Knochenstoffwechsel in Schwangerschaft- und Stillzeit
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<strong>Schwangerschaft</strong>s-assoziierte Osteoporose<br />
Bei e<strong>in</strong>igen jungen Frauen kann der Knochendichteverlust <strong>in</strong> der<br />
<strong>Schwangerschaft</strong> zum Krankheitsbild e<strong>in</strong>er Osteoporose mit multiplen<br />
Knochenbrüchen führen. Als transiente Form existiert e<strong>in</strong>e hohe Dunkelziffer.<br />
Kl<strong>in</strong>isches Bild<br />
Die Patient<strong>in</strong>nen klagen meist im letzten Trimenon oder der frühen Postpartalphase über heftige<br />
Rückenschmerzen, gefolgt von Hüftgelenks- <strong>und</strong> Fußknöchelschmerzen. E<strong>in</strong> Verlust an<br />
Körperhöhe durch die schnell progredienten Wirbelkörperverformungen wird oftmals registriert.<br />
Durch die zunehmende mechanische Belastung im Verlauf der <strong>Schwangerschaft</strong> mit<br />
konsekutiver Hyperlordose wird das Auftreten von Frakturen noch begünstigt. Die Diagnose ist<br />
meist verzögert, da e<strong>in</strong>e Osteoporose nicht mit jungen Frauen assoziiert wird. Es resultieren<br />
psychische, soziale <strong>und</strong> partnerschaftliche Konflikte, da die Unfähigkeit, das neugeborene K<strong>in</strong>d<br />
adäquat zu versorgen, häufig als psychosomatisches Geschehen abgetan wird.<br />
Diagnostik<br />
Neben der ausführlichen Anamnese zur Evaluierung potentieller Risikofaktoren <strong>und</strong> der<br />
kl<strong>in</strong>ischen körperlichen Untersuchung ist als bildgebendes Diagnostikverfahren <strong>in</strong> der<br />
<strong>Schwangerschaft</strong> die Kernsp<strong>in</strong>tomographie das Mittel der ersten Wahl. Postpartal ist natürlich<br />
die Durchführung e<strong>in</strong>es konventionellen Röntgenbildes vorzuschalten. H<strong>in</strong>weise auf die<br />
Knochendichte können während der <strong>Schwangerschaft</strong> am ehesten mit der Quantitaiven<br />
Ultraschall Methode erhalten werden. Das DXA-Verfahren sollte anschließend nach der Geburt<br />
zum E<strong>in</strong>satz kommen.<br />
Behandlung<br />
Sollte das Krankheitsbild bereits <strong>in</strong> der <strong>Schwangerschaft</strong> diagnostiziert werden ist im Fall von<br />
Frakturen die vorzeitige Beendigung der <strong>Schwangerschaft</strong> per Kaiserschnitto zu erwägen. Da<br />
das Auftreten von spontanen, atraumatischen Wirbelkörperfrakturen häufig mit großen<br />
Schmerzen verb<strong>und</strong>en ist, steht die Schmerztherapie nach dem WHO-Stufenkonzept an erster<br />
Stelle. Physiotherapeutische Maßnahmen, ggf. orthetische Maßnahmen, s<strong>in</strong>d unterstützend<br />
wirksam. E<strong>in</strong>e „<strong>Knochenstoffwechsel</strong> ges<strong>und</strong>e“ Ernährung sollte parallel e<strong>in</strong>geleitet werden<br />
zusammen mit e<strong>in</strong>er Kalzium- <strong>und</strong> Vitam<strong>in</strong>-D-Supplementierung. Wichtig nach Erkennen des<br />
Krankheitsbildes ist das primäre Abstillen, um e<strong>in</strong>en weiteren Knochendichteverlust <strong>in</strong> der<br />
<strong>Stillzeit</strong> zu vermeiden. Bei allen medikamentösen Therapieansätzen zur Behandlung der<br />
Osteoporose handelt es sich um e<strong>in</strong>e „off label use“-Therapie, da e<strong>in</strong>e Zulassung nur für die<br />
postmenopausale Osteoporose besteht. Aufgr<strong>und</strong> der ger<strong>in</strong>gen Patientenanzahl wird e<strong>in</strong>e<br />
Zulassung für den prämenopausalen Bereich niemals erfolgen. Hieraus resultiert oft die<br />
Zurückhaltung der Kassen h<strong>in</strong>sichtlich der Kostenübernahme e<strong>in</strong>er notwendigen Therapie.<br />
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E<strong>in</strong>e eigene Arbeit demonstriert den Erfolg e<strong>in</strong>er Ibandronatbehandlung bei e<strong>in</strong>er 28jährigen<br />
Patient<strong>in</strong> mit 7 Wirbelkörperfrakturen. Die <strong>in</strong>travenöse Applikation über 2 Jahre führte,<br />
objektiviert durch das DXA-Verfahren, zu e<strong>in</strong>em Knochendichtezuwachs von 20,9% an der<br />
Lendenwirbelsäule. Die Therapie mit Teriparatid, dem biologisch aktiven 1,34 N-term<strong>in</strong>alen<br />
Fragment des Parathormons, führt durch <strong>in</strong>termittierende Gabe zu e<strong>in</strong>er Vermehrung des<br />
Knochenaufbaus mit daraus resultierender positiver Nettobilanz. Diese osteoanabole Therapie<br />
verh<strong>in</strong>derte bei e<strong>in</strong>er sehr stark betroffenen Patient<strong>in</strong> das Neuauftreten von Frakturen <strong>und</strong><br />
führte im DXA-Verfahren zu e<strong>in</strong>er Knochendichtezunahme von 36% an der LWS <strong>und</strong> 13,8% an<br />
der Hüfte.<br />
Die Gründung des Deutschen Referenzzentrums für <strong>Schwangerschaft</strong>s-assoziierte<br />
Osteoporose an der Philipps-Universität Marburg erlaubte erstmalig die Sammlung von über<br />
100 Krankengeschichten <strong>und</strong> dient Patient<strong>in</strong>nen als Ansprech- <strong>und</strong> Beratungsstelle.<br />
Fazit für die Praxis:<br />
Für die M<strong>in</strong>eralisation des fetalen Skeletts ist e<strong>in</strong> Kalzium-Shift von der Mutter zum<br />
K<strong>in</strong>d erforderlich, der sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em meist vorübergehenden Verlust an Knochendichte<br />
äußert. Dieser physiologische Knochendichteverlust variiert. Aufgr<strong>und</strong> dieser Kenntnis<br />
ist die Beratung h<strong>in</strong>sichtlich e<strong>in</strong>er kalziumreichen Ernährung <strong>und</strong><br />
knochenstoffwechselges<strong>und</strong>en Lebensweise zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er <strong>Schwangerschaft</strong> obligat.<br />
Rückenschmerzen <strong>in</strong>sbesondere im letzten Drittel der <strong>Schwangerschaft</strong> können<br />
H<strong>in</strong>weiszeichen se<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e transiente oder im schlimmsten Fall auch<br />
schwangerschaftsassoziierte Osteoporose <strong>und</strong> sollten nicht sofort als normale<br />
Begleitersche<strong>in</strong>ung der <strong>Schwangerschaft</strong> angesehen werden. Durch die Gründung des<br />
Deutschen Referenzzentrums <strong>in</strong> unserer Kl<strong>in</strong>ik können wir diesen Frauen oder<br />
behandelnden Ärzten als Ansprechpartner dienen.<br />
Autor: Prof. Dr. med. P. Hadji,<br />
Deutschen Referenzzentrums für <strong>Schwangerschaft</strong>s-assoziierte Osteoporose<br />
Philipps-Universität Marburg<br />
Schwerpunkt Gynäkologische Endokr<strong>in</strong>ologie, Reproduktionsmediz<strong>in</strong> <strong>und</strong> Osteologie<br />
Bald<strong>in</strong>gerstrasse, 35033 Marburg<br />
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