Grundstücke der Antragsteller lägen, entspreche den Schutzwürdigkeitskriterien<br />
sogar in hervorragender Weise. Der fragliche Bereich zähle zur erweiterten<br />
Niddaaue, einem reich strukturierten, durch ein kleinflächiges Mosaik von<br />
Acker-, Obst-, Grünland und Brachflächen gekennzeichneten Areal mit besonderer Bedeutung<br />
für alle drei Hauptziele des Landschaftsschutzes gemäß S 13 HeNatc, nämlich<br />
den Ressourcenschutz, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes sowie Erholung.<br />
Die Schutzanordnung sei auch erforderlich. Dazu bedürfe es keiner natur- oder denkgesetzlichen<br />
Unabweisbarkeit der Schutgebietsausweisung. Es genüge, dass der angestrebte<br />
Schutz vernünftigerweise geboten erscheine. Für Landschaftsräume in der<br />
Nähe von Großstädten beslehe wegen der durch den Siedlungsdruck bedingten erhöhten<br />
Gefährdung auch ein erhöhtes Schutzbedürfnis.<br />
lm Rahmen der Abwägung seien die sich gegenüberstehenden Interessen des Landschaftsschutzes<br />
und die Nutzungsinteressen der Grundeigentümer gegeneinander abgewogen<br />
worden. Durch die in $ 3 Abs. 1 und 2 LSVO festgelegten Genehmigungsvorbehalte<br />
werde die Sozialbindung des Eigentums der betreffenden Grundstückseigentümer<br />
konkretisiert, die sich aus der Situationsgebundenheit ihrer Grundstücke ergebe.<br />
Die getroffenen Regelungen seien geeignet, den Schutzzweck zu erreichen. Die Genehmigüngsvorbehalte<br />
dienten zum einen dem Schutz der Vegetation und Tierwelt vor<br />
Flächenversiegelung, Verschmutzung und Zerstörung söwie zum anderen dem Erhalt<br />
der bestehenden Landschaft und des typischen Landschaftsbildes. Zweck der Unterschutzstellung<br />
des Grüngürtels sei ausweislich des S 2 der Verordnung in der Zone I die<br />
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Erhaltung und Entwicklung der vielfältigen Nutzungsstrukturen unter Berücksichtigung<br />
der Lebensstätten der Flora und Faüna. In der Zone ll stünden die Erhaltung und Förderung,<br />
insbesondere<br />
klimatischen Bedingungen und des vielfältigen Erscheinungsbildes<br />
der Erholungslandschaft sowie die Erhaltung und die nachhaltige Entwicklung<br />
der natürlichen Vegetation und der vielfältigen Biotopstrukturen als Lebensstätte<br />
und Standort zahlreicher Tier- und Pflanzenarten, das Freihalten der Bacnauen von<br />
Aufwuchs und der Bebauung und die Erhaltung sowie der Aufbau von naturnahen<br />
Waldbeständen im Vordergrund. Die unbeschränkte Zulassung der in S 3 LSVO formulierten<br />
Maßnahmen und Handlungen würde die VeMirklichung des SchuLzweckes gefährden.<br />
Es seien nur solche Handlungen für genehmigungspflichtig erklärt worden, die<br />
aller Erfahrung nach geeignet seien, den Schutzzweck der Verordnung ernsthaft zu<br />
gefährden. Dabei könne der Verordnungsgeber bei größeren Schutzgebieten flächendeckende<br />
Regelungen erlassen, ohne im jeweiligen Einzelfall die gegenläufigen Interessen<br />
der Grundeigentümer abzuwägen. Diesen Anliegen könne später durch Ausnahmen<br />
und Befreiungen Rechnungetragen werden. Die Aufzählung der in S 4 der<br />
Landschaftsschutzverordnung genannlen Handlungen, die keiner Genehmigung bedürften,<br />
trügen den privatnützigen lnteressen der Grundstückseigentümer unter Wahrung<br />
des Schuzweckes Rechnung und beschränkten somit die Eigentums- und Nutzungsbeschränkungen<br />
auf das Erforderliche.<br />
Soweit die Antragsteller geltend machten, Nachteile durch eine Festschreibung des<br />
Gebietscharakters ihrer Grundstücke zu erleiden, werde angemerkt, dass durch eine<br />
Schutzgebietsverordnung, deren ausdrückliches Ziel die Erhaltung und Förderung des<br />
vielfältigen Erscheinungsbildes der Erholungslandschaft sei, keineswegs ein Gebietscharakter<br />
festgeschrieben werde. lnsbesondere sei den Grundstücken der Antragsteller<br />
nicht der Charakter einer "Auenlandschaft" zugeschrieben worden. Gleichwohl sei diese<br />
Landschaft, in die die Grundstücke der Antragsteller eingebettet seien, durch ihre Kleinstrukturiertheit<br />
im Sinne von Erholung, Ressourcenschutz und Landschaftsbild eindeutig<br />
schutzwürdig im Sjnne des S 13 Abs. 1 HeNatG.<br />
Die die streitige Landschaftsschutzverordnung betreffenden Verwaltungsvorgänge des<br />
Antragsgegners (3 Leitz-Ordner, 5 Aktenbände, eine Kartenrolle und ein Heftstreifen mit<br />
Fotographien des Niddatales) sowie die Gerichtsakten 4 N 1442194 und 4 N 4347157<br />
waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.<br />
4N3364/00-Eng
Entscheidungsgründe<br />
Der Normenkontrollantrag ist statthaft. Die Antragsteller wenden sich gegen die cültigkeit<br />
einer auf der crundlage von S 16 Abs. 2 des Hessischen Gesetzes über Naturschutz<br />
und Landschaftspflege - HeNatc - als Rechtsverordnung erlassenen Landschaftsschutzgebietsverordnung<br />
und damit gegen eine unter dem Landesgeserz srehende<br />
Rechtsvorschrift, deren Gültigkeit vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof gemäß<br />
S 47 Abs. 1 Nr. 2 VWGO i.V.m. S 15 HessAGVwGO auf ihre Wirksamkeit überprüft<br />
werden kann.<br />
Es ist fraglich, ob die Antragsteller antragsbefugt sind im Sinne des S 47 Abs. 2 Satz 1<br />
VWGO. Nach dieser Vorschrift kann u.a. jede natürliche person den Antrag stellen, die<br />
geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten<br />
verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Eine antragsberechtigende<br />
Rechtsverletzung ljegt stets dann vor, wenn Verbotsregelungen in einer Rechtsverordnung<br />
einen Antragsteller in der Ausübung seiner Eigentumsrechte aus Art. 14 GG nicht<br />
unerheblich beeinträchtigen. Es ist fraglich, ob die von den Antragstellern geltend gemachten<br />
Beeinträchtigungen die Erheblichkeitsstufe erreichen. Die Antragsteller machen<br />
nämlich nicht etwa geltend, durch Verbote der Landschaftsschutzverordnung bei<br />
der iandwirtschaftlichen Nutzung ihrer 13 Flurstücke beeinträchtigt zu werden, sondern<br />
sehen sich nach ihrem eigenen Vorbringen lediglich dadurch in ihrem Eigentum beeinträchtigt,<br />
dass es ihnen veMehrt ist, ohne besondere Ausnahmegenehmigung ihre<br />
Grundstückeinzufrieden oder auf ihren eigenen Grundstücken zu gdllen oder im Altarm<br />
der Nidda auf dem ejgenen Grundstück zu baden. Es spricht viel dafür, dass diese<br />
geltend gemachten Beeinträchtigungen im Bagatellbereich liegen, zumalsämtliche<br />
Grundstücke nach Lage und Zuschnitt keine Freizeitgrundstücke sind, sondern ejner<br />
landwirtschaftlichen Nutzung unterliegen und sich daher weder zum Grillen noch zum<br />
Baden besonders anbieten. Es kommt hinzu, dass die Landschaftsschutzverordnung<br />
die Errichtung von Grundstückseinfriedungen keineswegs in vollem Umfang unter einen<br />
Genehmigungsvorbehalt stellt. Vielmehr sind gemäß S 4 Nr. 10 LSVO 1998 offene Weidezäume<br />
mit Holzpfosten bis 1,5 m Höhe und gemäß S 4 Nr. 1 LSVO 1998 etwa zur<br />
Ausübung der ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Bodennutzung sonstigerforder-<br />
Iiche Einfriedungen nicht genehmigungsbedürftig. Der danach verbleibende Genehmigungsvorbehalt<br />
schränkt die Antragsteller nur ganz geringfügig ein, zumal die Antragsteller<br />
nicht einmal geltend machen, ihnen sei eine beantragte Genehmigung über-<br />
4N3364/00-Eng
haupt jemals versagt worden" Es ist daher bereits fraglich, ob das Maß der gettend gemachten<br />
Beeinträchtigungen überhaupt die Bagatellgrenze überschreitet. Diese Frage<br />
mag auf sich beruhen.<br />
Jedenfalls fehlt den Antragstellern das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Das<br />
Rechtsschutzinteresse der Antragsteller ist nicht gegeben, weil im Falle der Aufhebung<br />
der LSVO 1998 ihre crundstücke den Regelungen der LSVO 1994 untertägen, die die<br />
Antragsteller ausdrücklich nicht mehr angreifen und auch nicht mehr angreifen können.<br />
Die LSVO 1994 gleicht in Bezug auf die crundstücke der Antragstelter der LSVO<br />
'1998.<br />
lm Fall der objektiven Nichtigkeit der LSVO 1994 unterlägen die Grundstücke der Antragsteller<br />
den Regelung der LSVO 1972, die in S 2 in der Art einer Generalklausel verbietet,<br />
innerhalb des unter Schutz gestellten Gebietes Veränderungen vorzunehmen,<br />
die die Natur schädigen oder den Naturgenuss beeinträchtigen oder das Landschaftsbild<br />
verunstalten. Diese Generalklausel reicht nicht weniger weit als die sehr detaillierten<br />
Genehmigungsvorbehalte der LSVO 1998. Die Argumentation des Antragsgegners,<br />
dass durch die neue Verordnung keine bisher zulässige Nutzung zum Nachteil der Antragsteller<br />
ausgeschlossen werde oder ejne Handlung oder [,4aßnahme für genehmigungspflichtig<br />
erklärt werde, die zuvor genehmigungsfrei gewesen ist, ist zutreffend. Es<br />
kommt hinzu, dass für die meisten in S 3 LSVO 1998 unter Genehmigungsvorbehalt<br />
gesiellten Handlungen ohnehin eine Eingriffsgenehmigung nach S 6 Abs. 1 HeNatc<br />
erforderlich ist. Die Befürchtung der Antragsteller, in naher Zukunft weiteren Nachteilen<br />
bej der Grundstücksnutzung ausgesetzt zu sein, rechtfertigt nicht die Bejahung des<br />
Rechtsschutzinteresses im vorliegenden Verfahren. Die Antragsteller machen insoweit<br />
geltend, die Stadt <strong>Frankfurt</strong> plane direkt angrenzend an die antragstellerischen<br />
Grundstücke in Sossenhejm Retentionsmaßnahmen für die Zuschüttung des Westhafens<br />
zu realisieren. U.a. solle ein 2 m hoher Wall errichtet werden, der nicht zuletzt eine<br />
Kältebrücke darstellen werde und damit eine erhöhte cefahr von Frostschäden schaffen<br />
sowie erheblichen Schatten werfen werde. Mjt dem "Ausbau des Dottenfeldgrabens"<br />
gehe ferner eine Erhöhung des Grundwasserspiegels einher, welche das Absterben<br />
empfindlicher Anpflanzungen zur Folge haben werde. Bei den insoweit geschilderten<br />
l\4aßnahmen der Stadt <strong>Frankfurt</strong> am Main handelt es sicb nicht um Vorhaben, die<br />
ihrerseits das Bestehen der LSVO<br />
'1998 voraussetzen und dementsprechend durch eine<br />
Aulhebung der LSVO 1998 verhindert würden. Der Normenkontrollantrag ist daher<br />
unzulässig.<br />
4 N 3364/00 Eng
-44-<br />
Darüber hinaus ist der Normenkontrollantrag auch unbegründet.<br />
Formell-rechtljche Mängel der angegriffenen Rechtsverordnung sind nicht gegeben. Die<br />
am 23. Juni 1998 veröffentlichte Ankündigung der öffentlichen Auslegung der Verordnung<br />
über das Landschaftsschutzgebiet "Grüngürtel und Grünzüge in der Stadt <strong>Frankfurt</strong><br />
am Main" genügte den Anforderungen des S 16 Abs. 3a HeNatc. Der Beifügung<br />
einer Karte bedurfte es nicht. Sämtliche in den Geltungsbereich der Verordnung einbezogenen<br />
Flächen waren nämlich bereits durch die Verordnung Grüngürtel und Grünzüge<br />
in der Stadt <strong>Frankfurt</strong> am N4ain vom 6. Januar 1994 bzw. im Rahmen der Sicherstellung<br />
Grüngürtel Teil ll vom 25. August 1994 erfasst. Beide Flächen waren somit auch<br />
bereits durch veröffentlichte Karten genau definiert. Unter diesen Umständen genügte<br />
bei der Ankündigung der öffentlichen Auslegung der verbale Hinweis, dass die Flächen<br />
der LSVO 1994 und der Slcherstellungsverordnung 1994 zusammengefasst werden<br />
sollten. Der weitere Hinweis, dass inhaltliche Veränderungen der Verordnung nicht geplant<br />
seien, diente entgegen der Meinung der Kläger nicht der Entmutigung der Betroffenen,<br />
sondern ihrer Information über die im Zeitpunkt der Veröffentlichung bestehenden<br />
Planungsabsichten.<br />
Die angegriffene Verordnung ist ordnungsgemäß veröffentlicht worden. Gemäß S '1<br />
Abs. 2 des Gesetzes über die Verkündung von Rechtsverordnungen, Organisationsanordnungen<br />
und Anstaltsanordnungen vom 02.11.1971 (cVBl. I S. 258) - Verkündungsgesetz<br />
- sind Verordnungen eines Regierungspräsidiums im Staatsanzeiger für das<br />
Land Hessen zu veröffentlichen. Djes ist hier geschehen. Die Verordnung über das<br />
Landschaftsschutzgebiet "Grüngüdel und Grünzüge in der Stadt <strong>Frankfurt</strong> am Main"<br />
vom 28. September 1998 ist im Staatsanzeiger für das Land Hessen vom 12- Oktober<br />
1998 S. 3158 f. veröffentlicht worden. Entgegen der Meinung der Antragsteller ist der<br />
räumliche Geltungsbereich in einer dem Bestimmtheitsgrundsatz gerecht werdenden<br />
Weise bekannt gemacht worden. Es steht im Einklang mit dem rechtsstaatlichen Gebot<br />
der Klarheit von Rechtsnormen, dass eine Übersichtskarte im l\.4aßstab 1 : 30.000 und<br />
eine Abgrenzungskarte im Maßstab 1 : 5.000, aus der die betroffenen Grundstückersichtlich<br />
sind, als Anlagen zu der Landschaftsschutzverordnung mitveröffentlicht worden<br />
sind. Diese Veröffentlichungsform genügt den aus rechtsstaatlichen Gründen an die<br />
Verkündung von landschaftsschutzrechtlichen Verordnungen zu stellenden Mindestanforderungen,<br />
da die Verordnung die Abgrenzung des Gebiets durch die als Anlage im<br />
Verkündungsblatt beigegebenen Kärten genau ersichtlich macht (Beschluss des Senats<br />
4 N 3364/00 - Eng
- 15 -<br />
vom 09.10.'1995 - 4 N 1429192 -). Die Antragsteller machen in diesem Zusammenhang<br />
geltend, es fehlten die Bezeichnungen der betroffenen Gematkungen, Flure und<br />
Flurstücke. Dies ist so nicht rjchtig. Vielmehr sind die meisten cemarkungsbezeichnungen<br />
ebenso wje die Flur- und Flurstücksbezeichnungen erkennbar. Zumindest lässt sich<br />
aber in jedem Fall im Hjnblick auf die parzellenscharfe Abgrenzung zweifelsfrei feststellen,<br />
ob ein Grundstück im Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung liegt<br />
oder nicht. Insbesondere tragen die Antragsteller selbst vor, dass ihre 13 Flurstücke im<br />
Landschaftsschutzgebiet und zwar in der Schutzbereichszone ll liegen. Einen konkreten<br />
Fall, in dem die Zugehörigkeit einer Fläche zum Landschaftsschutzgebiet fragllch wäre,<br />
haben die Antragsteller nicht benannt. Ein solcher Fall ist auch nicht ersichtlich. Die Behauptung<br />
der Kläger, die im Rahmen der Ersatzverkündung vorgelegte Gebjetskarte sei<br />
ungenaund weiche in wesentlichen Merkmalen von der Originalkarte ab, ist demenf<br />
sprechend auch völlig unsubstantiiert.<br />
Die Landschaftsschutzverordnung ist materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist<br />
mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere verstößt sie nicht gegen die in<br />
Art. 107 und 118 HV normierte Kompetenz der Landesregierung bzw. einzelner Landesmjnister<br />
zum Erlass gesetzesausführender Rechtsverordnungen (Hess. <strong>VGH</strong>, Urteil<br />
vom 21.03.2003 - 4 N 4603/98 -).<br />
Die Landschaftsschutzverordnung entspricht den Anforderungen des $ 13 HeNatG.<br />
Nach dieser Vorschrift sind Landschaftsschutzgebiete rechtsverbindlich festgesetzte<br />
Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft aus den in Abs. 1<br />
Nr. '1 bis 3 genannten Schutzzwecken erforderlich isi. Die Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes<br />
kommt nur dort in Betracht, wo Natur und Landschaft in ihrer<br />
Gesamtheit oder in Teilen aus den in dieser Vorschrift genannten Gründen schutzwürdig<br />
sind. Hinzukommen muss, dass das Gebiet des in S 13 HeNatG bezeichneten<br />
Schutzes auch tatsächlich bedarf- Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit hat<br />
Iediglich insoweit Schrankenfunktion, als der Gesetzgeber zum Ausdruck bringt, dass in<br />
den Fällen, in denen ein Gebiet aus naturschutzrechtlicher Sicht besonderschutzwürdig<br />
und schutzbedürftig erscheint, eine Schutzausweisung nur dann in Betracht kommt,<br />
wenn sie vernünfligeMeise geboten ist (BVerwG, Beschluss vom 18.07.1997 - 4 BN<br />
5.97 - UPR 1998, 30 ). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Nach S 2<br />
Abs. 2 der Landschaftsschutzverordnung umfassen die Zonen I die für spezifische Nutzungen<br />
vorgesehenen öffentlichen und privaten Grünanlagen, Sport-, Freizeit- und Er-<br />
4N3364/00-Eng
- 16 -<br />
holungsanlagen sowie wohnungsferne Gärten, landwirtschaftliche Flächen, Flächen für<br />
den Erwerbsgartenbau und Grabeland. Zweck der Unterschutzstellung dieser Zonen ist<br />
der Erhalt des Charakters der Landschaftsräume zum Wohle der Allgemeinheit, insbesondere<br />
für dle freiraumgebundene Erholung. Schutzziel ist die Erhaltung und Entwicklung<br />
der vielfältigen Nutzungsstrukluren unter Berücksichtigung der Lebensstätten der<br />
Flora und Fauna. Nach S 3 Abs. 3 LSVO 1998 umfassen dje Zonen ll ökologisch bedeutsame<br />
Wiesen, extensiv genutzte Ackerflächen, Streuobstbestände, Gehölze, Brachen,<br />
Auenberciche und Feuchtgebiete sowie Waldflächen und Acker-, Wiesen- und<br />
Weideland und öffentliche Grünanlagen. Zweck der Unterschutzstellung dieser Zonen<br />
ist die Erhaltung der für den Landschaftsraum typischen Auenlandschaft mit ihren Stillund<br />
FIießgewässern einschließlich ihrer Ufervegetation mit ihrer besonderen Eigenart<br />
und Schönheit, insbesondere zur Förderung durch unterschiedliche Durchfeuchtungsstufen<br />
bestimmter Vegetationseinheiten und wegen ihrer Bedeutung für die Erholung;<br />
ferner der Schutz und die Förderung artenreicher Lebensräume, insbesondere<br />
den<br />
Auenbereichen, Streuobstbeständen, Magerrasen, Quellfluren und Waldbeständen zur<br />
Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und der bäuerlichen Kulturlandschaft.<br />
Schutzziel in diesem Bereich ist die Erhaltung und Förderung insbesondere der<br />
klimatischen Bedingungen und des vielfältigen Erscheinungsbildes der Erholungslandschaft<br />
sowie der Erhalt und die nachhaltige Entwicklung der natürlichen Vegetation und<br />
der vielfältigen Biotopstrukturen als Lebensstätte und Standort zahlreicher Tier- und<br />
Pflanzenarten, das Freihalten der Bachauen von Aufwuchs und Bebauung und die Erhaltung<br />
und der Aufbau von naturnahen Waldbeständen. Damit erfolgt die Ausweisung<br />
aus allen in S 13 Abs. 1 Nr- 'l bis 3 HeNatG genannten Schutzzwecken. Die Kriterien für<br />
die Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes entsprechen der rahmenrechtlichen<br />
Regelung des S 15 BNatSchG und werden angereichert durch die in den Sg 1 und 2<br />
HeNatG und SS 1 und 2 BNatSchG enthaltenen Ziele und Grundsätze des Natur- und<br />
Landschaftsschutzes (BVerwG, Beschluss vom 13.08.1996 - 4 NB 4.96 -, NUR 1996,<br />
600; Louis, BNatSchG, 2. 4ufl., S 12 Rdnr. 68). Auf die von den Antragstellern aufgewoffene<br />
Frage, ob ihre Grundstücke Teil einer Auenlandschaft seien, kommt es mithin<br />
nicht an, denn die angegriffene Landschaftsschutzverordnung dient nicht nur der Förderung<br />
einer Auenlandschaft, sondern ebenso dem Schutz und der Förderung von Streuobstbeständen,<br />
Magerrasen, Quellfluren und Waldbeständen und nicht zuletzt auch der<br />
Erhaltung einer bäuerlichen Kulturlandschaft .<br />
4 N 3364/00 Ens
Die Landschaftsschutzverordnung steht mit den Anforderungen an dje Ausweisung eines<br />
Landschaftsschutzgebietes im Einklang. Sowohl die FIächen der Zonen I als auch<br />
die Flächen der Zonen II sind nach Lage der Akten schutzwürdig. Das Regierungspräsidium<br />
Darmstadt hat die Schutzgebietsausweisung auf der Grundlage der Erfahrungen<br />
mit der LSVO 1972 und der LSVO 1994 getroffen. Es hat jn seine überlegungen die<br />
Anregungen und Bedenken der anerkannten Naturschutzverbände, der Träger öffen i-<br />
cher Belange sowie der Grundstückseigentümer<br />
Nutzungsberechtigten einbezogen.<br />
Dabeist das Regierungspräsjdium Darmstadt den örflichen Besonderheiten<br />
jeweiligen einzelnen Zonen nachgegangen, wie sich aus den umfangreichen Aufstellungsunterlagen<br />
im Einzelnen ergibt. Die von den Antragstellern gegen die Schutzwürdigkeit<br />
der Gebieterhobenen Einwendungen greife nicht durch. Soweit die Antragsteller<br />
in allgemeiner Form geltend machen, es sei äußerst fraglich, ob die Ausweisung<br />
einer 52,7 % des Gebietes der Stadt <strong>Frankfurt</strong> am Main umfassenden Fläch erforderlich<br />
und angemessen sei, ist dieser Vortrag völlig unsubstantiiert und lässt außer<br />
Acht, dass jede der ausgewiesenen Teilflächen in einem intensiven Untersuchungsprozess<br />
anhand fachlicher Kriterien entsprechend eingestuft worden ist. Bezüglich ihrer<br />
eigenen Grundstücke machen die Antragsteller geltend, diese wiesen keine besondere<br />
Vielfalt, Eigenart oder Schönheit auf. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, aus welchen<br />
Gründen die Antragsteller zu dieser Einschätzung gelangen. Aus den vorliegenden<br />
Lichtbildern wird ersichtlich, dass die Grundstücke der Antragsteller teils in den Niddaauen,<br />
teils in den daran angrenzenden Flächen liegen; es handelt sich überwiegend um<br />
ein reich strukturiertes, im Wesentlichen durch kleinflächiges Mosaik von Acker-, Obs!,<br />
Grünland und Brachflächen gekennzeichnetes Gebiet. Dies gilt auch ünter Berücksichtigung<br />
des Umstandes, dass die Lichtbilder aus dem Blickwinkel des Anhagsgegners<br />
gefertigt und nach Darstellung der Antragsteller geschönt sein sollen.<br />
Die Antragsteller machen weiterhin geltend, das <strong>Sossenheim</strong>er Unterfeld sei willkürlich<br />
in die Landschaftsschutzzonen I und ll aufgeteilt worden. Auch diese Einschätzung erläutern<br />
die Antragsteller nicht näher. Insbesondere legen sie nicht dar, inwiefern die<br />
oben näher dargestellte Unterscheidung zwischen den Gebieten der Zonen I und der<br />
Zonen ll im <strong>Sossenheim</strong>er Unterfeld nicht beachtet worden wäre. Die von den Antragstellern<br />
insoweit lediglich zitierte Feststellung des Ortsbeirates 6, die Aufteilung sei<br />
willkürlich erfolgt, ist ihrerseits nicht im Hinblick auf die Kriterjen des S 2 Abs. 2 bzw.<br />
Abs. 3 der Landschaftsschutzverordnung begründet worden, sondern sollte ersichtlich<br />
4N3364/00-Eng
- 18 -<br />
dazu dienen, mehrere Kleingärtner beider Legaljsierung ihrer illegalen Kleinbauten zu<br />
unterstützen. Entgegen der l\.4einung der Antragsteller isi auch nicht zu beanstanden,<br />
dass der Antragsgegner lediglich zwei Arten von Schuzonen festgelegt hat. Eine stär_<br />
kere Aufgliederung der Schutzzonen in eine Vielzahlvon Gebietstypen würde die Verständlichkeit<br />
und Befolgbarkeit der Regelungen der Landschaftsschutzverordnung in<br />
erheblicher Weise negativ beeinflussen. überdiesind die Regelungen der Landschaftsschutzverordnung<br />
so beschaffen, dass sie durch die Freistellung der ordnungsgemäßen<br />
Landwirtschaft vom Genehmigungsvorbehalt für dje unterschiedlichen Gebietstypen<br />
innerhalb der Zone ll im Ergebnis ein unterschiedliches Schutzniveau erreichen,<br />
da z.B. auf einer Ackerlläche ordnungsgemäß anders landwirtschaftlich gearbejtet<br />
werden darf als in einem feuchten Auenbereich. Verbleibende Unterschiede in der<br />
Schutzwürdigkeit der fraglichen Flächen kann und muss im übrigen die cenehmigungsbehörde<br />
bei der Entscheidung über die Genehmigung von Maßnahmen oder<br />
Handlungen gemäß S 3 LSVO 1998 berücksichtigen.<br />
Dem Erlass der LSVO 1998 liegt aüch eine den Anforderungen des S 1 Abs. 2<br />
BNatschG gerecht werdende Abwägungsentscheidung zugrunde. Entgegen dem<br />
Wortlaut des S 1 Abs. 2 BNatSchG sind auch private Belange in die Abwägung einzustellen<br />
(vgl. Louis, S 12 Rdnr. 77 m.w.N.). Aus den vorliegenden Verfahrensakten ergibt<br />
sich, dass das Regierungspräsidium die privaten Belange derjewejligen Grundstückseigentümer<br />
zur Kenntnis genommen und in die Abwägung eingestellt hat. Es hat dabei<br />
auch njcht die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt und den Ausgleich zwischen<br />
den von der Landschaftsschutzverordnung berührten Belange nicht in einer<br />
Weise vorgenommen, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnisteht.<br />
Dies gilt auch für die in der LSVO 1998 festgelegten Genehmigungsvorbehalte,<br />
die in S 13 Abs. 2 HeNatc eine hinreichende Rechtsgrundtage Unden. Die einzelnen<br />
Regelungen sind im Hinblick auf den Schutzzweck der Verordnung nicht unangemessen.<br />
S 3 LSVO ist auch inhaltlichinreichend bestimmt. Soweit die Antragsteller<br />
geltend machen, es sei unklar, ob nach der Verordnung nur eine einmalige Handlung<br />
gestattet werden könne oder ob generelle und dauerhafte cenehmigungen für bestimmte<br />
Tätigkeiten eingeholt werden könnten, versteht es sich von selbst, dass sich<br />
die Genehmigung nach dem Antragsbegehren richtet und auch wiederholenden Handlungen<br />
im Rahmen einer einzigen Genehmigung zugestimmt werden kann.<br />
4 N 3364/00 Eng
- 19 -<br />
Der in S 3 Abs. 1 Nr. 15 LSVO verwendete Begriff "nicht einheimische Gehölze', ist njcht<br />
zu unbestimmt. Der Begriff der heimischen Art ist in Anlehnung an S 2Oa Abs. 1 Satz 1<br />
Nr. 5 BeNatschG zu definieren als "eine wildlebende pflanzenart, die ihr Verbreitungs_<br />
gebiet oder regelmäßiges Wanderungsgebiet ganz oder teilwejse im Inland hat oder in<br />
geschichtlicher Zeit hatte oder auf natürliche Weise in das Inland ausdehnt: als hej_<br />
misch gilt eine wildlebende Pflanzenart auch, wenn sich verwilderte oder durch<br />
menschlichen Einfluss eingebürgerte Pflanzen der betreffenden Art im Inland in freier<br />
Natur und ohne menschliche Hilfe über mehrere Generationen als population erhalten',.<br />
Entgegen der Meinung der Antragsteller bedurfte es keiner positiv- oder Negativliste.<br />
Bei einem derartigen Katalog besteht das Problem, dass die Verordnung zu detailliert<br />
wird und die Gefahr des Übersehens von Einzelfällen. Nach der Rechtsprecnung oes<br />
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 23. Mäz .199S - 4 N 263819'l -)<br />
verstößt selbst ein Erlaubnisvorbehalt, nach dem allein Handlungen einer cenehmigung<br />
bedürfen, die geeignet sind, dje Natur zu schädigen, den Naturgenuss zu beeinträcht!<br />
gen oder das Landschaftsbild zu verunstalten, nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.<br />
Eine derartig weite Formulierung ist aufgrund der Lebensverhältnisse unvermeidbar<br />
und zulässig.<br />
Der Einwander Antragsteller, sie seien durch die Genehmigungspflicht für die Beseitigung<br />
und Beschneidung von Bäumen und Hecken im Betrieb ihrer Obstbaumzucht beeinträchtigt,<br />
ist unrichtig. Diese Handlungen sind, sofern sie im Rahmen der ordnungsgemäßen<br />
landwirtschaftlichen Bodennutzung ausgeübt werden, gemäß S 4 Abs. 1 Nr. 1<br />
der Verordnung ausdrücklich von der Genehmigungspflicht ausgenommen.<br />
Der in S 3 Abs. 1 Nr. 5 der Verordnung enthaltene Genehmigungsvorbehalt hinsichflich<br />
der Errichtung von crundstückseinfriedungen ist geeignet, den Schutzzweck zu erreichen.<br />
Der Genehmigungsvorbehalt dient dazu zu kontrollieren, dass nur solche Einfriedungen<br />
errichtet werden, die der ursprünglichen Eigenart der Landschaft nicht widersprechen.<br />
Ortsübliche Einfriedungen im Rahmen der ordnungsgemäßen Landwirtschaft<br />
sind ebenfalls von der Genehmigungspflicht ausgenommen.<br />
Die in S 3 Abs. 1 Nr. 8 der Verordnung enthaltene Genehmigungspflicht für das Anzünden<br />
von Feuer basiert darauf, dass das Anzünden von Feuer in der Regel mit Festen<br />
verbunden ist, die grundsätzlich dem Schuzweck der Verordnung entgegenstehen.<br />
Das Anzünden landwirtschaftlicher Feuer. z.B. die Verbrennuno von Obstschnitt zur<br />
4 N 3364/00 - Eng
_20_<br />
Bekämpfung von Feuerbrand ist im Rahmen der Ausübung der ordnungsgemäßen<br />
landwirtschaftlichen Bodennutzung ebenfalls von der cenehmigungspflicht freigestellt.<br />
Der Begriff des Kahlschlages ist ein Begriff aus dem Bereich der Wald- oder Forstwirt_<br />
schaft und bezeichnet den flächigen Einschlag von Waldbäumen auf einer bestimmten<br />
Fläche. Die Antragsteller sind von diesem Genehmigungsvorbehalt nicht betroffen, da<br />
sie keine Waldflächen besitzen. Das Rohden mit anschließendem Ersatz von abgängi_<br />
gen hochstämmigen Obstbäumen ist als Handlung einer ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen<br />
Nutzung erlaubt. lm übrigen ist ein Slreuobstbestand nach S 23 HeNatc<br />
besonders geschütä. Eine Beseitigung bedarf einer naturschutzrechflichen Befreiung.<br />
Die Kostenentscheidung beruht auf S '154 Abs. 1 VwcO, die Entscheidung über die<br />
vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils auf SS 167 VwcO, 708 Nt.710,711 ZpO.<br />
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß S 132 Abs. 2 VwGO liegen<br />
nicht vor.<br />
4N3364/00-Eng
RECHTSMITTELBELEH RUNG<br />
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach<br />
Zustellung dieser Entscheidung angefochten werden. Die Beschwerde ist beim<br />
Hessischen Verwaltungsgerichtshof<br />
Brüder-Grimm-Platz 1<br />
34117 Kassel<br />
durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im<br />
Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt einzulegen;juristische<br />
Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte<br />
oder Angestellte mit Befähjgung zum Richteramt sowie Diplomjurjsten im höheren<br />
Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung<br />
zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiljgen kommunalen<br />
Spitzenverbandes<br />
Landes, dem sie als l\,4itglied zugehören, vertreten lassen. Dje<br />
Beschwerde muss die Entscheidung bezeichnen, die angefochten werden soll.<br />
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei l\y'onaten nach der Zustellung dieser Entscheidung<br />
zu begründen. Die Begründung ist bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof<br />
einzureichen. ln der Begründung muss entweder<br />
- die grundsätzliche Bedeuiung der Rechtssache dargelegt werden<br />
ooer<br />
- die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts,<br />
Gemeinsamen Senats der<br />
obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts bezeichnet<br />
werden, wenn geltend gemacht wird, von ihr werde in der in dem vorliegenden<br />
Verfahren ergangenen Entscheidung abgewichen und die Entscheidung beruhe auf<br />
dieser Abweichung,<br />
oder<br />
- ein Verfahrensmangel bezeichnet werden, auf dem die Entscheidung beruhen<br />
kann.<br />
Schröder Heuser Dr. <strong>Dittmann</strong><br />
Dyckmans<br />
lgstadt<br />
4N3364/00-Eng