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Alleinlebende: Gewinner und Verlierer im gesellschaftlichen ...

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Beziehungen ist. Der Zeitgeist der Acht<strong>und</strong>sechziger untermauert ideologisch ihre Skepsis<br />

gegenüber Ehe <strong>und</strong> Dauerhaftigkeit von Beziehungen.<br />

- Zweitens hat die Lebensweise ihrer Mutter ihr vermittelt: Verliebtheit <strong>und</strong> sexuelle<br />

Leidenschaft sind "w<strong>und</strong>ervoll". Die Studentenbewegung propagiert eine "befreite<br />

Sexualität", wertet sexuelle Treue ab. (Ihre Mutter musste ihren Liebhaber noch <strong>im</strong><br />

St<strong>und</strong>enhotel treffen; die vier Partnerinnen ihres Liebhabers sprechen sich <strong>im</strong>mer wieder<br />

gemeinsam aus.)<br />

So wird ihre Strategie zur Bewältigung ihrer Kindheitserfahrungen, nämlich Bindungen zu<br />

misstrauen <strong>und</strong> gleichzeitig Liebesbeziehungen hoch zu bewerten, durch die <strong>gesellschaftlichen</strong><br />

Rahmenbedingungen verstärkt oder erst möglich gemacht.<br />

3.1.4 Junges Erwachsenenalter: auf dem Weg zur Selbstfindung<br />

Mit 27 verliebt Susanne Ebenholz sich in einen "ruhigen, verlässlichen" Mann, einen Akademiker,<br />

der, politisch motiviert, als Facharbeiter arbeitet <strong>und</strong> ein führender Theoretiker in einer linken<br />

Splitterpartei ist. Sie zieht mit ihm 1975 in eine westdeutsche Großstadt; sie hat Lust auf Neues.<br />

Ihre sozialen Kontakte findet sie über ihre Mitarbeit in der Partei, der auch ihr Partner angehört.<br />

Trotzdem bewahrt sie sich ihre politische Eigenständigkeit <strong>und</strong> verhält sich häufiger gegen die<br />

Richtlinien der Partei. Dabei schützt sie sich mit Hilfe listiger Manöver gegen Parteikritik. In<br />

ihrem neuen Wohnort fühlt sie sich nicht wohl.<br />

Also es lief alles so w<strong>und</strong>erbar glatt (vor dem Umzug in Berlin, J.S.), ja Ich hatte 'nen<br />

großen Fre<strong>und</strong>eskreis oder Fre<strong>und</strong>innenkreis ... ich wollte hier einfach mal raus, wollte<br />

mal was anderes eh erleben. ... (die westdeutsche Stadt war, J.S.) ein verschlafenes Nest.<br />

Eine riesen Industriestadt, des schon, auch mit 'ner entsprechenden Arbeitertradition<br />

sozialdemokratisch überwiegend. Aber los war da nun wirklich //hm// überhaupt nix. (I:<br />

10/28)<br />

Auch hier wird wieder sichtbar, wie eng Susanne Ebenholz ihr Lebensgefühl mit ihrer politischen<br />

Umgebung verknüpft. Ihren neuen Arbeitsplatz erlebt sie, die bisher nur Erfahrungen mit dem zu<br />

dieser Zeit antiautoritären Arbeitskl<strong>im</strong>a an ihrem früheren Arbeitsplatz gemacht hat, als einen<br />

Schock:<br />

... die Hierarchie, die hat mich fast - also hat mich auch verrückt gemacht. Also man<br />

musste die Leute mit'm Titel anreden <strong>und</strong> wenn 'ne Kolleginnengruppe war von vier<br />

technischen Assistentinnen, war eine die Leitende <strong>und</strong> eine die stellvertretende Leitende<br />

<strong>und</strong> die nächst Dienstälteste wurde dann eingesetzt, wenn die beiden in Urlaub oder krank<br />

waren, das war wirklich hier neh Und kam mir montags <strong>im</strong>mer wirklich vor, wenn ich da<br />

zur Zeit gegangen bin, als ginge ich in den Knast <strong>und</strong> freitags, ah, Freigang ja (I: 11/14)<br />

Von ihrem überarbeiteten <strong>und</strong> verschlossenen Fre<strong>und</strong> fühlt sie sich <strong>im</strong> Stich gelassen. Er sei zwar<br />

äußerlich für sie da gewesen.<br />

Aber er war innerlich nicht da. (4) Also er war nicht erreichbar. Konnt man nix machen.<br />

(I: 42/16)<br />

-48-

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