Kapitel 19 Wie der Wirtschaftsprozess durch die Notenbank ...
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<strong>Kapitel</strong> <strong>19</strong><br />
<strong>Wie</strong> <strong>der</strong> <strong>Wirtschaftsprozess</strong> <strong>durch</strong><br />
<strong>die</strong> <strong>Notenbank</strong> stabilisiert werden kann
Der institutionelle Rahmen für <strong>die</strong><br />
Geldpolitik in Deutschland<br />
• Deutschland ist seit <strong>19</strong>99 Mitglied in <strong>der</strong><br />
Europäischen Währungsunion<br />
(„Euroraum“)<br />
‣ Alle geldpolitischen Kompetenzen bei <strong>der</strong><br />
Europäischen Zentralbank<br />
‣ Einheitliche Zinspolitik für den gesamten<br />
Währungsraum<br />
‣ Keine Wechselkursän<strong>der</strong>ungen gegenüber<br />
an<strong>der</strong>en Mitgliedslän<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Währungsunion
Eurosystem, d.h. Mitgliedslän<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Währungsunion
„Europäische Zentralbank“<br />
• 16 Mitgliedslän<strong>der</strong> <strong>der</strong> Währungsunion:<br />
„Eurosystem“<br />
• Besteht aus: 16 nationalen<br />
<strong>Notenbank</strong>en und <strong>der</strong> Europäischen<br />
Zentralbank (Sitz: Frankfurt/M.)<br />
• Entscheidungsgremium: EZB-Rat<br />
• 6 Direktoriumsmitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> EZB und<br />
16 nationale <strong>Notenbank</strong>-Präsidenten
Grundprinzipien <strong>der</strong> EZB<br />
• Politisch völlig unabhängig (Art. 107<br />
EGV)<br />
• Primär auf das Ziel <strong>der</strong> Geldwertstabilität<br />
verpflichtet (Art. 105 EGV)<br />
• An<strong>der</strong>e Ziele (Wachstum, Beschäftigung)<br />
nur dann, wenn sie dem Hauptziel nicht<br />
entgegenstehen (Art. 105 EGV)<br />
• Keine Finanzierung öffentlicher<br />
Haushalte (Art. 101 EGV)
Erweiterung des makroökonomischen<br />
Grundmodells um <strong>die</strong> Geldpolitik<br />
• Investitionen (und damit auch <strong>die</strong><br />
gesamtwirtschaftliche Nachfrage) sind<br />
abhängig vom Zinsniveau<br />
• Annahme: <strong>Notenbank</strong> kann das<br />
Zinsniveau perfekt steuern<br />
• <strong>Wie</strong> das genau geht: <strong>Kapitel</strong> 21 (nicht<br />
klausurrelevant)
Traditionelle Theorie <strong>der</strong><br />
Investitionsnachfrage<br />
• Entspricht Investitionstheorie <strong>der</strong> BWL<br />
• Investition wird nur <strong>durch</strong>geführt, wenn sie<br />
einen positiven Kapitalwert aufweist (bzw.<br />
wenn sie eine interne Verzinsung bietet,<br />
<strong>die</strong> höher ist als <strong>der</strong> Marktzins für Kredite<br />
o<strong>der</strong> eine alternative Anlage)
Investitionsnachfrage in <strong>der</strong> VWL<br />
• Alle Investitionsprojekte werden in<br />
Abhängigkeit von ihrer internen Verzinsung<br />
(„Rendite“ o<strong>der</strong> „Grenzleistungsfähigkeit<br />
des Kapitals“) sortiert<br />
• Das Investitionsvolumen hängt dann davon<br />
ab, wie hoch <strong>die</strong> <strong>Notenbank</strong> den Zinssatz<br />
festlegt
Investitionsnachfrage (Beispiel)<br />
interner<br />
Zinsfuß<br />
20<br />
2 Mio<br />
1 Mio<br />
4 Mio<br />
10<br />
1 Mio<br />
5 Mio<br />
Investitionsprojekte
Investitionsfunktion in unserem Modell<br />
• I = d - n i<br />
d.h. d=maximale Investitionen (bei einem<br />
Zins von Null)<br />
• n: gibt an wie stark <strong>die</strong> Investitionen auf<br />
Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zinsen reagieren<br />
• Streng genommen: Investitionen hängen<br />
nicht vom Nominalzins (i), son<strong>der</strong>n vom<br />
Realzins (r) ab. Da in <strong>die</strong>sem <strong>Kapitel</strong> <strong>die</strong><br />
Inflation nicht berücksichtigt wird, kann<br />
<strong>die</strong>ser Aspekt vernachlässigt werden.<br />
Siehe <strong>Kapitel</strong> 22 (nicht klausurrelevant) !
Investitionsfunktion (graphisch)
Investitionsfunktion (empirisch)<br />
7<br />
SB18.3<br />
Investitionsfunktion<br />
(empirisch)<br />
Realer Kapitalmarktzins<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
-12 -8 -4 0 4 8 12<br />
Investitionslücke
Zinsen wirken auf Unternehmensbilanzen<br />
(„leverage Effekt“)<br />
(1)<br />
(2)<br />
(3)<br />
(3) in (2)<br />
EK FK<br />
rGK rEK rFK<br />
GK GK<br />
GK FK<br />
rEK rGK rFK<br />
EK EK<br />
GK EK FK<br />
rGK rGK rGK<br />
EK EK EK<br />
FK<br />
rEK rGK ( rGK rFK<br />
)<br />
EK<br />
Anleitung:<br />
1.Schritt: (1) nach rEK<br />
auflösen, indem man mit<br />
GK/EK multipliziert<br />
2.Schritt: den Term<br />
GK<br />
in seine Komponenten<br />
zerlegen und in (2)<br />
einsetzen<br />
3.Schritt: für EK/EK 1<br />
einsetzen<br />
4.Schritt: FK/EK<br />
ausklammern<br />
r<br />
GK<br />
<br />
EK
Logik des Leverage Effekt<br />
• Bei einem Fremdkapitalzins, <strong>der</strong> niedriger<br />
ist als <strong>die</strong> Rendite des Gesamtkapitals,<br />
kann <strong>die</strong> Eigenkapitalrendite erhöht<br />
werden, wenn ein Unternehmen seine<br />
Verschuldung (FK/EK) erhöht.<br />
• Wichtige Erklärung für hohe<br />
Risikoanfälligkeit von Hedge-Fonds,<br />
Investmentbanken und Großbanken
„Balance Sheet Kanal“<br />
• Die <strong>Notenbank</strong> kann über ihre Zinspolitik<br />
<strong>die</strong> Fremdkapitalzinsen beeinflussen<br />
• Höhere Fremdkapitalzinsen wirken sich<br />
nachteilig auf <strong>die</strong> Eigenkapitalrendite <strong>der</strong><br />
Unternehmen aus:<br />
Je höher <strong>der</strong> Verschuldungsgrad <strong>der</strong><br />
Unternehmen<br />
Je höher kurzfristige Verschuldung, da<br />
<strong>Notenbank</strong> vor allem <strong>die</strong> kurzfristigen<br />
Zinsen beeinflussen kann
Gesamtwirtschaftliche Nachfrage in<br />
Abhängigkeit vom Zinsniveau<br />
• Konkrete Investitionsfunktion<br />
I = 10 - 2i
Investitionsfunktion und Investitionen bei<br />
unterschiedlichen Zinssätzen<br />
i<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
4,5%<br />
4%<br />
3,5%<br />
2<br />
1 3<br />
2 4 6 8 10 12<br />
Investitionen
Gesamtwirtschaftliche Nachfrage bei<br />
zinsabhängigen Investitionen im i/Y-Diagramm<br />
Schaubild 18.4: Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage wird<br />
vom Zinsniveau bestimmt<br />
Y n<br />
10<br />
8<br />
B<br />
Y a n<br />
Y (i = 3,5 %)<br />
C n<br />
Y (i = 4 %)<br />
n<br />
Y (i = 4,5 %)<br />
6<br />
A<br />
4<br />
2<br />
i<br />
2 4 6 8 10 12<br />
Y a<br />
10<br />
8<br />
6<br />
Vom Zins<br />
abhängige<br />
gesamtwirtschaftliche<br />
Nachfrage<br />
4<br />
A<br />
B<br />
C<br />
2<br />
2 4 6 8 10 12<br />
Gesamtwirtschaftliche<br />
Nachfrage =<br />
Gesamtwirtschaftliches<br />
Angebot
Die Geldpolitik <strong>der</strong> <strong>Notenbank</strong> im i/Y-<br />
Diagramm<br />
• Annahme: <strong>Notenbank</strong> kann das für <strong>die</strong><br />
Investitionen relevante Zinsniveau perfekt<br />
bestimmen<br />
Grafisch als Zinslinie im i/Y-Diagramm<br />
Zinsniveau wird von <strong>der</strong> <strong>Notenbank</strong> so<br />
festgelegt, dass Vollbeschäftigung erreicht<br />
wird
Zinslinie als Aktionsparameter <strong>der</strong><br />
<strong>Notenbank</strong><br />
i<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
Zinslinie (4%)<br />
Zinslinie (3,25%)<br />
2<br />
2 4 6 8 10 12<br />
Gesamtwirtschaftliche<br />
Nachfrage =<br />
Gesamtwirtschaftliches<br />
Angebot
Optimale Geldpolitik bei zinsabhängiger<br />
gesamtwirtschaftlicher Nachfrage<br />
i<br />
12<br />
10<br />
8<br />
Gesamtwirtschaftliche Nachfrage<br />
6<br />
4<br />
Zinslinie (4%)<br />
2<br />
2 4 6 8 10 12<br />
Gesamtwirtschaftliche<br />
Nachfrage =<br />
Gesamtwirtschaftliches<br />
Angebot
Die Geldpolitik kann bei Nachfrageschock dafür<br />
sorgen, dass Vollbeschäftigung erhalten bleibt<br />
i<br />
12<br />
10<br />
8<br />
Gesamtwirtschaftliche Nachfrage<br />
6<br />
4<br />
Zinslinie (4%)<br />
Zinslinie (3,5%)<br />
2<br />
2 4 6 8 10 12<br />
Outputlücke bei<br />
i = 4%<br />
Gesamtwirtschaftliche<br />
Nachfrage =<br />
Gesamtwirtschaftliches<br />
Angebot
Zinspolitik beim Nachfrageschocks <strong>der</strong><br />
Jahres 2001und 2009<br />
8.0<br />
7.0<br />
United Kingdom<br />
United States<br />
Euro area<br />
6.0<br />
5.0<br />
4.0<br />
3.0<br />
2.0<br />
1.0<br />
0.0<br />
<strong>19</strong>94 <strong>19</strong>95 <strong>19</strong>96 <strong>19</strong>97 <strong>19</strong>98 <strong>19</strong>99 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />
<strong>Notenbank</strong>zinsen von <strong>19</strong>99 bis 2009
In <strong>der</strong> Praxis ist Geldpolitik ist<br />
komplexer als in einfachem Modell<br />
• Unsicherheit über <strong>die</strong><br />
Wirkungsverzögerungen geldpolitischer<br />
Maßnahmen („lange und variable<br />
Wirkungsverzögerungen“)<br />
• Unsicherheit über <strong>die</strong> Modellstruktur<br />
• Unsicherheit über <strong>die</strong> Datenlage<br />
(insbeson<strong>der</strong>e Höhe <strong>der</strong> Output-Lücke)
Monetarismus als extreme<br />
geldpolitische Position<br />
• <strong>Notenbank</strong> soll ganz auf aktivistische<br />
Zinssteuerung verzichten und statt dessen<br />
<strong>die</strong> Geldmenge mittelfristig auf einem<br />
stabilen Wachstumspfad halten<br />
• Reste <strong>die</strong>ses Denkens sind in EZB-<br />
Strategie noch enthalten, aber für konkrete<br />
Politik nur noch sehr geringe Relevanz
Zinsmechanismus bei<br />
klassischen Ökonomen<br />
i<br />
S ex ante<br />
(Angebot an<br />
Ersparnissen)<br />
i 1<br />
i 2<br />
I ex ante<br />
(Nachfrage nach<br />
Ersparnissen)<br />
I, S
Die Kritik von Keynes: Ersparnisse<br />
können in <strong>der</strong> Liquiditätsfalle landen<br />
• Die Entscheidung eines Haushalts zu<br />
sparen, bedeutet noch nicht, dass <strong>die</strong>ser<br />
bereit ist, seine Mittel auch langfristig am<br />
Kapitalmarkt anzulegen<br />
• Bei großer Unsicherheit und vor allem bei<br />
niedrigen langfristigen Zinsen kann es<br />
dazu kommen,<br />
dass <strong>die</strong> Ersparnisse sehr kurzfristig<br />
angelegt werden,<br />
so dass es dann nicht zu einem Rückgang<br />
<strong>der</strong> langfristigen Zinsen kommt
Die Gleichungen des<br />
Modells lauten<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
n<br />
a<br />
Y a bY d ni Gesamtwirtschaftliche Nachfrage<br />
Y<br />
n<br />
<br />
<br />
a<br />
Y Gesamtwirtschaftliches Angebot<br />
i i Zinslinie <strong>der</strong> <strong>Notenbank</strong><br />
1<br />
Y0<br />
a d n i Gesamtwirtsc<br />
1<br />
b <br />
haftliches Gleichgewicht<br />
Der Gleichgewichtswert von<br />
gesamtwirtschaftlichem Angebot und<br />
gesamtwirtschaftlicher Nachfrage wird jetzt<br />
also auch vom Zinsniveau bestimmt, das<br />
<strong>durch</strong> <strong>die</strong> <strong>Notenbank</strong> gesteuert wird.