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FRAUEN IN FÜHRUNG - Moskito

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<strong>FRAUEN</strong> <strong>IN</strong> <strong>FÜHRUNG</strong><br />

Eine Beilage der Süddeutschen Zeitung<br />

Eine Quote,<br />

maßgeschneidert<br />

Der Bundesverband der Personalmanager kämpft<br />

mit dem „Dynamic Gender Index“ für die Flexiquote,<br />

die Besonderheiten der Branchen berücksichtigt<br />

Von Christine Demmer<br />

Viviane Reding hat die Faxen dicke.<br />

Weil die freiwillige Selbstverpflichtung<br />

der Wirtschaft, sich um eine Erhöhung<br />

des Frauenanteils in den Führungsebenen<br />

der Unternehmen zu bemühen, kaum<br />

etwas bewegt habe, droht die EU-Justizkommissarin<br />

für den kommenden Sommer<br />

„konkrete Vorschläge“ für eine verbindliche<br />

Frauenquote an.<br />

Darüber regt sich Malte Hansen, Personalleiter<br />

beim Umweltdienstleister<br />

Veolia in Berlin, auf: „Das geht an der Unternehmensrealität<br />

vorbei“, sagt er, „insbesondere<br />

in den Wirtschaftszweigen<br />

Stahl, Industrie und Autobau“. Weil dort<br />

vergleichsweise wenige Frauen arbeiteten,<br />

weiß er nicht, wie der Anteil der Führungsfrauen<br />

in den Zupackerbranchen<br />

auf 30 Prozent zu hieven sei. Nur wegen<br />

einer gesetzlichen Vorgabe könnten die<br />

Firmen keine Managerinnen herbeizaubern.<br />

„Die Betriebe entlassen doch keine<br />

Männer“, schimpft der Personaleiter,<br />

„nur um eine Frauenquote zu erfüllen.“<br />

Bis hierher handelt es sich um eine Einzelstimme.<br />

Weil aber Malte Hansen nicht<br />

nur Personalchef ist, sondern auch Mitbegründer<br />

und Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes<br />

Personalmanager (BPM) in<br />

Berlin, unterstützt er die Forderung nach<br />

einem höheren Frauenanteil in Führungspositionen<br />

– allerdings unter Berücksichtigung<br />

der unterschiedlichen Ausgangssituationen<br />

der einzelnen Branchen und<br />

Organisationen.<br />

Nach Ansicht der Verbandsarbeitsgruppe<br />

„Women up!“ ist eine pauschale<br />

Quotenregelung über alle Unternehmen<br />

hinweg „nicht zielführend“. Besser sei<br />

die Selbstverpflichtung zur Erreichung<br />

einer firmenindividuellen Messlatte, wie<br />

sie unter den Namen „Flexiquote“ auch<br />

von Bundesfamilienministerin Kristina<br />

Schröder (CDU) bevorzugt wird.<br />

Die Frage ist allerdings, wie ein Unternehmen<br />

den genau zu ihm passenden Führungsfrauenanteil<br />

ermitteln kann, ohne<br />

Zuflucht zu griffigen 10-, 25- oder<br />

30-Prozent-Quoten nehmen zu müssen.<br />

Dazu hat der etwa 3000 Mitglieder zäh-<br />

lende Verband ein Berechnungswerkzeug<br />

entwickelt, den sogenannten Dynamic<br />

Gender Index (DGI).<br />

Der Dynamic Gender Index bildet den<br />

aktuellen und den in einem definierten<br />

Zeitraum erreichbaren Frauenanteil in<br />

den Führungspositionen eines Unternehmens<br />

ab“, sagt Malte Hansen. „Wir geben<br />

den Firmen damit ein Handwerkszeug,<br />

um zu schauen, welche Möglichkeit sie<br />

haben, um die Geschlechtergerechtigkeit<br />

in den nächsten Jahren zu beeinflussen<br />

und darüber mehr Frauen in das Topmanagement<br />

zu bekommen“, ergänzt Nina<br />

Göllinger, Leiterin der Verbandsbundesgeschäftsstelle<br />

in Berlin.<br />

„Als Hauptproblem erweist<br />

sich die Frage: Wer gehört<br />

zum Topmanagement?“<br />

Das Excel-Tool steht seit Oktober auf<br />

der Webseite des Verbandes zum Ausfüllen<br />

bereit. Bisher sei die Berechnung, für<br />

die keine Kosten erhoben werden, etwa<br />

3300 Mal durchgeführt worden, berichtet<br />

Hansen. Die Anwender blieben dabei<br />

anonym, doch als kaum überraschender<br />

Zwischenstand zeige die Datenlage: „Je<br />

größer ein Unternehmen, desto geringer<br />

ist der Anteil von Frauen in Spitzenpositionen.“<br />

Allerdings liegt die Definition dessen,<br />

was als Spitzenposition zu werten<br />

ist, bei den Unternehmen selbst.<br />

Die Spannweite reicht von der Betrachtung<br />

des obersten Leitungsgremiums,<br />

also des Vorstands oder der Geschäftsleitung,<br />

bis hin zur Erfassung von Fachbereichs-<br />

oder Filialleiterinnen. Nur die im<br />

Dax-30 zusammengefassten größten börsennotierten<br />

Unternehmen liefern einen<br />

festen Vergleichsmaßstab. Hier liegt der<br />

Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder<br />

bei aktuell 3,4 Prozent.<br />

Angesichts der seit Jahren in Rede stehenden<br />

Führungsfrauenquote ist die<br />

Idee, den Anteil der eigenen weiblichen<br />

Leitenden zu messen, sicher nicht verkehrt.<br />

Trotzdem, so Hansen, werde das in<br />

vielen Firmen nicht getan. „Als Haupt-<br />

Es isst einn fasziinnierennddes EErrlebnnis,<br />

wennn schhon vvor dem SStartt einess<br />

neuuen Auudi allles Hand in Haand grreift.<br />

Bei der Entwicklung eines Audi sind Werke und Partner aus der<br />

ganzen Welt beteiligt. In der Vorserienlogistik arbeiten wir<br />

mit allen eng zusammen. Deshalb schaff e ich über alle Grenzen<br />

hinweg eine Basis aus Wertschätzung und Vertrauen. Das ist mein<br />

Erfolgsrezept, um einen neuen Audi perfekt auf den Produktions-<br />

start vorzubereiten.<br />

Martina Schwarzer-Niederwieser,<br />

Leiterin Vorserienlogistik Markenverbund<br />

Studium: Betriebswirtschaftslehre<br />

Mehr erfahren und selbst magische<br />

Momente erleben: www.audi.de/karriere<br />

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen steht während eines Interviews hinter einem Aufkleber mit der<br />

Aufschrift „Chefin“. Trotz Kritik aus den eigenen Reihen pocht sie auf die gesetzliche Frauenquote. Foto: dapd<br />

Zehn von zweihundert<br />

Langsam, aber sicher drängen auch in<br />

deutschen Konzernen die Frauen an die<br />

Spitze. Auf den ersten Blick scheinen die<br />

Beispiele erfolgreicher weiblicher Führungskräfte<br />

die Diskussion um die Frauenquote<br />

mancherorts überflüssig zu machen.<br />

Viele der Gipfelstürmerinnen hätten<br />

keine Sonderregeln nötig gehabt,<br />

heißt es. Auffällig daran ist: Frauen werden<br />

meist als Personalchefinnen geholt –<br />

zweifelsohne ein wichtiges Ressort. Doch<br />

Bereiche wie Einkauf, Finanzen oder Produktion<br />

sind weiter fest in Männerhand.<br />

Lassen die alten Platzhirsche die neue Elite<br />

nur ans Ruder, solange sie selbst ihr angestammtes<br />

Revier behalten dürfen?<br />

„Frauenförderung ist auch eine Aufgabe<br />

derer, die bereits in Führungspositionen<br />

sind. Da muss in vielen Firmen noch<br />

eine gewisse Offenheit entstehen“, sagt<br />

Kris Hauf, Europa-Chefin des Managerinnen-Netzwerks<br />

EWMD in Wiesbaden.<br />

Das Vordringen der Kolleginnen in der<br />

Mitarbeiterführung stimme sie positiv.<br />

Dennoch: „Es wäre zu begrüßen, wenn<br />

Frauen öfter in andere Ressorts kämen.“<br />

Personalchefinnen wie Kathrin Menges<br />

(Henkel), Ex-Bahn-Managerin Margret<br />

Suckale (BASF) oder Brigitte Ederer<br />

(Siemens) bekommen bald Gesellschaft:<br />

In den kommenden Monaten rücken mit<br />

Marion Schick (Deutsche Telekom), Angela<br />

Titzrath (Deutsche Post) und Milagros<br />

Caiña-Andree (BMW) weitere Frauen<br />

nach. Die 30 Dax-Konzerne haben<br />

dann zehn weibliche Vorstände – die<br />

meisten sind Arbeitsdirektorinnen.<br />

„Das ist ein Prozess, der Fahrt aufgenommen<br />

hat“, sagt Hauf. Doch trauen<br />

Samstag/Sonntag, 14./15. April 2012 / Süddeutsche Zeitung Nr. 87 / Seite V2/10<br />

die Aufsichtsräte ihren mächtigen Damen<br />

nicht auch andere Gebiete zu? Freilich<br />

seien „Old Boys’ Networks“ in anderen<br />

Feldern noch dominant. Frauen müssten<br />

mit ebenso konsequenter Netzwerkbildung<br />

dagegenhalten, fordert Hauf:<br />

„Der Druck, weiblichen Führungsnachwuchs<br />

zu bekommen, ist groß – auch<br />

durch den demographischen Wandel.“<br />

Ulrike Brouzi weiß, wie man sich<br />

durchboxt. Anfang des Jahres zog sie als<br />

erste Frau in den Vorstand der Norddeutschen<br />

Landesbank ein und kümmert sich<br />

unter anderem um IT, Controlling und Risikomanagement.<br />

„In von Männern dominierten<br />

Bereichen herrschen sicher überwiegend<br />

männlich geprägte Regeln. Diese<br />

muss man als Frau erst erkennen, um<br />

sie einzuhalten oder ändern zu können“,<br />

sagt die Wirtschaftsmathematikerin.<br />

„Viele Menschen lassen sich von den Erfolgsstrategien<br />

anderer beeinflussen.“<br />

Entscheidend seien aber weder Quoten<br />

noch Moden, sondern eigene fachliche Interessen.<br />

Dass unter denjenigen, die Karriere<br />

machen, Personalexpertinnen besonders<br />

häufig sind, findet auch Nelson<br />

Taapken nicht verwunderlich. Im Gegenteil:<br />

„Ein wichtiger Grund dafür ist reine<br />

Statistik“, erklärt der Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

Ernst &<br />

Young im hessischen Eschborn. „Über-<br />

Margret Suckale,<br />

BASF,<br />

Arbeitsdirektorin<br />

problem erweist sich die Frage: Wer gehört<br />

zum Topmanagement und wer<br />

nicht“, sagt der Personalleiter. „Sind das<br />

nur die Frauen, die fachlich führen, oder<br />

nur diejenigen, die disziplinarisch führen?<br />

Oder beide Gruppen? Oder die obersten<br />

50, 100 oder 200 Führungskräfte?“<br />

Im Einzelhandel sei das besonders<br />

schwierig zu beantworten. „Da schießt<br />

der Anteil von Frauen mit Führungsverantwortung<br />

schnell auf 30, 40 Prozent<br />

hoch, weil es so viele Filialleiterinnen<br />

gibt“, sagt Hansen. „Aber wenn man sich<br />

dann das höhere Management auf Konzernebene<br />

anschaut, kommt man leicht<br />

auf 95 Prozent Männer.“<br />

„Das gleiche Phänomen gibt es auch in<br />

anderen Branchen“, sagt Christa Stienen,<br />

Leiterin des internationalen Personalbereichs<br />

des Pharmaunternehmens<br />

Daiichi Sankyo Europe. Auch hier laute<br />

das erklärte Ziel, den Frauenanteil im<br />

Management weiter zu steigern. „Personaler<br />

können maßgeblich dafür sorgen,<br />

dass mehr Frauen in Führungspositionen<br />

kommen“, so Stienen. „Sie sind es doch,<br />

die geeignete Nachwuchskräfte vorschlagen<br />

und Beratungsunternehmen sensibilisieren<br />

können.“ Der Dynamic Gender Index<br />

lege den Handlungsbedarf in der<br />

Gleichstellungspolitik jedenfalls glasklar<br />

offen.<br />

„Das Tool eignet sich sehr gut für Modell-<br />

und Trendrechnungen“, lobt auch<br />

Uta-Alexandra Kral, Leiterin Prozesse<br />

und Organisation im Personalwesen<br />

beim Flugzeugbauer Premium Aerotec.<br />

Sie hebt hervor, dass dieses Tool ohne großen<br />

Aufwand einsetzbar sei. Aber nur<br />

dann freilich, wenn man zuvor seine Führungsspitze<br />

definiert hat.<br />

In den zurückliegenden Jahren sind<br />

die Anteile der Frauen im Topmanagement<br />

nur leicht gestiegen. Aber in den<br />

nächsten fünf bis sieben Jahren, da ist<br />

sich Malte Hansen von Veolia sicher, werde<br />

die Dynamik enorm zulegen. „Dann<br />

wird sich vieles grundlegend geändert haben,<br />

und damit verliert die Debatte an<br />

Emotion.“ Schließlich wüssten die Männer,<br />

dass sie die Frauen im Management<br />

brauchen werden. Von ihnen werde daher<br />

der Wandel ausgehen. „Männer“,<br />

sagt der Personaler, „sind die Einzigen,<br />

die in dieser Welt etwas ändern können.“<br />

Kontakt: Unternehmen können ihre<br />

Frauenquote mit einem kostenlosen<br />

Excel-Tool, dem „Dynamic Gender<br />

Index“, unter www.bpm.de berechnen.<br />

Wenn Frauen in den Vorstand aufrücken, werden sie meist Personalchefin. Warum?<br />

Milagros Caiña-Andree,<br />

BMW, Personalchefin<br />

ab Juli 2012<br />

Claudia Nemat,<br />

Deutsche Telekom,<br />

Europa-Chefin<br />

Brigitte Ederer,<br />

Siemens AG,<br />

Personalchefin<br />

Marion Schick, Deutsche<br />

Telekom, Personalchefin<br />

ab Mai 2012<br />

In den anderen Ressorts<br />

fehlen oft noch Netzwerke<br />

und Rollenvorbilder<br />

Christine Hohmann-<br />

Dennhardt, Daimler,<br />

Integrität und Recht<br />

„Personaler können dafür<br />

sorgen, dass mehr Frauen<br />

Führungskräfte werden“<br />

proportional viele Frauen fangen in der<br />

Personalwirtschaft an. Die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass sie dort später dann auch<br />

Führungsverantwortung übernehmen,<br />

ist eben höher.“<br />

In männerdominierten Ressorts wie Logistik,<br />

Absatz und Controlling seien Frauen<br />

schlichtweg deshalb unterrepräsentiert,<br />

weil die Netzwerke schwächer seien.<br />

„Sie brauchen dort Rollenvorbilder,<br />

die sie mit hochziehen.“ Dabei weiß der<br />

Ernst & Young-Mann eines aus langer Beratertätigkeit<br />

ganz genau: „Auch der Job<br />

eines Personalvorstands ist alles andere<br />

als soft. Da haben Sie knallharte ökonomische<br />

Interessen des Unternehmens<br />

und enorme Ausgaben zu vertreten.“<br />

Wie normal es sein kann, wenn Frauen<br />

selbst riesige Weltkonzerne steuern, zeigten<br />

die USA, sagt Taapken. Dort führen<br />

Managerinnen wie Meg Whitman und<br />

Ginni Rometty beispielsweise die Computer-Giganten<br />

Hewlett-Packard und IBM.<br />

„In den nächsten fünf Jahren wird wohl<br />

auch bei uns eine größere Durchmischung<br />

stattfinden“, meint er. Von einer<br />

Quote hielten die Erfolgreichen in der Regel<br />

allerdings wenig.<br />

So setzt etwa Europas größter Autobauer<br />

VW vor allem auf die eigenen Nachwuchsprogramme,<br />

um weibliche Aufsteiger<br />

ans Unternehmen zu binden. Und<br />

beim Zulieferer Continental glaubt Vorstandsfrau<br />

Elke Strathmann – ebenfalls<br />

Chef-Personalerin und Mathematikerin<br />

– an die Kraft des Vorbilds: „Es gibt ganz<br />

klar die Einsicht, dass wir nicht auf die<br />

Hälfte unseres Talent-Pools verzichten<br />

möchten.“ Jan-Henrik Petermann/dpa<br />

Barbara Kux, Siemens,<br />

Supply Chain Management/Nachhaltigkeit<br />

Angela Titzrath,<br />

Deutsche Post, Personalchefin<br />

ab Mai 2012<br />

Kathrin Menges,<br />

Henkel AG,<br />

Personalchefin<br />

Regine Stachelhaus,<br />

Eon, Personalchefin<br />

Fotos: dpa


<strong>FRAUEN</strong> <strong>IN</strong> <strong>FÜHRUNG</strong><br />

Eine Beilage der Süddeutschen Zeitung<br />

Im Wettstreit um Eltern<br />

Warum sich Familienfreundlichkeit für Firmen auszahlt<br />

Von Christiane Bertelsmann<br />

Ein Arbeitnehmertraum: Teilzeit, Vollzeit,<br />

Jobsharing – alles möglich. Wer will,<br />

arbeitet zu Hause. Die Sonne scheint, also<br />

setzt man sich zwei Stunden aufs Rad<br />

und kehrt mit frischen Ideen zurück ins<br />

Büro. Vertrauensarbeitszeit heißt das<br />

und wird bei der Bremer Werbeagentur<br />

<strong>Moskito</strong> schon seit Jahren praktiziert.<br />

„Wer sich Arbeitszeit und Arbeitsort frei<br />

einteilt, ist effizienter“, sagt Agentur-<br />

Chefin Sabine Szabó. Sie will ihre Angestellten<br />

entlasten. Zum Beispiel so: Einmal<br />

in der Woche ist Bügeltag. Für acht<br />

Euro pro Stunde können die Mitarbeiter<br />

ihre Wäsche plätten lassen. Schon wieder<br />

Zeit gespart, für die Familie oder für den<br />

nächsten kreativen Einfall.<br />

Ist das Verhältnis von Job, Freizeit und<br />

Familie gut ausbalanciert, stimmt das<br />

nicht nur den Arbeitnehmer zufriedener,<br />

sondern steigert auch seine Leistung.<br />

Das hat das Bundesfamilienministerium<br />

erkannt und einen Unternehmenswettbewerb<br />

ausgelobt. „Erfolgsfaktor Familie“<br />

nennt der sich, 530 Firmen haben sich beworben,<br />

42 gehörten zu den Finalisten,<br />

unter ihnen das Dax-notierte Traditionsunternehmen<br />

Henkel in Düsseldorf.<br />

„Es war schon immer unser Anliegen,<br />

ein familienfreundliches Umfeld für die<br />

Mitarbeiter zu schaffen“, sagt Regina<br />

Neumann-Busies, Managerin Social Services<br />

bei Henkel. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

gaben Werksschwestern den<br />

Mitarbeiterinnen und Ehefrauen der Angestellten<br />

Mütterkurse oder kümmerten<br />

sich um kinderreiche Familien. Heute<br />

will die Firma mit flexiblen Arbeitszeiten,<br />

Betriebskindergärten und Seminaren<br />

die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie<br />

erleichtern. „Für Frauen ist es inzwischen<br />

selbstverständlich, Beruf und<br />

Familie zu verbinden. Die Frage ist nicht<br />

mehr die nach dem Ob, sondern nach dem<br />

Wie“, sagt Neumann-Busies.<br />

Bei Henkel legt man den Fokus auf das<br />

Wohl der großen Firmen-Familie: Azubis<br />

können in Schuldenpräventions-Seminaren<br />

lernen, wie sie das erste Gehalt nicht<br />

gleich verballern. Schichtarbeiter dürfen<br />

alle drei Jahre mit ihrer Familie gratis eine<br />

Woche Urlaub am Meer oder in den<br />

Bergen machen – Gesundheitsprogramm<br />

inklusive. Wer Angehörige pflegt, kann<br />

in sogenannten Care-Support-Gruppen<br />

seine Sorgen loswerden und bekommt<br />

Pflege-Tipps. Und Henkel-Ehemalige organisieren<br />

sich im Pensionärsverein.<br />

Solche Initiativen zahlen sich in barer<br />

Münze aus. „Seit wir die Kinderbetreuung<br />

verbessert haben, kommen die Mütter<br />

und Väter nach der Elternzeit wesentlich<br />

früher zurück“, sagt Barbara David,<br />

Diversity-Managerin bei der Commerzbank.<br />

Während Mütter und Väter im Jahr<br />

2004 im Schnitt noch 30 Monate zu Hause<br />

blieben, kehren sie inzwischen nach 20<br />

Monaten zurück. Dadurch sinken die<br />

Fortbildungskosten.<br />

Zu den Finalisten beim Wettbewerb<br />

des Ministeriums zählt das Bauunternehmen<br />

Krüger und Schramm im thüringischen<br />

Eichsfeld. Hier hat die Firmenleitung<br />

ein eigenes Motivationswerkzeug<br />

für ihr Personal ersonnen: das sogenannte<br />

Mitarbeiterbegeisterungsprogramm.<br />

Die Bedürfnisse von Vätern,<br />

Müttern und Kindern passen<br />

nicht zu den Arbeitsabläufen<br />

Nach fünf Jahren im Betrieb bekommt jeder<br />

eine Urkunde und einen Scheck.<br />

Auch Gesundbleiben lohnt sich: Wer ein<br />

Jahr ohne Fehltage hingelegt hat, den<br />

lobt der Firmenchef persönlich auf der<br />

Weihnachtsfeier. Alle vier Wochen wird<br />

die Baustelle des Monats gekürt. Der Betrieb<br />

lädt zu Festen, veranstaltet Fußballturniere<br />

und macht es seinen 70 Mitarbeitern<br />

mit frischem Obst und kostenlosen<br />

Getränken so nett wie möglich. Betriebs-<br />

Sprecherin Verena Raacke: „Das ist unser<br />

Dank für die gute tägliche Arbeit.“<br />

Keine Frage, motivierte Mitarbeiter<br />

bringen mehr Leistung. Das weiß auch<br />

Antje von Dewitz, Chefin des oberschwäbischen<br />

Outdoor-Ausstatters Vaude. Dewitz,<br />

selbst Mutter von vier Kindern, ist<br />

stolz darauf, dass 38 Prozent der<br />

Führungskräfte bei Vaude weiblich sind.<br />

Damit liegt sie deutlich über der von Bundesarbeitsministerin<br />

Ursula von der Leyen<br />

für 2020 angestrebten Quote von 30<br />

Prozent. „Das Thema Frauen und Karriere<br />

ist bei uns fest in der Firma verankert“,<br />

sagt Vaude-Sprecherin Birgit Weber.<br />

„So ziemlich das Erste, was Antje<br />

von Dewitz durchgesetzt hat, ist der Bau<br />

eines Kinderhauses.“ Im ländlichen Tettnang<br />

war das eine kleine Revolution.<br />

Eines der Erfolgsrezepte der Firma ist<br />

es, Verantwortung zu verteilen. „Die Führungskräfte<br />

übertragen Verantwortung<br />

auf ihre Mitarbeiter“, sagt Weber. Außerdem<br />

passe man die Arbeitsbedingungen<br />

Welcher Titel wurde Tognum 2012 bereits zum<br />

wiederholten Mal verliehen?<br />

a) Top Arbeitgeber<br />

c) Klasse Konzern d) Starke Firma<br />

After Sales Manager (m/w)<br />

Remanufacturing Business<br />

Bauklötze im Eltern-Kind-Büro: Angestellte des Softwarekonzerns SAP bringen den Nachwuchs im Notfall mit zur Arbeit. Foto: Bostelmann/Bildfolio<br />

so gut wie möglich an die Bedürfnisse der<br />

Mitarbeiter an. So war es bei Vaude kein<br />

Problem, als ein Vater zwei Monate Auszeit<br />

beantragte, um mit seinen Söhnen einen<br />

Monat in Patagonien zu verbringen.<br />

Bedingungen, die für Mitarbeiter im<br />

medizinischen Sektor eher utopisch sind.<br />

Obwohl der Frauenanteil im Arztberuf in<br />

den vergangenen 20 Jahren um 40 Prozent<br />

gestiegen ist, gibt es auf den oberen<br />

Sprossen der Karriereleiter kaum Frauen<br />

– gerade mal acht Prozent leitende Ärztinnen.<br />

Eine betriebseigene Kita oder die Option<br />

auf eine Teilzeitstelle nach der Elternzeit<br />

reichen eben nicht aus.<br />

„Offiziell hat mein Arbeitgeber sogar<br />

ein Gütesiegel für Familienfreundlichkeit,<br />

weil wir eine Kita mit sehr kulanten<br />

Öffnungszeiten haben“, sagt Katrin Lange<br />

(Name geändert), Assistenzärztin aus<br />

Berlin. Sie ist nach der Geburt ihres dritten<br />

Kindes wieder in Teilzeit zurückgekehrt.<br />

„Eigentlich passt das so gar nicht<br />

in die klinischen Abläufe“, sagt Lange.<br />

„Wenn der Oberarzt auf Station um 15<br />

b) Bestes Unternehmen<br />

Neues schaffen. Weiter denken. Vorwärtskommen.<br />

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und Monitoring produktionsbezogener Kennzahlen für die weltweiten Reman-Standorte (z. ����������������-<br />

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Uhr die neuen Patienten besprechen will,<br />

kann der Dienst nicht um 13 Uhr enden.“<br />

Und wenn sie Nachtdienst hat, sieht sie<br />

ihre Kinder mehr als 24 Stunden nicht.<br />

Nur drei Kliniken sind unter die Finalisten<br />

des Wettbewerbs des Ministeriums<br />

gekommen, unter ihnen das Uni-Herzzentrum<br />

Freiburg-Bad Krozingen. Mit<br />

einem umfangreichen Kinderbetreuungsprogramm<br />

und Teilzeitstellen konnten<br />

die Mediziner aus Südbaden punkten.<br />

„Es ist eine Frage, wie selbstbewusst<br />

man seine Rechte einfordert“, sagt Assistenzärztin<br />

Lange. Sie sieht bei den jüngeren<br />

Kollegen einen Wandel. „Inzwischen<br />

machen auch die Männer deutlich, dass<br />

sie mehr Freizeit und Familienzeit haben<br />

wollen“, sagt sie. Bei den Vorgesetzten<br />

komme das nicht immer gut an. Doch es<br />

sei den Chefs bewusst, dass sie Rücksicht<br />

auf die familiären und privaten Bedürfnisse<br />

ihrer Mitarbeiter nehmen müssen,<br />

um sie nicht zu verlieren – an eine familienfreundlichere<br />

Stelle, zum Beispiel in<br />

Schweden oder in der Schweiz.<br />

GELEBTE VIELFALT – DIE BMW GROUP.<br />

Barbara Bergmeier hat mehrere verantwortungsvolle<br />

Aufgaben: Denn sie leitet die Produktion<br />

der Fahrwerks- und Antriebskomponenten der<br />

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�����������������������������������������������-<br />

�������� ���� ������� �������������� ���������� ��rührungsängste<br />

sind Frau Bergmeier dabei fremd<br />

- in der Fertigung fühlt sie sich genauso wohl wie<br />

����������������������<br />

������������������������������������������������-<br />

��������������������������������������������ders<br />

wichtig ist es Barbara Bergmeier, Impulse<br />

und Erfahrungen weiterzugeben: Deshalb unterstützt<br />

sie Frauen dabei, technische Berufe für<br />

����������������������������������������������-<br />

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Erfahrung weiß sie: Mitarbeiter, die sich einge-<br />

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www.bmwgroup.jobs<br />

Samstag/Sonntag, 14./15. April 2012 / Süddeutsche Zeitung Nr. 87 / Seite V2/11<br />

Familienfreundlich – was ist das eigentlich?<br />

Diese Kriterien fragt das Bundesfamilienministerium<br />

bei seinem Unternehmenswettbewerb<br />

„Erfolgsfaktor Familie“<br />

ab (www.erfolgsfaktor-familie.de):<br />

Familienbewusste Arbeitszeiten.<br />

Gibt es Teilzeit oder Gleitzeitarbeitsmöglichkeiten?<br />

Wie sieht es aus mit<br />

Sabbaticals? Bietet das Unternehmen<br />

Vertrauensarbeitszeit an? Sind die<br />

Arbeitszeiten auf die Bedürfnisse von<br />

Familien abgestimmt?<br />

Flexible Arbeitsorte. Kann auf<br />

Wunsch zu Hause gearbeitet werden?<br />

Elternzeit. Wie einfach wird Vätern<br />

und Müttern der Wiedereinstieg gemacht?<br />

Werden sie in der Elternzeit<br />

durch Fortbildungen gefördert?<br />

Kinderbetreuung. Gibt es im Betrieb<br />

eine Kinderbetreuungsstätte mit angepassten<br />

Öffnungszeiten? Hilft der Arbeitgeber<br />

im Krankheitsfall (auch der<br />

Tagesmutter)? Dürfen Kinder in Ausnahmefällen<br />

mit zur Arbeit kommen?<br />

Beruf und Pflege. Wird auf Mitarbeiter<br />

Rücksicht genommen, die Angehörige<br />

pflegen müssen?<br />

Familienservice. Hierzu zählen Transportdienste<br />

für Kinder, Lebensmittellieferung,<br />

Wasch- und Bügelservice etc.<br />

Beratung. Gibt es Informations- und<br />

Beratungsangebote zu den Themen<br />

Familie und Pflege (zum Beispiel Elternfortbildungen,<br />

Gesprächsangebote für<br />

pflegende Angehörige etc.)?<br />

„FÜR ME<strong>IN</strong>E MANNSCHAFT ZÄHLT NICHT,<br />

OB ICH CHEF ODER CHEF<strong>IN</strong> B<strong>IN</strong>.<br />

SONDERN, DASS ICH FÜR SIE DA B<strong>IN</strong>.“


<strong>FRAUEN</strong> <strong>IN</strong> <strong>FÜHRUNG</strong><br />

Eine Beilage der Süddeutschen Zeitung<br />

Frau am Steuer<br />

Die Automobilindustrie war lange Zeit fest in Männerhand. Nun haben es einige Frauen ganz nach oben geschafft. Was ist passiert?<br />

Von Dagmar Deckstein<br />

Es war nun ausgerechnet eine Frau,<br />

die für den entscheidenden Schubs zum<br />

Durchbruch der Automobilität sorgte.<br />

Sie hat eine außerordentliche Führungsqualität<br />

erst einmal finanziell bewiesen,<br />

indem sie ihrem Verlobten Carl Benz ihre<br />

vorzeitig ausgezahlte Mitgift zum Weiterbau<br />

seines Benz Patent-Motorwagens<br />

Nummer drei ermöglichte.<br />

Der größte Coup der damals 39 Jahre<br />

alten Bertha war aber, dass sie 1888 mutig<br />

das Lenkrad ergriff und hinter dem<br />

Rücken ihres ewig herumtüftelnden Ehemanns<br />

den Karren ganz praktisch von<br />

Mannheim nach Pforzheim steuerte. Mitsamt<br />

ihren beiden 15 und 13 Jahre alten<br />

Söhnen an Bord des dreirädrigen, ersten<br />

Autos. Die 106 Kilometer lange Fahrt der<br />

Bertha Benz trug wesentlich dazu bei,<br />

die Vorbehalte der potentiellen Motorkutschen-Kunden<br />

zu zerstreuen und<br />

machte in der Folge den wirtschaftlichen<br />

Erfolg der Firma erst möglich.<br />

Fast 125 Jahre nach der<br />

Fernfahrt der Bertha Benz<br />

sind Frauen angekommen<br />

Nach Berthas Initialzündung fand die<br />

spätere Massenmobilisierung dann aber<br />

so gut wie ohne die Frauen statt. Die<br />

saßen vereinzelt zwar noch hinterm Lenkrad,<br />

aber in den Führungspositionen der<br />

Automobilhersteller und -zulieferer<br />

konnte man sie suchen wie die sprichwörtliche<br />

Nadel im Heuhaufen. Sie wurden<br />

allerdings gerne als spärlich bekleidete<br />

Animierdamen hergenommen, die<br />

sich auf den Kühlerhauben der glänzenden<br />

Modell-Neuvorstellungen auf den<br />

Autoshows dieser Welt räkelten. In den<br />

Führungsetagen der Branche herrschten<br />

indessen über Jahrzehnte hinweg ausnahmslos<br />

die „Car Guys“.<br />

Es mussten dann 125 Jahre seit der Erfindung<br />

des Automobils vergehen, die anno<br />

2011 groß gefeiert wurde, bis die ersten<br />

„Car Girls“ Einzug in die automobilen<br />

Herrenclubs Deutschlands hielten. In<br />

eben diesem Jahr wurde mit Christine<br />

Hohmann-Dennhardt, 61, erstmals eine<br />

Frau in den Vorstand des „Erfinder-Unternehmens“<br />

Daimler berufen. Die ehemalige<br />

Bundesverfassungsrichterin ist<br />

seither für das Ressort Integrität und<br />

Recht verantwortlich.<br />

Von da an ging es – zumindest gemessen<br />

an der jahrzehntelangen Führungsfrauenfreiheit<br />

der Branche – Schlag auf<br />

Schlag. Nahezu gleichzeitig mit Hohmann-Dennhardt<br />

berief Daimler-Chef<br />

Dieter Zetsche die langjährige Daimler-<br />

Managerin Annette Winkler, 52, als „Madame<br />

Smart“ zur obersten Chefin der sanierungsbedürftigen<br />

Kleinwagenmarke<br />

des Konzerns. Im Gegensatz zu den Daimler-Damen<br />

– die eine Juristin, die andere<br />

Betriebswirtin – ist Rita Forst, 57, Maschinenbauingenieurin<br />

und damit ein<br />

rares Exemplar unter den „Car Girls“.<br />

Sie bracht es als Entwicklungsvorstand<br />

ins Vorstandsgremium von Opel.<br />

Zwar lehnt auch Rita Forst wie die<br />

meisten ihrer männlichen Mit-Manager<br />

eine gesetzliche Frauenquote für die<br />

Branche ab, aber dem Trend zu mehr<br />

Frauen in Führungspositionen will auch<br />

diese Industrie nicht hinterherschleichen.<br />

„Die Automobilindustrie hat ein<br />

eigenes Interesse, den Aufstieg von qualifizierten<br />

Frauen und ihre Integration in<br />

Führungsgremien nach vorn zu bringen“,<br />

heißt es beim Verband der Automobilindustrie<br />

(VDA). Und es geht, wenn<br />

auch eher im Schneckentempo, weiter<br />

voran. „Wir werden zum Glück immer<br />

mehr“, sagt auch die Fertigungsingenieurin<br />

Anja Kleyboldt, die jüngst von Opel<br />

zur Direktorin für Logistik-Strategien<br />

befördert wurde.<br />

Ebenfalls 2011 hat zum Beispiel die 46<br />

Jahre alte Stefanie Ulrich die Personalführung<br />

bei Audi in Neckarsulm übernommen.<br />

Oder Christiane Hesse: Die<br />

1957 geborene Norddeutsche verantwortet<br />

als Vorstandsmitglied von Volkswagen<br />

Financial Services die Bereiche Personal<br />

und Organisation. Den öffentlich-<br />

Als erfolgreich gelten Unternehmensberater<br />

dann, wenn sie keine mehr sind.<br />

Wenn sie nicht mehr „Senior Consultant“<br />

oder „Principal“ sind, sondern<br />

„Chef“ einer renommierten Beratungsgesellschaft,<br />

wenn sie seit Jahren keine<br />

Stundenzettel mehr ausfüllen und von<br />

den Managermedien hofiert werden. Kurios<br />

genug, werden sie auch dann bewundert,<br />

wenn sie der Branche ganz den Rücken<br />

kehren und vom Berater zum Topmanager<br />

aufsteigen – mithin zu einem<br />

Ratsuchenden.<br />

Für mehr als 20 Milliarden Euro hat<br />

die deutsche Wirtschaft 2011 Beratung<br />

eingekauft, in der Regel der Mann vom<br />

Mann. Frauen liegen in diesem Geschäft<br />

nicht in Führung, weder auf Seite der<br />

Kunden noch auf der ihrer Einflüsterer.<br />

Von den schätzungsweise 91 000 Consultants<br />

ist nur jeder fünfte eine Frau. Keine<br />

einzige konnte sich bisher auf den Chefsessel<br />

schwingen, jedenfalls nicht in einer<br />

der großen deutschen Beratungsfirmen.<br />

Anderswo schon: Nach 17 Jahren<br />

bei McKinsey wechselte Claudia Nemat<br />

im vergangenen Oktober in den Vorstand<br />

der Deutschen Telekom. Zum gleichen<br />

Zeitpunkt übernahm Susanne Klöß, bis<br />

dahin Partnerin bei Accenture, die Leitung<br />

des Privatkreditgeschäfts bei der<br />

Deutschen Bank. Und auch im Lebenslauf<br />

von Meg Whitman, CEO des Computerkonzerns<br />

HP, stehen acht Beraterjahre<br />

bei Bain & Company.<br />

Als Karrieresprungbrett scheint die Beratung<br />

also zu federn. Warum nur nicht<br />

in den eigenen Häusern? „Frauen sind in<br />

den Topmanagement-Beratungen inzwischen<br />

sehr präsent, und viele sind auch<br />

auf dem Weg nach oben“, beteuert Antonella<br />

Mei-Pochtler, Senior Partner bei<br />

der Boston Consulting Group (BCG) in<br />

München. „Gleichwohl dauert es ein<br />

paar Jahre, bis man im obersten Management<br />

angekommen ist. Daher sind bisher<br />

nur wenige Frauen in den Top-Executive-<br />

Rollen vertreten und treten deshalb auch<br />

öffentlich weniger in Erscheinung.“ Es<br />

sei aber nur eine Frage der Zeit, bis sich<br />

das ändere. Über alle Karrierestufen hinweg<br />

liege der Anteil weiblicher Berater<br />

bei BCG bei 20 bis 25 Prozent. Und unter<br />

den mehr als hundert BCG-Partnern in<br />

Deutschland und Österreich gebe es immerhin<br />

schon acht Frauen.<br />

Wie viele Frauen ganz oben bei McKinsey<br />

entscheiden, verrät der Branchenzweite<br />

in Deutschland nicht. Nur so viel:<br />

Der aktuelle Frauenanteil liege bei<br />

knapp über 20 Prozent. Darin eingeschlossen<br />

sind wohl auch Assistentinnen<br />

und Sachbearbeiterinnen. „Bei Neueinstellungen<br />

lag der Frauenanteil 2011 jedoch<br />

bereits bei 30 Prozent“, sagt Recruiting-Sprecherin<br />

Mirona Pokorny. Und<br />

McKinsey tue sehr viel, um beim Frauenanteil<br />

einen „fair share“ zu erreichen.<br />

Hinweise darauf gibt die Vielzahl von<br />

Angeboten und Förderprogrammen, von<br />

Kinderbetreuung und flexiblen Arbeitszeitmodelle<br />

bis zu Workshops für Studen-<br />

Samstag/Sonntag, 14./15. April 2012 / Süddeutsche Zeitung Nr. 87 / Seite V2/12<br />

Mit dem „Girl’s Day“ fängt es an, mit Frauenförderprogrammen geht es weiter. Doch weibliche Vorstandsmitglieder sind noch eine Rarität. Foto: dpa<br />

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am 5. Mai 2012 in Bonn.<br />

keitswirksamen Vogel schoss indes BMW<br />

ab – ausgerechnet zum Weltfrauentag am<br />

8. März. Zum 1. Juli dieses Jahres, verkündete<br />

der Münchner Autobauer, solle<br />

die bisherige Bahn-Managerin und gebürtige<br />

Spanierin Milagros Caiña-Andree,<br />

49, in den Vorstand einrücken und<br />

das Personalressort verantworten.<br />

„Fahrt nach Pforzheim gelungen – Wir<br />

sind bei der Oma angekommen“, kabelte<br />

Bertha Benz damals ihrem Mann nach<br />

Mannheim. 124 Jahre später sind die ersten<br />

Autofrauen auch angekommen –<br />

nicht bei der Oma, sondern oben.<br />

Absprung statt Aufstieg<br />

In deutschen Unternehmensberatungen gibt es noch keine Frau an der Spitze<br />

tinnen und junge Berufstätige. Trotzdem<br />

bewerben sich erheblich weniger Frauen<br />

als Männer für die glamourösen Consulter-Jobs<br />

zwischen Kundenbüro, Flughafen-Lounge<br />

und Sternehotel.<br />

Umfragen zufolge liegt der Beraterberuf<br />

bei Hochschulabsolventen vorn, doch<br />

Männer geben den Ton an. Nicht die Beratungsgesellschaften<br />

schrecken vor den<br />

Frauen, sondern die Frauen vor der Beratung<br />

zurück. Mögliche Gründe sind die<br />

üblichen Zehn- bis Zwölf-Stunden-Tage,<br />

die oft wochenlangen Einsätze weit<br />

weg von zu Hause, die in dieser Branche<br />

sehr ausgeprägte Hierarchie oder auch<br />

die Furcht, als Frau von den Kunden<br />

nicht für voll genommen zu werden.<br />

Netzwerke, Home Office,<br />

Teilzeit – die Beratungen<br />

bemühen sich um Frauen<br />

Stefan Menden aus Köln hat früher einmal<br />

als Berater gearbeitet und danach einen<br />

Bewerbungsratgeber für angehende<br />

Consultants geschrieben. „Diese Branche<br />

ist eine Männerdomäne“, sagt er, „sie<br />

ist maskulin geprägt und sehr anstrengend.“<br />

Für sein Buch hat Menden vor Jahren<br />

den Beraterinnenanteil recherchiert<br />

und herausgefunden, dass Deutschland<br />

im Weltvergleich zurückliegt. „Bis heute<br />

hat sich nicht viel getan“, sagt er.<br />

Menden vermutet, dass die vielen<br />

männlichen Kunden der deutschen Beratungshäuser<br />

dafür verantwortlich sind.<br />

„In anderen Ländern wird Beratung<br />

meist von Konzernen nachgefragt“, sagt<br />

der Betriebswirt, „der typische deutsche<br />

Kunde jedoch ist ein großer Mittelständler.<br />

Und dort herrscht nun mal eine klassische<br />

Männerkultur.“ Er selbst habe als<br />

Berater nur mäßigen Erfolg bei der Anwerbung<br />

von Beraterinnen gehabt.<br />

Anspruch und<br />

Wirklichkeit<br />

Neue Studie: Frauenförderung<br />

in Firmen steht erst am Anfang<br />

Die großen Unternehmen in Deutschland<br />

holen bei der Frauenförderung auf,<br />

wie die Unternehmensberatung McKinsey<br />

in der Studie „Women Matter“ ermittelt<br />

hat. Doch viele Programme sind hierzulande<br />

vergleichsweise neu und zeigen<br />

noch kaum Wirkung. Die Studie in acht<br />

europäischen Ländern stützt sich auf Untersuchungen<br />

und Interviews in 235 Unternehmen,<br />

davon 53 in Deutschland. 75<br />

Prozent der Unternehmen haben mehr<br />

als 10 000 Mitarbeiter oder einen Umsatz<br />

von mehr als einer Milliarde Euro. Die<br />

zentralen Ergebnisse der Studie:<br />

Investitionen. Vier von fünf Unternehmen<br />

geben Geld für die Unterstützung<br />

von Frauen aus. Entscheidend für den Erfolg<br />

der Investitionen ist allerdings nicht<br />

das Engagement der Vorstände, sondern<br />

vor allem die Bereitwilligkeit der zweiten<br />

und dritten Führungsebene. Hier jedoch<br />

spielt das Thema Frauenförderung<br />

zumeist noch keine Rolle.<br />

Beruf und Familie. In fast alle größeren<br />

Unternehmen (98 Prozent) sind die Arbeitszeiten<br />

flexibel und es gibt Möglichkeiten,<br />

von zu Hause aus zu arbeiten.<br />

Doch besteht eine große Lücke zwischen<br />

Anspruch und Wirklichkeit, denn nur in<br />

jedem vierten Unternehmen (28 Prozent)<br />

sind die familienfreundlichen Arbeitsbedingungen<br />

auch „umfassend umgesetzt“.<br />

Ähnlich sieht es bei der Kinderbetreuung<br />

aus: Die meisten Unternehmen<br />

(89 Prozent) bieten Aufsicht für die Kleinen<br />

an – doch auch hier gilt diese Firmenpolitik<br />

nur bei wenigen (17 Prozent) als<br />

„umfassend umgesetzt“.<br />

Führungskräfte. Auf der Karriereleiter<br />

gibt es von Stufe zu Stufe weniger Frauen.<br />

Etwa 31 Prozent aller Mitarbeiter in<br />

den befragten Großunternehmen sind<br />

weiblich, auf der Ebene der Abteilungsleiter<br />

sind es nur noch 14 Prozent. Zwar<br />

gibt es oft interne Frauenquoten, doch<br />

nur gut ein Viertel der Unternehmen erfüllt<br />

diese selbstgesteckten Ziele auch.<br />

Vorstände. Nur drei Prozent der Vorstandsposten<br />

sind mit Frauen besetzt.<br />

Damit bleibt Deutschland vorerst<br />

Schlusslicht im Ländervergleich. Doch<br />

es beginnt ein langsamer Wandel: Im vergangenen<br />

Jahr gingen immerhin 16 Prozent<br />

der neu zu besetzenden Vorstandsposten<br />

an Frauen. SZ<br />

Viele erfolgreiche Frauen fangen in Unternehmensberatungen an, doch an die<br />

Spitze schaffen sie es erst durch den Wechsel in andere Firmen. Foto: dpa<br />

Auch die Strategieberatung Roland<br />

Berger bemüht sich um den weiblichen<br />

Nachwuchs. „In einigen Teams ist schon<br />

jeder zweite Consultant eine Frau“, sagt<br />

HR Senior Expert Katja Monschau. „Damit<br />

das so weitergeht, bieten wir jeder<br />

Neueinsteigerin an, sich mit einer erfahrenen<br />

Beraterin auszutauschen und sie<br />

als Coach für Themen rund um den Berufsalltag<br />

zu nutzen.“ Kinderbetreuung,<br />

Home Office-Tage, Teilzeitmodelle, Patenschaften,<br />

regelmäßige Netzwerktreffen<br />

– alles ist möglich bei Roland Berger.<br />

Doch auch hier besteht ein Beraterteam<br />

aus vier Teilen Männer und einem Teil<br />

Frau. Da braucht die Minderheit schon<br />

ein starkes Ego, um sich gegen die Mehrheit<br />

durchzusetzen.<br />

Das aber ist bei Frauen nicht so weit<br />

verbreitet. „Beim Selbstmarketing sind<br />

Frauen häufig zurückhaltender als Männer“,<br />

hat Imke Keicher beobachtet. Möglicherweise<br />

befürchteten die jungen Frauen,<br />

von den selbsternannten Platzhirschen<br />

an den Rand gedrängt zu werden.<br />

Keicher selbst hat dem offenbar ausweichen<br />

können: Sie ist eine von zwei Vizepräsidentinnen<br />

bei Capgemini Consulting<br />

und beziffert den Frauenanteil unter<br />

ihren Beratern auf 27 Prozent.<br />

Gerne hätte sie mehr davon: „Wenn eine<br />

Beraterin nach der Elternzeit zu uns<br />

zurückkehren möchte, ist sie herzlich<br />

willkommen“, wirbt Keicher. Sie verweist<br />

auf ihre Kollegin, die Mutter ist<br />

und Teilzeit arbeitet. Solcher Vorbilder<br />

wird es noch mehr bedürfen, damit Berater<br />

und Beraterinnen den Erfolg nicht woanders<br />

suchen. Christine Demmer<br />

<strong>FRAUEN</strong> <strong>IN</strong> <strong>FÜHRUNG</strong><br />

Verantwortlich: Werner Schmidt<br />

Redaktion: Viola Schenz, Jutta Pilgram<br />

Anzeigen: Jürgen Maukner

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