NiedersachsenMetall report 1/2013
NiedersachsenMetall report 1/2013
NiedersachsenMetall report 1/2013
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Impulse ideen Initiativen 1 <strong>2013</strong><br />
Frauenpower in der Technik<br />
Der Fortschritt wird weiblich 11
2<br />
INHALT EDITORIAL 3<br />
LIEBE LESERINNEN UND LESER!<br />
TITELTHEMA<br />
11 Damit der Fortschritt weiblicher wird<br />
Junge Karrierestarterinnen werben für technische Berufe<br />
REPORTAGE<br />
4 Der Mensch im Mittelpunkt<br />
Niedersachsens Betriebe bewältigen den demografischen Wandel<br />
18 In der Erfolgsspur<br />
Mit Innovation, Qualität und Flexibilität hat Autozulieferer ZF Erfolg<br />
28 Der Erfolg hat viele Väter und Mütter<br />
Kinderbetreuung in den Betrieben<br />
FÜR SIE<br />
12 Spielregeln einhalten<br />
Die Rechtsabteilung von <strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
22 Ideenschmiede auf Tour durch Niedersachsen<br />
„Innovationskreis Automobilzulieferer“ unterwegs<br />
24 Brückenbauer zwischen den Kulturen<br />
Interview mit Ralf Othmer, Geschäftsführer der Deutschen<br />
Management Akademie Niedersachsen<br />
35 Termine<br />
Ausbildung<br />
26 Diese Lehrer sind der Hit<br />
Stiftung <strong>NiedersachsenMetall</strong> zeichnet engagierte MINT-Lehrer aus<br />
27 Aus dem Betrieb an die Uni<br />
Neue Servicestelle der „Offenen Hochschule Niedersachsen“<br />
27 IdeenExpo <strong>2013</strong> startet durch<br />
Botschafter nominiert / Schulen angeschrieben<br />
RÜCKBLICK<br />
32 Historie in neuem Glanz<br />
Schloss Herrenhausen wieder aufgebaut<br />
KONJUNKTUR<br />
34 Wirtschaftliche Lage trifft Betriebe und Branchen unterschiedlich<br />
Umfrage und Standortanalyse des Arbeitgeberverbands<br />
Wir machen uns für Sie stark<br />
12<br />
4<br />
28<br />
TITEL<br />
Ein Gesicht, zwei Jobs: Marion<br />
Schellenberg ist Ingenieurin und<br />
zugleich Model einer Anzeigenkampagne<br />
für mehr Frauen in<br />
technischen Berufen.<br />
Vom früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker stammt die Aussage,<br />
soziale Marktwirtschaft vollziehe sich nicht in Gesetzbüchern, sondern<br />
im Denken und Handeln der Menschen. Eine Feststellung, die recht treffend<br />
die Aktivitäten der niedersächsischen Metall- und Elektroindustrie wiedergibt.<br />
Unsere Unternehmen sind sehr innovativ, sie behaupten sich im internationalen<br />
Wettbewerb und bieten ihren Mitarbeitern attraktive und zukunftsfeste<br />
Arbeitsplätze. Im Zusammenwirken mit der Politik sorgt unsere<br />
Branche dafür, dass es Land und Leuten gut geht. Metall und Elektro in<br />
Niedersachsen – das ist einmal mehr das Rückgrat unserer Wirtschaft.<br />
Vor allem in den vergangenen zehn Jahren ist es zwischen Harz und<br />
Nordsee gelungen, bei Wachstum und Arbeitsmarktentwicklung zur Spitze<br />
der Bundesländer aufzuschließen. Mit Fug und Recht kann man sagen: Niedersachsen<br />
hat in dieser Zeit einen beispiellosen Sprung nach vorne gemacht.<br />
Nun ist es wichtig, dass diese positive Entwicklung in Niedersachsen<br />
anhält und auch künftig von einer konstruktiven Politik unterstützt wird.<br />
Denn wir wollen, dass sich unsere Betriebe auch künftig so eindrucksvoll<br />
zum Wirtschaftsstandort Niedersachsen bekennen, wie sie es heute<br />
tun, und auch in Zukunft robust aufgestellt und positiv gestimmt sind. Das<br />
jedenfalls spiegelt sich in den Zahlen und Stimmungen unserer jüngsten<br />
Konjunkturumfrage und Standortanalyse wider (ab Seite 34).<br />
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass in der anstehenden Tarifrunde<br />
die Lohnabschlüsse deutlich maßvoller ausfallen als im vergangenen Jahr.<br />
Die 4,3 Prozent der letzten Tarifrunde bedeuten den höchsten Zuwachs seit<br />
20 Jahren – und für viele unserer Unternehmen war dieser Abschluss grenzwertig.<br />
Überzogene Lohnabschlüsse gehen in der Regel stets zu Lasten der<br />
Beschäftigung, weil sie die Konkurrenzfähigkeit beeinträchtigen und die<br />
Eigenkapitaldecke der Betriebe angreifen. Ein hohes Eigenkapitalpolster<br />
werden wir aber in Zukunft mehr denn je benötigen – vorsorglich als Krisenpuffer<br />
für weitere Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten und<br />
ganz konkret als unmittelbare Folge von Basel III.<br />
Sorgen bereitet die demografische Entwicklung. Die Belegschaften<br />
werden älter, die Bevölkerung schrumpft und qualifizierter Nachwuchs<br />
wird rar. Was niedersächsische Betriebe dagegen tun, lesen Sie ab Seite 4.<br />
Und wie Sie mit umfassenden Angeboten zur Kinderbetreuung Ihre Mitarbeiter<br />
an sich binden, können Sie ab Seite 28 erfahren.<br />
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre unseres Niedersachsen-<br />
Metall-Reports!<br />
Ihr<br />
Dr. Volker Schmidt<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
Verband der Metallindustriellen<br />
Niedersachsens e. V.<br />
Titelfoto: Windrich & Sörgel<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong> <strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
4<br />
REPORTAGE REPORTAGE 5<br />
Generationsübergreifendes<br />
Teamwork bei Transnorm:<br />
Gunter Scharfe (links) gibt<br />
sein Wissen an Andreas<br />
Berner weiter.<br />
Der mensch<br />
im mittelpunkt<br />
Wie Niedersachsens Betriebe<br />
den demografischen Wandel bewältigen<br />
Die Menschen werden älter, die Geburtenzahlen sinken, die<br />
Bevölkerung schrumpft. Das hat dramatische Folgen: Der<br />
Fachkräftemangel nimmt bedrohlich zu und immer mehr<br />
Senioren stehen immer weniger Nachwuchskräften gegenüber.<br />
Allein in der niedersächsischen Metall- und Elektroindustrie<br />
hat sich der Anteil der über 60-Jährigen in den<br />
letzten zehn Jahren mehr als verdreifacht. In Zukunft werden<br />
viele Menschen länger arbeiten. Die Folge: Eine wachsende<br />
Zahl von Betrieben setzt auf Instrumente zur Gesundheitsförderung,<br />
Qualifizierung und altersgerechten Arbeitsorganisation.<br />
Wir haben uns in Niedersachsen umgesehen.<br />
Beispiel:<br />
Transnorm in Harsum<br />
Rentner Gunter Scharfe blickt auf 20 Jahre<br />
Arbeit beim Förderanlagen-Hersteller Transnorm<br />
in Harsum bei Hildesheim zurück.<br />
„Sie hat mir immer Spaß gemacht“, sagt der<br />
65-Jährige. „Und sie tut es immer noch.“ Als Vertriebsingenieur<br />
entwickelte er Projekte, kalkulierte Angebote<br />
und erstellte Zeichnungen. Solche Erfahrung steht hoch<br />
im Kurs, deshalb greifen immer mehr Betriebe auf ihre<br />
erfahrenen Mitarbeiter zurück – sofern die das wollen.<br />
Scharfe zögerte nicht, als Transnorm mit der Bitte an ihn<br />
herantrat, ein noch laufendes Projekt zu Ende zu bringen<br />
und im selben Zug einen jungen Kollegen einzuarbeiten.<br />
„Wir haben ihn so lieb gefragt, dass er nicht Nein<br />
sagen konnte“, sagt Personalleiterin Anja Hagenmüller<br />
augenzwinkernd. Von Montag bis Donnerstag gibt<br />
er sein Wissen an den Wirtschaftsingenieur Andreas<br />
Berner (31) weiter. Der ist dankbar: „Es ist hilfreich, auf<br />
einen solchen Erfahrungsschatz zugreifen zu können.“<br />
Das Wissen der Ingenieure und Konstrukteure ist<br />
das Kapital der Transnorm-Group. Sie zählt zu den weltweit<br />
führenden Anbietern in ihrem Bereich: Förderanlagen<br />
vor allem für Flughäfen und Luftfrachtzentren<br />
in aller Welt sowie Hochleistungsmodule für Stückgut-,<br />
Behälter- und Kartonfördersysteme für Kunden wie Ikea,<br />
UPS, Bosch und Melitta. Gefertigt wird mit rund 100<br />
Mitarbeitern in den USA und Malaysia, in Harsum sitzt<br />
die Entwicklungsriege. Hier arbeiten 210 Mitarbeiter<br />
und 14 Auszubildende.<br />
Auch wenn die Zeit von Gunter Scharfe im April<br />
endgültig herum ist, will sein Arbeitgeber auf die<br />
Erfahrung des 65-Jährigen nicht ganz verzichten. Für<br />
Beratungen bei Projekten könne man sich durchaus vorstellen,<br />
ihn erneut zurückzuholen. „Wenn wir ihn dann<br />
zu Hause loseisen können“, sagt Hagenmüller. e<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
6<br />
REPORTAGE REPORTAGE 7<br />
Lloyd-Mitarbeiter Holger Riess arbeitet<br />
an einem höhenverstellbaren Tisch.<br />
Beispiel:<br />
Flughafen Hannover<br />
Pfiffige Idee mit rückenschonenden Folgen:<br />
Susanne Schuster-Osterholz vor dem Palettenwender.<br />
Das Bild besteht aus mehreren Aufnahmen<br />
und zeigt die Funktionsweise des Geräts.<br />
„Wir haben zahlreiche<br />
Gesundheitsbaustellen<br />
im Unternehmen<br />
identifiziert und in<br />
Angriff genommen.“<br />
Heike Rath,<br />
Lloyd Shoes<br />
Beispiel:<br />
Lloyd Shoes in Sulingen<br />
Täglich produziert das Unternehmen 7 000 Paar Schuhe, davon 2 000 in<br />
Sulingen. In der niedersächsischen Zentrale arbeiten rund 500 Mitarbeiter<br />
in Verwaltung und Produktion. „Eine Verjüngung der Mannschaft im<br />
gewerblichen Bereich ist eine der Herausforderungen, vor denen wir in<br />
Sulingen stehen“, sagt Heike Rath, die für die Umsetzung des betrieblichen<br />
Gesundheitsmanagements zuständig ist. Die alternde Belegschaft – weit<br />
mehr als die Hälfte der gewerblichen Mitarbeiter ist über 50 – körperlich<br />
schwere Tätigkeiten in Produktion und Logistik sowie der akute Fachkräftemangel<br />
sind zu meistern. Ein betriebliches Gesundheitsmanagement, das<br />
in Einklang mit der Gesamtstrategie des Unternehmens steht, soll gegensteuern<br />
und eine überbetriebliche Ausbildung von 50 Auszubildenden im<br />
Unternehmen.<br />
Führungskräfte wurden sensibilisiert, regelmäßig tagende Gesundheitszirkel<br />
eingerichtet, Mitarbeiter befragt, Arbeitsplätze analysiert sowie Altersstrukturen<br />
unter die Lupe genommen. „Wir haben zahlreiche Gesundheitsbaustellen<br />
identifiziert und diese dann in Angriff genommen“, berichtet<br />
Rath. Ein Beispiel: In Teilen der Produktion wurden höhenverstellbare<br />
Arbeitstische eingeführt, die entsprechend der Körpergröße eingestellt<br />
werden können.<br />
Eine technische Eigenentwicklung ist der Palettenwender. Er sorgt im<br />
Wareneingang für eine spürbare Entlastung. Täglich erreichen Schuhe aus<br />
rumänischer Fertigung die deutsche Zentrale. Sie kommen in Kartons an,<br />
die in sechs Lagen übereinander gestapelt sind. „Früher mussten wir die<br />
schweren Kartons per Hand aus der obersten Reihe abnehmen“, erklärt<br />
Mitarbeiterin Susanne Schuster-Osterholz. Heute dreht das Gerät die<br />
Paletten um 90 Grad in die Horizontale, so dass die Pakete auf Tisch- und<br />
Griffhöhe liegen. Weitere Arbeitserleichterungen in Lager und Produktion<br />
werden stetig angeschoben. Vom neuen, gerade entstehenden automatischen<br />
Kommissionierungslager für 500 000 Paar Schuhe erwartet<br />
Rath eine erhebliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Die Kartonware<br />
muss nicht mehr aufwendig mit Handscannern und körperlichem Einsatz<br />
eingelagert werden, sondern läuft über ein Bandsystem.<br />
Die ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen, Gesundheitswochen,<br />
familienfreundliche Arbeitsumfelder und -zeiten – auch die Flughafen<br />
Hannover-Langenhagen GmbH tut eine ganze Menge, um ihre rund 1 200<br />
Mitarbeiter fit zu halten. Dazu gehört ein psychosoziales Beratungsangebot,<br />
das bei Problemen mit Sucht, Stress- und Belastungssituationen zur<br />
Verfügung steht. Die erste Mitarbeiterin, die das Angebot genutzt hat, ist<br />
Stephanie Schwieger.<br />
Wer ihr heute begegnet, trifft auf eine lebenslustige und fröhliche<br />
junge Frau. Das war nicht immer so, denn vor gut zwei Jahren litt sie unter<br />
schweren Depressionen.<br />
Anfang 2010 arbeitet sie als Assistenz für den Betriebsrat des Flughafens.<br />
Neben dem klassischen Bürojob meldet sie sich freiwillig für eine<br />
zusätzliche Herausforderung: den Winterdienst des Flughafens. „Ich habe<br />
den LKW-Führerschein gemacht und mich drei Jahre für die Rufbereitschaft<br />
des Winterdienstes verpflichtet“, berichtet sie. Das heißt: In unterschiedlichen<br />
Tagesrhythmen stehen Mitarbeiter des Winterdienstes für jeweils<br />
24 Stunden auf Abruf zum Einsatz bereit. „Es hat sehr viel Spaß gemacht<br />
als erste Frau am Flughafen im Winterdienst tätig zu sein“, erinnert sich<br />
die 29-Jährige.<br />
Schleichend und für sie selbst unmerklich geht es ihr ab Frühjahr<br />
2010 immer schlechter. Die Abstände zwischen körperlichen Beschwerden,<br />
Infekten und Entzündungen werden kürzer und überdecken oftmals die<br />
seelische Niedergeschlagenheit. Die junge Frau leidet zunehmend unter<br />
Konzentrationsschwierigkeiten – sowohl bei beruflichen als auch privaten<br />
Aufgaben. Hinzukommende Schlafstörungen und Angstzustände, Schuldgefühle,<br />
Verlust des Selbstwertgefühls, körperliche und seelische Erschöpfung,<br />
sowie weitere Symptome gestalten den Alltag immer quälender,<br />
berichtet sie. „Ich dachte, nach dem Urlaub im August wird es schon<br />
wieder, aber es ging überhaupt nicht mehr.“<br />
Erst im September nimmt sie ihren Zustand an und akzeptiert die<br />
bereits im Sommer gestellte ärztliche Diagnose. Die ausbleibende Unterstützung<br />
der Krankenkasse und jede Absage von angefragten Therapeuten,<br />
wegen unzureichender Kapazitäten, bedeuten einen immer wieder herben<br />
Rückschlag für die Hilfesuchende. „Trotz liebevoller Familie wusste ich, ich<br />
brauche und will professionelle Hilfe.“<br />
e<br />
Hat auch mit Unterstützung ihres Arbeitgebers<br />
eine schwierige Lebensphase gemeistert: Flughafen-Mitarbeiterin<br />
Stephanie Schwieger.<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
8<br />
REPORTAGE REPORTAGE 9<br />
„Gesundheit rechnet sich.<br />
Je eher die Mitarbeiter<br />
wieder fit sind, umso<br />
geringer die Ausfallzeiten.“<br />
Sandra Ritter,<br />
Bereichsleiterin Personal,<br />
Flughafen Hannover<br />
Gibt Tipps zur<br />
Gesundheit: Sportwissenschaftlerin<br />
Nancy Heinzelmann<br />
mit Dieter Ganz.<br />
„unternehmensWert: Mensch“:<br />
Günstige Beratung für Betriebe<br />
Die Demografieagentur für die niedersächsische<br />
Wirtschaft hat ein neues Beratungsangebot „unternehmensWert:<br />
Mensch“ vorgestellt. Geschäftsführer<br />
Edmund Schulz: „Mit dem Projekt ‚unternehmens-<br />
Wert: Mensch’ bieten wir kleinen und mittleren<br />
Unternehmen eine kostenlose Erstberatung.“ Dazu<br />
erhalten die Unternehmen einen Beratungsscheck,<br />
mit dem 80 Prozent der Kosten der Fachberatung<br />
bezuschusst werden. Das Förderungsvolumen beträgt<br />
maximal 12 000 Euro für insgesamt 15 Beratungstage.<br />
Das Projekt wird vom Bundesministerium für<br />
Arbeit und Soziales koordiniert sowie aus Bundesmitteln<br />
und Mitteln des Europäischen Sozialfonds<br />
finanziert.<br />
Die Demografieagentur wird getragen von <strong>NiedersachsenMetall</strong>,<br />
dem DGB Niedersachsen, der AOK<br />
Niedersachsen, dem Bildungswerk der Niedersächsischen<br />
Wirtschaft und der Handwerkskammer<br />
Osnabrück-Emsland. Sie wird durch das Land<br />
Niedersachsen und aus Mitteln des Europäischen<br />
Sozialfonds gefördert.<br />
i<br />
www.demografieagentur-nds.de<br />
Laufend informiert sie ihren Arbeitgeber über die<br />
Situation. Sandra Ritter, Bereichsleiterin Personal: „Wir<br />
waren natürlich gewillt, Frau Schwieger zu helfen,<br />
wussten zunächst aber nicht genau wie.“ Die Personalabteilung<br />
zeigt sich engagiert, setzt sich mit dem Thema<br />
auseinander und initiiert ein neues psychosoziales<br />
Beratungsangebot: SOPRA, die externe Sozialberatung.<br />
SOPRA selbst therapiert nicht, begleitet und vermittelt<br />
jedoch individuell entsprechende Therapeuten, Ergotherapeuten,<br />
Psychologen, Kliniken und hält vertrauenswürdigen<br />
Kontakt mit der betroffenen Person.<br />
„Es war mehrfach kurz vor zwölf und ich hätte<br />
nie für möglich gehalten, so tief sinken zu können“,<br />
beschreibt Stephanie Schwieger diese Leidenszeit der<br />
Extreme. Durch großes Glück hat sie Ende Dezember<br />
eine Therapie bekommen. Die dazukommende Möglichkeit<br />
durch SOPRA rundet das Ganze ab durch Vermittlung<br />
eines Psychologen, der die Gesprächstherapie<br />
zusätzlich medikamentös begleitete. „Die Ursache des<br />
Krankheitsbildes ist nicht allein zu viel Arbeit gewesen.<br />
Da haben mehrere Faktoren eine Rolle gespielt“, sagt<br />
sie rückblickend.<br />
Nach fast einem Jahr Berufsunfähigkeit konnte sie<br />
im Herbst 2011 wieder arbeiten. Die Flughafen GmbH<br />
hatte ihr einen neuen Arbeitsplatz angeboten. Seither<br />
arbeitet sie im Beschwerdemanagement und sagt: „Ohne<br />
die Unterstützung meines Arbeitgebers säße ich wahrscheinlich<br />
nicht hier.“<br />
Für Sandra Ritter zeigt der Fall, dass sich die Einrichtung<br />
eines psychosozialen Angebots auf jeden Fall<br />
lohnt. „Für die Mitarbeiter und auch betriebswirtschaftlich<br />
gesehen für das Unternehmen. Denn die Beratung<br />
versucht schon im Frühstadium den Betroffenen zu<br />
helfen. Und je eher die Mitarbeiter wieder fit sind,<br />
umso geringer die Ausfallzeiten.“<br />
Beispiel:<br />
Siemens in Braunschweig<br />
Dieter Ganz tritt kräftig in die Pedale des Fahrradtrainers<br />
und kommt regelmäßig schon vor der Arbeit ins<br />
Schwitzen. Der 55-jährige Siemens-Mitarbeiter besucht<br />
den firmeneigenen Fitnessbereich „Studio Active“ in<br />
Braunschweig. „Ich habe hin und wieder Rückenprobleme,<br />
deshalb trainiere ich mindestens zweimal<br />
wöchentlich“, sagt der Energieanlagenelektroniker.<br />
Für 14 Euro Monatsbeitrag stehen ihm moderne Sportgeräte<br />
zur Verfügung und Beratung durch qualifiziertes<br />
Fachpersonal. Immer mehr Mitarbeiter des Siemens-<br />
Standorts nehmen das Sportangebot wahr. „Inzwischen<br />
trainieren etwa 300 Kollegen regelmäßig bei uns“,<br />
sagt Gesundheitswissenschaftlerin Gabriele Schumann,<br />
Leiterin des Sportstudios. „Und 600 nahmen im vergangenen<br />
Jahr an unseren Kursen teil.“<br />
Die meisten der rund 3 000 Beschäftigten in Braunschweig<br />
sind in der Sparte Bahnautomatisierung tätig:<br />
Sie entwickeln automatische Zugbeeinflussungs-<br />
Studio Active-Leiterin Gabriele Schumann<br />
und Personalleiter Herrmann Weiland<br />
freuen sich über den regen Zuspruch, den<br />
das Gesundheitsangebot bei den Siemens-<br />
Mitarbeitern in Braunschweig findet.<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
10<br />
REPORTAGE TITELTHEMA 11<br />
systeme, elektronische Stellwerke und Betriebsleittechnik<br />
für Bahnbetreiber in aller Welt. Außerdem<br />
befindet sich am Standort Braunschweig eine der bundesweit<br />
36 Niederlassungen der Vertriebs- und Serviceorganisation<br />
Siemens Deutschland.<br />
Ein weiteres Highlight des umfangreichen Programms<br />
zur Gesundheitsförderung bei Siemens ist –<br />
neben Seminaren und Vor-Ort-Aktionen – ein 22-tägiges<br />
Gesundheitstraining: „In ausgewählten Kliniken in<br />
Bayern und Baden-Württemberg stehen Sport- und<br />
Bewegungsübungen wie Jogging, Walking und Gymnastik<br />
auf dem Plan“, erklärt Hermann Weiland, Personalleiter<br />
in Braunschweig. „Zudem gibt’s medizinische<br />
Checks und Entspannungsübungen sowie Infos über<br />
gesunde Ernährung.“ Der Arbeitgeber zahlt die Kosten,<br />
der Mitarbeiter muss für die gesamte Zeit nur neun Tage<br />
Urlaub nehmen. „Rund 1 500 solcher Trainingsplätze<br />
bietet Siemens jährlich bundesweit an.“<br />
j<br />
„Ältere kennen<br />
die Abkürzung“<br />
Demografiekongress<br />
> hannover<br />
Die Demografieagentur für die niedersächsische<br />
Wirtschaft hat Ende des vergangenen<br />
Jahres mit einem großen Auftaktkongress<br />
den Startschuss für eine<br />
Vielzahl von Veranstaltungen und Aktivitäten gegeben.<br />
Zugleich stellte sie ihr neues Beratungsangebot „unternehmensWert:<br />
Mensch“ vor. Es bietet den Betrieben<br />
eine Förderung von maximal 15 Beratungstagen, die<br />
einem Wert von 12 000 Euro entsprechen.<br />
Wie können Betriebe die Potenziale ihrer älteren<br />
Beschäftigten besser nutzen Sind Instrumente der<br />
Gesundheitsförderung, Qualifizierung und Arbeitsorganisation<br />
der Schlüssel zum Erfolg Der Demografiekongress<br />
gab Antworten. Auf dem sozialpartnerschaftlich<br />
ausgerichteten Kongress präsentierten zahlreiche<br />
Unternehmen ihre Aktivitäten. Rund 300 Teilnehmer<br />
hörten Vorträge und Präsentationen von<br />
Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern. Mit dabei<br />
waren die Unternehmen Flughafen Hannover, Lloyd<br />
Shoes GmbH, Stadtwerke Osnabrück, IngDiBa AG,<br />
üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG, Manitowoc<br />
Crane Group sowie die Vereinigte Schmirgel- und<br />
Maschinen-Fabriken AG (VSM).<br />
Dr. Volker Schmidt, Edmund Schulz und Hartmut Tölle gaben<br />
am Rande des Demografiekongresses den Startschuss für das<br />
Beratungsangebot „unternehmensWert: Mensch“.<br />
Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer von <strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
und Aufsichtsratsvorsitzender der Demografieagentur,<br />
machte deutlich, dass wir in Zukunft nicht<br />
nur aufgrund des höheren Renteneintrittalters oder<br />
wegen des Fachkräftemangels länger arbeiten, „sondern<br />
auch, weil viele Mitarbeiter es wollen und können“.<br />
Die Erfahrung der Älteren gelte es zu nutzen, denn:<br />
„Jüngere mögen schneller sein, Ältere kennen dagegen<br />
die Abkürzungen.“ Er verwies auf das Know-how, das<br />
die Sozialpartner in die Arbeit der bundesweit einmaligen<br />
Demografieagentur einbringen. Schmidt: „Wir<br />
werden die demografische Herausforderung am ehesten<br />
erfolgreich bewältigen, wenn Wirtschaft, Gewerkschaft<br />
und Politik den Wandel gemeinsam gestalten.“ j<br />
Damit der Fortschritt<br />
weiblicher wird<br />
Junge Karrierestarterinnen werben für technische Berufe<br />
> hannover<br />
Ein Gesicht, zwei Jobs: Marion Schellenberg, Doktorandin beim Deutschen<br />
Institut für Kautschuk-Technologie in Hannover, wirbt in einer<br />
großen Anzeigenkampagne der niedersächsischen Metall-Arbeitgeber<br />
für technische Berufe. Auf Plakatwänden, in Anzeigen oder<br />
auch auf einem Kalendermotiv.<br />
„Ich war nie der Typ, der gern mit Puppen spielt“, sagt sie. Schon als Kind fühlte<br />
sie sich in der Garage ihres Vaters wohl: Er schraubte häufig am Auto, und die<br />
kleine Marion war immer dabei. Heute ist sie 27, hat im Abi Mathe und Chemie<br />
als Leistungskurse gewählt und an der Leibniz Uni in Hannover Chemie studiert.<br />
Im Institut arbeitet sie an Themen, die für die Industrie sehr wichtig sind: Wie<br />
lassen sich Materialien verbessern, damit sie beispielsweise resistent gegen<br />
Flammen oder weniger gasdurchlässig werden<br />
Dass zum Beispiel von den 131 000 Erstsemestern der Ingenieurwissenschaften im<br />
Wintersemester 2011/12 lediglich 21 Prozent weiblich waren, „sollte sich schleunigst<br />
ändern“, findet Schellenberg. Sie stellt sich deshalb gern zur Verfügung, um<br />
Werbung für die Naturwissenschaften zu machen.<br />
j<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
12<br />
FÜR SIE FÜR SIE 13<br />
Spielregeln<br />
einhalten<br />
Dreizehn Anwälte arbeiten in der Rechtsabteilung von <strong>NiedersachsenMetall</strong>.<br />
Sie beraten die Mitglieder in allen juristischen<br />
Fragen – vom Arbeitsvertrag übers Kündigungsrecht bis zum<br />
Sozialrecht – und sie vertreten die Betriebe auch vor Gericht.<br />
Der künftige Abteilungsleiter Dirk Seeliger vergleicht das<br />
Zusammenspiel von Arbeitgebern und Arbeitnehmern mit einem<br />
FuSSballspiel, dem der Schiedsrichter fehlt.<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong><br />
e
14<br />
FÜR SIE FÜR SIE 15<br />
Einen Schiedsrichter gibt es im Arbeitsleben<br />
nicht: Kein unabhängiger Beobachter wacht in den<br />
Betrieben darüber, dass die Spielregeln eingehalten<br />
werden. „Das wäre manchmal hilfreich“, findet Dirk<br />
Seeliger aus der Rechtsberatung von Niedersachsen-<br />
Metall. „Wenn mitten im Geschehen einer eingreifen<br />
könnte, um zwischen den Parteien zu schlichten und<br />
das Spiel am Laufen zu halten.“ Der bekennende Fußballfan<br />
hat eine Dauerkarte für die Heimspiele von<br />
Hannover 96 und ist keiner, der den Schiri ausbuht.<br />
Denn als Rechtsanwalt weiß er das Richteramt zu<br />
schätzen, auch das des Schiedsrichters. Im wahren<br />
Leben müssen die beiden Parteien Arbeitgeber und<br />
Arbeitnehmer selbst dafür sorgen, dass ihre Interessen<br />
einen Ausgleich finden. Und wenn einer gegen die<br />
Regeln spielt, sind die Konsequenzen selten so eindeutig<br />
wie im Fußball: Wer eine rote Karte sieht, fliegt<br />
der Arbeitgeberseite auch den Betriebsrat persönlich<br />
kennen, sind über langfristige Entwicklungen im Bilde<br />
und können neue Anfragen viel schneller einordnen.<br />
„Vieles lässt sich dann schon am Telefon klären“, erzählt<br />
Dirk Seeliger, „und oftmals können wir mit Musterschreiben<br />
weiterhelfen, die wir sofort per E-Mail senden.“<br />
Aber wenn es schwieriger wird oder auch nur auf Wunsch<br />
des Mitgliedsunternehmens kommt ein Rechtsberater<br />
ins Haus. „Binnen 24 Stunden können wir bei jedem<br />
unserer Mitgliedsunternehmen einen persönlichen<br />
Termin wahrnehmen“, verspricht der 38-Jährige.<br />
Die Rechtsabteilung ist die personalstärkste<br />
Mannschaft in der Geschäftstelle von <strong>NiedersachsenMetall</strong>:<br />
13 Rechtsanwälte oder -anwältinnen<br />
und drei Sekretärinnen besetzen diese Abteilung in den<br />
Büros am hannoverschen Schiffgraben. Daneben gibt<br />
„Unsere Mitgliedsunternehmen können jeden Tag bei uns<br />
anrufen; wir sind in allen Kleinigkeiten ansprechbar und<br />
können immer dann am meisten ausrichten, wenn noch<br />
gar keine Karte gezogen wurde, weder die rote – Kündigung,<br />
noch die gelbe Karte – also eine Abmahnung.“<br />
Kurzarbeit: eine Erfolgsgeschichte<br />
In der jüngsten Wirtschaftskrise haben 60 bis 70 Prozent der Mitgliedsfirmen von <strong>NiedersachsenMetall</strong> Kurzarbeit<br />
eingeführt. Die ganze Umsetzung haben die Anwälte der Rechtsberatung begleitet: von den Verhandlungen<br />
zur jeweiligen Betriebsvereinbarung über die Anträge auf Kurzarbeitergeld bis zur Abrechnung. „Dieser Weg war<br />
sehr erfolgreich“, betont Dirk Seeliger. „Nur drei oder vier Firmen mussten in dieser Zeit auch betriebsbedingte<br />
Kündigungen aussprechen.“ Seit Frühjahr/Sommer 2010 geht es in der Branche wieder aufwärts und die Betriebe<br />
sind heilfroh, dass sie ihre Fachkräfte durch die Kurzarbeit halten konnten. „CNC-Dreher werden jetzt schon<br />
wieder gesucht“, weiß Seeliger.<br />
Die Kurzarbeit wurde in den einzelnen Betrieben unterschiedlich gestaltet. In den meisten Fällen war sie<br />
zwischen sechs und zwölf Monate lang nötig. In dieser Zeit wurde die Arbeit tage- oder wochenweise ausgesetzt,<br />
nur in Härtefällen auch länger. „Die meisten haben nach drei Wochen Arbeit eine Woche ausgesetzt und damit<br />
insgesamt etwa ein Vierteljahr weniger gearbeitet“, berichtet Seeliger. „Wie in allen Fragen haben wir uns auch<br />
bei der Kurzarbeit darum bemüht, mit jedem Betrieb ein maßgeschneidertes Modell zu entwickeln.“<br />
vom Platz. Angriffe aus dem Abseits werden abgepfiffen.<br />
Jedes Foul wird mindestens mit einem Freistoß geahndet.<br />
Das Arbeitsrecht ist eben deutlich komplizierter.<br />
„In 90 Prozent aller Rechtsfragen wäre es besser, wenn<br />
sich die Mitglieder weit früher bei uns melden würden“,<br />
weiß Dirk Seeliger. „Wenn zum Beispiel eine Kündigungsschutzklage<br />
schon auf dem Tisch liegt, ist der Fall<br />
gegebenenfalls schon verloren!“ Er wirbt deshalb darum,<br />
ständig mit den Rechtsanwälten bei Niedersachsen-<br />
Metall in Kontakt zu bleiben. In der Rechtsberatung<br />
gibt es Antworten auf die Anfangsfragen, zum Beispiel:<br />
Eine Mitarbeiterin fehlt wiederholt wegen Krankheit<br />
und hat sich nicht abgemeldet – was tun Wie kann<br />
ein befristeter Arbeitsvertrag gestaltet sein – hier gibt<br />
es Musterformulare. Ein Mitarbeiter war betrunken<br />
im Dienst – wie viele Zeugen müssen das bestätigen,<br />
damit eine Abmahnung juristisch korrekt ist<br />
Um bei den Mitgliedsunternehmen das nötige<br />
Vertrauen aufzubauen, sind sie in der Rechtsberatung<br />
von <strong>NiedersachsenMetall</strong> bestimmten<br />
Ansprechpartnern zugeordnet. So können die jeweiligen<br />
Anwälte auch Kenntnisse über die Firmen und<br />
ihre speziellen Bedingungen sammeln. Sie lernen neben<br />
es noch eine Expertin für Sozialrecht sowie Ansprechpartner<br />
in den Bezirksgruppen: Sie vertreten <strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
in Braunschweig, Hildesheim, Osnabrück,<br />
Göttingen und Lüneburg.<br />
Alle Mitgliedsfirmen von <strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
sind tarifgebunden. Die Flächentarife der Metallund<br />
Elektroindustrie werden durch die Tarifabteilung<br />
ausgehandelt. Aber in vielen Unternehmen gilt es, Sondertarife<br />
auszuhandeln. Und das können schwierige<br />
Strafraumszenen sein. Hier begleiten die Rechtsanwälte<br />
von <strong>NiedersachsenMetall</strong> ihre Mitglieder aufs Feld: Sie<br />
sitzen neben den Geschäftsführern am Verhandlungstisch,<br />
gegenüber dem Betriebsrat und den Gewerkschaftsvertretern.<br />
„Das Tarifrecht vor Ort umzusetzen<br />
und Sondertarife auszuhandeln, macht rund 20 Prozent<br />
unserer Leistungen aus“, sagt Seeliger. „Mit ihrer Mitgliedschaft<br />
gewinnen die Unternehmen eine komplette<br />
Rechtsvertretung. Sie bekommen praktisch einen<br />
eigenen Anwalt, der sie in jeder Angelegenheit berät<br />
und vor Gericht für sie auftritt.“ Kein Wunder, dass<br />
die Rechtsberatung für viele Mitglieder das wichtigste<br />
Argument für ihren Beitritt zu <strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
war – mangels Schiedsrichter in unabhängiger Position.<br />
e<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
16<br />
FÜR SIE FÜR SIE 17<br />
»Wer foult, sieht rot«<br />
Schiedsrichter: Bräuchten Arbeitgeber und<br />
Arbeitnehmer nicht auch unabhängige Schiedsrichter,<br />
die so wie auf dem Fußballplatz mitten im<br />
Geschehen schnell mal eingreifen und schlichten<br />
Jurist: Das wäre manchmal hilfreich. Aber wer sollte<br />
das sein Zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern<br />
gibt es ja keine unabhängigen Beobachter im<br />
Betrieb.<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong>: Und bräuchten Fußball-Schiedsrichter<br />
manchmal auch Anwälte, die<br />
die beiden Parteien auf dem Platz vertreten<br />
Schiedsrichter: Oh nein! Das ganze Stadion ist ja<br />
schon voll von Leuten, die Partei ergreifen, auf dem Platz<br />
genauso wie auf den Rängen. Wir Schiedsrichter müssen<br />
uns auf unser eigenes Urteilsvermögen verlassen.<br />
Jurist: Stimmt, beim Fußballspiel würde es sonst so<br />
aussehen, als könnte man dem Schiedsrichter reinreden.<br />
Und für eine Verhandlung, die man als Jurist seriös<br />
nennen könnte, ist nun wirklich keine Zeit.<br />
Schiedsrichter: Der Zeitdruck führt auf dem Fußballfeld<br />
durchaus manchmal zu Fehlentscheidungen,<br />
damit müssen wir leben.<br />
Jurist: Es ist ein Spiel, auch wenn es dabei um viel<br />
Geld geht. Im Arbeitsrecht geht es dagegen schnell um<br />
die Existenz – sowohl für einen Mitarbeiter, der seinen<br />
Job verliert, wie auch für eine Firma, die aus betriebsbedingten<br />
Gründen Kündigungen aussprechen muss,<br />
um eine drohende Insolvenz abzuwenden.<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong>: Wer im Profifußball<br />
keine Leistung bringt oder schlecht ins Team passt,<br />
wird schnell aussortiert: Spieler werden verkauft und<br />
Trainer über Nacht gefeuert. Wie finden Sie das<br />
Jurist: Im Berufsleben hat man im Unterschied zum<br />
Fußball in der Regel eine größere Bandbreite an Möglichkeiten<br />
und auch mehr Bedenkzeit. Die rote Karte<br />
kann in diesem Kontext immer nur ultima ratio sein.<br />
Schiedsrichter: Wer foult, sieht nicht zwangsläufig<br />
rot. Wir haben von der mündlichen Verwarnung über den<br />
gelben bis zum roten Karton Variationsmöglichkeiten.<br />
Fußball ist ein Spiel,<br />
im Arbeitsrecht<br />
geht es um die Existenz.<br />
Der <strong>NiedersachsenMetall</strong>-Report hat zum<br />
Gespräch auf den Fußballplatz eingeladen:<br />
Dirk Seeliger spricht mit Jens Hamann, Schiedsrichter<br />
in der Regionalliga-Nord, über Spielregeln<br />
auf dem Feld und im Betrieb.<br />
Jurist und FuSSballfan<br />
Dirk Seeliger ist zukünftiger Leiter der<br />
Rechtsberatung bei Niedersachsen-<br />
Metall. Der 38-jährige Volljurist hat<br />
in Hannover studiert, arbeitet seit elf<br />
Jahren für den Verband und wohnt mit<br />
seiner Familie in Hannover. Der ehemalige<br />
Oberliga-Volleyballer trainiert<br />
immer noch zweimal pro Woche. Für die<br />
Heimspiele von Hannover 96 hat er eine<br />
Dauerkarte im Block W5.<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
18<br />
REPORTAGE REPORTAGE 19<br />
© ASP Inc – Fotolia.com<br />
Millimeterarbeit:<br />
Im Werk Diepholz<br />
prüft Juri Becker<br />
einen Querlenker.<br />
> Diepholz/Dielingen<br />
In der Erfolgsspur<br />
Der Autozulieferer ZF Hat Mit Innovationen,<br />
Qualität und Flexibilität Erfolg<br />
J<br />
uri Becker misst ganz genau nach. Die Querlenker müssen bis auf<br />
Hundertstel Millimeter genau Maß halten. „Qualität ist das A und<br />
O“, sagt der ZF-Mitarbeiter. Schließlich soll die Lenkstange ein<br />
Autoleben lang halten.<br />
In dem Diepholzer Werk der ZF Friedrichshafen AG fertigen 400 Facharbeiter<br />
fast 40 000 Lenkstangen pro Tag. Für Vorder- und Hinterachsen<br />
werden hier Spurstangen, Radträger und viele andere Fahrwerkkomponenten<br />
produziert. „Etwa 150 unterschiedliche Produktvarianten“, sagt Reinhard<br />
Buhl. Er ist Vorstandsmitglied des drittgrößten deutschen Automobilzulieferers<br />
und verantwortet die Division Fahrwerktechnik, die in der<br />
Region Dümmer See nordöstlich von Osnabrück ihre Zentrale hat. Fast<br />
4 500 Mitarbeiter arbeiten in den fünf Standorten rund um den Dümmer.<br />
Sie sind zum überwiegenden Teil in der Fahrwerktechnik beschäftigt.<br />
Die Division hat großes Gewicht im Konzern. Buhl ist Chef von mehr als<br />
20 000 Mitarbeitern. In 50 Werken und 18 Ländern produzieren sie für<br />
alle namhaften Autohersteller der Welt Fahrwerktechnik in großen<br />
Stückzahlen. Allein im niedersächsischen Werk Damme verlassen täglich<br />
77 000 Spurstangen das Werk. e<br />
„Wir müssen immer etwas besser sein,<br />
um im internationalen Wettbewerb<br />
bestehen zu können“, sagt Reinhard<br />
Buhl, Vorstandsmitglied der ZF Friedrichshafen<br />
AG.<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
20<br />
REPORTAGE REPORTAGE 21<br />
ZF Friedrichshafen AG<br />
Industriemechaniker Thomas Lutz<br />
misst einen Führungslenker aus.<br />
Industriemechaniker Mehmet Savas sortiert<br />
Lenkstangen zur Weiterverarbeitung ein.<br />
Montage eines Automatgetriebes<br />
am ZF-Standort Saarbrücken.<br />
Die ZF Friedrichshafen AG ist ein echter Global<br />
Player. Das Unternehmen mit 121 Produktionsgesellschaften<br />
in 27 Ländern hat 75 000 Mitarbeiter<br />
und 2012 einen Jahresumsatz von<br />
17,4 Milliarden Euro erreicht. Der traditionsreiche<br />
Standort rund um den Dümmer See geht<br />
auf Jürgen Ulderup zurück, der sein Unternehmen<br />
1947 gründete und vor gut 60 Jahren<br />
sein erstes Patent anmeldete. 1984 erwarb ZF<br />
die Mehrheit an Ulderups Unternehmen, im<br />
Jahr 2011 wurde der Standort endgültig in den<br />
Konzern integriert. Heute steuert die Region<br />
um den Dümmer die weltweiten Aktivitäten der<br />
Division Fahrwerktechnik, die mit über 20 000<br />
Mitarbeitern weltweit einen Umsatz von fast<br />
fünf Milliarden Euro generiert.<br />
www.zf.com<br />
i<br />
„Wir fertigen fast ausschließlich Großserien“, sagt der gelernte Maschinenbauingenieur<br />
Buhl. „Und zwar dort, wo unsere Kunden sind, in<br />
China und den USA beispielsweise.“ Dabei müsse man dem Wettbewerb<br />
immer eine Wagenlänge voraus sein.<br />
Das haben sich die Fahrwerkspezialisten aus der niedersächsischen<br />
Provinz zu Herzen genommen. Mit zahlreichen Innovationen sind sie den<br />
Wettbewerbern ein ums andere Mal davongefahren. So wurde beispielsweise<br />
der erste Beifahrer-Airbag in einem Kunststoffgehäuse vor zehn Jahren<br />
in Damme zur Serienreife entwickelt. Auch die ersten Shift-by-wire-Schaltungen,<br />
bei denen die mechanische Verbindung zwischen Schaltknüppel<br />
und Getriebe durch eine elektronische ersetzt wird, kommen von ZF.<br />
Die jüngste Neuentwicklung befindet sich im Fußraum des Autos:<br />
Brems- und Kupplungspedale aus Carbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK).<br />
„Das gab es bisher noch nicht, da sind wir mal wieder die ersten“, freut<br />
sich der Chef.<br />
Allerdings: Ausruhen dürfe man sich auf diesen Erfolgen keineswegs,<br />
mahnt der 61-Jährige. Internet und Globalisierung machen die Welt zu einem<br />
einzigen Marktplatz. „Sie müssen sich gegen Konkurrenz aus der ganzen<br />
Welt behaupten. Das geht nur, wenn Sie besser sind“, so Buhl. Konkret<br />
heißt das, besser ausgebildete Mitarbeiter zu haben und smartere Ideen<br />
umzusetzen. Und auch da ist Buhl nicht bange. „Unsere Leute sind qualifiziert<br />
und motiviert. Und die meisten halten uns jahrzehntelang die Treue.“<br />
Das mag daran liegen, dass ZF sich seiner Verantwortung für die Region<br />
bewusst ist und dem Thema Bildung hohe Priorität einräumt. Ein neues<br />
Ausbildungszentrum qualifiziert nicht nur eigene Azubis, sondern auch<br />
Umschüler. Als die Krise 2008/2009 die Aufträge innerhalb kürzester Zeit<br />
einbrechen ließ, nutzte das Unternehmen die Kurzarbeit, um über 2 000<br />
Mitarbeiter zu schulen. „Wir haben damals die gesamte Stammbelegschaft<br />
an Bord behalten und konnten deshalb auch nach dem Ende der Krise<br />
schnell wieder hochschalten“, berichtet Buhl.<br />
j<br />
„Wir fertigen Großserien<br />
und zwar dort,<br />
wo unsere Kunden sind.“<br />
Reinhard Buhl,<br />
Vorstand der ZF Friedrichshafen AG<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
22<br />
FÜR SIE © Petair - Fotolia.com<br />
FÜR SIE 23<br />
„Wir können bis zu<br />
75 000 Elektromotoren<br />
jährlich produzieren.“<br />
Thomas Schrader,<br />
Werkleiter bei Conti in Gifhorn<br />
„Innovationskreis Automobilzulieferer“ zu Gast bei Continental in Gifhorn<br />
> Gifhorn<br />
Ideenschmiede<br />
auf Tour durch<br />
Niedersachsen<br />
Reiner Leopold erläutert den Teilnehmern des<br />
Innovationskreises die Funktion des E-Motors.<br />
Das Werk von Continental in Gifhorn<br />
(ehemals Conti-Teves) hat 2012 mehr als<br />
10 000 Elektromotoren für den französischen<br />
Hersteller Renault produziert.<br />
„Wir können jährlich bis zu 75 000 Stück herstellen“,<br />
sagt Werkleiter Thomas Schrader. „Die Produktion kann<br />
variabel angepasst werden.“ Rund vier Jahre haben die<br />
Continental-Ingenieure ihren E-Motor entwickelt. Jetzt<br />
ist er serienreif und bereits in verschiedenen Fahrzeugen<br />
im Einsatz. Das Gifhorner Werk produziert zwei<br />
Grundtypen mit Leistungen zwischen 44 und 70 Kilowatt.<br />
In einer Vielzahl von Fertigungsschritten wird aus<br />
rund 80 Kilogramm Aluminium, Kupfer und Stahl ein<br />
zuverlässiger und durchzugsstarker E-Motor.<br />
Einblick in die Praxis der Kunden<br />
Wie das vonstatten geht, darüber informierten die<br />
Ingenieure unlängst rund 20 Teilnehmer des „Innovationskreises<br />
Automobilzulieferer“. Reiner Leopold, Segmentleiter<br />
E-Motoren, hatte einen Film mitgebracht,<br />
der alle Fertigungsschritte zeigt: von der Wicklung der<br />
Kupferdrähte über das Verpressen des Rotors auf die<br />
Welle bis hin zur Verbindung von Rotor und Stator in<br />
einem Aludruckgussgehäuse. Auch wenn dabei natürlich<br />
keine Betriebsgeheimnisse offengelegt werden –<br />
der Innovationskreis bietet sehr konkreten fachlichen<br />
Austausch auf hohem Niveau. Offen sprach Leopold<br />
über noch vorhandene Optimierungspotenziale im<br />
Produktionsprozess: „Wir haben noch zu viele manuelle<br />
Prozesse in der Endmontage. Und wir arbeiten daran,<br />
das zu verbessern.“<br />
12 Millionen Euro investierte Conti in die neue Fertigungslinie<br />
– und schloss so das letzte Glied einer lang<br />
geplanten Produktkette: Batterie, Leistungselektronik<br />
und Motoren werden nun in Serie gefertigt. Für die<br />
Montage der Elektromotoren sind 100 der 1 600 Beschäftigten<br />
in Gifhorn zuständig. Hybridsysteme, also<br />
kombiniert fossil/elektrische Antriebe, baut Conti schon<br />
seit 2003 in Serie, als erster europäischer Zulieferer<br />
überhaupt. Unter anderem stammt das weltweit erste<br />
serienreife Lithium-Ionen-Batteriesystem für Hybridantrieb<br />
von Conti.<br />
Die Teilnehmer des Innovationskreises waren<br />
angetan. „Wir bekommen hier einen hervorragenden<br />
Einblick in die Praxis unserer Kunden“, sagt Dr.-Ing.<br />
Uwe Krismann, technischer Geschäftsführer des Autozulieferers<br />
Hubert Stüken aus Rinteln. „Das ist für<br />
unsere weitere Zusammenarbeit sehr wertvoll.“ Und<br />
Stephan Prigge, Leiter Projektvertrieb des Hannoveraner<br />
Unternehmens nass magnet, ergänzt: „Wir befinden<br />
uns in der Autozulieferindustrie in einer Situation, in der<br />
es gut wäre, mehr miteinander zu kooperieren. Diese<br />
Veranstaltungen können dazu beitragen.“<br />
Der Innovationskreis Automobilzulieferer, mit hochkarätigen<br />
Vertretern aus der Metall- und Elektro- sowie<br />
der Kautschuk-Industrie, trifft sich dreimal im Jahr in<br />
Betrieben und Forschungseinrichtungen zum Austausch<br />
über technische Entwicklungen, Branchentrends und<br />
Verbesserungspotenziale. Organisiert und begleitet<br />
wird das von den Arbeitgeberverbänden Niedersachsen-<br />
Metall und ADK sowie der Industrie- und Handelskammer<br />
Hannover.<br />
j<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
24<br />
INTERVIEW<br />
INTERVIEW<br />
25<br />
» Brückenbauer<br />
zwischen<br />
«<br />
den Kulturen<br />
Die Globalisierung schreitet voran. Gut für unsere Wirtschaft,<br />
denn keine andere Volkswirtschaft der Welt ist<br />
so stark auf den internationalen Handel angewiesen<br />
wie die deutsche. Zugleich müssen auch die Belegschaften<br />
mit dieser Entwicklung Schritt halten. Die<br />
Qualifizierung der Mitarbeiter fürs internationale<br />
Geschäft, der Erwerb interkultureller Kompetenz und<br />
des Know-hows der rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
werden immer wichtiger.<br />
Themen, die auf der Agenda der ersten „Celler<br />
Schloss-Gespräche“ am 21. Februar stehen. Sie bilden<br />
den Start einer neuen Veranstaltungsreihe und sind<br />
zugleich Ausdruck der Kooperation zwischen den<br />
Arbeitgeberverbänden <strong>NiedersachsenMetall</strong>, ADK, AGV<br />
und der Deutschen Management Akademie Niedersachsen<br />
(DMAN) in Celle. <strong>NiedersachsenMetall</strong>-Report<br />
sprach mit DMAN-Geschäftsführer Ralf Othmer.<br />
Herr Othmer. Auf welchen<br />
Feldern ist die DMAN aktiv<br />
Ralf Othmer: Wir sind 1989 mit dem Ziel gegründet worden,<br />
den Transformationsprozess der osteuropäischen<br />
Wirtschaften mit unserem Know-how zu begleiten.<br />
Unsere Hauptaufgabe haben wir von Anfang an in der<br />
Qualifizierung von Fach- und Führungskräften gesehen.<br />
Zudem fördern wir Geschäftskontakte zwischen Unternehmen<br />
aus Deutschland und solchen aus Mittel- und<br />
Osteuropa sowie Asien. In den mehr als 20 Jahren<br />
unseres Bestehens haben wir rund 28 000 Teilnehmer<br />
in Celle geschult. Wir verstehen uns als Brückenbauer<br />
zwischen den Ökonomien und Kulturen. Unser Alleinstellungsmerkmal<br />
ist es, Theorie und Praxis nachfragegerecht<br />
zu verzahnen und den Unternehmen in Niedersachsen<br />
anzubieten.<br />
Was bedeutet das konkret<br />
Ralf Othmer: Wir arbeiten praxisorientiert, bringen<br />
zum Beispiel ausländische Seminarteilnehmer direkt in<br />
niedersächsische Unternehmen. Sie lernen hier deutsche<br />
Organisationsstrukturen und Abläufe kennen, beispielsweise<br />
im Rahmen unserer Qualifizierungsprogramme<br />
für osteuropäische und chinesische Hospitanten. Die<br />
bleiben jeweils zwischen vier und zwölf Wochen im<br />
Unternehmen.<br />
Aber wir ebnen auch deutschen Unternehmen den<br />
Weg ins Ausland durch eine enge Zusammenarbeit mit<br />
der landeseigenen Außenwirtschaftsgesellschaft Niedersachsen<br />
Global GmbH (NGlobal). Betriebe, die ein Auslandsengagement<br />
planen, bereiten wir auf die Rahmenbedingungen<br />
vor. Wir beraten Unternehmen bei ihren<br />
Strategien, unterstützen bei Businessplänen und vermitteln<br />
Kontakte in die Zielmärkte. In 12 Ländern stehen<br />
dafür direkte Ansprechpartner über niedersächsische<br />
Auslandsvertretungen zur Verfügung.<br />
„Wir sind in der Welt bekannt<br />
und gut vernetzt.<br />
Dieses Wissen wollen wir<br />
gern weitergeben.“<br />
In welcher Weise können Unternehmen<br />
der niedersächsischen M+E-Industrie<br />
von Ihren Angeboten profitieren<br />
Ralf Othmer: Mit der jetzt beschlossenen Kooperation<br />
stehen natürlich auch den M+E-Betrieben unsere Dienstleistungen<br />
offen. Wir sind draußen in der Welt bekannt<br />
und sehr gut vernetzt, sind auf Delegationsreisen<br />
dabei, haben Kontakte in wichtige Auslandsmärkte.<br />
Dieses Know-how wollen wir gern weitergeben.<br />
Vor allem dem Mittelstand können wir zahlreiche<br />
Kontakte zu unseren Seminarteilnehmern früherer Jahre<br />
aus Russland und China vermitteln. Viele von ihnen<br />
sind heute in führenden wirtschaftlichen Positionen.<br />
Einmal jährlich führt NGlobal mit der DMAN Beratertage<br />
durch, zu denen die <strong>NiedersachsenMetall</strong>-Betriebe<br />
herzlich eingeladen sind. Hier berichten alle niedersächsischen<br />
Auslandsvertreter über neue Entwicklungen<br />
und sich verändernde Rahmenbedingungen. Wir informieren<br />
und bilden weiter und wir sind die kompetente<br />
Anlaufstelle für alle Fragen zu Märkten, Branchen,<br />
Finanzierung und Fördermöglichkeiten. Ich lade Ihre<br />
Unternehmen gern ein, unser Dienstleistungsangebot<br />
zu nutzen.<br />
www.dman.de<br />
i<br />
Ralf Othmer<br />
Interkulturelle Kompetenz<br />
als Schlüsselqualifikation<br />
1. Celler<br />
Schloss-Gespräche<br />
Comedy zum Auftakt: Das Unternehmenstheater<br />
inszenio ließ Welten aufeinanderprallen. So kann es<br />
gehen, wenn deutsche Geschäftsleute einen schnellen<br />
Vertragsabschluss in China erwarten… „Qualifizierung<br />
ohne Grenzen – mit interkultureller Kompetenz zum<br />
Erfolg“ – unter diesem Titel gingen die Celler Schloss-<br />
Gespräche in ihre erste Runde. Mit der neuen Veranstaltungsreihe<br />
stellen <strong>NiedersachsenMetall</strong> und die<br />
Deutsche Management Akademie Niedersachsen von<br />
nun an zweimal jährlich aktuelle Wirtschaftsthemen<br />
in den Fokus.<br />
Vor 160 Gästen führte TV-Moderatorin Astrid<br />
Frohloff („Kontraste“) durch den Abend. Bestseller-<br />
Autor Dr. Rolf Dobelli („Die Kunst des klaren Denkens“)<br />
bewies eindrucksvoll, wie eingefahrene Denkmuster<br />
zum Scheitern führen können. Und Markus Humpert<br />
vom Bildungswerk der niedersächsischen Wirtschaft<br />
präsentierte das Projekt „Bienvenido! Willkommen in<br />
Hannover“ zur Integration von spanischen Fachkräften.<br />
Aus der unternehmerischen Praxis berichteten<br />
Rolf Ostermeier, Ausbildungsleiter bei MTU Maintenance<br />
Hannover, und Dr. Wolfgang Matz, Leiter<br />
Strategisches Personalmanagement beim TÜV Nord.<br />
Dabei lautete die Kernaussage: „Interkulturelle Kompetenz<br />
ist eine Schlüsselqualifikation, in die es sich zu<br />
investieren lohnt.“<br />
i<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
26<br />
AUSBILDUNG AUSBILDUNG 27<br />
Diese Lehrer<br />
sind der Hit<br />
Zum neunten Mal zeichnete die<br />
Stiftung <strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
engagierte MINT-Lehrer aus<br />
> Hannover<br />
Dr. Bernd Althusmann (li.) und Dr. Joachim Kreuzburg<br />
(re.) überreichten die Preise an die Lehrer. Ausgezeichnet<br />
wurden (v. li.) Martin Ratermann, Dr. Beate<br />
Brase, Sabine Carlow-Meyer und Thomas Biedermann.<br />
i<br />
Ende 2012 hat die Stiftung <strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
ihren Preis für besonders engagierte Lehrkräfte<br />
der MINT-Fächer (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften<br />
und Technik) vergeben. Ausgezeichnet wurden<br />
Thomas Biedermann aus Hermannsburg, Beate Brase<br />
aus Laatzen und Sabine Carlow-Meyer aus Celle. Der<br />
Sonderpreis ging an Chemie- und Biologielehrer Martin<br />
Ratermann aus Vechta.<br />
Seit 2004 verleiht die Stiftung jährlich den mit insgesamt<br />
17 500 Euro dotierten Preis. Er wird an niedersächsische<br />
Lehrkräfte der MINT-Fächer verliehen, die<br />
sich überdurchschnittlich für ihre Schüler einsetzen.<br />
„Ihnen allen ist gemein,“ so Joachim Kreuzburg,<br />
Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung, während der Preisverleihung<br />
in der Galerie Herrenhausen, „dass sie oft<br />
noch in ihrer Freizeit einen entscheidenden Beitrag zur<br />
Zukunftsfähigkeit ihrer Schüler leisten. Sie verdienen<br />
unsere Anerkennung und unseren Dank.“<br />
Landesweit hatten Schulleitungen, Kollegien, aber<br />
auch Eltern und Schüler einer Jury wieder mehr als 50<br />
MINT-Lehrer für die Ehrung vorgeschlagen. Der Lehrerpreis<br />
ist nur eine von zahlreichen Bildungsaktivitäten<br />
der Stiftung <strong>NiedersachsenMetall</strong>. Durch die enge<br />
Zusammenarbeit mit 150 niedersächsischen Schulen<br />
erreicht die Stiftung jährlich etwa 15 000 Schüler, die<br />
sie in mehr als 250 Projekten für Naturwissenschaften<br />
und Technik begeistert. „Die Wettbewerbsfähigkeit<br />
eines Landes beginnt in den Klassenzimmern. Deshalb<br />
setzen wir genau dort an“, sagte dazu Stiftungs-<br />
Geschäftsführer Olaf Brandes.<br />
Olaf Brandes, Geschäftsführer Stiftung<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong>, Telefon 0511 8505-218<br />
Die heutige Bundesbildungsministerin Johanna Wanka verabschiedete<br />
sich von <strong>NiedersachsenMetall</strong>-Hauptgeschäftsführer<br />
Dr. Volker Schmidt. Beide waren an der Gründung der neuen<br />
Servicestelle der Offenen Hochschule maßgeblich beteiligt.<br />
Aus dem Betrieb<br />
an die Uni<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong> unterstützt<br />
neue Servicestelle der „Offenen<br />
Hochschule Niedersachsen“<br />
> Hannover<br />
Studieren ohne Abitur und Hochschulreife In<br />
Niedersachsen kein Problem. Seit 2010 ermöglicht<br />
die „Offene Hochschule Niedersachsen“ (OHN)<br />
jedem ein Studium, der einen Meister- oder Technikerabschluss<br />
hat oder eine Ausbildung und drei Jahre<br />
Berufstätigkeit vorweisen kann.<br />
Um dem Modellprojekt der niedersächsischen<br />
Landesregierung noch mehr Schub zu geben, nahm<br />
Anfang dieses Jahres in Hannover eine Servicestelle<br />
ihre Arbeit auf. Ihr Ziel: neue Zielgruppen durch<br />
spezielle Angebote für Berufstätige erschließen und den<br />
Zugang zu Abschlüssen der Hochschulen erleichtern.<br />
Darüber hinaus soll die Servicestelle Brücken zwischen<br />
Hochschule, Wirtschaft, Erwachsenenbildung und<br />
Gewerkschaften bauen.<br />
Damit die Unternehmen vom Know-how der Hochschulen<br />
noch stärker profitieren, sollen sich die Studienund<br />
Weiterbildungsangebote berufsbegleitend, also<br />
in den Arbeitsrhythmus einpassen lassen. „Die Durchlässigkeit<br />
zwischen beruflicher und akademischer Bildung<br />
muss verbessert werden“, sagt Dr. Volker Schmidt,<br />
Hauptgeschäftsführer von Niedersachsen-Metall und<br />
stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der OHN.<br />
„Dafür setzt sich die neue Servicestelle ein.“<br />
i<br />
www.ohn.uni-hannover.de<br />
Ideenexpo <strong>2013</strong><br />
startet durch<br />
IdeenExpo-Jury nominiert<br />
Botschafter / Schulen in zehn<br />
Bundesländern angeschrieben<br />
> Hannover<br />
Isabel Rother und Frederic Tausch haben eine<br />
Mission: Als Botschafter der IdeenExpo <strong>2013</strong> wollen<br />
sie ihre Begeisterung für Deutschlands größtes Technik-<br />
und Mitmachevent mit anderen teilen. Die Oberstufenschüler<br />
des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in<br />
Berenbostel und der Schillerschule in Hannover haben<br />
sich gegen Mitbewerber aus ganz Norddeutschland<br />
durchgesetzt und schließlich im Finale die Jury überzeugt.<br />
„Ich kenne die Show aus den Vorjahren und hatte<br />
immer viel Spaß dabei, neue Themen kennenzulernen<br />
und noch mehr ausprobieren zu können“, sagt Isabel.<br />
Auch Frederic ist schon seit einigen Jahren ein<br />
IdeenExpo-Fan. 2011 hat er die Veranstaltung sogar<br />
als Berichterstatter für das Schülerradioprojekt N21<br />
begleitet. Damit vom 24. August bis zum 1. September<br />
<strong>2013</strong> wieder Hunderttausende Lehrer und Schüler auf das<br />
Messegelände Hannover strömen, wurden zum Halbjahreswechsel<br />
Ende Januar Flyer an weiterführende<br />
Schulen in zehn Bundesländern versandt. Seit dem<br />
4. Februar können sich Lehrkräfte mit ihren Klassen,<br />
Lern- und Projektgruppen für den Besuch der IdeenExpo<br />
unter www.ideenexpo.de anmelden.<br />
i<br />
www.ideenexpo.de<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
28<br />
REPORTAGE REPORTAGE 29<br />
Weil immer mehr Betriebe ihren Mitarbeitern Kinderbetreuung<br />
anbieten, können Eltern schnell wieder in den Beruf einsteigen<br />
> Braunschweig/Göttingen<br />
Der Erfolg hat viele<br />
Väter und Mütter<br />
Der zweijährige Hardi bekommt von seiner Mama noch einen<br />
dicken Kuss auf die Wange, dann läuft er zu seinen Spielkameraden.<br />
Seine Mutter Karen Mohrenberg kann sich<br />
beruhigt zur Arbeit aufmachen. Dazu muss sie nur „um die<br />
Ecke“ gehen, denn sie arbeitet als Assistentin der Betriebsleitung bei der<br />
BMA Braunschweigische Maschinenbauanstalt AG. Die Kindertagesstätte<br />
steht direkt auf deren Firmengelände.<br />
Das Traditionsunternehmen baut mit rund 500 Mitarbeitern Anlagen,<br />
Maschinen und Apparate für die Zuckerindustrie in aller Welt. Ein ehemaliges<br />
Bürogebäude der traditionsreichen Firma wurde für die Kinderbetreuung<br />
mit einem Investitionsaufwand von 1,5 Millionen Euro umgebaut. Wo einst<br />
Ingenieure Maschinen konstruierten, spielen heute 60 Kinder im Kleinkind-<br />
und Vorschulalter.<br />
Das Besondere: Die Krippe ist eine Initiative vom<br />
regionalen Arbeitgeberverband und ortsansässigen<br />
Unternehmen. Sie wollten etwas tun, um Beruf und<br />
Familie besser zu vereinbaren. Deshalb gründeten<br />
sie die gemeinnützige Kinderwerk GmbH, die Aufbau<br />
und Betrieb der Krippe seit 2009 begleitet.<br />
Karen Mohrenberg bringt ihren Sohn Hardi<br />
gern in die Krippe. Sie weiß, hier ist er<br />
bestens versorgt.<br />
Kinderwerk-Geschäftsführerin Sabine Behrens-Mayer (Foto oben)<br />
erinnert sich an die schwierigen Anfänge: „Wir hatten uns 2006 zum ersten<br />
Mal getroffen und die Idee einer betriebsübergreifenden Kinderbetreuung<br />
besprochen.“ Viele Probleme mussten aus dem Weg geräumt werden: Ein<br />
Haus musste gefunden, die Finanzierung sichergestellt und ein sachverständiger<br />
Betreiber aufgetan werden. Alles gelang, dank akribischer Arbeit,<br />
finanzieller Unterstützung der Braunschweigischen Landessparkasse und<br />
der großzügigen Hilfe der BMA AG.<br />
Mit der Arbeiterwohlfahrt AWO wurde ein versierter Betreiber gefunden.<br />
Inzwischen beschäftigt die AWO allein in dieser Einrichtung mehr als<br />
20 Mitarbeiter, darunter 17 pädagogische Fachkräfte. Und auch finanziell<br />
steht das Kinderwerk gut da: Demnächst wird der letzte Kredit getilgt sein.<br />
Insgesamt 78 Plätze hält die Kita in vier Kleinkindgruppen und einer<br />
altersübergreifenden Gruppe bereit. Die Öffnungszeiten sind sehr betriebsund<br />
familienfreundlich: von 7 bis 17 Uhr werden die Kleinen betreut. Das<br />
ganze Jahr über, auch in den Ferien! Unternehmen können sich Belegplätze<br />
sichern, etwa 30 Prozent der Plätze werden aber an Kinder vergeben, deren<br />
Eltern nicht bei einem der gut ein Dutzend Partnerunternehmen arbeiten.<br />
Für Karen Mohrenberg ist die Krippe ein Segen. „Ich habe ein super<br />
Gefühl, wenn ich Hardi hier abgebe. Er ist in guten Händen und wenn doch<br />
einmal etwas sein sollte, arbeite ich gleich um die Ecke. Das ist für uns ein<br />
absoluter Luxus.“<br />
Mitarbeiter als erweiterte Familie<br />
Solchen „Luxus“ bietet auch die Mahr GmbH in Göttingen. Ebenfalls<br />
direkt auf dem Firmengelände hat der Hersteller von Fertigungsmesstechnik<br />
einen Kindergarten und eine Krippe mit Belegrechten für Mitarbeiter<br />
eingerichtet. „Als Familienunternehmen in fünfter Generation sehen wir<br />
unsere Mitarbeiter als erweiterte Familie. Deshalb versuchen wir, ihre<br />
Ziele als Familie bestmöglich mit der Arbeit in Einklang<br />
zu bringen“, betont der geschäftsführende Gesellschafter<br />
Stephan Gais.<br />
e<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
30<br />
REPORTAGE REPORTAGE 31<br />
Geschäftsführer Stephan Gais zu Besuch<br />
in der Kinderkrippe „Leinezwerge“.<br />
Dass das gelingt, können Industrieelektroniker Oliver Reinhold und seine<br />
Frau Diana bezeugen. Vor 15 Monaten kam Emilia auf die Welt. Das erste<br />
Jahr haben sie sich aufgeteilt, dann gingen beide wieder voll arbeiten – und<br />
Emilia wird in der Kinderkrippe betreut. „Das klappt wunderbar, vor allem<br />
wegen der langen Öffnungszeiten von 7 bis 16 Uhr. So kann ich sie morgens<br />
mit hin- und abends mit zurücknehmen“, so der 34-Jährige.<br />
Das Thema betriebliche Kinderbetreuung wurde bei Mahr bereits Ende<br />
der 1980er Jahre diskutiert. Damals sah man dafür jedoch noch keinen<br />
Bedarf. Als 2004 eine Elterninitiative auf ihrer Suche nach neuen Räumen für<br />
einen Kindergarten bei Mahr anklopfte, war das Thema wieder auf dem Tisch.<br />
„Mir war klar: Jetzt oder nie! Immer mehr Mitarbeiter wollen schnell<br />
in den Job zurück und wir haben ein leeres Gebäude auf dem Gelände –<br />
da muss doch was zu machen sein“, erinnert sich Projektleiterin Barbara<br />
Fuisting. Die Geschäftsleitung gab ihr OK, die Finanzierung sicherten das<br />
Unternehmen und die Elterninitiative ab und der Stein für den „Kindergarten<br />
Leinepiraten“ kam ins Rollen.<br />
Der Start gestaltete sich jedoch auch hier schwierig. Jugendamt, Bauordnungsamt,<br />
Behindertenbeauftragte, Gesundheitsamt … – die Liste der<br />
Partner, die in so ein Projekt involviert sind, ist lang. „Man fragt sich schon:<br />
Was habe ich da losgetreten Zum Glück hat das Jugendamt für uns viele<br />
Kontakte hergestellt“, betont Fuisting.<br />
Seit 2006 bieten die „Leinepiraten“ der Elterninitiative, Mahr und der<br />
Stadt Göttingen 20 Ganztagsplätze für drei- bis sechsjährige Kinder. Um<br />
die Betreuung auszuweiten, richtete Mahr 2008 im selben Gebäude die<br />
„Kinderkrippe Leinezwerge“ ein. Als Partner wurden die Göttinger Firmen<br />
Sartorius und Sycor ins Boot geholt. „Wir wussten nicht, wie stark die<br />
Nachfrage sein würde. Deshalb kooperierten wir mit zwei Betrieben, die<br />
auch Belegrechte haben“, erklärt Geschäftsführer Gais. Die Trägerschaft<br />
wurde an die AWO vergeben.<br />
Inzwischen lässt sich mit den 15 Ganztagsplätzen für Kinder von<br />
6 Monaten bis 3 Jahren nicht einmal mehr der Eigenbedarf decken. Die<br />
Pläne für eine zweite Krippe nur für Mahr-Mitarbeiter stehen. „Allein 2012<br />
hatten wir 27 Geburten, zehn Eltern wünschen sich einen Krippenplatz“, so<br />
Fuisting. Die Formalien für das 320 000 Euro teure Projekt sind geklärt und<br />
die AWO tritt wieder als Betreiber auf. Fördermittel hatte Mahr bereits am<br />
8. Mai 2012 bei der Landesschulbehörde in Hannover beantragt. Am 7. Februar,<br />
neun Monate später, traf nun der Bewilligungsbescheid ein. „Die wartenden<br />
Eltern haben wöchentlich bei mir angerufen. Es war schwer, ihnen zu vermitteln,<br />
warum sich so lange nichts tut, wo doch in Niedersachsen Tausende<br />
Krippenplätze fehlen. Aber nun können wir endlich starten. Noch in diesem<br />
Jahr soll es eine neue Krippengruppe geben“, freut sich Fuisting.<br />
Natürlich spielt bei allen familienfreundlichen Maßnahmen auch die<br />
Gewinnung und Sicherung von Fachkräften eine Rolle. „Bewerber fragen in<br />
Gesprächen häufig danach, was wir konkret für die Vereinbarkeit von Familie<br />
und Beruf tun. Das ist ein wichtiger Wettbewerbsvorteil“, weiß Mahr-<br />
Personalleiter Karl-Heinz Junge und fügt an: „Nicht umsonst haben wir nur<br />
wenig unbesetzte Stellen.“ Dass sich die familienbewusste Personalpolitik<br />
auch auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter auswirkt, beweist die niedrige<br />
Fluktuationsrate.<br />
85 neue Kita-Plätze in Braunschweig<br />
Auch die Siemens AG in Braunschweig bietet künftig ihren Mitarbeitern<br />
Krippen- und Kindergartenplätze an. Im Dezember 2012 startete der Neubau<br />
der Kita „Sie-Kids Ackermäuse“. Zwei Drittel der Plätze sind für Kinder<br />
von Siemens-Mitarbeitern vorgesehen, ein Drittel wird an Kinder aus dem<br />
Stadtgebiet vergeben. Die Stadt Braunschweig kooperiert<br />
mit Siemens und fördert den laufenden<br />
Betrieb der Einrichtung.<br />
Im Herbst dieses Jahres soll<br />
die Kita eröffnet werden. j<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
32<br />
RÜCKBLICK RÜCKBLICK 33<br />
Foto: dpa/picture alliance<br />
> hannover<br />
Königlicher Besuch: Die Prinzessinnen Beatrice<br />
und Eugenie waren aus London angereist.<br />
Historie in<br />
neuem Glanz<br />
Platz für rund 300 Gäste:<br />
das große Auditorium.<br />
Fotos (3): Schloss Herrenhausen GmbH<br />
Es war ein geballter Auftritt nationaler und<br />
europäischer Prominenz, als das wieder aufgebaute<br />
Schloss Herrenhausen am 18. Januar<br />
feierlich eröffnet wurde. Für besonderes<br />
mediales Aufsehen sorgten die britischen Prinzessinnen<br />
Beatrice und Eugenie. Die Enkelinnen von Königin<br />
Elizabeth II. waren eigens für den Festakt angereist.<br />
Bereits im 17. Jahrhundert, als die Sommerresidenz<br />
der Welfen gebaut wurde, ging Europas Hochadel<br />
hier ein und aus. Mit rauschenden Festen wurde der<br />
Grundstein für Hannovers Aufstieg zum Kurfürstentum<br />
gelegt. Nachdem die historische Anlage im<br />
Zweiten Weltkrieg zerstört worden war, rang man<br />
jahrzehntelang um den Wiederaufbau des Schlosses.<br />
Im Jahr 2007 legte Wilfried Krull, Generalsekretär<br />
der VolkswagenStiftung, schließlich ein konsensfähiges<br />
Konzept vor: Hinter der klassizistisch nachgebildeten<br />
Fassade, so seine Idee, sollte ein modernes<br />
Wissenschaftszentrum für Tagungen und Konferenzen,<br />
aber auch für Feiern und Empfänge entstehen.<br />
„Dass aus meinem Schlüsselerlebnis mit einem unterirdischen<br />
Konferenzbereich in Stockholm tatsächlich<br />
ein Konferenzzentrum würde, ist großartig“, so Krull.<br />
Rund 21 Millionen Euro investierte die VolkswagenStiftung<br />
als privater Investor in den Bau. Auch<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong> investierte eine einstellige<br />
Millionensumme. Es hat sich gelohnt: Das Schloss<br />
bietet repräsentativ gestaltete und modern eingerichtete<br />
Seminarräume und Hörsäle in klassischschöner<br />
Umgebung.<br />
Betreiber der nahezu originalgetreu wieder aufgebauten<br />
Residenz ist das Essener Unternehmen<br />
Hochtief Solutions, eine Tochter der Hochtief AG.<br />
Ihren Angaben zufolge liegt die Auslastung für das<br />
laufende Jahr bereits bei 60 Prozent.<br />
Eine Mitgliedschaft bei <strong>NiedersachsenMetall</strong> lohnt:<br />
Um die Veranstaltungsräume im neuen Schloss<br />
nutzen zu können, sollten sich die Mitgliedsunternehmen<br />
in der Verbandspressestelle melden.<br />
i<br />
Werner Fricke, Leiter Kommunikation<br />
Telefon 0511 8505-293<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
34<br />
KONJUNKTUR FÜR SIE 35<br />
86%<br />
83%<br />
ja<br />
eher ja<br />
eher nein<br />
nein<br />
Die Industrie ist das<br />
Rückgrat des Standorts<br />
94 Prozent der Betriebe sind zufrieden /<br />
Problemfelder Fachkräfte und qualifizierte Azubis<br />
> hannover<br />
8% 10%<br />
3% 4%<br />
3% 3%<br />
Gesamt<br />
Industrie<br />
Wenn Sie den Standort Ihres Unternehmens in Deutschland frei wählen könnten,<br />
würden Sie sich nochmals für den heutigen Standort entscheiden<br />
Pressekonferenz in Hannover: Der Verband stellte die<br />
Stimmungslage der niedersächsischen Industrie dar.<br />
Wirtschaftliche Lage trifft<br />
betriebe und Branchen<br />
unterschiedlich<br />
MaSSvoller Tarifabschluss als beste Voraussetzung<br />
für weiterhin positive Entwicklung<br />
> hannover<br />
Niedersachsen ist für Unternehmen ein<br />
attraktiver Standort. „Wenn 94 Prozent<br />
der Betriebe zufrieden sind, dann ist<br />
dies im Vergleich mit anderen Bundesländern<br />
ein außergewöhnlich guter Wert“, freut sich<br />
Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong>, über das Ergebnis<br />
einer neuen repräsentativen Umfrage. Das Kölner<br />
Beratungsunternehmen IW Consult hat im Auftag von<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong> 250 niedersächsische Industriebetriebe<br />
und industrienahe Unternehmen befragt.<br />
Besonders wichtig erscheint der hohe Zufriedenheitsgrad<br />
vor dem Hintergrund, dass ein Euro Wertschöpfung<br />
in der Industrie weitere 50 Cent Wertschöpfung<br />
in Dienstleistungsunternehmen bewirkt.<br />
Auch diese Zahlen hat IW Consult ermittelt. „Das zeigt<br />
einmal mehr, dass die Industrie das Rückgrat des Wirtschaftsstandorts<br />
Deutschland ist. Und jede politische<br />
Strategie, die auf eine Deindustrialisierung hinausläuft,<br />
verkennt diese grundlegenden Zusammenhänge und<br />
verschlechtert die Perspektiven für Arbeitsplätze und<br />
Einkommen“, so Schmidt. Auch das Exportvolumen<br />
untermauert diese Einschätzung: Laut IW Consult gehen<br />
90 Prozent der Exporte aus Niedersachsen auf das<br />
Konto der Industrie. Dahinter verbergen sich Unternehmen,<br />
die für 86 Prozent aller Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen<br />
stehen. „Ohne eine solche<br />
forschungs- wie konkurrenzfähige Industrie sähe es<br />
um Wohlstand, Wachstum und soziale Sicherheit eher<br />
düster aus“, betont Schmidt.<br />
Nicht selbstzufrieden zurücklehnen<br />
Als besonders gut beurteilen die Kölner Analysten<br />
die Zulieferer-Kunden-Beziehungen, die Verkehrsinfrastruktur,<br />
die Zusammenarbeit mit den Hochschulen<br />
und – mit leichten Abstrichen – die Energieversorgung.<br />
Doch die Untersuchung liefert auch besorgniserregende<br />
Ergebnisse: „Der Fachkräftemangel und die immer<br />
schlechter werdenden Aussichten der Betriebe, qualifizierte<br />
Bewerber für Ausbildungsplätze zu gewinnen,<br />
bereiten uns große Sorgen. Für viele mittelständische<br />
Unternehmen ist dies auf lange Sicht von existenzieller<br />
Bedeutung. Deshalb sehe ich keinen Grund, sich selbstzufrieden<br />
zurückzulehnen“, sagt der Niedersachsen-<br />
Metall-Hauptgeschäftsführer und kündigt auch in dieser<br />
Hinsicht ein gemeinsames Engagement mit den<br />
Gewerkschaften und der neuen Landesregierung an.<br />
Trotz eines schwächeren Jahresausklangs gehen die niedersächsischen<br />
Industriebetriebe mit positiver Stimmung in das<br />
Jahr <strong>2013</strong>. „Unsere Industrie ist robust aufgestellt. Nur eines<br />
ist klar: Die wirtschaftliche Lage trifft die einzelnen Betriebe<br />
und Branchen in ganz unterschiedlicher Weise. Selbst innerhalb des<br />
gleichen Wirtschaftszweigs gibt es Gewinner und Verlierer“, sagte <strong>NiedersachsenMetall</strong>-Hauptgeschäftsführer<br />
Dr. Volker Schmidt bei der Vorstellung<br />
der Konjunkturumfrage-Ergebnisse zum Jahresbeginn.<br />
Der Verband hatte 250 Industriebetriebe und industrienahe Dienstleister<br />
befragt. Das Ergebnis: 77 Prozent halten die aktuelle wirtschaftliche<br />
Lage für genauso gut oder besser als noch im Sommer 2012. 86 Prozent<br />
gehen davon aus, dass <strong>2013</strong> mindestens genauso gut läuft wie das zurückliegende<br />
Jahr, sofern sich die Rahmenbedingungen nicht verschlechtern.<br />
Davon werde auch die Beschäftigung profitieren. Bis in den Herbst<br />
2012 hinein hatte die Industrie noch zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen<br />
und auch im schwachen Winter wurden keine Arbeitsplätze abgebaut. Der<br />
Verband hofft, dass der Arbeitsplatzaufbau spätestens im Frühsommer<br />
wieder weitergeht. Voraussetzung dafür sei aber ein deutlich moderaterer<br />
Lohnabschluss als im vergangenen Jahr. Schmidt: „4,3 Prozent bedeuteten<br />
für unsere Unternehmen den höchsten Zuwachs seit 20 Jahren. Überzogene<br />
Lohnabschlüsse gehen immer zu Lasten der Beschäftigung. Es gilt der<br />
Grundsatz: Man kann den Krug nur so lange tragen, bis er bricht.“ Zudem<br />
müsse ein weiterhin erfolgreiches Schuldenmanagement in Europa dazu<br />
beitragen, dass sich die Märkte beruhigen.<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong><br />
<strong>report</strong> 1 I <strong>2013</strong>
IMPRESSUM<br />
Herausgeber<br />
<strong>NiedersachsenMetall</strong> –<br />
Verband der Metallindustriellen Niedersachsens e.V.<br />
Schiffgraben 36<br />
D-30175 Hannover<br />
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Telefax (05 11) 85 05 - 203<br />
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