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Arbeitsbericht für das Jahr 2003 - Thüringer Landtag

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Jeder hat <strong>das</strong> Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit<br />

anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden<br />

an die zuständigen<br />

Der<br />

Stellen<br />

Petitionsausschuss<br />

und an die Volksvertretung zu wenden.<br />

Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener<br />

Frist. Jeder hat <strong>das</strong><br />

des<br />

Recht,<br />

Thüringer<br />

sich einzeln oder in<br />

<strong>Landtag</strong>s<br />

Gemeinschaft mit<br />

anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden<br />

an die www.landtag.thueringen.de/gremien/petition.htm<br />

zuständigen Stellen und die Volksvertretung zu wenden.<br />

Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener<br />

Frist. Jeder hat <strong>das</strong> Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit<br />

anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden<br />

an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.<br />

Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener<br />

Frist. Jeder Verfassung hat <strong>das</strong> Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit<br />

anderen des schriftlich Freistaats Thüringen oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden<br />

an die zuständigen - Auszug - Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.<br />

Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener<br />

Artikel 14:<br />

Frist. Jeder hat <strong>das</strong> Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit<br />

anderen "Jeder schriftlich hat <strong>das</strong> Recht, oder sich mündlich einzeln oder mit in Bitten Gemeinschaft oder Beschwerden<br />

mit<br />

an die zuständigen anderen schriftlich Stellen oder mündlich und an die mit Volksvertretung Bitten oder zu wenden.<br />

Es besteht<br />

Beschwerden<br />

Anspruch<br />

an die<br />

auf<br />

zuständigen<br />

begründeten<br />

Stellen<br />

Bescheid<br />

und an die<br />

in angemessener<br />

Volksvertretung zu wenden. Es besteht Anspruch auf<br />

Frist. Jeder begründeten hat <strong>das</strong> Bescheid Recht, in sich angemessener einzeln Frist." oder in Gemeinschaft mit<br />

anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden<br />

an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.<br />

Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener<br />

Frist. Jeder hat <strong>das</strong> Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit<br />

anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden<br />

an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.<br />

Es<br />

<strong>Arbeitsbericht</strong><br />

besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener<br />

Frist. Jeder hat <strong>das</strong> Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit<br />

anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden<br />

an die<br />

für<br />

zuständigen<br />

<strong>das</strong><br />

Stellen und<br />

<strong>Jahr</strong><br />

an die Volksvertretung<br />

<strong>2003</strong><br />

zu wenden.<br />

Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener<br />

Frist. Jeder hat <strong>das</strong> Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit<br />

anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden


I n h a l t<br />

S e i t e<br />

1. Zahlen, Zahlen, Zahlen<br />

1.1 Die bearbeiteten Eingaben ...................................................................................6<br />

1.2 Die Sitzungen des Petitionsausschusses ...............................................................6<br />

1.3 Die abschließend behandelten Eingaben .............................................................6<br />

1.4 Die mündlich vorgetragenen Eingaben ...............................................................7<br />

1.5 Die Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses ..........................................7<br />

1.6 Der Härtefonds ......................................................................................................7<br />

2. Die Strafvollzugskommission ............................................................ 7<br />

3. Die Tagung der Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des<br />

Bundes und der Länder ................................................................... 10<br />

4. Die Darstellung des Petitionsausschusses<br />

in der Öffentlichkeit ......................................................................... 11<br />

5. Die Zusammenarbeit mit dem Bürgerbeauftragten ..................... 11<br />

6. Einführung einer elektronischen Akte ........................................... 12<br />

7. Das Aktenvorlagerecht des Petitionsausschusses .......................... 12<br />

8. Die Sammel- und Massenpetitionen - Viele Bürger und ein<br />

gemeinsames Anliegen ..................................................................... 13<br />

8.1 Zwei Massenpetitionen von Bürgern aus Bad Tennstedt, Ballhausen<br />

und Mittelsömmern sowie aus Großfahner, Dachwig, Gierstädt und<br />

Hornsömmern ......................................................................................................14<br />

8.2 Beschluss zu einer Massenpetition von Bürgern aus Bad Tennstedt,<br />

Ballhausen und Mittelsömmern .........................................................................14<br />

8.3 Gerichtliche Prüfung verzögert Baubeginn der Anschlussstelle Eisenach-Mitte<br />

........................................................................................................15<br />

9. Der Petitionsausschuss vor Ort - Konflikte durch Mülldeponie<br />

in der Nähe von Wohnhäusern ..........................................................................15<br />

2


10. Ersuchen des Petitionsausschusses um eine Entscheidung<br />

der Landesregierung im Sinne der Petenten<br />

10.1 Entschädigung für die Bebauung von Grundstücken im komplexen<br />

Wohnungs- und Siedlungsbau der DDR ...........................................................17<br />

10.2 Verlust der Zusatzversorgung durch falsche Auskunft des Kultusministeriums<br />

........................................................................................................20<br />

10.3 Anerkennung von Vordienstzeiten beim ehemaligen Landratsamt<br />

Gera ......................................................................................................................21<br />

11. Fälle, Fälle, Fälle<br />

11.1 Arbeit, Soziales und Gesundheit<br />

11.1.1 Krankenkasse zahlt nicht für Dronabinol ......................................................................... 23<br />

11.1.2 Vom Bauarbeiter zum Kunstmaler .................................................................................. 23<br />

11.1.3 Bessere Beratung für Familien mit schwerbehinderten Kindern ..................................... 24<br />

11.1.4 Kein Verbot für <strong>das</strong> Züchten von Haustieren .................................................................. 25<br />

11.1.5 Familienplanung muss auch Krankenversicherung einbeziehen ..................................... 26<br />

11.1.6 Zahlung des anteiligen Pflegegeldes ................................................................................ 26<br />

11.1.7 Keine Unterstützung zum Erwerb eines Pkws ................................................................. 27<br />

11.1.8 Rente wegen Erwerbsminderung ..................................................................................... 27<br />

11.2 Bauordnungs- und Bauplanungsrecht<br />

11.2.1 Abweichung vom Bebauungsplan nur wegen Besonderheiten des Grundstücks ............ 29<br />

11.2.2 Duldung nicht genehmigter Gebäude oder Nutzungen hängt vom Zeitpunkt der<br />

Errichtung bzw. der Nutzungsänderung ab ...................................................................... 29<br />

11.2.3 Kompromiss im Innenbereich .......................................................................................... 31<br />

11.3 Finanzwesen/Offene Vermögensfragen<br />

11.3.1 Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung ........................................................................... 32<br />

11.3.2 Werbungskosten: Einsatzwechseltätigkeit und Entfernungspauschale ............................ 32<br />

11.3.3 Ökologische Zusatzförderung nach Eigenheimzulagegesetz nicht in jedem Fall............. 33<br />

11.3.4 Langer Weg bis zur Rückübertragung ............................................................................. 34<br />

11.3.5 Stichtag für redlichen Erwerb nach dem Vermögensgesetz ............................................ 35<br />

11.4 Kommunale Angelegenheiten<br />

11.4.1 Kein Stimmrecht für fraktionsloses Gemeinderatsmitglied ............................................. 37<br />

11.4.2 Rückwirkende Erhöhung der Grundsteuer ist möglich .................................................... 38<br />

11.4.3 Hunde(s)teuer! .................................................................................................................38<br />

11.4.4 Wärme vor dem Winter ................................................................................................... 39<br />

11.4.5 Wasserski auf Talsperre ................................................................................................... 39<br />

11.4.6 Herstellungsbeiträge und bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks .................................... 40<br />

11.4.7 Eigentumswohnung und Herstellungsbeitrag für Abwasser ............................................ 40<br />

11.4.8 Fragerecht der Einwohner des Landkreises gegenüber dem Kreistag ............................. 41<br />

11.4.9 Auch sog. Hinterliegergrundstücke können zu Straßenausbaubeiträgen herangezogen<br />

werden ...................................................................................................................41<br />

11.4.10 Gebühren statt Herstellungsbeiträge? .............................................................................. 42<br />

11.4.11 Nutzung eines Schlosses als öffentliche Einrichtung der Gemeinde ............................... 43<br />

3


11.5 Landwirtschaft, Umwelt und Naturschutz<br />

11.5.1 "Natürlich soll die Hörsel fließen" ................................................................................... 44<br />

11.5.2 Lärmbelästigungen durch eine Molkerei ......................................................................... 44<br />

11.5.3 Zulässigkeit von Windkraftanlagen ................................................................................. 45<br />

11.5.4 Goldwaschen in der Schwarza ......................................................................................... 45<br />

11.6 Polizei- und Ordnungsrecht<br />

11.6.1 Verfassungsbeschwerde und aufschiebende Wirkung...................................................... 47<br />

11.6.2 Was lange währt, wird gut ............................................................................................... 47<br />

11.6.3 Feuerwehreinsatz könnte Kommune in finanzielle Schwierigkeiten bringen .................. 48<br />

11.6.4 Videotheken auch sonntags geöffnet? .............................................................................. 49<br />

11.6.5 Korrekte Prüfung der Vorwürfe von Ausländern gegen Polizisten ................................. 50<br />

11.7 Recht des öffentlichen Dienstes<br />

11.7.1 Von Freistaat zu Freistaat ................................................................................................ 51<br />

11.7.2 Nachqualifizierung von so genannten Seiteneinsteigern an staatlichen berufsbildenden<br />

Schulen ................................................................................................................ 51<br />

11.7.3 Höhergruppierung angestellter Lehrer ............................................................................. 52<br />

11.8 Rechtspflege<br />

11.8.1 Digitalisierung der Grundbücher ..................................................................................... 54<br />

11.8.2 Spätfolgen des Verlustes eines Personalausweises .......................................................... 54<br />

11.8.3 Einbeziehung von Strafgefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung .................... 55<br />

11.8.4 Angst vor Infektion in der Justizvollzugsanstalt .............................................................. 55<br />

11.8.5 Verlegung in ein anderes Bundesland .............................................................................. 56<br />

11.8.6 Richter sind unabhängig – Staatsanwälte nicht ................................................................ 57<br />

11.8.7 Dauer von Verfahren vor dem Verwaltungsgericht.......................................................... 57<br />

11.9 Wirtschaft und Verkehr<br />

11.9.1 Landesplanerische Beurteilung großflächiger Einzelhandelsvorhaben ........................... 59<br />

11.9.2 Touristische Hinweisschilder an Autobahnen .................................................................. 59<br />

11.9.3 Keine Akteneinsicht in Personalakten von Dritten .......................................................... 60<br />

11.9.4 "Schwarze Monopole" ..................................................................................................... 60<br />

11.9.5 Wenn die Blase drückt ..................................................................................................... 61<br />

11.9.6 Eine Straße für den Sommer ............................................................................................ 62<br />

11.10 Wissenschaft, Bildung und Kultur<br />

11.10.1 Personaleinsparungen an Hochschulen dürfen nicht willkürlich sein .............................. 63<br />

11.10.2 Behindertengerechte Sanierung nicht immer möglich ..................................................... 64<br />

11.10.3 Interesse aus Übersee am Erfurter Petersberg .................................................................. 64<br />

11.10.4 Förderung des Singens ..................................................................................................... 65<br />

11.10.5 Stundenausfall bereitete Eltern Sorgen ............................................................................ 65<br />

11.10.6 Wann ist die Schülerbeförderung kostenlos? ................................................................... 65<br />

11.11 Eingaben, für die der Petitionsausschuss nicht zuständig ist<br />

11.11.1 Affiges ............................................................................................................................. 67<br />

11.11.2 Zur Geschichte der Nationalhymne ................................................................................. 67<br />

11.11.3 Blut - Das Ende einer Petition .......................................................................................... 68<br />

11.11.4 Forderung nach Schließung von Gerechtigkeitslücken bei der Überleitung der<br />

DDR-Renten in bundesdeutsches Recht .......................................................................... 69<br />

11.11.5 Wohnort für Zuständigkeit des Petitionsausschusses nicht ausschlaggebend ................. 69<br />

4


12. Statistik<br />

12.1 Anzahl der durch den Petitionsausschuss im Berichtszeitraum bearbeiteten<br />

Petitionen................................................................................................70<br />

12.2 Form der Petitionen.............................................................................................70<br />

12.3 Gliederung der im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen nach<br />

Personengruppen .................................................................................................70<br />

12.4 Gesamtzahl der eingegangenen Petitionen von 1991 bis <strong>2003</strong> .........................71<br />

12.5 Gesamtzahl der monatlich im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen.....................................................................................................................75<br />

12.6 Gliederung der im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen nach<br />

Petitionsarten........................................................................................................72<br />

12.7 Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses ................................................72<br />

12.8 Sitzungen des Petitionsausschusses ....................................................................72<br />

12.9 Entscheidungen des Petitionsausschusses zu den in den Sitzungen<br />

behandelten Petitionen (gemäß der Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>s)...........73<br />

12.10 Gliederung der <strong>2003</strong> eingegangenen Petitionen nach Sachgebieten ...............74<br />

12.11 Schwerpunkte in den einzelnen Sachgebieten...................................................75<br />

5


1. Zahlen, Zahlen, Zahlen<br />

1.1 Die bearbeiteten Eingaben<br />

Im <strong>Jahr</strong> <strong>2003</strong> wurden 920 Eingaben an den Petitionsausschuss des Thüringer <strong>Landtag</strong>s gerichtet.<br />

Damit bleibt die Zahl der Neueingaben trotz der Steigerung gegenüber dem Vorjahr<br />

(888) etwa auf dem Niveau, auf dem sich die Neueingaben seit 1999 bewegen. Zu den Neueingaben<br />

gehören auch Sammel- und Massenpetitionen, hinter denen einige tausend Personen<br />

stehen. Neben den 920 Neueingaben hatte der Petitionsausschuss im <strong>Jahr</strong> <strong>2003</strong> 543 Eingaben<br />

aus den Vorjahren und damit insgesamt 1.463 Eingaben zu bearbeiten.<br />

1.2 Die Sitzungen des Petitionsausschusses<br />

<strong>2003</strong> fanden neun Ausschuss-Sitzungen statt. In den neun Sitzungen wurden 921 Petitionen<br />

behandelt, davon 884 abschließend. Pro Sitzung wurden damit im Durchschnitt 102 Petitionen<br />

behandelt.<br />

1.3 Die abschließend behandelten Eingaben<br />

Von den 884 abschließend behandelten Eingaben hat der Petitionsausschuss 570 Eingaben für<br />

erledigt erklärt. Bei 202 Eingaben musste der Ausschuss feststellen, <strong>das</strong>s dem vorgebrachten<br />

Anliegen nicht abgeholfen werden kann. 6 Eingaben hat der Ausschuss der Landesregierung<br />

überwiesen und 65 an die zuständigen Stellen weitergeleitet. 27 Eingaben hat der Ausschuss<br />

den Fraktionen zur Kenntnis gegeben und 6 Eingaben Fachausschüssen als Material überwiesen.<br />

In 39 Fällen hat der Ausschuss von einer sachlichen Prüfung abgesehen.<br />

Eine Entscheidung im Sinne der Petenten konnte der Ausschuss in 80 Fällen herbeiführen -<br />

<strong>das</strong> sind 8,7 Prozent aller abschließend behandelten Eingaben. Durch Auskunft, <strong>das</strong> heißt<br />

durch Aufklärung der Sach- und Rechtslage, wurde bei 47,6 Prozent aller Eingaben (438) zur<br />

Lösung der Probleme beigetragen. 3,6 Prozent der Eingaben (33) erledigten sich dadurch,<br />

<strong>das</strong>s die Petenten ihr Begehren nicht weiterverfolgten, z.B. weil sich ihr Anliegen durch eine<br />

Entscheidung in ihrem Sinne erledigt hatte oder sie kein Interesse an der Weiterverfolgung<br />

hatten. 7,1 Prozent der Eingaben (65) wurden an die zuständigen Stellen, sei es an den Petitionsausschuss<br />

des Deutschen Bundestages oder an die Petitionsausschüsse anderer <strong>Landtag</strong>e,<br />

weitergeleitet. 4,0 Prozent der Eingaben (37) wurden an andere Ausschüsse des <strong>Landtag</strong>s<br />

überwiesen und/oder den Fraktionen des <strong>Landtag</strong>s zur Kenntnis gegeben. Der Landesregierung<br />

wurden 0,7 Prozent (6) der abschließend behandelten Eingaben überwiesen.<br />

Zusammengenommen konnte der Ausschuss also 2/3 der Petitionen damit abschließen, <strong>das</strong>s<br />

den Anliegen entsprochen wurde (80/8,7 Prozent) oder durch Informationen aufgeklärt<br />

(438/47,6 Prozent), durch Weiterleitung an zuständige Stellen unterstützt (65/7,1 Prozent)<br />

sowie auf eine Problematik überhaupt aufmerksam gemacht wurde (37/4,0 Prozent).<br />

1.4 Die mündlich vorgetragenen Eingaben<br />

Die mündlichen Petitionen bewegten sich in der 3. Legislaturperiode bisher zwischen 5 und<br />

7 Prozent. <strong>2003</strong> nahmen die mündlichen Petitionen erstmals einen Anteil von 8,3 Prozent ein.<br />

6


Diese Steigerung ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, <strong>das</strong>s im Vergleich zu 2002 ungefähr<br />

doppelt so viele mündliche Petitionen im <strong>Landtag</strong> vorgetragen wurden.<br />

1.5 Die Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses<br />

Seitdem der Bürgerbeauftragte seine Tätigkeit aufgenommen hat und seine Bürgersprechstunden<br />

regelmäßig anbietet, hat der Petitionsausschuss seine Bürgersprechstunden in den Landkreisen<br />

nicht mehr in dem Umfang angeboten, wie in der 1. und 2. Legislaturperiode.<br />

Außerdem berücksichtigt der Petitionsausschuss bei der Planung seiner Sprechstunden die<br />

Termine des Bürgerbeauftragten.<br />

Zum Tag der offenen Tür des Thüringer <strong>Landtag</strong>s in Erfurt und zum Thüringentag in Mühlhausen<br />

stand er an seinem Informationsstand den Bürgern für Gespräche und mündliche Petitionen<br />

zur Verfügung.<br />

1.6 Der Härtefonds<br />

Der Petitionsausschuss verfügt über einen Härtefonds in Höhe von 12.800 Euro zur Unterstützung<br />

bei außergewöhnlichen Notständen. Die Entscheidungen über die begrenzten Mittel<br />

des Härtefonds sind nicht leicht. Viele Petenten schildern finanzielle Probleme und bitten um<br />

Hilfe. Nicht alle können berücksichtigt werden. Der Petitionsausschuss muss sich für diejenigen<br />

entscheiden, die am dringendsten der Unterstützung bedürfen. Um dies besser feststellen<br />

zu können, beauftragt der Ausschuss einzelne Mitglieder damit, sich persönlich bei den Betroffenen<br />

als "Pate" zu informieren.<br />

2. Die Strafvollzugskommission<br />

Die Strafvollzugskommission ist nach § 98 Abs. 6 der Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>s ein<br />

ständiger Unterausschuss des Petitionsausschusses. Sie wird vom Petitionsausschuss bestellt.<br />

Ihr gehören zurzeit fünf Mitglieder des Petitionsausschusses und ein Mitglied des Justizausschusses<br />

an. Sie hat eine eigene Geschäftsordnung. Danach behandelt die Strafvollzugskommission<br />

die ihr vom Petitionsausschuss überwiesenen Eingaben. Weiter befasst sie sich mit<br />

dem Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen, freiheitsentziehenden Maßregeln der<br />

Besserung und Sicherung.<br />

Sie informiert sich vor Ort. Zu diesem Zweck besuchte sie im <strong>Jahr</strong> <strong>2003</strong> die Justizvollzugsanstalten<br />

Hohenleuben, Untermaßfeld, Chemnitz - Teilanstalt Reichenhain und Gera.<br />

Die Anstalt in Hohenleuben wird seit 1990 als Justizvollzugsanstalt genutzt und verfügt über<br />

336 Haftplätze. Bereits 1897 wurde auf dem Gelände ein Gefängnishaus erbaut. In der Zwischenzeit<br />

unterlag die Anlage verschiedenen Nutzungen. Über einen größeren Zeitraum diente<br />

sie als Frauengefängnis, als Jugendhaus und als Jugendstrafanstalt, in der alle jugendlichen<br />

weiblichen Straffälligen der DDR untergebracht waren. Nach der Thüringer Verordnung über<br />

den Vollstreckungsplan vom 14. November 2001 ist die Justizvollzugsanstalt Hohenleuben<br />

insbesondere zuständig für männliche Gefangene mit Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen<br />

von mehr als 3 bis zu 42 Monaten aus dem Einzugsbereich des Landgerichts Gera sowie<br />

7


für männliche Gefangene mit Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen von mehr als 30 bis<br />

zu 42 Monaten aus dem Einzugsbereich des Landgerichts Mühlhausen.<br />

Die Anstalt hat mit einer Druckerei, einem Fensterbau und einer Schneiderei drei Eigenbetriebe.<br />

Die Schneiderei arbeitet im Zwei-Schicht-Betrieb. Insgesamt können in den Eigenbetrieben<br />

75 Gefangene arbeiten. Darüber hinaus können 30 Gefangene in der Küche, der Wäscherei<br />

und mit Instandhaltungsarbeiten der Anstalt beschäftigt werden. Je nach Auftragslage<br />

können die Gefangenen auch für ortsansässige Unternehmen tätig sein. Berufliche Aus- und<br />

Weiterbildungen für Gefangene gibt es in den Bereichen Elektrotechnik, Kochgehilfe, Farben<br />

und Raumgestaltung, Bautechnik, Metall, Garten- und Landschaftsbau sowie im EDV-<br />

Trainings-Center.<br />

Probleme resultieren aus der hohen Belegungszahl - wie in den anderen Justizvollzugsanstalten<br />

des Freistaats - und der Mehrfachbelegung der Hafträume. Denn es handelt sich um eine<br />

alte Anstalt mit großen Hafträumen, die mit bis zu 8 Gefangenen belegt sind, was teilweise zu<br />

Spannungen führt. Schwerpunkte bei dem Gespräch mit den Bediensteten waren die Personalsituation,<br />

insbesondere Beförderungen, die Zukunft der Anstalt und Probleme, die sich aus<br />

der hohen Belegung ergeben.<br />

Die Justizvollzugsanstalt Untermaßfeld wurde 1250 erstmals als Schloss Maßfeld urkundlich<br />

erwähnt. 1813 wurde in der Burg eine Straf- und Besserungsanstalt eingerichtet. 1831 wurde<br />

<strong>das</strong> Haus zu einer Zucht- und Strafanstalt umgebaut. Heute ist sie zuständig für männliche<br />

Gefangene aus dem Einzugsgebiet des Landgerichts Erfurt mit Freiheitsstrafen von mehr als<br />

ein <strong>Jahr</strong> bis zu drei <strong>Jahr</strong>en und sechs Monaten, des Landgerichts Meiningen mit Freiheitsstrafen<br />

von mehr als einem <strong>Jahr</strong> bis zu vier <strong>Jahr</strong>en, des Landgerichts Mühlhausen mit Freiheitsstrafen<br />

bis zu drei <strong>Jahr</strong>en sowie für die Sicherungsverwahrung männlicher Gefangener aus<br />

dem Einzugsbereich der Landgerichte Erfurt, Meiningen und Mühlhausen. Die Anstalt verfügt<br />

über 360 Haftplätze; maximal können 438 Haftplätze belegt werden. Im Zeitpunkt des<br />

Besuchs der Strafvollzugskommission war die Anstalt mit 441 Gefangenen belegt.<br />

Seit 1990 wurden in der Anstalt umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt. So wurde die<br />

Außensicherung neu gestaltet und eine neue Zentrale geschaffen. Die Küche, die 380 Gefangene<br />

versorgt, wurde 1994 komplett saniert. Besondere Schwierigkeiten haben sich daraus<br />

ergeben, <strong>das</strong>s die Anstalt unter Denkmalschutz steht. Im Zeitpunkt des Besuches der Strafvollzugskommission<br />

waren die Planungen für eine neue Außenumwehrung angelaufen, da die<br />

jetzige nicht mehr dem Standard entspricht. Die bisher zur Außensicherung eingesetzten 17<br />

Bediensteten sollen zum überwiegenden Teil andere Aufgaben übernehmen.<br />

Hervorzuheben sind die schulische und die berufliche Aus- und Weiterbildung. So werden in<br />

den Übungswerkstätten des Berufsfortbildungswerkes Thüringen Ausbildungen in den Bereichen<br />

Maler/Lackierer, Holztechnik, Bautechnik, Lehrküche, Elektrotechnik, Megatronik, Gebäudereiniger,<br />

Landschaftsgestaltung sowie EDV angeboten. Neben einem Hauptschulkurs,<br />

der notenmäßig über dem Schnitt der normalen Hauptschulen liegt, konnte die Anstalt erstmals<br />

einen Realschulkurs anbieten, da genügend geeignete Gefangene teilnehmen wollten.<br />

Diese Schulkurse werden von der Volkshochschule betreut. Eine enge Zusammenarbeit gibt<br />

es auch bei Freizeitangeboten zur außerschulischen Weiterbildung, wie z.B. Computeraufbaukursen,<br />

Fremdsprachenkursen und Erste-Hilfe-Kursen.<br />

Des Weiteren informierte sich die Strafvollzugskommission über die Beförderungen im Justizvollzug,<br />

mit denen zumindest teilweise den Beschwerden der Bediensteten entsprochen<br />

wurde.<br />

Eine Justizvollzugsanstalt für Frauen existiert in Thüringen nicht. Die Freiheitsstrafen von<br />

weiblichen Gefangenen aus Thüringen werden auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung<br />

zwischen den Freistaaten Thüringen und Sachsen in der Justizvollzugsanstalt Chemnitz,<br />

8


Teilanstalt Reichenhain vollstreckt. Deshalb hat die Strafvollzugskommission die Justizvollzugsanstalt<br />

Chemnitz besucht.<br />

Der Vollzug für weibliche Gefangene wird dort in drei unterschiedlichen Haftbereichen<br />

durchgeführt. Der Haftbereich I dient der Unterbringung von weiblichen Gefangenen aller<br />

Haftarten. Die Unterbringung erfolgt auf 112 Gemeinschaftshaftplätzen und 14 Plätzen in<br />

Einzelhafträumen. In einem weiteren Haftbereich werden weibliche Gefangene im offenen<br />

Vollzug untergebracht. Dafür stehen 14 Einzelhafträume sowie 5 Mutter-Kind-Plätze zur Verfügung.<br />

In einem dritten Haftbereich bestehen 60 Haftplätze in Gemeinschaftshafträumen<br />

(15 Frauen, 45 Männer). Dieser Haftbereich ist als Freigängerhaus ausgestaltet und befindet<br />

sich in der Stadtmitte.<br />

Aus Thüringen verbüßten zum Zeitpunkt des Besuchs der Strafvollzugskommission 67 Frauen<br />

aller Altersgruppen wegen unterschiedlichster Straftaten ihre Haftstrafen in Chemnitz.<br />

Trotz des Anstiegs weiblicher Kriminalität in den vergangenen <strong>Jahr</strong>en liegt der Anteil der<br />

weiblichen Inhaftierten bundesweit nur bei ca. 4,5 Prozent. Zur Erklärung dieses Phänomens<br />

gibt es unterschiedlichste Ansätze. Nach einer Gleichverteilungsthese sind die kriminellen<br />

Aktivitäten von Frauen in Wirklichkeit kaum geringer als die von Männern. Jedoch würden<br />

Frauen seltener entdeckt, weniger häufig angezeigt, überführt und verurteilt. Da diese These<br />

empirisch nicht gesichert ist, wird überwiegend von einer unterschiedlichen Kriminalitätsbelastung<br />

der Geschlechter ausgegangen. Diese wird im Wesentlichen mit biologisch-antropologischen<br />

oder soziologischen Thesen begründet. Überzeugend erscheint allerdings nur die<br />

Erklärung mit der differenziellen Sozialisationstheorie und der unterschiedlichen informellen<br />

Sozialkontrolle. Diese Erklärung geht davon aus, <strong>das</strong>s Frauen und Männer entsprechend ihrem<br />

gesellschaftlichen Rollenbild eine unterschiedliche Sozialisation durchleben und Frauen<br />

einer stärkeren sozialen Kontrolle unterliegen.<br />

Außerdem stellen sich die Straftaten von Frauen in der Regel anders als Straftaten von Männern<br />

dar. Frauen werden nicht selten in Verbindung mit Abhängigkeiten - wie Alkohol-, Tabletten-,<br />

Drogen- oder persönlichen Abhängigkeiten oder Unterdrückung - straffällig. Diese<br />

Umstände müssen bei der Strafvollstreckung besonders berücksichtigt werden.<br />

Nachteilig wirkt sich für die Frauen aus, <strong>das</strong>s sie im Gegensatz zu den männlichen Gefangenen<br />

nicht heimatnah untergebracht werden können. Erstrebenswert ist, den offenen Vollzug<br />

an weiblichen Gefangenen in der Anstalt zu vollziehen, die dem zukünftigen Lebensmittelpunkt<br />

der Gefangenen am nächsten ist. Deshalb diskutierte die Strafvollzugskommission, ob<br />

und wie weibliche Gefangene in Thüringen untergebracht werden können. Dies hat dazu beigetragen,<br />

<strong>das</strong>s seit Januar 2004 weibliche Strafgefangene, die den Anforderungen des offenen<br />

Vollzugs genügen, in der Abteilung für den offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt Untermaßfeld<br />

und damit heimatnah untergebracht werden.<br />

Die Justizvollzugsanstalt Gera liegt im Stadtzentrum und war ursprünglich ein Vereinshaus<br />

und bis 1920 eine Brauerei. 1991 wurde JVA geschlossen und nach umfassendem Umbau<br />

1999 wieder in Betrieb genommen.<br />

Nach dem Vollstreckungsplan ist sie zuständig für den Vollzug der Untersuchungshaft an<br />

männlichen Personen im Alter ab 21 <strong>Jahr</strong>en sowie für den Vollzug der Freiheitsstrafen bis zu<br />

drei Monaten an männlichen Gefangenen aus dem Einzugsbereich des Landgerichts Gera und<br />

für den Vollzug der Untersuchungshaft an männlichen Gefangenen im Alter ab 18 <strong>Jahr</strong>en bis<br />

zu 21 <strong>Jahr</strong>en, einschließlich Ersatzfreiheitsstrafen und Zivilhaftarten sowie für den Vollzug<br />

der Durchgangshaft an männlichen und weiblichen Transportgefangenen. Weiter ist sie die<br />

umlaufleitende Transportbehörde für die Gefangenensammeltransporte des Freistaats Thüringen.<br />

9


Die Strafvollzugskommission besuchte die Justizvollzugsanstalt Gera bereits zum zweiten<br />

Mal in der 3. Legislaturperiode. Wiederholt musste sie feststellen, <strong>das</strong>s die Lage im Stadtzentrum<br />

zu Problemen führt. Beschwerden von Nachbarn führten dazu, <strong>das</strong>s die Fenster der<br />

Hafträume verblendet wurden. Hiergegen richteten sich zahlreiche Beschwerden von Gefangenen.<br />

Hinzu kommt, <strong>das</strong>s sich die Gefangenen größtenteils in ihren Hafträumen aufhalten<br />

müssen und nur 22 Arbeitsplätze vorhanden sind. Das kann nur akzeptiert werden, weil die<br />

Anstalt vornehmlich für Kurzstrafen, Untersuchungsgefangene und Durchgangsgefangene<br />

zuständig ist. Ebenso ist der Belegungsdruck wie in den anderen Haftanstalten des Freistaats<br />

sehr groß. Zum Teil müssen die Hafträume mit 4 Personen belegt werden. Im Durchschnitt<br />

befinden sich 190 bis 200 Gefangene in der Anstalt, die maximal mit 216 Gefangenen belegt<br />

werden kann. Feststellen konnte die Strafvollzugskommission, <strong>das</strong>s sich in der Anstalt die<br />

sanitären Bedingungen verbessert haben. Beim ersten Besuch im Dezember 2000 hatte es<br />

diesbezüglich Beschwerden gegeben. Duschmöglichkeiten, die damals wegen Mängeln bei<br />

der Bauausführung nicht bestanden, sind inzwischen vorhanden. Außerdem wurden die Sanitärbereiche<br />

in den Zellen, die mit 4 Personen belegt sind, eingehaust.<br />

3. Die Tagung der Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Bundes<br />

und der Länder<br />

Seit 30 <strong>Jahr</strong>en treffen sich die Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Bundes und der Länder,<br />

um Probleme zu beraten, die bei der Bearbeitung von Petitionen auftreten. Im <strong>Jahr</strong> <strong>2003</strong><br />

fand die Tagung am 14./15. September in Kiel statt.<br />

Neben den Bürgerbeauftragten aus der Bundesrepublik Deutschland nahmen auch die Bürgerbeauftragten<br />

aus dem deutschsprachigen Raum Europas sowie neben den Mitgliedern des<br />

Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments der Europäische Bürgerbeauftragte, Herr<br />

Prof. Diamandouros, an der Tagung teil.<br />

Tagungsthemen waren <strong>das</strong> Petitionsrecht im Entwurf der Europäischen Verfassung und die<br />

Beratung von Petitionen im Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments sowie die engere<br />

Zusammenarbeit der Petitionsausschüsse und der Bürgerbeauftragten im deutschsprachigen<br />

Raum Europas. Eine Rolle spielte auch die Öffentlichkeitsarbeit der Petitionsausschüsse und<br />

der Bürgerbeauftragten, auf die unter 4. eingegangen wird.<br />

Ebenso wie auf der Tagung vor zwei <strong>Jahr</strong>en in Magdeburg waren Petitionen, die per E-Mail<br />

eingehen, Gegenstand der Beratung. Der Petitionseingang per E-Mail erfüllt nach der im<br />

Bund und vielen Ländern vertretenen Rechtsauffassung nicht die Formerfordernisse, die an<br />

eine schriftlich eingereichte Petition gestellt werden. Dabei entspricht neben der Unterschrift<br />

auch ein elektronisches Dokument mit qualifizierter elektronischer Signatur nach dem Signaturgesetz<br />

dem Schriftformerfordernis. Die praktische Bedeutung der qualifizierten elektronischen<br />

Signatur ist derzeit aber auch aus Kostengründen gering. Die Tagungsteilnehmer diskutierten<br />

kontrovers, ob die Einreichung von Petitionen per E-Mail auch ohne qualifizierte<br />

Signatur ermöglicht werden sollte.<br />

Weitere Themen der Beratung waren die Erhöhung von Sicherheitsstandards in Schulbussen,<br />

die Frage von Parkerleichterungen für Behinderte sowie die Rückführung von Roma nach<br />

Serbien und Montenegro.<br />

Die Aufnahme der Verpflichtung zur Anbringung von Rauchmeldern in Privatwohnungen in<br />

die Landesbauordnungen wurde nur von einem Teil der Tagungsteilnehmer befürwortet. Grö-<br />

10


ßere Zustimmung fand die Auffassung, die Pflicht nicht gesetzlich zu regeln, sondern durch<br />

Aufklärung für die Anschaffung von Rauchmeldern zu werben. Dies ist auch Gegenstand aller<br />

Feuerwehrtagungen in Thüringen.<br />

In Kampagnen sollte darüber aufgeklärt werden, <strong>das</strong>s der Geruchssinn im Schlaf ausgeschaltet<br />

ist und die meisten Brände nachts ausbrechen. Das erklärt die große Anzahl von Toten und<br />

Verletzten bei nächtlichen Bränden sowie die Notwendigkeit von Rauchmeldern.<br />

Mit dem in der 99. Plenarsitzung am 29. Januar 2004 verabschiedeten Ersten Gesetz zur Änderung<br />

der Thüringer Bauordnung hat der Gesetzgeber die Verpflichtung zur Anbringung von<br />

Rauchmeldern in Privatwohnungen abgelehnt.<br />

4. Die Darstellung des Petitionsausschusses in der Öffentlichkeit<br />

Die Petitionsausschüsse und Bürgerbeauftragten benötigen eine intensive Öffentlichkeitsarbeit,<br />

damit die Bürger davon Kenntnis erhalten, <strong>das</strong>s sie sich mit ihren Anliegen an die Petitionsausschüsse<br />

und Bürgerbeauftragten wenden können. Nicht zu unterschätzen ist, wie die<br />

mündliche und schriftliche Kommunikation des Petitionsausschusses mit den Bürgern in der<br />

Öffentlichkeit wirkt. Das stellten die Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Bundes und<br />

der Länder und die Bürgerbeauftragten auf ihrer Tagung in Kiel fest.<br />

Der Petitionsausschuss nutzte Bürgersprechstunden, den Tag der offenen Tür des <strong>Landtag</strong>s<br />

am 28. Juni <strong>2003</strong> und den Thüringentag vom 3. bis 5. Oktober <strong>2003</strong> in Mühlhausen, um über<br />

<strong>das</strong> Petitionsrecht, <strong>das</strong> Petitionsverfahren und den Petitionsausschuss zu informieren. Permanent<br />

präsent ist der Petitionsausschuss im Internet unter www.landtag.thueringen.de. Über<br />

die Tätigkeit des Ausschusses geben die <strong>Jahr</strong>esberichte ausführlich Auskunft. Die <strong>Arbeitsbericht</strong>e<br />

für die <strong>Jahr</strong>e 2001, 2002 und <strong>2003</strong> sind unter der genannten Internetadresse des <strong>Landtag</strong>s<br />

über die Internetseite des Petitionsausschusses erreichbar. Ebenso informieren Faltblätter<br />

und Schautafeln über <strong>das</strong> Petitionsrecht und den Petitionsausschuss. Über Eingaben,<br />

die eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben oder für die Öffentlichkeit von<br />

besonderem Interesse sein können, informiert der Ausschuss regelmäßig nach § 78 Abs. 2 der<br />

Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>s durch Pressemitteilungen des Ausschussvorsitzenden.<br />

5. Die Zusammenarbeit mit dem Bürgerbeauftragten<br />

Die Zusammenarbeit zwischen dem Petitionsausschuss und dem Bürgerbeauftragten bestimmt<br />

sich nach dem Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz (ThürBüG).<br />

Der Bürgerbeauftragte nimmt gemäß § 6 Abs. 2 ThürBüG an den Sitzungen des Petitionsausschusses<br />

teil. Außerdem unterrichtet er den Petitionsausschuss gemäß § 6 Abs. 1 ThürBüG<br />

monatlich schriftlich über Petitionen, die ihm direkt zugeleitet worden sind, bei denen er von<br />

einer sachlichen Prüfung abgesehen hat oder die einvernehmlich erledigt wurden.<br />

Die vom Bürgerbeauftragten nicht einvernehmlich erledigten Petitionen leitet er gemäß § 5<br />

Abs. 1 ThürBüG dem Petitionsausschuss zu. Im <strong>Jahr</strong> <strong>2003</strong> waren dies 22. Davon überwies der<br />

Petitionsausschuss der Landesregierung eine Petition zur Berücksichtigung und vier zur Erwägung.<br />

Bei einer Petition konnte der Ausschuss eine Entscheidung im Sinne der Petition<br />

herbeiführen. Fünf Petitionen erklärte er mit den erteilten Informationen für erledigt. Eine<br />

Petition leitete er zuständigkeitshalber an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages<br />

11


weiter. Bei zwei Petitionen sah der Ausschuss von einer sachlichen Prüfung ab. In sieben<br />

Fällen konnte er keine Entscheidung im Sinne der Petenten herbeiführen. Eine Petition befand<br />

sich noch in Bearbeitung.<br />

Zur Vermeidung einer Doppelbearbeitung von Petitionen, mit denen sich Petenten sowohl an<br />

den Petitionsausschuss als auch an den Bürgerbeauftragten gewandt haben, stimmen der Petitionsausschuss<br />

und der Bürgerbeauftragte im Einzelfall ab, wie die weitere Bearbeitung erfolgt.<br />

Dies betraf im Berichtszeitraum 11 Petitionen.<br />

6. Einführung einer elektronischen Petitionsakte<br />

Die elektronische Petitionsakte (E-Akte) soll über <strong>das</strong> Intranet des <strong>Landtag</strong>s den berechtigten<br />

Nutzern den Zugriff auf die vollständigen Petitionsakten der <strong>Landtag</strong>sverwaltung ermöglichen.<br />

Mit Hilfe einer Suchmaschine können die Abgeordneten die sie interessierenden Petitionen<br />

dann einfach und schnell finden. Unter dem so gefundenen Aktenzeichen können dann<br />

alle in der (Papier)Akte der <strong>Landtag</strong>sverwaltung enthaltenen Schriftstücke tagaktuell gelesen<br />

werden.<br />

Über diesen einfachen Zugriff auf die Petitionsakte hinaus ermöglicht die E-Akte auch den<br />

Zugriff auf weitere Informationen, die im Zusammenhang mit der Behandlung der einzelnen<br />

Petition stehen. Insbesondere werden in der E-Akte sämtliche Ergebnisse der Beratungen des<br />

Petitionsausschusses dargestellt. Durch einen Link zwischen dem Sitzungsergebnis und dem<br />

Sitzungsprotokoll können sich die Abgeordneten auch über den Inhalt der Beratung der Petition<br />

informieren.<br />

Die E-Akte eröffnet weiter die Möglichkeit, Posteingänge direkt aus einem E-Mail-Postfach<br />

zu übernehmen. Dies trägt möglichen künftigen Entwicklungen Rechnung. Denn nach § 3<br />

Abs. 1 des Thüringer Petitionsgesetzes müssen schriftlich eingereichte Petitionen unterzeichnet<br />

sein. Soweit eine E-Mail also nicht mit einer elektronischen Signatur versehen ist, entspricht<br />

sie nicht der erforderlichen Form nach § 3 Abs. 1 des Thüringer Petitionsgesetzes.<br />

Sollte der Thüringer <strong>Landtag</strong> diese Formvorschrift so ändern, <strong>das</strong>s schriftliche Petitionen<br />

nicht mehr mit einer Unterschrift versehen werden müssen oder die elektronische Signatur<br />

eine breitere Anwendung finden, so ist die E-Akte bereits gut geeignet, diese Entwicklungen<br />

aufzunehmen.<br />

Nicht zuletzt könnte die Einführung der E-Akte zu einer wesentlichen Einsparung von Papier<br />

und so zu einer "nachhaltigeren" Behandlung der Petitionen führen. Die bisher in Vorbereitung<br />

der Ausschuss-Sitzungen erforderliche Vervielfältigung der Petitionsakten könnte nach<br />

und nach reduziert werden.<br />

7. Das Aktenvorlagerecht des Petitionsausschusses<br />

Um den Sachverhalt einer Petition aufklären zu können, hat der Petitionsausschuss besondere<br />

gesetzliche Befugnisse. Hierzu gehört auch <strong>das</strong> Aktenvorlagerecht nach Art. 65 Abs. 2 in<br />

Verbindung mit Art. 64 Abs. 4 Satz 2 der Thüringer Landesverfassung (LV) und § 7 Abs. 1<br />

Thüringer Petitionsgesetz (ThürPetG).<br />

Die Aktenvorlage hat nach § 7 Abs. 3 ThürPetG und § 98 Abs. 1 der Geschäftsordnung des<br />

Thüringer <strong>Landtag</strong>s (GO) über die zuständige oberste Landesbehörde zu erfolgen. Sie darf nur<br />

12


verweigert werden, wenn dem Bekanntwerden des Inhalts gesetzliche Vorschriften, Staatsgeheimnisse<br />

oder schutzwürdige Interessen Einzelner, insbesondere des Datenschutzes entgegenstehen<br />

oder die Funktionsfähigkeit und die Eigenverantwortung der Landesregierung nicht<br />

nur geringfügig beeinträchtigt werden (Art. 67 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 65 Abs. 2 LV).<br />

Soweit die Aktenvorlage verweigert wird, vertritt der zuständige Minister die Entscheidung<br />

vor dem Petitionsausschuss (§ 98 Abs. 4 GO).<br />

Die Mitglieder des Petitionsausschusses sowie die Mitglieder mitberatender Ausschüsse können<br />

jederzeit in die dem Petitionsausschuss überlassenen Akten Einsicht nehmen. Mitarbeiter<br />

der Fraktionen können Einsicht nehmen, soweit dies aus Gründen parlamentarischer Arbeit<br />

erforderlich ist (§ 98 Abs. 1 Satz 1 und 2 GO).<br />

Im <strong>Jahr</strong> <strong>2003</strong> hat der Ausschuss einmal von seinem Recht auf Aktenvorlage Gebrauch gemacht.<br />

In diesem Petitionsverfahren hatte der Ausschuss <strong>das</strong> Innenministerium bereits mehrfach aufgefordert,<br />

zu der von den Petenten geforderten Abrechnung von Erschließungsmaßnahmen<br />

umfassend zu informieren. Das Ministerium erklärte, die Gemeinde habe bisher die angeforderte<br />

Auskunft nicht erteilt. Eine Auskunft könne <strong>das</strong> Ministerium nicht erzwingen. Die<br />

Möglichkeiten der Kommunalaufsicht seien erschöpft.<br />

Deshalb forderte der Ausschuss die Akten der Gemeinde an, um sich so die Sachinformationen<br />

zu beschaffen, die er für die Prüfung und Entscheidung der Petition benötigt.<br />

8. Die Sammel- und Massenpetitionen - Viele Bürger und ein gemeinsames<br />

Anliegen<br />

Die Zahl der Petitionen gibt bei Massen- und Sammelpetitionen nicht die Anzahl der Menschen<br />

an, die sich mit einem Anliegen an den Petitionsausschuss wenden. Hier steht hinter<br />

einer Petition eine mehr oder weniger große Anzahl von Menschen, die <strong>das</strong> gleiche Anliegen<br />

haben. Das kann ein Hinweis auf ein größeres Problem sein, <strong>das</strong> besondere Aufmerksamkeit<br />

und gegebenenfalls eine politische Entscheidung verlangt.<br />

Die Behandlung von Massen- und Sammelpetitionen ist in § 96 a der Geschäftsordnung des<br />

<strong>Landtag</strong>s geregelt.<br />

Danach sind Massenpetitionen Petitionen, bei denen sich eine Vielzahl von Petenten mit einem<br />

identischen Anliegen an den <strong>Landtag</strong> wendet, ohne <strong>das</strong>s eine bestimmte Person oder Personengemeinschaft<br />

als Initiator der Petition in Erscheinung tritt. Sie werden als eine Petition<br />

geführt. Die Unterzeichner werden zahlenmäßig erfasst. Die Einzelbenachrichtigung kann auf<br />

Beschluss des Ausschusses durch Pressemitteilungen oder durch öffentliche Bekanntmachung<br />

ersetzt werden.<br />

Sammelpetitionen sind Petitionen, bei denen sich eine Vielzahl von Petenten mit einem identischen<br />

Anliegen an den <strong>Landtag</strong> wendet und eine Person oder Personengemeinschaft als Initiator<br />

der Petitionen in Erscheinung tritt. Über die Behandlung einer Sammelpetition werden<br />

die als Urheber der Petition in Erscheinung tretenden Personen unterrichtet. Bei Unterschriftenlisten,<br />

die für sich eine Petition darstellen, wird die Einzelbenachrichtigung durch die Unterrichtung<br />

des ersten Unterzeichners ersetzt.<br />

13


8.1 Zwei Massenpetitionen von Bürgern aus Bad Tennstedt, Ballhausen und Mittelsömmern<br />

sowie aus Großfahner, Dachwig, Gierstädt und Hornsömmern<br />

Mit zwei Massenpetitionen, zu denen ca. 450 Zuschriften beim <strong>Landtag</strong> eingingen, haben<br />

hauptsächlich Bürger aus den Orten Bad Tennstedt, Ballhausen und Mittelsömmern sowie aus<br />

Großfahner, Dachwig, Gierstädt und Hornsömmern eine Änderung des Kommunalabgabenrechts<br />

begehrt. Nach den Petitionen sollen Beiträge erst nach Fertigstellung der Gesamteinrichtung<br />

erhoben werden, die Erhebung von Herstellungsbeiträgen von der tatsächlichen Nutzung<br />

der Grundstücke abhängig gemacht werden, keine Beiträge für zukünftige Investitionen<br />

erhoben werden, eine einheitliche Verjährungsfrist von vier <strong>Jahr</strong>en für alle Kommunalabgaben<br />

eingeführt werden, eine zinslose Stundung der Kommunalabgaben vorgesehen und<br />

Pflichtverbraucherbeiräte gebildet werden.<br />

Der Petitionsausschuss beschloss, über die Behandlung der beiden Massenpetitionen gemäß<br />

§ 96 a Abs. 1 Satz 3 der Geschäftsordnung des Thüringer <strong>Landtag</strong>s statt der bei Einzelpetitionen<br />

üblichen Einzelbenachrichtigung durch Pressemitteilungen zu informieren. Die Massenpetitionen<br />

wurden der Landesregierung zur Stellungnahme zugeleitet. Die weitere Beratung<br />

der Massenpetitionen wurde bis zum Vorliegen der Stellungnahme vertagt. Da die Petitionen<br />

auf eine Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes gerichtet sind, wurden sie außerdem<br />

dem Innenausschuss gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 5 der Geschäftsordnung des Thüringer<br />

<strong>Landtag</strong>s als Material überwiesen.<br />

8.2 Beschluss zu einer Massenpetition von Bürgern aus Bad Tennstedt, Ballhausen<br />

und Mittelsömmern<br />

Mit dieser Petition hatten überwiegend Bürger der Stadt Bad Tennstedt auf die Ereignisse um<br />

den Wasser- und Abwasserzweckverband "Obere Rinne" (WAZOR) hingewiesen und um<br />

Auskunft gebeten, wieviel die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung im Sinne<br />

einer Zumutbarkeitsgrenze kosten darf. Dabei wurden die Wasserkosten für einen Zwei-<br />

Personen-Haushalt im Bereich des ehemaligen Abwasserzweckverbandes "Am Fernebach"<br />

beanstandet. Diese liegen nach den Angaben der Petenten nämlich bei 21,00 Euro/m³, wenn<br />

man einen Anschlussbeitrag in Höhe von 8.000,00 Euro einschließlich einer 5 %igen Verzinsung<br />

unterstellt.<br />

Dem Petitionsausschuss lagen zu der Petition rund 320 gleichlautende Zuschriften vor. Deshalb<br />

hat der Petitionsausschuss auch hier gemäß § 96 a Abs. 1 Satz 3 der Geschäftsordnung<br />

des Thüringer <strong>Landtag</strong>s statt durch Einzelbenachrichtigung durch Pressemitteilungen über die<br />

Behandlung der Petition informiert.<br />

Der Petitionsausschuss hat beschlossen, die Eingabe mit den in der Stellungnahme des Innenministeriums<br />

enthaltenen Informationen für erledigt zu erklären. Er ist davon ausgegangen,<br />

<strong>das</strong>s die Fragen zur Beitragserhebung im Bereich der Abwasserentsorgung in der Stellungnahme<br />

des Innenministeriums beantwortet wurden.<br />

Das Innenministerium hatte in seiner Stellungnahme die Berechnung des Wasser- bzw. Abwasserbeitrages<br />

und die Benutzungsgebühren erläutert und in diesem Zusammenhang deutlich<br />

gemacht, <strong>das</strong>s es keine absolute Zumutbarkeitsgrenze für die Höhe der Wassernutzungskosten<br />

geben kann. Es sei den Gemeinden (und Zweckverbänden) überlassen, ob sie Investitionsaufwändungen<br />

für öffentliche Einrichtungen vollständig über Beiträge oder über Benutzungsgebühren<br />

und zum Teil aus Gebühren oder (unter engen Voraussetzungen) nur über Gebühren<br />

14


deckten. Der Herstellungs- und Benutzungsaufwand könne über die Benutzungsgebühren<br />

dergestalt gedeckt werden, <strong>das</strong>s in die Gebührenkalkulation Abschreibungen und Zinsen eingerechnet<br />

werden. Der Zweckverband "Mittlere Unstrut" habe sich für eine Deckung der Investitionen<br />

zu 50 % über Beiträge entschieden, was zur Folge habe, <strong>das</strong>s im Verbandsgebiet<br />

des Zweckverbandes auch die Gebührenpflichtigen einen Teil der Investitionskosten mit trügen.<br />

8.3 Gerichtliche Prüfung verzögert Baubeginn der Anschlussstelle Eisenach-Mitte<br />

Zahlreiche Petenten hatten sich in einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen und forderten<br />

den Baubeginn der Nordrampe der Anschlussstelle Eisenach-Mitte auf der Autobahn A 4 und<br />

die Verlegung der Landesstraße L 1016 aus der Ortslage Stregda heraus.<br />

Entgegen der Absicht des Thüringer Autobahnamtes wurde die Südrampe der Anschlussstelle<br />

Eisenach-Mitte bereits geöffnet, obwohl die Nordrampe inklusive Ortsumgehung noch nicht<br />

fertig war. Damit wurde die Landesstraße L 1016 zum direkten Autobahnzubringer. Vor allem<br />

der Schwerlastverkehr verstärkte sich. Die Ortsdurchfahrt Stregda wurde zur Wendestelle<br />

für Fahrzeuge, die die Nordrampe für die Auffahrt in Richtung Westen suchten.<br />

Mit dem Bau der Nordrampe und der Ortsumgehung sollte unverzüglich begonnen werden,<br />

sobald der erforderliche Planfeststellungsbeschluss für <strong>das</strong> Vorhaben vorliegt. Dies kündigte<br />

<strong>das</strong> Autobahnamt bereits 1999 an. Der Planfeststellungsbeschluss wurde im Mai 2002 gefasst.<br />

Trotzdem konnte es noch nicht losgehen, da <strong>das</strong> Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zunächst<br />

über eine Klage gegen den besagten Planfeststellungsbeschluss zu entscheiden hatte.<br />

Die Klage wurde vom BVerwG im Juni <strong>2003</strong> abgewiesen. Seit August <strong>2003</strong> war uneingeschränktes<br />

Baurecht gegeben.<br />

Aufgrund der Ungewissheit über Dauer und Ausgang der Klage vor dem BVerwG wurden die<br />

für <strong>das</strong> Bauvorhaben schon bereitgestellten Haushaltsmittel jedoch teilweise storniert oder für<br />

andere Bauvorhaben verwendet und standen somit im August <strong>2003</strong> nicht mehr in vollem Umfang<br />

zur Verfügung. Um weitere Zeitverzögerungen zu verhindern, setzte <strong>das</strong> Autobahnamt<br />

die vorhandenen Mittel für die bauvorbereitenden Maßnahmen ein. Gleichzeitig begann <strong>das</strong><br />

Autobahnamt mit der Erstellung der Unterlagen für die für März 2004 vorgesehene Ausschreibung<br />

des Bauvorhabens. Sofern <strong>das</strong> Vergabeverfahren ohne Verzögerungen abgeschlossen<br />

werden kann, wird derzeit von einem Baubeginn Anfang Juli 2004 ausgegangen.<br />

Der Bitte der Petenten, mit dem Bau der Nordrampe und der Ortsumgehung früher zu beginnen,<br />

konnte der Petitionsausschuss allerdings nicht abhelfen.<br />

9. Der Petitionsausschuss vor Ort<br />

Konflikte durch Mülldeponie in der Nähe von Wohnhäusern<br />

Die Nachbarn einer Mülldeponie waren immer wieder Geruchs- und Staubbelästigungen<br />

durch die Deponie sowie deren Aufbereitungsanlage ausgesetzt. Deshalb behandelte der Petitionsausschuss<br />

mehrfach die hiergegen gerichtete Petition der Nachbarn, die eine Bürgerinitiative<br />

gegründet hatten.<br />

Zwischen der Mülldeponie und den Wohnhäusern liegen nur etwa 300 Meter. Der quälende<br />

Gestank führte bei den Bewohnern der benachbarten Häuser zeitweise zu Übelkeit, Kopf-<br />

15


schmerzen und Erbrechen. Auftretende Krebskrankheiten wurden mit den von der Mülldeponie<br />

ausgehenden Immissionen in Verbindung gebracht. Deshalb verlangte die Bürgerinitiative<br />

die sofortige Schließung der Deponie. Doch die Deponie ist eine so genannte Altdeponie und<br />

hat nach § 35 Abs. 2 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Bestandsschutz. Sie kann deshalb<br />

bis zum 31. Mai 2005 (§ 6 Abs. 2 Ziff. 1 Abfallablagerungsverordnung) betrieben werden.<br />

Ein Antrag, der den Weiterbetrieb der Deponie bis zum <strong>Jahr</strong> 2009 zum Inhalt hat, liegt der<br />

zuständigen Genehmigungsbehörde vor.<br />

Die zu der Mülldeponie gehörende mechanisch-biologische Restabfallbehandlungsanlage<br />

(ca. 800 m von der nächsten Wohnbebauung entfernt) wurde 1998 auf der Grundlage des<br />

Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Nr. 8.11 a Spalte 2 des Anhangs zur 4. Bundes-<br />

Immissionsschutzverordnung) genehmigt.<br />

Wegen der Beschwerden der Bürgerinitiative führte <strong>das</strong> Staatliche Umweltamt mehrere Vor-<br />

Ort-Termine durch. Obwohl der von den Petenten beanstandete Geruch zu diesen Terminen<br />

auf der Deponie deutlich wahrnehmbar war, konnten Geruchsbelästigungen der benachbarten<br />

Wohnbebauung bedingt durch die Wetterverhältnisse nur teilweise festgestellt werden. Abweichungen<br />

vom genehmigten Betrieb der Restabfallbehandlungsanlage wurden nicht festgestellt.<br />

Schäden an den auf ihren Grundstücken wachsenden Zier- und Nutzpflanzen hatten die Petenten<br />

durch Fotos dokumentiert. Die Petenten führten diese Schäden auf giftige Gase, die aus<br />

der Deponie austreten, zurück. Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft begutachtete<br />

deshalb im Auftrag des Landesverwaltungsamtes (als obere Umweltbehörde) die Schäden an<br />

den Pflanzen. Das Gutachten liegt dem Petitionsausschuss vor. Danach kann ein Zusammenhang<br />

zwischen den Schäden und den giftigen Gasen nicht hergestellt werden. Das Landesamt<br />

teilte in seinem Gutachten mit, <strong>das</strong>s es vielfältige Möglichkeiten für ein plötzliches Absterben<br />

der Pflanzen geben könne. Die von den schadhaften Pflanzen genommenen Proben seien auf<br />

biotische Schadenserreger geprüft worden. Um die Auswirkungen von Luftschadstoffen auf<br />

<strong>das</strong> Pflanzenwachstum zu prüfen, seien wesentlich aufwändigere Prüfverfahren wie <strong>das</strong> so<br />

genannte Biomonitoring mit standardisierten Pflanzenkulturen notwendig. Die Ursachen für<br />

die von der Bürgerinitiative aufgezeigten Schäden konnten so nicht aufgeklärt werden.<br />

Der von den Petenten vermutete kausale Zusammenhang zwischen den Krebsfällen und der<br />

Mülldeponie ist durch ein vom Gesundheitsamt veranlasstes Auskunftsersuchen beim Zentralen<br />

Krebsregister der neuen Länder sowie durch Recherchen beim Thüringer Landesamt für<br />

Statistik und Thüringer Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz nicht<br />

bestätigt worden.<br />

Um sich einen Überblick vor Ort zu verschaffen, besichtigten Vertreter des Petitionsausschusses<br />

gemeinsam mit Vertretern der Bürgerinitiative, des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft,<br />

Naturschutz und Umwelt, des Landesverwaltungsamtes, des Abfallzweckverbandes<br />

und der Betreiberfirma am 24. Oktober <strong>2003</strong> die Mülldeponie. Dabei wurden die Gasbrunnen,<br />

die offene Fläche der Deponie, die Verrottungsanlage (Restabfallbehandlungsanlage) und die<br />

Anlage zur Abfackelung des Deponiegases in Augenschein genommen. Extreme Gerüche<br />

konnten an dem kühlen windstillen Herbsttag nicht festgestellt werden. Erläutert wurde die ab<br />

2005 eintretende Änderung der Rechtslage, die dazu führe, <strong>das</strong>s auf der Deponie vornehmlich<br />

Baustoffe oder andere Stoffe, von denen nur eine geringe Geruchsbelästigung ausgehe, eingebaut<br />

werden dürfen. Als wesentliche Verbesserungen wurden die drastische Verringerung der<br />

offenen Deponiefläche sowie zusätzliche Gasbrunnen zur Erfassung der austretenden Deponiegase<br />

herausgestellt. Diese Maßnahmen wurden auch von den Vertretern der Bürgerinitiati-<br />

16


ve als wesentliche Verbesserung der Situation angesehen. Weitere Gaserfassungsbrunnen<br />

sollen im Februar/März 2004 eingebaut werden. Die Verrottungsboxen sollen umgebaut werden.<br />

Die Vertreter der Bürgerinitiative machten deutlich, <strong>das</strong>s sie die angekündigten Maßnahmen<br />

wohlwollend zur Kenntnis nehmen, die weitere Entwicklung der Deponie aber kritisch<br />

begleiten werden.<br />

Aufgrund der wesentlichen Verbesserungen des Deponiebetriebs und des positiven Eindrucks,<br />

der bei dem Ortstermin am 24. Oktober <strong>2003</strong> vermittelt wurde, hat der Petitionsausschuss die<br />

Petition für erledigt erklärt. Allerdings liegt inzwischen eine neue Beschwerde der Petenten<br />

gegen Schwefelwasserstoff-Immissionen der Mülldeponie vor, die der Petitionsausschuss<br />

prüft.<br />

10. Ersuchen des Petitionsausschusses um eine Entscheidung<br />

der Landesregierung im Sinne der Petenten<br />

Nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 Buchstaben a bis d der Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>s kann der Petitionsausschuss<br />

Eingaben der Landesregierung zur Berücksichtigung, zur Erwägung, zur<br />

Kenntnisnahme oder als Material überweisen.<br />

<strong>2003</strong> hat der Petitionsausschuss der Landesregierung zwei Eingaben zur Berücksichtigung<br />

und vier Eingaben zur Erwägung überwiesen.<br />

Die Überweisung einer Eingabe an die Landesregierung zur Berücksichtigung bedeutet, <strong>das</strong>s<br />

der Petitionsausschuss <strong>das</strong> Anliegen als berechtigt ansieht und die Landesregierung deshalb<br />

gebeten wird, dem Anliegen zu entsprechen.<br />

Zur Erwägung wird eine Eingabe der Landesregierung überwiesen, wenn <strong>das</strong> Anliegen nach<br />

der Auffassung des Petitionsausschusses bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen berechtigt<br />

sein könnte, deshalb nochmals überprüft und nach Möglichkeiten gesucht werden soll, um<br />

dem Anliegen zu entsprechen.<br />

Der Petitionsausschuss kann wegen des verfassungsrechtlichen Gewaltenteilungsprinzips<br />

nicht erzwingen, <strong>das</strong>s die Landesregierung seinen Beschlüssen nachkommt. Der Petitionsausschuss<br />

geht aber davon aus, <strong>das</strong>s die Landesregierung seiner Bitte trotz fehlender rechtlicher<br />

Verbindlichkeit nachkommt. Über die Ausführung der Beschlüsse gibt die Landesregierung<br />

dem Petitionsausschuss nach § 101 der Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>s innerhalb von zwei<br />

Monaten einen schriftlichen Bericht. Ist dies aus besonderen Gründen nicht möglich, gibt sie<br />

einen Zwischenbericht.<br />

10.1 Entschädigung für die Bebauung von Grundstücken im komplexen Wohnungsund<br />

Siedlungsbau der DDR<br />

Gegenstand dieser Petition, die der Petitionsausschuss gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1 a) der Geschäftsordnung<br />

des <strong>Landtag</strong>s (GO) der Landesregierung zur Berücksichtigung überwiesen<br />

hat, war die Entschädigung, die nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz und dem Bodensonderungsgesetz<br />

für die Bebauung von Grundstücken im komplexen Wohnungs- und Siedlungsbau<br />

der DDR zu gewähren ist.<br />

Die Petenten sind Eigentümer von Grundstücken, auf denen ohne Klärung der Eigentumsverhältnisse<br />

eine Plattenbausiedlung errichtet wurde. Die Eigentumsverhältnisse wurden in der<br />

17


DDR nie geklärt. Für die Fälle, in denen der Eigentümer des Grund und Bodens nicht mit dem<br />

Eigentümer des darauf stehenden Gebäudes identisch ist, hat der Bundesgesetzgeber für die<br />

Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum die so genannte Sachenrechtsbereinigung<br />

vorgesehen. Diese erfolgt bei Plattenbausiedlungen nach dem Bodensonderungsgesetz<br />

im Wege von Bodensonderungsverfahren bei der betreffenden Stadt als Bodensonderungsbehörde.<br />

Deshalb leitete die Stadt im Fall der Petenten 1995 ein Bodensonderungsverfahren ein.<br />

Mit der "Zweiten Ergänzung der Rahmenvereinbarung zur einheitlichen Verfahrensweise der<br />

vorzubereitenden Vermögenszuordnung in der Landeshauptstadt Erfurt zwischen den Erfurter<br />

Wohnungsunternehmen und der Stadtverwaltung Erfurt" vereinbarten die Stadt Erfurt und die<br />

Erfurter Wohnungsunternehmen 1997, wie sie sich zur Bodensonderung verhalten wollen.<br />

Diese Vereinbarung enthält die Verpflichtung der Stadt Erfurt, die Wohnungsunternehmen<br />

beim Erwerb von Grundstücksflächen, auf denen im Rahmen des ehemals komplexen Wohnungsbaus<br />

Wohngebäude errichtet wurden, zu unterstützen, damit der Verkauf von Eigentumswohnungen<br />

in Gebieten des ehemals komplexen Wohnungsbaus beschleunigt werden<br />

kann. Als Bodensonderungsbehörde soll die Stadt die Bodensonderungsverfahren beschleunigen.<br />

Dies soll mittels Teilbescheiden geschehen, die im Wesentlichen die Größe und Lage der<br />

neuen Flurstücke, die entschädigungspflichtige Fläche und die Höhe der Entschädigung festlegen.<br />

Zunächst sollen sich aber die Wohnungsunternehmen und die Stadt um einen Ankauf<br />

der betroffenen Flächen bemühen, wobei die Kaufpreise den Wert von 30,00 DM/m² nicht<br />

überschreiten dürfen. Kommt keine entsprechende Vereinbarung zustande, soll die Stadt als<br />

Bodensonderungsbehörde die Entschädigung für die in Anspruch genommenen Flächen mittels<br />

des entsprechenden Teilbescheides festlegen. Unter Ziffer 4 der Vereinbarung von 1997<br />

heißt es zu dem Ankauf: "Die Höhe der Entschädigung richtet sich hierbei nach den von den<br />

Wohnungsunternehmen und der Stadt Erfurt bezahlten Ankaufspreisen zuzüglich eventuell<br />

entrichteter Grunderwerbssteuern." Unter Ziffer 5 der Vereinbarung erklären die Stadt Erfurt<br />

und die Beteiligten Wohnungsunternehmen dann: "Den Unterzeichneten ist bekannt, <strong>das</strong>s sich<br />

nach der derzeit geltenden Gesetzeslage die Höhe der Entschädigung nach § 15 Abs. 1 Satz 1<br />

Bodensonderungsgesetz in Verbindung mit § 20 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4 und § 19 Abs. 2 Sachenrechtsbereinigungsgesetz<br />

richtet und die Vereinbarung unter Ziffer 4 hiervon erheblich<br />

abweicht."<br />

Am 27. Januar 1998 beauftragte <strong>das</strong> Liegenschaftsamt der Stadt Erfurt den Gutachterausschuss<br />

für den Bereich des Katasteramtsbezirkes Erfurt mit der Feststellung des durchschnittlichen<br />

Bodenwertes aller im Plangebiet "Kleiner Herrenberg" gelegenen Grundstücke. Der<br />

Gutachterausschuss erarbeitete daraufhin ein so genanntes Mittelwertgutachten, <strong>das</strong> einen<br />

durchschnittlichen Bodenwert von 121,96 DM/m² für <strong>das</strong> Plangebiet ausweist. Das so genannte<br />

Mittelwertgutachten basiert auf der Bewertung der jeweiligen Bebauung und Nutzung<br />

der einzelnen Grundstücke und der Bildung eines entsprechenden Mittelwertes. Den so ermittelten<br />

durchschnittlichen Bodenwert hatte der Gutachterausschuss 1998 festgestellt.<br />

Als Bodenrichtwert hatte der Gutachterausschuss dagegen einen Wert von 240,00 DM/m²<br />

ermittelt.<br />

Die Bodensonderungsbehörde erließ daraufhin den Sonderungsbescheid und darauf beruhende<br />

Entschädigungsbescheide. Sowohl dem Sonderungsbescheid als auch den Entschädigungsbescheiden<br />

liegt der mit dem so genannten Mittelwertgutachten ermittelte durchschnittliche<br />

Bodenwert in Höhe von 121,96 DM/m² zu Grunde.<br />

Die Petenten vertreten die Auffassung, <strong>das</strong>s die auf dem so genannten Mittelwertgutachten<br />

beruhenden Entschädigungsbescheide rechtswidrig seien. Grundlage für die Bestimmung der<br />

18


Entschädigung dürfe nicht der so genannte Mittelwert, sondern müsse der vom Gutachterausschuss<br />

für <strong>das</strong> Plangebiet ermittelte Bodenrichtwert in Höhe von 240,00 DM/m² sein. Dies<br />

ergebe sich aus § 20 Abs. 2 Satz 2 Sachenrechtsbereinigungsgesetz in Verbindung mit § 194<br />

Baugesetzbuch, da es sich um eine Bebauung im komplexen Wohnungs- und Siedlungsbau<br />

nach § 11 Sachenrechtsbereinigungsgesetz handele. Nur für den außerhalb der komplexen<br />

Wohnungs- und Siedlungsbebauung erfolgten staatlichen oder genossenschaftlichen Wohnungsbau<br />

habe der Gesetzgeber gemäß § 20 Abs. 1 Sachenrechtsbereinigungsgesetz der Ermittlung<br />

des durchschnittlichen Bodenwertes die tatsächliche Bebauung und Nutzung zu<br />

Grunde legen wollen. Für die Bebauung im komplexen Wohnungs- und Siedlungsbau nach<br />

§ 11 Sachenrechtsbereinigungsgesetz verweise § 20 Abs. 2 Sachenrechtsbereinigungsgesetz<br />

jedoch auf § 19 Abs. 2 bis 4 Sachenrechtsbereinigungsgesetz, wonach Grundlage der Bodenwertermittlung<br />

der Verkehrswert des baureifen Grundstücks sei, der sich ergeben würde,<br />

wenn <strong>das</strong> Grundstück unbebaut wäre. Die tatsächliche Nutzung solle hier vernachlässigt bleiben.<br />

Demgegenüber habe die Stadt ausweislich der Vereinbarung von 1997 in Kenntnis der<br />

entgegenstehenden gesetzlichen Vorschriften den Gutachterausschuss mit der Erstellung des<br />

so genannten Mittelwertgutachtens beauftragt. Die Bodensonderungsbehörde habe aber für<br />

die Ermittlung der Entschädigung von dem für <strong>das</strong> Plangebiet ermittelten Bodenrichtwert auszugehen.<br />

Von dem Bodenrichtwert sei für die jeweiligen Grundstücke ein pauschalierter Abschlag<br />

nach den Vorschriften der §§ 20 Abs. 2 Satz 2 bzw. 19 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Sachenrechtsbereinigungsgesetz<br />

vorzunehmen, je nachdem, ob die Flächen dem Katalog des § 20<br />

Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 Sachenrechtsbereinigungsgesetz zuzuordnen seien oder nicht. Nach<br />

§ 20 Abs. 2 Satz 2 Sachenrechtsbereinigungsgesetz sei vom Verkehrswert im Sinne von § 194<br />

Baugesetzbuch - dem Bodenrichtwert - dann ein Betrag von 1/3 des Bodenrichtwertes für die<br />

Maßnahmen zur Baureifmachung des Grundstücks und anderer Maßnahmen zur Entwicklung<br />

des Gebietes sowie wegen der eingeschränkten oder aufgrund der öffentlichen Zweckbestimmung<br />

nicht vorhandenen Ertragsfähigkeit des Grundstücks abzuziehen. Der daraus resultierende<br />

Betrag sei dann nach § 68 Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu halbieren. So erhalte man<br />

den Entschädigungsbetrag, der den Grundstückseigentümern zustehe.<br />

2001 erging eine Entscheidung des Landgerichts Erfurt, die die Rechtsauffassung der Petenten<br />

stützte (9 O 2025/99). Die gegen die Entscheidung des Landgerichts gerichtete Berufung<br />

ist vor dem Thüringer Oberlandesgericht anhängig. Das Berufungsverfahren wurde aber auf<br />

Beschluss des Gerichts vom 21. März 2002 bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes in<br />

dem Verfahren 5 ZR 126/01 und bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in dem<br />

Verfahren 1 BvR 133/00 ausgesetzt.<br />

Der Bundesgerichtshof hat in dem Verfahren 5 ZR 126/01 durch <strong>das</strong> Urteil vom 14. Juni 2002<br />

entschieden. Das Urteil stützt die Rechtsauffassung der Petenten.<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Verfahren 1 BvR 133/00 am 4. Juli <strong>2003</strong> beschlossen,<br />

die Verfassungsbeschwerde gegen <strong>das</strong> Urteil des Oberlandesgerichts Dresden (3 W<br />

1583/98) nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Entscheidung des OLG nicht gegen die<br />

Grundrechte der Beschwerdeführer, insbesondere nicht gegen <strong>das</strong> Willkürverbot (Art. 3<br />

Abs. 1 Grundgesetz) verstoße. Da hiermit nun auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts<br />

vorliegt, hat <strong>das</strong> Oberlandesgericht Jena <strong>das</strong> dort anhängige Verfahren entsprechend<br />

dem Aussetzungsbeschluss vom 21. März 2002 nun wieder aufgerufen.<br />

Der Petitionsausschuss hat sich der Auffassung der Petenten angeschlossen und die Petition<br />

deshalb der Landesregierung zur Berücksichtigung überwiesen. Bisher liegt nur ein Zwischenbericht<br />

der Landesregierung vor, der darüber informiert, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Oberlandesgericht<br />

Jena <strong>das</strong> dort anhängige Verfahren nun wieder aufgerufen hat. Der Petitionsausschuss erwar-<br />

19


tet jedoch unabhängig von dem Verfahren beim Oberlandesgericht Jena einen abschließenden<br />

Bericht der Landesregierung gemäß § 101 der Geschäftsordnung des Thüringer <strong>Landtag</strong>s.<br />

10.2 Verlust der Zusatzversorgung durch falsche Auskunft des Kultusministeriums<br />

Mit der Petition begehrt ein ehemaliger Lehrer vom Thüringer Kultusministerium (TKM) eine<br />

Entschädigung für den Verlust seiner Zusatzrente von der Zusatzversorgungskasse Thüringen.<br />

Die Petition wurde dem Petitionsausschuss nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Bürgerbeauftragtengesetz<br />

vom Bürgerbeauftragten zugeleitet, da diesem eine einvernehmliche Erledigung nicht möglich<br />

war. Der Petitionsausschuss schloss sich der Auffassung des Bürgerbeauftragten an und beschloss,<br />

die Eingabe der Landesregierung nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 a) der Geschäftsordnung des<br />

Thüringer <strong>Landtag</strong>s zur Berücksichtigung zu überweisen.<br />

Der Petent schied 1993 wegen Berufsunfähigkeit aus dem Arbeitsverhältnis aus. Seitdem erhielt<br />

er eine Berufsunfähigkeitsrente. 1994 erhielt er vom Personalreferat des TKM die Auskunft,<br />

<strong>das</strong>s sein Arbeitsverhältnis mit dem Land Thüringen ruhe. Diese Auskunft war falsch,<br />

da nach § 59 BAT-O <strong>das</strong> Arbeitsverhältnis endete. Von 1994 bis 1995 nahm der Petent dann<br />

an einer Rehabilitationsmaßnahme teil, die eine Beschäftigung als pädagogischer Mitarbeiter<br />

bei einem Landratsamt ermöglichte. Im <strong>Jahr</strong> 2000 wehrte er sich nicht gegen die Kündigung<br />

dieser Beschäftigung, da er davon ausging, <strong>das</strong>s er eine Zusatzrente aus der Zusatzversorgungskasse<br />

Thüringen erhalten würde. Für einen Anspruch auf die Zusatzrente hätte seine<br />

Beschäftigungszeit jedoch nicht mit der Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente im <strong>Jahr</strong><br />

1993 enden dürfen. Ohne die fehlerhafte Auskunft des TKM hätte der Petent auch nicht die<br />

Kündigung des Landratsamtes akzeptiert. Denn es wäre nur noch eine relativ kurze Weiterbeschäftigung<br />

erforderlich gewesen, um die Zusatzrente auch ohne Anrechnung der Beschäftigungszeiten<br />

vor 1994 zu erhalten.<br />

Das TKM bestreitet die falsche Auskunft nicht. Allerdings vertritt es den Standpunkt, <strong>das</strong>s<br />

<strong>das</strong> Arbeitsverhältnis gemäß § 59 BAT-O unabhängig von der falschen Auskunft beendet<br />

worden wäre, da der Petent nicht innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist von zwei Wochen<br />

nach Zugang des Rentenbescheides seine weitere Beschäftigung schriftlich beantragt hat.<br />

Demgegenüber vertritt der Bürgerbeauftragte die Meinung, <strong>das</strong>s auch die Möglichkeit bestanden<br />

hätte, <strong>das</strong> Arbeitsverhältnis nicht zu beenden. Denn nach § 59 Abs. 2 BAT-O können<br />

Angestellte, die nur teilweise erwerbsgemindert sind, weiter beschäftigt werden, wenn ein<br />

geeigneter freier Arbeitsplatz zur Verfügung steht und die weitere Beschäftigung innerhalb<br />

von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheides schriftlich beantragt wird. Diesen Antrag<br />

hat der Petent nicht gestellt. Doch wieso sollte er diesen Antrag auch stellen, wenn er im<br />

Vertrauen auf die falsche Auskunft des TKM davon ausging, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Arbeitsverhältnis nur<br />

ruht. Zudem hat der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hinsichtlich<br />

der arbeits- und sozialrechtlichen Folgen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses<br />

besondere Auskunftspflichten, wenn der Arbeitgeber erkennen muss, <strong>das</strong>s der Arbeitnehmer<br />

weiterer Informationen bedarf und er selbst die Auskünfte unschwer erteilen kann. Das gilt<br />

insbesondere für den möglichen Verlust von Versorgungsansprüchen.<br />

Deshalb sollte <strong>das</strong> TKM den Schaden ersetzen, der durch die falsche Auskunft entstanden ist.<br />

Das TKM hat dem Petitionsausschuss den Bericht gemäß § 101 der Geschäftsordnung des<br />

Thüringer <strong>Landtag</strong>s vorgelegt. Der Bericht der Landesregierung hat folgenden Inhalt:<br />

20


§ 59 Abs. 2 BAT-O sehe vor, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Arbeitsverhältnis mit einem teilweise erwerbsgeminderten<br />

Angestellten nicht ende, wenn er nach dem von seinem Rentenversicherungsträger<br />

festgestellten Leistungsvermögen auf einem anderen geeigneten Arbeitsplatz weiter beschäftigt<br />

werden könne, dringende dienstliche Gründe nicht entgegenstünden und der Angestellte<br />

innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheides seine Weiterbeschäftigung<br />

schriftlich beantrage.<br />

Dass der Petent es unterlassen habe, die Weiterbeschäftigung zu beantragen, könne nicht auf<br />

die falsche Rechtsauskunft des Thüringer Kultusministeriums zurückgeführt werden, da dem<br />

Petenten <strong>das</strong> entsprechende Schreiben erst nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist zugegangen<br />

sei. Ein Antrag auf Weiterbeschäftigung wäre somit auch bei richtiger Rechtsauskunft verspätet<br />

gestellt worden und durch <strong>das</strong> Thüringer Kultusministerium abgelehnt worden.<br />

Das Thüringer Kultusministerium habe seine Aufklärungspflichten auch nicht dadurch verletzt,<br />

<strong>das</strong>s es den Petenten nicht auf die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung hingewiesen<br />

habe. Es handele sich hierbei um eine tarifvertraglich festgelegte Rechtsfolge, über die der<br />

Petent sich ohne Schwierigkeiten selbst hätte informieren können. Die im BAT-O festgelegten<br />

Regelungen seien durch ausdrückliche Bezugnahme im Arbeitsvertrag für jeden Arbeitnehmer<br />

erkennbar Bestandteil des Arbeitsverhältnisses geworden. Die Bedingungen, die dem<br />

Arbeitsverhältnis zugrunde lägen, zur Kenntnis zu nehmen, obliege grundsätzlich jedem Arbeitnehmer<br />

selbst. Dies entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts,<br />

wonach eine allgemeine Hinweispflicht des Arbeitgebers auf tarifvertragliche Leistungen und<br />

deren Anspruchsvoraussetzungen nicht bestehe. Grundsätzlich habe jeder Vertragspartner<br />

selbst für seine Interessen zu sorgen. Gesteigerte Aufklärungspflichten des Arbeitgebers entstünden<br />

erst, wenn besondere Umstände hinzukämen. Dies werde beispielsweise angenommen,<br />

wenn die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Veranlassung des<br />

Arbeitgebers zustande komme und der Arbeitnehmer darauf habe vertrauen dürfen, <strong>das</strong>s der<br />

Arbeitgeber ihn umfassend über die rechtlichen Folgen informiere.<br />

Für ausnahmsweise anzunehmende gesteigerte Aufklärungspflichten bestünden vorliegend<br />

keine Anhaltspunkte. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei allein Folge der tariflichen<br />

Regelungen und nicht auf Veranlassung des Thüringer Kultusministeriums zustande gekommen.<br />

Sonstige besondere Umstände, die eine Aufklärungspflicht begründen könnten, lägen<br />

ebenfalls nicht vor.<br />

Der Petitionsausschuss hat den Bericht zur Kenntnis genommen.<br />

10.3 Anerkennung von Vordienstzeiten beim ehemaligen Landratsamt Gera<br />

Mit der Petition begehren Angestellte, die beim ehemaligen Landratsamt Gera beschäftigt<br />

waren und mit der Gebietsreform in den Dienst des Landes übernommen wurden, die Anerkennung<br />

der Vordienstzeiten in Gera. Die Petition wurde dem Petitionsausschuss nach § 5<br />

Abs. 1 Satz 3 Bürgerbeauftragtengesetz vom Bürgerbeauftragten zugeleitet, da dem Bürgerbeauftragten<br />

eine einvernehmliche Erledigung nicht möglich war.<br />

Infolge der Gebietsreform entstand 1994 aus den drei Landratsämtern in Gera, Greiz und<br />

Zeulenroda <strong>das</strong> Landratsamt Greiz. Da <strong>das</strong> Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen<br />

(LARoV) Gera zu dieser Zeit einen erheblichen Personalbedarf anmeldete, wechselten<br />

die Petentinnen zum LARoV in Gera und damit in den Landesdienst. Im Anschluss daran<br />

wurde durch <strong>das</strong> Thüringer Finanzministerium (TFM) die "Anerkennung von Beschäfti-<br />

21


gungszeiten" beim Landratsamt vorgenommen. Die Petentinnen erhielten von der Arbeitsgruppe<br />

"Beschäftigungszeiten" des TFM ein Schreiben, <strong>das</strong> wie folgt abgefasst war:<br />

"... als Anlage beigefügt übersende ich Ihnen eine Kopie Ihres Antrages auf Anerkennung von<br />

Beschäftigungszeiten, aus der Sie die anerkannten Beschäftigungszeiten entnehmen können.<br />

Soweit Sie einen Antrag auf Berücksichtigung von Zeiten beim Bewährungs-/Zeitaufstieg<br />

gestellt haben, erhalten Sie nach Bearbeitung darüber gesonderte Nachricht." Beigefügt war<br />

eine Tabelle, in der die anerkannten Beschäftigungszeiten aufgeführt wurden, wobei die Tätigkeit<br />

bei dem Landratsamt eingeschlossen war.<br />

Im <strong>Jahr</strong> 2002 wurde die Anerkennung der Beschäftigungszeiten noch einmal überprüft. Danach<br />

wurde die Beschäftigungszeit beim Landratsamt Gera nicht als ununterbrochene Beschäftigungszeit<br />

im Sinne des § 19 BAT-O anerkannt, da die Beschäftigungszeiten nicht bei<br />

"demselben Arbeitgeber" zurückgelegt wurden. Dem stehe auch die bisherige Mitteilung nicht<br />

entgegen, da diese nach § 19 Abs. 1 BAT-O nur deklaratorische Bedeutung habe und jederzeit<br />

wieder korrigiert werden könne.<br />

Der Bürgerbeauftragte vertritt den Standpunkt, <strong>das</strong>s die Anerkennung von Beschäftigungszeiten,<br />

die durch <strong>das</strong> Finanzministerium unmittelbar nach dem Wechsel ausgesprochen wurde,<br />

von den Petentinnen so aufgefasst werden konnte, <strong>das</strong>s eine abschließende Anerkennung<br />

im Sinne von § 19 Abs. 4 BAT-O erfolgt ist. Denn es wurde die Formulierung gewählt: "...<br />

aus der Sie die anerkannten Beschäftigungszeiten entnehmen können." Wäre eine Entscheidung<br />

nach § 19 Abs. 1 BAT-O gewollt gewesen, hätte die Formulierung lauten müssen: "...<br />

aus der Sie die festgesetzten Beschäftigungszeiten entnehmen können." Der Bürgerbeauftragte<br />

vertritt deshalb die Meinung, <strong>das</strong>s mit dem Schreiben des Finanzministeriums - Arbeitsgruppe<br />

Beschäftigungszeiten - vom 2. Januar 1995 die Vordienstzeiten beim Landratsamt<br />

Gera im Sinne von § 19 Abs. 4 BAT-O anerkannt wurden. Das Anliegen der Petentinnen und<br />

entsprechende Lösungsmöglichkeiten sollten deshalb nochmals geprüft werden.<br />

Der Petitionsausschuss beschloss, die Eingabe der Landesregierung nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 b)<br />

der Geschäftsordnung des Thüringer <strong>Landtag</strong>s zur Erwägung zu überweisen, da <strong>das</strong> Anliegen<br />

berechtigt sein könnte und deshalb nochmals überprüft werden soll.<br />

22


11. Fälle, Fälle, Fälle<br />

11.1 Arbeit, Soziales und Gesundheit<br />

11.1.1 Krankenkasse zahlt nicht für Dronabinol<br />

Eine an Krebs erkrankte Frau litt jahrelang unter starken fast unerträglichen Schmerzen. Nur<br />

durch <strong>das</strong> Cannabispräparat Dronabinol wurden ihre Schmerzen gelindert. Die Petentin<br />

wandte sich an den Petitionsausschuss, weil sich die Krankenkasse seit Mai 2001 weigerte,<br />

<strong>das</strong> Medikament zu bezahlen. Die Kasse habe ihr mitgeteilt, <strong>das</strong>s die gesetzlichen Krankenkassen<br />

die Kosten des Arzneimittels nur dann übernehmen könnten, wenn dessen Qualität,<br />

Wirksamkeit und therapeutischer Nutzen gesichert seien. Dafür fehlten bei Dronabinol zuverlässige<br />

klinische Studien.<br />

Diese Erfahrung mussten bereits viele Schmerzpatienten machen.<br />

Dronabinol ist ein natürlich vorkommender Cannabiswirkstoff, der synthetisch hergestellt<br />

wird. Er ist Inhaltsstoff des in den USA zugelassenen Fertigarzneimittels Marinol, welches in<br />

den USA und Kanada bei Übelkeit und Erbrechen als Folge einer Chemotherapie bei Karzinompatienten<br />

sowie bei Anorexie mit Gewichtsverlust bei Aids-Patienten zugelassen ist.<br />

Nach § 31 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf<br />

Versorgung mit Arzneimitteln, soweit diese in der vertragsärztlichen Versorgung verordnungsfähig<br />

sind. Hierzu gehört Marinol nicht, da es in Deutschland nicht zugelassen ist. Trotz<br />

fehlender Zulassung in Deutschland kann ein in den USA zugelassenes Fertigarzneimittel<br />

zwar mittels ärztlicher Verordnung in geringem Umfang und personenbezogen über eine<br />

Apotheke importiert werden. Dies ist jedoch für die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

nicht präjudizierend.<br />

Eine Kostenübernahme durch eine gesetzliche Krankenkasse kann grundsätzlich auch dann<br />

nicht begehrt werden, wenn <strong>das</strong> Präparat nicht als Fertigarzneimittel, sondern als ein für den<br />

jeweiligen Behandlungsfall nach ärztlicher Verordnung zusammengestelltes und damit nach<br />

dem Arzneimittelgesetz zulassungsfreies Rezepturarzneimittel einzustufen wäre. Denn nach<br />

§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V können neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden von<br />

Vertragsärzten zu Lasten der Krankenkassen nur angewandt werden, wenn der Bundesausschuss<br />

der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien entsprechende Empfehlungen abgegeben<br />

hat. Dies war vorliegend nicht der Fall.<br />

Damit noch einmal geprüft wird, ob der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen<br />

Dronabinol in den Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden<br />

empfehlen kann, beschloss der Petitionsausschuss, die Petition dem Petitionsausschuss<br />

des Deutschen Bundestages zuzuleiten.<br />

11.1.2 Vom Bauarbeiter zum Kunstmaler<br />

Ein 33-jähriger Bauarbeiter bat den Petitionsausschuss, seine Ausbildung zum Kunstmaler zu<br />

unterstützen.<br />

23


Der Petent hatte im September 2002 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt,<br />

nachdem er seinen erlernten Beruf wegen der Wirbelsäulenerkrankung nicht mehr ausüben<br />

konnte. Nach Monaten der Arbeitsunfähigkeit suchte er im Rahmen seiner beruflichen Rehabilitation<br />

eine neue Perspektive. Diese sah er in der Ausbildung zum Kunstmaler. Die Landesversicherungsanstalt<br />

Thüringen signalisierte dem Petenten, <strong>das</strong>s die Ausbildung zum<br />

Kunstmaler voraussichtlich nicht gefördert wird.<br />

Parallel dazu war dem Petenten eine 3-jährige Ausbildung zum Kunstmaler in Berlin angeboten<br />

worden. Die Eignungstests hatte er bestanden. Deshalb wandte er sich an den Petitionsausschuss.<br />

Der Petitionsausschuss veranlasste eine nochmalige Überprüfung der Entscheidung der Landesversicherungsanstalt.<br />

Im Ergebnis der Prüfung bewilligte die Landesversicherungsanstalt<br />

die Ausbildung. Ausschlaggebend hierfür waren die bestandenen Eignungstests, ein weiteres<br />

Beratungsgespräch sowie die besondere Motivation des Petenten und die Aussicht, eine dauerhafte<br />

Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu erreichen.<br />

11.1.3 Bessere Beratung für Familien mit schwerbehinderten Kindern<br />

Die Mutter eines schwerbehinderten kleinen Kindes wollte ihre berufliche Tätigkeit wieder<br />

aufnehmen und benötigte für die Aufnahme ihres Kindes in eine Kindertagesstätte die Anerkennung<br />

seiner Behinderung. Sie beklagte, <strong>das</strong>s über ihren Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis<br />

noch nicht entschieden worden sei.<br />

Die Kindertagesstätte hatte die Betreuung des Kindes ab Dezember <strong>2003</strong> zugesichert. Dafür<br />

forderte sie die Anerkennung der Schwerbehinderung, um eine Integrationsperson beantragen<br />

zu können. Diese Integrationsperson kann nämlich erst ab drei Kindern mit anerkannter Behinderung<br />

beantragt werden. Zwei weitere behinderte Kinder besuchten bereits die Kindertagesstätte.<br />

Die Petentin beantragte deshalb im Juni <strong>2003</strong> für ihren kleinen Sohn beim Versorgungsamt<br />

einen Schwerbehindertenausweis. Da sie im September den Ausweis noch nicht erhalten hatte<br />

und hierdurch ihren Arbeitsplatz und damit die Existenz der Familie gefährdet sah, wandte sie<br />

sich an den Petitionsausschuss.<br />

Im Ergebnis der Prüfung wurde festgestellt, <strong>das</strong>s die Aufnahme des Kindes in die Kindertagesstätte<br />

nicht von der Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises abhängt. Vielmehr ist<br />

eine amtsärztliche Bescheinigung erforderlich, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Kind zum Besuch der Kindertagesstätte<br />

gesundheitlich geeignet ist und welche besonderen Hilfen wegen der Behinderung erforderlich<br />

sind.<br />

Aufgrund der Petition hat <strong>das</strong> Gesundheitsamt die Petentin mit ihrem Kind umgehend zu der<br />

amtsärztlichen Untersuchung eingeladen. Außerdem erhielt die Mutter vom Versorgungsamt<br />

einen Schwerbehindertenausweis.<br />

Die Petentin teilte telefonisch mit, <strong>das</strong>s sich ihre Probleme nunmehr gelöst hätten. Sie wies<br />

aber darauf hin, <strong>das</strong>s sie zunächst niemanden gefunden habe, der sie über die nötigen Schritte<br />

beraten habe. Aufgrund ihrer Erfahrungen regte sie an, die Beratung von Eltern mit behinder-<br />

24


ten Kindern zu verbessern und z.B. eine Informationsbroschüre zu veröffentlichen. Die Landesregierung<br />

hat dem Petitionsausschuss zugesagt, die Anregungen der Petentin aufzugreifen.<br />

11.1.4 Kein Verbot für <strong>das</strong> Züchten von Haustieren<br />

Gegen <strong>das</strong> Züchten von Haustieren hatte sich eine Petentin aus München gewandt und vom<br />

Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages ein entsprechendes Verbot gefordert. Sie sieht<br />

in dem Züchten die eigentliche Ursache von deutschland- und weltweitem Tierelend. In diesem<br />

Zusammenhang beklagte sie auch, <strong>das</strong>s Tiere in "privaten" Tierheimen auf engstem<br />

Raum zusammengepfercht würden und "ein jämmerliches Dasein fristen müssten".<br />

Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages kam zu der Einschätzung, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Tierschutzgesetz<br />

für ein generelles Verbot oder eine zahlenmäßige Begrenzung der gewerbsmäßigen<br />

oder nicht gewerbsmäßigen Heimtierzucht keine Rechtsgrundlage enthält. Mangels Verhältnismäßigkeit<br />

einer solchen gesetzlichen Regelung konnte auch keine entsprechende Änderung<br />

des Tierschutzgesetzes in Aussicht gestellt werden.<br />

Soweit die Petition aber die Durchführung tierschutzrechtlicher Vorschriften durch die zuständigen<br />

Landesbehörden thematisierte, wurde sie den Landesvolksvertretungen zugeleitet.<br />

Die Grundsätze zum Halten von Tieren sind in den §§ 2 und 2a des Tierschutzgesetzes<br />

(TierschG) geregelt. Danach muss derjenige, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,<br />

<strong>das</strong> Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und<br />

verhaltensgerecht unterbringen. Die Kontrolle der Einhaltung der im Tierschutzgesetz sowie<br />

in den Rechtsverordnungen geregelten Anforderungen obliegt in Thüringen den Veterinärund<br />

Lebensmittelüberwachungsämtern bei den Landkreisen bzw. den kreisfreien Städten.<br />

Das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit berichtete dem Petitionsausschuss über<br />

die Umsetzung des Tierschutzrechtes in Thüringen. Danach haben die Tierschutzbehörden<br />

von 1998 bis 2001 über 25.000 Kontrollen in Tierhaltungen durchgeführt. Schwerpunkt der<br />

Überprüfungen war die Haltung von Heimtieren sowie von landwirtschaftlichen Nutztieren.<br />

Fast 9.000 Kontrollen wurden in Hunde- und Katzenhaltungen sowie über 8.000 Überprüfungen<br />

im Bereich der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung vorgenommen. Im Rahmen der<br />

Überwachungstätigkeit wurden 3.621 Verstöße gegen Haltungsvorschriften ermittelt. Im Berichtszeitraum<br />

ergab sich eine durchschnittliche Beanstandungsquote von 14,4 %. Mit fast<br />

65 % aller Verstöße stand die private Hundehaltung im Vordergrund. An zweiter Stelle rangierten<br />

tierschutzrelevante Beanstandungen in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung. Im<br />

Gegensatz zur Hundehaltung war bei den landwirtschaftlichen Nutztieren in den einzelnen<br />

<strong>Jahr</strong>en eine deutliche Verringerung der festgestellten Mängel zu erkennen.<br />

In Bezug auf die Situation der herrenlosen Tiere und der Fundtiere wurde bereits 1992 ein<br />

Landesförderprogramm aufgelegt, aus dem bisher über 2,1 Millionen Euro für den Auf- und<br />

Ausbau von Tierheimen und Tierstationen zur Verfügung gestellt wurden. Damit wurde eine<br />

flächendeckende Struktur von Tierheimen und Tierstationen in Thüringen aufgebaut. In 30<br />

gemeinnützigen und kommunalen Tierheimen stehen 755 Hunde- und 1.210 Katzenplätze zur<br />

Verfügung. Auch hier wurden die Haltungsbedingungen regelmäßig von den Tierschutzbehörden<br />

überprüft.<br />

Der Petitionsausschuss hat die Petentin umfassend über die Sach- und Rechtslage in Thüringen<br />

unterrichtet.<br />

25


11.1.5 Familienplanung muss auch Krankenversicherung einbeziehen<br />

Eine junge Mutter musste feststellen, <strong>das</strong>s sie nicht in die Familienversicherung der gesetzlichen<br />

Krankenkasse ihres Ehemannes übernommen wird. Sie absolvierte in der Zeit von September<br />

2000 bis August 2002 eine Referendarausbildung, während der sie privat versichert<br />

war. Im Oktober 2001 heiratete sie und brachte im September 2002 ein Kind zur Welt. Nun<br />

wollte sie sich bei der gesetzlichen Krankenversicherung ihres Mannes als Familienangehörige<br />

mit versichern lassen. Dies lehnte die gesetzliche Krankenkasse ab. Deshalb wandte sie<br />

sich an den Petitionsausschuss.<br />

Der Petitionsausschuss musste feststellen, <strong>das</strong>s die Entscheidung der gesetzlichen Krankenkasse<br />

nicht zu beanstanden ist. Denn nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch<br />

ist die Familienversicherung für Ehegatten und Lebenspartner für die Dauer der Schutzfristen<br />

nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes sowie der Elternzeit nach den §§ 15<br />

und 16 des Bundeserziehungsgeldgesetzes ausgeschlossen, wenn die Ehegatten bzw. Lebenspartner<br />

zuletzt vor diesen Zeiträumen nicht gesetzlich krankenversichert waren. Das im<br />

September 2002 geborene Kind wurde jedoch in die Familienversicherung bei der gesetzlichen<br />

Krankenkasse des Ehemannes aufgenommen.<br />

11.1.6 Zahlung des anteiligen Pflegegeldes<br />

Für die Pflege ihres Vaters verlangte die Petentin von der Pflegekasse eine pünktliche und<br />

regelmäßige Zahlung des Pflegegeldes an ihren Vater.<br />

Pflegesachleistungen können wie in dem konkreten Fall in Kombination mit einem Pflegegeld<br />

erbracht werden. Der Pflegebedürftige nimmt die ihm zustehende Sachleistung nur teilweise<br />

in Anspruch und erhält deshalb anteilig Pflegegeld. Grundsätzlich sind für die Auszahlung<br />

des anteiligen Pflegegeldes zwei Varianten möglich.<br />

1. Variante: Der Pflegebedürftige gibt im Voraus an, in welchem Verhältnis er Sach- und<br />

Geldleistungen in Anspruch nehmen will.<br />

2. Variante: Nach der Abrechnung der tatsächlich in Anspruch genommenen Sachleistungen<br />

wird <strong>das</strong> anteilige Pflegegeld gezahlt. Der Pflegedienst rechnet die im Vormonat erbrachten<br />

Pflegeleistungen gegenüber der Pflegekasse ab und diese zahlt <strong>das</strong> anteilige Pflegegeld dem<br />

Versicherten aus.<br />

Der Vater der Petentin erhielt seit Mai 2002 Kombinationsleistungen der Pflegestufe II nach<br />

der 2. Variante. Das erste Pflegegeld zahlte die Pflegekasse erst nach Beschwerden der Petentin<br />

im November 2002. Diese Verzögerungen wiederholten sich. Deshalb bat die Petentin den<br />

Petitionsausschuss, die Pflegekasse zur pünktlichen Zahlung des Pflegegeldes anzuhalten.<br />

Nach der Stellungnahme des fachlich zuständigen Sozialministeriums erhält der Versicherte<br />

<strong>das</strong> anteilige Pflegegeld in der Regel in den ersten 10 Arbeitstagen des darauf folgenden Monats.<br />

Da die Leistungen im vorliegenden Fall nicht in der üblichen Zeit abgerechnet wurden,<br />

wertete die Pflegekasse die Ursachen sorgfältig aus. Der Petitionsausschuss konnte deshalb<br />

davon ausgehen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Pflegegeld zukünftig pünktlich gezahlt wird.<br />

26


11.1.7 Keine Unterstützung zum Erwerb eines Pkws<br />

Die Tochter einer 78-jährigen schwerbehinderten Frau begehrte für ihre Mutter eine einmalige<br />

Unterstützung zur Finanzierung eines Pkws.<br />

Das Versorgungsamt hatte bei der Mutter einen Grad der Behinderung von 100 festgestellt.<br />

Weiter wurden ihr die Merkzeichen "B" (Begleitung erforderlich), "G" (erhebliche Beeinträchtigung<br />

der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr), "H" (Hilflosigkeit) und "RF" (Befreiung<br />

von der Rundfunkgebührenpflicht) zuerkannt.<br />

Die Petentin hatte dem Petitionsausschuss vorgetragen, <strong>das</strong>s ihre Mutter gesundheitlich stark<br />

angegriffen sei und sich deshalb weder zu Fuß noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegen<br />

könne. Sie wolle jedoch in die Stadt gefahren werden, um deren Atmosphäre zu spüren.<br />

Die Petentin hatte bereits einen Pkw Mazda 6 Sport erworben.<br />

Dennoch konnte der Petitionsausschuss <strong>das</strong> Anliegen der Petentin nicht unterstützen. Denn<br />

die Gewährung von Darlehen zur Beschaffung eines Pkws ist - mit Ausnahme der begleitenden<br />

Hilfe im Arbeitsleben - im Schwerbehindertenrecht nicht vorgesehen. Mit der Zuerkennung<br />

der Merkzeichen kann die Mutter der Petentin behinderungsbedingte Nachteilsausgleiche<br />

in Anspruch nehmen. Das sind neben steuerlichen Vergünstigungen und der Befreiung<br />

von der Rundfunkgebührenpflicht insbesondere die unentgeltliche Beförderung im öffentlichen<br />

Personennahverkehr sowie die unentgeltliche Beförderung der Begleitperson.<br />

11.1.8 Rente wegen Erwerbsminderung<br />

Immer wieder betreffen Petitionen die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Oft<br />

werden die Renten abgelehnt, weil die gesundheitlichen oder die versicherungsrechtlichen<br />

Voraussetzungen nicht vorliegen.<br />

Nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind Versicherte teilweise erwerbsgemindert,<br />

die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind,<br />

unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden<br />

täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die außerstande sind,<br />

mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.<br />

Ein Petent sah sich infolge eines Arbeitsunfalls und einer Krebsoperation nicht mehr in der<br />

Lage einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Auf Anraten des Arbeitsamtes stellte er einen Antrag<br />

auf Rente wegen Erwerbsminderung, da er auf dem Arbeitsmarkt schwer vermittelbar<br />

und aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht erwerbsfähig sei.<br />

Die Landesversicherungsanstalt (LVA) Thüringen lehnte den Antrag ab, da sie aus den medizinischen<br />

Unterlagen schlussfolgerte, <strong>das</strong>s der Petent weder voll noch teilweise erwerbsgemindert<br />

sei. Aus Sicht der LVA konnte der Petent noch leichte, zeitweise mittelschwere Arbeiten<br />

mit Einschränkungen für mindestens 6 Stunden täglich verrichten.<br />

Diese Entscheidung konnte der Petitionsausschuss nicht beanstanden. Denn nach § 43 SGB<br />

VI kommt es bei der Feststellung der Erwerbsminderung nur darauf an, wie viele Stunden<br />

27


tägliche Arbeit der Gesundheitszustand des Antragstellers zulässt. Eine Berücksichtigung der<br />

jeweiligen Arbeitsmarktlage sieht <strong>das</strong> Gesetz nicht vor.<br />

In einem anderen Fall hatte die LVA zwar festgestellt, <strong>das</strong>s die Petentin seit 1993 erwerbsunfähig<br />

ist. Eine entsprechende Rente wurde der Petentin jedoch nicht bewilligt.<br />

Diese Entscheidung konnte der Petitionsausschuss ebenfalls nicht beanstanden. Denn ein<br />

Rentenanspruch wegen Erwerbsminderung ist nur gegeben, wenn neben der verminderten<br />

Erwerbsfähigkeit in den letzten fünf <strong>Jahr</strong>en vor dem Eintritt der Erwerbsminderung drei <strong>Jahr</strong>e<br />

Pflichtbeiträge nachweisbar sind.<br />

Diese besonderen versicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen müssen sowohl nach<br />

dem bis zum 31. Dezember 2000 für den Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit<br />

(§ 44 SGB VI alte Fassung) geltenden Recht als auch nach dem ab 1. Januar 2001 für den<br />

Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung geltenden Recht (§ 43 SGB VI neue Fassung)<br />

erfüllt sein.<br />

Die Petentin hatte in den letzten fünf <strong>Jahr</strong>en vor Eintritt der Erwerbsminderung keine drei<br />

<strong>Jahr</strong>e Pflichtbeiträge geleistet.<br />

28


11.2 Bauordnungs- und Bauplanungsrecht<br />

11.2.1 Abweichung vom Bebauungsplan nur wegen Besonderheiten des Grundstücks<br />

Der Vater einer wegen eines Herzfehlers schwerbehinderten Tochter sah es als notwendig an,<br />

auf dem 1999 erworbenen Reihenhausgrundstück einen Carport zu errichten. Er muss jederzeit<br />

in der Lage sein, seine Tochter in die Herzklinik nach Leipzig zu fahren. Die Stadt Gera<br />

lehnte einen entsprechenden Bauantrag jedoch ab, da die Errichtung von Garagen und Carports<br />

dem Konzept des Bebauungsplans widerspreche und daher städtebaulich nicht vertretbar<br />

sei. Das beanstandete der Vater gegenüber dem Petitionsausschuss.<br />

Hilfe war jedoch nicht möglich. Denn der bestehende Bebauungsplan lässt die Errichtung von<br />

Garagen und Carports außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen nicht zu. Nur offene<br />

Stellplätze können ausnahmsweise zugelassen werden. Davon gab es auf dem Reihenhausgrundstück<br />

bereits zwei. Für die Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans müssen<br />

die Voraussetzungen des § 31 Baugesetzbuch vorliegen. Hierzu hat <strong>das</strong> Innenministerium<br />

gegenüber dem Petitionsausschuss zutreffend darauf hingewiesen, <strong>das</strong>s es keine unbeabsichtigte<br />

Härte nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 Baugesetzbuch darstelle, wenn der Bebauungsplan die Errichtung<br />

des Carports trotz der Behinderung der Tochter verbiete. Denn eine Härte im Sinne<br />

von § 31 Abs. 2 Nr. 3 Baugesetzbuch liegt nur vor, wenn es sich um eine grundstücksbezogene<br />

Härte handelt. Das wäre dann der Fall, wenn <strong>das</strong> Reihenhausgrundstück wegen grundstücksbezogener<br />

Besonderheiten nicht in der gleichen Weise bebaubar wäre wie die Nachbargrundstücke.<br />

11.2.2 Duldung nicht genehmigter Gebäude oder Nutzungen hängt vom Zeitpunkt der<br />

Errichtung bzw. der Nutzungsänderung ab<br />

Eine (ehemalige) Kleingartenanlage umfasst 80 Parzellen, von denen zurzeit ca. 70 zu Wohnzwecken<br />

genutzt werden. Sie befindet sich in einem gewerblich geprägten Bereich. Viele<br />

Umbauten und Wohnnutzungen sind weder durch alte noch durch neue Baugenehmigungen<br />

legalisiert. Da die Stadt im <strong>Jahr</strong> <strong>2003</strong> in 15 Fällen Abriss- und Nutzungsuntersagungsverfügungen<br />

erlassen wollte, wandte sich der Kleingartenverein an den Petitionsausschuss.<br />

Der Kleingartenverein wies darauf hin, <strong>das</strong>s viele der so genannten Dauerbewohner in den<br />

70er und 80er <strong>Jahr</strong>en, als die Stadt keinen ausreichenden Wohnraum zur Verfügung stellen<br />

konnte, in Eigeninitiative Wohnraum geschaffen hätten. Das habe im Einklang mit den damals<br />

geltenden Gesetzen und Verordnungen der DDR gestanden. Durch den Entzug der<br />

Wohnungen wolle die Stadt lediglich Baufreiheit für ein neues Gewerbegebiet schaffen.<br />

Das Thüringer Innenministerium hat in seiner Stellungnahme hierzu Folgendes mitgeteilt:<br />

Mehreren Nutzungen in der Kleingartenanlage komme nicht die faktisch bestandsschutzvermittelnde<br />

Regelung der Zweiten Bevölkerungsbauwerke-Verordnung der DDR von 1984 zugute,<br />

die nach der Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts dazu führe, <strong>das</strong>s<br />

nachweislich vor dem 1. August 1985 durchgeführte Baumaßnahmen oder Umnutzungen<br />

heute nicht mehr aufgehoben werden könnten. Denn bei mehreren Gebäuden sei die Wohnnutzung<br />

bereits vor der Wende aufgegeben und erst mehrere <strong>Jahr</strong>e nach der Wende wieder<br />

aufgenommen worden. In einem konkreten Fall sei <strong>das</strong> Gebäude zum Beispiel 1980 als Wochenendhaus<br />

genehmigt worden. 1982 sei darauf ein Nebenwohnsitz eingetragen worden.<br />

29


1990 habe die Stadt Erfurt den Antrag der Eigentümer auf Genehmigung zur Wohnnutzung<br />

abgelehnt. Im Oktober 1992 sei eine Hauptwohnung in dem Gebäude angemeldet worden.<br />

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Bauordnung (ThürBO) kann die Bauaufsichtsbehörde<br />

die teilweise oder vollständige Beseitigung einer baulichen Anlage anordnen, wenn bauliche<br />

Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder verändert werden<br />

und wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände geschaffen werden können.<br />

Ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften liegt vor, wenn der Bau formell oder<br />

materiell rechtswidrig ist. Dies ist der Fall, wenn eine erforderliche Genehmigung nicht vorliegt<br />

(formelle Rechtswidrigkeit) oder wenn der Bau den Normen widerspricht, die über seine<br />

Zulässigkeit entscheiden (materielle Rechtswidrigkeit). Ist die bauliche Anlage sowohl formell<br />

als auch materiell rechtswidrig, dann steht es im Ermessen der Behörde, den Abriss zu<br />

verfügen. Da es sich bei § 77 Abs. 1 Satz 1 ThürBO aber um ein so genanntes intendiertes<br />

Ermessen handelt, bei dem allein <strong>das</strong> Vorliegen der formellen und materiellen Rechtswidrigkeit<br />

ausreicht, kann <strong>das</strong> Ermessen nur in Ausnahmefällen dazu führen, <strong>das</strong>s der Abriss nicht<br />

angeordnet wird.<br />

Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn ein Bau zu irgendeinem Zeitpunkt seines Bestehens<br />

rechtmäßig gewesen ist und Bestandsschutz, der sich aus dem Schutz des Eigentums nach<br />

Art. 14 Grundgesetz ergibt, hat. Das DDR-Recht kannte zwar kein Eigentumsgrundrecht und<br />

damit keinen entsprechenden Bestandsschutz. Nach § 11 Abs. 3 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke<br />

vom 8. November 1984 (GBl. DDR 1984 Nr. 36 S. 433) bestand aber eine<br />

Verjährungsregelung, in die nach einem Urteil des OVG Weimar vom 18. Dezember 2002<br />

(1 KO 639/01) unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht eingegriffen werden kann. Das<br />

ist von den Behörden auf der Ebene der Ermessensausübung praktisch wie ein Bestandsschutz<br />

zu berücksichtigen.<br />

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 2 ThürBO kann die Behörde die Benutzung untersagen, wenn bauliche<br />

Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Normen benutzt werden. Dabei reicht<br />

es nach herrschender Meinung aus, wenn die Nutzung formell rechtswidrig ist, also ohne die<br />

erforderliche Genehmigung erfolgt. Im Übrigen gelten für die Nutzungsuntersagung grundsätzlich<br />

die gleichen Voraussetzungen wie für die Beseitigungsanordnung.<br />

Für die baulichen Anlagen, die ohne Genehmigung umgenutzt wurden (ohne bauliche Veränderungen)<br />

ergibt sich in Abhängigkeit von den Bauvorschriften der DDR Folgendes:<br />

Eine Umnutzung liegt vor, wenn einer Anlage oder Einrichtung eine – wenigstens teilweise –<br />

neue Zweckbestimmung gegeben wird. Im Unterschied zu den baulichen Veränderungen von<br />

Gebäuden ist bei der bloßen Umnutzung vor dem 1. August 1990 zu berücksichtigen, inwieweit<br />

diese überhaupt der Genehmigung bedurften und deshalb auch nicht als rechtswidrig<br />

anzusehen sind.<br />

Eine Genehmigungspflicht für Umnutzungen ist erstmals aus der Verordnung über die Staatliche<br />

Bauaufsicht vom 1. Oktober 1987 (GBl. DDR 1987 Nr. 21 S. 249) ersichtlich. Diese<br />

Verordnung ist am 1. Januar 1988 in Kraft getreten. Nach § 5 Abs. 1 dieser Verordnung hatte<br />

derjenige, der ein Bauwerk vorbereiten, errichten, verändern oder "von der im Projekt vorgesehenen<br />

Nutzung abweichen wollte", eine Baugenehmigung einzuholen.<br />

Diese Genehmigungspflicht wurde mit der 2. Verordnung über Bevölkerungsbauwerke vom<br />

13. Juli 1989 (GBl. DDR 1989 Nr. 15 S. 191) konkretisiert. Nach der neuen Nr. 11 von § 3<br />

Abs. 2 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke war die Zustimmung bei einer Nut-<br />

30


zungsveränderung nur dann erforderlich, wenn die von den Bauunterlagen abweichende Nutzung<br />

bestehender Bauwerke mit anderen Beanspruchungen in statischer oder bauphysikalischer<br />

Hinsicht einschließlich des bautechnischen Brandschutzes verbunden war.<br />

Vor der Verordnung über die Staatliche Bauaufsicht in der Fassung vom 1. Oktober 1987 (in<br />

Kraft getreten am 1. Januar 1988) ist keine Vorschrift des DDR-Rechts ersichtlich, die eine<br />

Genehmigungspflicht von Nutzungsänderungen vorsah. Eine solche Pflicht ergab sich auch<br />

nicht aus § 3 Abs. 2 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke vom 8. November 1984, da<br />

die dort abschließend aufgeführten zustimmungspflichtigen Vorhaben die einfache Nutzungsänderung<br />

nicht erfassten. Einfache Umnutzungen vor dem 1. Januar 1988 waren also<br />

nach DDR-Recht nicht an eine Genehmigung gebunden. Das ist zu berücksichtigen, wenn der<br />

Erlass einer Nutzungsuntersagung durch die Bauaufsichtsbehörde geprüft wird.<br />

Der Petitionsausschuss wies die Petenten darauf hin, <strong>das</strong>s die Duldung nicht genehmigter Gebäude<br />

oder Nutzungen vom Zeitpunkt der Errichtung bzw. der Nutzungsänderung abhängt.<br />

11.2.3 Kompromiss im Innenbereich<br />

Ein junges Ehepaar beabsichtigte, in einer kleinen Gemeinde in Südthüringen ein Haus zu<br />

bauen. Sie wählten ein Grundstück aus, dessen Eigentümer sie bereits waren. Nicht unwichtig<br />

war dabei, <strong>das</strong>s sich <strong>das</strong> Haus, in dem die Mutter und die pflegebedürftige Großmutter leben,<br />

in unmittelbarer Nachbarschaft befindet. In der näheren Umgebung gibt es weitere Wohnhäuser,<br />

eine Werkstatt und eine Turnhalle. Wegen eines auf dem Baugrundstück vorhandenen<br />

Kellers, der in den zur Straße hin abfallenden Hang gegraben worden war, sollte <strong>das</strong> neue<br />

Haus nicht unmittelbar an der Straße, sondern in dem etwas weiter hinten liegenden Grundstücksteil<br />

und damit nicht mehr in der vorhandenen Bauflucht entstehen. Der Bauantrag des<br />

jungen Ehepaares wurde abgelehnt.<br />

Deshalb wandte sich <strong>das</strong> junge Ehepaar an den Petitionsausschuss und unterbreitete mehrere<br />

Kompromissvorschläge für sein Bauvorhaben. In dem Bemühen, eine Kompromisslösung für<br />

die Verwirklichung des Bauvorhabens zu finden, beschloss der Petitionsausschuss die nähere<br />

Umgebung in Augenschein zu nehmen und anlässlich dieses Ortstermins die Kompromissvorschläge<br />

mit der unteren Bauaufsichtsbehörde nochmals zu erörtern. Nach dem Ortstermin<br />

wurde ein neuer Bauantrag, der im Wesentlichen einem Vorschlag der unteren Bauaufsichtsbehörde<br />

folgte, positiv entschieden. Das Bauvorhaben wurde inzwischen verwirklicht. Seit<br />

Ende des vergangenen <strong>Jahr</strong>es wohnt <strong>das</strong> junge Ehepaar in seinem neuen Haus.<br />

31


11.3 Finanzwesen/Offene Vermögensfragen<br />

11.3.1 Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung<br />

Obwohl <strong>das</strong> Finanzamt in der Vergangenheit eine Einsatzwechseltätigkeit und die hierfür<br />

geltend gemachten Mehraufwändungen für Verpflegung stets ohne konkrete Nachweise anerkannt<br />

hatte, berücksichtigte es diese beim Lohnsteuerjahresausgleich einer Gärtnerin, die verschiedene<br />

Sportstätten der Stadt pflegte, nun nicht mehr. Dies wurde damit begründet, <strong>das</strong>s<br />

eine Einsatzwechseltätigkeit nicht nachgewiesen worden sei.<br />

Eine Einsatzwechseltätigkeit liegt bei Arbeitnehmern vor, die bei ihrer individuellen beruflichen<br />

Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten eingesetzt werden<br />

und sich daher immer wieder auf Fahrten zu neuen Einsatzstellen einstellen müssen, die nicht<br />

durch entsprechende Wohnsitznahme vermieden werden können. Diese Arbeitnehmer haben<br />

demzufolge keine regelmäßige Arbeitsstätte. Eine Einsatzwechseltätigkeit liegt beispielsweise<br />

bei Bau- und Montagearbeitern, Leiharbeitnehmern sowie Auszubildenden, bei denen keine<br />

Ausbildungsstätte als Mittelpunkt ihrer Ausbildungstätigkeit angesehen werden kann, vor.<br />

Dagegen ist der Einsatz an verschiedenen Stellen innerhalb eines weiträumigen Arbeitsgebietes<br />

keine Einsatzwechseltätigkeit (z.B. Werksgelände, Hafengebiet oder Neubaugebiet).<br />

Anders als bei Dienstreisen oder doppelter Haushaltsführung werden die Verpflegungsmehraufwändungen<br />

bei einer Einsatzwechseltätigkeit über drei Monate hinaus steuerlich anerkannt.<br />

Die Verpflegungsmehraufwändungen der Petentin wurden vom Finanzamt nicht anerkannt, da<br />

die Arbeitseinsätze an einer festen Anzahl von Sportstätten abwechselnd erfolgten und daher<br />

jede dieser Sportstätten als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen war.<br />

Diese Entscheidung war aus Sicht des Petitionsausschusses nicht zu beanstanden, obwohl <strong>das</strong><br />

Finanzamt in den vergangenen <strong>Jahr</strong>en eine Einsatzwechseltätigkeit ohne Weiteres anerkannt<br />

hatte. Denn nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung kann der Steuerpflichtige aus<br />

einer ihm günstigen Sachbehandlung in einem vorausgegangenen Steuerabschnitt grundsätzlich<br />

keine Ansprüche auf die gleiche Handhabung in einem nach- oder vorgelagerten Veranlagungszeitraum<br />

herleiten. Dieser Grundsatz wird nur in Ausnahmefällen durch eine besondere<br />

Selbstverpflichtung der Behörde (Zusage) durchbrochen. Ein solcher Ausnahmefall lag hier<br />

nicht vor.<br />

11.3.2 Werbungskosten: Einsatzwechseltätigkeit und Entfernungspauschale<br />

Ein Angestellter eines in Thüringen ansässigen Unternehmens war im <strong>Jahr</strong> 2002 für jeweils<br />

mehr als drei Monate auf zwei Baustellen in München und Dresden beschäftigt. Um von seiner<br />

Wohnung nach München bzw. Dresden zu gelangen, nutzte er eine von seinem Arbeitgeber<br />

organisierte kostenlose Sammelbeförderung. Mit der Einkommensteuererklärung für 2002<br />

machte er für die Fahrten nach München bzw. Dresden eine Entfernungspauschale geltend.<br />

Dies lehnte <strong>das</strong> Finanzamt mit dem Steuerbescheid für 2002 ab. Mit der Petition wurde die<br />

Entscheidung des Finanzamts beanstandet.<br />

Der Petent vertrat die Meinung, <strong>das</strong> Finanzamt müsse eine Entfernungspauschale als Werbungskosten<br />

anerkennen, ohne die Sammelbeförderung auf die Entfernungspauschale anzu-<br />

32


echnen. Er berief sich hierbei auf die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 i.V.m.<br />

Satz 5 Einkommenssteuergesetz.<br />

Der Petitionsausschuss ging nach einer gründlichen Erörterung der Sache mit dem Finanzministerium<br />

von Folgendem aus:<br />

Die Aufwändungen des Arbeitnehmers im Rahmen einer Einsatzwechseltätigkeit zählen<br />

grundsätzlich zu den Werbungskosten. Dabei führen Arbeitnehmer mit einer Einsatzwechseltätigkeit<br />

ohne tägliche Rückkehr zum Wohnort auch einen doppelten Haushalt (doppelte<br />

Haushaltsführung). Dies trifft auf die Tätigkeiten in Dresden und München gleichermaßen zu.<br />

Eine Entfernungspauschale ist aber nur dann in Ansatz zu bringen, wenn der Steuerpflichtige<br />

arbeitstäglich eine regelmäßige Arbeitsstätte aufsucht und dabei die Entfernung zwischen<br />

Wohnung und Arbeitsstätte nicht mehr als 30 km beträgt. Nur für diesen Fall sieht § 9 Abs. 1<br />

Satz 3 Nr. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 5 Einkommensteuergesetz eine Entfernungspauschale als<br />

Werbungskosten vor, ohne <strong>das</strong>s die Sammelbeförderung auf die Entfernungspauschale angerechnet<br />

wird.<br />

Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Einsatzort mehr als 30 km, können die Fahrtkosten<br />

nur nach Dienstreisegrundsätzen, <strong>das</strong> heißt nur in Höhe der tatsächlichen Aufwändungen<br />

berücksichtigt werden. Da die Entfernungen zwischen Erfurt und Dresden bzw. München<br />

mehr als 30 km betrugen, konnten nur die tatsächlichen Aufwändungen für die Fahrten zwischen<br />

Wohn- und Arbeitsort berücksichtigt werden. Tatsächliche Aufwändungen sind insoweit<br />

aber nicht entstanden, da die Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber unentgeltlich<br />

erfolgte.<br />

Bei einer Entfernung von mehr als 30 km zwischen Wohnort und Einsatzort kann eine Entfernungspauschale<br />

nur aufgrund einer doppelten Haushaltsführung im Rahmen der wöchentlichen<br />

Familienheimfahrten anerkannt werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 5 Einkommenssteuergesetz).<br />

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 7 Einkommenssteuergesetz gilt <strong>das</strong> nur, wenn<br />

die Fahrten nicht mit einem vom Arbeitgeber überlassenen Kraftfahrzeug erfolgen. Als ein<br />

vom Arbeitgeber überlassenes Kraftfahrzeug ist nach bundeseinheitlicher Abstimmung auch<br />

ein bei einer Sammelbeförderung eingesetztes Kraftfahrzeug anzusehen. Deshalb konnte auch<br />

aufgrund der doppelten Haushaltsführung des Petenten keine Entfernungspauschale in Ansatz<br />

gebracht werden.<br />

11.3.3 Ökologische Zusatzförderung nach Eigenheimzulagegesetz nicht in jedem Fall<br />

Eine Familie bezog ihr neues Haus im Dezember 2001 und erhielt am 30. Januar 2002 einen<br />

Bescheid über die Eigenheimzulage für die <strong>Jahr</strong>e 2001 bis 2008. Im Juni 2002 ließ die Familie<br />

eine Solaranlage einbauen. Für die Kosten der Solaranlage in Höhe von ca. 2.500 Euro<br />

beantragte sie im November 2002 die ökologische Zusatzförderung nach § 9 Abs. 3 Eigenheimzulagegesetz.<br />

Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Zusatzförderung ab. Hiergegen<br />

richtete sich die Petition.<br />

Der Petitionsausschuss konnte sich nicht auf die Seite der Familie stellen. Denn der Einbau<br />

einer Solaranlage wird nach § 9 Abs. 3 Eigenheimzulagegesetz nur dann gefördert, wenn der<br />

Einbau vor Beginn der Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken abgeschlossen ist.<br />

Wer also die ökologische Zusatzförderung nach § 9 Abs. 3 Eigenheimzulagegesetz in An-<br />

33


spruch nehmen will, sollte sich im Klaren darüber sein, <strong>das</strong>s er die förderwürdige Anlage einbauen<br />

lassen muss, bevor er <strong>das</strong> Haus oder die Wohnung zum Wohnen nutzt.<br />

11.3.4 Langer Weg bis zur Rückübertragung<br />

Verkürzt wurde der ansonsten lange Weg des Verfahrens zur vermögensrechtlichen Rückübertragung<br />

eines ehemaligen landwirtschaftlichen Unternehmens durch die Vermittlung des<br />

Petitionsausschusses. Einen endgültigen Abschluss konnte der Petitionsausschuss nicht herbeiführen,<br />

da er die Petition zuständigkeitshalber an den Petitionsausschuss des Deutschen<br />

Bundestages abgeben musste.<br />

Das ehemalige landwirtschaftliche Unternehmen gehörte einem Thüringer (Alteigentümer),<br />

der am 23. August 1945 durch <strong>das</strong> Strafurteil eines sowjetischen Kriegsgerichts zu einer Freiheitsstrafe<br />

von 10 <strong>Jahr</strong>en "in Arbeitsbesserungslagern" verurteilt wurde. Gleichzeitig wurde<br />

sein Vermögen konfisziert. Aus dem Grundbuch ist dagegen ersichtlich, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> am 10. August<br />

1945 zunächst unter Sequester gestellte Vermögen aufgrund eines Beschlusses der Landesbodenkommission<br />

zur Durchführung der Bodenreform Weimar vom 21. Mai 1946 enteignet<br />

wurde.<br />

Die Rückübertragung des landwirtschaftlichen Unternehmens wurde vom Landesamt zur Regelung<br />

offener Vermögensfragen (LARoV) 1995 zunächst abgelehnt. Es ging davon aus, <strong>das</strong>s<br />

der Landwirtschaftsbetrieb in Durchführung des Gesetzes über die Bodenreform im Land<br />

Thüringen vom 10. September 1945 und somit auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher<br />

Grundlage enteignet worden sei. Deshalb sei <strong>das</strong> Vermögensgesetz auf die Enteignung<br />

des Landwirtschaftsbetriebes gemäß § 1 Abs. 8 Vermögensgesetz nicht anwendbar.<br />

Hiergegen klagte der Erbe, der den Rückübertragungsantrag gestellt hatte, vor dem Verwaltungsgericht<br />

Gera.<br />

Kurz darauf erreichte der Erbe, <strong>das</strong>s der Alteigentümer von der Generalstaatsanwaltschaft der<br />

Russischen Föderation strafrechtlich rehabilitiert wurde. Er legte dem Gericht die Rehabilitierungsbescheinigung<br />

vor und machte geltend, <strong>das</strong>s die Enteignung des Landwirtschaftsbetriebes<br />

nicht auf dem Gesetz über die Bodenreform, sondern auf dem Strafurteil beruhe, <strong>das</strong><br />

durch die Rehabilitierung aufgehoben worden sei. Da aber die Rehabilitierungsbescheinigung<br />

nicht ausdrücklich auch die Vermögenseinziehung aufgehoben hat, wies <strong>das</strong> Verwaltungsgericht<br />

den Erben darauf hin, <strong>das</strong>s auch die Vorlage des Strafurteils vom 23. August 1945 erforderlich<br />

sei. Denn der Nachweis der Vermögenseinziehung durch <strong>das</strong> Strafurteil konnte mangels<br />

eines entsprechenden Hinweises in der Rehabilitierungsbescheinigung nur durch <strong>das</strong><br />

Strafurteil selbst erbracht werden. Das Strafurteil legte der Erbe dem Verwaltungsgericht aber<br />

nicht vor. Er nahm statt dessen die Klage wieder zurück.<br />

Parallel zu dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren hatte der Erbe aber beim LARoV die<br />

Rücknahme des Bescheides von 1995 und <strong>das</strong> Wiederaufgreifen des Verfahrens beantragt.<br />

Das LARoV beabsichtigte zunächst, diese Anträge abzulehnen. Denn <strong>das</strong> LARoV vertrat wegen<br />

des unveränderten Sachverhalts die Meinung, <strong>das</strong>s kein Fall des § 1 Abs. 7 Vermögensgesetz<br />

vorliege, solange nicht nachgewiesen sei, <strong>das</strong>s der Vermögensentzug auf dem Strafurteil<br />

vom 23. August 1945 beruhe. Die Rehabilitierungsbescheinigung reiche für die notwendige<br />

Überprüfung nicht aus, ob und insbesondere in welchem Umfang <strong>das</strong> Strafurteil die Einziehung<br />

des Vermögens angeordnet habe und die nachträgliche Enteignung nach der Bodenreform<br />

deshalb möglicherweise ins Leere gegangen sei.<br />

34


Anfang des <strong>Jahr</strong>es 2001 signalisierte der Erbe, <strong>das</strong>s er nun über <strong>das</strong> Strafurteil vom 23. August<br />

1945 verfüge. Da er aber vom Finanzministerium eine vorbehaltlose Zusicherung der<br />

Rückübertragung des landwirtschaftlichen Unternehmens für den Fall der Vorlage des Strafurteils<br />

verlangte und dem Finanzministerium eine derartige vorbehaltlose Zusicherung nicht<br />

möglich war, kam es zu keiner Einigung. Das LARoV lehnte die Anträge des Erben 2002<br />

schließlich ab. Deshalb wandte er sich Ende 2002 mit der Bitte um Vermittlung an den Petitionsausschuss.<br />

Durch die Vermittlung des Petitionsausschusses legte er eine Abschrift des Strafurteils vom<br />

23. August 1945 vor. Zugleich nahm er die Hilfe eines auf solche Rechtsprobleme spezialisierten<br />

Rechtsanwaltes in Anspruch. Entsprechend der für den Fall der Vorlage des Urteils<br />

getroffenen Absprache mit dem Finanzministerium teilte <strong>das</strong> LARoV ihm dann die Absicht<br />

mit, die Bescheide von 1995 und 2002 zurückzunehmen sowie seine Rückübertragungsberechtigung<br />

für den Landwirtschaftsbetrieb festzustellen. Im März <strong>2003</strong> erließ <strong>das</strong> LARoV den<br />

entsprechenden Bescheid.<br />

Dieser Bescheid wurde jedoch nicht bestandskräftig, da die über die Grundstücke des ehemaligen<br />

landwirtschaftlichen Betriebes verfügungsberechtigte Bodenverwertungs- und Verwaltungs<br />

GmbH (BVVG) gegen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgericht Gera Klage erhob.<br />

Eine abschließende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gera ist noch nicht ergangen. Die<br />

BVVG ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte<br />

Sonderaufgaben (BvS), die wiederum der Fach- und Rechtsaufsicht des Bundesministeriums<br />

der Finanzen untersteht.<br />

Der Petitionsausschuss konnte somit nur feststellen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Landesamt zur Regelung offener<br />

Vermögensfragen eine Entscheidung im Sinne des Petenten getroffen hat und diese Entscheidung<br />

durch eine der Bundesaufsicht unterstehenden Stelle angefochten wurde. Er beschloss<br />

deshalb, die Eingabe zuständigkeitshalber an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages<br />

weiterzuleiten.<br />

11.3.5 Stichtag für redlichen Erwerb nach dem Vermögensgesetz<br />

Mit der Petition wandte sich ein Hauseigentümer gegen die vermögensrechtliche Rückübertragung<br />

des von ihm 1990 erworbenen Hauses an seine 1989 in die Bundesrepublik ausgereiste<br />

Schwester.<br />

Die Schwester und deren Ehemann waren Eigentümer eines Grundstücks mit Wohnhaus, als<br />

sie 1989 beim Rat des Kreises, Abteilung Innere Angelegenheiten einen Antrag auf ständige<br />

Ausreise in die Bundesrepublik stellten. Sie erteilten der Mutter der Schwester und des Petenten<br />

im November 1989 eine unwiderrufliche notarielle Vollmacht zur Vertretung in allen<br />

Angelegenheiten. Kurz darauf reisten sie mit staatlicher Genehmigung der DDR in die Bundesrepublik<br />

aus. Die Mutter übertrug <strong>das</strong> Grundstück im Mai 1990 auf den Petenten. Die entsprechende<br />

Grundbucheintragung erfolgte im September 1990. Im Oktober 1990 beantragten<br />

die Schwester und deren Ehemann die Rückübertragung des Grundstücks nach dem Vermögensgesetz.<br />

Der Petent wusste zwar von den geltend gemachten vermögensrechtlichen Ansprüchen, wollte<br />

aber <strong>das</strong> Haus wegen seines reparaturbedürftigen Zustandes sanieren. Er wandte sich deshalb<br />

an <strong>das</strong> damals zuständige Amt zur Regelung offener Vermögensfragen, wo er die Auskunft<br />

erhielt, <strong>das</strong>s die Bearbeitung des Rückübertragungsantrags nicht in Kürze erfolgen könne.<br />

35


Auch seine Schwester hatte sich 1992 an <strong>das</strong> Amt gewandt und beanstandet, <strong>das</strong>s ihr Antrag<br />

nur schleppend bearbeitet werde. Das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen antwortete<br />

ihr daraufhin wie folgt: "Nach erster Durchsicht der mir vorliegenden Unterlagen und vor<br />

allem nach Grundbucheinsicht komme ich zu der Auffassung, <strong>das</strong>s Ihr Antrag nicht in den<br />

Geltungsbereich des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen fällt. Ihr Vermögen in<br />

der ehemaligen DDR unterlag keinen Verfügungsbeschränkungen und wurde auch von keiner<br />

staatlichen Stelle erfasst." Von diesem Schreiben erhielt der Petent Kenntnis. Er vertraute<br />

darauf, <strong>das</strong>s der vermögensrechtliche Antrag abgelehnt wird. Zwischen 1990 und 2002 investierte<br />

er über 100.000 Euro in <strong>das</strong> Haus.<br />

Im <strong>Jahr</strong>e 2002 teilte <strong>das</strong> nun zuständige Staatliche Amt zur Regelung offener Vermögensfragen<br />

dem Petenten mit, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Hausgrundstück an seine Schwester und deren Ehemann zurückübertragen<br />

werden soll. Um die drohende Rückübertragung abzuwenden, einigte sich der<br />

Petent mit seiner Schwester auf einen "nachträglichen Kaufpreis" in Höhe von 70.000 Euro.<br />

Aufgrund dieser Vereinbarung wurde <strong>das</strong> vermögensrechtliche Verfahren beendet.<br />

Der Petent ging davon aus, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Amt zur Regelung offener Vermögensfragen mit dem<br />

Schreiben an seine Schwester bereits eine ablehnende Entscheidung zugesichert habe. Statt<br />

dessen sei er dann aber gezwungen gewesen, seiner Schwester 70.000 Euro für die Antragsrücknahme<br />

zu zahlen. Für diesen Schaden sei "von der Landesregierung eine angemessene<br />

Entschädigungszahlung" zu leisten.<br />

Der Petitionsausschuss konnte keine dem Anliegen des Petenten entsprechende Entscheidung<br />

herbeiführen. Denn die vom Staatlichen Amt zur Regelung offener Vermögensfragen im <strong>Jahr</strong><br />

2002 mitgeteilte Absicht, <strong>das</strong> Hausgrundstück an die Schwester und deren Ehemann zurückzuübertragen,<br />

ist nicht zu beanstanden. Sie folgt der hierzu vorliegenden höchstrichterlichen<br />

Rechtsprechung. Danach ergibt sich aus der Kausalität zwischen Ausreiseantrag und Veräußerung<br />

ein Anscheinsbeweis für unlautere Machenschaften im Sinne von § 1 Abs. 3 Vermögensgesetz.<br />

Ob der hiernach festgestellte Anspruch nach dem Vermögensgesetz zu einer<br />

Rückübertragung des Vermögensgegenstandes oder einer Entschädigung führt, hängt davon<br />

ab, ob Ausschlussgründe für eine Rückübertragung vorliegen. Auf diese Ausschlussgründe<br />

kann sich allerdings nicht berufen, wer <strong>das</strong> Grundstück nach dem 18. Oktober 1989 und somit<br />

nach dem in § 4 Abs. 2 Satz 2 Vermögensgesetz festgesetzten Stichtag erworben hat. Somit<br />

führte der redliche Erwerb des Petenten (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Vermögensgesetz) nicht zum Ausschluss<br />

der Rückübertragung an die Schwester und deren Ehemann.<br />

Für die vom Petenten geforderte Entschädigungszahlung war deshalb keine Anspruchsgrundlage<br />

ersichtlich. Auch <strong>das</strong> Schreiben des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen von<br />

1992 konnte einen solchen Anspruch nicht begründen. Denn <strong>das</strong> Schreiben stellte weder einen<br />

Verwaltungsakt noch die Zusicherung eines bestimmten Verwaltungsakts im Sinne von § 38<br />

Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz dar. Die unverbindlichen Äußerungen in dem Schreiben<br />

ließen nicht den Schluss zu, <strong>das</strong>s damit über den Rückübertragungsantrag der Schwester<br />

entschieden oder eine solche Entscheidung zugesichert werden sollte.<br />

36


11.4 Kommunale Angelegenheiten<br />

11.4.1 Kein Stimmrecht für fraktionsloses Gemeinderatsmitglied<br />

Ein fraktionsloses Mitglied des Stadtrats einer Kleinstadt beanstandete, <strong>das</strong>s er nur einen Sitz<br />

ohne Stimmrecht in einem beratenden Ausschuss erhalten hat.<br />

Der Stadtrat hatte gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) zur Erfüllung<br />

seiner Aufgaben neben dem Hauptausschuss noch weitere Ausschüsse für bestimmte<br />

Aufgabenbereiche gebildet, und zwar sowohl vorbereitende als auch beschließende. Bei der<br />

Zusammensetzung der Ausschüsse hatte der Stadtrat gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 ThürKO dem<br />

Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen.<br />

Soweit Fraktionen bestehen, sind diese bei der Berechnung zu Grunde zu legen. Damit soll<br />

sichergestellt werden, <strong>das</strong>s sich <strong>das</strong> Wahlergebnis auch in der Besetzung der Ausschüsse<br />

spiegelt. Entsprechend den jeweiligen Geschäftsordnungen wird die Spiegelbildlichkeit nach<br />

dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren oder dem mathematischen Proporzverfahren nach<br />

Hare/Niemeier ermittelt.<br />

Jedes Stadtratsmitglied kann nach § 27 Abs. 1 Satz 4 ThürKO die Zuweisung von mindestens<br />

einem Ausschuss-Sitz verlangen, wenn die Zahl der Ausschuss-Sitze die Zahl der Gemeinderatsmitglieder<br />

übersteigt. Das war hier der Fall, so <strong>das</strong>s der Petent einen Ausschuss-Sitz beanspruchen<br />

konnte. Damit ist im Gegensatz zu anderen Kommunalordnungen in Thüringen ein<br />

Mitwirkungsrecht von fraktionslosen Gemeinderatsmitgliedern gesetzlich verankert. In Ländern,<br />

in denen kein entsprechendes gesetzliches Mitwirkungsrecht besteht, wird ein entsprechender<br />

Anspruch in der Regel verneint.<br />

Die Regelung in § 27 Abs. 1 Satz 4 ThürKO orientiert sich an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes<br />

über die Mitwirkungsrechte eines fraktionslosen Abgeordneten. Danach<br />

müssen die Ausschüsse aufgrund ihrer Aufgaben ein verkleinertes Abbild des Plenums<br />

sein und dessen Zusammensetzung widerspiegeln. Der Einzelne soll ein Mitwirkungsrecht<br />

haben, wobei der Schwerpunkt in der Mitwirkung liegt, <strong>das</strong> heißt in der Einbringung von<br />

Sachargumenten. Es wird aber nicht als verfassungsrechtlich geboten angesehen, dem einzelnen<br />

Abgeordneten im Ausschuss ein Stimmrecht zu geben. Denn dies würde sich zwangsläufig<br />

überproportional auswirken, da der fraktionslose Abgeordnete nur für sich spricht, nicht<br />

auch für andere Mitglieder einer Fraktion. Mit Rücksicht auf die Funktion der Ausschüsse,<br />

die Mehrheitsfähigkeit einer Vorlage im Plenum sicherzustellen, ist es noch weniger geboten,<br />

einem fraktionslosen Abgeordneten <strong>das</strong> Stimmrecht im Ausschuss zu geben. Auch in Bezug<br />

auf diese Funktion gebührt der Stimme des fraktionslosen Abgeordneten eine wesentlich geringere<br />

Bedeutung als der des fraktionsangehörigen. Im Gegensatz dazu bekäme seine Stimme<br />

sogar zusätzliches, möglicherweise ausschlaggebendes Gewicht, wenn sie bestehende<br />

Mehrheitsverhältnisse im Ausschuss in Frage stellen könnte.<br />

An diesen verfassungsrechtlichen Hintergrund knüpft § 27 Abs. 1 Satz 4 ThürKO an, mit der<br />

Folge, <strong>das</strong>s aus der Zuweisung des Ausschusses für ein fraktionsloses Gemeinderatsmitglied<br />

kein Stimmrecht folgt, gleichgültig ob es sich um einen vorberatenden oder beschließenden<br />

Ausschuss handelt. So bereiten vorberatende Ausschüsse Fach- und Detailfragen vor, um dem<br />

Gemeinderat mehrheitsfähige Entscheidungsgrundlagen zu geben. Als Folge des Repräsentationsprinzips<br />

müssen diese Ausschüsse, soweit es um Beschlussempfehlungen geht, die Zusammensetzung<br />

des Gemeinderates widerspiegeln. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung<br />

des Bundesverfassungsgerichtes kann deshalb ein einzelnes Gemeinderatsmitglied, <strong>das</strong><br />

einen Sitz nach § 27 Abs. 1 Satz 4 ThürKO erhalten hat, lediglich Teilnahme-, Rede- und<br />

37


Antragsrechte im Ausschuss geltend machen. Das Bundesverwaltungsgericht hat 1993 in einem<br />

Beschluss festgestellt, <strong>das</strong>s ein fraktionsloses Gemeinderatsmitglied keinen verfassungsrechtlichen<br />

Anspruch auf volle Mitgliedschaft in einem Ausschuss des Gemeinderates hat;<br />

was auch dann gilt, wenn <strong>das</strong> Gemeinderatsmitglied direkt mit hoher Stimmenzahl in den<br />

Gemeinderat gewählt wurde.<br />

Der Petitionsausschuss hat den Petenten entsprechend informiert und damit <strong>das</strong> Petitionsverfahren<br />

abgeschlossen.<br />

11.4.2 Rückwirkende Erhöhung der Grundsteuer ist möglich<br />

Ein Grundstückseigentümer bat den Petitionsausschuss zu überprüfen, ob eine nachträgliche<br />

Erhöhung der Grundsteuer möglich ist.<br />

Der Petent hatte am 15. Februar 2002 einen Bescheid über die Grundsteuer für <strong>das</strong> <strong>Jahr</strong> 2002<br />

erhalten. Mit einem weiteren Bescheid vom 28.09.2002 wurde ihm die rückwirkende Erhöhung<br />

der Grundsteuer bekannt gegeben, die auf einer Änderung des Hebesatzes von 300 v.H.<br />

auf 310 v.H. beruhte.<br />

Der Petitionsausschuss stellte fest, <strong>das</strong>s die Kommune die Hebesatzänderung am<br />

30. Mai 2002 beschlossen hatte. Dieser Beschluss wurde von der Kommunalaufsicht am<br />

27. Juli 2002 genehmigt und anschließend am 13. Juli 2002 im Amtsblatt der Stadt bekannt<br />

gemacht. Da nach den gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung der Beschluss<br />

entscheidend ist, war die rückwirkende Hebesatzänderung nicht zu beanstanden.<br />

Nach § 25 Abs. 3 Grundsteuergesetz ist eine Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes bis<br />

zum 30.06. des Kalenderjahres mit Wirkung von Beginn dieses Kalenderjahres an zu beschließen.<br />

Im vorliegenden Fall wurde die Hebesatzänderung durch den Stadtrat am<br />

30. Mai 2002 und damit vor dem 30.06. beschlossen.<br />

11.4.3 Hunde(s)teuer!<br />

Die Eigentümer eines American Staffordshire Terriers befürchteten, <strong>das</strong>s sie in Zukunft nicht<br />

mehr für ihren Hund aufkommen können, wenn für ihn 600,00 Euro Hundesteuer fällig werden.<br />

Die Kommune hatte nämlich in einer neuen "Satzung für die Erhebung einer Hundesteuer"<br />

(Hundesteuersatzung) beschlossen, nach einer Übergangszeit, in der nur 60,00 Euro Hundesteuer<br />

zu zahlen sind, die Hundesteuer für gefährliche Hunde auf 600,00 Euro anzuheben.<br />

Dagegen müssen Hundebesitzer anderer Hunde weiterhin lediglich 60,00 Euro jährlich bezahlen.<br />

Als gefährliche Hunde werden in der Satzung in Anlehnung an § 11 der Tierschutz-<br />

Hundeverordnung vom 2. Mai 2001 die Hunderassen Pitbull-Terrier, Staffordshire Bullterrier,<br />

American Staffordshire Terrier und Bullterrier sowie Kreuzungen mit diesen Tieren definiert.<br />

Die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde hat die Satzung nicht beanstandet.<br />

Eine Beanstandung wäre nach der Meinung des Petitionsausschusses nur dann möglich gewesen,<br />

wenn die neue Hundesteuersatzung einem Verbot gefährlicher Hunde gleichgekommen<br />

wäre. Eine derartige "Erdrosselungswirkung" der Hundesteuer ist aber nur dann anzunehmen,<br />

38


wenn die Höhe der Steuer <strong>das</strong> Halten gefährlicher Hunde unmöglich macht. Dies wird bei<br />

einer um <strong>das</strong> Zehnfache höheren Steuer noch nicht angenommen.<br />

Die Hundesteuer ist eine Aufwandssteuer, die an die durch die Einkommensverwendung für<br />

den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit<br />

anknüpft. Berücksichtigt man, <strong>das</strong>s bereits die Anschaffung eines derartigen Hundes in der<br />

Regel sehr teuer ist, so ist dem Eigentümer auch eine höhere Steuer zumutbar. Zudem hat die<br />

höchstrichterliche Rechtsprechung anerkannt, <strong>das</strong>s eine Gemeinde mit der Hundesteuer <strong>das</strong><br />

Ziel verfolgen darf, die Haltung von gefährlichen Hunden einzudämmen (so genannter Lenkungszweck).<br />

11.4.4 Wärme vor dem Winter<br />

Hunderte von Wohnungen waren in Gotha seit Juni <strong>2003</strong> ohne Warmwasser und Fernwärme.<br />

Ein Teil der Wohnungen stand unter Zwangsverwaltung. Aufgrund von Zahlungsrückständen<br />

des Vermieters hatten die Stadtwerke die Versorgung mit Warmwasser und Fernwärme eingestellt.<br />

Die weitere Versorgung wurde von Vorausleistungen des Vermieters abhängig gemacht.<br />

Die Mieter wandten sich Anfang Oktober Hilfe suchend an den Petitionsausschuss. Aufgrund<br />

der <strong>Jahr</strong>eszeit und den damit verbundenen klimatischen Bedingungen sei ein weiteres Abwarten<br />

oder Verweisen auf den Zivilrechtsweg unzumutbar. Sie forderten deshalb, <strong>das</strong>s Mieter,<br />

Vermieter, Versorger, Kommune, Kreis und Zwangsverwalter eine Lösung finden müssten,<br />

damit die Wohnungen endlich wieder mit Wärme versorgt würden.<br />

Der Petitionsausschuss unterstützte dies. Er forderte alle Beteiligten auf, im Interesse der Betroffenen<br />

schnellstmöglich eine Lösung zu finden, was auch gelang. Nach vier Beratungen<br />

konnte der Ausschuss feststellen, <strong>das</strong>s die betroffenen Mieter nicht mehr ohne Warmwasser<br />

und Fernwärme leben müssen. Einige Gebäude wurden wieder an die Fernwärmeversorgung<br />

angeschlossen. Bei den Objekten, die noch nicht oder nicht mehr an die Fernwärme angeschlossen<br />

werden sollten, wurde den Mietern von der Stadt Hilfe beim Umzug angeboten, so<br />

<strong>das</strong>s die Betroffenen nicht mehr in unbeheizten Wohnungen leben mussten.<br />

11.4.5 Wasserski auf Talsperre<br />

Ein Wasserski-Verein befürchtete, den Spitzenplatz unter den wettkampfausübenden Vereinen<br />

in Deutschland zu verlieren. Die ihm seit 1967 eingeräumten Trainingsmöglichkeiten auf<br />

einer Talsperre sollten nämlich eingeschränkt werden. Ursache hierfür war ein anderer Wasserski-Verein,<br />

der die Talsperre ebenfalls zum Training nutzen wollte.<br />

Die Petition führte dazu, <strong>das</strong>s sich die "konkurrierenden" Vereine in einem Gespräch mit dem<br />

Präsidenten des Landesverwaltungsamtes, des zuständigen Landratsamtes und des Landessportbundes<br />

darauf verständigten, <strong>das</strong>s die zur Verfügung stehende Trainingsfläche der Länge<br />

nach geteilt wird. Damit steht beiden Wasserski-Vereinen eine Teilfläche für ihren Trainingsund<br />

Wettkampfbetrieb zur Verfügung. Darüber hinaus sind im wöchentlichen Wechsel am<br />

Wochenende exklusive Nutzungszeiten für beide Wasserski-Vereine vorgesehen, um sportliche<br />

Talente besonders zu fördern.<br />

39


Der Petitionsausschuss betonte <strong>das</strong> besonders kooperative und kompromissorientierte Vorgehen<br />

des Landesverwaltungsamtes und des zuständigen Landratsamtes.<br />

11.4.6 Herstellungsbeiträge und bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks<br />

Mit verschiedenen Petitionen wurde beanstandet, <strong>das</strong>s bei der Berechnung des Herstellungsbeitrages<br />

für die Abwasserentsorgung von zwei Vollgeschossen ausgegangen worden sei,<br />

obwohl nur ein Vollgeschoss vorhanden sei.<br />

Der Petitionsausschuss informierte über die Rechtslage. Danach gilt für die Zahl der zur Berechnung<br />

heranzuziehenden Vollgeschosse im unbeplanten Innenbereich die Zahl der Vollgeschosse<br />

der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Bebauung. Das entspricht<br />

der baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks. Nach dem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts<br />

vom 18. Dezember 2000 (Az. 4 N 472/00) darf die Beitragserhebung auch auf<br />

der Grundlage der baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks erfolgen. Es kommt also nicht darauf<br />

an, wie <strong>das</strong> Grundstück zurzeit genutzt wird. Es kommt vielmehr darauf an, wie es bebaut<br />

werden könnte.<br />

11.4.7 Eigentumswohnung und Herstellungsbeitrag für Abwasser<br />

Die Eigentümerin einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus wandte sich gegen den Bescheid<br />

eines Abwasserzweckverbandes, mit dem sie entsprechend ihrem Eigentumsanteil zu<br />

einem Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung herangezogen wurde. Obwohl<br />

sich die Eigentumswohnung nur auf einer Etage befindet, beruhte die Berechnung des Herstellungsbeitrags<br />

auf einem Vollgeschossfaktor von 1,5. Das war aus der Sicht der Petentin<br />

nicht nachvollziehbar. Außerdem zweifelte sie grundsätzlich an der Beitragserhebung, da <strong>das</strong><br />

Mehrfamilienhaus bereits in den 60er <strong>Jahr</strong>en an den Abwasserkanal angeschlossen worden<br />

war.<br />

Der Petitionsausschuss wies die Petentin auf Folgendes hin:<br />

Gegenstand der Beitragspflicht ist nicht die einzelne Eigentumswohnung, sondern <strong>das</strong> gesamte<br />

Grundstück. Dem Eigentümer einer einzelnen Wohnung kann nur eine Beitragspflicht<br />

in Höhe seines Eigentumsanteils an dem Gesamtgrundstück entstehen. Der vom Zweckverband<br />

hier als Beitragsmaßstab gewählte Vollgeschossmaßstab dient zur Errechnung des Beitrages<br />

für <strong>das</strong> gesamte Grundstück. Der Beitrag für <strong>das</strong> gesamte Grundstück wird entsprechend<br />

der Eigentumsanteile auf die Wohnungen umgelegt. Für die Höhe der einzelnen Beiträge<br />

kommt es daher nicht auf den Flächeninhalt oder wie hier die Vollgeschosszahl des Sondereigentums<br />

an.<br />

Eine Differenzierung der Beitragssätze nach Anschlussnehmern, deren Grundstücke bereits<br />

vor In-Kraft-Treten des Thüringer Kommunalabgabengesetzes an die Wasserversorgung bzw.<br />

Abwasserentsorgung angeschlossen waren (so genannte Altanschlussnehmer) und solchen,<br />

die erst danach an die öffentliche Einrichtung angeschlossen wurden, wäre eine unzulässige<br />

Ungleichbehandlung. Allerdings ist die Erhebung von Beiträgen zur Finanzierung von Anlagen,<br />

die vor dem 1. Juli 1990 errichtet wurden, ausgeschlossen. Deshalb bezahlen die so genannten<br />

Altanschlussnehmer und die so genannten Neuanschlussnehmer mit ihren Beiträgen<br />

gleichermaßen dieselben Investitionsleistungen.<br />

40


11.4.8 Fragerecht der Einwohner des Landkreises gegenüber dem Kreistag<br />

Auf seine Fragen zur Unterbringung von Flüchtlingen und ausländerfeindlichen Strukturen<br />

erhielt ein Bürger in der öffentlichen Fragestunde des Kreistags keine Antwort.<br />

Darüber beschwerte er sich beim Petitionsausschuss. Dieser konnte ihn nur darauf hinweisen,<br />

<strong>das</strong>s <strong>das</strong> Fragerecht der Einwohner des Landkreises gegenüber dem Kreistag auf die Angelegenheiten<br />

des eigenen Wirkungskreises beschränkt ist. Denn der Kreistag beschließt gemäß<br />

§ 101 Abs. 3 Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) nur über die Aufgaben des eigenen<br />

Wirkungskreises (§ 87 ThürKO). Für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises nach<br />

§ 88 ThürKO ist gemäß § 107 Abs. 2 Nr. 2 ThürKO allein der Landrat zuständig. Für Fragen,<br />

die sich auf Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises richten, besitzt der Kreistag folglich<br />

keine Befassungskompetenz. Da sich die Fragen des Petenten auf den Regelungsbereich des<br />

Asylbewerberleistungsgesetzes und auf <strong>das</strong> Versammlungsrecht bzw. auf den Verfassungsschutz<br />

richteten, bestand keine Befassungskompetenz des Kreistags. Es war daher nicht zu<br />

beanstanden, <strong>das</strong>s die Fragen des Petenten in der öffentlichen Fragestunde vor dem Kreistag<br />

nicht beantwortet wurden.<br />

11.4.9 Auch sog. Hinterliegergrundstücke können zu Straßenausbaubeiträgen herangezogen<br />

werden<br />

Nach dem Ausbau einer Dorfstraße wurde <strong>das</strong> Grundstück des ehemaligen Bürgermeisters<br />

nicht zu Ausbaubeiträgen herangezogen. Das führte zur Beschwerde eines Nachbarn, der<br />

hierin eine Ungleichbehandlung sah.<br />

Zwischen dem Grundstück des ehemaligen Bürgermeisters und der ausgebauten Dorfstraße<br />

befindet sich ein im Eigentum der Gemeinde stehender Grünstreifen, der zum Straßengrundstück<br />

gehört. Auf diesem Grünstreifen wurde vor einigen <strong>Jahr</strong>en eine Stützmauer errichtet, die<br />

<strong>das</strong> Abrutschen der dort angelegten Böschung verhindern soll. Jedoch besteht für <strong>das</strong> Hinterliegergrundstück<br />

eine Zufahrt zur Dorfstraße über ein Wegegrundstück, <strong>das</strong> im Eigentum eines<br />

Sohnes des ehemaligen Bürgermeisters steht.<br />

Die Kommunalaufsichtsbehörden meinten, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Hinterliegergrundstück von der Dorfstraße<br />

aus nicht erschlossen sei, weil auf dem Straßengrund ein tatsächliches Erschließungshindernis,<br />

nämlich die Stützmauer mit der Böschung bestehe. Somit sei <strong>das</strong> Grundstück nicht bei<br />

der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes zu berücksichtigen und demzufolge auch nicht<br />

zu Straßenausbaubeiträgen heranzuziehen gewesen.<br />

Der Meinung der Kommunalaufsichtsbehörden hätte der Petitionsausschuss nur zustimmen<br />

können, wenn keine Zufahrt über <strong>das</strong> Wegegrundstück zur Dorfstraße bestünde.<br />

Nach der Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 10.02.<strong>2003</strong>,<br />

Az.: 4 ZEO 1139/98) unterliegt ein Anliegergrundstück, <strong>das</strong> von der Verkehrsfläche der ausgebauten<br />

Straße durch einen bepflanzten Grünstreifen getrennt wird, nicht der Beitragspflicht,<br />

wenn der Grünstreifen seinerseits Bestandteil der Straße ist und er aufgrund seiner straßenrechtlichen<br />

Widmung nicht dazu bestimmt ist, als wegemäßiger Zugang zum Anliegergrundstück<br />

genutzt zu werden. Zudem existiert zwischen dem Grundstück und der Dorfstraße in<br />

Form der Stützmauer mit Böschung ein tatsächliches Hindernis, <strong>das</strong> nach dem insoweit zutreffenden<br />

Hinweis der Kommunalaufsichtsbehörden beseitigt werden müsste, um einen di-<br />

41


ekten Zugang zu schaffen. Dies ist aber nur bei isolierter Betrachtung des Hinterliegergrundstücks<br />

ausschlaggebend.<br />

Berücksichtigt man dagegen die Zufahrt zur Dorfstraße über <strong>das</strong> Wegegrundstück, ist nach<br />

der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für <strong>das</strong> Hinterliegergrundstück ein beitragsrelevanter<br />

Vorteil durch die Erschließungsanlage "Dorfstraße" anzunehmen. Das bereits<br />

genannte Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts verweist auch auf zwei Urteile des<br />

Bundesverwaltungsgerichts (Urteil v. 07.10.1977, Az.: 4 C 103/74, in: NJW 1978, Seite 438<br />

und Urteil v. 22.08.1975, Az.: 4 C 11/73, in: BVerwGE 49, 131 ff.) zum Erschließungsbeitragsrecht<br />

(zum Erschlossensein im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Diese Urteile<br />

können auf den hier in Frage stehenden beitragsrelevanten Vorteil nach dem Straßenausbaurecht<br />

übertragen werden. Danach ist ein Hinterliegergrundstück, <strong>das</strong> durch einen fremden,<br />

nicht bebaubaren Grundstücksstreifen von der Erschließungsanlage getrennt wird, als erschlossen<br />

anzusehen, wenn es entweder bereits eine Zufahrt oder einen Zugang besitzt oder<br />

die rechtlichen Hindernisse, die dieser Zugänglichkeit im Wege stehen, ausräumbar sind. Das<br />

Hinterliegergrundstück ist hiernach als erschlossen anzusehen, da es bereits eine Zufahrt zur<br />

Dorfstraße besitzt.<br />

Deshalb hat der Petitionsausschuss die Petition am 5. Februar 2004 der Landesregierung gemäß<br />

§ 99 Abs. 1 Nr. 1 b) der Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>s zur Erwägung, <strong>das</strong> heißt zur<br />

nochmaligen Prüfung, überwiesen.<br />

11.4.10 Gebühren statt Herstellungsbeiträgen?<br />

Eine Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes, nach der nicht nur die Grundstückseigentümer,<br />

sondern alle Bürger durch entsprechende Gebühren an den Kosten der<br />

Wasserver- und -entsorgung beteiligt werden sollen, forderten Grundstückseigentümer, die<br />

von einem Wasser- und Abwasserzweckverband zu Herstellungsbeiträgen herangezogen worden<br />

waren. Sie vertraten die Auffassung, <strong>das</strong>s die öffentlichen Einrichtungen für die Versorgung<br />

mit Wasser und die Entsorgung des Abwassers von allen Bürgern genutzt würden. Deshalb<br />

sei nicht einzusehen, weshalb nicht alle Bürger durch Gebühren zur Deckung der Investitionskosten<br />

herangezogen würden.<br />

Der Petitionsausschuss hat hierzu entsprechend einer Stellungnahme des Innenministeriums<br />

auf die Unterschiede zwischen Grundstückseigentümern, Erbbauberechtigten und Inhabern<br />

eines dinglichen Nutzungsrechtes einerseits sowie Bürgern, die ein Grundstück oder eine<br />

Wohnung aufgrund eines Nutzungsvertrages nutzen, andererseits hingewiesen. Wegen dieser<br />

Unterschiede können nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Kommunalabgabengesetz nur die<br />

Grundstückseigentümer, Erbbauberechtigten und Inhaber eines dinglichen Nutzungsrechtes<br />

zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung<br />

oder Erneuerung der öffentlichen Einrichtungen durch Beiträge herangezogen werden. Wird<br />

auf die Erhebung von Beiträgen verzichtet, würden die Kosten für die Wasserver- und -entsorgung<br />

von den Grundstückseigentümern teilweise auf die Mieter abgewälzt. Je größer der<br />

Anteil der nicht angeschlossenen unbebauten, aber bebaubaren Grundstücke an den Grundstücken<br />

wäre, desto höher wären dann die Gebühren für die Mieter und Nutzer der bebauten<br />

Grundstücke. Desto mehr bestünde die Gefahr der Ungleichbehandlung zwischen Grundstückseigentümern<br />

und Nutzern. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer Entscheidung<br />

entsprechende Grenzen gezogen (Urteil vom 16.09.1981, Az: 8 C 48/81), die hier zu beachten<br />

sind.<br />

42


Da sich die Petition auf eine Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes richtete und<br />

die Fraktionen die Möglichkeit haben, entsprechende parlamentarische Initiativen zu ergreifen,<br />

hat der Petitionsausschuss die Petition den Fraktionen des <strong>Landtag</strong>s zur Kenntnis gegeben.<br />

11.4.11 Nutzung eines Schlosses als öffentliche Einrichtung der Gemeinde<br />

Für die Nutzung eines Schlosses strebten mehrere Vereine, die sich um die Erhaltung des<br />

Schlosses sehr verdient gemacht haben und die Räume des Schlosses für Veranstaltungen<br />

sowie als Vereinssitz nutzen, eine neue Vereinbarung an. Da es sich um eine Einrichtung der<br />

Gemeinde handelt, wollte der Bürgermeister im Sinne der anderen im Ort ansässigen Vereine<br />

einen größeren Einfluss der Gemeinde auf die Nutzung festschreiben. In diesem Interessenkonflikt<br />

haben die <strong>Landtag</strong>spräsidentin und der Petitionsausschuss erfolgreich vermittelt.<br />

Das Schloss ist eine öffentliche Einrichtung im Sinne von § 14 Thüringer Kommunalordnung.<br />

Innerhalb dieser Zweckbestimmung besteht ein Zugangsanspruch der Vereine, der durch Nutzungsvereinbarungen<br />

konkretisiert werden kann. Die im Schloss ansässigen Vereine nutzten<br />

<strong>das</strong> Schloss auf der Grundlage eines Mietvertrages mit der Gemeinde bereits seit 1993. Aufgrund<br />

der von den Vereinen wesentlich vorangetriebenen Nutzbarkeit des Schlosses und des<br />

gestiegenen Interesses der Gemeinde an der Nutzung des Schlosses wurde gemeinsam eine<br />

neue Vereinbarung erarbeitet. Diese neue Vereinbarung wurde von der Gemeinde verfasst<br />

und von den Vereinen unterzeichnet. Die Gemeinde wollte sich nun aber in dieser Form nicht<br />

mehr an die Nutzung des Schlosses binden. Da mehrere Versuche einer neuen Übereinkunft<br />

scheiterten, wandten sich die Vereine schließlich an die <strong>Landtag</strong>spräsidentin und den Petitionsausschuss<br />

mit der Bitte um Unterstützung beim Abschluss der neuen Nutzungsvereinbarung.<br />

Um die Grundlagen für eine neue Nutzungsvereinbarung zu schaffen, lud die <strong>Landtag</strong>spräsidentin<br />

alle an dieser Sache Beteiligten zu einem Gespräch ein. Im Ergebnis des Gesprächs<br />

wurden die Punkte festgehalten, die in die neue Vereinbarung aufgenommen werden sollten.<br />

Danach wurde die neue Vereinbarung durch den Vorsitzenden der Verwaltungsgemeinschaft<br />

gemeinsam mit den Vereinen und der Gemeinde erarbeitet. Diese neue Vereinbarung wurde<br />

von den Vereinen und der Gemeinde unterzeichnet und gilt seit dem 1. Januar <strong>2003</strong>. Der Petitionsausschuss<br />

konnte feststellen, <strong>das</strong>s sich die Petition im Sinne der Petenten erledigt hat.<br />

43


11.5 Landwirtschaft, Umwelt und Naturschutz<br />

11.5.1 "Natürlich soll die Hörsel fließen"<br />

Naturschützer sahen <strong>das</strong> Flächennaturdenkmal (FND) "Gewässerschutzgebiet Hörsel zwischen<br />

Leina und Hörselgau" durch die Eigendynamik in diesem Gewässerabschnitt (ständige<br />

Erosion/Uferabdrücke und Sedimentation) und die landwirtschaftliche Nutzung ufernaher<br />

Ackerflächen ohne <strong>das</strong> Eingreifen der Naturschutzbehörden nachhaltig gefährdet. Hiervon<br />

wäre auch der in den Steilufern brütende Eisvogel betroffen gewesen.<br />

Der Petitionsausschuss bezog wegen der Bedeutung des FND und des Konfliktes zwischen<br />

Naturschutz und landwirtschaftlicher Nutzung den Umweltausschuss und den Ausschuss für<br />

Landwirtschaft und Forsten in die Beratung ein.<br />

Der Interessenkonflikt wurde mit der Landesregierung wie folgt gelöst: Im Rahmen eines<br />

Flurbereinigungsverfahrens erwarb <strong>das</strong> Land die Flächen, die notwendig waren, um den natürlichen<br />

Verlauf der Hörsel zu sichern. Gleichzeitig blieb die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen<br />

Flächen in leicht geänderter Form möglich. Der Eisvogel behält seinen geschützten<br />

Lebensbereich.<br />

Der Hörselabschnitt ist so zu einem Referenzobjekt für eine gewässerökologische Gesamtentwicklung<br />

geworden. Zu den einzelnen Schritten des Schutzes des FND wurde eine Broschüre<br />

"Natürlich soll die Hörsel fließen" erstellt.<br />

11.5.2 Lärmbelästigungen durch eine Molkerei<br />

Die Nachbarn einer Molkerei beanstandeten Lärmbelästigungen, die durch <strong>das</strong> nächtliche<br />

Verladen der Milchprodukte verursacht wurden.<br />

Die Molkerei wurde schon vor 1990 betrieben. In der näheren Umgebung befinden sich<br />

Wohnhäuser. Das Haus der Petenten liegt von der Laderampe der Molkerei ca. 30 bis 40 m<br />

entfernt. Es wurde erst Mitte der 90er <strong>Jahr</strong>e errichtet. Mit der Erweiterung des Unternehmens<br />

nahm auch die Verladetätigkeit in der Nacht zu. Die Fahrer der Transportfahrzeuge ließen vor<br />

allem im Sommer die Dieselmotoren laufen, um die Kühlaggregate der Fahrzeuge auch während<br />

des Beladens zu betreiben.<br />

Da die Molkerei schon vor 1990 bestand, ist sie so zu betreiben, <strong>das</strong>s die nach dem Stand der<br />

Technik vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen verhindert und die nach dem Stand<br />

der Technik unvermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt<br />

werden. Durch eine Geräuschmessung im <strong>Jahr</strong> 2000 wurde festgestellt, <strong>das</strong>s die Immissionsrichtwerte<br />

der technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) teilweise<br />

überschritten wurden. Die zuständigen Behörden gingen aber davon aus, <strong>das</strong>s die Richtwerte<br />

der TA Lärm eingehalten werden können, soweit die Lkws die von der Molkerei zur Lärmvermeidung<br />

geschaffenen Anlagen nutzen. Deshalb ordnete <strong>das</strong> zuständige Landratsamt gegenüber<br />

der Molkerei an, <strong>das</strong>s die Kühlaggregate nur noch über elektrischen Strom betrieben<br />

werden dürfen oder <strong>das</strong> Be- und Entladen in der Nachtzeit über eine neu gebaute Warenschleuse<br />

zu erfolgen hat. Dagegen wurde immer wieder verstoßen.<br />

44


Der Petitionsausschuss hat <strong>das</strong> Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt gebeten,<br />

auf die Einhaltung der Auflagen hinzuwirken.<br />

Bei dieser Petition handelte es sich um die typische Konfliktsituation, die durch <strong>das</strong> Nebeneinander<br />

von Gewerbebetrieb und Wohnbebauung entsteht. Man spricht insoweit von einer<br />

Gemengelage. Diese hat zur Folge, <strong>das</strong>s weder die vorhandene Wohnbebauung einen alleinigen<br />

Schutzstatus wie in einem allgemeinen Wohngebiet in Anspruch nehmen kann, noch der<br />

Gewerbebetrieb Emissionen wie in einem Gewerbe- oder Industriegebiet verursachen darf. Es<br />

ist also nicht nur derjenige in der Pflicht, der die Belästigungen verursacht, sondern man muss<br />

auch, wenn man sich in der Nähe eines Gewerbebetriebes ansiedelt, Belästigungen in einem<br />

gewissen Maße dulden. Im Einzelfall muss gegebenenfalls ein Mittelwert gefunden werden,<br />

weil die immissionsschutzrechtlichen Richtwerte in der TA Lärm eine solche Situation nicht<br />

erfassen. Das entbindet den Gewerbebetrieb jedoch nicht davon, die nach dem Stand der<br />

Technik vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen zu verhindern und die nach dem<br />

Stand der Technik unvermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu<br />

beschränken.<br />

11.5.3 Zulässigkeit von Windkraftanlagen<br />

Mitglieder eines Ortschaftsrates beanstandeten, "<strong>das</strong>s es für die Errichtung von Windenergieanlagen<br />

keine verbindlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Schutz der Lebensqualität<br />

der Bürger gibt."<br />

Hintergrund der Petition ist die geplante Errichtung von drei Windkraftanlagen neben drei<br />

bereits bestehenden Windkraftanlagen in der Nähe des Ortes. Über den Bau der Anlagen ist<br />

jeweils einzeln in einem Baugenehmigungsverfahren durch die zuständige untere Bauaufsichtsbehörde<br />

zu entscheiden. Insoweit war zunächst <strong>das</strong> Ergebnis der Baugenehmigungsverfahren<br />

abzuwarten. In diesen Verfahren wird u.a. eine Überschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte<br />

geprüft. Die Baugenehmigung kann auch mit Auflagen versehen werden.<br />

Wenn z.B. die Schattenwurfzeiten die zulässige tägliche Dauer von 30 Minuten überschreiten,<br />

kann die Auflage erteilt werden, die Windkraftanlage abzuschalten, um damit die maximal<br />

zulässige Beschattungsdauer einzuhalten.<br />

Entgegen der Meinung der Petenten, es mangele an speziellen Rechtsvorschriften, kam der<br />

Petitionsausschuss zu dem Ergebnis, <strong>das</strong>s es für die unterschiedlichen Immissionen, die von<br />

Windkraftanlagen ausgehen können, zwar keine speziellen Regelungen gibt, diese aber nicht<br />

erforderlich sind. Denn die bestehenden allgemeinen Regelungen des Immissionsschutzrechtes<br />

und des Baurechts, deren Anwendbarkeit nicht davon abhängt, ob die Immissionen von<br />

Windkraftanlagen oder anderen speziellen Anlagen ausgehen, sind für die Beurteilung der<br />

Zulässigkeit der Anlagen ausreichend.<br />

11.5.4 Goldwaschen in der Schwarza<br />

Für <strong>das</strong> Goldwaschen ist eine Erlaubnis der Wasserbehörden erforderlich. Der Petent, der seit<br />

1996 mit Touristen Gold in der Schwarza wäscht, beantragte deshalb beim Thüringer Landesverwaltungsamt<br />

als obere Wasserbehörde eine Erlaubnis für <strong>das</strong> Goldwaschen von Mai bis<br />

September. Da er bis Ende April noch keine Entscheidung der oberen Wasserbehörde erhalten<br />

hatte, wandte er sich an den Petitionsausschuss.<br />

45


Ende Mai erhielt der Petent zwar eine Erlaubnis, die aber nur zwei der beantragten sechs<br />

Standorte berücksichtigte. Außerdem wurde für die genehmigten Standorte jeweils nur eine<br />

Veranstaltung genehmigt. Das Landesverwaltungsamt begründete seine Entscheidung damit,<br />

<strong>das</strong>s <strong>das</strong> Goldwaschen nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Thüringer Naturschutzgesetz verboten sei, soweit<br />

es zu einer Zerstörung, Beschädigung, nachhaltigen Störung oder Veränderung in naturnahen<br />

Bach- und Flussabschnitten bzw. besonders geschützten Biotopen führen kann. Dies sei<br />

bei den abgelehnten Standorten der Fall.<br />

Die Anzahl der genehmigten Standorte und Veranstaltungen war für den Petenten angesichts<br />

dessen, <strong>das</strong>s er <strong>das</strong> Goldwaschen für Touristen veranstaltet, nicht akzeptabel. Er erhob deshalb<br />

Widerspruch.<br />

Mit dem Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamtes vom 1. August <strong>2003</strong> wurden an<br />

den genehmigten zwei Standorten je vier Veranstaltungen erlaubt. Das Landesverwaltungsamt<br />

ging aufgrund der durch die Petition angestoßenen naturschutzrechtlichen Erörterung davon<br />

aus, <strong>das</strong>s es sich bei den verbliebenen zwei Standorten um weniger sensible Bereiche handele<br />

und eine Beschränkung auf eine Veranstaltung deshalb als unverhältnismäßig erscheine.<br />

Damit war der Petent zufrieden. Der Petitionsausschuss stellte fest, <strong>das</strong>s sich die Angelegenheit<br />

mit dem Widerspruchsbescheid vom 1. August <strong>2003</strong> geklärt hat.<br />

46


11.6 Polizei- und Ordnungsrecht<br />

11.6.1 Verfassungsbeschwerde und aufschiebende Wirkung<br />

Ein Rechtsanwalt begehrte mit seiner Eingabe, die Abschiebung seines Mandanten bis zur<br />

Entscheidung über dessen Verfassungsbeschwerde auszusetzen. Der Rechtsanwalt ist der<br />

Auffassung, sein Mandant habe durch Einlegung der Verfassungsbeschwerde einen Anspruch<br />

auf Duldungserteilung gemäß § 55 Ausländergesetz (AuslG), da ein rechtliches Abschiebungshindernis<br />

vorliege. Bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes sei eine Abschiebung<br />

ungerechtfertigt, unverhältnismäßig und verletze <strong>das</strong> Recht seines Mandanten aus<br />

Art. 16 a Grundgesetz.<br />

Der Rechtsanwalt vertrat einen türkischen Staatsangehörigen kurdischer Volkszugehörigkeit.<br />

Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte dessen Asylantrag ab.<br />

Gleichzeitig wurde festgestellt, <strong>das</strong>s die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und zielstaatsbezogene<br />

Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Unter Androhung<br />

der Abschiebung in die Türkei wurde er zum Verlassen des Bundesgebietes innerhalb eines<br />

Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung aufgefordert. Die gegen den Ablehnungsbescheid<br />

erhobene Klage wurde rechtskräftig abgelehnt. Damit war der Antrag auf Anerkennung<br />

der Asylberechtigung unanfechtbar abgelehnt und die Abschiebungsandrohung vollziehbar.<br />

Der Auffassung des Rechtsanwaltes konnte der Petitionsausschuss unter Berücksichtigung der<br />

Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nicht folgen. In seiner Entscheidung vom<br />

14. Mai 1996 (BVerfGE 94, S. 166 ff) hat es darauf verwiesen, <strong>das</strong>s von der Rechtsordnung<br />

nicht vorgesehen ist, die Urteilsfindung des Bundesverfassungsgerichtes vor der Vollstreckung<br />

von Gerichtsentscheidungen abzuwarten. Die Verfassungsbeschwerde ist kein zusätzlicher<br />

Rechtsbehelf zum fachgerichtlichen Verfahren. Das Bundesverfassungsgericht sichert<br />

die Beachtung der Grundrechte im fachgerichtlichen Verfahren nur nachträglich und setzt<br />

dieses nicht fort. Selbst bei möglichen Grundrechtsverletzungen infolge des Vollzuges einer<br />

fachgerichtlichen Entscheidung kann es aufgrund der Funktionsteilung zwischen Fach- und<br />

Verfassungsgerichtsbarkeit nicht einschreiten. Vorliegend wurde dem Grundrecht aus<br />

Art. 16 a Grundgesetz im Asylverfahren und im fachgerichtlichen Verfahren Rechnung getragen.<br />

Der garantierte Rechtsweg nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz wurde erschöpft.<br />

Da die Verfassungsbeschwerde demnach keine aufschiebende Wirkung hat, konnte die Ausländerbehörde<br />

somit auch vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes über die<br />

Verfassungsbeschwerde Maßnahmen zur Abschiebung ergreifen.<br />

11.6.2 Was lange währt, wird gut<br />

Der Petent, der als Militärangehöriger der ehemaligen Sowjetarmee in die DDR eingereist<br />

war, bat den Petitionsausschuss um Unterstützung, damit er nun in Deutschland bleiben könne.<br />

Der Petitionsausschuss begleitete <strong>das</strong> Verfahren und stellte Folgendes fest: Mit der Vereinbarung<br />

zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Nachfolgestaaten der ehemaligen<br />

UdSSR endete die Berechtigung des Petenten zum Aufenthalt in Deutschland. Ende 1992<br />

wurde er deshalb nach Russland abgeschoben. Da er in Russland zum Militärdienst einberu-<br />

47


fen wurde, desertierte er und gelangte im Februar 1993 über die polnische Grenze ohne Visum<br />

in die Bundesrepublik. Im November 1994 stellten Polizeibeamte seinen Aufenthalt fest.<br />

Im Dezember 1994 wurde ihm eine Ausweisungsverfügung zugestellt. Im gleichen Monat<br />

stellte er erstmals einen Asylantrag, den <strong>das</strong> Bundesamt für die Anerkennung ausländischer<br />

Flüchtlinge im Januar 1995 ablehnte.<br />

Im Oktober 1995 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige und nahm bei dieser seinen<br />

Wohnsitz. Auf seinen Antrag erhielt er nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Ausländergesetz<br />

(AuslG) eine bis zum 01.04.1997 befristete Aufenthaltserlaubnis.<br />

Die von dem Petenten beantragte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis hat die zuständige<br />

Ausländerbehörde im Juli 2000 abgelehnt, weil der Petent mit seiner Ehefrau nicht mehr in<br />

ehelicher Lebensgemeinschaft lebte. Die Ehefrau hatte im Mai 2000 die Scheidung beantragt.<br />

Ein Aufenthaltsrecht wegen ehelicher Lebensgemeinschaft nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG war<br />

nicht gegeben, da die eheliche Lebensgemeinschaft nach den Ermittlungen der Ausländerbehörde<br />

nicht mindestens zwei <strong>Jahr</strong>e rechtmäßig bestanden hatte (§ 19 AuslG).<br />

Im August 2000 stellte der Petent erneut einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter<br />

bzw. auf die Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen und diesmal erfolgreich.<br />

Am 17. April 1997 hatte die Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder<br />

mit dem Bundesminister des Inneren beschlossen, <strong>das</strong>s sowohl bei Deserteuren als auch bei<br />

Zivilangestellten der ehemaligen Westgruppen der sowjetischen Streitkräfte, die auf deutschem<br />

Boden stationiert waren, auf Antrag der Betroffenen unter Einbeziehung des Lageberichtes<br />

des Auswärtigen Amtes eine Entscheidung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG getroffen<br />

werden soll, soweit sie die Staatsangehörigkeit eines Nachfolgestaates der ehemaligen Sowjetunion<br />

mit Ausnahme der baltischen Staaten besitzen oder inzwischen staatenlos sind.<br />

Nach den Überprüfungen des Bundesamtes erfüllte der Petent die Voraussetzungen des IMK-<br />

Beschlusses. Folglich wurde festgestellt, <strong>das</strong>s bei ihm Abschiebungshindernisse nach § 53<br />

Abs. 6 Satz 1 AuslG vorliegen.<br />

Da der Petent zwischenzeitlich in Besitz einer bis Juni 2005 befristeten Aufenthaltsbefugnis<br />

ist, hat der Petitionsausschuss <strong>das</strong> Petitionsverfahren damit abgeschlossen.<br />

11.6.3 Feuerwehreinsatz könnte Kommune in finanzielle Schwierigkeiten bringen<br />

Nach einem Unwetter wurde die Freiwillige Feuerwehr einer Kleinstadt alarmiert, da Bäume<br />

auf eine Straße gestürzt waren. Bei dem Einsatz zog sich ein Feuerwehrmann schwere Verletzungen<br />

zu. Nach einer stationären Krankenhausbehandlung war eine längere Rehabilitation<br />

erforderlich. In dieser Zeit war der Feuerwehrmann krank geschrieben.<br />

Der verletzte Feuerwehrmann, der als abhängig beschäftigter Geschäftsführer einer GmbH<br />

gleichzeitig deren alleiniger Gesellschafter war, forderte von der Kommune Zahlungen in<br />

fünfstelliger Höhe. Denn die Kommune hat hinsichtlich der ehrenamtlichen Tätigkeit in der<br />

Freiwilligen Feuerwehr die Funktion des Arbeitgebers. Sie zahlt eine Umlage an die Feuerwehr-Unfallkasse<br />

Thüringen als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Feuerwehr-<br />

Unfallkasse erkannte den Unfall als Arbeitsunfall im Sinne des Siebten Buches Sozialgesetzbuch<br />

an und erstattete dem verletzten Feuerwehrmann alle Leistungen nach den gesetzlichen<br />

Bestimmungen sowie ihrer Satzung.<br />

48


Nach Eintritt eines Arbeitsunfalles steht dem Verletzten grundsätzlich ein Anspruch auf Verletztengeld<br />

nach §§ 45 ff Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) zu. Dieses wird im Auftrag<br />

der gesetzlichen Unfallversicherungsträger (Kommune) an den Verletzten ausgezahlt,<br />

solange dieser unfallbedingt arbeitsunfähig ist. Das Verletztengeld wird aber erst gezahlt,<br />

wenn die Entgeltfortzahlung beendet ist. Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erfolgt<br />

gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit<br />

bis zu einer Dauer von sechs Wochen.<br />

Damit hatte der verletzte Feuerwehrmann Anspruch auf die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes<br />

durch die GmbH, bei der er als Geschäftsführer beschäftigt ist. Seitens der GmbH besteht<br />

gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz dann die Möglichkeit,<br />

sich <strong>das</strong> dem Geschäftsführer fortgezahlte Arbeitsentgelt von der Kommune auf Antrag<br />

erstatten zu lassen.<br />

Sollten bei einem Einsatz Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr so schwer verletzt werden,<br />

<strong>das</strong>s sie länger arbeitsunfähig wären, könnte dies durchaus die finanzielle Leistungsfähigkeit<br />

einer Gemeinde gefährden. Das sieht auch <strong>das</strong> Innenministerium so.<br />

Deshalb soll in Abstimmung mit der Unfallkasse Thüringen, dem Innenministerium sowie<br />

dem Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit durch eine Änderung des Thüringer<br />

Brand- und Katastrophenschutzgesetzes die Feuerwehr-Unfallkasse Thüringen beauftragt<br />

werden, den privaten Arbeitgebern <strong>das</strong> fortgezahlte Entgelt bei Unfällen zu erstatten. Die Finanzierung<br />

wäre über eine geringe Erhöhung der Umlage möglich. Bei der anstehenden Novellierung<br />

des Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetzes sollte dies berücksichtigt<br />

werden.<br />

11.6.4 Videotheken auch sonntags geöffnet?<br />

Der Betreiber einer Videothek setzte sich für eine Änderung des Thüringer Feiertagsgesetzes<br />

ein, damit die Videotheken wie in anderen Bundesländern auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet<br />

werden können.<br />

Videotheken verleihen überwiegend Videofilme und Spiele und sind deshalb keine Verkaufsstellen,<br />

sondern Dienstleistungseinrichtungen. Für sie gilt <strong>das</strong> Ladenschlussgesetz nicht. Sie<br />

können damit werktags auch nach 20.00 Uhr geöffnet sein. An Sonn- und Feiertagen steht <strong>das</strong><br />

Sonn- und Feiertagsgesetz aber einer Öffnung entgegen.<br />

Nach Artikel 40 der Verfassung des Freistaats Thüringen, Artikel 140 Grundgesetz und Artikel<br />

139 der Weimarer Reichsverfassung sind Sonn- und Feiertage als "Tage der Arbeitsruhe<br />

und der seelischen Erholung" gesetzlich geschützt. Das heißt unter anderem, <strong>das</strong>s die Sonnund<br />

Feiertage grundsätzlich von allen Erscheinungsformen werktäglicher Arbeit freigehalten<br />

werden sollen. Nach § 4 Abs. 2 des Thüringer Feiertagsgesetzes sind an den Sonntagen und<br />

an den gesetzlichen Feiertagen öffentlich bemerkbare Arbeiten, die geeignet sind, die Ruhe zu<br />

beeinträchtigen, verboten. Ausnahmen sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Feiertagsgesetz<br />

nur aus wichtigen Gründen möglich. Ein solcher wichtiger Grund muss ebenfalls Verfassungsrang<br />

besitzen und bei einer Abwägung der Interessen den Vorrang verdienen.<br />

Der Petitionsausschuss sah im Fall der Videotheken keinen Grund, eine Gesetzesänderung zu<br />

befürworten. Denn die Vermietung der Filme ist auch an einem anderen Tag, der nicht Sonnoder<br />

Feiertag ist, möglich. Da die Videotheken nicht unter <strong>das</strong> Ladenschlussgesetz fallen,<br />

49


dürfen sie an Samstagen und an normalen Werktagen weit über die bestehenden Ladenöffnungszeiten<br />

hinaus öffnen. Die rein wirtschaftlichen Interessen der Videothekenbetreiber<br />

rechtfertigten keine Ausnahme.<br />

11.6.5 Korrekte Prüfung der Vorwürfe von Ausländern gegen Polizisten<br />

Ein aufmerksamer Bürger hatte durch die Medien erfahren, <strong>das</strong>s Polizisten an einer Auseinandersetzung<br />

zwischen Deutschen und Ausländern beteiligt gewesen sein sollen. Er bat deshalb<br />

den Petitionsausschuss, ihn darüber zu informieren, gegen wen ermittelt wurde.<br />

In eine Auseinandersetzung zwischen drei afrikanischen Asylbewerbern und einer Gruppe<br />

von deutschen Jugendlichen hatte die Polizei eingegriffen. Danach wurden die Polizeibeamten<br />

beschuldigt, gegenüber den Afrikanern gewalttätig geworden zu sein und diese beleidigt zu<br />

haben. Die Polizisten sollen sich geweigert haben, die Jugendlichen von weiteren Angriffen<br />

abzuhalten. Sie hätten einen Afrikaner mit Knüppeln geschlagen und einen anderen mit rassistischen<br />

Äußerungen beleidigt.<br />

Aufgrund der Anzeigen der drei Asylbewerber gegen die Polizeibeamten wurden staatsanwaltschaftliche<br />

Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet. Die Ermittlungsverfahren<br />

wurden allerdings wieder eingestellt, da sich nach umfangreichen Ermittlungen<br />

kein hinreichender Tatverdacht ergeben hatte. Auch die Begleiterinnen der Anzeigeerstatter<br />

bestätigten in ihren Zeugenaussagen die Einlassungen der Polizeibeamten.<br />

Der Petent wurde vom Petitionsausschuss stets über die laufenden Ermittlungen informiert.<br />

Damit konnte dem Anliegen des Petenten entsprochen werden. Der Petent bedankte sich beim<br />

Petitionsausschuss.<br />

50


11.7 Recht des öffentlichen Dienstes<br />

11.7.1 Von Freistaat zu Freistaat<br />

Eine sächsische Polizeibeamtin begehrte aus familiären Gründen ihre Versetzung nach Thüringen.<br />

Die Versetzung eines Beamten über den Bereich eines Landes hinaus zu einem anderen<br />

Dienstherrn erfordert <strong>das</strong> Einverständnis des aufnehmenden Landes. Der mögliche neue<br />

Dienstherr trifft gegenüber dem Beamten eine eigenständige Eignungsentscheidung. Da es<br />

sich dabei um eine Ermessensentscheidung handelt, hat der Beamte bis auf den seltenen Fall<br />

einer so genannten Ermessensreduzierung auf Null nur einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie<br />

Entscheidung. Gegen eine Ablehnung kann der Beamte Rechtsbehelf einlegen.<br />

Der Petitionsausschuss konnte die von der Petentin begehrte Versetzung nicht herbeiführen.<br />

Denn die Petentin verfügte nach den Untersuchungsergebnissen des Polizeiärztlichen Dienstes<br />

Thüringens nicht über die erforderliche gesundheitliche Eignung. Ihre Versetzung wurde deshalb<br />

von den Thüringer Polizeibehörden abgelehnt. Um die Gleichbehandlung gegenüber anderen<br />

Bewerbern und die Leistungsfähigkeit der Polizei zu gewährleisten, muss bei jedem<br />

Wechsel neben den persönlichen Gründen stets auch die Diensttauglichkeit sorgfältig geprüft<br />

werden.<br />

11.7.2 Nachqualifizierung von so genannten Seiteneinsteigern an staatlichen berufsbildenden<br />

Schulen<br />

Eine Lehrerin an einer Berufsschule begehrte eine Nachqualifizierung gemäß der Verwaltungsvorschrift<br />

des Thüringer Kultusministeriums über die Nachqualifizierung von an staatlichen<br />

berufsbildenden Schulen eingestellten Lehrkräften vom 3. April 2002.<br />

Die Petentin schloss ihr Studium an einer Universität 1999 mit dem Magister Artium ab.<br />

(Hauptfach Pädagogik/1. Nebenfach: Psychologie, 2. Nebenfach: Soziologie) Seit August<br />

2001 ist sie als Berufsschullehrerin tätig. Um eine Gleichstellung mit den Berufsschullehrern<br />

zu erreichen, die eine zweite Staatsprüfung für <strong>das</strong> Lehramt an berufsbildenden Schulen absolviert<br />

haben, beantragte sie, ihren Abschluss an der Universität mit der ersten Staatsprüfung<br />

für <strong>das</strong> Lehramt an berufsbildenden Schulen gleichzustellen und somit zur entsprechenden<br />

Nachqualifizierung zugelassen zu werden. Dies lehnte <strong>das</strong> Kultusministerium mit der Begründung<br />

ab, <strong>das</strong>s der von der Petentin nachgewiesene Abschluss als Magister Artium nach<br />

Studienstruktur und Studieninhalten wesentlich von den fachwissenschaftlichen Anforderungen<br />

an eine erste Staatsprüfung für <strong>das</strong> Lehramt an berufsbildenden Schulen abweiche. Deshalb<br />

sei es nicht möglich, die erforderliche berufliche Fachrichtung (= erstes Ausbildungsfach)<br />

und ein zweites an berufsbildenden Schulen gelehrtes Unterrichtsfach (= zweites Ausbildungsfach)<br />

festzulegen.<br />

Die Petentin wies darauf hin, <strong>das</strong>s einem Kollegen mit dem Abschluss eines Diplombetriebswirtes<br />

an einer Universität die Gleichstellung anerkannt und somit die Nachqualifizierung<br />

ermöglicht werde. Obwohl der Kollege keinerlei pädagogische Ausbildung habe, werde die<br />

Ausbildung zum Diplombetriebswirt höher bewertet als die Ausbildung zum Magister Artium.<br />

51


Der Petitionsausschuss kam zu dem Ergebnis, <strong>das</strong>s die Ablehnung der Gleichstellung der Petentin<br />

der Verwaltungsvorschrift des TKM zur "Nachqualifizierung von an staatlichen berufsbildenden<br />

Schulen eingestellten Lehrkräften" (GVBl. Nr. 4, Seite 186) vom 3. April 2002<br />

entspricht und insoweit nicht zu beanstanden ist. Voraussetzung für die Nachqualifizierung ist<br />

danach der Nachweis einer Hochschulprüfung, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 der Thüringer Verordnung<br />

über die Ausbildung und zweite Staatsprüfung für die Lehrämter vom 14. August<br />

1995 (GVBl. Seite 285) geändert am 03.09.2002 (GVBl. Seite 328) mit einer ersten<br />

Staatsprüfung für <strong>das</strong> Lehramt an berufsbildenden Schulen gleichgestellt wurde. Für diese<br />

Gleichstellung ist der Nachweis von 85 Semesterwochenstunden in einer in der Berufsschullehrerausbildung<br />

üblichen beruflichen Fachrichtung, wie z.B. Wirtschaft und Verwaltung,<br />

Elektrotechnik, Sozialpädagogik, Gesundheit, Informations- und Kommunikationstechnik,<br />

erforderlich. Die Petentin verfügt mit dem Abschluss als Magister Artium zwar über Kenntnisse<br />

in Pädagogik, Psychologie und Soziologie, die andere Seiteneinsteiger erst durch eine<br />

Nachqualifizierung erwerben müssen. Eine Ausbildung in einer für die Berufsschullehrerausbildung<br />

üblichen beruflichen Fachrichtung kann die Petentin dagegen nicht nachweisen.<br />

11.7.3 Höhergruppierung angestellter Lehrer<br />

Diplomlehrer für Polytechnik begehrten, bei der Vergütung mit anderen Fachberatern an Regelschulen<br />

gleichgestellt zu werden.<br />

Die Petenten verfügen gegenüber Lehrern mit einem Abschluss in zwei Fächern nur über den<br />

Abschluss im Fach Polytechnik. Sie sind aber Fachberater des Bereichs Arbeit, Wirtschaft,<br />

Technik (AWT). Ursächlich für ihre geringere Vergütung ist die tarifrechtliche Bewertung<br />

ihres Abschlusses. Sie vertreten die Auffassung, <strong>das</strong>s die von der Verwaltungsvorschrift zur<br />

Vorbereitung der Durchführung von Höhergruppierungen angestellter Lehrkräfte (2. Fortschreibung<br />

der Verwaltungsvorschrift vom 12. Oktober 1999) vorgesehene Höhergruppierung<br />

von Lehrern mit besonderen Aufgaben nicht auf so genannte Zwei-Fach-Lehrer beschränkt<br />

sei. Vielmehr seien auch die so genannten Ein-Fach-Lehrer mit besonderen Funktionen bei<br />

der Höhergruppierung zu berücksichtigen.<br />

Die Höhergruppierung angestellter Lehrer erfolgt in entsprechender Anwendung der beamtenrechtlichen<br />

Beförderungsgrundsätze. Denn in § 2 Nr. 3 S. 1 und 2 des Änderungstarifvertrags<br />

Nr. 1 vom 8. Mai 1991 zum Ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche<br />

Vorschriften (BAT-O) ist geregelt, <strong>das</strong>s angestellte Lehrkräfte vergütungsrechtlich fiktiv<br />

so zu behandeln sind als wären sie Beamte. Daher setzt die Höhergruppierung eines angestellten<br />

Lehrers voraus, <strong>das</strong>s ein vergleichbarer Beamter einen Beförderungsanspruch hätte.<br />

Grundvoraussetzung jeder Beförderung ist, <strong>das</strong>s im Besoldungsrecht ein Beförderungsamt<br />

überhaupt vorgesehen ist.<br />

Diplomlehrer mit der Lehrbefähigung in nur einem Fach sind im Eingangsamt der Besoldungsgruppe<br />

A 12 Thüringer Besoldungsgruppe A eingestuft. Dies entspricht bei angestellten<br />

Lehrkräften einer Eingruppierung in die Vergütungsgruppe III BAT-O. Ein der Besoldungsgruppe<br />

A 13 entsprechendes Beförderungsamt ist für die Ein-Fach-Ausbildung nicht vorgesehen.<br />

Die Petenten hatten also keinen Anspruch auf Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe<br />

II a BAT-O, da sie, wenn sie Beamte wären, nicht in die dieser Vergütungsgruppe entsprechende<br />

Besoldungsgruppe A 13 befördert werden könnten.<br />

Auch die von den Petenten zur Begründung herangezogene Verwaltungsvorschrift führte zu<br />

keinem anderen Ergebnis, da in der Verwaltungsvorschrift – entgegen dem Vortrag der Pe-<br />

52


tenten – ausdrücklich klargestellt wird, <strong>das</strong>s Höhergruppierungen aufgrund besoldungsrechtlicher<br />

Vorgaben nur bei Diplomlehrern durchgeführt werden können, die im neuen Schulsystem<br />

anerkannte Lehrbefähigungen in zwei Fächern erworben haben. Das war bei den Petenten<br />

gerade nicht der Fall.<br />

Daher musste der Petitionsausschuss im Ergebnis seiner Prüfung feststellen, <strong>das</strong>s kein Anspruch<br />

auf eine Höhergruppierung besteht.<br />

53


11.8 Rechtspflege<br />

11.8.1 Digitalisierung der Grundbücher<br />

Nach dem Kauf eines Grundstücks, dem jahrelange Verhandlungen vorausgegangen waren,<br />

fürchtete der Erwerber, nun nochmals längere Zeit auf die Umschreibung im Grundbuch<br />

warten zu müssen. Deshalb beanstandete er die Dauer der Bearbeitung beim Grundbuchamt.<br />

Die Überprüfung durch den Petitionsausschuss ergab, <strong>das</strong>s die Anträge des Petenten auf Eigentumsumschreibung<br />

beim Grundbuchamt im April <strong>2003</strong> eingegangen waren. Zu diesem<br />

Zeitpunkt befanden sich die Grundbuchakten zur Digitalisierung in der Erfassungsstelle<br />

Meiningen. Aufgrund von Beanstandungen konnten die betreffenden Grundbücher zunächst<br />

nicht digitalisiert werden und mussten noch einmal an <strong>das</strong> zuständige Grundbuchamt zurückgesandt<br />

werden. Das Grundbuchamt erfüllte die Anforderungen der Erfassungsstelle im Mai<br />

<strong>2003</strong>. Anfang Juni <strong>2003</strong> gelangten die Grundbücher nach der Digitalisierung zurück zum<br />

Grundbuchamt, wo dann auch die Eigentumsumschreibung erfolgte.<br />

Weiter hatte sich der Petitionsausschuss von der Landesregierung berichten lassen, <strong>das</strong>s für<br />

die Digitalisierung der 1,2 Millionen Grundbücher vier Erfassungsstellen in Thüringen eingerichtet<br />

wurden. Diese wurden benötigt, da die Digitalisierung neben dem laufenden Grundbuchverfahren<br />

organisatorisch nicht zu bewältigen war. Weil ein Teil der Mitarbeiter der<br />

Grundbuchämter in den Erfassungsstellen eingesetzt werden musste, verringerte sich die personelle<br />

Kapazität der Grundbuchämter. Aus diesen Gründen war die Bearbeitungszeit im<br />

Falle des Petenten letztlich nicht zu beanstanden.<br />

11.8.2 Spätfolgen des Verlustes eines Personalausweises<br />

Dem Petenten war im <strong>Jahr</strong> 1997 sein Personalausweis abhanden gekommen. Dies hatte er<br />

sofort angezeigt.<br />

Ein Betrüger hatte bei mehreren Thüringer Firmen unter dem Namen des Petenten und mit<br />

dessen Ausweis Elektrogeräte angemietet, Unterschriften gefälscht und die Elektrogeräte<br />

nicht zurückgegeben. Deswegen fand 1998 bei dem Betrüger eine Durchsuchung statt. Dabei<br />

wurde der abhanden gekommene Personalausweis des Petenten beschlagnahmt. Am 25. Mai<br />

2002 wurde der Petent in Brandenburg bei einer Routinekontrolle festgenommen, da die Polizei<br />

davon ausging, <strong>das</strong>s gegen ihn fünf Haftbefehle vorliegen. Erst nach zwei Tagen wurde er<br />

gegen Kaution entlassen.<br />

Der Petent, der sich über seine Festnahme zunächst beim Petitionsausschuss des Brandenburgischen<br />

<strong>Landtag</strong>s beschwert hatte, wurde von diesem an den Thüringer <strong>Landtag</strong> verwiesen.<br />

Denn die Brandenburger vermuteten, <strong>das</strong>s der Thüringer Polizei bei der Registrierung des<br />

abhanden gekommenen Personalausweises ein Fehler unterlaufen sei.<br />

Dies bestätigte sich nach den Stellungnahmen der Landesregierung nicht: Die Polizei hat den<br />

Namen aus dem abhanden gekommenen Ausweis als Aliasnamen im Informationssystem der<br />

Polizei, <strong>das</strong> beim Bundeskriminalamt nach bundeseinheitlichen Richtlinien geführt wird, zu<br />

erfassen. Außerdem kann die Polizei die Nummer des fremden Personalausweises durch einen<br />

INPOL-Sondervermerk aufnehmen. Weist sich eine festgenommene Person später unter dem<br />

Aliasnamen aus, kann die Polizei anhand der Personalausweisnummer sofort feststellen, ob es<br />

54


sich bei dem Dokument um den abhanden gekommenen Ausweis und damit sehr wahrscheinlich<br />

um die gesuchte Person handelt. Wird ein entsprechender INPOL-Sondervermerk - wie<br />

im Fall des Petenten - nicht eingestellt, muss die Polizei zur Sofortidentifizierung des Festgenommenen<br />

Fingerabdrücke nehmen und diese mit dem Bundeskriminalamt abgleichen oder<br />

andere erkennungsdienstliche Maßnahmen durchführen.<br />

Inwieweit dies durch die Polizeibeamten des Landes Brandenburg, die den Petenten am<br />

25. Mai 2002 festgenommen hatten, veranlasst wurde, konnte mangels Zuständigkeit in Thüringen<br />

nicht festgestellt werden. Zur Klärung dieser Frage wurde die Petition wieder dem Petitionsausschuss<br />

des <strong>Landtag</strong>s Brandenburg zugeleitet.<br />

11.8.3 Einbeziehung von Strafgefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung<br />

Ein Strafgefangener beanstandete, <strong>das</strong>s seine Arbeitszeiten während der Haft rentenrechtlich<br />

nicht berücksichtigt werden und forderte vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages,<br />

Strafgefangene in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen.<br />

Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages leitete die Petition den Landesvolksvertretungen<br />

zu, da eine bundesgesetzliche Regelung, die zur Einbeziehung von Strafgefangenen<br />

in die gesetzliche Rentenversicherung erforderlich wäre, bisher aufgrund des Widerstands der<br />

Länder, die als Träger des Strafvollzuges die anfallenden Beiträge zur Sozialversicherung<br />

anteilig übernehmen müssten, noch nicht zustande gekommen sei.<br />

Die Petition wurde der Landesregierung zur Stellungnahme zugeleitet. Für diese verwies <strong>das</strong><br />

Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit darauf, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Bundesverfassungsgericht<br />

mit Urteil vom 1. Juli 1998 gefordert hatte, <strong>das</strong>s die während der Inhaftierung angeordnete<br />

Pflichtarbeit der Strafgefangenen eine angemessene Anerkennung finden muss. In Umsetzung<br />

dieses Urteils wurde im Fünften Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes vom 27. Dezember<br />

2000 geregelt, <strong>das</strong>s die Arbeit der Strafgefangenen zum einen durch Arbeitsentgelt<br />

und zum anderen durch eine Freistellung von der Arbeit anerkannt wird. Die Freistellung von<br />

der Arbeit kann auch als Urlaub aus der Haft genutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet<br />

werden. Eine Einbeziehung der Gefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung<br />

erfolgte nicht.<br />

Da <strong>das</strong> Petitum bundesgesetzlich zu regeln ist, die Bundesländer diese Regelung aber wegen<br />

der auf sie zukommenden finanziellen Belastungen mittragen müssen, beschloss der Petitionsausschuss<br />

des Thüringer <strong>Landtag</strong>s, die Eingabe den Fraktionen des <strong>Landtag</strong>s zur Kenntnis<br />

zu geben und sie erneut dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zuzuleiten.<br />

11.8.4 Angst vor Infektion in der Justizvollzugsanstalt<br />

Ein Gefangener befürchtete, <strong>das</strong>s sich Mitgefangene oder Bedienstete an Hepatitis C anstecken<br />

könnten.<br />

Der Gefangene begründete seine Sorge damit, <strong>das</strong>s Gefangene in der Anstalt an Hepatitis C<br />

erkrankt sind. Obwohl diese Krankheit durch "Tröpfcheninfektion" übertragen werde, würden<br />

die infizierten Gefangenen mit gesunden Gefangenen zusammen Sport treiben, duschen und<br />

die Gemeinschaftsräume benutzen. Dadurch bestehe ein hohes Infektionsrisiko. Hepatitis C<br />

werde auch durch Mücken übertragen.<br />

55


Der Anstaltsarzt wies die Ausführungen des Petenten zur Übertragung von Hepatitis C zurück.<br />

Hepatitis C sei keine Schmierinfektion. Sie könne auch nicht durch Husten, Niesen oder<br />

Mücken übertragen werden. Als Hauptübertragungsweg wird gegenwärtig der Blutkontakt<br />

angesehen. Die in der JVA einsitzenden an Hepatitis C infizierten bekannten Gefangenen<br />

wurden darüber belehrt, wie sie sich zu verhalten haben, um andere nicht anzustecken.<br />

Das Thüringer Justizministerium hat allen Justizvollzugsanstalten Hinweise zur Verfahrensweise<br />

bei der Aufnahme von Gefangenen mit übertragbaren Krankheiten bzw. bei der Aufnahme<br />

von Gefangenen, die angeben, an einer übertragbaren Krankheit zu leiden, erteilt. Dabei<br />

ist zwischen dem Recht des Gefangenen auf informationelle Selbstbestimmung und dem<br />

Recht der Bediensteten und Mitgefangenen auf körperliche Unversehrtheit abzuwägen, wobei<br />

<strong>das</strong> Recht auf körperliche Unversehrtheit der Bediensteten und Mitgefangenen regelmäßig als<br />

höherrangig zu bewerten ist. Erkrankte Gefangene werden grundsätzlich in einem Einzelhaftraum<br />

untergebracht. Mit Zustimmung des Anstaltsleiters und des Anstaltsarztes darf der Erkrankte<br />

ausnahmsweise mit anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht werden.<br />

Das setzt allerdings die Zustimmung der Mitgefangenen voraus.<br />

Der Petitionsausschuss ging davon aus, <strong>das</strong>s die Befürchtungen des Petenten damit ausgeräumt<br />

werden konnten.<br />

11.8.5 Verlegung in ein anderes Bundesland<br />

Ein Strafgefangener in einer Thüringer Justizvollzugsanstalt wandte sich an den Petitionsausschuss,<br />

da er bisher vergeblich seine Verlegung in eine Justizvollzugsanstalt des Landes<br />

Mecklenburg-Vorpommern beantragt hatte.<br />

Der Petent begründete seine Bitte damit, <strong>das</strong>s er sich endlich von seinem bisherigen Umfeld<br />

lösen und nach der Haftentlassung auf Rügen einen Neuanfang wagen wolle. Dazu habe er<br />

sich bereits beim dortigen Arbeitsamt gemeldet und einen Wohnungsantrag gestellt. Hinzu<br />

komme, <strong>das</strong>s er in Mecklenburg-Vorpommern viele gute Freunde habe.<br />

Sämtliche Verlegungsanträge des Petenten wurden vom Leiter der Justizvollzugsanstalt abgelehnt,<br />

weil die von dem Petenten für eine Verlegung angeführten Gründe als nicht ausreichend<br />

oder nicht nachvollziehbar angesehen wurden.<br />

Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) kann ein Gefangener abweichend<br />

vom Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Freiheitsstrafe zuständige Anstalt<br />

verlegt werden, wenn seine Behandlung oder seine Eingliederung nach der Entlassung hierdurch<br />

gefördert wird. Wird die Verlegung in ein anderes Bundesland beantragt, bedarf es nach<br />

§ 26 Abs. 2 Satz 3 Strafvollstreckungsordnung (StrVollstrO) zudem der Einigung der obersten<br />

Vollzugsbehörden beider Länder. Die von dem Petenten in seinen Anträgen dargestellten<br />

Verlegungsgründe erfüllten die Anforderungen für eine Verlegung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1<br />

StVollzG nicht. Es war nicht erkennbar, inwiefern sich durch eine Verlegung des Petenten in<br />

eine Justizvollzugsanstalt des Landes Mecklenburg-Vorpommern die Möglichkeit eröffnet,<br />

sich von seinem bisherigen Umfeld zu lösen. Stabile soziale Bindungen zu einer Lebenspartnerin<br />

oder zu Freunden nach Mecklenburg-Vorpommern konnten nicht festgestellt werden.<br />

Die Briefkontakte des Petenten beschränkten sich auf Behördenpost (Arbeitsamt, Einwohnermeldeamt<br />

etc.) und Firmen zwecks Arbeitssuche.<br />

56


Da eine vorzeitige Entlassung des Petenten frühestens Ende August 2004 in Betracht kommt,<br />

erschienen die von dem Petenten angestrengten Bemühungen um einen Arbeitsplatz, eine<br />

Wohnung und einen Bewährungshelfer in Mecklenburg-Vorpommern noch deutlich verfrüht.<br />

Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Verlegung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1<br />

StVollzG sah der Petitionsausschuss keine Möglichkeit, dem Petenten momentan zu helfen.<br />

11.8.6 Richter sind unabhängig – Staatsanwälte nicht<br />

Der Petent begehrte die Überprüfung eines Gerichtsverfahrens und eines staatsanwaltschaftlichen<br />

Ermittlungsverfahrens. Ein Amtsgericht hatte ihn dazu verurteilt, an den Kläger 482,66<br />

Euro nebst Zinsen zu zahlen. Gegen diese Entscheidung konnte er keine Berufung einlegen,<br />

da die Berufung nur dann zulässig ist, wenn man mindestens in Höhe von 600,00 Euro unterlegen<br />

ist oder <strong>das</strong> Gericht der ersten Instanz die Berufung im Urteil ausdrücklich zugelassen<br />

hat. Das war hier nicht der Fall. Da der Petent <strong>das</strong> Urteil gleichwohl für falsch hielt, erstattete<br />

er Strafanzeige gegen die Richterin wegen Rechtsbeugung. Die Staatsanwaltschaft lehnte die<br />

Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ab, da keine Anhaltspunkte für eine Straftat erkennbar<br />

waren.<br />

Deshalb wandte er sich an den Petitionsausschuss, der ihn darauf hinweisen musste, <strong>das</strong>s er<br />

aufgrund der Gewaltenteilung und der richterlichen Unabhängigkeit nicht befugt ist, gerichtliche<br />

Entscheidungen zu überprüfen, aufzuheben oder abzuändern.<br />

Staatsanwaltschaftliche Verfahren können dagegen überprüft werden. Denn die Staatsanwaltschaft<br />

ist eine weisungsabhängige Behörde. Der Petitionsausschuss sah jedoch keine Anhaltspunkte,<br />

die Entscheidung der Staatsanwaltschaft zu beanstanden. Denn es waren keine Anhaltspunkte<br />

für eine Rechtsbeugung durch die Richterin ersichtlich. Rechtsbeugung ist gemäß<br />

§§ 339, 12 Abs. 1 Strafgesetzbuch ein Verbrechen und liegt nur dann vor, wenn ein Richter<br />

bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache die Gesetze zugunsten oder zum Nachteil<br />

einer Partei bewusst falsch oder gar nicht anwendet. Hier vertrat die Richterin lediglich<br />

eine andere Rechtsauffassung als der Petent.<br />

11.8.7 Dauer von Verfahren vor dem Verwaltungsgericht<br />

In einem Rechtsstreit vor einem Verwaltungsgericht hatten Petenten eine Klage erhoben mit<br />

dem Ziel, eine Änderung der amtlichen Vermessung ihrer Grundstücksgrenzen zu erreichen.<br />

Da von der Klageerhebung im März 2000 bis November 2002 vom Gericht kein Verhandlungstermin<br />

anberaumt wurde, wandten sich die Petenten an den Petitionsausschuss.<br />

Die Richter unterliegen der Dienstaufsicht. Dienstaufsicht ist die Aufsicht der vorgesetzten<br />

Behörden und des Dienstvorgesetzten über die nachgeordneten Behörden und Amtsträger. Sie<br />

beinhaltet die Beobachtung, Anleitung und Beanstandung dienstlicher Verfehlungen. Die<br />

Dienstaufsicht über Richter wird von den jeweiligen Präsidenten der Gerichte und vom Justizministerium<br />

als oberster Dienstaufsichtsbehörde ausgeübt.<br />

Allerdings sind wegen der verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit alle<br />

Entscheidungen eines Richters, die der Rechtsfindung auch nur mittelbar dienen, sie vorbereiten<br />

oder ihr nachfolgen, der Dienstaufsicht grundsätzlich entzogen. Diese Entscheidungen<br />

57


können nur mit den vom Gesetz vorgesehenen Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen angegriffen<br />

werden.<br />

Zwar sind Gerichte grundsätzlich verpflichtet, Verfahren in der Reihenfolge des Eingangs zu<br />

entscheiden. Droht allerdings der Verlust von Beweismitteln oder dienen andere Prozesse als<br />

Entscheidungsgrundlage für noch später zu entscheidende Fälle, können diese Verfahren vorgezogen<br />

werden. Ob dies der Fall ist, entscheidet der Richter selbständig in seiner verfassungsrechtlichen<br />

Unabhängigkeit, so <strong>das</strong>s in einem solchen Fall Maßnahmen der Dienstaufsicht<br />

nicht möglich sind.<br />

Im Fall der Petenten war die zuständige Kammer am Verwaltungsgericht in der Vergangenheit<br />

mit einer großen Zahl von bau- und vermögensrechtlichen Verfahren belastet, die für die<br />

Beteiligten oft von existenzieller Bedeutung waren. Das Verfahren der Petenten schätzte <strong>das</strong><br />

Gericht als objektiv weniger dringlich ein. Deshalb wurde es in diesem Zeitraum nicht im<br />

gleichen Maße gefördert. Zwischenzeitlich hatte der zuständige Richter seine Bereitschaft<br />

erklärt, im Verfahren der Petenten die Notwendigkeit einer Beweisaufnahme zu prüfen.<br />

Der Petitionsausschuss konnte den Petenten daher nur die Gründe für die Dauer des Verfahrens<br />

erläutern. Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung bestanden nicht.<br />

58


11.9 Wirtschaft und Verkehr<br />

11.9.1 Landesplanerische Beurteilung großflächiger Einzelhandelsvorhaben<br />

Ein großes Einzelhandelsunternehmen begehrte eine Rechtsvorschrift, nach der bei der Ansiedlung<br />

von Einzelhandelsmärkten mit einer Verkaufsfläche von mehr als 1.500 m² eine verbindliche<br />

staatliche Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden soll.<br />

Großflächige Einzelhandelsvorhaben (Vorhaben ab einer Verkaufsraumfläche von 700 m²<br />

bzw. einer Geschossfläche von 1.200 m²) werden nach den im Landesentwicklungsprogramm<br />

aufgeführten Zielen und Grundsätzen sowie der Richtlinie über die Verfahrensweise bei großflächigen<br />

Einzelhandelsvorhaben im Landesplanungs- und Baurecht von 1992 nur in Oberund<br />

Mittelzentren zugelassen. Auf dieser Grundlage wird von der Referatsgruppe Raumordnung<br />

und Landesplanung im Thüringer Landesverwaltungsamt ermittelt, inwieweit ein Vorhaben<br />

bei Abwägung der von den beteiligten Trägern öffentlicher Belange vorgebrachten Bedenken<br />

und Anregungen mit den Vorgaben der Raumordnungspläne harmonisiert werden<br />

kann. Insbesondere wird dabei geprüft, ob <strong>das</strong> großflächige Einzelhandelsvorhaben den Einzugsbereich<br />

des zentralen Ortes wesentlich überschreitet und die verbrauchernahe Versorgung<br />

der Bevölkerung sowie die Handelsstruktur benachbarter zentraler Orte wesentlich beeinträchtigt.<br />

Diese landesplanerische Beurteilung ist allerdings nicht verbindlich. Das heißt, Flächenreduzierungen<br />

oder Untersagungen können nicht rechtlich verbindlich vorgenommen werden,<br />

sondern haben nur empfehlenden Charakter, da sie ansonsten in die zwischen den Einzelhandelsunternehmen<br />

bestehenden Konkurrenzverhältnisse eingreifen würden.<br />

Der Petitionsausschuss hat die Petition, soweit ihr durch eine Änderung des Thüringer Landesplanungsgesetzes<br />

entsprochen werden kann, den Fraktionen des <strong>Landtag</strong>s zur Kenntnis<br />

gegeben, da diese die Möglichkeit haben, entsprechende parlamentarische Initiativen zu ergreifen.<br />

11.9.2 Touristische Hinweisschilder an Autobahnen<br />

Ein Verein setzte sich dafür ein, <strong>das</strong>s mit einem Hinweisschild an der Bundesautobahn 38 im<br />

Bereich Heilbad Heiligenstadt auf <strong>das</strong> Grenzmuseum "Schifflersgrund" und <strong>das</strong> Grenzlandmuseum<br />

"Eichsfeld" hingewiesen wird.<br />

Die Aufstellung von touristischen Unterrichtungstafeln auf Autobahnen erfolgt bundeseinheitlich<br />

nach der "Richtlinie für touristische Hinweise an Straßen" (RtH 1988). Die Entscheidung<br />

darüber, ob solche Schilder aufgestellt werden, obliegt dem Ministerium für Wirtschaft,<br />

Arbeit und Infrastruktur als Straßenverkehrsbehörde für die Autobahnen.<br />

Im Zeitpunkt der Beratung der Petition wurde ein Gesamtkonzept für die Aufstellung touristischer<br />

Unterrichtungstafeln entlang der Bundesautobahn 38 erarbeitet. Der Antrag des Petenten<br />

wurde in <strong>das</strong> noch zu erarbeitende Konzept aufgenommen.<br />

59


11.9.3 Keine Akteneinsicht in Personalakten von Dritten<br />

Ein Autofahrer hatte eine Verwarnung über 15,00 Euro erhalten, weil er 8 km/h schneller als<br />

die erlaubten 30 km/h gefahren war. Dies hatte ein Bediensteter einer Stadtverwaltung mittels<br />

Radarmessung festgestellt. Der Petent akzeptierte die Verwarnung nicht. Daraufhin erging ein<br />

Bußgeldbescheid. Der Petent erhielt Akteneinsicht in die Verfahrensakten. Darüber hinaus<br />

forderte er den Fachkundenachweis des Bediensteten, der die Radarmessung durchgeführt<br />

hatte. Dies lehnte die Stadtverwaltung mit dem Hinweis ab, <strong>das</strong>s der Fachkundenachweis Teil<br />

der Personalakten sei und diese dem Petenten nicht zugänglich gemacht werden dürften.<br />

Über eine Akteneinsicht hat die Behörde grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen zu<br />

entscheiden. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehören zu den Akten eines Verfahrens<br />

alle Vorgänge, die von der Verfolgungsbehörde in pflichtgemäßer Ausübung ihrer<br />

Objektivitätsverpflichtung als möglicherweise entscheidungserheblich den Verfahrensakten<br />

zugeordnet werden (BGH St 30, 131 [138]). Das heißt, <strong>das</strong>s zu den Verfahrensakten auch<br />

Beiakten zählen, wovon auch Personalakten erfasst sind.<br />

Dies gilt aber nur für die Personalakte des Beteiligten/Beschwerten selbst, nicht jedoch für<br />

Personalakten Dritter. Die Einsicht in Personalakten einzelner Bediensteter ist dem Bürger im<br />

Rahmen eines Verwaltungsverfahrens daher grundsätzlich nicht zu gewähren. Zwar hat der<br />

betroffene Bürger <strong>das</strong> berechtigte Interesse, <strong>das</strong>s ein straßenverkehrsrechtlich sanktioniertes<br />

oder sonst wie relevantes Verhalten eines Trägers hoheitlicher Gewalt auch nur von fachlich<br />

geeigneten Personen der zuständigen Behörde durchgeführt wird; gleichwohl berechtigt dies<br />

nicht dazu, <strong>das</strong>s der Bürger Einblick in die persönlichen Verhältnisse des Bediensteten erhält.<br />

Dieser tritt für die Behörde auf. Deshalb kann grundsätzlich unterstellt werden, <strong>das</strong>s die in<br />

einem bestimmten Bereich eingesetzten Personen auch die dafür erforderlichen fachlichen<br />

Qualifikationen mitbringen. Dennoch kann die Behörde eine entsprechende Auskunft erteilen,<br />

ohne <strong>das</strong>s sich daraus jedoch eine Rechtspflicht zur Auskunft ergibt oder ein Akteneinsichtsrecht<br />

in die Personalakte begründet wird.<br />

Dem Petitionsausschuss wurde bestätigt, <strong>das</strong>s der Bedienstete erfolgreich einen zweitägigen<br />

Lehrgang in Nordrhein-Westfalen absolviert hat, in dem er ausführlich über Arbeit und Umgang<br />

mit den verwendeten Verkehrsüberwachungsanlagen vertraut gemacht worden war und<br />

damit den notwendigen Fachkundenachweis erbringen kann. Diese Informationen stellte der<br />

Petitionsausschuss auch dem Petenten zur Verfügung.<br />

11.9.4 "Schwarze Monopole"<br />

Die Monopolstellung der Schornsteinfeger und die ständigen Gebührenerhöhungen für<br />

Schornsteinfegerarbeiten waren Gegenstand verschiedener Petitionen.<br />

Die Petenten beanstandeten, <strong>das</strong>s sich die Gebühren für Schornsteinfegerarbeiten von 1996<br />

bis <strong>2003</strong> um ca. 135 % erhöht hätten. Dies sei in keinem Falle gerechtfertigt, da der technische<br />

Aufwand gegenüber anderen Gewerben gering sei und sich in den letzten <strong>Jahr</strong>en nicht<br />

verändert habe.<br />

Unverständnis äußerten die Petenten über die im Schornsteinfegergesetz verankerte Monopolstellung<br />

der Schornsteinfeger.<br />

60


Aufgrund des Schornsteinfegergesetzes in Verbindung mit der Verordnung zur Übertragung<br />

von Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen nach dem Schornsteinfegergesetz<br />

entscheidet der Thüringer Wirtschaftsminister durch Rechtsverordnung (Thüringer Kehr- und<br />

Überprüfungsgebührenordnung - ThürKÜGO) über die Gebühren der Bezirksschornsteinfegermeister<br />

und damit auch über die Gebührenerhöhungen. Er hört hierzu den Landesinnungsverband<br />

des Schornsteinfegerhandwerks, den Landesfachverband der Schornsteinfegergesellen,<br />

den Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft e.V. und den Verband der Haus-, Wohnungs-<br />

und Grundeigentümer in Thüringen e.V. an.<br />

Die Gebührenerhöhungen gehen auf Forderungen des Schornsteinfegerhandwerks zurück.<br />

Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur (TMWAI) überprüft die<br />

Forderungen jährlich auf Anerkennung als Geschäftskosten. Dabei werden nur die Kosten<br />

berücksichtigt, die unmittelbar im Zusammenhang mit den regelmäßig wiederkehrenden Arbeiten<br />

stehen. In den letzten <strong>Jahr</strong>en wurden die Gebührenerhöhungen im Wesentlichen mit<br />

Steigerungen der tariflichen Löhne und höheren Belastungen bei Steuern und Abgaben begründet.<br />

Das so genannte Schornsteinfegermonopol wurde gesetzlich verankert, da die Angehörigen<br />

dieses Berufs ihre Aufgaben im öffentlichen Interesse erfüllen. Aus Gründen der Feuersicherheit<br />

und des Gesundheitsschutzes wurde es bisher als erforderlich erachtet, an diesen Regelungen<br />

festzuhalten.<br />

Da <strong>das</strong> Monopol in einem Bundesgesetz geregelt ist und die Gebührenerhöhungen mit diesem<br />

Monopol in Zusammenhang stehen, leitete der Petitionsausschuss die Petitionen dem Petitionsausschuss<br />

des Deutschen Bundestages zu.<br />

11.9.5 Wenn die Blase drückt<br />

Ein schwerbehinderter Rentner erhielt eine Verwarnung, weil er ohne die erforderliche Sondererlaubnis<br />

auf einem Parkplatz für Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung<br />

bzw. Blinde geparkt hatte. Er beanstandete <strong>das</strong> Verwarnungsgeld, da <strong>das</strong> Parken seiner<br />

Meinung nach wegen eines dringenden Bedürfnisses unausweichlich war.<br />

Der an einer Prostataerkrankung leidende Petent parkte nach seinen Angaben für ca. drei Minuten<br />

auf dem Sonderparkplatz für Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung<br />

bzw. Blinde, um seine Notdurft zu verrichten. Seinen Schwerbehindertenausweis hatte er<br />

gut sichtbar hinter die Frontscheibe gelegt. Während dieser Zeit erteilte ihm der Leiter des<br />

Ordnungsamtes eine Verwarnung in Höhe von 35,00 Euro. Der gesamte Parkplatz war nach<br />

den eigenen Angaben des Petenten allerdings nur mit einem Pkw belegt.<br />

Der Petent erklärte sich zunächst mit der Verwarnung nicht einverstanden. Später zahlte er<br />

<strong>das</strong> Verwarnungsgeld unter Vorbehalt. Wäre der Vorbehalt beachtet worden, hätte sich nun<br />

ein Bußgeldverfahren angeschlossen. Dabei wäre der Vortrag des Petenten, er habe aufgrund<br />

seiner Prostataerkrankung und einer damit verbundenen Blasenschwäche dringend seine Notdurft<br />

verrichten müssen, geeignet gewesen, einen rechtfertigenden Notstand im Sinne von<br />

§ 16 Ordnungswidrigkeitengesetz anzunehmen. Dies hätte zur Folge gehabt, <strong>das</strong>s der Parkverstoß<br />

nicht als rechtswidrig anzusehen gewesen wäre. Der Annahme eines rechtfertigenden<br />

Notstandes steht allerdings entgegen, <strong>das</strong>s der Petent selbst vorgetragen hat, der Parkplatz sei<br />

nur mit einem Pkw belegt gewesen. Demnach hatte der Petent durchaus die Möglichkeit, sein<br />

Fahrzeug ordnungsgemäß abzustellen.<br />

61


Da im Ergebnis nicht von einem rechtfertigenden Notstand auszugehen war, konnte der Petitionsausschuss<br />

dem Petenten nicht raten, auf der Durchführung eines Bußgeldverfahrens zu<br />

bestehen.<br />

11.9.6 Eine Straße für den Sommer<br />

Gegen die Sperrung der L 2381 zwischen Pippelsdorf und Kleingeschwenda richtete sich eine<br />

Petition aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt.<br />

Die gesperrte Teilstrecke der L 2381 zwischen Pippelsdorf und Kleingeschwenda dient als<br />

Verbindungsstraße zwischen der B 85 und der B 281. Sie verläuft durch eine Trinkwasserschutzzone<br />

I. Da sie nicht entsprechend der Richtlinie für bautechnische Maßnahmen an Straßen<br />

in Wassergewinnungsgebieten ausgebaut war, wurde sie für den öffentlichen Verkehr<br />

gesperrt.<br />

In Verbindung mit Baumaßnahmen an der L 2381 wurde der gesperrte Abschnitt der L 2381<br />

als Umleitung genutzt und mit Bitumen befestigt aber nicht nach der genannten Richtlinie<br />

ausgebaut. Nach Ende der Bauarbeiten wurde diese für die Pippelsdorfer günstige Verkehrsanbindung<br />

wieder gesperrt. Nachdem sich der Petent drei <strong>Jahr</strong>e vergeblich für die Freigabe<br />

der Straße eingesetzt hatte, wandten sie sich an den Petitionsausschuss.<br />

Der Petent beklagte, <strong>das</strong>s er durch die Sperrung gezwungen sei, statt 10 km nach Saalfeld 26<br />

km zu fahren und <strong>das</strong> bei mangelnder Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr<br />

und bei steigenden Benzinkosten.<br />

Der Petitionsausschuss konnte dem Petenten mitteilen, <strong>das</strong>s der gesperrte Abschnitt zur<br />

Kreisstraße oder Gemeindestraße heruntergestuft und so ausgebaut werden soll, <strong>das</strong>s er in den<br />

Sommermonaten für den Pkw-Verkehr freigegeben werden kann. Im Winterhalbjahr soll dieser<br />

Straßenabschnitt aber wegen der geringen Fahrbahnbreite, der vorhandenen Kurven und<br />

dem starken Gefälle gesperrt bleiben. Damit konnte dem Anliegen des Petenten teilweise entsprochen<br />

werden.<br />

62


11.10 Wissenschaft, Bildung und Kultur<br />

11.10.1 Personaleinsparungen an Hochschulen dürfen nicht willkürlich sein<br />

An Thüringer Hochschulen ist nicht jede unterrichtete Stunde eine voll bezahlte Stunde im<br />

Sinne der Thüringer Lehrverpflichtungsverordnung. Je nach wissenschaftlichem Gehalt und<br />

praktischen Anteilen wird eine Stunde mit den Faktoren 1, 0,5 oder 0,3 gewertet. Die Zahl der<br />

tatsächlichen Unterrichtsstunden kann den nominellen Umfang der Lehrverpflichtung also<br />

übersteigen. Dies musste eine Sprachlehrkraft an der FSU Jena bereits 2001 zur Kenntnis<br />

nehmen, als ihre bis dahin mit dem Faktor 1 angerechneten acht Stunden nach einer Neubewertung<br />

durch die Universität auf zwölf Unterrichtsstunden hinausliefen. Die Petentin bestand<br />

jedoch auf der weiteren Anrechnung mit dem Faktor 1, da die Änderung der Abrechnung<br />

willkürlich sei, und wandte sich an den Petitionsausschuss.<br />

Der Petitionsausschuss verlangte vom Wissenschaftsministerium Informationen über Vergleichsfälle,<br />

um bewerten zu können, ob eine willkürliche Ungleichbehandlung gegenüber<br />

anderen Sprachlehrkräften der Universität oder anderer Thüringer Hochschulen vorliegt.<br />

Das Ministerium hatte diese Zahlen zunächst nicht vorgelegt. Vielmehr nahm es die Petition<br />

zum Anlass, den Universitäten Anwendungshinweise zur Lehrverpflichtungsverordnung zu<br />

geben. Diese liefen darauf hinaus, alle anderen Sprachlehrkräfte wie die Petentin "herunterzustufen"<br />

und die Ungleichbehandlung auf diesem Weg zu beseitigen.<br />

Der Petitionsausschuss forderte <strong>das</strong> Wissenschaftsministerium deshalb nochmals auf, die<br />

Vergleichszahlen vorzulegen. Hierauf teilte <strong>das</strong> Wissenschaftsministerium Folgendes mit:<br />

Die FSU Jena habe die neue Anrechnungspraxis einheitlich ab dem Wintersemester<br />

<strong>2003</strong>/2004 angewendet. Die Universität Erfurt und die Fachhochschulen hätten die neue Anrechnungspraxis<br />

ebenfalls seit diesem Zeitpunkt angewendet. Die Bauhaus-Universität Weimar<br />

und die Technische Universität Ilmenau würden die Anrechnungshinweise ab dem Sommersemester<br />

2004 anwenden.<br />

Das Ministerium habe bereits mitgeteilt, <strong>das</strong>s es 38 Lehrkräfte für besondere Aufgaben an der<br />

FSU gebe, von denen auch nach der neuen Abrechnungspraxis nur bei 31 eine Anrechnung<br />

analog der Petentin erfolge. Auf die Fragen des Petitionsausschusses, mit welchem Faktor die<br />

Lehrveranstaltungen der übrigen 7 Lehrkräfte angerechnet würden und wodurch die höhere<br />

Anrechnung dieser Lehrveranstaltungsstunden gerechtfertigt sei, habe die FSU Jena mitgeteilt,<br />

<strong>das</strong>s aufgrund der bisherigen Dokumentationspraxis keine untereinander vergleichbaren<br />

Einzelfallangaben möglich seien. Bislang seien im Nachgang zu jedem Semester die Lehrkräfte<br />

über die Dekane der betroffenen Fakultäten und die Institutsdirektoren aufgefordert<br />

worden, die Erfüllung ihrer Lehrverpflichtung mit Hilfe von Musterformularen zu dokumentieren.<br />

In diesen Formularen sollten auch die Anrechnungsfaktoren für die einzelnen Lehrveranstaltungen<br />

eingetragen werden, was allerdings nicht durchgängig ordnungsgemäß erfolgt<br />

sei. Die Anrechnung von Lehrveranstaltungen sei aufgrund bestimmter Festlegungen in den<br />

Arbeitsverträgen der Lehrkräfte für besondere Aufgaben und im Rahmen der Ausübung des<br />

Direktionsrechts im Einzelfall erfolgt. Dabei sei auch die Anzahl der Teilnehmer an den<br />

Lehrveranstaltungen und über <strong>das</strong> Lehrdeputat hinausgehende Lehrtätigkeiten berücksichtigt<br />

worden.<br />

63


Bis zum Wintersemester <strong>2003</strong>/2004 sei die Anrechnung der Lehrveranstaltungen der Lehrkräfte<br />

für besondere Aufgaben im Bereich der Sprachausbildung an der FSU Jena uneinheitlich<br />

erfolgt. Konkrete Aussagen seien nicht möglich, da keine entsprechende Dokumentation<br />

vorgenommen worden sei. An den anderen Thüringer Hochschulen seien die Lehrveranstaltungen<br />

der Lehrkräfte für besondere Aufgaben im Bereich der Sprachausbildung bis zum<br />

Wintersemester <strong>2003</strong>/2004 unterschiedslos mit dem Faktor 1 angerechnet worden. Allerdings<br />

seien an den Hochschulen zusätzlich zu den mit Faktor 1 angerechneten Lehrveranstaltungsarten<br />

weitere Lehrveranstaltungen im Sprachausbildungsbereich von Lehrkräften für besondere<br />

Aufgaben abgehalten worden, die nicht auf <strong>das</strong> Lehrdeputat angerechnet worden seien (z.B.<br />

kulturelle Veranstaltungen, übungsbegleitende Konsultationen und Betreuung von studentischen<br />

Projekten, Betreuung computergestützter Selbstlernübungen und Ähnliches).<br />

Der Petitionsausschuss wird die Petition in einer seiner nächsten Sitzungen erneut beraten.<br />

11.10.2 Behindertengerechte Sanierung nicht immer möglich<br />

Ein Behindertenverband beanstandete, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> neu sanierte Museum für Jagd- und Forstgeschichte<br />

in Paulinzella für Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer nicht frei zugänglich ist.<br />

Das Jagdschloss Paulinzella befindet sich im Eigentum der Stiftung Thüringer Schlösser und<br />

Gärten. Vor der Sanierung des Jagdschlosses Paulinzella wurden nach Aussage der Eigentümerin<br />

die Möglichkeiten der behindertengerechten Erschließung eingehend geprüft. Da <strong>das</strong><br />

Jagdschloss aber aufgrund mehrfachen Umbaues im 16. und 19. <strong>Jahr</strong>hundert innerhalb der<br />

jeweiligen Stockwerke auf sehr engem Raum unterschiedliche Höhenniveaus aufweist, wäre<br />

eine Sanierung ohne Barrieren nur mit einem wesentlichen Eingriff in die Denkmalsubstanz<br />

möglich gewesen. Allein die Räume des Erdgeschosses befinden sich auf vier unterschiedlichen<br />

Höhen. Auch <strong>das</strong> erste Obergeschoss, in dem sich <strong>das</strong> Museum befindet, liegt auf verschiedenen<br />

Niveaus. Das Dachgeschoss mit den Räumlichkeiten für Wechselausstellungen<br />

weist drei Höhenniveaus aus.<br />

Trotz des berechtigten Interesses der Petenten sah der Petitionsausschuss keine Möglichkeit<br />

hier Abhilfe zu schaffen, da bei dem denkmalgeschützten Gebäude erhebliche Eingriffe in die<br />

Bausubstanz erforderlich gewesen wären.<br />

11.10.3 Interesse aus Übersee am Erfurter Petersberg<br />

Ein in den USA lebender gebürtiger Erfurter, der sich noch immer für die Geschichte seiner<br />

Heimatstadt interessiert, unterbreitete Gestaltungsvorschläge für den Erfurter Petersberg.<br />

Da es sich dabei um eine ehemalige Kaiser- und Königspfalz handele, regte der Petent an,<br />

dort ein großes Metall- oder Steindenkmal mit Inschriften der Kaiser und Könige sowie der<br />

dort abgehaltenen Reichstage zu setzen. Ebenso sollten die Bastionen der Zitadelle und einige<br />

andere Gebäude saniert werden.<br />

Der Petitionsausschuss konnte dem Petenten nach Beteiligung des Ministeriums für Wissenschaft,<br />

Forschung und Kunst mitteilen, <strong>das</strong>s es für die Bestimmung des Petersberges als Sitz<br />

einer ehemaligen Königspfalz keine gesicherten historischen Belege gibt, sondern lediglich<br />

eine - allerdings wahrscheinliche - Vermutung. Archäologische Untersuchungen im Bereich<br />

des oberen Plateaus sowie alle anderen bisher erfolgten archäologischen Untersuchungen auf<br />

64


dem Petersberg erbrachten keine Hinweise auf die Existenz einer Pfalz. Deshalb erschien es<br />

der Stadt ausreichend, mit einer ständigen Ausstellung zur Geschichte von Kloster und Festung<br />

im Kommandantenhaus sowie in der Peterskirche auf den vermuteten Standort hinzuweisen.<br />

Der zweifellos großen Bedeutung des Petersklosters soll in angemessener Weise in<br />

Zusammenhang mit der Fortführung der Neugestaltung des oberen Festungsplateaus entsprochen<br />

werden. Dabei ist vorgesehen, nach Auswertung archäologischer Untersuchungen, Bereiche<br />

des ehemaligen Klosters als "archäologisches Fenster" sichtbar zu machen. Zeitlich<br />

konnte die Stadt diese Maßnahmen jedoch noch nicht einordnen. An der Peterskirche selbst<br />

erfolgten in den vergangenen <strong>Jahr</strong>en notwendige bauliche Maßnahmen zur Sicherung des Gebäudes.<br />

Das Thüringer Landesamt für Denkmalpflege hat an der Südfassade mit der Fassadeninstandsetzung<br />

begonnen. Hierbei sind die vom preußischen Militär durchgeführten baulichen<br />

Veränderungen wieder rückgängig gemacht worden. Die Fassade wurde gereinigt und<br />

gefestigt. Eine Fortführung der Maßnahme war aus Geldmangel nicht möglich. Die Stadt versicherte,<br />

<strong>das</strong>s sie sich entsprechend der Bedeutung des Petersberges und des ehemaligen Petersklosters<br />

weiter um eine ansprechende Gestaltung bemühen wird.<br />

11.10.4 Förderung des Singens<br />

Die Musiklehrerin einer Berliner Grundschule setzt sich für die Förderung des Singens ein, da<br />

<strong>das</strong> Singen zur menschlichen Natur gehöre. Ihre jahrelange Berufserfahrung habe ihr gezeigt,<br />

wie die heutige Pädagogik <strong>das</strong> Singen beseitige. Sie forderte deshalb, <strong>das</strong>s sich <strong>das</strong> Schulsingen<br />

nicht am wechselnden Geschmack des Freizeitmarktes orientieren solle, sondern an der<br />

zeitlosen Natur des Stimmorgans und seiner seelischen Gebundenheit.<br />

Die Bitte der Petentin unterstützte der Petitionsausschuss, indem er die Petition den Fraktionen<br />

des <strong>Landtag</strong>s zur Kenntnis gab, um auf die Anregungen der Petentin aufmerksam zu machen.<br />

11.10.5 Stundenausfall bereitete Eltern Sorgen<br />

Besorgte Eltern beklagten häufigen Stundenausfall an einem Gymnasium. Sie befürchteten,<br />

<strong>das</strong>s ihre Kinder die Lernziele nicht erreichen.<br />

Die Überprüfung durch den Petitionsausschuss ergab, <strong>das</strong>s der erhöhte Unterrichtsausfall auf<br />

die längerfristige Erkrankung von zwei Lehrern zurückzuführen war. Zum Teil konnte der<br />

Unterricht durch Vertretungen abgedeckt werden. Soweit dies nicht möglich war, kam die<br />

Genesung der betreffenden Lehrer der Veranlassung weiterer Maßnahmen zuvor. Der Unterrichtsstoff<br />

konnte nach den Angaben des Kultusministeriums trotz des Unterrichtsausfalls<br />

vollständig behandelt werden.<br />

11.10.6 Wann ist die Schülerbeförderung kostenlos?<br />

Eine Mutter forderte eine kostenlose Schülerbeförderung für ihren Sohn, der ein Staatliches<br />

Förderzentrum in der Klassenstufe 9 besucht.<br />

Wer Anspruch auf Schülerbeförderung hat, wird durch § 4 des Thüringer Gesetzes über die<br />

Finanzierung der staatlichen Schulen (ThürSchFG) in der Fassung vom 30. April <strong>2003</strong> bestimmt.<br />

65


Die Schülerbeförderung bzw. Erstattung der Kosten setzt voraus, <strong>das</strong>s die Beförderung zur<br />

Schule notwendig ist (§ 4 Abs. 3 ThürSchFG). Für Schüler der Regelschule, des Gymnasiums<br />

oder der Förderschule ab Klassenstufe 5 ist die Beförderung notwendig, wenn der Schulweg<br />

mindestens drei km lang ist (§ 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 ThürSchFG). Diese Mindestbegrenzung ist<br />

nur dann unbeachtlich, wenn der Schulweg eine besondere Gefahr für die Sicherheit und die<br />

Gesundheit der Schüler bedeutet oder wenn Schüler wegen einer dauernden oder vorübergehenden<br />

Behinderung befördert werden müssen (§ 4 Abs. 4 S. 2 ThürSchFG).<br />

Der Schulweg wurde nachgemessen. Der Weg von der Wohnung bis zur Bushaltestelle wurde<br />

mit einem Entfernungsmesser abgegangen; die Entfernung von der Bushaltestelle bis zur<br />

Schule mit dem Kilometerzähler eines Pkws ermittelt. Insgesamt betrug die Länge des<br />

Schulweges 2.605 Meter. Gründe für die Unbeachtlichkeit der Mindestbegrenzung konnten<br />

nicht festgestellt werden. Die Voraussetzungen für eine kostenlose Schülerbeförderung nach<br />

§ 4 des ThürSchFG lagen somit nicht vor. Deshalb konnte der Petitionsausschuss nur darauf<br />

hinweisen, <strong>das</strong>s die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Schülerbeförderung für<br />

die in ihrem Gebiet wohnenden Schüler die Beförderungskosten auch bei einer geringeren<br />

Entfernung erstatten können. Hierbei handelt es sich jedoch um eine freiwillige Kostenübernahme,<br />

auf die der Petitionsausschuss keinen Einfluss nehmen kann.<br />

66


11.11 Eingaben, für die der Petitionsausschuss nicht zuständig ist<br />

Keine Überprüfungskompetenz besitzt der Petitionsausschuss für privatrechtliche Angelegenheiten<br />

und für Eingaben, die Bundesangelegenheiten betreffen.<br />

Privatrechtliche Angelegenheiten sind Rechtsverhältnisse zwischen privaten Personen oder<br />

solche, die auf Vorschriften des Privatrechts beruhen, wie beispielsweise Kauf, Miete, Pacht,<br />

Kredite, Dienstleistungen sowie Erbschaften. Wegen der fehlenden Überprüfungskompetenz<br />

kann der Petitionsausschuss in diesen Fällen keine Prüfung in der Sache vornehmen. Er kann<br />

lediglich einige allgemeine Hinweise geben. Denn eine Rechtsberatung darf nur von rechtsberatenden<br />

Berufen vorgenommen werden.<br />

Bundesangelegenheiten betreffen die Bundesgesetzgebung oder <strong>das</strong> Handeln von Bundesbehörden<br />

oder sonstigen Einrichtungen, die öffentliche Aufgaben des Bundes wahrnehmen, z.B.<br />

Arbeitsämter oder die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte.<br />

11.11.1 Affiges<br />

Nichts tun konnte der Petitionsausschuss für einen Konzeptkünstler, dessen Kunst nach Medienberichten<br />

darin besteht, sich mit skurrilen Forderungen an öffentliche Stellen zu wenden.<br />

Mit seiner Petition forderte er, die Menschenaffen aus öffentlichen Zoos zu entfernen. Und<br />

zwar aus folgenden Gründen: Die Menschenaffen hätten hinter Gittern und Glas ihr Sexualleben<br />

nicht im Griff. Die "exhibitionistischen" Handlungen von Schimpansen, Gorillas und<br />

Orang-Utans könnten vor allem bei Kindern zu einer sittlichen Gefährdung führen. Überdies<br />

hätten die Menschenaffen wegen ihrer genetischen Ähnlichkeit mit dem Menschen Anspruch<br />

auf ein ungestörtes Sexualleben. Auch strafrechtliche Bedenken kamen dem Petenten. So<br />

könnten Zoodirektoren sich strafbar machen, wenn sie <strong>das</strong> natürliche aber exhibitionistische<br />

Treiben der Menschenaffen zulassen.<br />

Der Petitionsausschuss hat dem Petenten mitgeteilt, <strong>das</strong>s nach seiner Ansicht die mit drei Prozent<br />

bezifferbaren genetischen Unterschiede zwischen Menschen und Menschenaffen ausschlaggebend<br />

sind. Menschenaffen können wegen ihrer Handlungen nicht strafrechtlich verfolgt<br />

werden. Für den Fall, <strong>das</strong>s die "exhibitionistischen" Handlungen Anstoß erregen und<br />

damit die öffentliche Ordnung stören, hat der Ausschuss angeregt, die Affen zu bekleiden.<br />

11.11.2 Zur Geschichte der Nationalhymne<br />

Einem an der Geschichte der Nationalhymne interessierten Bürger konnte der Petitionsausschuss<br />

mit folgenden Informationen dienen:<br />

Für die Bundesrepublik Deutschland ist weder in der Verfassung noch in einem Gesetz ein<br />

Nationallied festgelegt. Der Breslauer Literaturprofessor August Heinrich Hoffmann von<br />

Fallersleben verfasste den Text des Deutschlandliedes am 26. August 1841 auf der damals<br />

noch zu England gehörenden Insel Helgoland. Die Melodie des Liedes entstammt dem von<br />

Joseph Haydn 1797 komponierten Streichquartett, <strong>das</strong> unter der Bezeichnung "Kaiser-<br />

Quartett" in die Musikgeschichte einging. Dieselbe Melodie lag dem Kaiserlied der Österreichisch-Ungarischen<br />

Monarchie zu Grunde.<br />

67


Als Lied der Deutschen wurde es am 5. Oktober 1841 aus Anlass der Ehrung des badischen<br />

Liberalen Karl Welcker in Hamburg uraufgeführt. Erstmals offiziell gesungen wurde <strong>das</strong><br />

Deutschlandlied 1890, als Helgoland im Tausch gegen die afrikanische Insel Sansibar wieder<br />

zu Deutschland gehörte.<br />

Zur Nationalhymne wurde <strong>das</strong> Lied der Deutschen - genau 81 <strong>Jahr</strong>e nach seiner Entstehung -<br />

erst in der Weimarer Republik am 11. August 1922 von der ersten sozialdemokratischen Regierung<br />

erhoben und blieb es – wenn auch auf fatale Weise umgedeutet – im Dritten Reich.<br />

Mit dem Untergang des Dritten Reiches geriet auch <strong>das</strong> Deutschlandlied auf den Index und<br />

der Gesang wurde von den Alliierten unter Strafe gestellt.<br />

Bei der Gründung der Bundesrepublik 1949 wurde zunächst keine Nationalhymne benannt;<br />

vielfach wurde Beethovens Ode an die Freude als Ersatzhymne eingesetzt. Auf Vorschlag des<br />

damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss, sollte die von Rudolf Alexander Schröder gedichtete<br />

und von Hermann Reutter vertonte "Hymne an Deutschland" als Nationalhymne<br />

verwendet werden. Sie wurde Silvester 1950 uraufgeführt, konnte sich aber nicht durchsetzen.<br />

Im Oktober 1951 beschloss der Karlsruher CDU-Parteitag, Bundespräsident Heuss zu bitten,<br />

den Bann vom Deutschlandlied zu nehmen. Erst für den Auftritt zu den Olympischen Spielen<br />

1952 entschied man sich für <strong>das</strong> Deutschlandlied und bestimmte die dritte Strophe als zu singenden<br />

Text.<br />

Für die Transformation des Deutschlandliedes zur Nationalhymne der Bundesrepublik<br />

Deutschland werden die Schriftwechsel zwischen dem Bundespräsidenten Theodor Heuss und<br />

Bundeskanzler Konrad Adenauer vom 29. April und 2. Mai 1952 als entscheidend angesehen.<br />

An diese Korrespondenz anschließend einigten sich im August 1991 der damalige Bundespräsident<br />

Richard von Weizsäcker und Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl in einem Briefwechsel,<br />

die dritte Strophe des Deutschlandliedes auch zur Hymne der wieder vereinten Republik zu<br />

deklarieren.<br />

11.11.3 Blut – Das Ende einer Petition<br />

Eine Justizvollzugsanstalt leitete dem Petitionsausschuss ein Schreiben eines Strafgefangenen<br />

in einem Schutzumschlag zu und teilte dazu mit, <strong>das</strong>s sich der Gefangene eine Wunde beigebracht<br />

und mit dem Blut <strong>das</strong> Schreiben sowie den Umschlag beschmiert habe. Es sei daher<br />

angebracht, bei der Berührung des Schreibens Schutzhandschuhe zu tragen. Der Gefangene<br />

werde sowohl vom Anstaltsarzt als auch vom Psychiater behandelt.<br />

Der Ausschuss leitete den Brief des Gefangenen ungeöffnet zurück. Der Ausschuss ging davon<br />

aus, <strong>das</strong>s dieser <strong>das</strong> Schreiben bewusst beschmiert hatte. Er teilte ihm deshalb mit, <strong>das</strong>s<br />

diese Form der Petition nicht den Anforderungen entspricht, die an eine Eingabe zu stellen<br />

sind. Auch wenn Petitionen grundsätzlich formlos eingereicht werden können, gibt es Grenzen,<br />

an denen die Befassungs- und Erledigungspflicht endet. Der Petent wurde darauf hingewiesen,<br />

<strong>das</strong>s er jederzeit eine inhaltsgleiche Petition in angemessener Form einreichen kann.<br />

68


11.11.4 Forderung nach Schließung von Gerechtigkeitslücken bei der Überleitung der<br />

DDR-Renten in bundesdeutsches Recht<br />

Mehrere Petenten beanstandeten Unterschiede der Renten in Ost und West. Sie forderten insbesondere:<br />

- Überführungslücken, die dadurch entstanden, <strong>das</strong>s DDR-typische mit bundesdeutschen<br />

Verhältnissen nicht vergleichbare Sachverhalte im Prozess der Rentenüberleitung unberücksichtigt<br />

geblieben sind, sollen mit neuen Regelungen geschlossen werden. Das betrifft zum<br />

Beispiel die rechtliche Anerkennung der Tätigkeit von so genannten mithelfenden Familienangehörigen<br />

von Land- und Forstwirten, Handwerkern und anderen Selbständigen.<br />

- Bei den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen sollen die Begrenzungen in der Einkommensanerkennung<br />

für die Rentenberechnung aufgehoben werden. Anstelle der Begrenzungen<br />

soll <strong>das</strong> Einkommen der betroffenen Personengruppen (MfS-Mitarbeiter und höhere<br />

Bedienstete [Gehaltsebene E 3]) vor Eingang in die Rentenberechnung von überhöhten Einkommensbestandteilen<br />

(z.B. durch pauschale Kürzung um 50 % der über dem Durchschnittsverdienst<br />

liegenden Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen) bereinigt werden.<br />

- Die Zusatzversorgungen der wissenschaftlichen, technischen und künstlerischen Intelligenz<br />

sowie der Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post sollen voll<br />

anerkannt werden.<br />

Der Petitionsausschuss hat die Eingaben dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages<br />

zugeleitet, da die Forderungen Bundesrecht betreffen.<br />

Die Forderungen waren auch Gegenstand eines Entschließungsantrages von Mecklenburg-<br />

Vorpommern im Bundesrat. Dieser hat den Entschließungsantrag am 14. März <strong>2003</strong> abgelehnt.<br />

Der Freistaat Thüringen hat der Entschließung nicht zugestimmt, da fast alle im Entschließungstext<br />

aufgeführten so genannten Regelungslücken seitens der Landesregierung anders<br />

bewertet werden. In der <strong>Landtag</strong>sdrucksache 3/3298 werden die Gründe der Landesregierung<br />

dargelegt.<br />

11.11.5 Wohnort für Zuständigkeit des Petitionsausschusses nicht ausschlaggebend<br />

Ein Thüringer Fan des 1. FC Dynamo Dresden beanstandete <strong>das</strong> Vorgehen der niedersächsischen<br />

Polizei gegenüber Fans beim Fußballspiel Eintracht Braunschweig gegen den 1. FC<br />

Dynamo Dresden.<br />

Der Petitionsschuss informierte den Petenten über seine Zuständigkeit. Neben Petitionen zur<br />

Landesgesetzgebung kann der Petitionsausschuss Thüringer Behörden und andere Stellen,<br />

soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen und der Aufsicht des Landes unterstehen, überprüfen.<br />

Mangels Zuständigkeit leitete er die Petition dem Petitionsausschuss des Niedersächsischen<br />

<strong>Landtag</strong>s zu, damit dort <strong>das</strong> Begehren des Petenten überprüft werden kann.<br />

69


12. Statistik<br />

12.1 Anzahl der durch den Petitionsausschuss im Berichtszeitraum bearbeiteten<br />

Petitionen<br />

Eingänge <strong>2003</strong> 920<br />

a) im Berichtszeitraum erledigt .......................................................... 550<br />

b) nicht erledigt................................................................................... 370<br />

aus den Vorjahren 543<br />

a) im Berichtszeitraum erledigt .......................................................... 334<br />

b) nicht erledigt................................................................................... 209<br />

12.2 Form der Petitionen<br />

mündlich 76<br />

a) bei der <strong>Landtag</strong>sverwaltung ........................................................... 52<br />

b) in den Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses .................. 24<br />

schriftlicher Eingang 844<br />

a) nach Weiterleitung durch den Präsidenten..................................... 22<br />

b) nach Weiterleitung durch Mitglieder des <strong>Landtag</strong>s ....................... 58<br />

c) unmittelbar an den Petitionsausschuss ........................................... 629<br />

d) nach Überweisung durch den Deutschen Bundestag ..................... 62<br />

e) nach Überweisung von <strong>Landtag</strong>en ................................................. 4<br />

f) nach Zuleitung durch den Bürgerbeauftragten ............................... 22<br />

g) in sonstiger Weise .......................................................................... 47<br />

12.3 Gliederung der im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen nach<br />

Personengruppen<br />

natürliche Personen 892<br />

Bürger...................................................................................................... 818<br />

Firmen ..................................................................................................... 9<br />

Bürgerinitiativen...................................................................................... 7<br />

Interessengemeinschaften........................................................................ 42<br />

Vertretung durch Rechtsanwälte ............................................................. 16<br />

juristische Personen 28<br />

des öffentlichen Rechts ........................................................................... 17<br />

des privaten Rechts.................................................................................. 11<br />

70


12.4 Gesamtzahl der eingegangenen Petitionen von 1991 bis <strong>2003</strong><br />

1400<br />

1200<br />

1330<br />

1225<br />

1000<br />

800<br />

857<br />

954<br />

1062<br />

1116 1138 896<br />

997<br />

900 888 920<br />

600<br />

400<br />

538<br />

200<br />

0<br />

32<br />

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 <strong>2003</strong><br />

12.5 Zahl der monatlich im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

84<br />

87<br />

73<br />

75 73<br />

77<br />

79<br />

80<br />

93<br />

71 71<br />

60<br />

50<br />

57<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.<br />

71


12.6 Gliederung der im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen nach<br />

Petitionsarten<br />

Einzelpetitionen 895<br />

davon Legislativpetitionen 19<br />

Sammelpetitionen 17<br />

davon Legislativpetitionen 6<br />

Massenpetitionen 8<br />

davon Legislativpetitionen 3<br />

12.7 Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses<br />

Im Berichtszeitraum fanden 5 Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses statt.<br />

Greiz, Außenstelle Gera<br />

Heiligenstadt<br />

Mühlhausen<br />

Schleiz<br />

Sonneberg<br />

28. März<br />

23. Mai<br />

4. und 5. Oktober im Rahmen des Thüringentages<br />

24. Oktober<br />

5. Dezember<br />

12.8 Sitzungen des Petitionsausschusses<br />

<strong>2003</strong> fanden insgesamt 9 Sitzungen statt.<br />

Anzahl der in 9 Sitzungen behandelten Petitionen 921<br />

aus <strong>2003</strong>................................................................................................... 576<br />

aus den Vorjahren.................................................................................... 345<br />

gegliedert nach den einzelnen Sitzungen:<br />

Sitzung 16.01. 20.02. 27.03. 22.05. 26.06. 04.09. 09.10. 06.11. 04.12.<br />

gesamt 64 104 68 117 103 177 118 80 90<br />

aus <strong>2003</strong> - 10 24 77 65 147 103 69 81<br />

aus Vorjahren 64 94 44 40 38 30 15 11 9<br />

72


Gemäß Sammelübersicht abgeschlossene Petitionen 884<br />

aus <strong>2003</strong>................................................................................................... 550<br />

aus den Vorjahren.................................................................................... 334<br />

gegliedert nach den einzelnen Sitzungen:<br />

Sitzung 16.01. 20.02. 27.03. 22.05. 26.06. 04.09. 09.10. 06.11. 04.12.<br />

gesamt 61 104 67 116 100 165 109 77 85<br />

aus <strong>2003</strong> - 10 24 76 64 136 96 66 78<br />

aus Vorjahren 61 94 43 40 36 29 13 11 7<br />

12.9 Entscheidungen des Petitionsausschusses zu den in den Sitzungen behandelten<br />

Petitionen (gemäß der Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>s)<br />

§ 99 Abs. 1 Nr. 1<br />

"die Eingabe der Landesregierung zu überweisen" 6<br />

- aus <strong>2003</strong> 5<br />

- aus den Vorjahren 1<br />

§ 99 Abs. 1 Nr. 2<br />

"festzustellen, <strong>das</strong>s dem in der Eingabe vorgebrachten Anliegen<br />

nicht abgeholfen werden kann" 202<br />

- aus <strong>2003</strong> 108<br />

- aus den Vorjahren 94<br />

§ 99 Abs. 1 Nr. 3<br />

"die Eingabe für erledigt zu erklären" 570<br />

- aus <strong>2003</strong> 345<br />

- aus den Vorjahren 225<br />

§ 99 Abs. 1 Nr. 4<br />

"von einer sachlichen Prüfung der Eingabe abzusehen" 39<br />

- aus <strong>2003</strong> 32<br />

- aus den Vorjahren 7<br />

73


§ 96 Abs. 1<br />

Weiterleitung an zuständige Stellen 65<br />

z.B. Petitionsausschüsse des Bundestages oder anderer <strong>Landtag</strong>e<br />

- aus <strong>2003</strong> 56<br />

- aus den Vorjahren 9<br />

§ 96 Abs. 2<br />

Überweisung an andere Ausschüsse als Material 6<br />

- aus <strong>2003</strong> 5<br />

- aus den Vorjahren 1<br />

§ 99 Abs. 1 Nr. 6<br />

"die Eingabe den Fraktionen des <strong>Landtag</strong>s zur Kenntnis zu geben" 27<br />

- aus <strong>2003</strong> 23<br />

- aus den Vorjahren 4<br />

12.10 Gliederung der <strong>2003</strong> eingegangenen Petitionen nach Sachgebieten<br />

Sachgebiete Petitionen v. H.<br />

Arbeit, Soziales und Gesundheit 123 13,4<br />

Bauordnungs- und Bauplanungsrecht 40 4,3<br />

Finanzwesen / Offene Vermögensfragen 35 3,8<br />

Kommunale Angelegenheiten 122 13,3<br />

Landwirtschaft / Umwelt und Naturschutz 55 6,0<br />

Polizei- und Ordnungsrecht 61 6,6<br />

Recht des öffentlichen Dienstes 35 3,8<br />

Rechtspflege 148 16,1<br />

Wirtschaft und Verkehr 59 6,4<br />

Wissenschaft, Bildung und Kultur 60 6,5<br />

Zivilrecht / Strafrecht 19 2,1<br />

Bundeszuständigkeit (alleinige) 68 7,4<br />

Sonstiges 95 10,3<br />

74


12.11 Schwerpunkte in den einzelnen Sachgebieten<br />

Arbeit, Soziales und Gesundheit<br />

- Gesundheitswesen<br />

- Sozialhilfe<br />

- Rentenrecht/LVA<br />

- Behindertenhilfe<br />

Bauordnungs- und Bauplanungsrecht<br />

- Baugenehmigungen<br />

Finanzwesen / Offene Vermögensfragen<br />

- Steuern<br />

- Offene Vermögensfragen<br />

Kommunale Angelegenheiten<br />

- Kommunalabgaben<br />

- Beschwerden über die Arbeitsweise kommunaler Behörden<br />

Landwirtschaft / Umwelt und Naturschutz<br />

- Lärm- und Geruchsimmissionen<br />

- Naturschutz<br />

- Wasserwirtschaft<br />

Polizei- und Ordnungsrecht<br />

- Aufenthalt, Ausweisung und Abschiebung von Ausländern<br />

- Polizei<br />

Recht des öffentlichen Dienstes<br />

- Eingruppierung von Angestellten<br />

Rechtspflege<br />

- Strafvollzug<br />

- Gerichtsverfahren<br />

Wirtschaft und Verkehr<br />

- öffentliche Straßen<br />

Wissenschaft, Bildung und Kultur<br />

- Schulen/Schulentwicklung<br />

75


Gliederung<br />

der <strong>2003</strong> eingegangenen<br />

Petitionen nach Sachgebieten<br />

Rechtspflege<br />

Arbeit, Soziales und<br />

Gesundheit<br />

Kommunale Angelegenheiten<br />

35<br />

19<br />

148<br />

123<br />

Polizei- und Ordnungsrecht<br />

Sonstiges<br />

Wirtschaft und Verkehr<br />

40<br />

68<br />

55<br />

61<br />

122<br />

Wissenschaft, Bildung und<br />

Kultur<br />

Finanzwesen / Offene<br />

Vermögensfragen<br />

Landwirtschaft / Umwelt und<br />

Naturschutz<br />

Bundeszuständigkeit (alleinige)<br />

35<br />

60<br />

59<br />

95<br />

Bauordnungs- und<br />

Bauplanungsrecht<br />

Recht des öffentlichen Dienstes<br />

Zivilrecht / Strafrecht

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