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was tun! - ZEIT Leo

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Linus ist 16 Jahre alt und<br />

Nachwuchsspieler bei Schalke 04.<br />

<strong>was</strong> <strong>tun</strong>!<br />

54 <strong>ZEIT</strong> LEO 2 ¬ 2012


»Ich will<br />

Profi<br />

werden!«<br />

Training, Training, Training:<br />

Linus besucht das Fußballinternat auf Schalke<br />

und arbeitet hart für seinen Traum.<br />

<strong>ZEIT</strong> LEO hat ihn einen Tag lang begleitet.<br />

Text: Alex Westhoff, Fotos: Dominik Asbach<br />

<strong>was</strong> <strong>tun</strong>!<br />

<strong>ZEIT</strong> LEO 2 55<br />

¬ 2012


<strong>was</strong> <strong>tun</strong>!<br />

56 <strong>ZEIT</strong><br />

Wenn Linus morgens um 6.15 Uhr aufsteht,<br />

fällt sein Blick zuerst auf einen Schal<br />

des Fußballvereins Real Madrid. Der hängt in<br />

seinem Zimmer an der Wand. Der 16-Jährige<br />

hat ihn bei einem Jugendturnier in Spanien<br />

geschenkt bekommen. Meist steht in seinem<br />

Zimmer ein Wäschekorb mit frischen Trainingsklamotten.<br />

Auf fast jedem Teil prangt<br />

das Wappen des Fußballvereins Schalke 04. Es<br />

sind die gleichen Klamotten, die auch die Bundesligaprofis<br />

des Klubs tragen.<br />

Bevor Linus das Haus verlässt, packt er für<br />

einen langen Tag – Schulsachen und Fußballsachen<br />

kommen in die Tasche. Dann schlurft<br />

er noch et<strong>was</strong> müde die Treppe hinunter zum<br />

Frühstück. Er kommt an einem Zettel vorbei,<br />

auf dem »Fußballspielen im Haus verboten«<br />

steht. Daneben hängt der »Strafenkatalog«: Wer<br />

im Flur seine Schuhe herumliegen lässt, muss<br />

drei Euro Strafe zahlen; unentschuldigt beim<br />

Essen fehlen kostet fünf Euro. Linus sagt, dass<br />

er häufig kleine Strafen zahlen muss. Besonders<br />

zu ärgern scheint ihn das nicht, jedenfalls<br />

schmunzelt er, als er es erzählt.<br />

Und ohne klare Regeln würde<br />

es wahrscheinlich reichlich wild zugehen in<br />

diesem Haus. Denn Linus lebt hier zusammen<br />

mit sieben anderen Jungen. Sie sind alle<br />

zwischen 15 und 17 Jahre alt und haben einen<br />

gemeinsamen Traum: Sie wollen Fußballprofis<br />

werden. Alle sind sehr talentierte Spieler, die in<br />

den Nachwuchsteams von Schalke 04 kicken,<br />

einem großen Profiverein in Gelsenkirchen, im<br />

Ruhrgebiet. Weil die Familien der Jungen aber<br />

nicht in der Nähe leben – Linus zum Beispiel<br />

kommt aus Kiel –, wohnen sie bei Gasteltern,<br />

dem Ehepaar Krüger, in einem großen weißen<br />

Haus. Die Jungs nennen ihr neues Zuhause<br />

nur: »die Villa«.<br />

Schon morgens ist es trubelig, ein bisschen wie<br />

in einer Jugendherberge. Rund um den Früh-<br />

LEO 2 ¬ 2012<br />

stückstisch sitzen die acht Jugendlichen mit<br />

Herrn und Frau Krüger, alle reden und lachen<br />

wild durcheinander. Natürlich geht es meistens<br />

um Fußball.<br />

Im Schalker Verein werden die jungen Spieler<br />

sehr gefördert. Auch Mesut Özil und Manuel<br />

Neuer haben hier ihre Karrieren begonnen –<br />

und sie sind heute berühmte deutsche Nationalspieler.<br />

Um ihnen nachzueifern, investieren<br />

Linus und die anderen Jungen viel. Linus zum<br />

Beispiel sieht seine Familie nur etwa einmal im<br />

Monat. Und dafür muss er dann 450 Kilometer<br />

bis nach Hause fahren »Zu Anfang war es<br />

ziemlich schwer«, sagt Linus. An die Trennung<br />

von Eltern und Freunden und an die neue<br />

Umgebung habe er sich erst gewöhnen müssen.<br />

Und manchmal habe er ein bisschen Heimweh.<br />

»Aber wenn man Fußball spielt, vergisst<br />

man vieles«, sagt er.<br />

Bei einem Spiel mit der Landesauswahl<br />

Schleswig-Holsteins in seiner Heimat ist<br />

Linus Talentsuchern aufgefallen: Er ist zentraler<br />

defensiver Mittelfeldspieler, kopfballstark, er<br />

überzeugt in Zweikämpfen und hat eine gute<br />

Spielübersicht. Damit hat er das Interesse von<br />

mehreren großen Vereinen geweckt. Linus<br />

hätte zum Beispiel zum Hamburger SV gehen<br />

können. Hamburg liegt viel näher an Kiel,<br />

dennoch entschieden er und seine Eltern sich<br />

für Schalke 04 im weiter entfernten Gelsenkirchen<br />

– das Angebot war einfach das beste.<br />

Das ist jetzt anderthalb Jahre her. Heute ist<br />

Linus Kapitän der Schalker Mannschaft in der<br />

U-17-Bundesliga und Schüler der Gesamtschule<br />

Berger Feld. Das ist eine sogenannte »Eliteschule<br />

des Fußballs«, die mit Schalke 04 zusammenarbeitet.<br />

Das Schulgebäude liegt direkt neben<br />

den Trainingsplätzen des Vereins. Das Stadion,<br />

die riesige Schalker Arena, sieht aus wie<br />

ein neben dem Schulhof geparktes Raumschiff.<br />

Eines Tages will Linus dort selbst spielen –


Üben, üben, üben ...<br />

Auch in der Schule muss Linus<br />

gute Leis<strong>tun</strong>gen bringen.<br />

... Linus trainiert<br />

schon fast so viel wie ein<br />

Bundesligaspieler.<br />

Mit dem Rad düst<br />

Linus zwischen<br />

Schule und Sportplatz<br />

hin und her.


als Profi und vor mehr als 61 000 Zuschauern. Linus hat in der Woche drei Übungseinheiten<br />

Dafür trainiert er hart, jeden Tag.<br />

am Vormittag. An vier Abenden in der Woche<br />

kommt das Vereinstraining hinzu. Das macht<br />

Nach dem Frühstück steigt Linus sieben Trainingseinheiten in der Woche, plus<br />

aufs Fahrrad und fährt von der »Villa« zur ein Meisterschaftsspiel am Wochenende. Damit<br />

Schule. Er braucht nur ein paar Minuten. trainiert Linus fast so viel wie die Profis.<br />

Schalke hat ihm das Rad in den Vereinsfarben Allerdings müssen die nur auf dem Fußballplatz<br />

gut sein und nicht auch noch in der Schu-<br />

Blau und Weiß zur Verfügung gestellt. »Damit<br />

mache ich jeden Weg«, erzählt Linus und zieht, le. Durch das viele Training, durch Turniere<br />

vor der Schule angekommen, seine Handschuhe<br />

aus. Auch sie tragen das Schalke-Wappen. wieder Schulstoff. Den muss er natürlich nach-<br />

oder durch Verletzungen verpasst Linus immer<br />

Zunächst steht normaler Unterricht auf dem holen. »Das ist ein straffes Programm. Manchmal<br />

ist es ganz schön stressig«, sagt Linus.<br />

S<strong>tun</strong>denplan. Aber für die dritte und vierte<br />

S<strong>tun</strong>de verlässt Linus das Klassenzimmer.<br />

Er hat Fußballschultraining – wie an jedem Wie anstrengend es für die jungen<br />

Dienstag, Donnerstag und Freitag. Während Spieler ist, immer Höchstleis<strong>tun</strong>gen bringen zu<br />

seine Mitschüler, die nicht bei Schalke spielen, wollen, weiß zum Beispiel Tomasz Waldoch.<br />

in den nächsten Klassenraum gehen, radelt Er ist Trainer der U-17-Mannschaft, in der<br />

Linus rüber zu den Trainingsplätzen. Linus spielt. »Die Jungs machen sich am meisten<br />

Druck«, sagt der Trainer. Er ist selbst mehr<br />

Neidisch auf seinen Sonders<strong>tun</strong>denplan sind<br />

die Klassenkameraden nicht mehr, seitdem sie als hundert Mal für Schalke in der Bun des liga<br />

einmal zuschauen durften, wie die Fußballer aufgelaufen, seine Erfahrung sagt ihm: »Nicht<br />

45 Minuten lang nur Koordinationsübungen<br />

gemacht haben – ohne dass ein Ball ins Zur fünften S<strong>tun</strong>de sitzt Linus frisch geduscht<br />

alle werden es bis ganz nach oben schaffen.«<br />

Spiel kam. Auch sie wissen inzwischen, dass im Italienisch-Unterricht. Durch das Fenster kann<br />

Fußballprofi-werden-Wollen harte Arbeit ist: er die Schalker Arena sehen. »Cinque anni«,<br />

Die großen Vorbilder<br />

LEO 2 ¬ 2012<br />

102 Spieler haben bislang die Fußballschule in Gelsenkirchen durchlaufen.<br />

Davon haben es 39 Jungs (und – mit Sondergenehmigung – ein<br />

Mädchen: die Nationalspielerin Alexandra Popp) geschafft, Profi spieler<br />

zu werden, also in der ersten, zweiten oder dritten deutschen Liga einen<br />

Vertrag zu bekommen. Das ist ein außerordentlich gutes Ergebnis<br />

für die Schalker Schule. Ihre bekanntesten Fußballstars sind Manuel<br />

Neuer, Mesut Özil, Joel Matip und Julian Draxler. Der ist mit 18<br />

Jahren zwar noch Schüler der Gesamtschule Berger Feld, hat aber<br />

schon den Sprung in den Schalker Profikader geschafft. Außer<br />

Schalke 04 kooperieren noch 14 weitere Bundesligavereine mit<br />

Fußball schulen, zum Beispiel Bayern München und Werder Bremen.<br />

<strong>was</strong> <strong>tun</strong>!<br />

58 <strong>ZEIT</strong>


sagt der Lehrer zu Linus. Das bedeutet: fünf<br />

Jahre. Das solle Linus sich schön merken. Das<br />

könne er gebrauchen, wenn er später mal mit<br />

einem italienischen Fußballverein über die<br />

Laufzeit eines Vertrags verhandele.<br />

Nach der sechsten S<strong>tun</strong>de radelt<br />

Linus zurück zur »Villa«, zieht die Schuhe aus<br />

und lässt sich auf das Sofa im Wohnzimmer<br />

plumpsen. Ein paar Minuten kann er sich<br />

entspannen, bevor es um 13.30 Uhr Mittagessen<br />

gibt. Danach geht es aber direkt weiter:<br />

Bis 15.50 Uhr hat Linus noch zwei S<strong>tun</strong>den<br />

Unterricht, im Anschluss muss er Hausaufgaben<br />

machen oder versäumte Unterrichtss<strong>tun</strong>den<br />

nacharbeiten. Wenn das erledigt ist,<br />

steigt er auch schon wieder in seine Fußballklamotten.<br />

Denn um 17.45 Uhr beginnt das<br />

reguläre Mannschaftstraining bei Schalke 04.<br />

Dann sind auch die Spieler dabei, die nicht auf<br />

die »Eliteschule des Fußballs« gehen.<br />

Wenn Linus um 19.30 Uhr wieder zu Hause<br />

ist, sei er meist richtig platt, erzählt er. Um<br />

21.30 Uhr knipst er häufig schon das Licht aus.<br />

Dann träumt er davon, dass er eines Tages der<br />

neue Özil sein wird.<br />

Linus auf dem Schulhof,<br />

im Hintergrund sieht man<br />

die Schalker Arena.<br />

THOMAS LANGMANN PRÄSENTIERT:<br />

LAETITIACASTA<br />

GUILLAUME CANET<br />

KAD MERAD<br />

UND MIT<br />

GÉRARDJUGNOT<br />

NACH DIE KINDER DES MONSIEUR MATHIEU<br />

DER NEUE FILM VON CHRISTOPHE BARRATIER

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