Die Günther Jauch-Methode
Die Günther Jauch-Methode
Die Günther Jauch-Methode
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<strong>Günther</strong> <strong>Jauch</strong> und das Fundraising in der Kirchengemeinde<br />
Während Ihrer Amtsperiode im Kirchengemeinderat werden Sie auch Projekte verwirklichen<br />
wollen, für die im Haushalt keine Gelder vorgesehen sind.<br />
Ob es dabei um ein Hilfsprojekt, die Unterstützung des Frauenhauses, ein Projekt für<br />
krebskranke Kinder, eine Fortbildung für Ehrenamtliche, den Anbau eines Kindergartens oder<br />
die Ermöglichung eines Ausfluges für nicht mobile alte Menschen der Gemeinde geht: Sie<br />
stehen vor der Frage, wie können wir die nötigen finanziellen Mittel einwerben, um das Projekt<br />
zu verwirklichen<br />
Sie befassen sich also mit dem Thema Fundraising. Was ist Fundraising<br />
Fundraising ist die Gewinnung von:<br />
• neuen Ehrenamtlichen<br />
• Wissen<br />
• Sachwerten und<br />
• finanziellen Ressourcen<br />
zur Verwirklichung von am Gemeinwohl orientierten Zwecken.<br />
Wahrscheinlich haben Sie in der einen oder anderen Form bereits Erfahrungen im Fundraising<br />
gesammelt:<br />
• Wenn Sie jemanden in Ihrer Gemeinde ansprechen, ob er in Ihrer Besuchsdienstgruppe<br />
mitmachen möchte, dann machen Sie Fundraising. Sie werben um neue Ehrenamtliche.<br />
• Wenn Sie jemanden darum bitten, Ihnen bei der Erstellung eines Dokumentes am<br />
Computer behilflich zu sein, das Sie für ein Projekt benötigen, dann machen Sie<br />
Fundraising. Jemand stellt Ihnen unentgeltlich sein Wissen um Computerdinge zur<br />
Verfügung.<br />
• Wenn Sie im Rahmen eines Gottesdienstes die Menschen dazu aufrufen durch eine<br />
Spende bei der Kollekte ein Hilfsprojekt zu unterstützen, dann machen Sie Fundraising.<br />
• Wenn Sie einen Weihnachts-Bazar bei sich vor Ort machen, um das so gewonnene<br />
Geldes für ein Projekt zu verwenden, dann machen Sie Fundraising. Sie haben<br />
finanzielle Mittel für ein Projekt gewonnen.<br />
• Sie machen ebenfalls Fundraising, wenn Sie am Caritas-Sonntag von Haustür zu<br />
Haustür gehen und um eine Spende bitten.<br />
Sie sehen also, dass auch Sie selbst bereits Fundraising betreiben. Doch auch wenn wir es<br />
bereits tun, lohnt es sich einen genaueren Blick darauf zu werfen.<br />
Inhaltliche Überlegungen oder was hat <strong>Günther</strong> <strong>Jauch</strong> mit uns zu tun<br />
Es ist immer von Vorteil ein Vorhaben als Projekt zu betrachten und es auch als solches<br />
schriftlich festzuhalten. Sowohl, wenn es um das Projekt an sich geht als auch wenn es um das<br />
nötige Fundraising geht, das vorab geschehen muss, um das Projekt zu verwirklichen.<br />
Dazu formulieren Sie die Ziele Ihres Projektes, überlegen sich Teilschritte und Arbeitspakete die<br />
zur Zielerreichung nötig sind, regeln wer welche Zuständigkeit übernimmt, machen eine<br />
Aufstellung der Kosten und legen einen zeitlichen Rahmen fest.<br />
Solch ein Projekt-Plan hilft nicht nur ihnen bei der Umsetzung ihres Vorhabens er ist auch eine<br />
wichtige Grundlage zur Gewinnung der nötigen Mittel. Wollen Sie einen Antrag für die finanzielle<br />
Unterstützung Ihres Projektes bei einer Stiftung oder staatlichen Stelle machen, wollen Sie im<br />
Gottesdienst vor der Gemeinde für Ihr Projekt werben oder treten Sie in Kontakt zu einem vor<br />
Ort ansässigen Unternehmen ... die klare und knappe Formulierung des Projektes und der<br />
Ziele sind unentbehrlich.<br />
[Wer kann eine Recherche über Möglichkeiten der Gewinnung von Geldmitteln durchführen<br />
(öffentliche Stellen, Stiftungen, Banken, Ausschreibungen, Wettbewerbe, Firmen)]
Methodische Anregungen<br />
<strong>Die</strong> <strong>Günther</strong> <strong>Jauch</strong>-<strong>Methode</strong><br />
Haben Sie den Projektplan formuliert, können Sie sich anhand dieses Spieles noch einmal klar<br />
vor Augen frühen was die Essenz des Projektes ist und sich auf die Ziele ausrichten. Bringen<br />
Sie Ihr Anliegen „auf den Punkt“. Vielleicht präzisieren Sie danach auch noch einmal Ihren<br />
Projekt-Plan.<br />
Vorbereitung:<br />
Stellen Sie einen Stuhlkreis auf. Stellen Sie eine Moderationswand auf, halten Sie<br />
Moderationskarten und Stifte bereit und legen Sie sich eine Stoppuhr zurecht. Eine am Projekt<br />
unbeteiligt Person soll die Antworten der Teilnehmer notieren. Machen Sie den Teilnehmern<br />
klar, dass es bei dem Spiel nicht darum geht, besser oder schlechter zu sein. Das Spiel soll<br />
allen helfen sich die Ziele und den Nutzen des Projektes zu veranschaulichen und sich darauf<br />
auszurichten.<br />
Lesen Sie folgende Geschichte vor:<br />
Stellen Sie sich folgendes vor:<br />
Sie machen einen Ausflug in die nächstgelegene größere Stadt. Sie betreten ein Kaufhaus, weil<br />
Sie im obersten Stockwerk nach einem Geschenk für eine Bekannte Ausschau halten wollen.<br />
Sie gehen zum Aufzug, treten ein und siehe da: <strong>Günther</strong> <strong>Jauch</strong> steht im Aufzug. Das ist ihr<br />
Glückstag, denn <strong>Günther</strong> <strong>Jauch</strong> hat eine Millionen Euro für ein gemeinnütziges Projekt zu<br />
vergeben.<br />
Nur einen Haken hat die ganze Sache: <strong>Günther</strong> <strong>Jauch</strong> hat keine Zeit! Im Restaurant im<br />
Obergeschoss wartet bereits ein Journalist vom Stern ungeduldig auf ihn und nach dem<br />
Interview muss <strong>Günther</strong> <strong>Jauch</strong> zum Bahnhof eilen, denn sein Zug nach Köln wartet nicht.<br />
Sie haben also genau die 30 Sekunden, die der Aufzug vom Erdgeschoss in das oberste<br />
Stockwerk benötigt, um Herrn <strong>Jauch</strong> von Ihrem Projekt zu überzeugen und die Million für das<br />
Projekt in Ihrer Gemeinde zu erhalten. Überzeugen Sie <strong>Günther</strong> <strong>Jauch</strong>!<br />
Ich bin jetzt <strong>Günther</strong> <strong>Jauch</strong>! Sie haben jetzt genau 30 Sekunden mich zu überzeugen. Jeder<br />
kommt einmal dran. Ich gehe ganz spontan zu einer Person, und stoppe die Zeit! Los geht’s!<br />
Frau …/Herr…<br />
(Gehen sie nicht der Reihe nach, sondern ganz spontan zu einer Person, so dass der<br />
Überraschungseffekt größer ist.)<br />
Nachdem alle verschnaufen konnten, bitten Sie die Teilnehmer sich zu Ihren Gefühlen und<br />
Erfahrungen zu äußern: Wie ging es Ihnen dabei Wie haben Sie sich gefühlt Was war<br />
schwer Welche Erkenntnisse haben Sie daraus gezogen Was ist wichtig für unser Projekt<br />
Was könnten Kernthemen sein, die zum Ausdruck kommen sollen in den 30 Sekunden Was<br />
wurde bereits an wichtigen Punkten genannt (Bitten Sie den Protokollanten in seinem<br />
Aufschrieb nach genannten Themen zu sehen und notieren Sie die einzelnen Themen auf<br />
Kärtchen, die Sie an eine Moderationswand pinnen)<br />
Und jetzt entwickeln Sie gemeinsam einen kurzen Text, den Sie <strong>Günther</strong> <strong>Jauch</strong> vortragen<br />
könnten. Was muss enthalten sein<br />
Sie sind wieder <strong>Günther</strong> <strong>Jauch</strong>. Bitten Sie einen Teilnehmer Sie nun in 30 Sekunden mit diesem<br />
Ergebnis zu überzeugen.<br />
War das überzeugend Wenn Sie <strong>Günther</strong> <strong>Jauch</strong> wären hätte Sie das überzeugt Was fehlt<br />
noch<br />
<strong>Die</strong> Inhalte reichen nicht aus, um zu Überzeugen!<br />
Was ist mit Körperhaltung und Stand Mit welcher Haltung steht der Teilnehmer da und wie<br />
könnte er sich hinstellen Was ist mit der Begrüßung von Herrn <strong>Jauch</strong>, einer kurzen Einleitung
ins Thema, wie steht es um das Leuchten in den Augen, die Begeisterung für das, was sich tut<br />
und die Überzeugung, dass es einen Nutzen hat Für wen hat das Projekt einen Nutzen<br />
Nachdem Sie das alles angesprochen und diskutiert haben, bitten Sie alle Teilnehmer<br />
aufzustehen und machen Sie eine zweite Runde! <strong>Die</strong>smal mit Pfeffer!<br />
Wie hat sich das diesmal angefühlt Nach einer zweiten Reflektionsrunde formulieren Sie<br />
gemeinsam die endgültige inhaltliche Fassung und benennen Sie die weiteren Faktoren die<br />
eine Rolle spielen (auf Kärtchen schreiben).<br />
Kommen Inhalte, Begeisterung und Haltung zusammen, überzeugt das. Ein Element allein<br />
reicht nicht aus.<br />
Ich und meine innere Haltung<br />
Beim Fundraising treten Sie in Kontakt zu anderen Menschen. Es geht dabei also immer um<br />
uns selbst und um unser Gegenüber -- darum, wie wir diesen Kontakt gestalten und auftreten.<br />
Und das hängt von unserer eigenen inneren Haltung ab.<br />
Sehen wir Fundraising als:<br />
• Notwendiges aber unangenehmes Vorgehen, um geistliche Dinge zu unterstützen,<br />
• Als Zeichen einer Fehlplanung<br />
• Als Antwort auf eine Krise<br />
Oder als<br />
• Seelsorge; Teil unseres <strong>Die</strong>nstes für Andere<br />
• Und Einladung des Gebers, an unserer Mission/Berufung mitwirken zu können<br />
Der Theologe und Seelsorger Henri Nouwen formulierte das so: „Fundraising ist Ausdruck der<br />
Seelsorge, wenn andere Menschen eingeladen werden, an einer Vision teilzuhaben und an<br />
einem spirituellen Auftrag mitzuwirken. So kann Fundraising zu einer ganz konkreten Form<br />
werden, am Bau des Reiches Gottes mitzuarbeiten.“ (Quelle: Henri J. M. Nouwen: <strong>Die</strong><br />
Spiritualität des Fundraisings)<br />
Sie sehen also, dass das Fundraising, also das Werben um Ehrenamtliche, um Mithilfe und<br />
finanzielle Ressourcen so eine ganz andere Bedeutung erhalten kann.<br />
Dabei geht es um folgende Fragen:<br />
Wie ist unsere innere Haltung beim Bitten um Hilfe oder Geld<br />
Warum fällt es oft so schwer andere um Hilfe oder um finanzielle Unterstützung zu<br />
bitten<br />
Wie stehe ich zum Thema Geld Bin ich innerlich frei von Geld<br />
Nehme ich eine Haltung des Bettelns oder der Gier ein beim Bitten oder bin ich innerlich<br />
frei und ausgeglichen, frei von Resultaten und Erwartungen ohne an Begeisterung<br />
einzubüßen<br />
Stehe ich zu dem was ich tue und ist meine Haltung aufrecht<br />
Kann ich auch ein NEIN von meinem Gegenüber akzeptieren<br />
Der Geber und seine Sicht<br />
<strong>Die</strong> Fokussierung auf das Projekt mit den nötigen Ressourcen und unsere innere Haltung beim<br />
Fundraising umfasst nur zwei wichtige Teile für das Gelingen unseres Vorhabens. Bisher sehen<br />
wir nur uns und unser Anliegen. Doch was ist mit unserem Gegenüber, mit dem wir in Kontakt<br />
treten, dem Helfer oder Geber
Folgende Fragen geben Impulse:<br />
Wer kann auf welche Weise Geber sein und wie können wir diese Person ansprechen<br />
und zur Mithilfe begeistern (Zeit, Wissen, Sachwerte, finanzielle Ressourcen,<br />
Bekanntheit, Berühmtheit)<br />
Was bewegt den Geber Wie ist seine Sicht Was will er für sein Leben<br />
(Lebensgeschichte, Sinn, Verwirklichung, Gemeinschaft)<br />
Wer steht im Mittelpunkt der Weltsicht dieser Person Wir mit unserem Projekt oder sie<br />
Wie wirken wir auf diese Person, je nachdem mit welcher inneren Haltung wir in Kontakt<br />
zu ihr treten Wie wirken Betteln, Abhängigkeit, Gier, Ungeduld, Ausgeglichenheit,<br />
Begeisterung, Ruhe, <strong>Die</strong>nstleistungshaltung und Gemeinschaft auf die Person<br />
Was hat der Geber von unserem Projekt (z.B.: Ruhm, Bekanntheit, Verewigung,<br />
Verwirklichung, Sinn, Gemeinschaft Befriedigung oder Beschäftigung durch aktive<br />
Mithilfe)<br />
Wie geht es dem Geber Wie können wir dem Geber durch unser Projekt weiterhelfen<br />
Auf welche Weise können wir den Geber in unser Projekt mit einbeziehen<br />
Können wir den Geber in eine Gemeinschaft einbeziehen<br />
Wie steht es um unsere Dankeskultur Auf welche Weise wollen wir den Gebern<br />
danken<br />
Wie können wir dem Geber unsere Wertschätzung vermitteln (Körper, Geist, Seele)<br />
Gemeinschaft statt Konkurrenz<br />
In manchen Gemeinden ist zwischen verschiedenen Fundraising betreibenden Organisationen<br />
oder Projekten eine negative Haltung der Konkurrenz um die Geber entstanden. Bitte bedenken<br />
Sie, dass nicht nur Sie das Recht haben Fundraising zu betreiben und Menschen<br />
anzusprechen. Jeder hat das Recht. Auch andere Vereinigungen und Organisationen haben<br />
sinnvolle Projekte. <strong>Die</strong> Erfahrung hat gezeigt, dass eine anerkennende Haltung gegenüber<br />
anderen Organisationen und deren Projekten für alle langfristig zu positiveren Ergebnissen<br />
führt.<br />
Können Sie sich mit anderen Organisationen zusammen schließen<br />
Können Sie sich untereinander austauschen und gegenseitig unterstützen<br />
Was können Sie voneinander lernen<br />
Können die verschiedenen Fähigkeiten und Talente gemeinsam genutzt werden<br />
<br />
<br />
<br />
Wie können Sie auf andere Organisationen zugehen<br />
Auf welche Weise hilft unser Projekt in der Region Gemeinschaft zu fördern (z.B.<br />
zwischen: Fundraisern, Konfessionen, Religionen, Gemeinden, Generationen, Nationen,<br />
Firmen,…)<br />
Welche Rolle kann dabei der Sachausschuss Caritas als Vernetzungsgremium spielen<br />
Viel Erfolg bei Ihren Projekten<br />
Marie Schumacher, CKD-Diözesanreferentin