Arbeitsbericht für das Jahr 2003 - Thüringer Landtag
Arbeitsbericht für das Jahr 2003 - Thüringer Landtag
Arbeitsbericht für das Jahr 2003 - Thüringer Landtag
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Jeder hat <strong>das</strong> Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit<br />
anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden<br />
an die zuständigen<br />
Der<br />
Stellen<br />
Petitionsausschuss<br />
und an die Volksvertretung zu wenden.<br />
Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener<br />
Frist. Jeder hat <strong>das</strong><br />
des<br />
Recht,<br />
Thüringer<br />
sich einzeln oder in<br />
<strong>Landtag</strong>s<br />
Gemeinschaft mit<br />
anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden<br />
an die www.landtag.thueringen.de/gremien/petition.htm<br />
zuständigen Stellen und die Volksvertretung zu wenden.<br />
Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener<br />
Frist. Jeder hat <strong>das</strong> Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit<br />
anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden<br />
an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.<br />
Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener<br />
Frist. Jeder Verfassung hat <strong>das</strong> Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit<br />
anderen des schriftlich Freistaats Thüringen oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden<br />
an die zuständigen - Auszug - Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.<br />
Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener<br />
Artikel 14:<br />
Frist. Jeder hat <strong>das</strong> Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit<br />
anderen "Jeder schriftlich hat <strong>das</strong> Recht, oder sich mündlich einzeln oder mit in Bitten Gemeinschaft oder Beschwerden<br />
mit<br />
an die zuständigen anderen schriftlich Stellen oder mündlich und an die mit Volksvertretung Bitten oder zu wenden.<br />
Es besteht<br />
Beschwerden<br />
Anspruch<br />
an die<br />
auf<br />
zuständigen<br />
begründeten<br />
Stellen<br />
Bescheid<br />
und an die<br />
in angemessener<br />
Volksvertretung zu wenden. Es besteht Anspruch auf<br />
Frist. Jeder begründeten hat <strong>das</strong> Bescheid Recht, in sich angemessener einzeln Frist." oder in Gemeinschaft mit<br />
anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden<br />
an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.<br />
Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener<br />
Frist. Jeder hat <strong>das</strong> Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit<br />
anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden<br />
an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.<br />
Es<br />
<strong>Arbeitsbericht</strong><br />
besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener<br />
Frist. Jeder hat <strong>das</strong> Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit<br />
anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden<br />
an die<br />
für<br />
zuständigen<br />
<strong>das</strong><br />
Stellen und<br />
<strong>Jahr</strong><br />
an die Volksvertretung<br />
<strong>2003</strong><br />
zu wenden.<br />
Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener<br />
Frist. Jeder hat <strong>das</strong> Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit<br />
anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden
I n h a l t<br />
S e i t e<br />
1. Zahlen, Zahlen, Zahlen<br />
1.1 Die bearbeiteten Eingaben ...................................................................................6<br />
1.2 Die Sitzungen des Petitionsausschusses ...............................................................6<br />
1.3 Die abschließend behandelten Eingaben .............................................................6<br />
1.4 Die mündlich vorgetragenen Eingaben ...............................................................7<br />
1.5 Die Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses ..........................................7<br />
1.6 Der Härtefonds ......................................................................................................7<br />
2. Die Strafvollzugskommission ............................................................ 7<br />
3. Die Tagung der Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des<br />
Bundes und der Länder ................................................................... 10<br />
4. Die Darstellung des Petitionsausschusses<br />
in der Öffentlichkeit ......................................................................... 11<br />
5. Die Zusammenarbeit mit dem Bürgerbeauftragten ..................... 11<br />
6. Einführung einer elektronischen Akte ........................................... 12<br />
7. Das Aktenvorlagerecht des Petitionsausschusses .......................... 12<br />
8. Die Sammel- und Massenpetitionen - Viele Bürger und ein<br />
gemeinsames Anliegen ..................................................................... 13<br />
8.1 Zwei Massenpetitionen von Bürgern aus Bad Tennstedt, Ballhausen<br />
und Mittelsömmern sowie aus Großfahner, Dachwig, Gierstädt und<br />
Hornsömmern ......................................................................................................14<br />
8.2 Beschluss zu einer Massenpetition von Bürgern aus Bad Tennstedt,<br />
Ballhausen und Mittelsömmern .........................................................................14<br />
8.3 Gerichtliche Prüfung verzögert Baubeginn der Anschlussstelle Eisenach-Mitte<br />
........................................................................................................15<br />
9. Der Petitionsausschuss vor Ort - Konflikte durch Mülldeponie<br />
in der Nähe von Wohnhäusern ..........................................................................15<br />
2
10. Ersuchen des Petitionsausschusses um eine Entscheidung<br />
der Landesregierung im Sinne der Petenten<br />
10.1 Entschädigung für die Bebauung von Grundstücken im komplexen<br />
Wohnungs- und Siedlungsbau der DDR ...........................................................17<br />
10.2 Verlust der Zusatzversorgung durch falsche Auskunft des Kultusministeriums<br />
........................................................................................................20<br />
10.3 Anerkennung von Vordienstzeiten beim ehemaligen Landratsamt<br />
Gera ......................................................................................................................21<br />
11. Fälle, Fälle, Fälle<br />
11.1 Arbeit, Soziales und Gesundheit<br />
11.1.1 Krankenkasse zahlt nicht für Dronabinol ......................................................................... 23<br />
11.1.2 Vom Bauarbeiter zum Kunstmaler .................................................................................. 23<br />
11.1.3 Bessere Beratung für Familien mit schwerbehinderten Kindern ..................................... 24<br />
11.1.4 Kein Verbot für <strong>das</strong> Züchten von Haustieren .................................................................. 25<br />
11.1.5 Familienplanung muss auch Krankenversicherung einbeziehen ..................................... 26<br />
11.1.6 Zahlung des anteiligen Pflegegeldes ................................................................................ 26<br />
11.1.7 Keine Unterstützung zum Erwerb eines Pkws ................................................................. 27<br />
11.1.8 Rente wegen Erwerbsminderung ..................................................................................... 27<br />
11.2 Bauordnungs- und Bauplanungsrecht<br />
11.2.1 Abweichung vom Bebauungsplan nur wegen Besonderheiten des Grundstücks ............ 29<br />
11.2.2 Duldung nicht genehmigter Gebäude oder Nutzungen hängt vom Zeitpunkt der<br />
Errichtung bzw. der Nutzungsänderung ab ...................................................................... 29<br />
11.2.3 Kompromiss im Innenbereich .......................................................................................... 31<br />
11.3 Finanzwesen/Offene Vermögensfragen<br />
11.3.1 Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung ........................................................................... 32<br />
11.3.2 Werbungskosten: Einsatzwechseltätigkeit und Entfernungspauschale ............................ 32<br />
11.3.3 Ökologische Zusatzförderung nach Eigenheimzulagegesetz nicht in jedem Fall............. 33<br />
11.3.4 Langer Weg bis zur Rückübertragung ............................................................................. 34<br />
11.3.5 Stichtag für redlichen Erwerb nach dem Vermögensgesetz ............................................ 35<br />
11.4 Kommunale Angelegenheiten<br />
11.4.1 Kein Stimmrecht für fraktionsloses Gemeinderatsmitglied ............................................. 37<br />
11.4.2 Rückwirkende Erhöhung der Grundsteuer ist möglich .................................................... 38<br />
11.4.3 Hunde(s)teuer! .................................................................................................................38<br />
11.4.4 Wärme vor dem Winter ................................................................................................... 39<br />
11.4.5 Wasserski auf Talsperre ................................................................................................... 39<br />
11.4.6 Herstellungsbeiträge und bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks .................................... 40<br />
11.4.7 Eigentumswohnung und Herstellungsbeitrag für Abwasser ............................................ 40<br />
11.4.8 Fragerecht der Einwohner des Landkreises gegenüber dem Kreistag ............................. 41<br />
11.4.9 Auch sog. Hinterliegergrundstücke können zu Straßenausbaubeiträgen herangezogen<br />
werden ...................................................................................................................41<br />
11.4.10 Gebühren statt Herstellungsbeiträge? .............................................................................. 42<br />
11.4.11 Nutzung eines Schlosses als öffentliche Einrichtung der Gemeinde ............................... 43<br />
3
11.5 Landwirtschaft, Umwelt und Naturschutz<br />
11.5.1 "Natürlich soll die Hörsel fließen" ................................................................................... 44<br />
11.5.2 Lärmbelästigungen durch eine Molkerei ......................................................................... 44<br />
11.5.3 Zulässigkeit von Windkraftanlagen ................................................................................. 45<br />
11.5.4 Goldwaschen in der Schwarza ......................................................................................... 45<br />
11.6 Polizei- und Ordnungsrecht<br />
11.6.1 Verfassungsbeschwerde und aufschiebende Wirkung...................................................... 47<br />
11.6.2 Was lange währt, wird gut ............................................................................................... 47<br />
11.6.3 Feuerwehreinsatz könnte Kommune in finanzielle Schwierigkeiten bringen .................. 48<br />
11.6.4 Videotheken auch sonntags geöffnet? .............................................................................. 49<br />
11.6.5 Korrekte Prüfung der Vorwürfe von Ausländern gegen Polizisten ................................. 50<br />
11.7 Recht des öffentlichen Dienstes<br />
11.7.1 Von Freistaat zu Freistaat ................................................................................................ 51<br />
11.7.2 Nachqualifizierung von so genannten Seiteneinsteigern an staatlichen berufsbildenden<br />
Schulen ................................................................................................................ 51<br />
11.7.3 Höhergruppierung angestellter Lehrer ............................................................................. 52<br />
11.8 Rechtspflege<br />
11.8.1 Digitalisierung der Grundbücher ..................................................................................... 54<br />
11.8.2 Spätfolgen des Verlustes eines Personalausweises .......................................................... 54<br />
11.8.3 Einbeziehung von Strafgefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung .................... 55<br />
11.8.4 Angst vor Infektion in der Justizvollzugsanstalt .............................................................. 55<br />
11.8.5 Verlegung in ein anderes Bundesland .............................................................................. 56<br />
11.8.6 Richter sind unabhängig – Staatsanwälte nicht ................................................................ 57<br />
11.8.7 Dauer von Verfahren vor dem Verwaltungsgericht.......................................................... 57<br />
11.9 Wirtschaft und Verkehr<br />
11.9.1 Landesplanerische Beurteilung großflächiger Einzelhandelsvorhaben ........................... 59<br />
11.9.2 Touristische Hinweisschilder an Autobahnen .................................................................. 59<br />
11.9.3 Keine Akteneinsicht in Personalakten von Dritten .......................................................... 60<br />
11.9.4 "Schwarze Monopole" ..................................................................................................... 60<br />
11.9.5 Wenn die Blase drückt ..................................................................................................... 61<br />
11.9.6 Eine Straße für den Sommer ............................................................................................ 62<br />
11.10 Wissenschaft, Bildung und Kultur<br />
11.10.1 Personaleinsparungen an Hochschulen dürfen nicht willkürlich sein .............................. 63<br />
11.10.2 Behindertengerechte Sanierung nicht immer möglich ..................................................... 64<br />
11.10.3 Interesse aus Übersee am Erfurter Petersberg .................................................................. 64<br />
11.10.4 Förderung des Singens ..................................................................................................... 65<br />
11.10.5 Stundenausfall bereitete Eltern Sorgen ............................................................................ 65<br />
11.10.6 Wann ist die Schülerbeförderung kostenlos? ................................................................... 65<br />
11.11 Eingaben, für die der Petitionsausschuss nicht zuständig ist<br />
11.11.1 Affiges ............................................................................................................................. 67<br />
11.11.2 Zur Geschichte der Nationalhymne ................................................................................. 67<br />
11.11.3 Blut - Das Ende einer Petition .......................................................................................... 68<br />
11.11.4 Forderung nach Schließung von Gerechtigkeitslücken bei der Überleitung der<br />
DDR-Renten in bundesdeutsches Recht .......................................................................... 69<br />
11.11.5 Wohnort für Zuständigkeit des Petitionsausschusses nicht ausschlaggebend ................. 69<br />
4
12. Statistik<br />
12.1 Anzahl der durch den Petitionsausschuss im Berichtszeitraum bearbeiteten<br />
Petitionen................................................................................................70<br />
12.2 Form der Petitionen.............................................................................................70<br />
12.3 Gliederung der im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen nach<br />
Personengruppen .................................................................................................70<br />
12.4 Gesamtzahl der eingegangenen Petitionen von 1991 bis <strong>2003</strong> .........................71<br />
12.5 Gesamtzahl der monatlich im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen.....................................................................................................................75<br />
12.6 Gliederung der im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen nach<br />
Petitionsarten........................................................................................................72<br />
12.7 Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses ................................................72<br />
12.8 Sitzungen des Petitionsausschusses ....................................................................72<br />
12.9 Entscheidungen des Petitionsausschusses zu den in den Sitzungen<br />
behandelten Petitionen (gemäß der Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>s)...........73<br />
12.10 Gliederung der <strong>2003</strong> eingegangenen Petitionen nach Sachgebieten ...............74<br />
12.11 Schwerpunkte in den einzelnen Sachgebieten...................................................75<br />
5
1. Zahlen, Zahlen, Zahlen<br />
1.1 Die bearbeiteten Eingaben<br />
Im <strong>Jahr</strong> <strong>2003</strong> wurden 920 Eingaben an den Petitionsausschuss des Thüringer <strong>Landtag</strong>s gerichtet.<br />
Damit bleibt die Zahl der Neueingaben trotz der Steigerung gegenüber dem Vorjahr<br />
(888) etwa auf dem Niveau, auf dem sich die Neueingaben seit 1999 bewegen. Zu den Neueingaben<br />
gehören auch Sammel- und Massenpetitionen, hinter denen einige tausend Personen<br />
stehen. Neben den 920 Neueingaben hatte der Petitionsausschuss im <strong>Jahr</strong> <strong>2003</strong> 543 Eingaben<br />
aus den Vorjahren und damit insgesamt 1.463 Eingaben zu bearbeiten.<br />
1.2 Die Sitzungen des Petitionsausschusses<br />
<strong>2003</strong> fanden neun Ausschuss-Sitzungen statt. In den neun Sitzungen wurden 921 Petitionen<br />
behandelt, davon 884 abschließend. Pro Sitzung wurden damit im Durchschnitt 102 Petitionen<br />
behandelt.<br />
1.3 Die abschließend behandelten Eingaben<br />
Von den 884 abschließend behandelten Eingaben hat der Petitionsausschuss 570 Eingaben für<br />
erledigt erklärt. Bei 202 Eingaben musste der Ausschuss feststellen, <strong>das</strong>s dem vorgebrachten<br />
Anliegen nicht abgeholfen werden kann. 6 Eingaben hat der Ausschuss der Landesregierung<br />
überwiesen und 65 an die zuständigen Stellen weitergeleitet. 27 Eingaben hat der Ausschuss<br />
den Fraktionen zur Kenntnis gegeben und 6 Eingaben Fachausschüssen als Material überwiesen.<br />
In 39 Fällen hat der Ausschuss von einer sachlichen Prüfung abgesehen.<br />
Eine Entscheidung im Sinne der Petenten konnte der Ausschuss in 80 Fällen herbeiführen -<br />
<strong>das</strong> sind 8,7 Prozent aller abschließend behandelten Eingaben. Durch Auskunft, <strong>das</strong> heißt<br />
durch Aufklärung der Sach- und Rechtslage, wurde bei 47,6 Prozent aller Eingaben (438) zur<br />
Lösung der Probleme beigetragen. 3,6 Prozent der Eingaben (33) erledigten sich dadurch,<br />
<strong>das</strong>s die Petenten ihr Begehren nicht weiterverfolgten, z.B. weil sich ihr Anliegen durch eine<br />
Entscheidung in ihrem Sinne erledigt hatte oder sie kein Interesse an der Weiterverfolgung<br />
hatten. 7,1 Prozent der Eingaben (65) wurden an die zuständigen Stellen, sei es an den Petitionsausschuss<br />
des Deutschen Bundestages oder an die Petitionsausschüsse anderer <strong>Landtag</strong>e,<br />
weitergeleitet. 4,0 Prozent der Eingaben (37) wurden an andere Ausschüsse des <strong>Landtag</strong>s<br />
überwiesen und/oder den Fraktionen des <strong>Landtag</strong>s zur Kenntnis gegeben. Der Landesregierung<br />
wurden 0,7 Prozent (6) der abschließend behandelten Eingaben überwiesen.<br />
Zusammengenommen konnte der Ausschuss also 2/3 der Petitionen damit abschließen, <strong>das</strong>s<br />
den Anliegen entsprochen wurde (80/8,7 Prozent) oder durch Informationen aufgeklärt<br />
(438/47,6 Prozent), durch Weiterleitung an zuständige Stellen unterstützt (65/7,1 Prozent)<br />
sowie auf eine Problematik überhaupt aufmerksam gemacht wurde (37/4,0 Prozent).<br />
1.4 Die mündlich vorgetragenen Eingaben<br />
Die mündlichen Petitionen bewegten sich in der 3. Legislaturperiode bisher zwischen 5 und<br />
7 Prozent. <strong>2003</strong> nahmen die mündlichen Petitionen erstmals einen Anteil von 8,3 Prozent ein.<br />
6
Diese Steigerung ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, <strong>das</strong>s im Vergleich zu 2002 ungefähr<br />
doppelt so viele mündliche Petitionen im <strong>Landtag</strong> vorgetragen wurden.<br />
1.5 Die Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses<br />
Seitdem der Bürgerbeauftragte seine Tätigkeit aufgenommen hat und seine Bürgersprechstunden<br />
regelmäßig anbietet, hat der Petitionsausschuss seine Bürgersprechstunden in den Landkreisen<br />
nicht mehr in dem Umfang angeboten, wie in der 1. und 2. Legislaturperiode.<br />
Außerdem berücksichtigt der Petitionsausschuss bei der Planung seiner Sprechstunden die<br />
Termine des Bürgerbeauftragten.<br />
Zum Tag der offenen Tür des Thüringer <strong>Landtag</strong>s in Erfurt und zum Thüringentag in Mühlhausen<br />
stand er an seinem Informationsstand den Bürgern für Gespräche und mündliche Petitionen<br />
zur Verfügung.<br />
1.6 Der Härtefonds<br />
Der Petitionsausschuss verfügt über einen Härtefonds in Höhe von 12.800 Euro zur Unterstützung<br />
bei außergewöhnlichen Notständen. Die Entscheidungen über die begrenzten Mittel<br />
des Härtefonds sind nicht leicht. Viele Petenten schildern finanzielle Probleme und bitten um<br />
Hilfe. Nicht alle können berücksichtigt werden. Der Petitionsausschuss muss sich für diejenigen<br />
entscheiden, die am dringendsten der Unterstützung bedürfen. Um dies besser feststellen<br />
zu können, beauftragt der Ausschuss einzelne Mitglieder damit, sich persönlich bei den Betroffenen<br />
als "Pate" zu informieren.<br />
2. Die Strafvollzugskommission<br />
Die Strafvollzugskommission ist nach § 98 Abs. 6 der Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>s ein<br />
ständiger Unterausschuss des Petitionsausschusses. Sie wird vom Petitionsausschuss bestellt.<br />
Ihr gehören zurzeit fünf Mitglieder des Petitionsausschusses und ein Mitglied des Justizausschusses<br />
an. Sie hat eine eigene Geschäftsordnung. Danach behandelt die Strafvollzugskommission<br />
die ihr vom Petitionsausschuss überwiesenen Eingaben. Weiter befasst sie sich mit<br />
dem Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen, freiheitsentziehenden Maßregeln der<br />
Besserung und Sicherung.<br />
Sie informiert sich vor Ort. Zu diesem Zweck besuchte sie im <strong>Jahr</strong> <strong>2003</strong> die Justizvollzugsanstalten<br />
Hohenleuben, Untermaßfeld, Chemnitz - Teilanstalt Reichenhain und Gera.<br />
Die Anstalt in Hohenleuben wird seit 1990 als Justizvollzugsanstalt genutzt und verfügt über<br />
336 Haftplätze. Bereits 1897 wurde auf dem Gelände ein Gefängnishaus erbaut. In der Zwischenzeit<br />
unterlag die Anlage verschiedenen Nutzungen. Über einen größeren Zeitraum diente<br />
sie als Frauengefängnis, als Jugendhaus und als Jugendstrafanstalt, in der alle jugendlichen<br />
weiblichen Straffälligen der DDR untergebracht waren. Nach der Thüringer Verordnung über<br />
den Vollstreckungsplan vom 14. November 2001 ist die Justizvollzugsanstalt Hohenleuben<br />
insbesondere zuständig für männliche Gefangene mit Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen<br />
von mehr als 3 bis zu 42 Monaten aus dem Einzugsbereich des Landgerichts Gera sowie<br />
7
für männliche Gefangene mit Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen von mehr als 30 bis<br />
zu 42 Monaten aus dem Einzugsbereich des Landgerichts Mühlhausen.<br />
Die Anstalt hat mit einer Druckerei, einem Fensterbau und einer Schneiderei drei Eigenbetriebe.<br />
Die Schneiderei arbeitet im Zwei-Schicht-Betrieb. Insgesamt können in den Eigenbetrieben<br />
75 Gefangene arbeiten. Darüber hinaus können 30 Gefangene in der Küche, der Wäscherei<br />
und mit Instandhaltungsarbeiten der Anstalt beschäftigt werden. Je nach Auftragslage<br />
können die Gefangenen auch für ortsansässige Unternehmen tätig sein. Berufliche Aus- und<br />
Weiterbildungen für Gefangene gibt es in den Bereichen Elektrotechnik, Kochgehilfe, Farben<br />
und Raumgestaltung, Bautechnik, Metall, Garten- und Landschaftsbau sowie im EDV-<br />
Trainings-Center.<br />
Probleme resultieren aus der hohen Belegungszahl - wie in den anderen Justizvollzugsanstalten<br />
des Freistaats - und der Mehrfachbelegung der Hafträume. Denn es handelt sich um eine<br />
alte Anstalt mit großen Hafträumen, die mit bis zu 8 Gefangenen belegt sind, was teilweise zu<br />
Spannungen führt. Schwerpunkte bei dem Gespräch mit den Bediensteten waren die Personalsituation,<br />
insbesondere Beförderungen, die Zukunft der Anstalt und Probleme, die sich aus<br />
der hohen Belegung ergeben.<br />
Die Justizvollzugsanstalt Untermaßfeld wurde 1250 erstmals als Schloss Maßfeld urkundlich<br />
erwähnt. 1813 wurde in der Burg eine Straf- und Besserungsanstalt eingerichtet. 1831 wurde<br />
<strong>das</strong> Haus zu einer Zucht- und Strafanstalt umgebaut. Heute ist sie zuständig für männliche<br />
Gefangene aus dem Einzugsgebiet des Landgerichts Erfurt mit Freiheitsstrafen von mehr als<br />
ein <strong>Jahr</strong> bis zu drei <strong>Jahr</strong>en und sechs Monaten, des Landgerichts Meiningen mit Freiheitsstrafen<br />
von mehr als einem <strong>Jahr</strong> bis zu vier <strong>Jahr</strong>en, des Landgerichts Mühlhausen mit Freiheitsstrafen<br />
bis zu drei <strong>Jahr</strong>en sowie für die Sicherungsverwahrung männlicher Gefangener aus<br />
dem Einzugsbereich der Landgerichte Erfurt, Meiningen und Mühlhausen. Die Anstalt verfügt<br />
über 360 Haftplätze; maximal können 438 Haftplätze belegt werden. Im Zeitpunkt des<br />
Besuchs der Strafvollzugskommission war die Anstalt mit 441 Gefangenen belegt.<br />
Seit 1990 wurden in der Anstalt umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt. So wurde die<br />
Außensicherung neu gestaltet und eine neue Zentrale geschaffen. Die Küche, die 380 Gefangene<br />
versorgt, wurde 1994 komplett saniert. Besondere Schwierigkeiten haben sich daraus<br />
ergeben, <strong>das</strong>s die Anstalt unter Denkmalschutz steht. Im Zeitpunkt des Besuches der Strafvollzugskommission<br />
waren die Planungen für eine neue Außenumwehrung angelaufen, da die<br />
jetzige nicht mehr dem Standard entspricht. Die bisher zur Außensicherung eingesetzten 17<br />
Bediensteten sollen zum überwiegenden Teil andere Aufgaben übernehmen.<br />
Hervorzuheben sind die schulische und die berufliche Aus- und Weiterbildung. So werden in<br />
den Übungswerkstätten des Berufsfortbildungswerkes Thüringen Ausbildungen in den Bereichen<br />
Maler/Lackierer, Holztechnik, Bautechnik, Lehrküche, Elektrotechnik, Megatronik, Gebäudereiniger,<br />
Landschaftsgestaltung sowie EDV angeboten. Neben einem Hauptschulkurs,<br />
der notenmäßig über dem Schnitt der normalen Hauptschulen liegt, konnte die Anstalt erstmals<br />
einen Realschulkurs anbieten, da genügend geeignete Gefangene teilnehmen wollten.<br />
Diese Schulkurse werden von der Volkshochschule betreut. Eine enge Zusammenarbeit gibt<br />
es auch bei Freizeitangeboten zur außerschulischen Weiterbildung, wie z.B. Computeraufbaukursen,<br />
Fremdsprachenkursen und Erste-Hilfe-Kursen.<br />
Des Weiteren informierte sich die Strafvollzugskommission über die Beförderungen im Justizvollzug,<br />
mit denen zumindest teilweise den Beschwerden der Bediensteten entsprochen<br />
wurde.<br />
Eine Justizvollzugsanstalt für Frauen existiert in Thüringen nicht. Die Freiheitsstrafen von<br />
weiblichen Gefangenen aus Thüringen werden auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung<br />
zwischen den Freistaaten Thüringen und Sachsen in der Justizvollzugsanstalt Chemnitz,<br />
8
Teilanstalt Reichenhain vollstreckt. Deshalb hat die Strafvollzugskommission die Justizvollzugsanstalt<br />
Chemnitz besucht.<br />
Der Vollzug für weibliche Gefangene wird dort in drei unterschiedlichen Haftbereichen<br />
durchgeführt. Der Haftbereich I dient der Unterbringung von weiblichen Gefangenen aller<br />
Haftarten. Die Unterbringung erfolgt auf 112 Gemeinschaftshaftplätzen und 14 Plätzen in<br />
Einzelhafträumen. In einem weiteren Haftbereich werden weibliche Gefangene im offenen<br />
Vollzug untergebracht. Dafür stehen 14 Einzelhafträume sowie 5 Mutter-Kind-Plätze zur Verfügung.<br />
In einem dritten Haftbereich bestehen 60 Haftplätze in Gemeinschaftshafträumen<br />
(15 Frauen, 45 Männer). Dieser Haftbereich ist als Freigängerhaus ausgestaltet und befindet<br />
sich in der Stadtmitte.<br />
Aus Thüringen verbüßten zum Zeitpunkt des Besuchs der Strafvollzugskommission 67 Frauen<br />
aller Altersgruppen wegen unterschiedlichster Straftaten ihre Haftstrafen in Chemnitz.<br />
Trotz des Anstiegs weiblicher Kriminalität in den vergangenen <strong>Jahr</strong>en liegt der Anteil der<br />
weiblichen Inhaftierten bundesweit nur bei ca. 4,5 Prozent. Zur Erklärung dieses Phänomens<br />
gibt es unterschiedlichste Ansätze. Nach einer Gleichverteilungsthese sind die kriminellen<br />
Aktivitäten von Frauen in Wirklichkeit kaum geringer als die von Männern. Jedoch würden<br />
Frauen seltener entdeckt, weniger häufig angezeigt, überführt und verurteilt. Da diese These<br />
empirisch nicht gesichert ist, wird überwiegend von einer unterschiedlichen Kriminalitätsbelastung<br />
der Geschlechter ausgegangen. Diese wird im Wesentlichen mit biologisch-antropologischen<br />
oder soziologischen Thesen begründet. Überzeugend erscheint allerdings nur die<br />
Erklärung mit der differenziellen Sozialisationstheorie und der unterschiedlichen informellen<br />
Sozialkontrolle. Diese Erklärung geht davon aus, <strong>das</strong>s Frauen und Männer entsprechend ihrem<br />
gesellschaftlichen Rollenbild eine unterschiedliche Sozialisation durchleben und Frauen<br />
einer stärkeren sozialen Kontrolle unterliegen.<br />
Außerdem stellen sich die Straftaten von Frauen in der Regel anders als Straftaten von Männern<br />
dar. Frauen werden nicht selten in Verbindung mit Abhängigkeiten - wie Alkohol-, Tabletten-,<br />
Drogen- oder persönlichen Abhängigkeiten oder Unterdrückung - straffällig. Diese<br />
Umstände müssen bei der Strafvollstreckung besonders berücksichtigt werden.<br />
Nachteilig wirkt sich für die Frauen aus, <strong>das</strong>s sie im Gegensatz zu den männlichen Gefangenen<br />
nicht heimatnah untergebracht werden können. Erstrebenswert ist, den offenen Vollzug<br />
an weiblichen Gefangenen in der Anstalt zu vollziehen, die dem zukünftigen Lebensmittelpunkt<br />
der Gefangenen am nächsten ist. Deshalb diskutierte die Strafvollzugskommission, ob<br />
und wie weibliche Gefangene in Thüringen untergebracht werden können. Dies hat dazu beigetragen,<br />
<strong>das</strong>s seit Januar 2004 weibliche Strafgefangene, die den Anforderungen des offenen<br />
Vollzugs genügen, in der Abteilung für den offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt Untermaßfeld<br />
und damit heimatnah untergebracht werden.<br />
Die Justizvollzugsanstalt Gera liegt im Stadtzentrum und war ursprünglich ein Vereinshaus<br />
und bis 1920 eine Brauerei. 1991 wurde JVA geschlossen und nach umfassendem Umbau<br />
1999 wieder in Betrieb genommen.<br />
Nach dem Vollstreckungsplan ist sie zuständig für den Vollzug der Untersuchungshaft an<br />
männlichen Personen im Alter ab 21 <strong>Jahr</strong>en sowie für den Vollzug der Freiheitsstrafen bis zu<br />
drei Monaten an männlichen Gefangenen aus dem Einzugsbereich des Landgerichts Gera und<br />
für den Vollzug der Untersuchungshaft an männlichen Gefangenen im Alter ab 18 <strong>Jahr</strong>en bis<br />
zu 21 <strong>Jahr</strong>en, einschließlich Ersatzfreiheitsstrafen und Zivilhaftarten sowie für den Vollzug<br />
der Durchgangshaft an männlichen und weiblichen Transportgefangenen. Weiter ist sie die<br />
umlaufleitende Transportbehörde für die Gefangenensammeltransporte des Freistaats Thüringen.<br />
9
Die Strafvollzugskommission besuchte die Justizvollzugsanstalt Gera bereits zum zweiten<br />
Mal in der 3. Legislaturperiode. Wiederholt musste sie feststellen, <strong>das</strong>s die Lage im Stadtzentrum<br />
zu Problemen führt. Beschwerden von Nachbarn führten dazu, <strong>das</strong>s die Fenster der<br />
Hafträume verblendet wurden. Hiergegen richteten sich zahlreiche Beschwerden von Gefangenen.<br />
Hinzu kommt, <strong>das</strong>s sich die Gefangenen größtenteils in ihren Hafträumen aufhalten<br />
müssen und nur 22 Arbeitsplätze vorhanden sind. Das kann nur akzeptiert werden, weil die<br />
Anstalt vornehmlich für Kurzstrafen, Untersuchungsgefangene und Durchgangsgefangene<br />
zuständig ist. Ebenso ist der Belegungsdruck wie in den anderen Haftanstalten des Freistaats<br />
sehr groß. Zum Teil müssen die Hafträume mit 4 Personen belegt werden. Im Durchschnitt<br />
befinden sich 190 bis 200 Gefangene in der Anstalt, die maximal mit 216 Gefangenen belegt<br />
werden kann. Feststellen konnte die Strafvollzugskommission, <strong>das</strong>s sich in der Anstalt die<br />
sanitären Bedingungen verbessert haben. Beim ersten Besuch im Dezember 2000 hatte es<br />
diesbezüglich Beschwerden gegeben. Duschmöglichkeiten, die damals wegen Mängeln bei<br />
der Bauausführung nicht bestanden, sind inzwischen vorhanden. Außerdem wurden die Sanitärbereiche<br />
in den Zellen, die mit 4 Personen belegt sind, eingehaust.<br />
3. Die Tagung der Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Bundes<br />
und der Länder<br />
Seit 30 <strong>Jahr</strong>en treffen sich die Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Bundes und der Länder,<br />
um Probleme zu beraten, die bei der Bearbeitung von Petitionen auftreten. Im <strong>Jahr</strong> <strong>2003</strong><br />
fand die Tagung am 14./15. September in Kiel statt.<br />
Neben den Bürgerbeauftragten aus der Bundesrepublik Deutschland nahmen auch die Bürgerbeauftragten<br />
aus dem deutschsprachigen Raum Europas sowie neben den Mitgliedern des<br />
Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments der Europäische Bürgerbeauftragte, Herr<br />
Prof. Diamandouros, an der Tagung teil.<br />
Tagungsthemen waren <strong>das</strong> Petitionsrecht im Entwurf der Europäischen Verfassung und die<br />
Beratung von Petitionen im Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments sowie die engere<br />
Zusammenarbeit der Petitionsausschüsse und der Bürgerbeauftragten im deutschsprachigen<br />
Raum Europas. Eine Rolle spielte auch die Öffentlichkeitsarbeit der Petitionsausschüsse und<br />
der Bürgerbeauftragten, auf die unter 4. eingegangen wird.<br />
Ebenso wie auf der Tagung vor zwei <strong>Jahr</strong>en in Magdeburg waren Petitionen, die per E-Mail<br />
eingehen, Gegenstand der Beratung. Der Petitionseingang per E-Mail erfüllt nach der im<br />
Bund und vielen Ländern vertretenen Rechtsauffassung nicht die Formerfordernisse, die an<br />
eine schriftlich eingereichte Petition gestellt werden. Dabei entspricht neben der Unterschrift<br />
auch ein elektronisches Dokument mit qualifizierter elektronischer Signatur nach dem Signaturgesetz<br />
dem Schriftformerfordernis. Die praktische Bedeutung der qualifizierten elektronischen<br />
Signatur ist derzeit aber auch aus Kostengründen gering. Die Tagungsteilnehmer diskutierten<br />
kontrovers, ob die Einreichung von Petitionen per E-Mail auch ohne qualifizierte<br />
Signatur ermöglicht werden sollte.<br />
Weitere Themen der Beratung waren die Erhöhung von Sicherheitsstandards in Schulbussen,<br />
die Frage von Parkerleichterungen für Behinderte sowie die Rückführung von Roma nach<br />
Serbien und Montenegro.<br />
Die Aufnahme der Verpflichtung zur Anbringung von Rauchmeldern in Privatwohnungen in<br />
die Landesbauordnungen wurde nur von einem Teil der Tagungsteilnehmer befürwortet. Grö-<br />
10
ßere Zustimmung fand die Auffassung, die Pflicht nicht gesetzlich zu regeln, sondern durch<br />
Aufklärung für die Anschaffung von Rauchmeldern zu werben. Dies ist auch Gegenstand aller<br />
Feuerwehrtagungen in Thüringen.<br />
In Kampagnen sollte darüber aufgeklärt werden, <strong>das</strong>s der Geruchssinn im Schlaf ausgeschaltet<br />
ist und die meisten Brände nachts ausbrechen. Das erklärt die große Anzahl von Toten und<br />
Verletzten bei nächtlichen Bränden sowie die Notwendigkeit von Rauchmeldern.<br />
Mit dem in der 99. Plenarsitzung am 29. Januar 2004 verabschiedeten Ersten Gesetz zur Änderung<br />
der Thüringer Bauordnung hat der Gesetzgeber die Verpflichtung zur Anbringung von<br />
Rauchmeldern in Privatwohnungen abgelehnt.<br />
4. Die Darstellung des Petitionsausschusses in der Öffentlichkeit<br />
Die Petitionsausschüsse und Bürgerbeauftragten benötigen eine intensive Öffentlichkeitsarbeit,<br />
damit die Bürger davon Kenntnis erhalten, <strong>das</strong>s sie sich mit ihren Anliegen an die Petitionsausschüsse<br />
und Bürgerbeauftragten wenden können. Nicht zu unterschätzen ist, wie die<br />
mündliche und schriftliche Kommunikation des Petitionsausschusses mit den Bürgern in der<br />
Öffentlichkeit wirkt. Das stellten die Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Bundes und<br />
der Länder und die Bürgerbeauftragten auf ihrer Tagung in Kiel fest.<br />
Der Petitionsausschuss nutzte Bürgersprechstunden, den Tag der offenen Tür des <strong>Landtag</strong>s<br />
am 28. Juni <strong>2003</strong> und den Thüringentag vom 3. bis 5. Oktober <strong>2003</strong> in Mühlhausen, um über<br />
<strong>das</strong> Petitionsrecht, <strong>das</strong> Petitionsverfahren und den Petitionsausschuss zu informieren. Permanent<br />
präsent ist der Petitionsausschuss im Internet unter www.landtag.thueringen.de. Über<br />
die Tätigkeit des Ausschusses geben die <strong>Jahr</strong>esberichte ausführlich Auskunft. Die <strong>Arbeitsbericht</strong>e<br />
für die <strong>Jahr</strong>e 2001, 2002 und <strong>2003</strong> sind unter der genannten Internetadresse des <strong>Landtag</strong>s<br />
über die Internetseite des Petitionsausschusses erreichbar. Ebenso informieren Faltblätter<br />
und Schautafeln über <strong>das</strong> Petitionsrecht und den Petitionsausschuss. Über Eingaben,<br />
die eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben oder für die Öffentlichkeit von<br />
besonderem Interesse sein können, informiert der Ausschuss regelmäßig nach § 78 Abs. 2 der<br />
Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>s durch Pressemitteilungen des Ausschussvorsitzenden.<br />
5. Die Zusammenarbeit mit dem Bürgerbeauftragten<br />
Die Zusammenarbeit zwischen dem Petitionsausschuss und dem Bürgerbeauftragten bestimmt<br />
sich nach dem Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz (ThürBüG).<br />
Der Bürgerbeauftragte nimmt gemäß § 6 Abs. 2 ThürBüG an den Sitzungen des Petitionsausschusses<br />
teil. Außerdem unterrichtet er den Petitionsausschuss gemäß § 6 Abs. 1 ThürBüG<br />
monatlich schriftlich über Petitionen, die ihm direkt zugeleitet worden sind, bei denen er von<br />
einer sachlichen Prüfung abgesehen hat oder die einvernehmlich erledigt wurden.<br />
Die vom Bürgerbeauftragten nicht einvernehmlich erledigten Petitionen leitet er gemäß § 5<br />
Abs. 1 ThürBüG dem Petitionsausschuss zu. Im <strong>Jahr</strong> <strong>2003</strong> waren dies 22. Davon überwies der<br />
Petitionsausschuss der Landesregierung eine Petition zur Berücksichtigung und vier zur Erwägung.<br />
Bei einer Petition konnte der Ausschuss eine Entscheidung im Sinne der Petition<br />
herbeiführen. Fünf Petitionen erklärte er mit den erteilten Informationen für erledigt. Eine<br />
Petition leitete er zuständigkeitshalber an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages<br />
11
weiter. Bei zwei Petitionen sah der Ausschuss von einer sachlichen Prüfung ab. In sieben<br />
Fällen konnte er keine Entscheidung im Sinne der Petenten herbeiführen. Eine Petition befand<br />
sich noch in Bearbeitung.<br />
Zur Vermeidung einer Doppelbearbeitung von Petitionen, mit denen sich Petenten sowohl an<br />
den Petitionsausschuss als auch an den Bürgerbeauftragten gewandt haben, stimmen der Petitionsausschuss<br />
und der Bürgerbeauftragte im Einzelfall ab, wie die weitere Bearbeitung erfolgt.<br />
Dies betraf im Berichtszeitraum 11 Petitionen.<br />
6. Einführung einer elektronischen Petitionsakte<br />
Die elektronische Petitionsakte (E-Akte) soll über <strong>das</strong> Intranet des <strong>Landtag</strong>s den berechtigten<br />
Nutzern den Zugriff auf die vollständigen Petitionsakten der <strong>Landtag</strong>sverwaltung ermöglichen.<br />
Mit Hilfe einer Suchmaschine können die Abgeordneten die sie interessierenden Petitionen<br />
dann einfach und schnell finden. Unter dem so gefundenen Aktenzeichen können dann<br />
alle in der (Papier)Akte der <strong>Landtag</strong>sverwaltung enthaltenen Schriftstücke tagaktuell gelesen<br />
werden.<br />
Über diesen einfachen Zugriff auf die Petitionsakte hinaus ermöglicht die E-Akte auch den<br />
Zugriff auf weitere Informationen, die im Zusammenhang mit der Behandlung der einzelnen<br />
Petition stehen. Insbesondere werden in der E-Akte sämtliche Ergebnisse der Beratungen des<br />
Petitionsausschusses dargestellt. Durch einen Link zwischen dem Sitzungsergebnis und dem<br />
Sitzungsprotokoll können sich die Abgeordneten auch über den Inhalt der Beratung der Petition<br />
informieren.<br />
Die E-Akte eröffnet weiter die Möglichkeit, Posteingänge direkt aus einem E-Mail-Postfach<br />
zu übernehmen. Dies trägt möglichen künftigen Entwicklungen Rechnung. Denn nach § 3<br />
Abs. 1 des Thüringer Petitionsgesetzes müssen schriftlich eingereichte Petitionen unterzeichnet<br />
sein. Soweit eine E-Mail also nicht mit einer elektronischen Signatur versehen ist, entspricht<br />
sie nicht der erforderlichen Form nach § 3 Abs. 1 des Thüringer Petitionsgesetzes.<br />
Sollte der Thüringer <strong>Landtag</strong> diese Formvorschrift so ändern, <strong>das</strong>s schriftliche Petitionen<br />
nicht mehr mit einer Unterschrift versehen werden müssen oder die elektronische Signatur<br />
eine breitere Anwendung finden, so ist die E-Akte bereits gut geeignet, diese Entwicklungen<br />
aufzunehmen.<br />
Nicht zuletzt könnte die Einführung der E-Akte zu einer wesentlichen Einsparung von Papier<br />
und so zu einer "nachhaltigeren" Behandlung der Petitionen führen. Die bisher in Vorbereitung<br />
der Ausschuss-Sitzungen erforderliche Vervielfältigung der Petitionsakten könnte nach<br />
und nach reduziert werden.<br />
7. Das Aktenvorlagerecht des Petitionsausschusses<br />
Um den Sachverhalt einer Petition aufklären zu können, hat der Petitionsausschuss besondere<br />
gesetzliche Befugnisse. Hierzu gehört auch <strong>das</strong> Aktenvorlagerecht nach Art. 65 Abs. 2 in<br />
Verbindung mit Art. 64 Abs. 4 Satz 2 der Thüringer Landesverfassung (LV) und § 7 Abs. 1<br />
Thüringer Petitionsgesetz (ThürPetG).<br />
Die Aktenvorlage hat nach § 7 Abs. 3 ThürPetG und § 98 Abs. 1 der Geschäftsordnung des<br />
Thüringer <strong>Landtag</strong>s (GO) über die zuständige oberste Landesbehörde zu erfolgen. Sie darf nur<br />
12
verweigert werden, wenn dem Bekanntwerden des Inhalts gesetzliche Vorschriften, Staatsgeheimnisse<br />
oder schutzwürdige Interessen Einzelner, insbesondere des Datenschutzes entgegenstehen<br />
oder die Funktionsfähigkeit und die Eigenverantwortung der Landesregierung nicht<br />
nur geringfügig beeinträchtigt werden (Art. 67 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 65 Abs. 2 LV).<br />
Soweit die Aktenvorlage verweigert wird, vertritt der zuständige Minister die Entscheidung<br />
vor dem Petitionsausschuss (§ 98 Abs. 4 GO).<br />
Die Mitglieder des Petitionsausschusses sowie die Mitglieder mitberatender Ausschüsse können<br />
jederzeit in die dem Petitionsausschuss überlassenen Akten Einsicht nehmen. Mitarbeiter<br />
der Fraktionen können Einsicht nehmen, soweit dies aus Gründen parlamentarischer Arbeit<br />
erforderlich ist (§ 98 Abs. 1 Satz 1 und 2 GO).<br />
Im <strong>Jahr</strong> <strong>2003</strong> hat der Ausschuss einmal von seinem Recht auf Aktenvorlage Gebrauch gemacht.<br />
In diesem Petitionsverfahren hatte der Ausschuss <strong>das</strong> Innenministerium bereits mehrfach aufgefordert,<br />
zu der von den Petenten geforderten Abrechnung von Erschließungsmaßnahmen<br />
umfassend zu informieren. Das Ministerium erklärte, die Gemeinde habe bisher die angeforderte<br />
Auskunft nicht erteilt. Eine Auskunft könne <strong>das</strong> Ministerium nicht erzwingen. Die<br />
Möglichkeiten der Kommunalaufsicht seien erschöpft.<br />
Deshalb forderte der Ausschuss die Akten der Gemeinde an, um sich so die Sachinformationen<br />
zu beschaffen, die er für die Prüfung und Entscheidung der Petition benötigt.<br />
8. Die Sammel- und Massenpetitionen - Viele Bürger und ein gemeinsames<br />
Anliegen<br />
Die Zahl der Petitionen gibt bei Massen- und Sammelpetitionen nicht die Anzahl der Menschen<br />
an, die sich mit einem Anliegen an den Petitionsausschuss wenden. Hier steht hinter<br />
einer Petition eine mehr oder weniger große Anzahl von Menschen, die <strong>das</strong> gleiche Anliegen<br />
haben. Das kann ein Hinweis auf ein größeres Problem sein, <strong>das</strong> besondere Aufmerksamkeit<br />
und gegebenenfalls eine politische Entscheidung verlangt.<br />
Die Behandlung von Massen- und Sammelpetitionen ist in § 96 a der Geschäftsordnung des<br />
<strong>Landtag</strong>s geregelt.<br />
Danach sind Massenpetitionen Petitionen, bei denen sich eine Vielzahl von Petenten mit einem<br />
identischen Anliegen an den <strong>Landtag</strong> wendet, ohne <strong>das</strong>s eine bestimmte Person oder Personengemeinschaft<br />
als Initiator der Petition in Erscheinung tritt. Sie werden als eine Petition<br />
geführt. Die Unterzeichner werden zahlenmäßig erfasst. Die Einzelbenachrichtigung kann auf<br />
Beschluss des Ausschusses durch Pressemitteilungen oder durch öffentliche Bekanntmachung<br />
ersetzt werden.<br />
Sammelpetitionen sind Petitionen, bei denen sich eine Vielzahl von Petenten mit einem identischen<br />
Anliegen an den <strong>Landtag</strong> wendet und eine Person oder Personengemeinschaft als Initiator<br />
der Petitionen in Erscheinung tritt. Über die Behandlung einer Sammelpetition werden<br />
die als Urheber der Petition in Erscheinung tretenden Personen unterrichtet. Bei Unterschriftenlisten,<br />
die für sich eine Petition darstellen, wird die Einzelbenachrichtigung durch die Unterrichtung<br />
des ersten Unterzeichners ersetzt.<br />
13
8.1 Zwei Massenpetitionen von Bürgern aus Bad Tennstedt, Ballhausen und Mittelsömmern<br />
sowie aus Großfahner, Dachwig, Gierstädt und Hornsömmern<br />
Mit zwei Massenpetitionen, zu denen ca. 450 Zuschriften beim <strong>Landtag</strong> eingingen, haben<br />
hauptsächlich Bürger aus den Orten Bad Tennstedt, Ballhausen und Mittelsömmern sowie aus<br />
Großfahner, Dachwig, Gierstädt und Hornsömmern eine Änderung des Kommunalabgabenrechts<br />
begehrt. Nach den Petitionen sollen Beiträge erst nach Fertigstellung der Gesamteinrichtung<br />
erhoben werden, die Erhebung von Herstellungsbeiträgen von der tatsächlichen Nutzung<br />
der Grundstücke abhängig gemacht werden, keine Beiträge für zukünftige Investitionen<br />
erhoben werden, eine einheitliche Verjährungsfrist von vier <strong>Jahr</strong>en für alle Kommunalabgaben<br />
eingeführt werden, eine zinslose Stundung der Kommunalabgaben vorgesehen und<br />
Pflichtverbraucherbeiräte gebildet werden.<br />
Der Petitionsausschuss beschloss, über die Behandlung der beiden Massenpetitionen gemäß<br />
§ 96 a Abs. 1 Satz 3 der Geschäftsordnung des Thüringer <strong>Landtag</strong>s statt der bei Einzelpetitionen<br />
üblichen Einzelbenachrichtigung durch Pressemitteilungen zu informieren. Die Massenpetitionen<br />
wurden der Landesregierung zur Stellungnahme zugeleitet. Die weitere Beratung<br />
der Massenpetitionen wurde bis zum Vorliegen der Stellungnahme vertagt. Da die Petitionen<br />
auf eine Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes gerichtet sind, wurden sie außerdem<br />
dem Innenausschuss gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 5 der Geschäftsordnung des Thüringer<br />
<strong>Landtag</strong>s als Material überwiesen.<br />
8.2 Beschluss zu einer Massenpetition von Bürgern aus Bad Tennstedt, Ballhausen<br />
und Mittelsömmern<br />
Mit dieser Petition hatten überwiegend Bürger der Stadt Bad Tennstedt auf die Ereignisse um<br />
den Wasser- und Abwasserzweckverband "Obere Rinne" (WAZOR) hingewiesen und um<br />
Auskunft gebeten, wieviel die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung im Sinne<br />
einer Zumutbarkeitsgrenze kosten darf. Dabei wurden die Wasserkosten für einen Zwei-<br />
Personen-Haushalt im Bereich des ehemaligen Abwasserzweckverbandes "Am Fernebach"<br />
beanstandet. Diese liegen nach den Angaben der Petenten nämlich bei 21,00 Euro/m³, wenn<br />
man einen Anschlussbeitrag in Höhe von 8.000,00 Euro einschließlich einer 5 %igen Verzinsung<br />
unterstellt.<br />
Dem Petitionsausschuss lagen zu der Petition rund 320 gleichlautende Zuschriften vor. Deshalb<br />
hat der Petitionsausschuss auch hier gemäß § 96 a Abs. 1 Satz 3 der Geschäftsordnung<br />
des Thüringer <strong>Landtag</strong>s statt durch Einzelbenachrichtigung durch Pressemitteilungen über die<br />
Behandlung der Petition informiert.<br />
Der Petitionsausschuss hat beschlossen, die Eingabe mit den in der Stellungnahme des Innenministeriums<br />
enthaltenen Informationen für erledigt zu erklären. Er ist davon ausgegangen,<br />
<strong>das</strong>s die Fragen zur Beitragserhebung im Bereich der Abwasserentsorgung in der Stellungnahme<br />
des Innenministeriums beantwortet wurden.<br />
Das Innenministerium hatte in seiner Stellungnahme die Berechnung des Wasser- bzw. Abwasserbeitrages<br />
und die Benutzungsgebühren erläutert und in diesem Zusammenhang deutlich<br />
gemacht, <strong>das</strong>s es keine absolute Zumutbarkeitsgrenze für die Höhe der Wassernutzungskosten<br />
geben kann. Es sei den Gemeinden (und Zweckverbänden) überlassen, ob sie Investitionsaufwändungen<br />
für öffentliche Einrichtungen vollständig über Beiträge oder über Benutzungsgebühren<br />
und zum Teil aus Gebühren oder (unter engen Voraussetzungen) nur über Gebühren<br />
14
deckten. Der Herstellungs- und Benutzungsaufwand könne über die Benutzungsgebühren<br />
dergestalt gedeckt werden, <strong>das</strong>s in die Gebührenkalkulation Abschreibungen und Zinsen eingerechnet<br />
werden. Der Zweckverband "Mittlere Unstrut" habe sich für eine Deckung der Investitionen<br />
zu 50 % über Beiträge entschieden, was zur Folge habe, <strong>das</strong>s im Verbandsgebiet<br />
des Zweckverbandes auch die Gebührenpflichtigen einen Teil der Investitionskosten mit trügen.<br />
8.3 Gerichtliche Prüfung verzögert Baubeginn der Anschlussstelle Eisenach-Mitte<br />
Zahlreiche Petenten hatten sich in einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen und forderten<br />
den Baubeginn der Nordrampe der Anschlussstelle Eisenach-Mitte auf der Autobahn A 4 und<br />
die Verlegung der Landesstraße L 1016 aus der Ortslage Stregda heraus.<br />
Entgegen der Absicht des Thüringer Autobahnamtes wurde die Südrampe der Anschlussstelle<br />
Eisenach-Mitte bereits geöffnet, obwohl die Nordrampe inklusive Ortsumgehung noch nicht<br />
fertig war. Damit wurde die Landesstraße L 1016 zum direkten Autobahnzubringer. Vor allem<br />
der Schwerlastverkehr verstärkte sich. Die Ortsdurchfahrt Stregda wurde zur Wendestelle<br />
für Fahrzeuge, die die Nordrampe für die Auffahrt in Richtung Westen suchten.<br />
Mit dem Bau der Nordrampe und der Ortsumgehung sollte unverzüglich begonnen werden,<br />
sobald der erforderliche Planfeststellungsbeschluss für <strong>das</strong> Vorhaben vorliegt. Dies kündigte<br />
<strong>das</strong> Autobahnamt bereits 1999 an. Der Planfeststellungsbeschluss wurde im Mai 2002 gefasst.<br />
Trotzdem konnte es noch nicht losgehen, da <strong>das</strong> Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zunächst<br />
über eine Klage gegen den besagten Planfeststellungsbeschluss zu entscheiden hatte.<br />
Die Klage wurde vom BVerwG im Juni <strong>2003</strong> abgewiesen. Seit August <strong>2003</strong> war uneingeschränktes<br />
Baurecht gegeben.<br />
Aufgrund der Ungewissheit über Dauer und Ausgang der Klage vor dem BVerwG wurden die<br />
für <strong>das</strong> Bauvorhaben schon bereitgestellten Haushaltsmittel jedoch teilweise storniert oder für<br />
andere Bauvorhaben verwendet und standen somit im August <strong>2003</strong> nicht mehr in vollem Umfang<br />
zur Verfügung. Um weitere Zeitverzögerungen zu verhindern, setzte <strong>das</strong> Autobahnamt<br />
die vorhandenen Mittel für die bauvorbereitenden Maßnahmen ein. Gleichzeitig begann <strong>das</strong><br />
Autobahnamt mit der Erstellung der Unterlagen für die für März 2004 vorgesehene Ausschreibung<br />
des Bauvorhabens. Sofern <strong>das</strong> Vergabeverfahren ohne Verzögerungen abgeschlossen<br />
werden kann, wird derzeit von einem Baubeginn Anfang Juli 2004 ausgegangen.<br />
Der Bitte der Petenten, mit dem Bau der Nordrampe und der Ortsumgehung früher zu beginnen,<br />
konnte der Petitionsausschuss allerdings nicht abhelfen.<br />
9. Der Petitionsausschuss vor Ort<br />
Konflikte durch Mülldeponie in der Nähe von Wohnhäusern<br />
Die Nachbarn einer Mülldeponie waren immer wieder Geruchs- und Staubbelästigungen<br />
durch die Deponie sowie deren Aufbereitungsanlage ausgesetzt. Deshalb behandelte der Petitionsausschuss<br />
mehrfach die hiergegen gerichtete Petition der Nachbarn, die eine Bürgerinitiative<br />
gegründet hatten.<br />
Zwischen der Mülldeponie und den Wohnhäusern liegen nur etwa 300 Meter. Der quälende<br />
Gestank führte bei den Bewohnern der benachbarten Häuser zeitweise zu Übelkeit, Kopf-<br />
15
schmerzen und Erbrechen. Auftretende Krebskrankheiten wurden mit den von der Mülldeponie<br />
ausgehenden Immissionen in Verbindung gebracht. Deshalb verlangte die Bürgerinitiative<br />
die sofortige Schließung der Deponie. Doch die Deponie ist eine so genannte Altdeponie und<br />
hat nach § 35 Abs. 2 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Bestandsschutz. Sie kann deshalb<br />
bis zum 31. Mai 2005 (§ 6 Abs. 2 Ziff. 1 Abfallablagerungsverordnung) betrieben werden.<br />
Ein Antrag, der den Weiterbetrieb der Deponie bis zum <strong>Jahr</strong> 2009 zum Inhalt hat, liegt der<br />
zuständigen Genehmigungsbehörde vor.<br />
Die zu der Mülldeponie gehörende mechanisch-biologische Restabfallbehandlungsanlage<br />
(ca. 800 m von der nächsten Wohnbebauung entfernt) wurde 1998 auf der Grundlage des<br />
Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Nr. 8.11 a Spalte 2 des Anhangs zur 4. Bundes-<br />
Immissionsschutzverordnung) genehmigt.<br />
Wegen der Beschwerden der Bürgerinitiative führte <strong>das</strong> Staatliche Umweltamt mehrere Vor-<br />
Ort-Termine durch. Obwohl der von den Petenten beanstandete Geruch zu diesen Terminen<br />
auf der Deponie deutlich wahrnehmbar war, konnten Geruchsbelästigungen der benachbarten<br />
Wohnbebauung bedingt durch die Wetterverhältnisse nur teilweise festgestellt werden. Abweichungen<br />
vom genehmigten Betrieb der Restabfallbehandlungsanlage wurden nicht festgestellt.<br />
Schäden an den auf ihren Grundstücken wachsenden Zier- und Nutzpflanzen hatten die Petenten<br />
durch Fotos dokumentiert. Die Petenten führten diese Schäden auf giftige Gase, die aus<br />
der Deponie austreten, zurück. Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft begutachtete<br />
deshalb im Auftrag des Landesverwaltungsamtes (als obere Umweltbehörde) die Schäden an<br />
den Pflanzen. Das Gutachten liegt dem Petitionsausschuss vor. Danach kann ein Zusammenhang<br />
zwischen den Schäden und den giftigen Gasen nicht hergestellt werden. Das Landesamt<br />
teilte in seinem Gutachten mit, <strong>das</strong>s es vielfältige Möglichkeiten für ein plötzliches Absterben<br />
der Pflanzen geben könne. Die von den schadhaften Pflanzen genommenen Proben seien auf<br />
biotische Schadenserreger geprüft worden. Um die Auswirkungen von Luftschadstoffen auf<br />
<strong>das</strong> Pflanzenwachstum zu prüfen, seien wesentlich aufwändigere Prüfverfahren wie <strong>das</strong> so<br />
genannte Biomonitoring mit standardisierten Pflanzenkulturen notwendig. Die Ursachen für<br />
die von der Bürgerinitiative aufgezeigten Schäden konnten so nicht aufgeklärt werden.<br />
Der von den Petenten vermutete kausale Zusammenhang zwischen den Krebsfällen und der<br />
Mülldeponie ist durch ein vom Gesundheitsamt veranlasstes Auskunftsersuchen beim Zentralen<br />
Krebsregister der neuen Länder sowie durch Recherchen beim Thüringer Landesamt für<br />
Statistik und Thüringer Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz nicht<br />
bestätigt worden.<br />
Um sich einen Überblick vor Ort zu verschaffen, besichtigten Vertreter des Petitionsausschusses<br />
gemeinsam mit Vertretern der Bürgerinitiative, des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft,<br />
Naturschutz und Umwelt, des Landesverwaltungsamtes, des Abfallzweckverbandes<br />
und der Betreiberfirma am 24. Oktober <strong>2003</strong> die Mülldeponie. Dabei wurden die Gasbrunnen,<br />
die offene Fläche der Deponie, die Verrottungsanlage (Restabfallbehandlungsanlage) und die<br />
Anlage zur Abfackelung des Deponiegases in Augenschein genommen. Extreme Gerüche<br />
konnten an dem kühlen windstillen Herbsttag nicht festgestellt werden. Erläutert wurde die ab<br />
2005 eintretende Änderung der Rechtslage, die dazu führe, <strong>das</strong>s auf der Deponie vornehmlich<br />
Baustoffe oder andere Stoffe, von denen nur eine geringe Geruchsbelästigung ausgehe, eingebaut<br />
werden dürfen. Als wesentliche Verbesserungen wurden die drastische Verringerung der<br />
offenen Deponiefläche sowie zusätzliche Gasbrunnen zur Erfassung der austretenden Deponiegase<br />
herausgestellt. Diese Maßnahmen wurden auch von den Vertretern der Bürgerinitiati-<br />
16
ve als wesentliche Verbesserung der Situation angesehen. Weitere Gaserfassungsbrunnen<br />
sollen im Februar/März 2004 eingebaut werden. Die Verrottungsboxen sollen umgebaut werden.<br />
Die Vertreter der Bürgerinitiative machten deutlich, <strong>das</strong>s sie die angekündigten Maßnahmen<br />
wohlwollend zur Kenntnis nehmen, die weitere Entwicklung der Deponie aber kritisch<br />
begleiten werden.<br />
Aufgrund der wesentlichen Verbesserungen des Deponiebetriebs und des positiven Eindrucks,<br />
der bei dem Ortstermin am 24. Oktober <strong>2003</strong> vermittelt wurde, hat der Petitionsausschuss die<br />
Petition für erledigt erklärt. Allerdings liegt inzwischen eine neue Beschwerde der Petenten<br />
gegen Schwefelwasserstoff-Immissionen der Mülldeponie vor, die der Petitionsausschuss<br />
prüft.<br />
10. Ersuchen des Petitionsausschusses um eine Entscheidung<br />
der Landesregierung im Sinne der Petenten<br />
Nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 Buchstaben a bis d der Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>s kann der Petitionsausschuss<br />
Eingaben der Landesregierung zur Berücksichtigung, zur Erwägung, zur<br />
Kenntnisnahme oder als Material überweisen.<br />
<strong>2003</strong> hat der Petitionsausschuss der Landesregierung zwei Eingaben zur Berücksichtigung<br />
und vier Eingaben zur Erwägung überwiesen.<br />
Die Überweisung einer Eingabe an die Landesregierung zur Berücksichtigung bedeutet, <strong>das</strong>s<br />
der Petitionsausschuss <strong>das</strong> Anliegen als berechtigt ansieht und die Landesregierung deshalb<br />
gebeten wird, dem Anliegen zu entsprechen.<br />
Zur Erwägung wird eine Eingabe der Landesregierung überwiesen, wenn <strong>das</strong> Anliegen nach<br />
der Auffassung des Petitionsausschusses bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen berechtigt<br />
sein könnte, deshalb nochmals überprüft und nach Möglichkeiten gesucht werden soll, um<br />
dem Anliegen zu entsprechen.<br />
Der Petitionsausschuss kann wegen des verfassungsrechtlichen Gewaltenteilungsprinzips<br />
nicht erzwingen, <strong>das</strong>s die Landesregierung seinen Beschlüssen nachkommt. Der Petitionsausschuss<br />
geht aber davon aus, <strong>das</strong>s die Landesregierung seiner Bitte trotz fehlender rechtlicher<br />
Verbindlichkeit nachkommt. Über die Ausführung der Beschlüsse gibt die Landesregierung<br />
dem Petitionsausschuss nach § 101 der Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>s innerhalb von zwei<br />
Monaten einen schriftlichen Bericht. Ist dies aus besonderen Gründen nicht möglich, gibt sie<br />
einen Zwischenbericht.<br />
10.1 Entschädigung für die Bebauung von Grundstücken im komplexen Wohnungsund<br />
Siedlungsbau der DDR<br />
Gegenstand dieser Petition, die der Petitionsausschuss gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1 a) der Geschäftsordnung<br />
des <strong>Landtag</strong>s (GO) der Landesregierung zur Berücksichtigung überwiesen<br />
hat, war die Entschädigung, die nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz und dem Bodensonderungsgesetz<br />
für die Bebauung von Grundstücken im komplexen Wohnungs- und Siedlungsbau<br />
der DDR zu gewähren ist.<br />
Die Petenten sind Eigentümer von Grundstücken, auf denen ohne Klärung der Eigentumsverhältnisse<br />
eine Plattenbausiedlung errichtet wurde. Die Eigentumsverhältnisse wurden in der<br />
17
DDR nie geklärt. Für die Fälle, in denen der Eigentümer des Grund und Bodens nicht mit dem<br />
Eigentümer des darauf stehenden Gebäudes identisch ist, hat der Bundesgesetzgeber für die<br />
Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum die so genannte Sachenrechtsbereinigung<br />
vorgesehen. Diese erfolgt bei Plattenbausiedlungen nach dem Bodensonderungsgesetz<br />
im Wege von Bodensonderungsverfahren bei der betreffenden Stadt als Bodensonderungsbehörde.<br />
Deshalb leitete die Stadt im Fall der Petenten 1995 ein Bodensonderungsverfahren ein.<br />
Mit der "Zweiten Ergänzung der Rahmenvereinbarung zur einheitlichen Verfahrensweise der<br />
vorzubereitenden Vermögenszuordnung in der Landeshauptstadt Erfurt zwischen den Erfurter<br />
Wohnungsunternehmen und der Stadtverwaltung Erfurt" vereinbarten die Stadt Erfurt und die<br />
Erfurter Wohnungsunternehmen 1997, wie sie sich zur Bodensonderung verhalten wollen.<br />
Diese Vereinbarung enthält die Verpflichtung der Stadt Erfurt, die Wohnungsunternehmen<br />
beim Erwerb von Grundstücksflächen, auf denen im Rahmen des ehemals komplexen Wohnungsbaus<br />
Wohngebäude errichtet wurden, zu unterstützen, damit der Verkauf von Eigentumswohnungen<br />
in Gebieten des ehemals komplexen Wohnungsbaus beschleunigt werden<br />
kann. Als Bodensonderungsbehörde soll die Stadt die Bodensonderungsverfahren beschleunigen.<br />
Dies soll mittels Teilbescheiden geschehen, die im Wesentlichen die Größe und Lage der<br />
neuen Flurstücke, die entschädigungspflichtige Fläche und die Höhe der Entschädigung festlegen.<br />
Zunächst sollen sich aber die Wohnungsunternehmen und die Stadt um einen Ankauf<br />
der betroffenen Flächen bemühen, wobei die Kaufpreise den Wert von 30,00 DM/m² nicht<br />
überschreiten dürfen. Kommt keine entsprechende Vereinbarung zustande, soll die Stadt als<br />
Bodensonderungsbehörde die Entschädigung für die in Anspruch genommenen Flächen mittels<br />
des entsprechenden Teilbescheides festlegen. Unter Ziffer 4 der Vereinbarung von 1997<br />
heißt es zu dem Ankauf: "Die Höhe der Entschädigung richtet sich hierbei nach den von den<br />
Wohnungsunternehmen und der Stadt Erfurt bezahlten Ankaufspreisen zuzüglich eventuell<br />
entrichteter Grunderwerbssteuern." Unter Ziffer 5 der Vereinbarung erklären die Stadt Erfurt<br />
und die Beteiligten Wohnungsunternehmen dann: "Den Unterzeichneten ist bekannt, <strong>das</strong>s sich<br />
nach der derzeit geltenden Gesetzeslage die Höhe der Entschädigung nach § 15 Abs. 1 Satz 1<br />
Bodensonderungsgesetz in Verbindung mit § 20 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4 und § 19 Abs. 2 Sachenrechtsbereinigungsgesetz<br />
richtet und die Vereinbarung unter Ziffer 4 hiervon erheblich<br />
abweicht."<br />
Am 27. Januar 1998 beauftragte <strong>das</strong> Liegenschaftsamt der Stadt Erfurt den Gutachterausschuss<br />
für den Bereich des Katasteramtsbezirkes Erfurt mit der Feststellung des durchschnittlichen<br />
Bodenwertes aller im Plangebiet "Kleiner Herrenberg" gelegenen Grundstücke. Der<br />
Gutachterausschuss erarbeitete daraufhin ein so genanntes Mittelwertgutachten, <strong>das</strong> einen<br />
durchschnittlichen Bodenwert von 121,96 DM/m² für <strong>das</strong> Plangebiet ausweist. Das so genannte<br />
Mittelwertgutachten basiert auf der Bewertung der jeweiligen Bebauung und Nutzung<br />
der einzelnen Grundstücke und der Bildung eines entsprechenden Mittelwertes. Den so ermittelten<br />
durchschnittlichen Bodenwert hatte der Gutachterausschuss 1998 festgestellt.<br />
Als Bodenrichtwert hatte der Gutachterausschuss dagegen einen Wert von 240,00 DM/m²<br />
ermittelt.<br />
Die Bodensonderungsbehörde erließ daraufhin den Sonderungsbescheid und darauf beruhende<br />
Entschädigungsbescheide. Sowohl dem Sonderungsbescheid als auch den Entschädigungsbescheiden<br />
liegt der mit dem so genannten Mittelwertgutachten ermittelte durchschnittliche<br />
Bodenwert in Höhe von 121,96 DM/m² zu Grunde.<br />
Die Petenten vertreten die Auffassung, <strong>das</strong>s die auf dem so genannten Mittelwertgutachten<br />
beruhenden Entschädigungsbescheide rechtswidrig seien. Grundlage für die Bestimmung der<br />
18
Entschädigung dürfe nicht der so genannte Mittelwert, sondern müsse der vom Gutachterausschuss<br />
für <strong>das</strong> Plangebiet ermittelte Bodenrichtwert in Höhe von 240,00 DM/m² sein. Dies<br />
ergebe sich aus § 20 Abs. 2 Satz 2 Sachenrechtsbereinigungsgesetz in Verbindung mit § 194<br />
Baugesetzbuch, da es sich um eine Bebauung im komplexen Wohnungs- und Siedlungsbau<br />
nach § 11 Sachenrechtsbereinigungsgesetz handele. Nur für den außerhalb der komplexen<br />
Wohnungs- und Siedlungsbebauung erfolgten staatlichen oder genossenschaftlichen Wohnungsbau<br />
habe der Gesetzgeber gemäß § 20 Abs. 1 Sachenrechtsbereinigungsgesetz der Ermittlung<br />
des durchschnittlichen Bodenwertes die tatsächliche Bebauung und Nutzung zu<br />
Grunde legen wollen. Für die Bebauung im komplexen Wohnungs- und Siedlungsbau nach<br />
§ 11 Sachenrechtsbereinigungsgesetz verweise § 20 Abs. 2 Sachenrechtsbereinigungsgesetz<br />
jedoch auf § 19 Abs. 2 bis 4 Sachenrechtsbereinigungsgesetz, wonach Grundlage der Bodenwertermittlung<br />
der Verkehrswert des baureifen Grundstücks sei, der sich ergeben würde,<br />
wenn <strong>das</strong> Grundstück unbebaut wäre. Die tatsächliche Nutzung solle hier vernachlässigt bleiben.<br />
Demgegenüber habe die Stadt ausweislich der Vereinbarung von 1997 in Kenntnis der<br />
entgegenstehenden gesetzlichen Vorschriften den Gutachterausschuss mit der Erstellung des<br />
so genannten Mittelwertgutachtens beauftragt. Die Bodensonderungsbehörde habe aber für<br />
die Ermittlung der Entschädigung von dem für <strong>das</strong> Plangebiet ermittelten Bodenrichtwert auszugehen.<br />
Von dem Bodenrichtwert sei für die jeweiligen Grundstücke ein pauschalierter Abschlag<br />
nach den Vorschriften der §§ 20 Abs. 2 Satz 2 bzw. 19 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Sachenrechtsbereinigungsgesetz<br />
vorzunehmen, je nachdem, ob die Flächen dem Katalog des § 20<br />
Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 Sachenrechtsbereinigungsgesetz zuzuordnen seien oder nicht. Nach<br />
§ 20 Abs. 2 Satz 2 Sachenrechtsbereinigungsgesetz sei vom Verkehrswert im Sinne von § 194<br />
Baugesetzbuch - dem Bodenrichtwert - dann ein Betrag von 1/3 des Bodenrichtwertes für die<br />
Maßnahmen zur Baureifmachung des Grundstücks und anderer Maßnahmen zur Entwicklung<br />
des Gebietes sowie wegen der eingeschränkten oder aufgrund der öffentlichen Zweckbestimmung<br />
nicht vorhandenen Ertragsfähigkeit des Grundstücks abzuziehen. Der daraus resultierende<br />
Betrag sei dann nach § 68 Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu halbieren. So erhalte man<br />
den Entschädigungsbetrag, der den Grundstückseigentümern zustehe.<br />
2001 erging eine Entscheidung des Landgerichts Erfurt, die die Rechtsauffassung der Petenten<br />
stützte (9 O 2025/99). Die gegen die Entscheidung des Landgerichts gerichtete Berufung<br />
ist vor dem Thüringer Oberlandesgericht anhängig. Das Berufungsverfahren wurde aber auf<br />
Beschluss des Gerichts vom 21. März 2002 bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes in<br />
dem Verfahren 5 ZR 126/01 und bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in dem<br />
Verfahren 1 BvR 133/00 ausgesetzt.<br />
Der Bundesgerichtshof hat in dem Verfahren 5 ZR 126/01 durch <strong>das</strong> Urteil vom 14. Juni 2002<br />
entschieden. Das Urteil stützt die Rechtsauffassung der Petenten.<br />
Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Verfahren 1 BvR 133/00 am 4. Juli <strong>2003</strong> beschlossen,<br />
die Verfassungsbeschwerde gegen <strong>das</strong> Urteil des Oberlandesgerichts Dresden (3 W<br />
1583/98) nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Entscheidung des OLG nicht gegen die<br />
Grundrechte der Beschwerdeführer, insbesondere nicht gegen <strong>das</strong> Willkürverbot (Art. 3<br />
Abs. 1 Grundgesetz) verstoße. Da hiermit nun auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts<br />
vorliegt, hat <strong>das</strong> Oberlandesgericht Jena <strong>das</strong> dort anhängige Verfahren entsprechend<br />
dem Aussetzungsbeschluss vom 21. März 2002 nun wieder aufgerufen.<br />
Der Petitionsausschuss hat sich der Auffassung der Petenten angeschlossen und die Petition<br />
deshalb der Landesregierung zur Berücksichtigung überwiesen. Bisher liegt nur ein Zwischenbericht<br />
der Landesregierung vor, der darüber informiert, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Oberlandesgericht<br />
Jena <strong>das</strong> dort anhängige Verfahren nun wieder aufgerufen hat. Der Petitionsausschuss erwar-<br />
19
tet jedoch unabhängig von dem Verfahren beim Oberlandesgericht Jena einen abschließenden<br />
Bericht der Landesregierung gemäß § 101 der Geschäftsordnung des Thüringer <strong>Landtag</strong>s.<br />
10.2 Verlust der Zusatzversorgung durch falsche Auskunft des Kultusministeriums<br />
Mit der Petition begehrt ein ehemaliger Lehrer vom Thüringer Kultusministerium (TKM) eine<br />
Entschädigung für den Verlust seiner Zusatzrente von der Zusatzversorgungskasse Thüringen.<br />
Die Petition wurde dem Petitionsausschuss nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Bürgerbeauftragtengesetz<br />
vom Bürgerbeauftragten zugeleitet, da diesem eine einvernehmliche Erledigung nicht möglich<br />
war. Der Petitionsausschuss schloss sich der Auffassung des Bürgerbeauftragten an und beschloss,<br />
die Eingabe der Landesregierung nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 a) der Geschäftsordnung des<br />
Thüringer <strong>Landtag</strong>s zur Berücksichtigung zu überweisen.<br />
Der Petent schied 1993 wegen Berufsunfähigkeit aus dem Arbeitsverhältnis aus. Seitdem erhielt<br />
er eine Berufsunfähigkeitsrente. 1994 erhielt er vom Personalreferat des TKM die Auskunft,<br />
<strong>das</strong>s sein Arbeitsverhältnis mit dem Land Thüringen ruhe. Diese Auskunft war falsch,<br />
da nach § 59 BAT-O <strong>das</strong> Arbeitsverhältnis endete. Von 1994 bis 1995 nahm der Petent dann<br />
an einer Rehabilitationsmaßnahme teil, die eine Beschäftigung als pädagogischer Mitarbeiter<br />
bei einem Landratsamt ermöglichte. Im <strong>Jahr</strong> 2000 wehrte er sich nicht gegen die Kündigung<br />
dieser Beschäftigung, da er davon ausging, <strong>das</strong>s er eine Zusatzrente aus der Zusatzversorgungskasse<br />
Thüringen erhalten würde. Für einen Anspruch auf die Zusatzrente hätte seine<br />
Beschäftigungszeit jedoch nicht mit der Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente im <strong>Jahr</strong><br />
1993 enden dürfen. Ohne die fehlerhafte Auskunft des TKM hätte der Petent auch nicht die<br />
Kündigung des Landratsamtes akzeptiert. Denn es wäre nur noch eine relativ kurze Weiterbeschäftigung<br />
erforderlich gewesen, um die Zusatzrente auch ohne Anrechnung der Beschäftigungszeiten<br />
vor 1994 zu erhalten.<br />
Das TKM bestreitet die falsche Auskunft nicht. Allerdings vertritt es den Standpunkt, <strong>das</strong>s<br />
<strong>das</strong> Arbeitsverhältnis gemäß § 59 BAT-O unabhängig von der falschen Auskunft beendet<br />
worden wäre, da der Petent nicht innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist von zwei Wochen<br />
nach Zugang des Rentenbescheides seine weitere Beschäftigung schriftlich beantragt hat.<br />
Demgegenüber vertritt der Bürgerbeauftragte die Meinung, <strong>das</strong>s auch die Möglichkeit bestanden<br />
hätte, <strong>das</strong> Arbeitsverhältnis nicht zu beenden. Denn nach § 59 Abs. 2 BAT-O können<br />
Angestellte, die nur teilweise erwerbsgemindert sind, weiter beschäftigt werden, wenn ein<br />
geeigneter freier Arbeitsplatz zur Verfügung steht und die weitere Beschäftigung innerhalb<br />
von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheides schriftlich beantragt wird. Diesen Antrag<br />
hat der Petent nicht gestellt. Doch wieso sollte er diesen Antrag auch stellen, wenn er im<br />
Vertrauen auf die falsche Auskunft des TKM davon ausging, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Arbeitsverhältnis nur<br />
ruht. Zudem hat der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hinsichtlich<br />
der arbeits- und sozialrechtlichen Folgen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses<br />
besondere Auskunftspflichten, wenn der Arbeitgeber erkennen muss, <strong>das</strong>s der Arbeitnehmer<br />
weiterer Informationen bedarf und er selbst die Auskünfte unschwer erteilen kann. Das gilt<br />
insbesondere für den möglichen Verlust von Versorgungsansprüchen.<br />
Deshalb sollte <strong>das</strong> TKM den Schaden ersetzen, der durch die falsche Auskunft entstanden ist.<br />
Das TKM hat dem Petitionsausschuss den Bericht gemäß § 101 der Geschäftsordnung des<br />
Thüringer <strong>Landtag</strong>s vorgelegt. Der Bericht der Landesregierung hat folgenden Inhalt:<br />
20
§ 59 Abs. 2 BAT-O sehe vor, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Arbeitsverhältnis mit einem teilweise erwerbsgeminderten<br />
Angestellten nicht ende, wenn er nach dem von seinem Rentenversicherungsträger<br />
festgestellten Leistungsvermögen auf einem anderen geeigneten Arbeitsplatz weiter beschäftigt<br />
werden könne, dringende dienstliche Gründe nicht entgegenstünden und der Angestellte<br />
innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheides seine Weiterbeschäftigung<br />
schriftlich beantrage.<br />
Dass der Petent es unterlassen habe, die Weiterbeschäftigung zu beantragen, könne nicht auf<br />
die falsche Rechtsauskunft des Thüringer Kultusministeriums zurückgeführt werden, da dem<br />
Petenten <strong>das</strong> entsprechende Schreiben erst nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist zugegangen<br />
sei. Ein Antrag auf Weiterbeschäftigung wäre somit auch bei richtiger Rechtsauskunft verspätet<br />
gestellt worden und durch <strong>das</strong> Thüringer Kultusministerium abgelehnt worden.<br />
Das Thüringer Kultusministerium habe seine Aufklärungspflichten auch nicht dadurch verletzt,<br />
<strong>das</strong>s es den Petenten nicht auf die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung hingewiesen<br />
habe. Es handele sich hierbei um eine tarifvertraglich festgelegte Rechtsfolge, über die der<br />
Petent sich ohne Schwierigkeiten selbst hätte informieren können. Die im BAT-O festgelegten<br />
Regelungen seien durch ausdrückliche Bezugnahme im Arbeitsvertrag für jeden Arbeitnehmer<br />
erkennbar Bestandteil des Arbeitsverhältnisses geworden. Die Bedingungen, die dem<br />
Arbeitsverhältnis zugrunde lägen, zur Kenntnis zu nehmen, obliege grundsätzlich jedem Arbeitnehmer<br />
selbst. Dies entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts,<br />
wonach eine allgemeine Hinweispflicht des Arbeitgebers auf tarifvertragliche Leistungen und<br />
deren Anspruchsvoraussetzungen nicht bestehe. Grundsätzlich habe jeder Vertragspartner<br />
selbst für seine Interessen zu sorgen. Gesteigerte Aufklärungspflichten des Arbeitgebers entstünden<br />
erst, wenn besondere Umstände hinzukämen. Dies werde beispielsweise angenommen,<br />
wenn die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Veranlassung des<br />
Arbeitgebers zustande komme und der Arbeitnehmer darauf habe vertrauen dürfen, <strong>das</strong>s der<br />
Arbeitgeber ihn umfassend über die rechtlichen Folgen informiere.<br />
Für ausnahmsweise anzunehmende gesteigerte Aufklärungspflichten bestünden vorliegend<br />
keine Anhaltspunkte. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei allein Folge der tariflichen<br />
Regelungen und nicht auf Veranlassung des Thüringer Kultusministeriums zustande gekommen.<br />
Sonstige besondere Umstände, die eine Aufklärungspflicht begründen könnten, lägen<br />
ebenfalls nicht vor.<br />
Der Petitionsausschuss hat den Bericht zur Kenntnis genommen.<br />
10.3 Anerkennung von Vordienstzeiten beim ehemaligen Landratsamt Gera<br />
Mit der Petition begehren Angestellte, die beim ehemaligen Landratsamt Gera beschäftigt<br />
waren und mit der Gebietsreform in den Dienst des Landes übernommen wurden, die Anerkennung<br />
der Vordienstzeiten in Gera. Die Petition wurde dem Petitionsausschuss nach § 5<br />
Abs. 1 Satz 3 Bürgerbeauftragtengesetz vom Bürgerbeauftragten zugeleitet, da dem Bürgerbeauftragten<br />
eine einvernehmliche Erledigung nicht möglich war.<br />
Infolge der Gebietsreform entstand 1994 aus den drei Landratsämtern in Gera, Greiz und<br />
Zeulenroda <strong>das</strong> Landratsamt Greiz. Da <strong>das</strong> Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen<br />
(LARoV) Gera zu dieser Zeit einen erheblichen Personalbedarf anmeldete, wechselten<br />
die Petentinnen zum LARoV in Gera und damit in den Landesdienst. Im Anschluss daran<br />
wurde durch <strong>das</strong> Thüringer Finanzministerium (TFM) die "Anerkennung von Beschäfti-<br />
21
gungszeiten" beim Landratsamt vorgenommen. Die Petentinnen erhielten von der Arbeitsgruppe<br />
"Beschäftigungszeiten" des TFM ein Schreiben, <strong>das</strong> wie folgt abgefasst war:<br />
"... als Anlage beigefügt übersende ich Ihnen eine Kopie Ihres Antrages auf Anerkennung von<br />
Beschäftigungszeiten, aus der Sie die anerkannten Beschäftigungszeiten entnehmen können.<br />
Soweit Sie einen Antrag auf Berücksichtigung von Zeiten beim Bewährungs-/Zeitaufstieg<br />
gestellt haben, erhalten Sie nach Bearbeitung darüber gesonderte Nachricht." Beigefügt war<br />
eine Tabelle, in der die anerkannten Beschäftigungszeiten aufgeführt wurden, wobei die Tätigkeit<br />
bei dem Landratsamt eingeschlossen war.<br />
Im <strong>Jahr</strong> 2002 wurde die Anerkennung der Beschäftigungszeiten noch einmal überprüft. Danach<br />
wurde die Beschäftigungszeit beim Landratsamt Gera nicht als ununterbrochene Beschäftigungszeit<br />
im Sinne des § 19 BAT-O anerkannt, da die Beschäftigungszeiten nicht bei<br />
"demselben Arbeitgeber" zurückgelegt wurden. Dem stehe auch die bisherige Mitteilung nicht<br />
entgegen, da diese nach § 19 Abs. 1 BAT-O nur deklaratorische Bedeutung habe und jederzeit<br />
wieder korrigiert werden könne.<br />
Der Bürgerbeauftragte vertritt den Standpunkt, <strong>das</strong>s die Anerkennung von Beschäftigungszeiten,<br />
die durch <strong>das</strong> Finanzministerium unmittelbar nach dem Wechsel ausgesprochen wurde,<br />
von den Petentinnen so aufgefasst werden konnte, <strong>das</strong>s eine abschließende Anerkennung<br />
im Sinne von § 19 Abs. 4 BAT-O erfolgt ist. Denn es wurde die Formulierung gewählt: "...<br />
aus der Sie die anerkannten Beschäftigungszeiten entnehmen können." Wäre eine Entscheidung<br />
nach § 19 Abs. 1 BAT-O gewollt gewesen, hätte die Formulierung lauten müssen: "...<br />
aus der Sie die festgesetzten Beschäftigungszeiten entnehmen können." Der Bürgerbeauftragte<br />
vertritt deshalb die Meinung, <strong>das</strong>s mit dem Schreiben des Finanzministeriums - Arbeitsgruppe<br />
Beschäftigungszeiten - vom 2. Januar 1995 die Vordienstzeiten beim Landratsamt<br />
Gera im Sinne von § 19 Abs. 4 BAT-O anerkannt wurden. Das Anliegen der Petentinnen und<br />
entsprechende Lösungsmöglichkeiten sollten deshalb nochmals geprüft werden.<br />
Der Petitionsausschuss beschloss, die Eingabe der Landesregierung nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 b)<br />
der Geschäftsordnung des Thüringer <strong>Landtag</strong>s zur Erwägung zu überweisen, da <strong>das</strong> Anliegen<br />
berechtigt sein könnte und deshalb nochmals überprüft werden soll.<br />
22
11. Fälle, Fälle, Fälle<br />
11.1 Arbeit, Soziales und Gesundheit<br />
11.1.1 Krankenkasse zahlt nicht für Dronabinol<br />
Eine an Krebs erkrankte Frau litt jahrelang unter starken fast unerträglichen Schmerzen. Nur<br />
durch <strong>das</strong> Cannabispräparat Dronabinol wurden ihre Schmerzen gelindert. Die Petentin<br />
wandte sich an den Petitionsausschuss, weil sich die Krankenkasse seit Mai 2001 weigerte,<br />
<strong>das</strong> Medikament zu bezahlen. Die Kasse habe ihr mitgeteilt, <strong>das</strong>s die gesetzlichen Krankenkassen<br />
die Kosten des Arzneimittels nur dann übernehmen könnten, wenn dessen Qualität,<br />
Wirksamkeit und therapeutischer Nutzen gesichert seien. Dafür fehlten bei Dronabinol zuverlässige<br />
klinische Studien.<br />
Diese Erfahrung mussten bereits viele Schmerzpatienten machen.<br />
Dronabinol ist ein natürlich vorkommender Cannabiswirkstoff, der synthetisch hergestellt<br />
wird. Er ist Inhaltsstoff des in den USA zugelassenen Fertigarzneimittels Marinol, welches in<br />
den USA und Kanada bei Übelkeit und Erbrechen als Folge einer Chemotherapie bei Karzinompatienten<br />
sowie bei Anorexie mit Gewichtsverlust bei Aids-Patienten zugelassen ist.<br />
Nach § 31 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf<br />
Versorgung mit Arzneimitteln, soweit diese in der vertragsärztlichen Versorgung verordnungsfähig<br />
sind. Hierzu gehört Marinol nicht, da es in Deutschland nicht zugelassen ist. Trotz<br />
fehlender Zulassung in Deutschland kann ein in den USA zugelassenes Fertigarzneimittel<br />
zwar mittels ärztlicher Verordnung in geringem Umfang und personenbezogen über eine<br />
Apotheke importiert werden. Dies ist jedoch für die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
nicht präjudizierend.<br />
Eine Kostenübernahme durch eine gesetzliche Krankenkasse kann grundsätzlich auch dann<br />
nicht begehrt werden, wenn <strong>das</strong> Präparat nicht als Fertigarzneimittel, sondern als ein für den<br />
jeweiligen Behandlungsfall nach ärztlicher Verordnung zusammengestelltes und damit nach<br />
dem Arzneimittelgesetz zulassungsfreies Rezepturarzneimittel einzustufen wäre. Denn nach<br />
§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V können neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden von<br />
Vertragsärzten zu Lasten der Krankenkassen nur angewandt werden, wenn der Bundesausschuss<br />
der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien entsprechende Empfehlungen abgegeben<br />
hat. Dies war vorliegend nicht der Fall.<br />
Damit noch einmal geprüft wird, ob der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen<br />
Dronabinol in den Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden<br />
empfehlen kann, beschloss der Petitionsausschuss, die Petition dem Petitionsausschuss<br />
des Deutschen Bundestages zuzuleiten.<br />
11.1.2 Vom Bauarbeiter zum Kunstmaler<br />
Ein 33-jähriger Bauarbeiter bat den Petitionsausschuss, seine Ausbildung zum Kunstmaler zu<br />
unterstützen.<br />
23
Der Petent hatte im September 2002 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt,<br />
nachdem er seinen erlernten Beruf wegen der Wirbelsäulenerkrankung nicht mehr ausüben<br />
konnte. Nach Monaten der Arbeitsunfähigkeit suchte er im Rahmen seiner beruflichen Rehabilitation<br />
eine neue Perspektive. Diese sah er in der Ausbildung zum Kunstmaler. Die Landesversicherungsanstalt<br />
Thüringen signalisierte dem Petenten, <strong>das</strong>s die Ausbildung zum<br />
Kunstmaler voraussichtlich nicht gefördert wird.<br />
Parallel dazu war dem Petenten eine 3-jährige Ausbildung zum Kunstmaler in Berlin angeboten<br />
worden. Die Eignungstests hatte er bestanden. Deshalb wandte er sich an den Petitionsausschuss.<br />
Der Petitionsausschuss veranlasste eine nochmalige Überprüfung der Entscheidung der Landesversicherungsanstalt.<br />
Im Ergebnis der Prüfung bewilligte die Landesversicherungsanstalt<br />
die Ausbildung. Ausschlaggebend hierfür waren die bestandenen Eignungstests, ein weiteres<br />
Beratungsgespräch sowie die besondere Motivation des Petenten und die Aussicht, eine dauerhafte<br />
Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu erreichen.<br />
11.1.3 Bessere Beratung für Familien mit schwerbehinderten Kindern<br />
Die Mutter eines schwerbehinderten kleinen Kindes wollte ihre berufliche Tätigkeit wieder<br />
aufnehmen und benötigte für die Aufnahme ihres Kindes in eine Kindertagesstätte die Anerkennung<br />
seiner Behinderung. Sie beklagte, <strong>das</strong>s über ihren Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis<br />
noch nicht entschieden worden sei.<br />
Die Kindertagesstätte hatte die Betreuung des Kindes ab Dezember <strong>2003</strong> zugesichert. Dafür<br />
forderte sie die Anerkennung der Schwerbehinderung, um eine Integrationsperson beantragen<br />
zu können. Diese Integrationsperson kann nämlich erst ab drei Kindern mit anerkannter Behinderung<br />
beantragt werden. Zwei weitere behinderte Kinder besuchten bereits die Kindertagesstätte.<br />
Die Petentin beantragte deshalb im Juni <strong>2003</strong> für ihren kleinen Sohn beim Versorgungsamt<br />
einen Schwerbehindertenausweis. Da sie im September den Ausweis noch nicht erhalten hatte<br />
und hierdurch ihren Arbeitsplatz und damit die Existenz der Familie gefährdet sah, wandte sie<br />
sich an den Petitionsausschuss.<br />
Im Ergebnis der Prüfung wurde festgestellt, <strong>das</strong>s die Aufnahme des Kindes in die Kindertagesstätte<br />
nicht von der Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises abhängt. Vielmehr ist<br />
eine amtsärztliche Bescheinigung erforderlich, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Kind zum Besuch der Kindertagesstätte<br />
gesundheitlich geeignet ist und welche besonderen Hilfen wegen der Behinderung erforderlich<br />
sind.<br />
Aufgrund der Petition hat <strong>das</strong> Gesundheitsamt die Petentin mit ihrem Kind umgehend zu der<br />
amtsärztlichen Untersuchung eingeladen. Außerdem erhielt die Mutter vom Versorgungsamt<br />
einen Schwerbehindertenausweis.<br />
Die Petentin teilte telefonisch mit, <strong>das</strong>s sich ihre Probleme nunmehr gelöst hätten. Sie wies<br />
aber darauf hin, <strong>das</strong>s sie zunächst niemanden gefunden habe, der sie über die nötigen Schritte<br />
beraten habe. Aufgrund ihrer Erfahrungen regte sie an, die Beratung von Eltern mit behinder-<br />
24
ten Kindern zu verbessern und z.B. eine Informationsbroschüre zu veröffentlichen. Die Landesregierung<br />
hat dem Petitionsausschuss zugesagt, die Anregungen der Petentin aufzugreifen.<br />
11.1.4 Kein Verbot für <strong>das</strong> Züchten von Haustieren<br />
Gegen <strong>das</strong> Züchten von Haustieren hatte sich eine Petentin aus München gewandt und vom<br />
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages ein entsprechendes Verbot gefordert. Sie sieht<br />
in dem Züchten die eigentliche Ursache von deutschland- und weltweitem Tierelend. In diesem<br />
Zusammenhang beklagte sie auch, <strong>das</strong>s Tiere in "privaten" Tierheimen auf engstem<br />
Raum zusammengepfercht würden und "ein jämmerliches Dasein fristen müssten".<br />
Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages kam zu der Einschätzung, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Tierschutzgesetz<br />
für ein generelles Verbot oder eine zahlenmäßige Begrenzung der gewerbsmäßigen<br />
oder nicht gewerbsmäßigen Heimtierzucht keine Rechtsgrundlage enthält. Mangels Verhältnismäßigkeit<br />
einer solchen gesetzlichen Regelung konnte auch keine entsprechende Änderung<br />
des Tierschutzgesetzes in Aussicht gestellt werden.<br />
Soweit die Petition aber die Durchführung tierschutzrechtlicher Vorschriften durch die zuständigen<br />
Landesbehörden thematisierte, wurde sie den Landesvolksvertretungen zugeleitet.<br />
Die Grundsätze zum Halten von Tieren sind in den §§ 2 und 2a des Tierschutzgesetzes<br />
(TierschG) geregelt. Danach muss derjenige, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,<br />
<strong>das</strong> Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und<br />
verhaltensgerecht unterbringen. Die Kontrolle der Einhaltung der im Tierschutzgesetz sowie<br />
in den Rechtsverordnungen geregelten Anforderungen obliegt in Thüringen den Veterinärund<br />
Lebensmittelüberwachungsämtern bei den Landkreisen bzw. den kreisfreien Städten.<br />
Das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit berichtete dem Petitionsausschuss über<br />
die Umsetzung des Tierschutzrechtes in Thüringen. Danach haben die Tierschutzbehörden<br />
von 1998 bis 2001 über 25.000 Kontrollen in Tierhaltungen durchgeführt. Schwerpunkt der<br />
Überprüfungen war die Haltung von Heimtieren sowie von landwirtschaftlichen Nutztieren.<br />
Fast 9.000 Kontrollen wurden in Hunde- und Katzenhaltungen sowie über 8.000 Überprüfungen<br />
im Bereich der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung vorgenommen. Im Rahmen der<br />
Überwachungstätigkeit wurden 3.621 Verstöße gegen Haltungsvorschriften ermittelt. Im Berichtszeitraum<br />
ergab sich eine durchschnittliche Beanstandungsquote von 14,4 %. Mit fast<br />
65 % aller Verstöße stand die private Hundehaltung im Vordergrund. An zweiter Stelle rangierten<br />
tierschutzrelevante Beanstandungen in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung. Im<br />
Gegensatz zur Hundehaltung war bei den landwirtschaftlichen Nutztieren in den einzelnen<br />
<strong>Jahr</strong>en eine deutliche Verringerung der festgestellten Mängel zu erkennen.<br />
In Bezug auf die Situation der herrenlosen Tiere und der Fundtiere wurde bereits 1992 ein<br />
Landesförderprogramm aufgelegt, aus dem bisher über 2,1 Millionen Euro für den Auf- und<br />
Ausbau von Tierheimen und Tierstationen zur Verfügung gestellt wurden. Damit wurde eine<br />
flächendeckende Struktur von Tierheimen und Tierstationen in Thüringen aufgebaut. In 30<br />
gemeinnützigen und kommunalen Tierheimen stehen 755 Hunde- und 1.210 Katzenplätze zur<br />
Verfügung. Auch hier wurden die Haltungsbedingungen regelmäßig von den Tierschutzbehörden<br />
überprüft.<br />
Der Petitionsausschuss hat die Petentin umfassend über die Sach- und Rechtslage in Thüringen<br />
unterrichtet.<br />
25
11.1.5 Familienplanung muss auch Krankenversicherung einbeziehen<br />
Eine junge Mutter musste feststellen, <strong>das</strong>s sie nicht in die Familienversicherung der gesetzlichen<br />
Krankenkasse ihres Ehemannes übernommen wird. Sie absolvierte in der Zeit von September<br />
2000 bis August 2002 eine Referendarausbildung, während der sie privat versichert<br />
war. Im Oktober 2001 heiratete sie und brachte im September 2002 ein Kind zur Welt. Nun<br />
wollte sie sich bei der gesetzlichen Krankenversicherung ihres Mannes als Familienangehörige<br />
mit versichern lassen. Dies lehnte die gesetzliche Krankenkasse ab. Deshalb wandte sie<br />
sich an den Petitionsausschuss.<br />
Der Petitionsausschuss musste feststellen, <strong>das</strong>s die Entscheidung der gesetzlichen Krankenkasse<br />
nicht zu beanstanden ist. Denn nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch<br />
ist die Familienversicherung für Ehegatten und Lebenspartner für die Dauer der Schutzfristen<br />
nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes sowie der Elternzeit nach den §§ 15<br />
und 16 des Bundeserziehungsgeldgesetzes ausgeschlossen, wenn die Ehegatten bzw. Lebenspartner<br />
zuletzt vor diesen Zeiträumen nicht gesetzlich krankenversichert waren. Das im<br />
September 2002 geborene Kind wurde jedoch in die Familienversicherung bei der gesetzlichen<br />
Krankenkasse des Ehemannes aufgenommen.<br />
11.1.6 Zahlung des anteiligen Pflegegeldes<br />
Für die Pflege ihres Vaters verlangte die Petentin von der Pflegekasse eine pünktliche und<br />
regelmäßige Zahlung des Pflegegeldes an ihren Vater.<br />
Pflegesachleistungen können wie in dem konkreten Fall in Kombination mit einem Pflegegeld<br />
erbracht werden. Der Pflegebedürftige nimmt die ihm zustehende Sachleistung nur teilweise<br />
in Anspruch und erhält deshalb anteilig Pflegegeld. Grundsätzlich sind für die Auszahlung<br />
des anteiligen Pflegegeldes zwei Varianten möglich.<br />
1. Variante: Der Pflegebedürftige gibt im Voraus an, in welchem Verhältnis er Sach- und<br />
Geldleistungen in Anspruch nehmen will.<br />
2. Variante: Nach der Abrechnung der tatsächlich in Anspruch genommenen Sachleistungen<br />
wird <strong>das</strong> anteilige Pflegegeld gezahlt. Der Pflegedienst rechnet die im Vormonat erbrachten<br />
Pflegeleistungen gegenüber der Pflegekasse ab und diese zahlt <strong>das</strong> anteilige Pflegegeld dem<br />
Versicherten aus.<br />
Der Vater der Petentin erhielt seit Mai 2002 Kombinationsleistungen der Pflegestufe II nach<br />
der 2. Variante. Das erste Pflegegeld zahlte die Pflegekasse erst nach Beschwerden der Petentin<br />
im November 2002. Diese Verzögerungen wiederholten sich. Deshalb bat die Petentin den<br />
Petitionsausschuss, die Pflegekasse zur pünktlichen Zahlung des Pflegegeldes anzuhalten.<br />
Nach der Stellungnahme des fachlich zuständigen Sozialministeriums erhält der Versicherte<br />
<strong>das</strong> anteilige Pflegegeld in der Regel in den ersten 10 Arbeitstagen des darauf folgenden Monats.<br />
Da die Leistungen im vorliegenden Fall nicht in der üblichen Zeit abgerechnet wurden,<br />
wertete die Pflegekasse die Ursachen sorgfältig aus. Der Petitionsausschuss konnte deshalb<br />
davon ausgehen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Pflegegeld zukünftig pünktlich gezahlt wird.<br />
26
11.1.7 Keine Unterstützung zum Erwerb eines Pkws<br />
Die Tochter einer 78-jährigen schwerbehinderten Frau begehrte für ihre Mutter eine einmalige<br />
Unterstützung zur Finanzierung eines Pkws.<br />
Das Versorgungsamt hatte bei der Mutter einen Grad der Behinderung von 100 festgestellt.<br />
Weiter wurden ihr die Merkzeichen "B" (Begleitung erforderlich), "G" (erhebliche Beeinträchtigung<br />
der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr), "H" (Hilflosigkeit) und "RF" (Befreiung<br />
von der Rundfunkgebührenpflicht) zuerkannt.<br />
Die Petentin hatte dem Petitionsausschuss vorgetragen, <strong>das</strong>s ihre Mutter gesundheitlich stark<br />
angegriffen sei und sich deshalb weder zu Fuß noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegen<br />
könne. Sie wolle jedoch in die Stadt gefahren werden, um deren Atmosphäre zu spüren.<br />
Die Petentin hatte bereits einen Pkw Mazda 6 Sport erworben.<br />
Dennoch konnte der Petitionsausschuss <strong>das</strong> Anliegen der Petentin nicht unterstützen. Denn<br />
die Gewährung von Darlehen zur Beschaffung eines Pkws ist - mit Ausnahme der begleitenden<br />
Hilfe im Arbeitsleben - im Schwerbehindertenrecht nicht vorgesehen. Mit der Zuerkennung<br />
der Merkzeichen kann die Mutter der Petentin behinderungsbedingte Nachteilsausgleiche<br />
in Anspruch nehmen. Das sind neben steuerlichen Vergünstigungen und der Befreiung<br />
von der Rundfunkgebührenpflicht insbesondere die unentgeltliche Beförderung im öffentlichen<br />
Personennahverkehr sowie die unentgeltliche Beförderung der Begleitperson.<br />
11.1.8 Rente wegen Erwerbsminderung<br />
Immer wieder betreffen Petitionen die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Oft<br />
werden die Renten abgelehnt, weil die gesundheitlichen oder die versicherungsrechtlichen<br />
Voraussetzungen nicht vorliegen.<br />
Nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind Versicherte teilweise erwerbsgemindert,<br />
die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind,<br />
unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden<br />
täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die außerstande sind,<br />
mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.<br />
Ein Petent sah sich infolge eines Arbeitsunfalls und einer Krebsoperation nicht mehr in der<br />
Lage einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Auf Anraten des Arbeitsamtes stellte er einen Antrag<br />
auf Rente wegen Erwerbsminderung, da er auf dem Arbeitsmarkt schwer vermittelbar<br />
und aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht erwerbsfähig sei.<br />
Die Landesversicherungsanstalt (LVA) Thüringen lehnte den Antrag ab, da sie aus den medizinischen<br />
Unterlagen schlussfolgerte, <strong>das</strong>s der Petent weder voll noch teilweise erwerbsgemindert<br />
sei. Aus Sicht der LVA konnte der Petent noch leichte, zeitweise mittelschwere Arbeiten<br />
mit Einschränkungen für mindestens 6 Stunden täglich verrichten.<br />
Diese Entscheidung konnte der Petitionsausschuss nicht beanstanden. Denn nach § 43 SGB<br />
VI kommt es bei der Feststellung der Erwerbsminderung nur darauf an, wie viele Stunden<br />
27
tägliche Arbeit der Gesundheitszustand des Antragstellers zulässt. Eine Berücksichtigung der<br />
jeweiligen Arbeitsmarktlage sieht <strong>das</strong> Gesetz nicht vor.<br />
In einem anderen Fall hatte die LVA zwar festgestellt, <strong>das</strong>s die Petentin seit 1993 erwerbsunfähig<br />
ist. Eine entsprechende Rente wurde der Petentin jedoch nicht bewilligt.<br />
Diese Entscheidung konnte der Petitionsausschuss ebenfalls nicht beanstanden. Denn ein<br />
Rentenanspruch wegen Erwerbsminderung ist nur gegeben, wenn neben der verminderten<br />
Erwerbsfähigkeit in den letzten fünf <strong>Jahr</strong>en vor dem Eintritt der Erwerbsminderung drei <strong>Jahr</strong>e<br />
Pflichtbeiträge nachweisbar sind.<br />
Diese besonderen versicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen müssen sowohl nach<br />
dem bis zum 31. Dezember 2000 für den Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit<br />
(§ 44 SGB VI alte Fassung) geltenden Recht als auch nach dem ab 1. Januar 2001 für den<br />
Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung geltenden Recht (§ 43 SGB VI neue Fassung)<br />
erfüllt sein.<br />
Die Petentin hatte in den letzten fünf <strong>Jahr</strong>en vor Eintritt der Erwerbsminderung keine drei<br />
<strong>Jahr</strong>e Pflichtbeiträge geleistet.<br />
28
11.2 Bauordnungs- und Bauplanungsrecht<br />
11.2.1 Abweichung vom Bebauungsplan nur wegen Besonderheiten des Grundstücks<br />
Der Vater einer wegen eines Herzfehlers schwerbehinderten Tochter sah es als notwendig an,<br />
auf dem 1999 erworbenen Reihenhausgrundstück einen Carport zu errichten. Er muss jederzeit<br />
in der Lage sein, seine Tochter in die Herzklinik nach Leipzig zu fahren. Die Stadt Gera<br />
lehnte einen entsprechenden Bauantrag jedoch ab, da die Errichtung von Garagen und Carports<br />
dem Konzept des Bebauungsplans widerspreche und daher städtebaulich nicht vertretbar<br />
sei. Das beanstandete der Vater gegenüber dem Petitionsausschuss.<br />
Hilfe war jedoch nicht möglich. Denn der bestehende Bebauungsplan lässt die Errichtung von<br />
Garagen und Carports außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen nicht zu. Nur offene<br />
Stellplätze können ausnahmsweise zugelassen werden. Davon gab es auf dem Reihenhausgrundstück<br />
bereits zwei. Für die Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans müssen<br />
die Voraussetzungen des § 31 Baugesetzbuch vorliegen. Hierzu hat <strong>das</strong> Innenministerium<br />
gegenüber dem Petitionsausschuss zutreffend darauf hingewiesen, <strong>das</strong>s es keine unbeabsichtigte<br />
Härte nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 Baugesetzbuch darstelle, wenn der Bebauungsplan die Errichtung<br />
des Carports trotz der Behinderung der Tochter verbiete. Denn eine Härte im Sinne<br />
von § 31 Abs. 2 Nr. 3 Baugesetzbuch liegt nur vor, wenn es sich um eine grundstücksbezogene<br />
Härte handelt. Das wäre dann der Fall, wenn <strong>das</strong> Reihenhausgrundstück wegen grundstücksbezogener<br />
Besonderheiten nicht in der gleichen Weise bebaubar wäre wie die Nachbargrundstücke.<br />
11.2.2 Duldung nicht genehmigter Gebäude oder Nutzungen hängt vom Zeitpunkt der<br />
Errichtung bzw. der Nutzungsänderung ab<br />
Eine (ehemalige) Kleingartenanlage umfasst 80 Parzellen, von denen zurzeit ca. 70 zu Wohnzwecken<br />
genutzt werden. Sie befindet sich in einem gewerblich geprägten Bereich. Viele<br />
Umbauten und Wohnnutzungen sind weder durch alte noch durch neue Baugenehmigungen<br />
legalisiert. Da die Stadt im <strong>Jahr</strong> <strong>2003</strong> in 15 Fällen Abriss- und Nutzungsuntersagungsverfügungen<br />
erlassen wollte, wandte sich der Kleingartenverein an den Petitionsausschuss.<br />
Der Kleingartenverein wies darauf hin, <strong>das</strong>s viele der so genannten Dauerbewohner in den<br />
70er und 80er <strong>Jahr</strong>en, als die Stadt keinen ausreichenden Wohnraum zur Verfügung stellen<br />
konnte, in Eigeninitiative Wohnraum geschaffen hätten. Das habe im Einklang mit den damals<br />
geltenden Gesetzen und Verordnungen der DDR gestanden. Durch den Entzug der<br />
Wohnungen wolle die Stadt lediglich Baufreiheit für ein neues Gewerbegebiet schaffen.<br />
Das Thüringer Innenministerium hat in seiner Stellungnahme hierzu Folgendes mitgeteilt:<br />
Mehreren Nutzungen in der Kleingartenanlage komme nicht die faktisch bestandsschutzvermittelnde<br />
Regelung der Zweiten Bevölkerungsbauwerke-Verordnung der DDR von 1984 zugute,<br />
die nach der Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts dazu führe, <strong>das</strong>s<br />
nachweislich vor dem 1. August 1985 durchgeführte Baumaßnahmen oder Umnutzungen<br />
heute nicht mehr aufgehoben werden könnten. Denn bei mehreren Gebäuden sei die Wohnnutzung<br />
bereits vor der Wende aufgegeben und erst mehrere <strong>Jahr</strong>e nach der Wende wieder<br />
aufgenommen worden. In einem konkreten Fall sei <strong>das</strong> Gebäude zum Beispiel 1980 als Wochenendhaus<br />
genehmigt worden. 1982 sei darauf ein Nebenwohnsitz eingetragen worden.<br />
29
1990 habe die Stadt Erfurt den Antrag der Eigentümer auf Genehmigung zur Wohnnutzung<br />
abgelehnt. Im Oktober 1992 sei eine Hauptwohnung in dem Gebäude angemeldet worden.<br />
Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Bauordnung (ThürBO) kann die Bauaufsichtsbehörde<br />
die teilweise oder vollständige Beseitigung einer baulichen Anlage anordnen, wenn bauliche<br />
Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder verändert werden<br />
und wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände geschaffen werden können.<br />
Ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften liegt vor, wenn der Bau formell oder<br />
materiell rechtswidrig ist. Dies ist der Fall, wenn eine erforderliche Genehmigung nicht vorliegt<br />
(formelle Rechtswidrigkeit) oder wenn der Bau den Normen widerspricht, die über seine<br />
Zulässigkeit entscheiden (materielle Rechtswidrigkeit). Ist die bauliche Anlage sowohl formell<br />
als auch materiell rechtswidrig, dann steht es im Ermessen der Behörde, den Abriss zu<br />
verfügen. Da es sich bei § 77 Abs. 1 Satz 1 ThürBO aber um ein so genanntes intendiertes<br />
Ermessen handelt, bei dem allein <strong>das</strong> Vorliegen der formellen und materiellen Rechtswidrigkeit<br />
ausreicht, kann <strong>das</strong> Ermessen nur in Ausnahmefällen dazu führen, <strong>das</strong>s der Abriss nicht<br />
angeordnet wird.<br />
Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn ein Bau zu irgendeinem Zeitpunkt seines Bestehens<br />
rechtmäßig gewesen ist und Bestandsschutz, der sich aus dem Schutz des Eigentums nach<br />
Art. 14 Grundgesetz ergibt, hat. Das DDR-Recht kannte zwar kein Eigentumsgrundrecht und<br />
damit keinen entsprechenden Bestandsschutz. Nach § 11 Abs. 3 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke<br />
vom 8. November 1984 (GBl. DDR 1984 Nr. 36 S. 433) bestand aber eine<br />
Verjährungsregelung, in die nach einem Urteil des OVG Weimar vom 18. Dezember 2002<br />
(1 KO 639/01) unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht eingegriffen werden kann. Das<br />
ist von den Behörden auf der Ebene der Ermessensausübung praktisch wie ein Bestandsschutz<br />
zu berücksichtigen.<br />
Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 2 ThürBO kann die Behörde die Benutzung untersagen, wenn bauliche<br />
Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Normen benutzt werden. Dabei reicht<br />
es nach herrschender Meinung aus, wenn die Nutzung formell rechtswidrig ist, also ohne die<br />
erforderliche Genehmigung erfolgt. Im Übrigen gelten für die Nutzungsuntersagung grundsätzlich<br />
die gleichen Voraussetzungen wie für die Beseitigungsanordnung.<br />
Für die baulichen Anlagen, die ohne Genehmigung umgenutzt wurden (ohne bauliche Veränderungen)<br />
ergibt sich in Abhängigkeit von den Bauvorschriften der DDR Folgendes:<br />
Eine Umnutzung liegt vor, wenn einer Anlage oder Einrichtung eine – wenigstens teilweise –<br />
neue Zweckbestimmung gegeben wird. Im Unterschied zu den baulichen Veränderungen von<br />
Gebäuden ist bei der bloßen Umnutzung vor dem 1. August 1990 zu berücksichtigen, inwieweit<br />
diese überhaupt der Genehmigung bedurften und deshalb auch nicht als rechtswidrig<br />
anzusehen sind.<br />
Eine Genehmigungspflicht für Umnutzungen ist erstmals aus der Verordnung über die Staatliche<br />
Bauaufsicht vom 1. Oktober 1987 (GBl. DDR 1987 Nr. 21 S. 249) ersichtlich. Diese<br />
Verordnung ist am 1. Januar 1988 in Kraft getreten. Nach § 5 Abs. 1 dieser Verordnung hatte<br />
derjenige, der ein Bauwerk vorbereiten, errichten, verändern oder "von der im Projekt vorgesehenen<br />
Nutzung abweichen wollte", eine Baugenehmigung einzuholen.<br />
Diese Genehmigungspflicht wurde mit der 2. Verordnung über Bevölkerungsbauwerke vom<br />
13. Juli 1989 (GBl. DDR 1989 Nr. 15 S. 191) konkretisiert. Nach der neuen Nr. 11 von § 3<br />
Abs. 2 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke war die Zustimmung bei einer Nut-<br />
30
zungsveränderung nur dann erforderlich, wenn die von den Bauunterlagen abweichende Nutzung<br />
bestehender Bauwerke mit anderen Beanspruchungen in statischer oder bauphysikalischer<br />
Hinsicht einschließlich des bautechnischen Brandschutzes verbunden war.<br />
Vor der Verordnung über die Staatliche Bauaufsicht in der Fassung vom 1. Oktober 1987 (in<br />
Kraft getreten am 1. Januar 1988) ist keine Vorschrift des DDR-Rechts ersichtlich, die eine<br />
Genehmigungspflicht von Nutzungsänderungen vorsah. Eine solche Pflicht ergab sich auch<br />
nicht aus § 3 Abs. 2 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke vom 8. November 1984, da<br />
die dort abschließend aufgeführten zustimmungspflichtigen Vorhaben die einfache Nutzungsänderung<br />
nicht erfassten. Einfache Umnutzungen vor dem 1. Januar 1988 waren also<br />
nach DDR-Recht nicht an eine Genehmigung gebunden. Das ist zu berücksichtigen, wenn der<br />
Erlass einer Nutzungsuntersagung durch die Bauaufsichtsbehörde geprüft wird.<br />
Der Petitionsausschuss wies die Petenten darauf hin, <strong>das</strong>s die Duldung nicht genehmigter Gebäude<br />
oder Nutzungen vom Zeitpunkt der Errichtung bzw. der Nutzungsänderung abhängt.<br />
11.2.3 Kompromiss im Innenbereich<br />
Ein junges Ehepaar beabsichtigte, in einer kleinen Gemeinde in Südthüringen ein Haus zu<br />
bauen. Sie wählten ein Grundstück aus, dessen Eigentümer sie bereits waren. Nicht unwichtig<br />
war dabei, <strong>das</strong>s sich <strong>das</strong> Haus, in dem die Mutter und die pflegebedürftige Großmutter leben,<br />
in unmittelbarer Nachbarschaft befindet. In der näheren Umgebung gibt es weitere Wohnhäuser,<br />
eine Werkstatt und eine Turnhalle. Wegen eines auf dem Baugrundstück vorhandenen<br />
Kellers, der in den zur Straße hin abfallenden Hang gegraben worden war, sollte <strong>das</strong> neue<br />
Haus nicht unmittelbar an der Straße, sondern in dem etwas weiter hinten liegenden Grundstücksteil<br />
und damit nicht mehr in der vorhandenen Bauflucht entstehen. Der Bauantrag des<br />
jungen Ehepaares wurde abgelehnt.<br />
Deshalb wandte sich <strong>das</strong> junge Ehepaar an den Petitionsausschuss und unterbreitete mehrere<br />
Kompromissvorschläge für sein Bauvorhaben. In dem Bemühen, eine Kompromisslösung für<br />
die Verwirklichung des Bauvorhabens zu finden, beschloss der Petitionsausschuss die nähere<br />
Umgebung in Augenschein zu nehmen und anlässlich dieses Ortstermins die Kompromissvorschläge<br />
mit der unteren Bauaufsichtsbehörde nochmals zu erörtern. Nach dem Ortstermin<br />
wurde ein neuer Bauantrag, der im Wesentlichen einem Vorschlag der unteren Bauaufsichtsbehörde<br />
folgte, positiv entschieden. Das Bauvorhaben wurde inzwischen verwirklicht. Seit<br />
Ende des vergangenen <strong>Jahr</strong>es wohnt <strong>das</strong> junge Ehepaar in seinem neuen Haus.<br />
31
11.3 Finanzwesen/Offene Vermögensfragen<br />
11.3.1 Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung<br />
Obwohl <strong>das</strong> Finanzamt in der Vergangenheit eine Einsatzwechseltätigkeit und die hierfür<br />
geltend gemachten Mehraufwändungen für Verpflegung stets ohne konkrete Nachweise anerkannt<br />
hatte, berücksichtigte es diese beim Lohnsteuerjahresausgleich einer Gärtnerin, die verschiedene<br />
Sportstätten der Stadt pflegte, nun nicht mehr. Dies wurde damit begründet, <strong>das</strong>s<br />
eine Einsatzwechseltätigkeit nicht nachgewiesen worden sei.<br />
Eine Einsatzwechseltätigkeit liegt bei Arbeitnehmern vor, die bei ihrer individuellen beruflichen<br />
Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten eingesetzt werden<br />
und sich daher immer wieder auf Fahrten zu neuen Einsatzstellen einstellen müssen, die nicht<br />
durch entsprechende Wohnsitznahme vermieden werden können. Diese Arbeitnehmer haben<br />
demzufolge keine regelmäßige Arbeitsstätte. Eine Einsatzwechseltätigkeit liegt beispielsweise<br />
bei Bau- und Montagearbeitern, Leiharbeitnehmern sowie Auszubildenden, bei denen keine<br />
Ausbildungsstätte als Mittelpunkt ihrer Ausbildungstätigkeit angesehen werden kann, vor.<br />
Dagegen ist der Einsatz an verschiedenen Stellen innerhalb eines weiträumigen Arbeitsgebietes<br />
keine Einsatzwechseltätigkeit (z.B. Werksgelände, Hafengebiet oder Neubaugebiet).<br />
Anders als bei Dienstreisen oder doppelter Haushaltsführung werden die Verpflegungsmehraufwändungen<br />
bei einer Einsatzwechseltätigkeit über drei Monate hinaus steuerlich anerkannt.<br />
Die Verpflegungsmehraufwändungen der Petentin wurden vom Finanzamt nicht anerkannt, da<br />
die Arbeitseinsätze an einer festen Anzahl von Sportstätten abwechselnd erfolgten und daher<br />
jede dieser Sportstätten als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen war.<br />
Diese Entscheidung war aus Sicht des Petitionsausschusses nicht zu beanstanden, obwohl <strong>das</strong><br />
Finanzamt in den vergangenen <strong>Jahr</strong>en eine Einsatzwechseltätigkeit ohne Weiteres anerkannt<br />
hatte. Denn nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung kann der Steuerpflichtige aus<br />
einer ihm günstigen Sachbehandlung in einem vorausgegangenen Steuerabschnitt grundsätzlich<br />
keine Ansprüche auf die gleiche Handhabung in einem nach- oder vorgelagerten Veranlagungszeitraum<br />
herleiten. Dieser Grundsatz wird nur in Ausnahmefällen durch eine besondere<br />
Selbstverpflichtung der Behörde (Zusage) durchbrochen. Ein solcher Ausnahmefall lag hier<br />
nicht vor.<br />
11.3.2 Werbungskosten: Einsatzwechseltätigkeit und Entfernungspauschale<br />
Ein Angestellter eines in Thüringen ansässigen Unternehmens war im <strong>Jahr</strong> 2002 für jeweils<br />
mehr als drei Monate auf zwei Baustellen in München und Dresden beschäftigt. Um von seiner<br />
Wohnung nach München bzw. Dresden zu gelangen, nutzte er eine von seinem Arbeitgeber<br />
organisierte kostenlose Sammelbeförderung. Mit der Einkommensteuererklärung für 2002<br />
machte er für die Fahrten nach München bzw. Dresden eine Entfernungspauschale geltend.<br />
Dies lehnte <strong>das</strong> Finanzamt mit dem Steuerbescheid für 2002 ab. Mit der Petition wurde die<br />
Entscheidung des Finanzamts beanstandet.<br />
Der Petent vertrat die Meinung, <strong>das</strong> Finanzamt müsse eine Entfernungspauschale als Werbungskosten<br />
anerkennen, ohne die Sammelbeförderung auf die Entfernungspauschale anzu-<br />
32
echnen. Er berief sich hierbei auf die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 i.V.m.<br />
Satz 5 Einkommenssteuergesetz.<br />
Der Petitionsausschuss ging nach einer gründlichen Erörterung der Sache mit dem Finanzministerium<br />
von Folgendem aus:<br />
Die Aufwändungen des Arbeitnehmers im Rahmen einer Einsatzwechseltätigkeit zählen<br />
grundsätzlich zu den Werbungskosten. Dabei führen Arbeitnehmer mit einer Einsatzwechseltätigkeit<br />
ohne tägliche Rückkehr zum Wohnort auch einen doppelten Haushalt (doppelte<br />
Haushaltsführung). Dies trifft auf die Tätigkeiten in Dresden und München gleichermaßen zu.<br />
Eine Entfernungspauschale ist aber nur dann in Ansatz zu bringen, wenn der Steuerpflichtige<br />
arbeitstäglich eine regelmäßige Arbeitsstätte aufsucht und dabei die Entfernung zwischen<br />
Wohnung und Arbeitsstätte nicht mehr als 30 km beträgt. Nur für diesen Fall sieht § 9 Abs. 1<br />
Satz 3 Nr. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 5 Einkommensteuergesetz eine Entfernungspauschale als<br />
Werbungskosten vor, ohne <strong>das</strong>s die Sammelbeförderung auf die Entfernungspauschale angerechnet<br />
wird.<br />
Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Einsatzort mehr als 30 km, können die Fahrtkosten<br />
nur nach Dienstreisegrundsätzen, <strong>das</strong> heißt nur in Höhe der tatsächlichen Aufwändungen<br />
berücksichtigt werden. Da die Entfernungen zwischen Erfurt und Dresden bzw. München<br />
mehr als 30 km betrugen, konnten nur die tatsächlichen Aufwändungen für die Fahrten zwischen<br />
Wohn- und Arbeitsort berücksichtigt werden. Tatsächliche Aufwändungen sind insoweit<br />
aber nicht entstanden, da die Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber unentgeltlich<br />
erfolgte.<br />
Bei einer Entfernung von mehr als 30 km zwischen Wohnort und Einsatzort kann eine Entfernungspauschale<br />
nur aufgrund einer doppelten Haushaltsführung im Rahmen der wöchentlichen<br />
Familienheimfahrten anerkannt werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 5 Einkommenssteuergesetz).<br />
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 7 Einkommenssteuergesetz gilt <strong>das</strong> nur, wenn<br />
die Fahrten nicht mit einem vom Arbeitgeber überlassenen Kraftfahrzeug erfolgen. Als ein<br />
vom Arbeitgeber überlassenes Kraftfahrzeug ist nach bundeseinheitlicher Abstimmung auch<br />
ein bei einer Sammelbeförderung eingesetztes Kraftfahrzeug anzusehen. Deshalb konnte auch<br />
aufgrund der doppelten Haushaltsführung des Petenten keine Entfernungspauschale in Ansatz<br />
gebracht werden.<br />
11.3.3 Ökologische Zusatzförderung nach Eigenheimzulagegesetz nicht in jedem Fall<br />
Eine Familie bezog ihr neues Haus im Dezember 2001 und erhielt am 30. Januar 2002 einen<br />
Bescheid über die Eigenheimzulage für die <strong>Jahr</strong>e 2001 bis 2008. Im Juni 2002 ließ die Familie<br />
eine Solaranlage einbauen. Für die Kosten der Solaranlage in Höhe von ca. 2.500 Euro<br />
beantragte sie im November 2002 die ökologische Zusatzförderung nach § 9 Abs. 3 Eigenheimzulagegesetz.<br />
Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Zusatzförderung ab. Hiergegen<br />
richtete sich die Petition.<br />
Der Petitionsausschuss konnte sich nicht auf die Seite der Familie stellen. Denn der Einbau<br />
einer Solaranlage wird nach § 9 Abs. 3 Eigenheimzulagegesetz nur dann gefördert, wenn der<br />
Einbau vor Beginn der Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken abgeschlossen ist.<br />
Wer also die ökologische Zusatzförderung nach § 9 Abs. 3 Eigenheimzulagegesetz in An-<br />
33
spruch nehmen will, sollte sich im Klaren darüber sein, <strong>das</strong>s er die förderwürdige Anlage einbauen<br />
lassen muss, bevor er <strong>das</strong> Haus oder die Wohnung zum Wohnen nutzt.<br />
11.3.4 Langer Weg bis zur Rückübertragung<br />
Verkürzt wurde der ansonsten lange Weg des Verfahrens zur vermögensrechtlichen Rückübertragung<br />
eines ehemaligen landwirtschaftlichen Unternehmens durch die Vermittlung des<br />
Petitionsausschusses. Einen endgültigen Abschluss konnte der Petitionsausschuss nicht herbeiführen,<br />
da er die Petition zuständigkeitshalber an den Petitionsausschuss des Deutschen<br />
Bundestages abgeben musste.<br />
Das ehemalige landwirtschaftliche Unternehmen gehörte einem Thüringer (Alteigentümer),<br />
der am 23. August 1945 durch <strong>das</strong> Strafurteil eines sowjetischen Kriegsgerichts zu einer Freiheitsstrafe<br />
von 10 <strong>Jahr</strong>en "in Arbeitsbesserungslagern" verurteilt wurde. Gleichzeitig wurde<br />
sein Vermögen konfisziert. Aus dem Grundbuch ist dagegen ersichtlich, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> am 10. August<br />
1945 zunächst unter Sequester gestellte Vermögen aufgrund eines Beschlusses der Landesbodenkommission<br />
zur Durchführung der Bodenreform Weimar vom 21. Mai 1946 enteignet<br />
wurde.<br />
Die Rückübertragung des landwirtschaftlichen Unternehmens wurde vom Landesamt zur Regelung<br />
offener Vermögensfragen (LARoV) 1995 zunächst abgelehnt. Es ging davon aus, <strong>das</strong>s<br />
der Landwirtschaftsbetrieb in Durchführung des Gesetzes über die Bodenreform im Land<br />
Thüringen vom 10. September 1945 und somit auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher<br />
Grundlage enteignet worden sei. Deshalb sei <strong>das</strong> Vermögensgesetz auf die Enteignung<br />
des Landwirtschaftsbetriebes gemäß § 1 Abs. 8 Vermögensgesetz nicht anwendbar.<br />
Hiergegen klagte der Erbe, der den Rückübertragungsantrag gestellt hatte, vor dem Verwaltungsgericht<br />
Gera.<br />
Kurz darauf erreichte der Erbe, <strong>das</strong>s der Alteigentümer von der Generalstaatsanwaltschaft der<br />
Russischen Föderation strafrechtlich rehabilitiert wurde. Er legte dem Gericht die Rehabilitierungsbescheinigung<br />
vor und machte geltend, <strong>das</strong>s die Enteignung des Landwirtschaftsbetriebes<br />
nicht auf dem Gesetz über die Bodenreform, sondern auf dem Strafurteil beruhe, <strong>das</strong><br />
durch die Rehabilitierung aufgehoben worden sei. Da aber die Rehabilitierungsbescheinigung<br />
nicht ausdrücklich auch die Vermögenseinziehung aufgehoben hat, wies <strong>das</strong> Verwaltungsgericht<br />
den Erben darauf hin, <strong>das</strong>s auch die Vorlage des Strafurteils vom 23. August 1945 erforderlich<br />
sei. Denn der Nachweis der Vermögenseinziehung durch <strong>das</strong> Strafurteil konnte mangels<br />
eines entsprechenden Hinweises in der Rehabilitierungsbescheinigung nur durch <strong>das</strong><br />
Strafurteil selbst erbracht werden. Das Strafurteil legte der Erbe dem Verwaltungsgericht aber<br />
nicht vor. Er nahm statt dessen die Klage wieder zurück.<br />
Parallel zu dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren hatte der Erbe aber beim LARoV die<br />
Rücknahme des Bescheides von 1995 und <strong>das</strong> Wiederaufgreifen des Verfahrens beantragt.<br />
Das LARoV beabsichtigte zunächst, diese Anträge abzulehnen. Denn <strong>das</strong> LARoV vertrat wegen<br />
des unveränderten Sachverhalts die Meinung, <strong>das</strong>s kein Fall des § 1 Abs. 7 Vermögensgesetz<br />
vorliege, solange nicht nachgewiesen sei, <strong>das</strong>s der Vermögensentzug auf dem Strafurteil<br />
vom 23. August 1945 beruhe. Die Rehabilitierungsbescheinigung reiche für die notwendige<br />
Überprüfung nicht aus, ob und insbesondere in welchem Umfang <strong>das</strong> Strafurteil die Einziehung<br />
des Vermögens angeordnet habe und die nachträgliche Enteignung nach der Bodenreform<br />
deshalb möglicherweise ins Leere gegangen sei.<br />
34
Anfang des <strong>Jahr</strong>es 2001 signalisierte der Erbe, <strong>das</strong>s er nun über <strong>das</strong> Strafurteil vom 23. August<br />
1945 verfüge. Da er aber vom Finanzministerium eine vorbehaltlose Zusicherung der<br />
Rückübertragung des landwirtschaftlichen Unternehmens für den Fall der Vorlage des Strafurteils<br />
verlangte und dem Finanzministerium eine derartige vorbehaltlose Zusicherung nicht<br />
möglich war, kam es zu keiner Einigung. Das LARoV lehnte die Anträge des Erben 2002<br />
schließlich ab. Deshalb wandte er sich Ende 2002 mit der Bitte um Vermittlung an den Petitionsausschuss.<br />
Durch die Vermittlung des Petitionsausschusses legte er eine Abschrift des Strafurteils vom<br />
23. August 1945 vor. Zugleich nahm er die Hilfe eines auf solche Rechtsprobleme spezialisierten<br />
Rechtsanwaltes in Anspruch. Entsprechend der für den Fall der Vorlage des Urteils<br />
getroffenen Absprache mit dem Finanzministerium teilte <strong>das</strong> LARoV ihm dann die Absicht<br />
mit, die Bescheide von 1995 und 2002 zurückzunehmen sowie seine Rückübertragungsberechtigung<br />
für den Landwirtschaftsbetrieb festzustellen. Im März <strong>2003</strong> erließ <strong>das</strong> LARoV den<br />
entsprechenden Bescheid.<br />
Dieser Bescheid wurde jedoch nicht bestandskräftig, da die über die Grundstücke des ehemaligen<br />
landwirtschaftlichen Betriebes verfügungsberechtigte Bodenverwertungs- und Verwaltungs<br />
GmbH (BVVG) gegen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgericht Gera Klage erhob.<br />
Eine abschließende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gera ist noch nicht ergangen. Die<br />
BVVG ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte<br />
Sonderaufgaben (BvS), die wiederum der Fach- und Rechtsaufsicht des Bundesministeriums<br />
der Finanzen untersteht.<br />
Der Petitionsausschuss konnte somit nur feststellen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Landesamt zur Regelung offener<br />
Vermögensfragen eine Entscheidung im Sinne des Petenten getroffen hat und diese Entscheidung<br />
durch eine der Bundesaufsicht unterstehenden Stelle angefochten wurde. Er beschloss<br />
deshalb, die Eingabe zuständigkeitshalber an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages<br />
weiterzuleiten.<br />
11.3.5 Stichtag für redlichen Erwerb nach dem Vermögensgesetz<br />
Mit der Petition wandte sich ein Hauseigentümer gegen die vermögensrechtliche Rückübertragung<br />
des von ihm 1990 erworbenen Hauses an seine 1989 in die Bundesrepublik ausgereiste<br />
Schwester.<br />
Die Schwester und deren Ehemann waren Eigentümer eines Grundstücks mit Wohnhaus, als<br />
sie 1989 beim Rat des Kreises, Abteilung Innere Angelegenheiten einen Antrag auf ständige<br />
Ausreise in die Bundesrepublik stellten. Sie erteilten der Mutter der Schwester und des Petenten<br />
im November 1989 eine unwiderrufliche notarielle Vollmacht zur Vertretung in allen<br />
Angelegenheiten. Kurz darauf reisten sie mit staatlicher Genehmigung der DDR in die Bundesrepublik<br />
aus. Die Mutter übertrug <strong>das</strong> Grundstück im Mai 1990 auf den Petenten. Die entsprechende<br />
Grundbucheintragung erfolgte im September 1990. Im Oktober 1990 beantragten<br />
die Schwester und deren Ehemann die Rückübertragung des Grundstücks nach dem Vermögensgesetz.<br />
Der Petent wusste zwar von den geltend gemachten vermögensrechtlichen Ansprüchen, wollte<br />
aber <strong>das</strong> Haus wegen seines reparaturbedürftigen Zustandes sanieren. Er wandte sich deshalb<br />
an <strong>das</strong> damals zuständige Amt zur Regelung offener Vermögensfragen, wo er die Auskunft<br />
erhielt, <strong>das</strong>s die Bearbeitung des Rückübertragungsantrags nicht in Kürze erfolgen könne.<br />
35
Auch seine Schwester hatte sich 1992 an <strong>das</strong> Amt gewandt und beanstandet, <strong>das</strong>s ihr Antrag<br />
nur schleppend bearbeitet werde. Das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen antwortete<br />
ihr daraufhin wie folgt: "Nach erster Durchsicht der mir vorliegenden Unterlagen und vor<br />
allem nach Grundbucheinsicht komme ich zu der Auffassung, <strong>das</strong>s Ihr Antrag nicht in den<br />
Geltungsbereich des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen fällt. Ihr Vermögen in<br />
der ehemaligen DDR unterlag keinen Verfügungsbeschränkungen und wurde auch von keiner<br />
staatlichen Stelle erfasst." Von diesem Schreiben erhielt der Petent Kenntnis. Er vertraute<br />
darauf, <strong>das</strong>s der vermögensrechtliche Antrag abgelehnt wird. Zwischen 1990 und 2002 investierte<br />
er über 100.000 Euro in <strong>das</strong> Haus.<br />
Im <strong>Jahr</strong>e 2002 teilte <strong>das</strong> nun zuständige Staatliche Amt zur Regelung offener Vermögensfragen<br />
dem Petenten mit, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Hausgrundstück an seine Schwester und deren Ehemann zurückübertragen<br />
werden soll. Um die drohende Rückübertragung abzuwenden, einigte sich der<br />
Petent mit seiner Schwester auf einen "nachträglichen Kaufpreis" in Höhe von 70.000 Euro.<br />
Aufgrund dieser Vereinbarung wurde <strong>das</strong> vermögensrechtliche Verfahren beendet.<br />
Der Petent ging davon aus, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Amt zur Regelung offener Vermögensfragen mit dem<br />
Schreiben an seine Schwester bereits eine ablehnende Entscheidung zugesichert habe. Statt<br />
dessen sei er dann aber gezwungen gewesen, seiner Schwester 70.000 Euro für die Antragsrücknahme<br />
zu zahlen. Für diesen Schaden sei "von der Landesregierung eine angemessene<br />
Entschädigungszahlung" zu leisten.<br />
Der Petitionsausschuss konnte keine dem Anliegen des Petenten entsprechende Entscheidung<br />
herbeiführen. Denn die vom Staatlichen Amt zur Regelung offener Vermögensfragen im <strong>Jahr</strong><br />
2002 mitgeteilte Absicht, <strong>das</strong> Hausgrundstück an die Schwester und deren Ehemann zurückzuübertragen,<br />
ist nicht zu beanstanden. Sie folgt der hierzu vorliegenden höchstrichterlichen<br />
Rechtsprechung. Danach ergibt sich aus der Kausalität zwischen Ausreiseantrag und Veräußerung<br />
ein Anscheinsbeweis für unlautere Machenschaften im Sinne von § 1 Abs. 3 Vermögensgesetz.<br />
Ob der hiernach festgestellte Anspruch nach dem Vermögensgesetz zu einer<br />
Rückübertragung des Vermögensgegenstandes oder einer Entschädigung führt, hängt davon<br />
ab, ob Ausschlussgründe für eine Rückübertragung vorliegen. Auf diese Ausschlussgründe<br />
kann sich allerdings nicht berufen, wer <strong>das</strong> Grundstück nach dem 18. Oktober 1989 und somit<br />
nach dem in § 4 Abs. 2 Satz 2 Vermögensgesetz festgesetzten Stichtag erworben hat. Somit<br />
führte der redliche Erwerb des Petenten (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Vermögensgesetz) nicht zum Ausschluss<br />
der Rückübertragung an die Schwester und deren Ehemann.<br />
Für die vom Petenten geforderte Entschädigungszahlung war deshalb keine Anspruchsgrundlage<br />
ersichtlich. Auch <strong>das</strong> Schreiben des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen von<br />
1992 konnte einen solchen Anspruch nicht begründen. Denn <strong>das</strong> Schreiben stellte weder einen<br />
Verwaltungsakt noch die Zusicherung eines bestimmten Verwaltungsakts im Sinne von § 38<br />
Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz dar. Die unverbindlichen Äußerungen in dem Schreiben<br />
ließen nicht den Schluss zu, <strong>das</strong>s damit über den Rückübertragungsantrag der Schwester<br />
entschieden oder eine solche Entscheidung zugesichert werden sollte.<br />
36
11.4 Kommunale Angelegenheiten<br />
11.4.1 Kein Stimmrecht für fraktionsloses Gemeinderatsmitglied<br />
Ein fraktionsloses Mitglied des Stadtrats einer Kleinstadt beanstandete, <strong>das</strong>s er nur einen Sitz<br />
ohne Stimmrecht in einem beratenden Ausschuss erhalten hat.<br />
Der Stadtrat hatte gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) zur Erfüllung<br />
seiner Aufgaben neben dem Hauptausschuss noch weitere Ausschüsse für bestimmte<br />
Aufgabenbereiche gebildet, und zwar sowohl vorbereitende als auch beschließende. Bei der<br />
Zusammensetzung der Ausschüsse hatte der Stadtrat gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 ThürKO dem<br />
Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen.<br />
Soweit Fraktionen bestehen, sind diese bei der Berechnung zu Grunde zu legen. Damit soll<br />
sichergestellt werden, <strong>das</strong>s sich <strong>das</strong> Wahlergebnis auch in der Besetzung der Ausschüsse<br />
spiegelt. Entsprechend den jeweiligen Geschäftsordnungen wird die Spiegelbildlichkeit nach<br />
dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren oder dem mathematischen Proporzverfahren nach<br />
Hare/Niemeier ermittelt.<br />
Jedes Stadtratsmitglied kann nach § 27 Abs. 1 Satz 4 ThürKO die Zuweisung von mindestens<br />
einem Ausschuss-Sitz verlangen, wenn die Zahl der Ausschuss-Sitze die Zahl der Gemeinderatsmitglieder<br />
übersteigt. Das war hier der Fall, so <strong>das</strong>s der Petent einen Ausschuss-Sitz beanspruchen<br />
konnte. Damit ist im Gegensatz zu anderen Kommunalordnungen in Thüringen ein<br />
Mitwirkungsrecht von fraktionslosen Gemeinderatsmitgliedern gesetzlich verankert. In Ländern,<br />
in denen kein entsprechendes gesetzliches Mitwirkungsrecht besteht, wird ein entsprechender<br />
Anspruch in der Regel verneint.<br />
Die Regelung in § 27 Abs. 1 Satz 4 ThürKO orientiert sich an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes<br />
über die Mitwirkungsrechte eines fraktionslosen Abgeordneten. Danach<br />
müssen die Ausschüsse aufgrund ihrer Aufgaben ein verkleinertes Abbild des Plenums<br />
sein und dessen Zusammensetzung widerspiegeln. Der Einzelne soll ein Mitwirkungsrecht<br />
haben, wobei der Schwerpunkt in der Mitwirkung liegt, <strong>das</strong> heißt in der Einbringung von<br />
Sachargumenten. Es wird aber nicht als verfassungsrechtlich geboten angesehen, dem einzelnen<br />
Abgeordneten im Ausschuss ein Stimmrecht zu geben. Denn dies würde sich zwangsläufig<br />
überproportional auswirken, da der fraktionslose Abgeordnete nur für sich spricht, nicht<br />
auch für andere Mitglieder einer Fraktion. Mit Rücksicht auf die Funktion der Ausschüsse,<br />
die Mehrheitsfähigkeit einer Vorlage im Plenum sicherzustellen, ist es noch weniger geboten,<br />
einem fraktionslosen Abgeordneten <strong>das</strong> Stimmrecht im Ausschuss zu geben. Auch in Bezug<br />
auf diese Funktion gebührt der Stimme des fraktionslosen Abgeordneten eine wesentlich geringere<br />
Bedeutung als der des fraktionsangehörigen. Im Gegensatz dazu bekäme seine Stimme<br />
sogar zusätzliches, möglicherweise ausschlaggebendes Gewicht, wenn sie bestehende<br />
Mehrheitsverhältnisse im Ausschuss in Frage stellen könnte.<br />
An diesen verfassungsrechtlichen Hintergrund knüpft § 27 Abs. 1 Satz 4 ThürKO an, mit der<br />
Folge, <strong>das</strong>s aus der Zuweisung des Ausschusses für ein fraktionsloses Gemeinderatsmitglied<br />
kein Stimmrecht folgt, gleichgültig ob es sich um einen vorberatenden oder beschließenden<br />
Ausschuss handelt. So bereiten vorberatende Ausschüsse Fach- und Detailfragen vor, um dem<br />
Gemeinderat mehrheitsfähige Entscheidungsgrundlagen zu geben. Als Folge des Repräsentationsprinzips<br />
müssen diese Ausschüsse, soweit es um Beschlussempfehlungen geht, die Zusammensetzung<br />
des Gemeinderates widerspiegeln. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung<br />
des Bundesverfassungsgerichtes kann deshalb ein einzelnes Gemeinderatsmitglied, <strong>das</strong><br />
einen Sitz nach § 27 Abs. 1 Satz 4 ThürKO erhalten hat, lediglich Teilnahme-, Rede- und<br />
37
Antragsrechte im Ausschuss geltend machen. Das Bundesverwaltungsgericht hat 1993 in einem<br />
Beschluss festgestellt, <strong>das</strong>s ein fraktionsloses Gemeinderatsmitglied keinen verfassungsrechtlichen<br />
Anspruch auf volle Mitgliedschaft in einem Ausschuss des Gemeinderates hat;<br />
was auch dann gilt, wenn <strong>das</strong> Gemeinderatsmitglied direkt mit hoher Stimmenzahl in den<br />
Gemeinderat gewählt wurde.<br />
Der Petitionsausschuss hat den Petenten entsprechend informiert und damit <strong>das</strong> Petitionsverfahren<br />
abgeschlossen.<br />
11.4.2 Rückwirkende Erhöhung der Grundsteuer ist möglich<br />
Ein Grundstückseigentümer bat den Petitionsausschuss zu überprüfen, ob eine nachträgliche<br />
Erhöhung der Grundsteuer möglich ist.<br />
Der Petent hatte am 15. Februar 2002 einen Bescheid über die Grundsteuer für <strong>das</strong> <strong>Jahr</strong> 2002<br />
erhalten. Mit einem weiteren Bescheid vom 28.09.2002 wurde ihm die rückwirkende Erhöhung<br />
der Grundsteuer bekannt gegeben, die auf einer Änderung des Hebesatzes von 300 v.H.<br />
auf 310 v.H. beruhte.<br />
Der Petitionsausschuss stellte fest, <strong>das</strong>s die Kommune die Hebesatzänderung am<br />
30. Mai 2002 beschlossen hatte. Dieser Beschluss wurde von der Kommunalaufsicht am<br />
27. Juli 2002 genehmigt und anschließend am 13. Juli 2002 im Amtsblatt der Stadt bekannt<br />
gemacht. Da nach den gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung der Beschluss<br />
entscheidend ist, war die rückwirkende Hebesatzänderung nicht zu beanstanden.<br />
Nach § 25 Abs. 3 Grundsteuergesetz ist eine Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes bis<br />
zum 30.06. des Kalenderjahres mit Wirkung von Beginn dieses Kalenderjahres an zu beschließen.<br />
Im vorliegenden Fall wurde die Hebesatzänderung durch den Stadtrat am<br />
30. Mai 2002 und damit vor dem 30.06. beschlossen.<br />
11.4.3 Hunde(s)teuer!<br />
Die Eigentümer eines American Staffordshire Terriers befürchteten, <strong>das</strong>s sie in Zukunft nicht<br />
mehr für ihren Hund aufkommen können, wenn für ihn 600,00 Euro Hundesteuer fällig werden.<br />
Die Kommune hatte nämlich in einer neuen "Satzung für die Erhebung einer Hundesteuer"<br />
(Hundesteuersatzung) beschlossen, nach einer Übergangszeit, in der nur 60,00 Euro Hundesteuer<br />
zu zahlen sind, die Hundesteuer für gefährliche Hunde auf 600,00 Euro anzuheben.<br />
Dagegen müssen Hundebesitzer anderer Hunde weiterhin lediglich 60,00 Euro jährlich bezahlen.<br />
Als gefährliche Hunde werden in der Satzung in Anlehnung an § 11 der Tierschutz-<br />
Hundeverordnung vom 2. Mai 2001 die Hunderassen Pitbull-Terrier, Staffordshire Bullterrier,<br />
American Staffordshire Terrier und Bullterrier sowie Kreuzungen mit diesen Tieren definiert.<br />
Die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde hat die Satzung nicht beanstandet.<br />
Eine Beanstandung wäre nach der Meinung des Petitionsausschusses nur dann möglich gewesen,<br />
wenn die neue Hundesteuersatzung einem Verbot gefährlicher Hunde gleichgekommen<br />
wäre. Eine derartige "Erdrosselungswirkung" der Hundesteuer ist aber nur dann anzunehmen,<br />
38
wenn die Höhe der Steuer <strong>das</strong> Halten gefährlicher Hunde unmöglich macht. Dies wird bei<br />
einer um <strong>das</strong> Zehnfache höheren Steuer noch nicht angenommen.<br />
Die Hundesteuer ist eine Aufwandssteuer, die an die durch die Einkommensverwendung für<br />
den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit<br />
anknüpft. Berücksichtigt man, <strong>das</strong>s bereits die Anschaffung eines derartigen Hundes in der<br />
Regel sehr teuer ist, so ist dem Eigentümer auch eine höhere Steuer zumutbar. Zudem hat die<br />
höchstrichterliche Rechtsprechung anerkannt, <strong>das</strong>s eine Gemeinde mit der Hundesteuer <strong>das</strong><br />
Ziel verfolgen darf, die Haltung von gefährlichen Hunden einzudämmen (so genannter Lenkungszweck).<br />
11.4.4 Wärme vor dem Winter<br />
Hunderte von Wohnungen waren in Gotha seit Juni <strong>2003</strong> ohne Warmwasser und Fernwärme.<br />
Ein Teil der Wohnungen stand unter Zwangsverwaltung. Aufgrund von Zahlungsrückständen<br />
des Vermieters hatten die Stadtwerke die Versorgung mit Warmwasser und Fernwärme eingestellt.<br />
Die weitere Versorgung wurde von Vorausleistungen des Vermieters abhängig gemacht.<br />
Die Mieter wandten sich Anfang Oktober Hilfe suchend an den Petitionsausschuss. Aufgrund<br />
der <strong>Jahr</strong>eszeit und den damit verbundenen klimatischen Bedingungen sei ein weiteres Abwarten<br />
oder Verweisen auf den Zivilrechtsweg unzumutbar. Sie forderten deshalb, <strong>das</strong>s Mieter,<br />
Vermieter, Versorger, Kommune, Kreis und Zwangsverwalter eine Lösung finden müssten,<br />
damit die Wohnungen endlich wieder mit Wärme versorgt würden.<br />
Der Petitionsausschuss unterstützte dies. Er forderte alle Beteiligten auf, im Interesse der Betroffenen<br />
schnellstmöglich eine Lösung zu finden, was auch gelang. Nach vier Beratungen<br />
konnte der Ausschuss feststellen, <strong>das</strong>s die betroffenen Mieter nicht mehr ohne Warmwasser<br />
und Fernwärme leben müssen. Einige Gebäude wurden wieder an die Fernwärmeversorgung<br />
angeschlossen. Bei den Objekten, die noch nicht oder nicht mehr an die Fernwärme angeschlossen<br />
werden sollten, wurde den Mietern von der Stadt Hilfe beim Umzug angeboten, so<br />
<strong>das</strong>s die Betroffenen nicht mehr in unbeheizten Wohnungen leben mussten.<br />
11.4.5 Wasserski auf Talsperre<br />
Ein Wasserski-Verein befürchtete, den Spitzenplatz unter den wettkampfausübenden Vereinen<br />
in Deutschland zu verlieren. Die ihm seit 1967 eingeräumten Trainingsmöglichkeiten auf<br />
einer Talsperre sollten nämlich eingeschränkt werden. Ursache hierfür war ein anderer Wasserski-Verein,<br />
der die Talsperre ebenfalls zum Training nutzen wollte.<br />
Die Petition führte dazu, <strong>das</strong>s sich die "konkurrierenden" Vereine in einem Gespräch mit dem<br />
Präsidenten des Landesverwaltungsamtes, des zuständigen Landratsamtes und des Landessportbundes<br />
darauf verständigten, <strong>das</strong>s die zur Verfügung stehende Trainingsfläche der Länge<br />
nach geteilt wird. Damit steht beiden Wasserski-Vereinen eine Teilfläche für ihren Trainingsund<br />
Wettkampfbetrieb zur Verfügung. Darüber hinaus sind im wöchentlichen Wechsel am<br />
Wochenende exklusive Nutzungszeiten für beide Wasserski-Vereine vorgesehen, um sportliche<br />
Talente besonders zu fördern.<br />
39
Der Petitionsausschuss betonte <strong>das</strong> besonders kooperative und kompromissorientierte Vorgehen<br />
des Landesverwaltungsamtes und des zuständigen Landratsamtes.<br />
11.4.6 Herstellungsbeiträge und bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks<br />
Mit verschiedenen Petitionen wurde beanstandet, <strong>das</strong>s bei der Berechnung des Herstellungsbeitrages<br />
für die Abwasserentsorgung von zwei Vollgeschossen ausgegangen worden sei,<br />
obwohl nur ein Vollgeschoss vorhanden sei.<br />
Der Petitionsausschuss informierte über die Rechtslage. Danach gilt für die Zahl der zur Berechnung<br />
heranzuziehenden Vollgeschosse im unbeplanten Innenbereich die Zahl der Vollgeschosse<br />
der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Bebauung. Das entspricht<br />
der baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks. Nach dem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts<br />
vom 18. Dezember 2000 (Az. 4 N 472/00) darf die Beitragserhebung auch auf<br />
der Grundlage der baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks erfolgen. Es kommt also nicht darauf<br />
an, wie <strong>das</strong> Grundstück zurzeit genutzt wird. Es kommt vielmehr darauf an, wie es bebaut<br />
werden könnte.<br />
11.4.7 Eigentumswohnung und Herstellungsbeitrag für Abwasser<br />
Die Eigentümerin einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus wandte sich gegen den Bescheid<br />
eines Abwasserzweckverbandes, mit dem sie entsprechend ihrem Eigentumsanteil zu<br />
einem Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung herangezogen wurde. Obwohl<br />
sich die Eigentumswohnung nur auf einer Etage befindet, beruhte die Berechnung des Herstellungsbeitrags<br />
auf einem Vollgeschossfaktor von 1,5. Das war aus der Sicht der Petentin<br />
nicht nachvollziehbar. Außerdem zweifelte sie grundsätzlich an der Beitragserhebung, da <strong>das</strong><br />
Mehrfamilienhaus bereits in den 60er <strong>Jahr</strong>en an den Abwasserkanal angeschlossen worden<br />
war.<br />
Der Petitionsausschuss wies die Petentin auf Folgendes hin:<br />
Gegenstand der Beitragspflicht ist nicht die einzelne Eigentumswohnung, sondern <strong>das</strong> gesamte<br />
Grundstück. Dem Eigentümer einer einzelnen Wohnung kann nur eine Beitragspflicht<br />
in Höhe seines Eigentumsanteils an dem Gesamtgrundstück entstehen. Der vom Zweckverband<br />
hier als Beitragsmaßstab gewählte Vollgeschossmaßstab dient zur Errechnung des Beitrages<br />
für <strong>das</strong> gesamte Grundstück. Der Beitrag für <strong>das</strong> gesamte Grundstück wird entsprechend<br />
der Eigentumsanteile auf die Wohnungen umgelegt. Für die Höhe der einzelnen Beiträge<br />
kommt es daher nicht auf den Flächeninhalt oder wie hier die Vollgeschosszahl des Sondereigentums<br />
an.<br />
Eine Differenzierung der Beitragssätze nach Anschlussnehmern, deren Grundstücke bereits<br />
vor In-Kraft-Treten des Thüringer Kommunalabgabengesetzes an die Wasserversorgung bzw.<br />
Abwasserentsorgung angeschlossen waren (so genannte Altanschlussnehmer) und solchen,<br />
die erst danach an die öffentliche Einrichtung angeschlossen wurden, wäre eine unzulässige<br />
Ungleichbehandlung. Allerdings ist die Erhebung von Beiträgen zur Finanzierung von Anlagen,<br />
die vor dem 1. Juli 1990 errichtet wurden, ausgeschlossen. Deshalb bezahlen die so genannten<br />
Altanschlussnehmer und die so genannten Neuanschlussnehmer mit ihren Beiträgen<br />
gleichermaßen dieselben Investitionsleistungen.<br />
40
11.4.8 Fragerecht der Einwohner des Landkreises gegenüber dem Kreistag<br />
Auf seine Fragen zur Unterbringung von Flüchtlingen und ausländerfeindlichen Strukturen<br />
erhielt ein Bürger in der öffentlichen Fragestunde des Kreistags keine Antwort.<br />
Darüber beschwerte er sich beim Petitionsausschuss. Dieser konnte ihn nur darauf hinweisen,<br />
<strong>das</strong>s <strong>das</strong> Fragerecht der Einwohner des Landkreises gegenüber dem Kreistag auf die Angelegenheiten<br />
des eigenen Wirkungskreises beschränkt ist. Denn der Kreistag beschließt gemäß<br />
§ 101 Abs. 3 Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) nur über die Aufgaben des eigenen<br />
Wirkungskreises (§ 87 ThürKO). Für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises nach<br />
§ 88 ThürKO ist gemäß § 107 Abs. 2 Nr. 2 ThürKO allein der Landrat zuständig. Für Fragen,<br />
die sich auf Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises richten, besitzt der Kreistag folglich<br />
keine Befassungskompetenz. Da sich die Fragen des Petenten auf den Regelungsbereich des<br />
Asylbewerberleistungsgesetzes und auf <strong>das</strong> Versammlungsrecht bzw. auf den Verfassungsschutz<br />
richteten, bestand keine Befassungskompetenz des Kreistags. Es war daher nicht zu<br />
beanstanden, <strong>das</strong>s die Fragen des Petenten in der öffentlichen Fragestunde vor dem Kreistag<br />
nicht beantwortet wurden.<br />
11.4.9 Auch sog. Hinterliegergrundstücke können zu Straßenausbaubeiträgen herangezogen<br />
werden<br />
Nach dem Ausbau einer Dorfstraße wurde <strong>das</strong> Grundstück des ehemaligen Bürgermeisters<br />
nicht zu Ausbaubeiträgen herangezogen. Das führte zur Beschwerde eines Nachbarn, der<br />
hierin eine Ungleichbehandlung sah.<br />
Zwischen dem Grundstück des ehemaligen Bürgermeisters und der ausgebauten Dorfstraße<br />
befindet sich ein im Eigentum der Gemeinde stehender Grünstreifen, der zum Straßengrundstück<br />
gehört. Auf diesem Grünstreifen wurde vor einigen <strong>Jahr</strong>en eine Stützmauer errichtet, die<br />
<strong>das</strong> Abrutschen der dort angelegten Böschung verhindern soll. Jedoch besteht für <strong>das</strong> Hinterliegergrundstück<br />
eine Zufahrt zur Dorfstraße über ein Wegegrundstück, <strong>das</strong> im Eigentum eines<br />
Sohnes des ehemaligen Bürgermeisters steht.<br />
Die Kommunalaufsichtsbehörden meinten, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Hinterliegergrundstück von der Dorfstraße<br />
aus nicht erschlossen sei, weil auf dem Straßengrund ein tatsächliches Erschließungshindernis,<br />
nämlich die Stützmauer mit der Böschung bestehe. Somit sei <strong>das</strong> Grundstück nicht bei<br />
der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes zu berücksichtigen und demzufolge auch nicht<br />
zu Straßenausbaubeiträgen heranzuziehen gewesen.<br />
Der Meinung der Kommunalaufsichtsbehörden hätte der Petitionsausschuss nur zustimmen<br />
können, wenn keine Zufahrt über <strong>das</strong> Wegegrundstück zur Dorfstraße bestünde.<br />
Nach der Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 10.02.<strong>2003</strong>,<br />
Az.: 4 ZEO 1139/98) unterliegt ein Anliegergrundstück, <strong>das</strong> von der Verkehrsfläche der ausgebauten<br />
Straße durch einen bepflanzten Grünstreifen getrennt wird, nicht der Beitragspflicht,<br />
wenn der Grünstreifen seinerseits Bestandteil der Straße ist und er aufgrund seiner straßenrechtlichen<br />
Widmung nicht dazu bestimmt ist, als wegemäßiger Zugang zum Anliegergrundstück<br />
genutzt zu werden. Zudem existiert zwischen dem Grundstück und der Dorfstraße in<br />
Form der Stützmauer mit Böschung ein tatsächliches Hindernis, <strong>das</strong> nach dem insoweit zutreffenden<br />
Hinweis der Kommunalaufsichtsbehörden beseitigt werden müsste, um einen di-<br />
41
ekten Zugang zu schaffen. Dies ist aber nur bei isolierter Betrachtung des Hinterliegergrundstücks<br />
ausschlaggebend.<br />
Berücksichtigt man dagegen die Zufahrt zur Dorfstraße über <strong>das</strong> Wegegrundstück, ist nach<br />
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für <strong>das</strong> Hinterliegergrundstück ein beitragsrelevanter<br />
Vorteil durch die Erschließungsanlage "Dorfstraße" anzunehmen. Das bereits<br />
genannte Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts verweist auch auf zwei Urteile des<br />
Bundesverwaltungsgerichts (Urteil v. 07.10.1977, Az.: 4 C 103/74, in: NJW 1978, Seite 438<br />
und Urteil v. 22.08.1975, Az.: 4 C 11/73, in: BVerwGE 49, 131 ff.) zum Erschließungsbeitragsrecht<br />
(zum Erschlossensein im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Diese Urteile<br />
können auf den hier in Frage stehenden beitragsrelevanten Vorteil nach dem Straßenausbaurecht<br />
übertragen werden. Danach ist ein Hinterliegergrundstück, <strong>das</strong> durch einen fremden,<br />
nicht bebaubaren Grundstücksstreifen von der Erschließungsanlage getrennt wird, als erschlossen<br />
anzusehen, wenn es entweder bereits eine Zufahrt oder einen Zugang besitzt oder<br />
die rechtlichen Hindernisse, die dieser Zugänglichkeit im Wege stehen, ausräumbar sind. Das<br />
Hinterliegergrundstück ist hiernach als erschlossen anzusehen, da es bereits eine Zufahrt zur<br />
Dorfstraße besitzt.<br />
Deshalb hat der Petitionsausschuss die Petition am 5. Februar 2004 der Landesregierung gemäß<br />
§ 99 Abs. 1 Nr. 1 b) der Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>s zur Erwägung, <strong>das</strong> heißt zur<br />
nochmaligen Prüfung, überwiesen.<br />
11.4.10 Gebühren statt Herstellungsbeiträgen?<br />
Eine Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes, nach der nicht nur die Grundstückseigentümer,<br />
sondern alle Bürger durch entsprechende Gebühren an den Kosten der<br />
Wasserver- und -entsorgung beteiligt werden sollen, forderten Grundstückseigentümer, die<br />
von einem Wasser- und Abwasserzweckverband zu Herstellungsbeiträgen herangezogen worden<br />
waren. Sie vertraten die Auffassung, <strong>das</strong>s die öffentlichen Einrichtungen für die Versorgung<br />
mit Wasser und die Entsorgung des Abwassers von allen Bürgern genutzt würden. Deshalb<br />
sei nicht einzusehen, weshalb nicht alle Bürger durch Gebühren zur Deckung der Investitionskosten<br />
herangezogen würden.<br />
Der Petitionsausschuss hat hierzu entsprechend einer Stellungnahme des Innenministeriums<br />
auf die Unterschiede zwischen Grundstückseigentümern, Erbbauberechtigten und Inhabern<br />
eines dinglichen Nutzungsrechtes einerseits sowie Bürgern, die ein Grundstück oder eine<br />
Wohnung aufgrund eines Nutzungsvertrages nutzen, andererseits hingewiesen. Wegen dieser<br />
Unterschiede können nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Kommunalabgabengesetz nur die<br />
Grundstückseigentümer, Erbbauberechtigten und Inhaber eines dinglichen Nutzungsrechtes<br />
zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung<br />
oder Erneuerung der öffentlichen Einrichtungen durch Beiträge herangezogen werden. Wird<br />
auf die Erhebung von Beiträgen verzichtet, würden die Kosten für die Wasserver- und -entsorgung<br />
von den Grundstückseigentümern teilweise auf die Mieter abgewälzt. Je größer der<br />
Anteil der nicht angeschlossenen unbebauten, aber bebaubaren Grundstücke an den Grundstücken<br />
wäre, desto höher wären dann die Gebühren für die Mieter und Nutzer der bebauten<br />
Grundstücke. Desto mehr bestünde die Gefahr der Ungleichbehandlung zwischen Grundstückseigentümern<br />
und Nutzern. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer Entscheidung<br />
entsprechende Grenzen gezogen (Urteil vom 16.09.1981, Az: 8 C 48/81), die hier zu beachten<br />
sind.<br />
42
Da sich die Petition auf eine Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes richtete und<br />
die Fraktionen die Möglichkeit haben, entsprechende parlamentarische Initiativen zu ergreifen,<br />
hat der Petitionsausschuss die Petition den Fraktionen des <strong>Landtag</strong>s zur Kenntnis gegeben.<br />
11.4.11 Nutzung eines Schlosses als öffentliche Einrichtung der Gemeinde<br />
Für die Nutzung eines Schlosses strebten mehrere Vereine, die sich um die Erhaltung des<br />
Schlosses sehr verdient gemacht haben und die Räume des Schlosses für Veranstaltungen<br />
sowie als Vereinssitz nutzen, eine neue Vereinbarung an. Da es sich um eine Einrichtung der<br />
Gemeinde handelt, wollte der Bürgermeister im Sinne der anderen im Ort ansässigen Vereine<br />
einen größeren Einfluss der Gemeinde auf die Nutzung festschreiben. In diesem Interessenkonflikt<br />
haben die <strong>Landtag</strong>spräsidentin und der Petitionsausschuss erfolgreich vermittelt.<br />
Das Schloss ist eine öffentliche Einrichtung im Sinne von § 14 Thüringer Kommunalordnung.<br />
Innerhalb dieser Zweckbestimmung besteht ein Zugangsanspruch der Vereine, der durch Nutzungsvereinbarungen<br />
konkretisiert werden kann. Die im Schloss ansässigen Vereine nutzten<br />
<strong>das</strong> Schloss auf der Grundlage eines Mietvertrages mit der Gemeinde bereits seit 1993. Aufgrund<br />
der von den Vereinen wesentlich vorangetriebenen Nutzbarkeit des Schlosses und des<br />
gestiegenen Interesses der Gemeinde an der Nutzung des Schlosses wurde gemeinsam eine<br />
neue Vereinbarung erarbeitet. Diese neue Vereinbarung wurde von der Gemeinde verfasst<br />
und von den Vereinen unterzeichnet. Die Gemeinde wollte sich nun aber in dieser Form nicht<br />
mehr an die Nutzung des Schlosses binden. Da mehrere Versuche einer neuen Übereinkunft<br />
scheiterten, wandten sich die Vereine schließlich an die <strong>Landtag</strong>spräsidentin und den Petitionsausschuss<br />
mit der Bitte um Unterstützung beim Abschluss der neuen Nutzungsvereinbarung.<br />
Um die Grundlagen für eine neue Nutzungsvereinbarung zu schaffen, lud die <strong>Landtag</strong>spräsidentin<br />
alle an dieser Sache Beteiligten zu einem Gespräch ein. Im Ergebnis des Gesprächs<br />
wurden die Punkte festgehalten, die in die neue Vereinbarung aufgenommen werden sollten.<br />
Danach wurde die neue Vereinbarung durch den Vorsitzenden der Verwaltungsgemeinschaft<br />
gemeinsam mit den Vereinen und der Gemeinde erarbeitet. Diese neue Vereinbarung wurde<br />
von den Vereinen und der Gemeinde unterzeichnet und gilt seit dem 1. Januar <strong>2003</strong>. Der Petitionsausschuss<br />
konnte feststellen, <strong>das</strong>s sich die Petition im Sinne der Petenten erledigt hat.<br />
43
11.5 Landwirtschaft, Umwelt und Naturschutz<br />
11.5.1 "Natürlich soll die Hörsel fließen"<br />
Naturschützer sahen <strong>das</strong> Flächennaturdenkmal (FND) "Gewässerschutzgebiet Hörsel zwischen<br />
Leina und Hörselgau" durch die Eigendynamik in diesem Gewässerabschnitt (ständige<br />
Erosion/Uferabdrücke und Sedimentation) und die landwirtschaftliche Nutzung ufernaher<br />
Ackerflächen ohne <strong>das</strong> Eingreifen der Naturschutzbehörden nachhaltig gefährdet. Hiervon<br />
wäre auch der in den Steilufern brütende Eisvogel betroffen gewesen.<br />
Der Petitionsausschuss bezog wegen der Bedeutung des FND und des Konfliktes zwischen<br />
Naturschutz und landwirtschaftlicher Nutzung den Umweltausschuss und den Ausschuss für<br />
Landwirtschaft und Forsten in die Beratung ein.<br />
Der Interessenkonflikt wurde mit der Landesregierung wie folgt gelöst: Im Rahmen eines<br />
Flurbereinigungsverfahrens erwarb <strong>das</strong> Land die Flächen, die notwendig waren, um den natürlichen<br />
Verlauf der Hörsel zu sichern. Gleichzeitig blieb die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen<br />
Flächen in leicht geänderter Form möglich. Der Eisvogel behält seinen geschützten<br />
Lebensbereich.<br />
Der Hörselabschnitt ist so zu einem Referenzobjekt für eine gewässerökologische Gesamtentwicklung<br />
geworden. Zu den einzelnen Schritten des Schutzes des FND wurde eine Broschüre<br />
"Natürlich soll die Hörsel fließen" erstellt.<br />
11.5.2 Lärmbelästigungen durch eine Molkerei<br />
Die Nachbarn einer Molkerei beanstandeten Lärmbelästigungen, die durch <strong>das</strong> nächtliche<br />
Verladen der Milchprodukte verursacht wurden.<br />
Die Molkerei wurde schon vor 1990 betrieben. In der näheren Umgebung befinden sich<br />
Wohnhäuser. Das Haus der Petenten liegt von der Laderampe der Molkerei ca. 30 bis 40 m<br />
entfernt. Es wurde erst Mitte der 90er <strong>Jahr</strong>e errichtet. Mit der Erweiterung des Unternehmens<br />
nahm auch die Verladetätigkeit in der Nacht zu. Die Fahrer der Transportfahrzeuge ließen vor<br />
allem im Sommer die Dieselmotoren laufen, um die Kühlaggregate der Fahrzeuge auch während<br />
des Beladens zu betreiben.<br />
Da die Molkerei schon vor 1990 bestand, ist sie so zu betreiben, <strong>das</strong>s die nach dem Stand der<br />
Technik vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen verhindert und die nach dem Stand<br />
der Technik unvermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt<br />
werden. Durch eine Geräuschmessung im <strong>Jahr</strong> 2000 wurde festgestellt, <strong>das</strong>s die Immissionsrichtwerte<br />
der technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) teilweise<br />
überschritten wurden. Die zuständigen Behörden gingen aber davon aus, <strong>das</strong>s die Richtwerte<br />
der TA Lärm eingehalten werden können, soweit die Lkws die von der Molkerei zur Lärmvermeidung<br />
geschaffenen Anlagen nutzen. Deshalb ordnete <strong>das</strong> zuständige Landratsamt gegenüber<br />
der Molkerei an, <strong>das</strong>s die Kühlaggregate nur noch über elektrischen Strom betrieben<br />
werden dürfen oder <strong>das</strong> Be- und Entladen in der Nachtzeit über eine neu gebaute Warenschleuse<br />
zu erfolgen hat. Dagegen wurde immer wieder verstoßen.<br />
44
Der Petitionsausschuss hat <strong>das</strong> Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt gebeten,<br />
auf die Einhaltung der Auflagen hinzuwirken.<br />
Bei dieser Petition handelte es sich um die typische Konfliktsituation, die durch <strong>das</strong> Nebeneinander<br />
von Gewerbebetrieb und Wohnbebauung entsteht. Man spricht insoweit von einer<br />
Gemengelage. Diese hat zur Folge, <strong>das</strong>s weder die vorhandene Wohnbebauung einen alleinigen<br />
Schutzstatus wie in einem allgemeinen Wohngebiet in Anspruch nehmen kann, noch der<br />
Gewerbebetrieb Emissionen wie in einem Gewerbe- oder Industriegebiet verursachen darf. Es<br />
ist also nicht nur derjenige in der Pflicht, der die Belästigungen verursacht, sondern man muss<br />
auch, wenn man sich in der Nähe eines Gewerbebetriebes ansiedelt, Belästigungen in einem<br />
gewissen Maße dulden. Im Einzelfall muss gegebenenfalls ein Mittelwert gefunden werden,<br />
weil die immissionsschutzrechtlichen Richtwerte in der TA Lärm eine solche Situation nicht<br />
erfassen. Das entbindet den Gewerbebetrieb jedoch nicht davon, die nach dem Stand der<br />
Technik vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen zu verhindern und die nach dem<br />
Stand der Technik unvermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu<br />
beschränken.<br />
11.5.3 Zulässigkeit von Windkraftanlagen<br />
Mitglieder eines Ortschaftsrates beanstandeten, "<strong>das</strong>s es für die Errichtung von Windenergieanlagen<br />
keine verbindlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Schutz der Lebensqualität<br />
der Bürger gibt."<br />
Hintergrund der Petition ist die geplante Errichtung von drei Windkraftanlagen neben drei<br />
bereits bestehenden Windkraftanlagen in der Nähe des Ortes. Über den Bau der Anlagen ist<br />
jeweils einzeln in einem Baugenehmigungsverfahren durch die zuständige untere Bauaufsichtsbehörde<br />
zu entscheiden. Insoweit war zunächst <strong>das</strong> Ergebnis der Baugenehmigungsverfahren<br />
abzuwarten. In diesen Verfahren wird u.a. eine Überschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte<br />
geprüft. Die Baugenehmigung kann auch mit Auflagen versehen werden.<br />
Wenn z.B. die Schattenwurfzeiten die zulässige tägliche Dauer von 30 Minuten überschreiten,<br />
kann die Auflage erteilt werden, die Windkraftanlage abzuschalten, um damit die maximal<br />
zulässige Beschattungsdauer einzuhalten.<br />
Entgegen der Meinung der Petenten, es mangele an speziellen Rechtsvorschriften, kam der<br />
Petitionsausschuss zu dem Ergebnis, <strong>das</strong>s es für die unterschiedlichen Immissionen, die von<br />
Windkraftanlagen ausgehen können, zwar keine speziellen Regelungen gibt, diese aber nicht<br />
erforderlich sind. Denn die bestehenden allgemeinen Regelungen des Immissionsschutzrechtes<br />
und des Baurechts, deren Anwendbarkeit nicht davon abhängt, ob die Immissionen von<br />
Windkraftanlagen oder anderen speziellen Anlagen ausgehen, sind für die Beurteilung der<br />
Zulässigkeit der Anlagen ausreichend.<br />
11.5.4 Goldwaschen in der Schwarza<br />
Für <strong>das</strong> Goldwaschen ist eine Erlaubnis der Wasserbehörden erforderlich. Der Petent, der seit<br />
1996 mit Touristen Gold in der Schwarza wäscht, beantragte deshalb beim Thüringer Landesverwaltungsamt<br />
als obere Wasserbehörde eine Erlaubnis für <strong>das</strong> Goldwaschen von Mai bis<br />
September. Da er bis Ende April noch keine Entscheidung der oberen Wasserbehörde erhalten<br />
hatte, wandte er sich an den Petitionsausschuss.<br />
45
Ende Mai erhielt der Petent zwar eine Erlaubnis, die aber nur zwei der beantragten sechs<br />
Standorte berücksichtigte. Außerdem wurde für die genehmigten Standorte jeweils nur eine<br />
Veranstaltung genehmigt. Das Landesverwaltungsamt begründete seine Entscheidung damit,<br />
<strong>das</strong>s <strong>das</strong> Goldwaschen nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Thüringer Naturschutzgesetz verboten sei, soweit<br />
es zu einer Zerstörung, Beschädigung, nachhaltigen Störung oder Veränderung in naturnahen<br />
Bach- und Flussabschnitten bzw. besonders geschützten Biotopen führen kann. Dies sei<br />
bei den abgelehnten Standorten der Fall.<br />
Die Anzahl der genehmigten Standorte und Veranstaltungen war für den Petenten angesichts<br />
dessen, <strong>das</strong>s er <strong>das</strong> Goldwaschen für Touristen veranstaltet, nicht akzeptabel. Er erhob deshalb<br />
Widerspruch.<br />
Mit dem Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamtes vom 1. August <strong>2003</strong> wurden an<br />
den genehmigten zwei Standorten je vier Veranstaltungen erlaubt. Das Landesverwaltungsamt<br />
ging aufgrund der durch die Petition angestoßenen naturschutzrechtlichen Erörterung davon<br />
aus, <strong>das</strong>s es sich bei den verbliebenen zwei Standorten um weniger sensible Bereiche handele<br />
und eine Beschränkung auf eine Veranstaltung deshalb als unverhältnismäßig erscheine.<br />
Damit war der Petent zufrieden. Der Petitionsausschuss stellte fest, <strong>das</strong>s sich die Angelegenheit<br />
mit dem Widerspruchsbescheid vom 1. August <strong>2003</strong> geklärt hat.<br />
46
11.6 Polizei- und Ordnungsrecht<br />
11.6.1 Verfassungsbeschwerde und aufschiebende Wirkung<br />
Ein Rechtsanwalt begehrte mit seiner Eingabe, die Abschiebung seines Mandanten bis zur<br />
Entscheidung über dessen Verfassungsbeschwerde auszusetzen. Der Rechtsanwalt ist der<br />
Auffassung, sein Mandant habe durch Einlegung der Verfassungsbeschwerde einen Anspruch<br />
auf Duldungserteilung gemäß § 55 Ausländergesetz (AuslG), da ein rechtliches Abschiebungshindernis<br />
vorliege. Bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes sei eine Abschiebung<br />
ungerechtfertigt, unverhältnismäßig und verletze <strong>das</strong> Recht seines Mandanten aus<br />
Art. 16 a Grundgesetz.<br />
Der Rechtsanwalt vertrat einen türkischen Staatsangehörigen kurdischer Volkszugehörigkeit.<br />
Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte dessen Asylantrag ab.<br />
Gleichzeitig wurde festgestellt, <strong>das</strong>s die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und zielstaatsbezogene<br />
Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Unter Androhung<br />
der Abschiebung in die Türkei wurde er zum Verlassen des Bundesgebietes innerhalb eines<br />
Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung aufgefordert. Die gegen den Ablehnungsbescheid<br />
erhobene Klage wurde rechtskräftig abgelehnt. Damit war der Antrag auf Anerkennung<br />
der Asylberechtigung unanfechtbar abgelehnt und die Abschiebungsandrohung vollziehbar.<br />
Der Auffassung des Rechtsanwaltes konnte der Petitionsausschuss unter Berücksichtigung der<br />
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nicht folgen. In seiner Entscheidung vom<br />
14. Mai 1996 (BVerfGE 94, S. 166 ff) hat es darauf verwiesen, <strong>das</strong>s von der Rechtsordnung<br />
nicht vorgesehen ist, die Urteilsfindung des Bundesverfassungsgerichtes vor der Vollstreckung<br />
von Gerichtsentscheidungen abzuwarten. Die Verfassungsbeschwerde ist kein zusätzlicher<br />
Rechtsbehelf zum fachgerichtlichen Verfahren. Das Bundesverfassungsgericht sichert<br />
die Beachtung der Grundrechte im fachgerichtlichen Verfahren nur nachträglich und setzt<br />
dieses nicht fort. Selbst bei möglichen Grundrechtsverletzungen infolge des Vollzuges einer<br />
fachgerichtlichen Entscheidung kann es aufgrund der Funktionsteilung zwischen Fach- und<br />
Verfassungsgerichtsbarkeit nicht einschreiten. Vorliegend wurde dem Grundrecht aus<br />
Art. 16 a Grundgesetz im Asylverfahren und im fachgerichtlichen Verfahren Rechnung getragen.<br />
Der garantierte Rechtsweg nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz wurde erschöpft.<br />
Da die Verfassungsbeschwerde demnach keine aufschiebende Wirkung hat, konnte die Ausländerbehörde<br />
somit auch vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes über die<br />
Verfassungsbeschwerde Maßnahmen zur Abschiebung ergreifen.<br />
11.6.2 Was lange währt, wird gut<br />
Der Petent, der als Militärangehöriger der ehemaligen Sowjetarmee in die DDR eingereist<br />
war, bat den Petitionsausschuss um Unterstützung, damit er nun in Deutschland bleiben könne.<br />
Der Petitionsausschuss begleitete <strong>das</strong> Verfahren und stellte Folgendes fest: Mit der Vereinbarung<br />
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Nachfolgestaaten der ehemaligen<br />
UdSSR endete die Berechtigung des Petenten zum Aufenthalt in Deutschland. Ende 1992<br />
wurde er deshalb nach Russland abgeschoben. Da er in Russland zum Militärdienst einberu-<br />
47
fen wurde, desertierte er und gelangte im Februar 1993 über die polnische Grenze ohne Visum<br />
in die Bundesrepublik. Im November 1994 stellten Polizeibeamte seinen Aufenthalt fest.<br />
Im Dezember 1994 wurde ihm eine Ausweisungsverfügung zugestellt. Im gleichen Monat<br />
stellte er erstmals einen Asylantrag, den <strong>das</strong> Bundesamt für die Anerkennung ausländischer<br />
Flüchtlinge im Januar 1995 ablehnte.<br />
Im Oktober 1995 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige und nahm bei dieser seinen<br />
Wohnsitz. Auf seinen Antrag erhielt er nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Ausländergesetz<br />
(AuslG) eine bis zum 01.04.1997 befristete Aufenthaltserlaubnis.<br />
Die von dem Petenten beantragte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis hat die zuständige<br />
Ausländerbehörde im Juli 2000 abgelehnt, weil der Petent mit seiner Ehefrau nicht mehr in<br />
ehelicher Lebensgemeinschaft lebte. Die Ehefrau hatte im Mai 2000 die Scheidung beantragt.<br />
Ein Aufenthaltsrecht wegen ehelicher Lebensgemeinschaft nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG war<br />
nicht gegeben, da die eheliche Lebensgemeinschaft nach den Ermittlungen der Ausländerbehörde<br />
nicht mindestens zwei <strong>Jahr</strong>e rechtmäßig bestanden hatte (§ 19 AuslG).<br />
Im August 2000 stellte der Petent erneut einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter<br />
bzw. auf die Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen und diesmal erfolgreich.<br />
Am 17. April 1997 hatte die Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder<br />
mit dem Bundesminister des Inneren beschlossen, <strong>das</strong>s sowohl bei Deserteuren als auch bei<br />
Zivilangestellten der ehemaligen Westgruppen der sowjetischen Streitkräfte, die auf deutschem<br />
Boden stationiert waren, auf Antrag der Betroffenen unter Einbeziehung des Lageberichtes<br />
des Auswärtigen Amtes eine Entscheidung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG getroffen<br />
werden soll, soweit sie die Staatsangehörigkeit eines Nachfolgestaates der ehemaligen Sowjetunion<br />
mit Ausnahme der baltischen Staaten besitzen oder inzwischen staatenlos sind.<br />
Nach den Überprüfungen des Bundesamtes erfüllte der Petent die Voraussetzungen des IMK-<br />
Beschlusses. Folglich wurde festgestellt, <strong>das</strong>s bei ihm Abschiebungshindernisse nach § 53<br />
Abs. 6 Satz 1 AuslG vorliegen.<br />
Da der Petent zwischenzeitlich in Besitz einer bis Juni 2005 befristeten Aufenthaltsbefugnis<br />
ist, hat der Petitionsausschuss <strong>das</strong> Petitionsverfahren damit abgeschlossen.<br />
11.6.3 Feuerwehreinsatz könnte Kommune in finanzielle Schwierigkeiten bringen<br />
Nach einem Unwetter wurde die Freiwillige Feuerwehr einer Kleinstadt alarmiert, da Bäume<br />
auf eine Straße gestürzt waren. Bei dem Einsatz zog sich ein Feuerwehrmann schwere Verletzungen<br />
zu. Nach einer stationären Krankenhausbehandlung war eine längere Rehabilitation<br />
erforderlich. In dieser Zeit war der Feuerwehrmann krank geschrieben.<br />
Der verletzte Feuerwehrmann, der als abhängig beschäftigter Geschäftsführer einer GmbH<br />
gleichzeitig deren alleiniger Gesellschafter war, forderte von der Kommune Zahlungen in<br />
fünfstelliger Höhe. Denn die Kommune hat hinsichtlich der ehrenamtlichen Tätigkeit in der<br />
Freiwilligen Feuerwehr die Funktion des Arbeitgebers. Sie zahlt eine Umlage an die Feuerwehr-Unfallkasse<br />
Thüringen als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Feuerwehr-<br />
Unfallkasse erkannte den Unfall als Arbeitsunfall im Sinne des Siebten Buches Sozialgesetzbuch<br />
an und erstattete dem verletzten Feuerwehrmann alle Leistungen nach den gesetzlichen<br />
Bestimmungen sowie ihrer Satzung.<br />
48
Nach Eintritt eines Arbeitsunfalles steht dem Verletzten grundsätzlich ein Anspruch auf Verletztengeld<br />
nach §§ 45 ff Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) zu. Dieses wird im Auftrag<br />
der gesetzlichen Unfallversicherungsträger (Kommune) an den Verletzten ausgezahlt,<br />
solange dieser unfallbedingt arbeitsunfähig ist. Das Verletztengeld wird aber erst gezahlt,<br />
wenn die Entgeltfortzahlung beendet ist. Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erfolgt<br />
gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit<br />
bis zu einer Dauer von sechs Wochen.<br />
Damit hatte der verletzte Feuerwehrmann Anspruch auf die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes<br />
durch die GmbH, bei der er als Geschäftsführer beschäftigt ist. Seitens der GmbH besteht<br />
gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz dann die Möglichkeit,<br />
sich <strong>das</strong> dem Geschäftsführer fortgezahlte Arbeitsentgelt von der Kommune auf Antrag<br />
erstatten zu lassen.<br />
Sollten bei einem Einsatz Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr so schwer verletzt werden,<br />
<strong>das</strong>s sie länger arbeitsunfähig wären, könnte dies durchaus die finanzielle Leistungsfähigkeit<br />
einer Gemeinde gefährden. Das sieht auch <strong>das</strong> Innenministerium so.<br />
Deshalb soll in Abstimmung mit der Unfallkasse Thüringen, dem Innenministerium sowie<br />
dem Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit durch eine Änderung des Thüringer<br />
Brand- und Katastrophenschutzgesetzes die Feuerwehr-Unfallkasse Thüringen beauftragt<br />
werden, den privaten Arbeitgebern <strong>das</strong> fortgezahlte Entgelt bei Unfällen zu erstatten. Die Finanzierung<br />
wäre über eine geringe Erhöhung der Umlage möglich. Bei der anstehenden Novellierung<br />
des Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetzes sollte dies berücksichtigt<br />
werden.<br />
11.6.4 Videotheken auch sonntags geöffnet?<br />
Der Betreiber einer Videothek setzte sich für eine Änderung des Thüringer Feiertagsgesetzes<br />
ein, damit die Videotheken wie in anderen Bundesländern auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet<br />
werden können.<br />
Videotheken verleihen überwiegend Videofilme und Spiele und sind deshalb keine Verkaufsstellen,<br />
sondern Dienstleistungseinrichtungen. Für sie gilt <strong>das</strong> Ladenschlussgesetz nicht. Sie<br />
können damit werktags auch nach 20.00 Uhr geöffnet sein. An Sonn- und Feiertagen steht <strong>das</strong><br />
Sonn- und Feiertagsgesetz aber einer Öffnung entgegen.<br />
Nach Artikel 40 der Verfassung des Freistaats Thüringen, Artikel 140 Grundgesetz und Artikel<br />
139 der Weimarer Reichsverfassung sind Sonn- und Feiertage als "Tage der Arbeitsruhe<br />
und der seelischen Erholung" gesetzlich geschützt. Das heißt unter anderem, <strong>das</strong>s die Sonnund<br />
Feiertage grundsätzlich von allen Erscheinungsformen werktäglicher Arbeit freigehalten<br />
werden sollen. Nach § 4 Abs. 2 des Thüringer Feiertagsgesetzes sind an den Sonntagen und<br />
an den gesetzlichen Feiertagen öffentlich bemerkbare Arbeiten, die geeignet sind, die Ruhe zu<br />
beeinträchtigen, verboten. Ausnahmen sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Feiertagsgesetz<br />
nur aus wichtigen Gründen möglich. Ein solcher wichtiger Grund muss ebenfalls Verfassungsrang<br />
besitzen und bei einer Abwägung der Interessen den Vorrang verdienen.<br />
Der Petitionsausschuss sah im Fall der Videotheken keinen Grund, eine Gesetzesänderung zu<br />
befürworten. Denn die Vermietung der Filme ist auch an einem anderen Tag, der nicht Sonnoder<br />
Feiertag ist, möglich. Da die Videotheken nicht unter <strong>das</strong> Ladenschlussgesetz fallen,<br />
49
dürfen sie an Samstagen und an normalen Werktagen weit über die bestehenden Ladenöffnungszeiten<br />
hinaus öffnen. Die rein wirtschaftlichen Interessen der Videothekenbetreiber<br />
rechtfertigten keine Ausnahme.<br />
11.6.5 Korrekte Prüfung der Vorwürfe von Ausländern gegen Polizisten<br />
Ein aufmerksamer Bürger hatte durch die Medien erfahren, <strong>das</strong>s Polizisten an einer Auseinandersetzung<br />
zwischen Deutschen und Ausländern beteiligt gewesen sein sollen. Er bat deshalb<br />
den Petitionsausschuss, ihn darüber zu informieren, gegen wen ermittelt wurde.<br />
In eine Auseinandersetzung zwischen drei afrikanischen Asylbewerbern und einer Gruppe<br />
von deutschen Jugendlichen hatte die Polizei eingegriffen. Danach wurden die Polizeibeamten<br />
beschuldigt, gegenüber den Afrikanern gewalttätig geworden zu sein und diese beleidigt zu<br />
haben. Die Polizisten sollen sich geweigert haben, die Jugendlichen von weiteren Angriffen<br />
abzuhalten. Sie hätten einen Afrikaner mit Knüppeln geschlagen und einen anderen mit rassistischen<br />
Äußerungen beleidigt.<br />
Aufgrund der Anzeigen der drei Asylbewerber gegen die Polizeibeamten wurden staatsanwaltschaftliche<br />
Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet. Die Ermittlungsverfahren<br />
wurden allerdings wieder eingestellt, da sich nach umfangreichen Ermittlungen<br />
kein hinreichender Tatverdacht ergeben hatte. Auch die Begleiterinnen der Anzeigeerstatter<br />
bestätigten in ihren Zeugenaussagen die Einlassungen der Polizeibeamten.<br />
Der Petent wurde vom Petitionsausschuss stets über die laufenden Ermittlungen informiert.<br />
Damit konnte dem Anliegen des Petenten entsprochen werden. Der Petent bedankte sich beim<br />
Petitionsausschuss.<br />
50
11.7 Recht des öffentlichen Dienstes<br />
11.7.1 Von Freistaat zu Freistaat<br />
Eine sächsische Polizeibeamtin begehrte aus familiären Gründen ihre Versetzung nach Thüringen.<br />
Die Versetzung eines Beamten über den Bereich eines Landes hinaus zu einem anderen<br />
Dienstherrn erfordert <strong>das</strong> Einverständnis des aufnehmenden Landes. Der mögliche neue<br />
Dienstherr trifft gegenüber dem Beamten eine eigenständige Eignungsentscheidung. Da es<br />
sich dabei um eine Ermessensentscheidung handelt, hat der Beamte bis auf den seltenen Fall<br />
einer so genannten Ermessensreduzierung auf Null nur einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie<br />
Entscheidung. Gegen eine Ablehnung kann der Beamte Rechtsbehelf einlegen.<br />
Der Petitionsausschuss konnte die von der Petentin begehrte Versetzung nicht herbeiführen.<br />
Denn die Petentin verfügte nach den Untersuchungsergebnissen des Polizeiärztlichen Dienstes<br />
Thüringens nicht über die erforderliche gesundheitliche Eignung. Ihre Versetzung wurde deshalb<br />
von den Thüringer Polizeibehörden abgelehnt. Um die Gleichbehandlung gegenüber anderen<br />
Bewerbern und die Leistungsfähigkeit der Polizei zu gewährleisten, muss bei jedem<br />
Wechsel neben den persönlichen Gründen stets auch die Diensttauglichkeit sorgfältig geprüft<br />
werden.<br />
11.7.2 Nachqualifizierung von so genannten Seiteneinsteigern an staatlichen berufsbildenden<br />
Schulen<br />
Eine Lehrerin an einer Berufsschule begehrte eine Nachqualifizierung gemäß der Verwaltungsvorschrift<br />
des Thüringer Kultusministeriums über die Nachqualifizierung von an staatlichen<br />
berufsbildenden Schulen eingestellten Lehrkräften vom 3. April 2002.<br />
Die Petentin schloss ihr Studium an einer Universität 1999 mit dem Magister Artium ab.<br />
(Hauptfach Pädagogik/1. Nebenfach: Psychologie, 2. Nebenfach: Soziologie) Seit August<br />
2001 ist sie als Berufsschullehrerin tätig. Um eine Gleichstellung mit den Berufsschullehrern<br />
zu erreichen, die eine zweite Staatsprüfung für <strong>das</strong> Lehramt an berufsbildenden Schulen absolviert<br />
haben, beantragte sie, ihren Abschluss an der Universität mit der ersten Staatsprüfung<br />
für <strong>das</strong> Lehramt an berufsbildenden Schulen gleichzustellen und somit zur entsprechenden<br />
Nachqualifizierung zugelassen zu werden. Dies lehnte <strong>das</strong> Kultusministerium mit der Begründung<br />
ab, <strong>das</strong>s der von der Petentin nachgewiesene Abschluss als Magister Artium nach<br />
Studienstruktur und Studieninhalten wesentlich von den fachwissenschaftlichen Anforderungen<br />
an eine erste Staatsprüfung für <strong>das</strong> Lehramt an berufsbildenden Schulen abweiche. Deshalb<br />
sei es nicht möglich, die erforderliche berufliche Fachrichtung (= erstes Ausbildungsfach)<br />
und ein zweites an berufsbildenden Schulen gelehrtes Unterrichtsfach (= zweites Ausbildungsfach)<br />
festzulegen.<br />
Die Petentin wies darauf hin, <strong>das</strong>s einem Kollegen mit dem Abschluss eines Diplombetriebswirtes<br />
an einer Universität die Gleichstellung anerkannt und somit die Nachqualifizierung<br />
ermöglicht werde. Obwohl der Kollege keinerlei pädagogische Ausbildung habe, werde die<br />
Ausbildung zum Diplombetriebswirt höher bewertet als die Ausbildung zum Magister Artium.<br />
51
Der Petitionsausschuss kam zu dem Ergebnis, <strong>das</strong>s die Ablehnung der Gleichstellung der Petentin<br />
der Verwaltungsvorschrift des TKM zur "Nachqualifizierung von an staatlichen berufsbildenden<br />
Schulen eingestellten Lehrkräften" (GVBl. Nr. 4, Seite 186) vom 3. April 2002<br />
entspricht und insoweit nicht zu beanstanden ist. Voraussetzung für die Nachqualifizierung ist<br />
danach der Nachweis einer Hochschulprüfung, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 der Thüringer Verordnung<br />
über die Ausbildung und zweite Staatsprüfung für die Lehrämter vom 14. August<br />
1995 (GVBl. Seite 285) geändert am 03.09.2002 (GVBl. Seite 328) mit einer ersten<br />
Staatsprüfung für <strong>das</strong> Lehramt an berufsbildenden Schulen gleichgestellt wurde. Für diese<br />
Gleichstellung ist der Nachweis von 85 Semesterwochenstunden in einer in der Berufsschullehrerausbildung<br />
üblichen beruflichen Fachrichtung, wie z.B. Wirtschaft und Verwaltung,<br />
Elektrotechnik, Sozialpädagogik, Gesundheit, Informations- und Kommunikationstechnik,<br />
erforderlich. Die Petentin verfügt mit dem Abschluss als Magister Artium zwar über Kenntnisse<br />
in Pädagogik, Psychologie und Soziologie, die andere Seiteneinsteiger erst durch eine<br />
Nachqualifizierung erwerben müssen. Eine Ausbildung in einer für die Berufsschullehrerausbildung<br />
üblichen beruflichen Fachrichtung kann die Petentin dagegen nicht nachweisen.<br />
11.7.3 Höhergruppierung angestellter Lehrer<br />
Diplomlehrer für Polytechnik begehrten, bei der Vergütung mit anderen Fachberatern an Regelschulen<br />
gleichgestellt zu werden.<br />
Die Petenten verfügen gegenüber Lehrern mit einem Abschluss in zwei Fächern nur über den<br />
Abschluss im Fach Polytechnik. Sie sind aber Fachberater des Bereichs Arbeit, Wirtschaft,<br />
Technik (AWT). Ursächlich für ihre geringere Vergütung ist die tarifrechtliche Bewertung<br />
ihres Abschlusses. Sie vertreten die Auffassung, <strong>das</strong>s die von der Verwaltungsvorschrift zur<br />
Vorbereitung der Durchführung von Höhergruppierungen angestellter Lehrkräfte (2. Fortschreibung<br />
der Verwaltungsvorschrift vom 12. Oktober 1999) vorgesehene Höhergruppierung<br />
von Lehrern mit besonderen Aufgaben nicht auf so genannte Zwei-Fach-Lehrer beschränkt<br />
sei. Vielmehr seien auch die so genannten Ein-Fach-Lehrer mit besonderen Funktionen bei<br />
der Höhergruppierung zu berücksichtigen.<br />
Die Höhergruppierung angestellter Lehrer erfolgt in entsprechender Anwendung der beamtenrechtlichen<br />
Beförderungsgrundsätze. Denn in § 2 Nr. 3 S. 1 und 2 des Änderungstarifvertrags<br />
Nr. 1 vom 8. Mai 1991 zum Ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche<br />
Vorschriften (BAT-O) ist geregelt, <strong>das</strong>s angestellte Lehrkräfte vergütungsrechtlich fiktiv<br />
so zu behandeln sind als wären sie Beamte. Daher setzt die Höhergruppierung eines angestellten<br />
Lehrers voraus, <strong>das</strong>s ein vergleichbarer Beamter einen Beförderungsanspruch hätte.<br />
Grundvoraussetzung jeder Beförderung ist, <strong>das</strong>s im Besoldungsrecht ein Beförderungsamt<br />
überhaupt vorgesehen ist.<br />
Diplomlehrer mit der Lehrbefähigung in nur einem Fach sind im Eingangsamt der Besoldungsgruppe<br />
A 12 Thüringer Besoldungsgruppe A eingestuft. Dies entspricht bei angestellten<br />
Lehrkräften einer Eingruppierung in die Vergütungsgruppe III BAT-O. Ein der Besoldungsgruppe<br />
A 13 entsprechendes Beförderungsamt ist für die Ein-Fach-Ausbildung nicht vorgesehen.<br />
Die Petenten hatten also keinen Anspruch auf Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe<br />
II a BAT-O, da sie, wenn sie Beamte wären, nicht in die dieser Vergütungsgruppe entsprechende<br />
Besoldungsgruppe A 13 befördert werden könnten.<br />
Auch die von den Petenten zur Begründung herangezogene Verwaltungsvorschrift führte zu<br />
keinem anderen Ergebnis, da in der Verwaltungsvorschrift – entgegen dem Vortrag der Pe-<br />
52
tenten – ausdrücklich klargestellt wird, <strong>das</strong>s Höhergruppierungen aufgrund besoldungsrechtlicher<br />
Vorgaben nur bei Diplomlehrern durchgeführt werden können, die im neuen Schulsystem<br />
anerkannte Lehrbefähigungen in zwei Fächern erworben haben. Das war bei den Petenten<br />
gerade nicht der Fall.<br />
Daher musste der Petitionsausschuss im Ergebnis seiner Prüfung feststellen, <strong>das</strong>s kein Anspruch<br />
auf eine Höhergruppierung besteht.<br />
53
11.8 Rechtspflege<br />
11.8.1 Digitalisierung der Grundbücher<br />
Nach dem Kauf eines Grundstücks, dem jahrelange Verhandlungen vorausgegangen waren,<br />
fürchtete der Erwerber, nun nochmals längere Zeit auf die Umschreibung im Grundbuch<br />
warten zu müssen. Deshalb beanstandete er die Dauer der Bearbeitung beim Grundbuchamt.<br />
Die Überprüfung durch den Petitionsausschuss ergab, <strong>das</strong>s die Anträge des Petenten auf Eigentumsumschreibung<br />
beim Grundbuchamt im April <strong>2003</strong> eingegangen waren. Zu diesem<br />
Zeitpunkt befanden sich die Grundbuchakten zur Digitalisierung in der Erfassungsstelle<br />
Meiningen. Aufgrund von Beanstandungen konnten die betreffenden Grundbücher zunächst<br />
nicht digitalisiert werden und mussten noch einmal an <strong>das</strong> zuständige Grundbuchamt zurückgesandt<br />
werden. Das Grundbuchamt erfüllte die Anforderungen der Erfassungsstelle im Mai<br />
<strong>2003</strong>. Anfang Juni <strong>2003</strong> gelangten die Grundbücher nach der Digitalisierung zurück zum<br />
Grundbuchamt, wo dann auch die Eigentumsumschreibung erfolgte.<br />
Weiter hatte sich der Petitionsausschuss von der Landesregierung berichten lassen, <strong>das</strong>s für<br />
die Digitalisierung der 1,2 Millionen Grundbücher vier Erfassungsstellen in Thüringen eingerichtet<br />
wurden. Diese wurden benötigt, da die Digitalisierung neben dem laufenden Grundbuchverfahren<br />
organisatorisch nicht zu bewältigen war. Weil ein Teil der Mitarbeiter der<br />
Grundbuchämter in den Erfassungsstellen eingesetzt werden musste, verringerte sich die personelle<br />
Kapazität der Grundbuchämter. Aus diesen Gründen war die Bearbeitungszeit im<br />
Falle des Petenten letztlich nicht zu beanstanden.<br />
11.8.2 Spätfolgen des Verlustes eines Personalausweises<br />
Dem Petenten war im <strong>Jahr</strong> 1997 sein Personalausweis abhanden gekommen. Dies hatte er<br />
sofort angezeigt.<br />
Ein Betrüger hatte bei mehreren Thüringer Firmen unter dem Namen des Petenten und mit<br />
dessen Ausweis Elektrogeräte angemietet, Unterschriften gefälscht und die Elektrogeräte<br />
nicht zurückgegeben. Deswegen fand 1998 bei dem Betrüger eine Durchsuchung statt. Dabei<br />
wurde der abhanden gekommene Personalausweis des Petenten beschlagnahmt. Am 25. Mai<br />
2002 wurde der Petent in Brandenburg bei einer Routinekontrolle festgenommen, da die Polizei<br />
davon ausging, <strong>das</strong>s gegen ihn fünf Haftbefehle vorliegen. Erst nach zwei Tagen wurde er<br />
gegen Kaution entlassen.<br />
Der Petent, der sich über seine Festnahme zunächst beim Petitionsausschuss des Brandenburgischen<br />
<strong>Landtag</strong>s beschwert hatte, wurde von diesem an den Thüringer <strong>Landtag</strong> verwiesen.<br />
Denn die Brandenburger vermuteten, <strong>das</strong>s der Thüringer Polizei bei der Registrierung des<br />
abhanden gekommenen Personalausweises ein Fehler unterlaufen sei.<br />
Dies bestätigte sich nach den Stellungnahmen der Landesregierung nicht: Die Polizei hat den<br />
Namen aus dem abhanden gekommenen Ausweis als Aliasnamen im Informationssystem der<br />
Polizei, <strong>das</strong> beim Bundeskriminalamt nach bundeseinheitlichen Richtlinien geführt wird, zu<br />
erfassen. Außerdem kann die Polizei die Nummer des fremden Personalausweises durch einen<br />
INPOL-Sondervermerk aufnehmen. Weist sich eine festgenommene Person später unter dem<br />
Aliasnamen aus, kann die Polizei anhand der Personalausweisnummer sofort feststellen, ob es<br />
54
sich bei dem Dokument um den abhanden gekommenen Ausweis und damit sehr wahrscheinlich<br />
um die gesuchte Person handelt. Wird ein entsprechender INPOL-Sondervermerk - wie<br />
im Fall des Petenten - nicht eingestellt, muss die Polizei zur Sofortidentifizierung des Festgenommenen<br />
Fingerabdrücke nehmen und diese mit dem Bundeskriminalamt abgleichen oder<br />
andere erkennungsdienstliche Maßnahmen durchführen.<br />
Inwieweit dies durch die Polizeibeamten des Landes Brandenburg, die den Petenten am<br />
25. Mai 2002 festgenommen hatten, veranlasst wurde, konnte mangels Zuständigkeit in Thüringen<br />
nicht festgestellt werden. Zur Klärung dieser Frage wurde die Petition wieder dem Petitionsausschuss<br />
des <strong>Landtag</strong>s Brandenburg zugeleitet.<br />
11.8.3 Einbeziehung von Strafgefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung<br />
Ein Strafgefangener beanstandete, <strong>das</strong>s seine Arbeitszeiten während der Haft rentenrechtlich<br />
nicht berücksichtigt werden und forderte vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages,<br />
Strafgefangene in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen.<br />
Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages leitete die Petition den Landesvolksvertretungen<br />
zu, da eine bundesgesetzliche Regelung, die zur Einbeziehung von Strafgefangenen<br />
in die gesetzliche Rentenversicherung erforderlich wäre, bisher aufgrund des Widerstands der<br />
Länder, die als Träger des Strafvollzuges die anfallenden Beiträge zur Sozialversicherung<br />
anteilig übernehmen müssten, noch nicht zustande gekommen sei.<br />
Die Petition wurde der Landesregierung zur Stellungnahme zugeleitet. Für diese verwies <strong>das</strong><br />
Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit darauf, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Bundesverfassungsgericht<br />
mit Urteil vom 1. Juli 1998 gefordert hatte, <strong>das</strong>s die während der Inhaftierung angeordnete<br />
Pflichtarbeit der Strafgefangenen eine angemessene Anerkennung finden muss. In Umsetzung<br />
dieses Urteils wurde im Fünften Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes vom 27. Dezember<br />
2000 geregelt, <strong>das</strong>s die Arbeit der Strafgefangenen zum einen durch Arbeitsentgelt<br />
und zum anderen durch eine Freistellung von der Arbeit anerkannt wird. Die Freistellung von<br />
der Arbeit kann auch als Urlaub aus der Haft genutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet<br />
werden. Eine Einbeziehung der Gefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung<br />
erfolgte nicht.<br />
Da <strong>das</strong> Petitum bundesgesetzlich zu regeln ist, die Bundesländer diese Regelung aber wegen<br />
der auf sie zukommenden finanziellen Belastungen mittragen müssen, beschloss der Petitionsausschuss<br />
des Thüringer <strong>Landtag</strong>s, die Eingabe den Fraktionen des <strong>Landtag</strong>s zur Kenntnis<br />
zu geben und sie erneut dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zuzuleiten.<br />
11.8.4 Angst vor Infektion in der Justizvollzugsanstalt<br />
Ein Gefangener befürchtete, <strong>das</strong>s sich Mitgefangene oder Bedienstete an Hepatitis C anstecken<br />
könnten.<br />
Der Gefangene begründete seine Sorge damit, <strong>das</strong>s Gefangene in der Anstalt an Hepatitis C<br />
erkrankt sind. Obwohl diese Krankheit durch "Tröpfcheninfektion" übertragen werde, würden<br />
die infizierten Gefangenen mit gesunden Gefangenen zusammen Sport treiben, duschen und<br />
die Gemeinschaftsräume benutzen. Dadurch bestehe ein hohes Infektionsrisiko. Hepatitis C<br />
werde auch durch Mücken übertragen.<br />
55
Der Anstaltsarzt wies die Ausführungen des Petenten zur Übertragung von Hepatitis C zurück.<br />
Hepatitis C sei keine Schmierinfektion. Sie könne auch nicht durch Husten, Niesen oder<br />
Mücken übertragen werden. Als Hauptübertragungsweg wird gegenwärtig der Blutkontakt<br />
angesehen. Die in der JVA einsitzenden an Hepatitis C infizierten bekannten Gefangenen<br />
wurden darüber belehrt, wie sie sich zu verhalten haben, um andere nicht anzustecken.<br />
Das Thüringer Justizministerium hat allen Justizvollzugsanstalten Hinweise zur Verfahrensweise<br />
bei der Aufnahme von Gefangenen mit übertragbaren Krankheiten bzw. bei der Aufnahme<br />
von Gefangenen, die angeben, an einer übertragbaren Krankheit zu leiden, erteilt. Dabei<br />
ist zwischen dem Recht des Gefangenen auf informationelle Selbstbestimmung und dem<br />
Recht der Bediensteten und Mitgefangenen auf körperliche Unversehrtheit abzuwägen, wobei<br />
<strong>das</strong> Recht auf körperliche Unversehrtheit der Bediensteten und Mitgefangenen regelmäßig als<br />
höherrangig zu bewerten ist. Erkrankte Gefangene werden grundsätzlich in einem Einzelhaftraum<br />
untergebracht. Mit Zustimmung des Anstaltsleiters und des Anstaltsarztes darf der Erkrankte<br />
ausnahmsweise mit anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht werden.<br />
Das setzt allerdings die Zustimmung der Mitgefangenen voraus.<br />
Der Petitionsausschuss ging davon aus, <strong>das</strong>s die Befürchtungen des Petenten damit ausgeräumt<br />
werden konnten.<br />
11.8.5 Verlegung in ein anderes Bundesland<br />
Ein Strafgefangener in einer Thüringer Justizvollzugsanstalt wandte sich an den Petitionsausschuss,<br />
da er bisher vergeblich seine Verlegung in eine Justizvollzugsanstalt des Landes<br />
Mecklenburg-Vorpommern beantragt hatte.<br />
Der Petent begründete seine Bitte damit, <strong>das</strong>s er sich endlich von seinem bisherigen Umfeld<br />
lösen und nach der Haftentlassung auf Rügen einen Neuanfang wagen wolle. Dazu habe er<br />
sich bereits beim dortigen Arbeitsamt gemeldet und einen Wohnungsantrag gestellt. Hinzu<br />
komme, <strong>das</strong>s er in Mecklenburg-Vorpommern viele gute Freunde habe.<br />
Sämtliche Verlegungsanträge des Petenten wurden vom Leiter der Justizvollzugsanstalt abgelehnt,<br />
weil die von dem Petenten für eine Verlegung angeführten Gründe als nicht ausreichend<br />
oder nicht nachvollziehbar angesehen wurden.<br />
Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) kann ein Gefangener abweichend<br />
vom Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Freiheitsstrafe zuständige Anstalt<br />
verlegt werden, wenn seine Behandlung oder seine Eingliederung nach der Entlassung hierdurch<br />
gefördert wird. Wird die Verlegung in ein anderes Bundesland beantragt, bedarf es nach<br />
§ 26 Abs. 2 Satz 3 Strafvollstreckungsordnung (StrVollstrO) zudem der Einigung der obersten<br />
Vollzugsbehörden beider Länder. Die von dem Petenten in seinen Anträgen dargestellten<br />
Verlegungsgründe erfüllten die Anforderungen für eine Verlegung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1<br />
StVollzG nicht. Es war nicht erkennbar, inwiefern sich durch eine Verlegung des Petenten in<br />
eine Justizvollzugsanstalt des Landes Mecklenburg-Vorpommern die Möglichkeit eröffnet,<br />
sich von seinem bisherigen Umfeld zu lösen. Stabile soziale Bindungen zu einer Lebenspartnerin<br />
oder zu Freunden nach Mecklenburg-Vorpommern konnten nicht festgestellt werden.<br />
Die Briefkontakte des Petenten beschränkten sich auf Behördenpost (Arbeitsamt, Einwohnermeldeamt<br />
etc.) und Firmen zwecks Arbeitssuche.<br />
56
Da eine vorzeitige Entlassung des Petenten frühestens Ende August 2004 in Betracht kommt,<br />
erschienen die von dem Petenten angestrengten Bemühungen um einen Arbeitsplatz, eine<br />
Wohnung und einen Bewährungshelfer in Mecklenburg-Vorpommern noch deutlich verfrüht.<br />
Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Verlegung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1<br />
StVollzG sah der Petitionsausschuss keine Möglichkeit, dem Petenten momentan zu helfen.<br />
11.8.6 Richter sind unabhängig – Staatsanwälte nicht<br />
Der Petent begehrte die Überprüfung eines Gerichtsverfahrens und eines staatsanwaltschaftlichen<br />
Ermittlungsverfahrens. Ein Amtsgericht hatte ihn dazu verurteilt, an den Kläger 482,66<br />
Euro nebst Zinsen zu zahlen. Gegen diese Entscheidung konnte er keine Berufung einlegen,<br />
da die Berufung nur dann zulässig ist, wenn man mindestens in Höhe von 600,00 Euro unterlegen<br />
ist oder <strong>das</strong> Gericht der ersten Instanz die Berufung im Urteil ausdrücklich zugelassen<br />
hat. Das war hier nicht der Fall. Da der Petent <strong>das</strong> Urteil gleichwohl für falsch hielt, erstattete<br />
er Strafanzeige gegen die Richterin wegen Rechtsbeugung. Die Staatsanwaltschaft lehnte die<br />
Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ab, da keine Anhaltspunkte für eine Straftat erkennbar<br />
waren.<br />
Deshalb wandte er sich an den Petitionsausschuss, der ihn darauf hinweisen musste, <strong>das</strong>s er<br />
aufgrund der Gewaltenteilung und der richterlichen Unabhängigkeit nicht befugt ist, gerichtliche<br />
Entscheidungen zu überprüfen, aufzuheben oder abzuändern.<br />
Staatsanwaltschaftliche Verfahren können dagegen überprüft werden. Denn die Staatsanwaltschaft<br />
ist eine weisungsabhängige Behörde. Der Petitionsausschuss sah jedoch keine Anhaltspunkte,<br />
die Entscheidung der Staatsanwaltschaft zu beanstanden. Denn es waren keine Anhaltspunkte<br />
für eine Rechtsbeugung durch die Richterin ersichtlich. Rechtsbeugung ist gemäß<br />
§§ 339, 12 Abs. 1 Strafgesetzbuch ein Verbrechen und liegt nur dann vor, wenn ein Richter<br />
bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache die Gesetze zugunsten oder zum Nachteil<br />
einer Partei bewusst falsch oder gar nicht anwendet. Hier vertrat die Richterin lediglich<br />
eine andere Rechtsauffassung als der Petent.<br />
11.8.7 Dauer von Verfahren vor dem Verwaltungsgericht<br />
In einem Rechtsstreit vor einem Verwaltungsgericht hatten Petenten eine Klage erhoben mit<br />
dem Ziel, eine Änderung der amtlichen Vermessung ihrer Grundstücksgrenzen zu erreichen.<br />
Da von der Klageerhebung im März 2000 bis November 2002 vom Gericht kein Verhandlungstermin<br />
anberaumt wurde, wandten sich die Petenten an den Petitionsausschuss.<br />
Die Richter unterliegen der Dienstaufsicht. Dienstaufsicht ist die Aufsicht der vorgesetzten<br />
Behörden und des Dienstvorgesetzten über die nachgeordneten Behörden und Amtsträger. Sie<br />
beinhaltet die Beobachtung, Anleitung und Beanstandung dienstlicher Verfehlungen. Die<br />
Dienstaufsicht über Richter wird von den jeweiligen Präsidenten der Gerichte und vom Justizministerium<br />
als oberster Dienstaufsichtsbehörde ausgeübt.<br />
Allerdings sind wegen der verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit alle<br />
Entscheidungen eines Richters, die der Rechtsfindung auch nur mittelbar dienen, sie vorbereiten<br />
oder ihr nachfolgen, der Dienstaufsicht grundsätzlich entzogen. Diese Entscheidungen<br />
57
können nur mit den vom Gesetz vorgesehenen Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen angegriffen<br />
werden.<br />
Zwar sind Gerichte grundsätzlich verpflichtet, Verfahren in der Reihenfolge des Eingangs zu<br />
entscheiden. Droht allerdings der Verlust von Beweismitteln oder dienen andere Prozesse als<br />
Entscheidungsgrundlage für noch später zu entscheidende Fälle, können diese Verfahren vorgezogen<br />
werden. Ob dies der Fall ist, entscheidet der Richter selbständig in seiner verfassungsrechtlichen<br />
Unabhängigkeit, so <strong>das</strong>s in einem solchen Fall Maßnahmen der Dienstaufsicht<br />
nicht möglich sind.<br />
Im Fall der Petenten war die zuständige Kammer am Verwaltungsgericht in der Vergangenheit<br />
mit einer großen Zahl von bau- und vermögensrechtlichen Verfahren belastet, die für die<br />
Beteiligten oft von existenzieller Bedeutung waren. Das Verfahren der Petenten schätzte <strong>das</strong><br />
Gericht als objektiv weniger dringlich ein. Deshalb wurde es in diesem Zeitraum nicht im<br />
gleichen Maße gefördert. Zwischenzeitlich hatte der zuständige Richter seine Bereitschaft<br />
erklärt, im Verfahren der Petenten die Notwendigkeit einer Beweisaufnahme zu prüfen.<br />
Der Petitionsausschuss konnte den Petenten daher nur die Gründe für die Dauer des Verfahrens<br />
erläutern. Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung bestanden nicht.<br />
58
11.9 Wirtschaft und Verkehr<br />
11.9.1 Landesplanerische Beurteilung großflächiger Einzelhandelsvorhaben<br />
Ein großes Einzelhandelsunternehmen begehrte eine Rechtsvorschrift, nach der bei der Ansiedlung<br />
von Einzelhandelsmärkten mit einer Verkaufsfläche von mehr als 1.500 m² eine verbindliche<br />
staatliche Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden soll.<br />
Großflächige Einzelhandelsvorhaben (Vorhaben ab einer Verkaufsraumfläche von 700 m²<br />
bzw. einer Geschossfläche von 1.200 m²) werden nach den im Landesentwicklungsprogramm<br />
aufgeführten Zielen und Grundsätzen sowie der Richtlinie über die Verfahrensweise bei großflächigen<br />
Einzelhandelsvorhaben im Landesplanungs- und Baurecht von 1992 nur in Oberund<br />
Mittelzentren zugelassen. Auf dieser Grundlage wird von der Referatsgruppe Raumordnung<br />
und Landesplanung im Thüringer Landesverwaltungsamt ermittelt, inwieweit ein Vorhaben<br />
bei Abwägung der von den beteiligten Trägern öffentlicher Belange vorgebrachten Bedenken<br />
und Anregungen mit den Vorgaben der Raumordnungspläne harmonisiert werden<br />
kann. Insbesondere wird dabei geprüft, ob <strong>das</strong> großflächige Einzelhandelsvorhaben den Einzugsbereich<br />
des zentralen Ortes wesentlich überschreitet und die verbrauchernahe Versorgung<br />
der Bevölkerung sowie die Handelsstruktur benachbarter zentraler Orte wesentlich beeinträchtigt.<br />
Diese landesplanerische Beurteilung ist allerdings nicht verbindlich. Das heißt, Flächenreduzierungen<br />
oder Untersagungen können nicht rechtlich verbindlich vorgenommen werden,<br />
sondern haben nur empfehlenden Charakter, da sie ansonsten in die zwischen den Einzelhandelsunternehmen<br />
bestehenden Konkurrenzverhältnisse eingreifen würden.<br />
Der Petitionsausschuss hat die Petition, soweit ihr durch eine Änderung des Thüringer Landesplanungsgesetzes<br />
entsprochen werden kann, den Fraktionen des <strong>Landtag</strong>s zur Kenntnis<br />
gegeben, da diese die Möglichkeit haben, entsprechende parlamentarische Initiativen zu ergreifen.<br />
11.9.2 Touristische Hinweisschilder an Autobahnen<br />
Ein Verein setzte sich dafür ein, <strong>das</strong>s mit einem Hinweisschild an der Bundesautobahn 38 im<br />
Bereich Heilbad Heiligenstadt auf <strong>das</strong> Grenzmuseum "Schifflersgrund" und <strong>das</strong> Grenzlandmuseum<br />
"Eichsfeld" hingewiesen wird.<br />
Die Aufstellung von touristischen Unterrichtungstafeln auf Autobahnen erfolgt bundeseinheitlich<br />
nach der "Richtlinie für touristische Hinweise an Straßen" (RtH 1988). Die Entscheidung<br />
darüber, ob solche Schilder aufgestellt werden, obliegt dem Ministerium für Wirtschaft,<br />
Arbeit und Infrastruktur als Straßenverkehrsbehörde für die Autobahnen.<br />
Im Zeitpunkt der Beratung der Petition wurde ein Gesamtkonzept für die Aufstellung touristischer<br />
Unterrichtungstafeln entlang der Bundesautobahn 38 erarbeitet. Der Antrag des Petenten<br />
wurde in <strong>das</strong> noch zu erarbeitende Konzept aufgenommen.<br />
59
11.9.3 Keine Akteneinsicht in Personalakten von Dritten<br />
Ein Autofahrer hatte eine Verwarnung über 15,00 Euro erhalten, weil er 8 km/h schneller als<br />
die erlaubten 30 km/h gefahren war. Dies hatte ein Bediensteter einer Stadtverwaltung mittels<br />
Radarmessung festgestellt. Der Petent akzeptierte die Verwarnung nicht. Daraufhin erging ein<br />
Bußgeldbescheid. Der Petent erhielt Akteneinsicht in die Verfahrensakten. Darüber hinaus<br />
forderte er den Fachkundenachweis des Bediensteten, der die Radarmessung durchgeführt<br />
hatte. Dies lehnte die Stadtverwaltung mit dem Hinweis ab, <strong>das</strong>s der Fachkundenachweis Teil<br />
der Personalakten sei und diese dem Petenten nicht zugänglich gemacht werden dürften.<br />
Über eine Akteneinsicht hat die Behörde grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen zu<br />
entscheiden. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehören zu den Akten eines Verfahrens<br />
alle Vorgänge, die von der Verfolgungsbehörde in pflichtgemäßer Ausübung ihrer<br />
Objektivitätsverpflichtung als möglicherweise entscheidungserheblich den Verfahrensakten<br />
zugeordnet werden (BGH St 30, 131 [138]). Das heißt, <strong>das</strong>s zu den Verfahrensakten auch<br />
Beiakten zählen, wovon auch Personalakten erfasst sind.<br />
Dies gilt aber nur für die Personalakte des Beteiligten/Beschwerten selbst, nicht jedoch für<br />
Personalakten Dritter. Die Einsicht in Personalakten einzelner Bediensteter ist dem Bürger im<br />
Rahmen eines Verwaltungsverfahrens daher grundsätzlich nicht zu gewähren. Zwar hat der<br />
betroffene Bürger <strong>das</strong> berechtigte Interesse, <strong>das</strong>s ein straßenverkehrsrechtlich sanktioniertes<br />
oder sonst wie relevantes Verhalten eines Trägers hoheitlicher Gewalt auch nur von fachlich<br />
geeigneten Personen der zuständigen Behörde durchgeführt wird; gleichwohl berechtigt dies<br />
nicht dazu, <strong>das</strong>s der Bürger Einblick in die persönlichen Verhältnisse des Bediensteten erhält.<br />
Dieser tritt für die Behörde auf. Deshalb kann grundsätzlich unterstellt werden, <strong>das</strong>s die in<br />
einem bestimmten Bereich eingesetzten Personen auch die dafür erforderlichen fachlichen<br />
Qualifikationen mitbringen. Dennoch kann die Behörde eine entsprechende Auskunft erteilen,<br />
ohne <strong>das</strong>s sich daraus jedoch eine Rechtspflicht zur Auskunft ergibt oder ein Akteneinsichtsrecht<br />
in die Personalakte begründet wird.<br />
Dem Petitionsausschuss wurde bestätigt, <strong>das</strong>s der Bedienstete erfolgreich einen zweitägigen<br />
Lehrgang in Nordrhein-Westfalen absolviert hat, in dem er ausführlich über Arbeit und Umgang<br />
mit den verwendeten Verkehrsüberwachungsanlagen vertraut gemacht worden war und<br />
damit den notwendigen Fachkundenachweis erbringen kann. Diese Informationen stellte der<br />
Petitionsausschuss auch dem Petenten zur Verfügung.<br />
11.9.4 "Schwarze Monopole"<br />
Die Monopolstellung der Schornsteinfeger und die ständigen Gebührenerhöhungen für<br />
Schornsteinfegerarbeiten waren Gegenstand verschiedener Petitionen.<br />
Die Petenten beanstandeten, <strong>das</strong>s sich die Gebühren für Schornsteinfegerarbeiten von 1996<br />
bis <strong>2003</strong> um ca. 135 % erhöht hätten. Dies sei in keinem Falle gerechtfertigt, da der technische<br />
Aufwand gegenüber anderen Gewerben gering sei und sich in den letzten <strong>Jahr</strong>en nicht<br />
verändert habe.<br />
Unverständnis äußerten die Petenten über die im Schornsteinfegergesetz verankerte Monopolstellung<br />
der Schornsteinfeger.<br />
60
Aufgrund des Schornsteinfegergesetzes in Verbindung mit der Verordnung zur Übertragung<br />
von Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen nach dem Schornsteinfegergesetz<br />
entscheidet der Thüringer Wirtschaftsminister durch Rechtsverordnung (Thüringer Kehr- und<br />
Überprüfungsgebührenordnung - ThürKÜGO) über die Gebühren der Bezirksschornsteinfegermeister<br />
und damit auch über die Gebührenerhöhungen. Er hört hierzu den Landesinnungsverband<br />
des Schornsteinfegerhandwerks, den Landesfachverband der Schornsteinfegergesellen,<br />
den Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft e.V. und den Verband der Haus-, Wohnungs-<br />
und Grundeigentümer in Thüringen e.V. an.<br />
Die Gebührenerhöhungen gehen auf Forderungen des Schornsteinfegerhandwerks zurück.<br />
Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur (TMWAI) überprüft die<br />
Forderungen jährlich auf Anerkennung als Geschäftskosten. Dabei werden nur die Kosten<br />
berücksichtigt, die unmittelbar im Zusammenhang mit den regelmäßig wiederkehrenden Arbeiten<br />
stehen. In den letzten <strong>Jahr</strong>en wurden die Gebührenerhöhungen im Wesentlichen mit<br />
Steigerungen der tariflichen Löhne und höheren Belastungen bei Steuern und Abgaben begründet.<br />
Das so genannte Schornsteinfegermonopol wurde gesetzlich verankert, da die Angehörigen<br />
dieses Berufs ihre Aufgaben im öffentlichen Interesse erfüllen. Aus Gründen der Feuersicherheit<br />
und des Gesundheitsschutzes wurde es bisher als erforderlich erachtet, an diesen Regelungen<br />
festzuhalten.<br />
Da <strong>das</strong> Monopol in einem Bundesgesetz geregelt ist und die Gebührenerhöhungen mit diesem<br />
Monopol in Zusammenhang stehen, leitete der Petitionsausschuss die Petitionen dem Petitionsausschuss<br />
des Deutschen Bundestages zu.<br />
11.9.5 Wenn die Blase drückt<br />
Ein schwerbehinderter Rentner erhielt eine Verwarnung, weil er ohne die erforderliche Sondererlaubnis<br />
auf einem Parkplatz für Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung<br />
bzw. Blinde geparkt hatte. Er beanstandete <strong>das</strong> Verwarnungsgeld, da <strong>das</strong> Parken seiner<br />
Meinung nach wegen eines dringenden Bedürfnisses unausweichlich war.<br />
Der an einer Prostataerkrankung leidende Petent parkte nach seinen Angaben für ca. drei Minuten<br />
auf dem Sonderparkplatz für Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung<br />
bzw. Blinde, um seine Notdurft zu verrichten. Seinen Schwerbehindertenausweis hatte er<br />
gut sichtbar hinter die Frontscheibe gelegt. Während dieser Zeit erteilte ihm der Leiter des<br />
Ordnungsamtes eine Verwarnung in Höhe von 35,00 Euro. Der gesamte Parkplatz war nach<br />
den eigenen Angaben des Petenten allerdings nur mit einem Pkw belegt.<br />
Der Petent erklärte sich zunächst mit der Verwarnung nicht einverstanden. Später zahlte er<br />
<strong>das</strong> Verwarnungsgeld unter Vorbehalt. Wäre der Vorbehalt beachtet worden, hätte sich nun<br />
ein Bußgeldverfahren angeschlossen. Dabei wäre der Vortrag des Petenten, er habe aufgrund<br />
seiner Prostataerkrankung und einer damit verbundenen Blasenschwäche dringend seine Notdurft<br />
verrichten müssen, geeignet gewesen, einen rechtfertigenden Notstand im Sinne von<br />
§ 16 Ordnungswidrigkeitengesetz anzunehmen. Dies hätte zur Folge gehabt, <strong>das</strong>s der Parkverstoß<br />
nicht als rechtswidrig anzusehen gewesen wäre. Der Annahme eines rechtfertigenden<br />
Notstandes steht allerdings entgegen, <strong>das</strong>s der Petent selbst vorgetragen hat, der Parkplatz sei<br />
nur mit einem Pkw belegt gewesen. Demnach hatte der Petent durchaus die Möglichkeit, sein<br />
Fahrzeug ordnungsgemäß abzustellen.<br />
61
Da im Ergebnis nicht von einem rechtfertigenden Notstand auszugehen war, konnte der Petitionsausschuss<br />
dem Petenten nicht raten, auf der Durchführung eines Bußgeldverfahrens zu<br />
bestehen.<br />
11.9.6 Eine Straße für den Sommer<br />
Gegen die Sperrung der L 2381 zwischen Pippelsdorf und Kleingeschwenda richtete sich eine<br />
Petition aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt.<br />
Die gesperrte Teilstrecke der L 2381 zwischen Pippelsdorf und Kleingeschwenda dient als<br />
Verbindungsstraße zwischen der B 85 und der B 281. Sie verläuft durch eine Trinkwasserschutzzone<br />
I. Da sie nicht entsprechend der Richtlinie für bautechnische Maßnahmen an Straßen<br />
in Wassergewinnungsgebieten ausgebaut war, wurde sie für den öffentlichen Verkehr<br />
gesperrt.<br />
In Verbindung mit Baumaßnahmen an der L 2381 wurde der gesperrte Abschnitt der L 2381<br />
als Umleitung genutzt und mit Bitumen befestigt aber nicht nach der genannten Richtlinie<br />
ausgebaut. Nach Ende der Bauarbeiten wurde diese für die Pippelsdorfer günstige Verkehrsanbindung<br />
wieder gesperrt. Nachdem sich der Petent drei <strong>Jahr</strong>e vergeblich für die Freigabe<br />
der Straße eingesetzt hatte, wandten sie sich an den Petitionsausschuss.<br />
Der Petent beklagte, <strong>das</strong>s er durch die Sperrung gezwungen sei, statt 10 km nach Saalfeld 26<br />
km zu fahren und <strong>das</strong> bei mangelnder Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr<br />
und bei steigenden Benzinkosten.<br />
Der Petitionsausschuss konnte dem Petenten mitteilen, <strong>das</strong>s der gesperrte Abschnitt zur<br />
Kreisstraße oder Gemeindestraße heruntergestuft und so ausgebaut werden soll, <strong>das</strong>s er in den<br />
Sommermonaten für den Pkw-Verkehr freigegeben werden kann. Im Winterhalbjahr soll dieser<br />
Straßenabschnitt aber wegen der geringen Fahrbahnbreite, der vorhandenen Kurven und<br />
dem starken Gefälle gesperrt bleiben. Damit konnte dem Anliegen des Petenten teilweise entsprochen<br />
werden.<br />
62
11.10 Wissenschaft, Bildung und Kultur<br />
11.10.1 Personaleinsparungen an Hochschulen dürfen nicht willkürlich sein<br />
An Thüringer Hochschulen ist nicht jede unterrichtete Stunde eine voll bezahlte Stunde im<br />
Sinne der Thüringer Lehrverpflichtungsverordnung. Je nach wissenschaftlichem Gehalt und<br />
praktischen Anteilen wird eine Stunde mit den Faktoren 1, 0,5 oder 0,3 gewertet. Die Zahl der<br />
tatsächlichen Unterrichtsstunden kann den nominellen Umfang der Lehrverpflichtung also<br />
übersteigen. Dies musste eine Sprachlehrkraft an der FSU Jena bereits 2001 zur Kenntnis<br />
nehmen, als ihre bis dahin mit dem Faktor 1 angerechneten acht Stunden nach einer Neubewertung<br />
durch die Universität auf zwölf Unterrichtsstunden hinausliefen. Die Petentin bestand<br />
jedoch auf der weiteren Anrechnung mit dem Faktor 1, da die Änderung der Abrechnung<br />
willkürlich sei, und wandte sich an den Petitionsausschuss.<br />
Der Petitionsausschuss verlangte vom Wissenschaftsministerium Informationen über Vergleichsfälle,<br />
um bewerten zu können, ob eine willkürliche Ungleichbehandlung gegenüber<br />
anderen Sprachlehrkräften der Universität oder anderer Thüringer Hochschulen vorliegt.<br />
Das Ministerium hatte diese Zahlen zunächst nicht vorgelegt. Vielmehr nahm es die Petition<br />
zum Anlass, den Universitäten Anwendungshinweise zur Lehrverpflichtungsverordnung zu<br />
geben. Diese liefen darauf hinaus, alle anderen Sprachlehrkräfte wie die Petentin "herunterzustufen"<br />
und die Ungleichbehandlung auf diesem Weg zu beseitigen.<br />
Der Petitionsausschuss forderte <strong>das</strong> Wissenschaftsministerium deshalb nochmals auf, die<br />
Vergleichszahlen vorzulegen. Hierauf teilte <strong>das</strong> Wissenschaftsministerium Folgendes mit:<br />
Die FSU Jena habe die neue Anrechnungspraxis einheitlich ab dem Wintersemester<br />
<strong>2003</strong>/2004 angewendet. Die Universität Erfurt und die Fachhochschulen hätten die neue Anrechnungspraxis<br />
ebenfalls seit diesem Zeitpunkt angewendet. Die Bauhaus-Universität Weimar<br />
und die Technische Universität Ilmenau würden die Anrechnungshinweise ab dem Sommersemester<br />
2004 anwenden.<br />
Das Ministerium habe bereits mitgeteilt, <strong>das</strong>s es 38 Lehrkräfte für besondere Aufgaben an der<br />
FSU gebe, von denen auch nach der neuen Abrechnungspraxis nur bei 31 eine Anrechnung<br />
analog der Petentin erfolge. Auf die Fragen des Petitionsausschusses, mit welchem Faktor die<br />
Lehrveranstaltungen der übrigen 7 Lehrkräfte angerechnet würden und wodurch die höhere<br />
Anrechnung dieser Lehrveranstaltungsstunden gerechtfertigt sei, habe die FSU Jena mitgeteilt,<br />
<strong>das</strong>s aufgrund der bisherigen Dokumentationspraxis keine untereinander vergleichbaren<br />
Einzelfallangaben möglich seien. Bislang seien im Nachgang zu jedem Semester die Lehrkräfte<br />
über die Dekane der betroffenen Fakultäten und die Institutsdirektoren aufgefordert<br />
worden, die Erfüllung ihrer Lehrverpflichtung mit Hilfe von Musterformularen zu dokumentieren.<br />
In diesen Formularen sollten auch die Anrechnungsfaktoren für die einzelnen Lehrveranstaltungen<br />
eingetragen werden, was allerdings nicht durchgängig ordnungsgemäß erfolgt<br />
sei. Die Anrechnung von Lehrveranstaltungen sei aufgrund bestimmter Festlegungen in den<br />
Arbeitsverträgen der Lehrkräfte für besondere Aufgaben und im Rahmen der Ausübung des<br />
Direktionsrechts im Einzelfall erfolgt. Dabei sei auch die Anzahl der Teilnehmer an den<br />
Lehrveranstaltungen und über <strong>das</strong> Lehrdeputat hinausgehende Lehrtätigkeiten berücksichtigt<br />
worden.<br />
63
Bis zum Wintersemester <strong>2003</strong>/2004 sei die Anrechnung der Lehrveranstaltungen der Lehrkräfte<br />
für besondere Aufgaben im Bereich der Sprachausbildung an der FSU Jena uneinheitlich<br />
erfolgt. Konkrete Aussagen seien nicht möglich, da keine entsprechende Dokumentation<br />
vorgenommen worden sei. An den anderen Thüringer Hochschulen seien die Lehrveranstaltungen<br />
der Lehrkräfte für besondere Aufgaben im Bereich der Sprachausbildung bis zum<br />
Wintersemester <strong>2003</strong>/2004 unterschiedslos mit dem Faktor 1 angerechnet worden. Allerdings<br />
seien an den Hochschulen zusätzlich zu den mit Faktor 1 angerechneten Lehrveranstaltungsarten<br />
weitere Lehrveranstaltungen im Sprachausbildungsbereich von Lehrkräften für besondere<br />
Aufgaben abgehalten worden, die nicht auf <strong>das</strong> Lehrdeputat angerechnet worden seien (z.B.<br />
kulturelle Veranstaltungen, übungsbegleitende Konsultationen und Betreuung von studentischen<br />
Projekten, Betreuung computergestützter Selbstlernübungen und Ähnliches).<br />
Der Petitionsausschuss wird die Petition in einer seiner nächsten Sitzungen erneut beraten.<br />
11.10.2 Behindertengerechte Sanierung nicht immer möglich<br />
Ein Behindertenverband beanstandete, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> neu sanierte Museum für Jagd- und Forstgeschichte<br />
in Paulinzella für Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer nicht frei zugänglich ist.<br />
Das Jagdschloss Paulinzella befindet sich im Eigentum der Stiftung Thüringer Schlösser und<br />
Gärten. Vor der Sanierung des Jagdschlosses Paulinzella wurden nach Aussage der Eigentümerin<br />
die Möglichkeiten der behindertengerechten Erschließung eingehend geprüft. Da <strong>das</strong><br />
Jagdschloss aber aufgrund mehrfachen Umbaues im 16. und 19. <strong>Jahr</strong>hundert innerhalb der<br />
jeweiligen Stockwerke auf sehr engem Raum unterschiedliche Höhenniveaus aufweist, wäre<br />
eine Sanierung ohne Barrieren nur mit einem wesentlichen Eingriff in die Denkmalsubstanz<br />
möglich gewesen. Allein die Räume des Erdgeschosses befinden sich auf vier unterschiedlichen<br />
Höhen. Auch <strong>das</strong> erste Obergeschoss, in dem sich <strong>das</strong> Museum befindet, liegt auf verschiedenen<br />
Niveaus. Das Dachgeschoss mit den Räumlichkeiten für Wechselausstellungen<br />
weist drei Höhenniveaus aus.<br />
Trotz des berechtigten Interesses der Petenten sah der Petitionsausschuss keine Möglichkeit<br />
hier Abhilfe zu schaffen, da bei dem denkmalgeschützten Gebäude erhebliche Eingriffe in die<br />
Bausubstanz erforderlich gewesen wären.<br />
11.10.3 Interesse aus Übersee am Erfurter Petersberg<br />
Ein in den USA lebender gebürtiger Erfurter, der sich noch immer für die Geschichte seiner<br />
Heimatstadt interessiert, unterbreitete Gestaltungsvorschläge für den Erfurter Petersberg.<br />
Da es sich dabei um eine ehemalige Kaiser- und Königspfalz handele, regte der Petent an,<br />
dort ein großes Metall- oder Steindenkmal mit Inschriften der Kaiser und Könige sowie der<br />
dort abgehaltenen Reichstage zu setzen. Ebenso sollten die Bastionen der Zitadelle und einige<br />
andere Gebäude saniert werden.<br />
Der Petitionsausschuss konnte dem Petenten nach Beteiligung des Ministeriums für Wissenschaft,<br />
Forschung und Kunst mitteilen, <strong>das</strong>s es für die Bestimmung des Petersberges als Sitz<br />
einer ehemaligen Königspfalz keine gesicherten historischen Belege gibt, sondern lediglich<br />
eine - allerdings wahrscheinliche - Vermutung. Archäologische Untersuchungen im Bereich<br />
des oberen Plateaus sowie alle anderen bisher erfolgten archäologischen Untersuchungen auf<br />
64
dem Petersberg erbrachten keine Hinweise auf die Existenz einer Pfalz. Deshalb erschien es<br />
der Stadt ausreichend, mit einer ständigen Ausstellung zur Geschichte von Kloster und Festung<br />
im Kommandantenhaus sowie in der Peterskirche auf den vermuteten Standort hinzuweisen.<br />
Der zweifellos großen Bedeutung des Petersklosters soll in angemessener Weise in<br />
Zusammenhang mit der Fortführung der Neugestaltung des oberen Festungsplateaus entsprochen<br />
werden. Dabei ist vorgesehen, nach Auswertung archäologischer Untersuchungen, Bereiche<br />
des ehemaligen Klosters als "archäologisches Fenster" sichtbar zu machen. Zeitlich<br />
konnte die Stadt diese Maßnahmen jedoch noch nicht einordnen. An der Peterskirche selbst<br />
erfolgten in den vergangenen <strong>Jahr</strong>en notwendige bauliche Maßnahmen zur Sicherung des Gebäudes.<br />
Das Thüringer Landesamt für Denkmalpflege hat an der Südfassade mit der Fassadeninstandsetzung<br />
begonnen. Hierbei sind die vom preußischen Militär durchgeführten baulichen<br />
Veränderungen wieder rückgängig gemacht worden. Die Fassade wurde gereinigt und<br />
gefestigt. Eine Fortführung der Maßnahme war aus Geldmangel nicht möglich. Die Stadt versicherte,<br />
<strong>das</strong>s sie sich entsprechend der Bedeutung des Petersberges und des ehemaligen Petersklosters<br />
weiter um eine ansprechende Gestaltung bemühen wird.<br />
11.10.4 Förderung des Singens<br />
Die Musiklehrerin einer Berliner Grundschule setzt sich für die Förderung des Singens ein, da<br />
<strong>das</strong> Singen zur menschlichen Natur gehöre. Ihre jahrelange Berufserfahrung habe ihr gezeigt,<br />
wie die heutige Pädagogik <strong>das</strong> Singen beseitige. Sie forderte deshalb, <strong>das</strong>s sich <strong>das</strong> Schulsingen<br />
nicht am wechselnden Geschmack des Freizeitmarktes orientieren solle, sondern an der<br />
zeitlosen Natur des Stimmorgans und seiner seelischen Gebundenheit.<br />
Die Bitte der Petentin unterstützte der Petitionsausschuss, indem er die Petition den Fraktionen<br />
des <strong>Landtag</strong>s zur Kenntnis gab, um auf die Anregungen der Petentin aufmerksam zu machen.<br />
11.10.5 Stundenausfall bereitete Eltern Sorgen<br />
Besorgte Eltern beklagten häufigen Stundenausfall an einem Gymnasium. Sie befürchteten,<br />
<strong>das</strong>s ihre Kinder die Lernziele nicht erreichen.<br />
Die Überprüfung durch den Petitionsausschuss ergab, <strong>das</strong>s der erhöhte Unterrichtsausfall auf<br />
die längerfristige Erkrankung von zwei Lehrern zurückzuführen war. Zum Teil konnte der<br />
Unterricht durch Vertretungen abgedeckt werden. Soweit dies nicht möglich war, kam die<br />
Genesung der betreffenden Lehrer der Veranlassung weiterer Maßnahmen zuvor. Der Unterrichtsstoff<br />
konnte nach den Angaben des Kultusministeriums trotz des Unterrichtsausfalls<br />
vollständig behandelt werden.<br />
11.10.6 Wann ist die Schülerbeförderung kostenlos?<br />
Eine Mutter forderte eine kostenlose Schülerbeförderung für ihren Sohn, der ein Staatliches<br />
Förderzentrum in der Klassenstufe 9 besucht.<br />
Wer Anspruch auf Schülerbeförderung hat, wird durch § 4 des Thüringer Gesetzes über die<br />
Finanzierung der staatlichen Schulen (ThürSchFG) in der Fassung vom 30. April <strong>2003</strong> bestimmt.<br />
65
Die Schülerbeförderung bzw. Erstattung der Kosten setzt voraus, <strong>das</strong>s die Beförderung zur<br />
Schule notwendig ist (§ 4 Abs. 3 ThürSchFG). Für Schüler der Regelschule, des Gymnasiums<br />
oder der Förderschule ab Klassenstufe 5 ist die Beförderung notwendig, wenn der Schulweg<br />
mindestens drei km lang ist (§ 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 ThürSchFG). Diese Mindestbegrenzung ist<br />
nur dann unbeachtlich, wenn der Schulweg eine besondere Gefahr für die Sicherheit und die<br />
Gesundheit der Schüler bedeutet oder wenn Schüler wegen einer dauernden oder vorübergehenden<br />
Behinderung befördert werden müssen (§ 4 Abs. 4 S. 2 ThürSchFG).<br />
Der Schulweg wurde nachgemessen. Der Weg von der Wohnung bis zur Bushaltestelle wurde<br />
mit einem Entfernungsmesser abgegangen; die Entfernung von der Bushaltestelle bis zur<br />
Schule mit dem Kilometerzähler eines Pkws ermittelt. Insgesamt betrug die Länge des<br />
Schulweges 2.605 Meter. Gründe für die Unbeachtlichkeit der Mindestbegrenzung konnten<br />
nicht festgestellt werden. Die Voraussetzungen für eine kostenlose Schülerbeförderung nach<br />
§ 4 des ThürSchFG lagen somit nicht vor. Deshalb konnte der Petitionsausschuss nur darauf<br />
hinweisen, <strong>das</strong>s die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Schülerbeförderung für<br />
die in ihrem Gebiet wohnenden Schüler die Beförderungskosten auch bei einer geringeren<br />
Entfernung erstatten können. Hierbei handelt es sich jedoch um eine freiwillige Kostenübernahme,<br />
auf die der Petitionsausschuss keinen Einfluss nehmen kann.<br />
66
11.11 Eingaben, für die der Petitionsausschuss nicht zuständig ist<br />
Keine Überprüfungskompetenz besitzt der Petitionsausschuss für privatrechtliche Angelegenheiten<br />
und für Eingaben, die Bundesangelegenheiten betreffen.<br />
Privatrechtliche Angelegenheiten sind Rechtsverhältnisse zwischen privaten Personen oder<br />
solche, die auf Vorschriften des Privatrechts beruhen, wie beispielsweise Kauf, Miete, Pacht,<br />
Kredite, Dienstleistungen sowie Erbschaften. Wegen der fehlenden Überprüfungskompetenz<br />
kann der Petitionsausschuss in diesen Fällen keine Prüfung in der Sache vornehmen. Er kann<br />
lediglich einige allgemeine Hinweise geben. Denn eine Rechtsberatung darf nur von rechtsberatenden<br />
Berufen vorgenommen werden.<br />
Bundesangelegenheiten betreffen die Bundesgesetzgebung oder <strong>das</strong> Handeln von Bundesbehörden<br />
oder sonstigen Einrichtungen, die öffentliche Aufgaben des Bundes wahrnehmen, z.B.<br />
Arbeitsämter oder die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte.<br />
11.11.1 Affiges<br />
Nichts tun konnte der Petitionsausschuss für einen Konzeptkünstler, dessen Kunst nach Medienberichten<br />
darin besteht, sich mit skurrilen Forderungen an öffentliche Stellen zu wenden.<br />
Mit seiner Petition forderte er, die Menschenaffen aus öffentlichen Zoos zu entfernen. Und<br />
zwar aus folgenden Gründen: Die Menschenaffen hätten hinter Gittern und Glas ihr Sexualleben<br />
nicht im Griff. Die "exhibitionistischen" Handlungen von Schimpansen, Gorillas und<br />
Orang-Utans könnten vor allem bei Kindern zu einer sittlichen Gefährdung führen. Überdies<br />
hätten die Menschenaffen wegen ihrer genetischen Ähnlichkeit mit dem Menschen Anspruch<br />
auf ein ungestörtes Sexualleben. Auch strafrechtliche Bedenken kamen dem Petenten. So<br />
könnten Zoodirektoren sich strafbar machen, wenn sie <strong>das</strong> natürliche aber exhibitionistische<br />
Treiben der Menschenaffen zulassen.<br />
Der Petitionsausschuss hat dem Petenten mitgeteilt, <strong>das</strong>s nach seiner Ansicht die mit drei Prozent<br />
bezifferbaren genetischen Unterschiede zwischen Menschen und Menschenaffen ausschlaggebend<br />
sind. Menschenaffen können wegen ihrer Handlungen nicht strafrechtlich verfolgt<br />
werden. Für den Fall, <strong>das</strong>s die "exhibitionistischen" Handlungen Anstoß erregen und<br />
damit die öffentliche Ordnung stören, hat der Ausschuss angeregt, die Affen zu bekleiden.<br />
11.11.2 Zur Geschichte der Nationalhymne<br />
Einem an der Geschichte der Nationalhymne interessierten Bürger konnte der Petitionsausschuss<br />
mit folgenden Informationen dienen:<br />
Für die Bundesrepublik Deutschland ist weder in der Verfassung noch in einem Gesetz ein<br />
Nationallied festgelegt. Der Breslauer Literaturprofessor August Heinrich Hoffmann von<br />
Fallersleben verfasste den Text des Deutschlandliedes am 26. August 1841 auf der damals<br />
noch zu England gehörenden Insel Helgoland. Die Melodie des Liedes entstammt dem von<br />
Joseph Haydn 1797 komponierten Streichquartett, <strong>das</strong> unter der Bezeichnung "Kaiser-<br />
Quartett" in die Musikgeschichte einging. Dieselbe Melodie lag dem Kaiserlied der Österreichisch-Ungarischen<br />
Monarchie zu Grunde.<br />
67
Als Lied der Deutschen wurde es am 5. Oktober 1841 aus Anlass der Ehrung des badischen<br />
Liberalen Karl Welcker in Hamburg uraufgeführt. Erstmals offiziell gesungen wurde <strong>das</strong><br />
Deutschlandlied 1890, als Helgoland im Tausch gegen die afrikanische Insel Sansibar wieder<br />
zu Deutschland gehörte.<br />
Zur Nationalhymne wurde <strong>das</strong> Lied der Deutschen - genau 81 <strong>Jahr</strong>e nach seiner Entstehung -<br />
erst in der Weimarer Republik am 11. August 1922 von der ersten sozialdemokratischen Regierung<br />
erhoben und blieb es – wenn auch auf fatale Weise umgedeutet – im Dritten Reich.<br />
Mit dem Untergang des Dritten Reiches geriet auch <strong>das</strong> Deutschlandlied auf den Index und<br />
der Gesang wurde von den Alliierten unter Strafe gestellt.<br />
Bei der Gründung der Bundesrepublik 1949 wurde zunächst keine Nationalhymne benannt;<br />
vielfach wurde Beethovens Ode an die Freude als Ersatzhymne eingesetzt. Auf Vorschlag des<br />
damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss, sollte die von Rudolf Alexander Schröder gedichtete<br />
und von Hermann Reutter vertonte "Hymne an Deutschland" als Nationalhymne<br />
verwendet werden. Sie wurde Silvester 1950 uraufgeführt, konnte sich aber nicht durchsetzen.<br />
Im Oktober 1951 beschloss der Karlsruher CDU-Parteitag, Bundespräsident Heuss zu bitten,<br />
den Bann vom Deutschlandlied zu nehmen. Erst für den Auftritt zu den Olympischen Spielen<br />
1952 entschied man sich für <strong>das</strong> Deutschlandlied und bestimmte die dritte Strophe als zu singenden<br />
Text.<br />
Für die Transformation des Deutschlandliedes zur Nationalhymne der Bundesrepublik<br />
Deutschland werden die Schriftwechsel zwischen dem Bundespräsidenten Theodor Heuss und<br />
Bundeskanzler Konrad Adenauer vom 29. April und 2. Mai 1952 als entscheidend angesehen.<br />
An diese Korrespondenz anschließend einigten sich im August 1991 der damalige Bundespräsident<br />
Richard von Weizsäcker und Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl in einem Briefwechsel,<br />
die dritte Strophe des Deutschlandliedes auch zur Hymne der wieder vereinten Republik zu<br />
deklarieren.<br />
11.11.3 Blut – Das Ende einer Petition<br />
Eine Justizvollzugsanstalt leitete dem Petitionsausschuss ein Schreiben eines Strafgefangenen<br />
in einem Schutzumschlag zu und teilte dazu mit, <strong>das</strong>s sich der Gefangene eine Wunde beigebracht<br />
und mit dem Blut <strong>das</strong> Schreiben sowie den Umschlag beschmiert habe. Es sei daher<br />
angebracht, bei der Berührung des Schreibens Schutzhandschuhe zu tragen. Der Gefangene<br />
werde sowohl vom Anstaltsarzt als auch vom Psychiater behandelt.<br />
Der Ausschuss leitete den Brief des Gefangenen ungeöffnet zurück. Der Ausschuss ging davon<br />
aus, <strong>das</strong>s dieser <strong>das</strong> Schreiben bewusst beschmiert hatte. Er teilte ihm deshalb mit, <strong>das</strong>s<br />
diese Form der Petition nicht den Anforderungen entspricht, die an eine Eingabe zu stellen<br />
sind. Auch wenn Petitionen grundsätzlich formlos eingereicht werden können, gibt es Grenzen,<br />
an denen die Befassungs- und Erledigungspflicht endet. Der Petent wurde darauf hingewiesen,<br />
<strong>das</strong>s er jederzeit eine inhaltsgleiche Petition in angemessener Form einreichen kann.<br />
68
11.11.4 Forderung nach Schließung von Gerechtigkeitslücken bei der Überleitung der<br />
DDR-Renten in bundesdeutsches Recht<br />
Mehrere Petenten beanstandeten Unterschiede der Renten in Ost und West. Sie forderten insbesondere:<br />
- Überführungslücken, die dadurch entstanden, <strong>das</strong>s DDR-typische mit bundesdeutschen<br />
Verhältnissen nicht vergleichbare Sachverhalte im Prozess der Rentenüberleitung unberücksichtigt<br />
geblieben sind, sollen mit neuen Regelungen geschlossen werden. Das betrifft zum<br />
Beispiel die rechtliche Anerkennung der Tätigkeit von so genannten mithelfenden Familienangehörigen<br />
von Land- und Forstwirten, Handwerkern und anderen Selbständigen.<br />
- Bei den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen sollen die Begrenzungen in der Einkommensanerkennung<br />
für die Rentenberechnung aufgehoben werden. Anstelle der Begrenzungen<br />
soll <strong>das</strong> Einkommen der betroffenen Personengruppen (MfS-Mitarbeiter und höhere<br />
Bedienstete [Gehaltsebene E 3]) vor Eingang in die Rentenberechnung von überhöhten Einkommensbestandteilen<br />
(z.B. durch pauschale Kürzung um 50 % der über dem Durchschnittsverdienst<br />
liegenden Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen) bereinigt werden.<br />
- Die Zusatzversorgungen der wissenschaftlichen, technischen und künstlerischen Intelligenz<br />
sowie der Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post sollen voll<br />
anerkannt werden.<br />
Der Petitionsausschuss hat die Eingaben dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages<br />
zugeleitet, da die Forderungen Bundesrecht betreffen.<br />
Die Forderungen waren auch Gegenstand eines Entschließungsantrages von Mecklenburg-<br />
Vorpommern im Bundesrat. Dieser hat den Entschließungsantrag am 14. März <strong>2003</strong> abgelehnt.<br />
Der Freistaat Thüringen hat der Entschließung nicht zugestimmt, da fast alle im Entschließungstext<br />
aufgeführten so genannten Regelungslücken seitens der Landesregierung anders<br />
bewertet werden. In der <strong>Landtag</strong>sdrucksache 3/3298 werden die Gründe der Landesregierung<br />
dargelegt.<br />
11.11.5 Wohnort für Zuständigkeit des Petitionsausschusses nicht ausschlaggebend<br />
Ein Thüringer Fan des 1. FC Dynamo Dresden beanstandete <strong>das</strong> Vorgehen der niedersächsischen<br />
Polizei gegenüber Fans beim Fußballspiel Eintracht Braunschweig gegen den 1. FC<br />
Dynamo Dresden.<br />
Der Petitionsschuss informierte den Petenten über seine Zuständigkeit. Neben Petitionen zur<br />
Landesgesetzgebung kann der Petitionsausschuss Thüringer Behörden und andere Stellen,<br />
soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen und der Aufsicht des Landes unterstehen, überprüfen.<br />
Mangels Zuständigkeit leitete er die Petition dem Petitionsausschuss des Niedersächsischen<br />
<strong>Landtag</strong>s zu, damit dort <strong>das</strong> Begehren des Petenten überprüft werden kann.<br />
69
12. Statistik<br />
12.1 Anzahl der durch den Petitionsausschuss im Berichtszeitraum bearbeiteten<br />
Petitionen<br />
Eingänge <strong>2003</strong> 920<br />
a) im Berichtszeitraum erledigt .......................................................... 550<br />
b) nicht erledigt................................................................................... 370<br />
aus den Vorjahren 543<br />
a) im Berichtszeitraum erledigt .......................................................... 334<br />
b) nicht erledigt................................................................................... 209<br />
12.2 Form der Petitionen<br />
mündlich 76<br />
a) bei der <strong>Landtag</strong>sverwaltung ........................................................... 52<br />
b) in den Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses .................. 24<br />
schriftlicher Eingang 844<br />
a) nach Weiterleitung durch den Präsidenten..................................... 22<br />
b) nach Weiterleitung durch Mitglieder des <strong>Landtag</strong>s ....................... 58<br />
c) unmittelbar an den Petitionsausschuss ........................................... 629<br />
d) nach Überweisung durch den Deutschen Bundestag ..................... 62<br />
e) nach Überweisung von <strong>Landtag</strong>en ................................................. 4<br />
f) nach Zuleitung durch den Bürgerbeauftragten ............................... 22<br />
g) in sonstiger Weise .......................................................................... 47<br />
12.3 Gliederung der im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen nach<br />
Personengruppen<br />
natürliche Personen 892<br />
Bürger...................................................................................................... 818<br />
Firmen ..................................................................................................... 9<br />
Bürgerinitiativen...................................................................................... 7<br />
Interessengemeinschaften........................................................................ 42<br />
Vertretung durch Rechtsanwälte ............................................................. 16<br />
juristische Personen 28<br />
des öffentlichen Rechts ........................................................................... 17<br />
des privaten Rechts.................................................................................. 11<br />
70
12.4 Gesamtzahl der eingegangenen Petitionen von 1991 bis <strong>2003</strong><br />
1400<br />
1200<br />
1330<br />
1225<br />
1000<br />
800<br />
857<br />
954<br />
1062<br />
1116 1138 896<br />
997<br />
900 888 920<br />
600<br />
400<br />
538<br />
200<br />
0<br />
32<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 <strong>2003</strong><br />
12.5 Zahl der monatlich im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
84<br />
87<br />
73<br />
75 73<br />
77<br />
79<br />
80<br />
93<br />
71 71<br />
60<br />
50<br />
57<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.<br />
71
12.6 Gliederung der im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen nach<br />
Petitionsarten<br />
Einzelpetitionen 895<br />
davon Legislativpetitionen 19<br />
Sammelpetitionen 17<br />
davon Legislativpetitionen 6<br />
Massenpetitionen 8<br />
davon Legislativpetitionen 3<br />
12.7 Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses<br />
Im Berichtszeitraum fanden 5 Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses statt.<br />
Greiz, Außenstelle Gera<br />
Heiligenstadt<br />
Mühlhausen<br />
Schleiz<br />
Sonneberg<br />
28. März<br />
23. Mai<br />
4. und 5. Oktober im Rahmen des Thüringentages<br />
24. Oktober<br />
5. Dezember<br />
12.8 Sitzungen des Petitionsausschusses<br />
<strong>2003</strong> fanden insgesamt 9 Sitzungen statt.<br />
Anzahl der in 9 Sitzungen behandelten Petitionen 921<br />
aus <strong>2003</strong>................................................................................................... 576<br />
aus den Vorjahren.................................................................................... 345<br />
gegliedert nach den einzelnen Sitzungen:<br />
Sitzung 16.01. 20.02. 27.03. 22.05. 26.06. 04.09. 09.10. 06.11. 04.12.<br />
gesamt 64 104 68 117 103 177 118 80 90<br />
aus <strong>2003</strong> - 10 24 77 65 147 103 69 81<br />
aus Vorjahren 64 94 44 40 38 30 15 11 9<br />
72
Gemäß Sammelübersicht abgeschlossene Petitionen 884<br />
aus <strong>2003</strong>................................................................................................... 550<br />
aus den Vorjahren.................................................................................... 334<br />
gegliedert nach den einzelnen Sitzungen:<br />
Sitzung 16.01. 20.02. 27.03. 22.05. 26.06. 04.09. 09.10. 06.11. 04.12.<br />
gesamt 61 104 67 116 100 165 109 77 85<br />
aus <strong>2003</strong> - 10 24 76 64 136 96 66 78<br />
aus Vorjahren 61 94 43 40 36 29 13 11 7<br />
12.9 Entscheidungen des Petitionsausschusses zu den in den Sitzungen behandelten<br />
Petitionen (gemäß der Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>s)<br />
§ 99 Abs. 1 Nr. 1<br />
"die Eingabe der Landesregierung zu überweisen" 6<br />
- aus <strong>2003</strong> 5<br />
- aus den Vorjahren 1<br />
§ 99 Abs. 1 Nr. 2<br />
"festzustellen, <strong>das</strong>s dem in der Eingabe vorgebrachten Anliegen<br />
nicht abgeholfen werden kann" 202<br />
- aus <strong>2003</strong> 108<br />
- aus den Vorjahren 94<br />
§ 99 Abs. 1 Nr. 3<br />
"die Eingabe für erledigt zu erklären" 570<br />
- aus <strong>2003</strong> 345<br />
- aus den Vorjahren 225<br />
§ 99 Abs. 1 Nr. 4<br />
"von einer sachlichen Prüfung der Eingabe abzusehen" 39<br />
- aus <strong>2003</strong> 32<br />
- aus den Vorjahren 7<br />
73
§ 96 Abs. 1<br />
Weiterleitung an zuständige Stellen 65<br />
z.B. Petitionsausschüsse des Bundestages oder anderer <strong>Landtag</strong>e<br />
- aus <strong>2003</strong> 56<br />
- aus den Vorjahren 9<br />
§ 96 Abs. 2<br />
Überweisung an andere Ausschüsse als Material 6<br />
- aus <strong>2003</strong> 5<br />
- aus den Vorjahren 1<br />
§ 99 Abs. 1 Nr. 6<br />
"die Eingabe den Fraktionen des <strong>Landtag</strong>s zur Kenntnis zu geben" 27<br />
- aus <strong>2003</strong> 23<br />
- aus den Vorjahren 4<br />
12.10 Gliederung der <strong>2003</strong> eingegangenen Petitionen nach Sachgebieten<br />
Sachgebiete Petitionen v. H.<br />
Arbeit, Soziales und Gesundheit 123 13,4<br />
Bauordnungs- und Bauplanungsrecht 40 4,3<br />
Finanzwesen / Offene Vermögensfragen 35 3,8<br />
Kommunale Angelegenheiten 122 13,3<br />
Landwirtschaft / Umwelt und Naturschutz 55 6,0<br />
Polizei- und Ordnungsrecht 61 6,6<br />
Recht des öffentlichen Dienstes 35 3,8<br />
Rechtspflege 148 16,1<br />
Wirtschaft und Verkehr 59 6,4<br />
Wissenschaft, Bildung und Kultur 60 6,5<br />
Zivilrecht / Strafrecht 19 2,1<br />
Bundeszuständigkeit (alleinige) 68 7,4<br />
Sonstiges 95 10,3<br />
74
12.11 Schwerpunkte in den einzelnen Sachgebieten<br />
Arbeit, Soziales und Gesundheit<br />
- Gesundheitswesen<br />
- Sozialhilfe<br />
- Rentenrecht/LVA<br />
- Behindertenhilfe<br />
Bauordnungs- und Bauplanungsrecht<br />
- Baugenehmigungen<br />
Finanzwesen / Offene Vermögensfragen<br />
- Steuern<br />
- Offene Vermögensfragen<br />
Kommunale Angelegenheiten<br />
- Kommunalabgaben<br />
- Beschwerden über die Arbeitsweise kommunaler Behörden<br />
Landwirtschaft / Umwelt und Naturschutz<br />
- Lärm- und Geruchsimmissionen<br />
- Naturschutz<br />
- Wasserwirtschaft<br />
Polizei- und Ordnungsrecht<br />
- Aufenthalt, Ausweisung und Abschiebung von Ausländern<br />
- Polizei<br />
Recht des öffentlichen Dienstes<br />
- Eingruppierung von Angestellten<br />
Rechtspflege<br />
- Strafvollzug<br />
- Gerichtsverfahren<br />
Wirtschaft und Verkehr<br />
- öffentliche Straßen<br />
Wissenschaft, Bildung und Kultur<br />
- Schulen/Schulentwicklung<br />
75
Gliederung<br />
der <strong>2003</strong> eingegangenen<br />
Petitionen nach Sachgebieten<br />
Rechtspflege<br />
Arbeit, Soziales und<br />
Gesundheit<br />
Kommunale Angelegenheiten<br />
35<br />
19<br />
148<br />
123<br />
Polizei- und Ordnungsrecht<br />
Sonstiges<br />
Wirtschaft und Verkehr<br />
40<br />
68<br />
55<br />
61<br />
122<br />
Wissenschaft, Bildung und<br />
Kultur<br />
Finanzwesen / Offene<br />
Vermögensfragen<br />
Landwirtschaft / Umwelt und<br />
Naturschutz<br />
Bundeszuständigkeit (alleinige)<br />
35<br />
60<br />
59<br />
95<br />
Bauordnungs- und<br />
Bauplanungsrecht<br />
Recht des öffentlichen Dienstes<br />
Zivilrecht / Strafrecht