Hallo, Ihr lieben Leute Ich habe versprochen, über ... - Together21.org
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<strong>Hallo</strong>, <strong>Ihr</strong> <strong>lieben</strong> <strong>Leute</strong><br />
<strong>Ich</strong> <strong>habe</strong> <strong>versprochen</strong>, über den Fortgang der Projekte zu berichten und<br />
will das jetzt tun. Mittlerweile <strong>habe</strong> ich einen Computer mit englischer<br />
Tastatur und kann diesen Bericht in aller Ruhe in meinem Zimmer<br />
schreiben. Ist doch schon was!<br />
Um es vorweg zu nehmen und von der Leber zu <strong>habe</strong>n: <strong>Ich</strong> bin mitten in<br />
der Ernüchterungsphase, die – wie aus Erfahrung - immer dann auftritt,<br />
wenn die Projekte in die Umsetzungsphase kommen und man eigentlich<br />
glücklich sein könnte. Mittlerweile ist um mich herum so viel los, dass mir<br />
am Abend der Kopf schwirrt und ich nachts nicht schlafen kann. Burnout-<br />
Gefahr im Anzug, ich kann mich gleich selbst therapieren.<br />
Zu Beginn meiner Zeit hier <strong>habe</strong> ich zu Erledigendes noch fein geplant und<br />
für Meetings ‚von... bis’ Stunden angegeben. Jetzt <strong>habe</strong> ich nur noch eine<br />
grosse ‚to do list’und streiche am Abend glücklich ab, wenn sich was<br />
erledigen liess. Hindernisse gibt es genug um auf Wunder angewiesen zu<br />
sein und sie geschehen. Wenn am Abend mein Kopf voll von lauter<br />
arabischen Ausdrücken und Englischen Gedanken ist, vermisse ich den<br />
Austausch mit Kollegen und noch mehr die Gespräche mit meinem Mann.<br />
Er fühlt mir so schön auf den Zahn und stellt so wunderbar unangenehme<br />
Fragen! Auch wenn ich, und wir Frauen wohl allgemein dies nicht gerne<br />
zugeben, sind Männer in Sachen linearem Denken und strategischem<br />
Vorgehen einfach Spitze.<br />
Die Projekte stolpern sich ihren Weg. Manchmal ist da Begeisterung und<br />
manchmal eben Frustration, wobei das dauernde Warten auf das, was<br />
längst hätte geschehen sollen, die grösste Mühe macht. Als ich gestern<br />
Abend vollkommen auf der Schnauze auf dem Heimweg auf einen<br />
Bekannten traf der mich zum wiederholten Male darauf hinwies, dass ich<br />
noch keinen Kaffee mit ihm und seiner Frau getrunken hatte, herrschte ich<br />
ihn an, ich sei hier um Projekte in die Welt zu setzen und nicht um jeden<br />
Tag mit hunderten Kaffee und The zu trinken. Alle waren ganz perplex und<br />
ich muss mich noch bei Ali entschuldigen. Es war klar übertrieben, ich<br />
war nur so hundemüde!<br />
Auch die Core-Group hat momentan ihre Herausforderungen. Die erste<br />
Stimmung des „hey, das ist super!“ ist vorbei und der Gruppenprozess voll<br />
am laufen. Die Gruppe mausert sich und das geschieht halt nicht, ohne<br />
Federn lassen. Wir sind mitten in der mühsamen, zerfleischenden Zeit<br />
und wenn es schon nicht einfach ist, einen solchen Prozess in einer<br />
bekannten Sprache zu begleiten, dann ist die Herausforderung gross wenn<br />
dies in einer Sprache geschieht in der ich momentan vielleicht jedes vierte<br />
Wort verstehe. Intuition wird momentan GROSS geschrieben und ich lerne<br />
jeden Tag.<br />
Jetzt aber zum Fortgang der einzelnen Projekte:
Das Palmenprojekt macht grosse Freude. Die neuen Partner sind die<br />
richtigen und die Arbeit macht Spass. Bei denen ist das Miteinander kein<br />
Diskussionspunkt sondern Aktion. Die Adoptionen laufen gerade so gut,<br />
dass wir von einer Woche zur anderen die allernötigsten Investitionen<br />
tätigen können. Ein Balanceakt der besonderen Art an den ich mich<br />
mittlerweile gewöhnt <strong>habe</strong>. Wir bräuchten gerade jetzt etwas mehr<br />
Adoptionen um über die Runde zu kommen. Starthilfen in Form von<br />
weiteren Adoptionen sind hier wirklich sehr, sehr willkommen.<br />
Die von uns adoptierten Palmen sind wunderschön, gesund und warten<br />
nur darauf ab März 2008 an ihren Platz verpflanzt zu werden. Was uns<br />
wider Erwarten grössere Umstände bereitet ist das Namensschild. Hier<br />
gibt es vor allem Olivenholz, aber dieses ist viel zu vollwertig und<br />
kostspielig als dass wir es für ‚profane’ Namensschilder benützen<br />
moechten. Sperrholz wäre noch zu <strong>habe</strong>n und dies scheint uns zu wenig<br />
wetterfest. Wir sind auf der Suche nach einer Lösung und werden diese<br />
sicher finden. <strong>Ich</strong> <strong>habe</strong> in den letzten Tagen viele Fotos von den Palmen<br />
gemacht und warte nur noch auf unsere Internetverbindung um sie<br />
hochzuladen. Im Internetkaffee würde es 9 Tage dauern um dies zu tun....<br />
Das Creative Learning Center braucht noch Toiletten-Türen und die<br />
Fenster sind nicht alle bezahlt. Die Eröffnung musste verschoben werden<br />
weil wir noch nicht so weit sind, dass wir Gäste empfangen können.<br />
Ausserdem sind mindestens die Hälfte der Freiwilligen momentan krank<br />
oder waren es letzte Woche... so dass nicht gerade viel läuft. Immerhin<br />
durfte ich zuhanden eines Sponsors eine Liste erstellen von denjenigen<br />
Sachen, die wir dringend brauchen. Es wird schon irgendwie werden...<br />
Wir wollten ja nie ein Büro aufmachen und <strong>habe</strong>n weiterhin vor, den<br />
administrativen Teil unserer Projekte sehr klein zu halten. Viele <strong>habe</strong>n<br />
uns geraten ein Büro zu eröffnen um hier ‚jemand’ zu sein. Wir sind<br />
fündig geworden – nicht an bester Adresse und munzig klein – aber ein<br />
Raum mit Herz und Charme. Am 21. Januar (dem monatlichen Together<br />
to One-Tag) wird die Eröffnung sein. Wir sind mit dem Malen fertig und<br />
alle sind von den Farben begeistert. Unsere Nachbarn verwöhnen uns mit<br />
Qaue (Kaffee), Shai Nana (Pfefferminzthé) und anderen guten Sachen und<br />
manchmal müssen wir alle hinaus komplimentieren um arbeiten zu<br />
können. Gestern <strong>habe</strong>n wir unsere Fixnummer erhalten und ihr könnt uns<br />
jetzt aus Europa wie folgt erreichen: Tel. 00972 2232 0730<br />
SODIS ist in Halteposition gelegt. Interessanterweise ist die<br />
Wasserqualität hier eine Art Tabu-Thema. Immer die anderen <strong>habe</strong>n<br />
schlechtes Wasser... Als ich ankam, lagen mehrere Kinder mit Symptomen<br />
im Spital die auf kontaminiertes Wasser schliessen liessen. Einige hatten<br />
Amöben, denen mit Sodis nicht zu helfen wäre. <strong>Ich</strong> glaube nach wie vor,<br />
dass Sodis ein erfolgreiches Projekt werden könnte, aber im Moment <strong>habe</strong><br />
ich nicht die richtigen Kontakte. Die Kinder sind mittlerweile dank starker<br />
Medikamente wieder genesen und der Winter ist schon bald vorbei.
Vielleicht lässt sich an den geplanten Frauenseminaren das Thema<br />
einbringen und wieder beleben. Wir bleiben dran.<br />
Give One = Get One so heisst das Projekt mit dem günstigen und<br />
grossartigen Kindercomputer. Sage und schreibe 180 000 wurden<br />
während der Aktion in Amerika gekauft und die Produktion läuft jetzt dank<br />
weltweiter Werbung an. Sebastian, der Projektleiter für Jericho hat eine<br />
Schar Studenten gefunden, die nächste Weihnachten an den Together21<br />
Zukunfts-Kongress kommen und um die 50 Computer mitbringen wollen.<br />
Inshallah! Als ich Fotos von Kindern machen wollte die gerne einen<br />
Computer <strong>habe</strong>n möchten, wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass<br />
ich das Einverständnis der Eltern einholen, respektive mit der Schulleitung<br />
sprechen müsse. Das bedeutet etwas längere Wartezeit. Bei meinem<br />
nächsten Besuch sollte ich einen ‚kleinen Grünen’ mitnehmen können. <strong>Ich</strong><br />
bin überzeugt, dass sich dann alle von ihm begeistern lassen.<br />
In der Schweiz hat sich eine Gruppe gefunden, die das Projekt unterstützt.<br />
<strong>Ich</strong> freue mich auf den Kontakt wenn ich wieder im Land bin. Auch soll die<br />
Computerfirma eine Europa-Aktion starten wollen. Bin gespannt. Ein<br />
herzliches Dankeschön geht auf jeden Fall an Sebastian, der wieder mal<br />
die Nase vorne hatte.<br />
Was gibt es noch für Projekte?<br />
Da gäbe es etliche Kleinfinanzierungen zu tragen und Mikrokredite zu<br />
vergeben. Der Notgroschen wurde auch wieder gebeutelt bis ich sagen<br />
musste, dass er jetzt einfach leer ist und wir nicht mehr geben können.<br />
Kleinhändler brauchen einen neuen Schubkarren, die Türe des Metzgers<br />
geht nicht mehr zu, Frauen wollen nach wie vor ihre Produkte verkaufen<br />
(siehe zum Beispiel das Seifenprojekt), Bauern suchen Wege um<br />
Unterstände für ihre Tiere zu finanzieren (Bildgallerie mit Kamel, Esel und<br />
Geissen). Und dann sollten Zähne geflickt, Augen operiert, Schuhe gekauft<br />
und tausende von Häuser renoviert werden... es gibt auch immer mehr<br />
grosse Bäuche vom immer gleichen Essen.<br />
Ob das Leben hier schwierig ist? Ja, es ist schwierig weil Nichts von<br />
vorneherein gegeben ist. Alles ist unsicher, alles muss erkämpft, erduldet,<br />
herbeigeredet, erklärt und zu Ende diskutiert werden.<br />
Ob das Leben hier einfach ist? Ja, weil es immer wieder wunderschöne<br />
Momente des Menschseins gibt, die ich in der materiell-westlichen Welt so<br />
nicht mehr erlebe. Hier wird herzlich und viel gelacht, ausgiebig getanzt,<br />
miteinander gescherzt und einander aufgezogen. Alle kennen ja alle – da<br />
kann niemand sich zurückziehen oder zu egoistisch auf sich selbst<br />
konzentriert leben. Man ist sich zu nahe. All die menschlichen Schwächen<br />
werden hier eher verziehen, die meisten akzeptieren dass die Welt nicht<br />
perfekt ist und auch nicht perfekt gemacht werden muss. Dies stimmt<br />
natürlich nicht für diejenigen, die viel mit dem Westen in Kontakt sind. Bei
ihnen ist das grosse Streben nach Mehr zu spüren und ich hatte sage und<br />
schreibe schon Coachings wegen Burnout Gefahr.<br />
<strong>Ich</strong> werde versuchen, nächste Woche wieder zu schreiben, schliesslich<br />
finde ich die Gespräche mit meinem Computer gar nicht so schlecht. Keine<br />
Übersetzungsschwierigkeiten, keine Kommunikationsprobleme…<br />
In Europa flitzen jetzt einige von euch die Skipisten runter, trinken<br />
Glühwein oder ein ‚Schühmli-Pflühmli’. Ha! Da wäre ich glatt auch dabei.<br />
Aber ich mache mich jetzt auf die Socken und rede mit dem Zimmermann<br />
über sein Angebot für die Büro-Ecke ein optimales Gestell mit ‚Sandwich‘<br />
(Sperrholz) zu zimmern. Es soll ihm gut gehen, uns gut gehen und dabei<br />
auch noch schön aussehen. Mal sehen, wie viel Kaffee und Thé wir bis<br />
zum Ende der Verhandlung getrunken <strong>habe</strong>n.<br />
Prosit Neujahr! Für all jene, die noch nichts mitbekommen <strong>habe</strong>n. Jetzt ist<br />
hier auch das Russisch-Orthodoxe Neujahrsfest mit vielen Gästen aus dem<br />
Ausland über die Runden gegangen. Die Kleinhändler <strong>habe</strong>n’s genossen.<br />
Herzlich und mit einer Umarmung für alle.<br />
Susanne