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„Karo und der liebe <strong>Gott</strong>" - Ein preisgekrönter österreichischer Kinderfilm<br />

6/07 Unsere Kinder<br />

<strong>Lieber</strong> <strong>Gott</strong>,<br />

bitte kommen!<br />

Christina Gastager-Repolust hat<br />

Ende 2006 den Film „Karo und der<br />

liebe <strong>Gott</strong>“ gesehen, mit der<br />

Regisseurin gesprochen und Kinder<br />

befragt. Nun ist dieser Film auch<br />

als Kauf-DVD erhältlich.*<br />

Die achtjährige Karo will ihre getrennten Eltern wieder<br />

zusammenbringen. Da gibt’s so einen <strong>Gott</strong>, der<br />

soll ihr dabei helfen, schließlich hat Karo bei ihrer<br />

Erstkommunion gelernt: „Glaube kann Berge versetzen.“<br />

Dann soll <strong>Gott</strong> halt nicht Berge, sondern<br />

den Papa wieder zur Mama und ihr zurückversetzen.<br />

„Fliegende Elefanten sind mein Meisterstückl!“,<br />

hat ihr der lange Zeit unsichtbare „<strong>Gott</strong>“<br />

am Walkie-Talkie verraten. Sie glaubt ihm, obwohl<br />

er gar nicht schön spricht und bei der ersten Begegnung<br />

betrunken ist. Sein Mantel riecht auch<br />

komisch, aber das ist ja vielleicht Tarnung.<br />

Danielle Proskar erzählt von den Gefühlen von<br />

Kindern in Trennungssituationen: Einerseits ist die<br />

Katastrophe ungefragt da, andererseits entdeckt<br />

Karo Seiten an ihren Eltern, die ihr zuvor verborgen<br />

waren. „Sie haben aufgehört, die gleiche Sprache<br />

zu sprechen. Lass deine Mama los, lass sie fliegen!“,<br />

philosophiert Karos <strong>Gott</strong> von Freiheit.<br />

Wenn der liebe <strong>Gott</strong> zu den Kindern hilft ...<br />

Margarethe (10) freut sich auf den Film „Karo und<br />

der liebe <strong>Gott</strong>“. Warum „Weil ich gehört habe,<br />

dass der Film lustig sein soll, witzig und echt cool.“<br />

Von <strong>Gott</strong> ist auch die Rede, „das kann ja spannend<br />

sein, ich glaube, das wird echt lustig“, freut sich<br />

Amalie, die in ein paar Tagen elf Jahre alt wird. Ja,<br />

sie hat die Filmbesprechung durchgelesen, Karo hat<br />

*Die Kauf-DVD „Karo<br />

und der liebe <strong>Gott</strong>“ ist<br />

um € 14,90 erhältlich<br />

bei: FILMLADEN, Leitermayerg.<br />

43/6, 1180<br />

Wien, Tel. 01/9241758<br />

shop@filmladen.at<br />

23


Unsere Kinder 6/07<br />

„Karo und der liebe <strong>Gott</strong>" - Ein preisgekrönter österreichischer Kinderfilm<br />

Jasmin, vor „Karo und<br />

der liebe <strong>Gott</strong>“: Meine<br />

Eltern sind auch<br />

geschieden, ich spreche<br />

immer mit meinen Tieren.<br />

Man braucht einfach<br />

jemanden, mit<br />

dem man reden kann.<br />

„Ich bin Amalie, dieser<br />

Film ist einer meiner<br />

Geburtstagswünsche.<br />

Es ist schon komisch,<br />

wenn man sich einbildet,<br />

mit <strong>Gott</strong> zu reden.“<br />

ihr beim Durchlesen gleich gefallen. „Die trickst<br />

immer die Erwachsenen aus und hat ihren eigenen<br />

Plan. Der alte Mann, <strong>Gott</strong> also, mit seinem zerknitterten<br />

Mantel, der hat in der Zeitung ganz nett ausgeschaut“,<br />

melden sich ihre Freundinnen Margare -<br />

the und Jasmin zur Wort. Auch der 11-jährige<br />

Andreas ist auf die Abenteuer Karos gespannt:<br />

„Nein, ich glaube, das ist kein Film nur für Mädchen,<br />

er soll lustig sein und Streiche schaue ich<br />

immer gerne an.“ Jasmins Eltern haben sich ge -<br />

trennt „Auch ich habe mit jemandem reden wollen,<br />

damals habe ich meinen Tieren – Hund und<br />

Katze – von meinen Sorgen erzählt. Das hilft. Die<br />

hö ren wirklich zu, widersprechen nicht und behalten<br />

alles für sich.“ Die vier sind überzeugt, dass<br />

sie hier viel zu lachen haben werden, „<strong>Gott</strong> ist<br />

sicher auch nicht nur ernst.“ Eine Oma mit Enkelin<br />

meint beim Eintreten in den Kinosaal: „Wenn<br />

ein Film von <strong>Gott</strong> handelt, muss er noch lange nicht<br />

kitschig sein.“ Regisseurin Danielle Proskar hätte<br />

diese Aussage sicher gut gefallen, denn auf die Frage:<br />

„Warum haben Sie <strong>Gott</strong> in Ihrem Film so etwas<br />

wie eine Hauptrolle geschrieben“, antwortet sie<br />

beinahe kampflustig: „Es ist nicht absurd, auf <strong>Gott</strong><br />

zu kommen. Der spielt eine Rolle im Leben vieler<br />

Menschen. Das kann ich auch von meinem Leben<br />

behaupten.“ Sie ist müde nach einem langen Drehtag<br />

und ist doch Feuer und Flamme für ihren Film:<br />

„Er hat wunderbare Kritiken, in Kanada habe ich<br />

be reits einen Preis damit gewonnen. In Österreich<br />

reden viele von diesem Film, wie gut er sein soll –<br />

nur gesehen haben ihn derzeit noch wenige.“<br />

Danielle Proskar ist überzeugt, dass Kinder leichter<br />

über <strong>Gott</strong> sprechen als Erwachsene: „Sie suchen<br />

nicht immer nach einer Erklärung, sind offener für<br />

alles Mystische und bereit, sich auf Situationen einzulassen.“<br />

Dass Kinder unter der Trennung ihrer Eltern<br />

vorerst einmal leiden, hat sie selbst am Beispiel<br />

einer befreundeten Familie erlebt: „Die hatten<br />

wirklich keinen Rosenkrieg, haben viel geredet und<br />

sich mit der Situation auseinandergesetzt. Für die<br />

Kinder war die Trennung trotzdem ein Schock.“ Sie<br />

hat beobachtet, wie das 19-jährige Aupair-Mädchen<br />

der Familie als unbelastete Außenstehende<br />

plötzlich zum emotionalen Mittelpunkt der Kinder,<br />

zum Rettungsanker wurde. „Das hat mich sehr be -<br />

rührt, wie wichtig ein fremder, sehr junger Mensch<br />

für diese Kinder wurde. Sie kam einfach unbelastet<br />

in die Familie, konnte daher auch unparteiisch zu -<br />

hören und vor allem die Kinder verstehen.“<br />

Im Film begegnet Karo keiner 19-Jährigen,<br />

sondern einem muffelnden, grantigen, alten Säufer,<br />

einem Menschen mit sehr viel Herz. Aber das<br />

entdeckt er eigentlich erst gemeinsam mit Karo.<br />

„Das Drehbuch hat sich laufend verändert, manche<br />

Szenen und Dialoge flossen irgendwie unbewusst<br />

ein.“ Mit der 10-jährigen Hauptdarstellerin Resi<br />

Reiner aus Graz sei Karo zu Karo geworden: „Resi<br />

ist ein Naturtalent.“ Wenn sich Regisseurin Proskar<br />

an ihre Kindheit erinnert, wird ihr die Intensität<br />

ihres eigenen Betens immer wieder aufs Neue be -<br />

wusst: „Ich bin froh, dass ich diese Gebete hatte.<br />

Kindern Religion nahe zu bringen, sehe ich auch als<br />

Kulturvermittlung an, als Verantwortung der Er -<br />

wachsenen, Kindern auch philosophische Angebote<br />

zu machen.“<br />

Trennung der Eltern als Zäsur<br />

„Damit man sich öfter sieht, muss man sich trennen“,<br />

mit dieser Frage an ihre Eltern zieht Karo die<br />

Tür zu ihrem Zimmer hinter sich zu. Eine kluge Frage<br />

eines klugen Mädchens, das den momentanen<br />

Zustand – Trennung und aufdringliche neue Partner<br />

des jeweiligen Elternteils – wirklich dumm findet.<br />

Bei ihrer Erstkommunion haben die beiden ja<br />

noch auf „heile Familie“ getan, aber dann hat<br />

Papas Handy geläutet und er hat an diesem besonderen<br />

Tag ins Studio fahren müssen. Dort moderiert<br />

er seine Kuppel-Show „Der Lenz ist da!“,<br />

wäh rend Mama immer ihrer Karriere als Musikerin<br />

nachtrauert. Wirklich nachtrauert, das spürt<br />

Karo immer, wenn Mama in der Kirche Orgel spielt.<br />

„Ja, die Kirche, der Pfarrer und die Lieder, die<br />

Geschichten um den lieben <strong>Gott</strong>, der alles sieht –<br />

ob er mir helfen kann“, sinniert die achtjährige<br />

Karo, während sie ihr Walkie-Talkie in der Hand<br />

hält.<br />

Die Österreicherin Danielle Proskar hat nach<br />

ihrem Wirtschaftsstudium noch das Studium der<br />

Wiener Filmakademie (Regie und Kamera) abgeschlossen:<br />

„Heute mache ich genau das, was ich<br />

mir immer gewünscht habe.“. Bei „Karo und der<br />

liebe <strong>Gott</strong>“ hat sie sowohl das Drehbuch geschrieben<br />

als auch Regie geführt. „Wir hatten nur einen<br />

Monat Zeit für die Dreharbeiten. Im Film geht es<br />

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„Karo und der liebe <strong>Gott</strong>" - Ein preisgekrönter österreichischer Kinderfilm<br />

6/07 Unsere Kinder<br />

mir nicht um Moral, sondern darum, wie Kinder<br />

und Erwachsene einander wahrnehmen. Ich habe<br />

viele Details eingebaut, die eher die Erwachsenen<br />

erheitern, wenn etwa der liebe <strong>Gott</strong> die Zeitung<br />

,Furche, liest, während er mit Karo Strategien zur<br />

Papa-Mama-Zusammenführung überlegt. Geräusche<br />

prägen die einzelnen Szenen, und Musik –<br />

Orgel, Klavier, Saxophon – spielt eine große Rolle.<br />

Leises und Lautes wechselt in den einzelnen Szenen<br />

ab: Karo und ihre Eltern auf dem Jahrmarkt, beim<br />

ruhigen Bootfahren, beim Tangotanzen, im Alltag<br />

als getrennt lebende Eltern ...“<br />

<strong>Gott</strong>: Etwas, woran man glauben kann<br />

Karos Glück an ihrem Erstkommuniontag wird brüchig,<br />

als sie am Abend heimlich einen Streit ihrer<br />

Eltern wegen Papas Freundin miterlebt. Allmählich<br />

erkennt Karo, wie unglücklich ihre Mama<br />

ei gentlich war und wie anders sie ist, wenn sie Klavier<br />

spielen kann oder für Auftritte probt. Dass der<br />

smarte Papa wenig Zeit für Karo hat, schmerzt. Das<br />

Drachensteigen mit dem lieben <strong>Gott</strong> bringt die<br />

Eltern ordentlich durcheinander: „Kind, was willst<br />

du mit so einem Individuum“ Doch Karo sieht dort<br />

<strong>Gott</strong>, wo sie ihn sehen will.<br />

„Zeig und beweise mir, dass du <strong>Gott</strong> bist“ –<br />

dieser Forderung kommt die Geschichte mehrmals<br />

nach: Zufälle bekommen neue Dimensionen, Er -<br />

wachsene könnten sich ertappt fühlen. Karo gilt<br />

dem „lieben <strong>Gott</strong>“ als Nervensäge, nicht einmal<br />

Resi Reiner in ihrer vielbeachteten Rolle als Karo. Der Film<br />

wurde mit mehreren internationalen Preisen ausgezeichnet.<br />

„Schnepfe“ kann sie richtig aussprechen, sie bringt<br />

lediglich ein „Schnöpfe“ für Papas Neue zustande.<br />

Dass dann allerdings Haydns Oratorium „Schöpfung“<br />

als CD-Geschenk für sie bereitliegt und sie<br />

kurz noch mal <strong>Gott</strong> anfragen muss: „Schnöpfung<br />

Schöpfung“, ist nur ein Beispiel von Danielle<br />

Proskars Wortwitz mit Tiefgang. Dass unsichtbare<br />

Tinte hier als „heilige Schrift“ dechiffriert werden<br />

muss, dass der Pfarrer über „ewige Probleme mit<br />

dem ewigen Licht“ jammert und <strong>Gott</strong> nach seinem<br />

Unfall in der „Krankenanstalt zum göttlichen Heiland“<br />

liegt, zeugt von Proskars Freude am Spiel mit<br />

der Sprache und ihren ernsten, großen Begriffen.<br />

Wie grüßt man eigentlich den lieben <strong>Gott</strong> – „Grüß<br />

<strong>Gott</strong>, <strong>Gott</strong>“ – „Auf Wiedersehen, Amen“ mag als<br />

Verabschiedungsfloskel wohl durchgehen.<br />

Darf man einen <strong>Gott</strong> zeigen, der trinkt, raucht,<br />

stinkt und gelegentlich auch ein wenig lügt „Ja“,<br />

findet die Regisseurin, denn schließlich will sie<br />

doch keinen aalglatten <strong>Gott</strong> als Bild anbieten und<br />

„außer dem geht es ja hier um die Veränderung, die<br />

Karo und ihr <strong>Gott</strong> aneinander auslösen. Sie werden<br />

Freunde und dadurch mehr von dem, was sie<br />

eigentlich sein könnten.“ So öffnet Karo ihre<br />

Au gen für die Lebensfreude ihrer Mama und<br />

erkennt, dass ihre Eltern wirklich verschiedene<br />

Sprachen sprechen. Nein, ein Leben lang dolmetschen,<br />

das will sie nicht.<br />

Symbole und eine verkaufte Welt<br />

Wenn in „Karo und der liebe <strong>Gott</strong>“ der Alte –<br />

preis verdächtig gespielt von Branko Samarovski –<br />

loszieht, um seinen Globus zu versetzen, fragt die<br />

Achtjährige: „Warum verkaufst du die Welt“ Karo<br />

löst die Weltkugel beim Pfandleiher aus und<br />

schenkt sie ihm gegen Ende des Films: „Schön ist<br />

deine Welt“. Wenn Karo und der liebe <strong>Gott</strong> den<br />

Drachen steigen lassen, spüren sie ihre Freiheit und<br />

Karo erlebt, dass jemand wirklich Zeit für sie hat.<br />

„Du sollst fliegen wie ein Elefant“, diese Botschaft<br />

schickt Karo ihre Mama durch ihren lieben <strong>Gott</strong> in<br />

den Gerichtssaal. Das Ende des Films ist offen:<br />

Karos Eltern sind geschieden, der liebe <strong>Gott</strong> sitzt<br />

am Meer und Karo hat in ihrem lieben <strong>Gott</strong> einen<br />

Freund gefunden. Den ihr niemand nehmen kann.<br />

Niemals – deshalb kann sie ihn auch loslassen.<br />

Andreas:<br />

„Ich glaube, dass das<br />

kein Mädchen-Film ist,<br />

das Thema kann jeden<br />

treffen.“<br />

„Ich heiße Margarethe<br />

und bin 10 Jahre alt.<br />

Meine Eltern sind<br />

zusammen, aber traurig<br />

ist so eine Trennung<br />

sicher.“<br />

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