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Brief aus Jericho von Susanne Triner - Together21.org

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<strong>Brief</strong> <strong>aus</strong> <strong>Jericho</strong> <strong>von</strong> <strong>Susanne</strong> <strong>Triner</strong><br />

<strong>Jericho</strong>, 1. Januar 2009<br />

Liebe Freunde und Freundinnen <strong>von</strong> Together to One<br />

Ich schreibe, in drei fl<strong>aus</strong>chige Decken gepackt und mit einem Kissen im Rücken bei<br />

etwa 10 Grad Zimmer-Temperatur in meinem Bett. Es ist kalt geworden in <strong>Jericho</strong>; die<br />

Sonne schaute in den letzten Tagen nur zeitweise zwischen Wolkenbänken hervor. Drei<br />

mal hat es geregnet seit ich vor zwei Wochen hier angekommen bin, gestern sogar recht<br />

<strong>aus</strong>giebig während etwa 10 Minuten. Die Natur erstrahlt jetzt in schönster Frische, der<br />

Regen hat den Wüsten-Staub des heissen Sommers endlich abgewaschen.<br />

Vogelmännchen zwitschern und pfeifen um die Gunst der Weibchen, sie sehen offenbar<br />

die Futterquellen für die nächste Brut gesichert. Meine Lunge atmet tief durch, die<br />

Luft scheint wie ‚mit Softlan gewaschen’, mild und vom Duft des blühenden Jasmin<br />

durchtränkt.<br />

Im Fernseher der Nachbarn sehen wir uns die Bilder <strong>aus</strong> Gaza an. Es ist wie 9/11 mit<br />

dem Unterschied, dass es sich nicht um die ständige Widerholung eines einzigen Tages,<br />

sondern um das Eintreffen immer neuer Schreckensbilder handelt. Da frage ich mich<br />

einmal mehr, was bei der Entwicklung des Menschen falsch gelaufen ist, dass wir fähig<br />

sind, uns gegenseitig solches Leid zuzufügen. Wir sind doch EINS, unzertrennlich mit<br />

allem und jedem verbunden!<br />

Vor ein paar Tagen waren wir in Bethlehem an der Weihnachtsfeier. Wir hatten keine<br />

Eintrittskarten für die überfüllte Geburtskirche, die bekommt man nur durch<br />

Beziehungen. Also erlebten wir Weihnachten auf dem mit allen Farben und<br />

Lichteffekten üppig geschmückten Hauptplatz. Hier fand ein ‚Happening’ statt, nichts<br />

<strong>von</strong> Einkehr, kein gemeinsames singen oder feiern. Man hörte italienischen und<br />

spanischen Künstlern zu, die zwar ihre Musik gekonnt über die Bühne brachten, aber<br />

keine Weihnachtsstimmung aufkommen liessen. Für die Touristen war eine Absperrung<br />

errichtet worden, die das Muslimische Volk (vor allem die jungen Männer) vom freien<br />

Eintritt abhielten. Anstatt mich auf die Liebe und Freude zu besinnen, die Jesus in die<br />

Welt brachte, gingen mir deswegen Gedanken durch den Kopf über mehr, und mehr, und<br />

nochmals mehr Grenzen, Mauern, Absperrungen und Trennungen die wir in die Welt<br />

setzen. Stellt euch nur schon vor, wie viel Natur zubetoniert wurde damit wir uns<br />

gegenseitig kontrollieren können. Letztes Jahr hatten sich auf dem Platz spontan<br />

Menschen aller Religionen gefunden um zum einfachen Rhythmus <strong>von</strong> klatschenden<br />

Händen miteinander Lieder <strong>aus</strong> aller Welt zu singen und tanzen. Wie anders!<br />

Verständlicherweise waren für Silvester Abend sämtliche Feiern abgesagt. Wir hatten<br />

unsere nächsten Freunde zu einer stillen Feier in die Together to One – Friends of<br />

<strong>Jericho</strong> Räumlichkeiten eingeladen. Die Stimmung war bedrückt. Ich hatte unseren<br />

Seminarraum mit einer Spirale <strong>aus</strong> Kerzen geschmückt, ähnlich wie wir das jeweils in der


Schweiz in der Bachblüten-Tanzgruppe machten. Um elf Uhr gingen wir hinüber und<br />

setzten uns auf unsere schönen Yoga-Matten. Danach verabschiedeten wir uns in der<br />

Stille <strong>von</strong> den letzten 12 Monaten und hiessen die kommenden 12 Monate willkommen.<br />

Als wir fertig waren, hatte die Katholische Kirche in der Nähe gerade 12 Uhr<br />

geschlagen. Wir fielen uns in die Arme, t<strong>aus</strong>chten gute Wünsche <strong>aus</strong> und fingen an<br />

herum zu hopsen. Die nächsten zwei Stunden sangen und tanzten wir ohne Musik zu<br />

unseren eigenen Stimmen. Das ‚Baba-La Gumbala’ <strong>aus</strong> dem Heilsingen <strong>von</strong> Kailani, das ich<br />

eingeführt habe, können wir hier fast nicht mehr aufhören zu singen. So fing unser<br />

neues Jahr mit Leichtigkeit und Freude an. Die Energie sandten wir am Schluss zu den<br />

Menschen in aller Welt. .<br />

Mein tiefst empfundener Dank während des Spiral-Rituals ging in alle Himmels-<br />

Richtungen zu Freunden und Freundinnen, die mich und meine Arbeit seit Jahren tragen.<br />

’Du bist zu H<strong>aus</strong>e wo du lebst, verströmst und gibst,<br />

wo du im Dunkel Licht <strong>aus</strong>sendest und im Stillen Liebe spendest’.<br />

Dieser Teil eines Gedichtes kommt mir in den Sinn, wenn ich <strong>von</strong> einem liebevoll<br />

hergerichteten Gast-Zimmer zum andern zügle; Autos fahre, die mir nicht gehören;<br />

mich <strong>von</strong> Kochkünsten <strong>aus</strong> aller Welt verwähnen lassen und mich mit Euch authentisch<br />

<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chen kann. Ohne euch, meine Freunde hätte ich die letzten Jahre nicht mit so<br />

viel Leichtigkeit und Freude überstanden. Ihr seid das Fundament, dem ich vertrauen<br />

und auf dem ich tanzend meine Arbeit verrichten kann. DANKE !<br />

Heute ist der erste Tag des neuen Jahres: 1.1.2009, numerologisch gesehen 11:11 oder<br />

die Manifestation der Meisterschaft. Ob etwas <strong>von</strong> diesem Potential im ‚Jahr des<br />

Wandels’ umgesetzt wird Ich wünsche uns allen, dass wir den Wandel mit Demut und<br />

Weisheit angehen, dass wir die Erfahrungen der Vergangenheit mit Dankbarkeit dem<br />

Rhythmus <strong>von</strong> Werden-Sein-Vergehen übergeben und dass wir uns darauf<br />

konzentrieren, was jetzt ansteht: Neue Wege in Weisheit und mit Mut gemeinsam<br />

gehen und bewusste Mitschöpfer unseres Lebens sein. Auf geht’s Buben und Mädchen!<br />

Bist du Sind wir bereit Es wird für einen jeden Menschen der Zeitpunkt kommen, in<br />

dem er wählen muss. Das hat nichts mit Politik und Wahlen zu tun, das hat mit einer<br />

Einstellung zum Leben zu tun. Wenn wir mit dem hierarchisch-betonten System<br />

weiterfahren, gibt es seiner Natur gemäss ungefähr 90 % Verlierer und 10 % Gewinner.<br />

Wenn wegen einem Versuch zu den Gewinnern zu gehören, die Schönheit und Fülle des<br />

wirklichen Lebens vernachlässigt wird laufen wir Gefahr, die schönsten Momente<br />

unbeachtet verstreichen zu lassen. Ich rede schon wie eine alte Frau! Gleichwohl: Zu<br />

den Sternen schauen, dem Wind zuhören, der Blume bei der Entfaltung zusehen…<br />

Schön, wenn wir das im neuen Jahr ab und zu gemeinsam tun können.<br />

Mit viel Freude und Dankbarkeit<br />

<strong>Susanne</strong>

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