ZITATE - Regionale Baukultur
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<strong>ZITATE</strong><br />
Weisheiten zu Architektur und Städtebau aus Jahrhunderten<br />
Sammlung Bauassessor Michael Stojan Stand 10/2007<br />
Aristoteles<br />
es gibt Städte, die sind stumm und solche, die klingen<br />
Antero Markelin Die Geschichte der Städtebaulehre 1982<br />
Durch die Methodisierung, Rationalisierung und Demokratisierung ist uns in den<br />
letzten Jahrzehnten im Städtebau das Gefühl für eine künstlerische, der Natur und<br />
dem Menschen angemessene Stadtbaukunst verloren<br />
gegangen. Erst in den letzten Jahren ist uns dieser Verlust neu ins Bewußtsein<br />
gerückt. Wieder Wege zu finden, diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss<br />
das Ziel unserer Bemühungen sein.<br />
Abt Laugier Das Manifest des Klassizismus Lessai sur l architecture 1753<br />
Wenn man eine schön gebaute Stadt haben will, darf man die Fassadengestaltung<br />
der Privathäuser keinesfalls den Launen ihrer Besitzer überlassen. Alle Teile, die zur<br />
Straße hin liegen, müssen gesetzlich festgelegten Vorschriften entsprechen, die<br />
einem Plan folgen, den man für die ganze Straße entworfen hat.<br />
Die Höhe der Häuser muss zur Breite der Straße im richtigen Verhältnis stehen.<br />
Was die Häuserfassaden betrifft, so sind hier Regelmäßigkeit und viel<br />
Mannigfaltigkeit notwendig. Zu große Einförmigkeit ist der schwerste Fehler<br />
überhaupt. S.179<br />
Bei der Anlage des Straßennetzes vermeiden wir vor allen Dingen ein Übermaß an<br />
Regelmäßigkeit und Symmetrie.<br />
Wollen wir also unsere Straßen mit sehr viel Geschmack dekorieren? Dann müssen<br />
wir mit Ornamenten sparsam umgehen und sollten viel Einfaches, etwas Schlichtheit,<br />
vermischt mit Eleganz und Pracht, verwenden. S.180<br />
Halten wir uns an das Einfache und Natürliche, es ist der einzige Weg zum Schönen.<br />
S.44<br />
Dieses Bedauern ( über hässliche Bauten) wird durch den Sinn für das wahre<br />
Schöne hervorgerufen, ein Sinn, den jeder von Natur aus besitzt. S.41<br />
Seit vielen Jahrhunderten benützt man schon die sieben Noten der Tonleiter auf<br />
immer wieder neue Art und ist noch weit davon entfernt, alle Möglichkeiten erschöpft<br />
zu haben. Ich behaupte das gleich von den wesentlichen Teilen, aus denen sich die<br />
Komposition einer Architekturordnung zusammensetzt.<br />
Ihre Zahl ist gering, und man kann sie ad infinitum kombinieren, ohne etwas<br />
hinzuzufügen.
Das Genie zeigt sich im Erfassen dieser verschiedenen Möglichkeiten, einer Quelle<br />
angenehmer Vielfalt.<br />
Nur wem das Genie fehlt, der klammert sich an das Unwesentliche, nur wer nicht<br />
genug Geist besitzt, um sein Werk einfach zu gestalten, überlädt es! S.66<br />
Johann W.v. Goethe Sprüche in Prosa<br />
Dagegen in einer schlecht gebauten Stadt, wo der Zufall mit leidigem Besen die<br />
Häuser zusammenkehrte, lebt der Bürger unbewusst in der Wüste eines düsteren<br />
Zustandes; dem Eintretenden jedoch ist es zu Mute, als wenn er Dudelsack, Pfeifen<br />
und Schellentrommeln hörte und sich bereiten müsste, Bärentänzen und<br />
Affensprüngen beizuwohnen.<br />
Heinrich Zille<br />
ein Haus kann einen Menschen erschlagen wie eine Axt<br />
Karl Henrici Die künstlerischen Aufgaben im Städtebau Vortrag 1891<br />
in Curdes Hrsg. Künstlerischer Städtebau um die Jahrhundertwende S.73ff<br />
...um aber zu lernen, wie das zu machen ist, müssen wir in das Altertum und in das<br />
Mittelalter zurücktauchen, nicht um darin wieder zu versinken, sondern um die Perlen<br />
der Vergangenheit an das Tageslicht zu fördern zum Schmucke der Jetztzeit.<br />
Eine neue Stadt nach meinem Sinn wird nicht aussehen wie eine mittelalterliche<br />
Stadt, denn ich will nicht verzichten auf Eisenbahnen, Pferdebahnen, auf Gaslicht<br />
und Kanalisation... vor allen Dingen mehr Licht und Luft.<br />
Aber in meiner Stadt soll sich wieder Bild an Bild reihen, geeignet , um vom Maler<br />
gemalt und vom Dichter besungen zu werden.<br />
Klaus Humpert<br />
Erhaltung und Entwicklung lokaler Eigenarten durch städtische Baupolitik in Freiburg<br />
S. 91ff<br />
Ich meine , dass wir vor allem lernen müssen, besser zu sehen. Ich glaube, wir<br />
haben in erschreckender Weise verlernt zu sehen. Dieser Verlust ist eine der<br />
schlimmen Erbschaften der Moderne, die im Grunde nur ihre eigene Arbeit, das von<br />
ihr gewollte Neue gesehen hat, aber nie nach Geschichte oder Verwurzelung gefragt<br />
hat. Wir haben die Sensibilität verloren, Orte zu sehen, den Punkt an dem wir stehen,<br />
von dem aus wir zum Beispiel die Stadt betrachten.<br />
Wenn sie die Augen aufmachen, dann werden sie feststellen, dass jeder Ort seine<br />
eigene Sprache spricht. Ich habe in diesem Sinne einmal vom Dialekt einer Stadt<br />
gesprochen, vom Dialekt eines Raumes.<br />
Es geht vielmehr darum, am Vorhandenen weiterzumachen.<br />
Unterschiede die erkannt wurden weiterentwickeln, damit sie lebendig bleiben. Nicht<br />
herumreisen und von überallher Dinge importieren.<br />
Das Alte muss weiterentwickelt und die „neuesten Maschen“ verhindert werden.<br />
Fritz Schumacher Der Geist der Baukunst 1938 Reprint 1956 S.290<br />
Herder spricht von der uns eingepflanzten Regel: Harmonie S.101<br />
Man wird die Lebensformen der Zukunft, wie sie dem schöpferischen geistigen Auge<br />
vorschweben, nicht erreichen können, ohne dass wir den baulichen Egoismus, der
sich mit dem Mantel des „künstlerischen Individualismus“ zu tarnen pflegt,<br />
überwinden und an seiner Stelle ein Gemeingefühl entwickeln, das sich keine<br />
künstlerischen Ziele vorstellen kann, die nicht zugleich Ziele der Gemeinschaft<br />
wären.<br />
Es gehört neben viel Umsicht viel künstlerisches Gefühl dazu, wenn wir den Eindruck<br />
natürlichen Wachstums erzielen wollen.<br />
Wir können den dienenden Charakter der meisten Bauwerke als Teil eines<br />
städtebaulichen Ganzen nicht oft genug betonen. S.265<br />
Theodor Fischer Über Stadtbaukunst 1919<br />
Es ist also eine psychologisch sehr naheliegende Forderung, dass ich diesem Raum<br />
ein die Augen des Wandelnden beschäftigendes Ziel gebe. Und darin kann man wohl<br />
einen ersten ästhetischen Grundsatz des Städtebaus erkennen,...<br />
dem Platz ist nicht das Augenziel eigentümlich, sondern die Wand, die<br />
Geschlossenheit ringsum.<br />
Handwerk ist noch nicht Kunst, aber Baukunst ist immer Handwerk, höchst<br />
gesteigertes und verfeinertes Handwerk<br />
Der Städtebauer sei kein Ideologe, der einer Laune, einer Mode, einer Kunstidee<br />
zuliebe dem Ganzen Gewalt antue<br />
Vortrag über Stadterweiterungsfragen<br />
So ist meine Meinung von der Städtebaukunst, eben weil sie eine Kunst ist, die, dass<br />
ihre Quellen und Mittel, ihre Richtigkeit und Irrtümer nicht mit dem Verstand erschöpft<br />
werden können.<br />
Was uns leiten kann, ist etwas, was ich für meine Person höher zu stellen geneigt<br />
bin, als den Verstand: das natürliche Empfinden.<br />
Wilhelm Hofmann<br />
Zur Eröffnung der Ausstellung von Zeichnungen und Texten Heinz Wetzels Stuttgart<br />
1982<br />
Wenn wir von Ausnahmen absehen, so kam in den 60er und 70er Jahren<br />
unaufhaltsam ein Trend zum Zuge, vor dem Wetzel leidenschaftlich gewarnt hatte:<br />
Vor dem abstrakten, zweckrationalen Planen auf dem Papier, das sich selbstherrlich<br />
über die Bindungen der Landschaft, der Natur und der städtebaulichen<br />
Gegebenheiten hinwegsetzte. Heute wird selbst von den einstigen Verfechtern dieser<br />
Richtung erkannt, dass damit zugleich auch menschlich-seelische Bedürfnisse<br />
missachtet wurden.<br />
Wetzels Vermächtnis steht heute in engem Bezug zu unseren Bemühungen, wieder<br />
Wege zu einem menschlichen Bauen und zu einem freundlichen, architektonisch und<br />
räumlich erlebnisreichen Städtebau mit Fluidum zu finden.<br />
Noch heute lächeln anerkannte und einflussreiche Lehrer und Kritiker über die „Platz-<br />
, Durchblick- und Straßenabschlussseligkeit dieser Schule“(Posener). Sie sind<br />
besorgt über das „sentimental bürgerliche Verklären des Wohnens“. Die<br />
Enthaltsamkeit, die sie verkünden, trifft die Masse der sozial schwachen, die sich in<br />
der gepriesenen Nüchternheit, gesellschaftlich ausgestoßen fühlen. Der stolze
Verzicht auf elementare Gestaltungsmittel ist zugleich ein Ignorieren menschlichemotionaler<br />
Bedürfnisse.<br />
Die Sorge um den Verlust der Stadtgestalt führt inzwischen zu ernsthaften<br />
Untersuchungen über die Ursachen ( siehe bei Trieb, Cullen, Landzettel)<br />
Klaus Osterwold Handwörtwerbuch der Raumforschung und Raumordnung, Band<br />
III Hannover 1970<br />
Wetzels städtebauliches Lehrziel war das Gestalten aus den Bedingungen der<br />
Landschaft und der optischen Ordnung. d.h. einfügen der Bauwerke in die<br />
natürlichen Gegebenheiten der Erdoberfläche und dadurch die vorhandene Tektonik<br />
gestalterisch auswerten. Vorraussetzung dafür ist zunächst eine Landschaftsanalyse;<br />
bewusstes, geschultes Wahrnehmen der Gegebenheiten<br />
und systematisches Zerlegen derselben in ihre räumlichen Bestandteile.<br />
Diese Methodebegreifenden Sehens mündet in Feststellungen von Phänomenen in<br />
der Landschaftsgliederung: Silhouetten(Konturen), Strukturen(Gefüge, Richtungen<br />
Grenzen), Massen(Akzente, Brennpunkte) und Maßstäbe(Größenverhältnisse,<br />
Beziehung Landschaft - Mensch).<br />
Der zweite Schritt ist das Erfassen der Gestaltungsmöglichkeiten in einer „Vision“.<br />
Um dazu befähigt zu sein, muss neben der Landschaftsanalyse die systematische<br />
Stadtanalyse beherrscht werden, das sehende Begreifen und Erkennen guter<br />
Stadtbaukunst. Wichtigste Einzelfaktoren der inneren Stadtgliederung sind“<br />
Einschlag“ und „Schwelle“, am Straßenverlauf und an der Platzgestalt ablesbare,<br />
raumbildende Zäsuren: Einschlag als tiefste Stelle einer Senke, Schwelle als Scheitel<br />
einer Bodenwelle. Wetzel wies nach, dass bei jeder Neigungs- und<br />
Steigungsänderung eines Straßenzuges oder Platzes(Längenvisierbruch)eine<br />
Richtungsänderung in der Raumfolge eintritt(Horizontalvisierbruch). Der Einschlag<br />
bindet , die Schwelle trennt.<br />
Der kombinierte Visierbruch ist die beste Verknüpfung der Raumabschnitte.<br />
Die Gliederungen der Landschaft werden zwingende Faktoren der Stadtgestaltung,<br />
denen Wetzel genaueste Beachtung geschenkt wissen wollte. Ihm gelang erstmals<br />
der Nachweis dieser Gesetzmäßigkeiten des alten Städtebaus, die er als<br />
Grundlagen jeder stadtbaukünstlerischen Gestaltung ansah. Kein Bauelement führt<br />
ein Einzeldasein. Jedes Bauwerk ist aus der jeweils einmaligen Besonderheit<br />
der städtebaulichen Situation komponiert.<br />
Im Zusammenspiel von optischer Leitung und optischer Zuordnung werden Straße<br />
und Platz als Räume erlebbar: Raumfolgen mit Auftakt, Führung und Ziel; Grenzen<br />
der Raumabschnitte in Form von Vor- und Rücksprüngen der Bauflucht, als Türme,<br />
Erker, Portale, Dachausbauten, u.a.<br />
Einem solchen Städtebau fehlen starre Achsen und Symmetrien.<br />
Die Stadt als Kunstwerk ist ein Raumgefüge mit ungemein differenzierten und<br />
aufeinander abgestimmten Verflechtungen. Scheinbar willkürliche „malerische“<br />
Zufälligkeiten sind kunstvoll situationsbezogene Gestaltungen. Wetzel erkannte die<br />
Allgemeingültigkeit jener Gesetze naturverbundenen Bauens auf der ganzen Erde-<br />
mit der Fülle variierender Einzelformen.<br />
Im 19.Jahrhundert setzt sich in den dringend notwendigen Stadterweiterungen rasch<br />
ein rationalistischer Schematismus durch. Stadtbaukunst mit Bindung an die<br />
Situation und optischer Ordnung im Wetzel`schen Sinne findet sich nur noch auf<br />
einer schmalen Bahn, die von dem Romantiker Friedrich Gärtner (1792-
1847Ludwigstraße München) über Gottfried Semper(1801-1879) und Camillo<br />
Sitte(1843-1903) schließlich zu seinem Lehrer Theodor Fischer läuft.<br />
Niels Gutschow<br />
Wer war Heinz Wetzel? 1982<br />
... die Politisierung förderte eine sehfeindliche Verwissenschaftlichung des<br />
Städtebaus, in dessen Umfeld seine Begriffswelt keinen Platz fand.<br />
Sehen war die Vorraussetzung für seinen Städtebau.<br />
Lernen sie, ihre Augen als städtebauliches Werkzeug zu gebrauchen!!<br />
Max Guther<br />
zur Geschichte der Städtebaulehre an deutschen Hochschulen S. 34ff<br />
Theodor Fischer, der Begründer der „Stuttgarter Schule“ und der Städtebaulehre in<br />
München und Stuttgart, nannte Sitte 1904 in seinem Nachruf den „ Vater der<br />
neuzeitlichen Städtebaukunst“ und noch 1918 schrieb er, dass Sitte in seinem<br />
bahnbrechenden Buch als Erster “die vergessenen Probleme des Städtebaus in<br />
Erinnerung brachte“.<br />
Wetzel bezeichnet Sittes Buch als Meilenstein das an den Wurzeln der Verirrungen<br />
der Baukunst seiner Zeit rührt. Der Einzelidee stellt er die Zusammenschau<br />
gegenüber und stößt die Tür auf zur Erkenntnis von Ursache und Wirkung.<br />
Wetzel: Der Bildner muß das Material des Konstrukteurs beherrschen, aber niemals<br />
kann der Konstrukteur Bildner sein.<br />
Volkwin Marg im Gespräch mit Klaus Dieter Weiß<br />
Cui bono, Städtebau DBZ 10/91<br />
Der Architekt verkommt allzu leicht zum Designer, der, mit dem letzten Pfiff in der<br />
intellektuellen Boutique der Moden stehend, schon im Winter die kommende<br />
Sommermode feilbietet.<br />
Das Publikum muss Architektur unausweichlich erdulden, Generationen lang.<br />
Architektur braucht Kontinuität, das ist meine Leitlinie.<br />
Die modischen Sensationen der letzten hastigen Baubooms haben z.B. in London zu<br />
Verwüstungen geführt. City und Docklands sind dort zu Deponien der urbanistischen<br />
Trümmer von Zeitgeist-Explosionen geworden. Nichts scheint sich einem größeren<br />
Ganzen unterzuordnen.<br />
Ein weiterer Gesichtspunkt von Kontinuität ist die Fortschreibung der traditionellen<br />
örtlichen und stofflichen Beschaffenheit.
Es müsste viel städtebaulicher gedacht, entworfen und gebaut werden. Tatsächlich<br />
wird Städtebau als Stadtbaukunst meist ignoriert. Es entsteht in dieser Frage ein<br />
ungeheures Vakuum.<br />
Die Docklands sind der Spiegel eines am Architektur-Autismus erkrankten<br />
Städtebau-Bewusstseins.<br />
Die gestaltende Organisation durch Städtebau darf nicht dem Selbstdarstellungs-<br />
Marketing von einzelnen geopfert werden.<br />
Aus Unfähigkeit den Regelfall zu bewältigen, versucht man aus jedem Regelfall<br />
einen Sonderfall zu machen.<br />
Das Projekt (Speicherstadt) ist zuguterletzt verworfen worden, zugunsten eines<br />
Wettbewerbsspektakels, bei dem letztendlich modische Architektur-Sensationen über<br />
die städtebauliche Kontinuität gesetzt wurden.<br />
Vittorio Lampugnani<br />
Hier könnte, sollte, müßte geschehen Der Architekt 10/97<br />
Architektur und Stadt können keine Wegwerfprodukte sein; sie müssen dauern. Und<br />
zwar nicht nur physisch, sondern auch ästhetisch. Unsere Häuser, unsere Städte<br />
dürfen nicht wie modische Objekte gestaltet sein, dem gerade gültigen Geschmack<br />
bedingungslos untergeordnet und darauf ausgerichtet, eben eine Saison zu halten<br />
und dann von neuen, noch modischeren Objekten ersetzt zu werden. Sie müssen<br />
über den kurzlebigen Trends stehen. Und eine Ästhetik ihr eigen nennen, die zwar<br />
dem Geist der Epoche entspringt, zugleich aber an die Vergangenheit anknüpft und<br />
in die Zukunft weist.<br />
Die leichtfertige Begeisterung für das Neue um des Neuen Willen ist eine der<br />
verhängnisvollsten Erbschaften aus der Epoche der Avangarden.<br />
Die Provokation des Alltäglichen Der Spiegel 51/1993<br />
Wir müssen wieder lernen, eine gelungene Wiederholung als ästhetische Qualität zu<br />
begreifen. Denn in jeder alten Stadt, von Siena bis St. Petersburg, herrscht die<br />
Wiederholung als künstlerisches Prinzip. Wir müssen eine frische Qualität suchen,<br />
die nicht ermüdet und gleichwohl nicht dem Modischen huldigt.<br />
Das kann nur eine Ästhetik der Einfachheit, der Klarheit, der Ruhe sein.<br />
In einer Zeit wie der unsrigen benötigt man ungleich mehr Mut, Talent und Energie,<br />
um etwas Konventionelles durchzusetzen als etwas Ausgefallenes.<br />
Das Naheliegende ist die größte Provokation.<br />
Die behutsame Innovation Der Architekt 12/95<br />
Wenn wir stattdessen den Entwurf als Handwerk betrachten, verlagern sich die<br />
Wertekategorien auf eine vollständig andere Ebene: die Ebene der Angemessenheit.<br />
Das Handwerk bedarf keiner experimentellen Capricen und verträgt sie auch nicht.<br />
Es muß sich Werk für Werk ein stabiles Fundament von Regeln und Wissen<br />
schaffen. Es bedarf der Kontinuität. Allerdings läßt es Raum für Anpassung,<br />
Verbesserung und behutsame Veränderung.
Nur aus der Tradition können Gegenstände, Gebäude und Städte entstehen, welche<br />
die Qualität der Dauerhaftigkeit besitzen.<br />
Der Gipfel der Exklusivität hatte frei zu sein von jedem Anflug von Vulgarität,<br />
Verrücktheit oder Prahlerei und sollte einen gewissen Grad von Alltäglichkeit<br />
erlangen.<br />
Quinlan Terry 1996<br />
Wenn die Leute von einem ungestörten Landschaftsbild reden, meinen sie nicht die<br />
Landschaft ohne jedes Gebäude, sondern die Landschaft ohne moderne Gebäude.<br />
Hans Stimmann<br />
Um die Identität einer Stadt zu stärken, muß sich neue Architektur auf den<br />
historischen und städtebaulichen Kontext, die architektonische Tradition beziehen.<br />
Fortschritt heißt nicht Bruch, sondern Weiterentwicklung bewährter Traditionen.<br />
Corbusier 1929<br />
Die gekrümmte Strasse ist der Weg der Esel, die gerade Strasse der Weg des<br />
Menschen.<br />
Der Verkehr fordert die Gerade. Die Gerade ist gesund für die Seele der Städte.<br />
Max Bächer Gedanken zur Stadtgestaltung<br />
in<br />
Gestaltungsqualität durch Regelungsmöglichkeiten Stuttgart 1981 S.23 ff<br />
In der Einheitlichkeit ähnlicher Haustypen entstand Vielfalt durch Anpassung an die<br />
Unterschiede der jeweiligen Situation: Topografie, Lage im Straßenraum,<br />
Nachbarschaft, Besonnung, Witterung führten zu Veränderungen der Proportionen<br />
und der optischen Wirkung im Straßenraum bei gleichen Grundnormen, nicht anders<br />
wie die Stellung und Farbe der Augen, die Form und Größe der Nase oder des<br />
Mundes, Haarwuchs, Kinn, Ohren und Hals und viele andere Details den Ausdruck<br />
der menschlichen Physiognomie bestimmen - Millionen von Möglichkeiten aus<br />
wenigen Grundformen gebildet und dennoch eine riesige Vielfalt von Individuen, von<br />
denen jedes Einzelne aus Tausenden heraus erkannt wird.<br />
Die Qualität des Raumes liegt im städtebaulichen Entwurf, der nicht auf<br />
architektonische Spitzenleistungen angewiesen ist, um wahrgenommen zu werden.<br />
Gestaltungsregeln können keine städtebauliche Idee ersetzen, wenn diese nicht am<br />
Anfang steht!!!<br />
Das individuelle Einzelbauwerk wurde zum alleinigen Gradmesser gestalterischer<br />
Qualität. Damit begab sich Stadtplanung jeder räumlich geordneten Verpflichtung<br />
und lieferte das Ergebnis dem Zufall der baulichen Einzelqualität aus,…<br />
…so entwickelten sich Städtebauer zu GFZ- Ingenieuren, ohne ein räumliches Bild<br />
von der Stadt zu haben.
Die Einsicht, dass das Stadtbild ein kulturelles Gut der Gemeinschaft ist, muss erst<br />
wieder im Bewusstsein der Bevölkerung (und der Planer - Anm. Stojan) verankert<br />
werden.<br />
Julius Posener<br />
Spiegel 19/1981 S.220<br />
Sah man früher ein Bauschild, so erweckte das freudige Erwartung.<br />
Sieht man heute eins, so erweckt es Furcht.<br />
K.-H. Krüger Der Mensch ist Nebensache<br />
Spiegel 19/1981<br />
Der Hochmut der Entwerfer und Gestalter ist ungebrochen. Allenfalls ersetzen sie<br />
eine Moderichtung durch die nächste.<br />
Die zweiten Gründerjahre haben das Gesicht der Republik auf Generationen<br />
entstellt.<br />
Ein ganzer Berufsstand hat versagt.<br />
Bedenkenlos haben die Planer und Macher die gewachsenen Strukturen ganzer<br />
Stadtviertel zerbrochen.<br />
Ohne zu zögern haben sie mit Mammutbauten das Stadtbild zerstört.<br />
Schulen zum Fürchten, bunkerartige Schulmaschinen<br />
Innerhalb von drei Jahrzehenten propagierten Architekten ein rundes Dutzend Ismen.<br />
Jedes mal wollten sie weismachen, das Heil liege ausschließlich in Funktionalismus,<br />
Rationalismus, Strukturalismus, Brutalismus, Metabolismus, Futurismus,<br />
Manierismus, Historismus, Eklektizismus.<br />
Das Resultat ist nicht Vielfalt, sondern ein Trümmerhaufen.<br />
Nachsitzen in Baugeschichte war überfällig.<br />
Ihr elitäres Palaver steht im Widerspruch zur Banalität ihres Schaffens.<br />
Die Kluft zwischen den Vorstellungen der Architekten und den Bedürfnissen der<br />
Gesellschaft ist so groß wie nie.<br />
Mit weltverbesserischer Arroganz und Intoleranz war die Bewegung angetreten. In<br />
Manifesten und Verkündungen wurde ihre anmaßende Heilslehre verbreitet. Stets<br />
wiederkehrende Kernvokabeln: Ehrlichkeit, Einfachheit, Wahrhaftigkeit. S.233<br />
HRH Prince Charles 1988<br />
Wir haben jenes Bedürfnis nach Harmonie verloren, das uns einmal so<br />
selbstverständlich war und das uns einige unserer schönsten Straßenzüge und<br />
ausgewogensten Gebäudegruppen beschert hat.<br />
Wo ist die Demut der Architekten und Planer geblieben?<br />
Fast alle unsere Städte sind durch willkürlich platzierte, übergroße Gebäude ruiniert<br />
worden, die sich nur wenig voneinander unterscheiden und keinerlei Bezug zu den<br />
örtlichen Gegebenheiten haben.<br />
Was uns wirklich nottut, ist, dass wir uns wieder jene Demut zueigen machen, die<br />
uns erst befähigt, die Lehren der Vergangenheit zu verstehen.
Gion Caminada Vrin 2005<br />
Heutzutage liegt man entweder im Trend und macht, was alle machen,<br />
oder man strebt nach etwas Außergewöhnlichem.<br />
Aber gerade diese Ansätze eignen sich nicht für einen Ort !!<br />
Ein rein ästhetisches Objekt, mit dem sich die Leute nicht identifizieren können, ist für<br />
mich wertlos.<br />
Anselm Bilgri 2005 ehemaliger Prior Kloster Andechs<br />
Entscheidend für den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg ist insbesondere das<br />
Finden, Festhalten und Vorleben einer Vision sowie das Herstellen und Vermarkten<br />
von Produkten, die eine „Seele“ besitzen und mit dieser Vision im Einklang stehen.<br />
John O´ Donohue Schönheit<br />
Wenn Architekten und Stadtplaner erkennen würden, dass eine hässliche Umgebung<br />
die Seele schwächt und versehrt, würde das Bauwesen vielleicht einen neuen Sinn<br />
für Schönheit<br />
Hermann Muthesius in „Über Land und Meer“ Nr.9 1915<br />
Die Grundsätze des Heimatschutzes bestehen nicht so sehr in der Wiederholung der<br />
bisher an einem Ort üblich gewesenen guten oder weniger guten Bauformen als<br />
vielmehr in einer sinngemäßen Fortführung der örtlichen Bauüberlieferung im Geiste<br />
der Gegenwart...<br />
Paul Schmitthenner<br />
Karl Kiem: „Die Gartenstadt Staaken als Prototyp der modernen deutschen Siedlung“<br />
in „Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 1950 - Reform und Tradition“ S.148<br />
Dem Formalismus der Neuen Sachlichkeit, dem hohlen Pathos der offiziellen<br />
Architektur des Nationalsozialismus und der Austauschbarkeit des Internationalen<br />
Stils hält er die hohe Funktionalität, die selbstbewußte Bescheidenheit und raffinierte<br />
Eleganz seines an der Tradition orientierten Bauens entgegen.<br />
Ein Körnlein Gutes zu dem Baue des Dauernden beizutragen, das war die Absicht<br />
bei meinem Bauen und wird auch die Absicht bleiben.<br />
Ich wäre sehr glücklich, wenn ich mit Gewissheit wüßte, daß ich nur diese Absicht<br />
erreicht hätte.<br />
Meine liebsten Schüler sind die, deren Häuser man nicht mit meinen verwechselt.<br />
Tradition ist nicht Übernahme der Form, sondern Weiterentwicklung der Erfahrung im<br />
natürlichen Wechsel der Dinge.<br />
Bauen ist gestaltete Notwendigkeit<br />
...ist die Aufgabe, der ich zu dienen versuche durch die Pflege des Unscheinbaren in<br />
der Baukunst.<br />
Die Schönheit unserer mittelalterlicher Städte ruht in der Geschlossenheit der<br />
Erscheinung.
Das Ornament ist Betonung der gebauten Form und Fügung, ist nie Selbstzweck, nie<br />
überflüssig, sondern Überfluss.<br />
Man verwechselt Glätte mit Sauberkeit, Abwaschbarkeit mit Schönheit.<br />
Das Spiel mit dem Licht ist das einzige, das beim Bauen nichts kostet und wird doch<br />
so selten angewandt.<br />
Werkstoff und Hand, das ist das Handwerk, und dies ist und bleibt das<br />
Entscheidende in der Baukunst. Dazu führt aber nicht das erlernbare Wissen, nur<br />
das geübte Können, das dem Gefühle verwandt ist.<br />
Jede angewandte Kunst ist beseelter Hände Werk.<br />
Auch die Musik, die in der Seele geboren wurde, braucht zu ihrer Lautwerdung des<br />
Menschen Hand. Sie braucht die Hand des Musikers, die wiederum beseelt sein<br />
muß, damit jene vollendet „laut“ werde.<br />
Auf manchen Gebieten muß man rückschrittlich sein, um wieder vorwärts zu<br />
kommen.