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Alleinlebende: Gewinner und Verlierer im gesellschaftlichen ...

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iographischen Handelns beizutragen. Die Frage, was <strong>Alleinlebende</strong> umtreibt, was sie zu<br />

<strong>Gewinner</strong>n oder <strong>Verlierer</strong>n macht, verdient vor allem deshalb unsere Aufmerksamkeit, weil sie<br />

exemplarisch signalisieren, welche kognitiven, mentalen <strong>und</strong> psychosozialen Voraussetzungen<br />

nötig sind, um mit fortschreitenden kollektiven Freisetzungsprozessen umzugehen zu können, <strong>und</strong><br />

welche Lebensumstände das Gelingen einer hochindividualisierten Lebensführung begünstigen.<br />

Mit der Untersuchung von Steuerungspotentialen gelungener <strong>und</strong> defizitärer Biographien <strong>Alleinlebende</strong>r<br />

als Exponenten von Freisetzungsprozessen <strong>im</strong> Individualisierungsprozess verbindet sich<br />

die Absicht, zum Verständnis vom Wandel privater Lebensformen <strong>im</strong> <strong>gesellschaftlichen</strong><br />

Modernisierungsprozess beizutragen. Ob <strong>Alleinlebende</strong> zu Recht als "Vorboten einer <strong>gesellschaftlichen</strong><br />

Verfassung gelten, in der nicht mehr soziale Bindungen, sondern andere Formen der<br />

Vernetzung unter den Menschen eine atomistische Auflösung von Gesellschaft verhindern",<br />

(Bachmann 1992:79) muss an dieser Stelle offen bleiben.<br />

1.2 Zum Verhältnis von biographischem Handeln <strong>und</strong> strukturellen Voraussetzungen<br />

Mit diesem Erkenntnisinteresse wird die vorliegende Untersuchung individualbiographische<br />

Anteile der Entstehung von Alleinleben als langfristiger Lebensform rekonstruieren <strong>und</strong> Muster<br />

der Lebensführung 9 von <strong>Alleinlebende</strong>n nachzeichnen, sich dem Erkenntnisziel also konsequent<br />

aus der Subjektperspektive nähern. Die Pr<strong>im</strong>ärdaten bestehen, wie in Kapitel 2 ausführlich dargelegt<br />

wird, aus autobiographischen Lebenserzählungen, aus denen sich die Chronologie von<br />

Ereignissen ebenso erschließen lassen wie Eigentheorien der Interviewten über die Genese des<br />

Lebensverlaufs <strong>und</strong> der aktuellen Lebensführung. Was die Biographien gesteuert hat, welche<br />

individuellen Ressourcen zur Verfügung standen, wie Politik, Markt <strong>und</strong> Erwerbssystem Chancen<br />

bereitgestellt <strong>und</strong> Handlungsräume beschnitten haben, enthalten diese Erzählungen unmittelbar nur,<br />

soweit die ErzählerInnen entsprechende Ereignisse <strong>und</strong> Strukturen eigentheoretisch mit dem Thema<br />

der jeweiligen Erzählungen in Verbindung bringen. Die Pr<strong>im</strong>ärdaten geben deshalb nur begrenzte<br />

Auskünfte über das reale Vorhandensein solcher individuellen Ressourcen. Wissen aus dem<br />

Bereich gesellschaftlicher Makrostrukturen <strong>und</strong> zeitgeschichtlicher Ereignisse <strong>und</strong> Entwicklungen<br />

wird gelegentlich aus anderen Quellen als Kontextwissen herangezogen, um Erzählungen<br />

interpretieren zu können. Veränderungen sozioökonomischer <strong>und</strong> kultureller Rahmenbedingungen,<br />

die zur Zunahme des Alleinlebens <strong>im</strong> mittleren Lebensalter beigetragen haben, beziehungsweise<br />

zu ihren Voraussetzungen gehört haben <strong>und</strong> in dieser Arbeit vorausgesetzt werden, seien <strong>im</strong><br />

Folgenden kurz skizziert:<br />

Dass <strong>im</strong>mer mehr Menschen <strong>im</strong> mittleren Lebensalter ohne zwingende äußere Gründe alleine<br />

wohnen <strong>und</strong> haushalten, eine Lebensform, die noch vor nur zwei Jahrzehnten als bedauernswertes<br />

Schicksal galt <strong>und</strong> nur selten "frei gewählt" war, ist nur möglich gewesen durch strukturelle<br />

Freisetzung der Individuen <strong>im</strong> sozioökonomischen System <strong>und</strong> durch Veränderungen kultureller<br />

Rahmenbedingungen. Die wichtigsten Komponenten seien an dieser Stelle nur kurz gestreift. Das<br />

Bildungswesen <strong>und</strong> der Arbeitsmarkt mussten sich für Frauen geöffnet haben, das<br />

Wohlstandsniveau so gestiegen sein, dass eigenständiges Haushalten für eine größere Personengruppe<br />

möglich war <strong>und</strong> ein entsprechendes Wohnungsangebot zugänglich <strong>und</strong> erschwinglich<br />

wurde. Für die Unabhängigkeit auch in individuellen Krisenlagen ist die Individualisierung von<br />

9 Zur Erklärungsfunktion des Begriffs "Lebensführung" siehe exemplarisch die Beiträge in Vetter (Hg.)<br />

1991: "Muster moderner Lebensführung" <strong>und</strong> darin insbesondere den Beitrag des Herausgebers<br />

"Lebensführung - Allerweltsbegriff mit Tiefgang"<br />

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