AWMF onlin e Rotatorenmanschettenruptur - Imb-fachverband.de

AWMF onlin e
Arbeitsgemeinschaft de r
Wissenschaftliche n
Medizinische n
Fachgesellschafte n
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädisch e
Chirurgie (DGOOC)
und des Berufsverbandes der Ärzte für Orthopädie (BVO )
AWMF-Leitlinien-Register Nr. 033/041 Entwicklungsstufe : 1
Synonym e
Rotatorenmanschettenruptur
Rotatorenmanschetteninsuffizienz, Cuff tear ,
Schlüsselwörte r
Definition
Schultergelenk, Rotatorenmanschette, Instabilität, Arthrose ,
Rotatorenmanschettenrekonstruktion, Muskelschwenklappenplasti k
Die Rotatorenmanschettenruptur ist die teilweise oder vollständige Kontinuitätstrennun g
einer oder mehrerer Sehnen der Rotatorenmanschette .
Ätiologie, Pathogenese, Pathophysiologi e
Ätiologie
Die Ruptur der Rotatorenmanschette erfolgt, wenn durch indirekte, selten durch direkt e
Gewalteinwirkung bzw . durch eine plötzliche körpereigene Kraftanstrengung, di e
mechanische Belastbarkeit des Sehnengewebes überschritten wird . Häufig ist di e
mechanische Belastbarkeit der Rotatorenmanschette auf dem Boden rezdivierender
Mikrotraumata, degenerativer, oder anlagebedingter Veränderungen oder durch Therapi e
Nebenwirkungen(z .B. medikamentös toxische Nebenwirkungen) vermindert, wodurch ein e
Ruptur begünstigt wird und ggf. bei einem Bagatelltrauma eintreten kann . In ähnliche r
Weise kann die Belastbarkeit der Rotatorenmanschette durch stoffwechsel- un d
anlagebedingte, oder alternungsassozierte Veränderungen der extrazelluläre n
Kollagenmatrix veringert sein .
Pathogenese
Unfallbedingte Rupturen der Rotatorenmanschette können durch folgend e
Bewegungsabläufe entstehen :

o Intraartikuläres Abscheren des Sehnenansatzes (maximale Abduktions -
Außenrotationsbewegung und mechanischer Kontakt zwischen Pfannenrand un d
Sehnenansatz, s . g. inneres Impingement, Schulter(sub)luxation )
o Passive Humeruskopftraktion, z .B. nach kaudal, beim Versuch einen schwere n
fallenden Gegenstand aufzufangen .
o Exzentrische Belastung angespannter Teile der RM, z.B. bei passiv forcierte r
Außen- oder Innenrotation
Rezidivierende Mikrotraumata können durch eine subakromiale Enge (Akromionsporn, AC-
Gelenksarthrose) oder bei regelmäßiger langdauernder Überkopfarbeit zu einer
mechanischen Schwächung der Rotatorenmanschette führen . Erleiden die Patienten be i
solcher Vorschädigung ein akutes Unfallereignis, das den vorliegenden Defekt vergrößert
kann das klinische Bild der Rotatorenmanschettenruptur manifest werden .
Eine verminderte Perfusion im intraartikulären Ansatzbereich betrifft insbesondere die
Supraspinatussehne und führt als intrinsische Veränderung zu einer zunehmende n
Sehnendegeneration mit Reduktion der Belastbarkeit .
Klassifikatio n
Sektoreneinteilung zur Lokalisation der Läsion nach Habermeye r
Zone A : ventrale Abschnitte mit Subscapularissehne, Rotatorenintervall und lange r
Bizepssehn e
Zone B:kranialer Abschnitt im Bereich der Supraspinatussehn e
Zone C:dorsale Läsionen im Bereich der Mm . infraspinatus und teres mino r
Die Verlängerungslinie der Spina skapulae trennt Zone B von Zone C
Tab.2 Einteilung der Partialruptur nach Ellma n
Grad I
Grad II
Grad III
Medizinische Schlüsselsystem e
ICD 1 0
Durchmesser

M
75 .1
Läsion der Rotatorenmanschette
S 46 .0 Verletzung einer Sehne der Rotatorenmanschett e
S 46.7 Verletzung mehrerer Muskeln und Sehnen in Höhe der Schulter und des
Oberarme s
S 43 .0
Luxation des Schultergelenke s
S 43 .4 Verstauchung und Zerrung des Schultergelenkes
Lig. Korakohumerale, Rotatorenmanschette
Anamnese
Spezielle Anamnese
Unfallanamnese
direkte, indirekte Gewalteinwirkung, hörbares Rißgeräusch ,
primäre Pseudoparalyse, Instabilitätsgefühl, sichtbarer Blutergu ß
Schmerze n
Lokalisation, Ausstrahlung, schmerzhafte Bewegungseinschränkung ,
Nachtschmerz
Funktionseinschränkun g
Beweglichkeit, Funktionsgriffe
Allgemeinerkrankungen und Risikofaktoren
Diagnosti k
Skelett- oder Bindegewebs-Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen ,
sportliche oder berufliche Belastung (Überkopfbelastung), Cortison- Infiltratione n
im Subacromialrau m
Klinische Diagnostik
Inspektion :
Beurteilung der Schulter durch Inspektion (Muskelatrophie, äußere Verletzungszeichen )
und Palpation (tastbare Krepitation, Schnappen der rupturierten Sehne, Tub . majus un d
minus
Beurteilung von Bewegungsschmerz, aktivem und passivem Bewegungsumfan g
(Bewegungseinschränkung (adhäsive Kapsulitis), vermehrtes Bewegungsausmaß de r
Außenrotation (Subscapularis-Ruptur), Drop arm sign )
Beurteilung der spezifische Funktionstests (z .B. Jobe-Test,Patte-Test, Palm-up Test ,
O`Brian Test, lag signs (, ARO-lag sign, Lift off Test), Impingement-Zeichen (Neer, Matsen ,
Hawkins))
Beurteilung von Durchblutung ,Motorik und Sensibilitä t
Apparative Diagnostik

Notwendige apparative Untersuchunge n
o Rö Schulter in 2 Ebenen (a . p., axial )
Im Einzelfall nützliche Apparative Untersuchun g
Röntgen Schulter in weiteren Einstellungen (outlet-view )
o Sonographi e
o NMR, Arthro NM R
o CT, Doppelkontrast-C T
o Röntgen benachbarter Gelenke (z .B. HWS )
o Klinisch chemisches Labor
Differentialdiagnose n
• Impingement Syndrom (Mechanisches Outlet, Sekundäres oder funktionelle s
Impingement)
• Frozen shoulde r
• Vertebragene, vasculäre, neurovasculäre Schulterschmerze n
• Neuralgische Schulteramyotrophi e
Klinische Scores
Therapie
Constant Score
Allgemeine s
Ziele
Wiederherstellung einer kraftvollen schmerzarmen Schulterfunktio n
Therapie Prinzi p
Die Präsenz einer Rotatorenmanschettenruptur allein stellt per se noch keine Indikatio n
zur operativen Intervention dar . Die Operationsindikation resultiert aus dem Versagen de r
konservativen Therapie unter Beachtung der degenerativen Vorschäden oder aber aus de r
akute Unfallsituation beim Jüngeren mit klinisch relevanten Funktionsstörungen .
Konservative Therapie
Medikamentös :
o
o
o
NSA R
Analgetika
Muskelrelaxantie n
Physikalische Therapie :
Physiotherapie zeitlich gestaffelt, Kraft und Koordinationstraining : passive
Bewegungsübungen, aktive Muskelkräftigung (Gleichgewicht zwischen Kopfdepressoren ,
Scapulastabilisatoren und M . deltoideus), Stufenweise und spezifisch e
Belastungssteigerung

Ergotherapie und medizinische Trainingstherapi e
Operative Therapie
Allgemeine Indikationskriterien
Alter, Allgemeinzustand, Begleiterkrankunge n
Ausmaß des Vorschaden, Defektgröße, eingetretene Muskeldegeneratio n
Funktionelle Ansprüche, Compliance (Nachbehandlung anspruchsvoll )
Kontraindikation :
Fortgeschrittene Omarthrose, Defektarthropathie, obere Armplexusläsionen, Gelenkinfekt
Ziele :
Spannungsfreie Reinsertion der Rotatorenmanschette am Oberarmkopf und Sicherun g
durch Naht .
Häufige Operationsverfahren :
o
o
o
Bei Partialrupturen oder kleinen kompletten Rupturen arthroskopische oder offene
Naht (z.B. Mini-open-Repair)
Bei größeren Rupturen offene Naht mit oder ohne Acromioplastik, transossär ode r
mit Fadenanker n
Bei nicht anatomisch rekonstruierbarer Rotatorenmanschettenruptur
Partialrekonstruktionen oder Muskelschwenklappenplastiken .
Mögliche Komplikatione n
Allgemeine Risiken und Komplikationen
Hämatom, Wundheilungsstörung, Wundinfekt, Gefäß- Nervenverletzungen (N .
suprascapularis und N . axillaris )
Spezielle Folgen
Bewegungseinschränkung, Kraftminderung ,
Komplikatione n
Re-Ruptur, Nahtdehiszenz, Nahtinsuffizienz des M . deltoideus
Postoperative Maßnahme n
o Postoperative Rö-Kontrolle , Lage der Nahtanker, Acromioplasti k
o Langwierige individuelle postoperative Physiotherapie, Mobilisierung ,
Belastungsaufba u
Stufenschema therapeutisches Vorgehe n
Orientierungskriterien :
o Schmerz, Funktionseinschränkung, Anspruchshaltung, traumatische Ruptur ,
Therapieresistenz bei kons . Behandlun g
Stufe 1 ambulant

Prognose
Konservativer Therapieversuch 3 -6 Monate ,
Stufe 2 ambulant /stationär
Rotatorenmanschetten Naht, Muskelschwenklappenplasti k
Eine wissenschaftlich begründete Prognose kann im Einzelfall nicht gegeben werden. De r
Heilungsverlauf ist durch zahlreiche einzelne Faktoren geprägt. Dem Erfolg der konservativen
Behandlung sind deutliche Grenzen gesetzt, die Wahrscheinlichkeit einer persistierend e
Muskelschwäche ist relativ hoch .( Boker, 1993) . Die unbehandelte RM-Ruptur kann zu
persistierender Schwäche bishin zur Defektarthropathie führen . Die alleinige Acromioplastik un d
das Sehnendebridement sind in Ihren Ergebnissen denen der Sehnenaht deutlich unterlegen un d
sollten daher bei nachgewiesener Ruptur nur in begründeten Fällen erfolgen .
Literatur :
• Habermeyer,P., Lehmann,L. : Rotatorenmanschette, Rotatorenintervall und Lange Bicepssehne, in : Habermeyer (hrsg .) :
Schulterchirurgie 3 .Auflag e
• Urban und Fischer Verlag
München-Wien-Baltimore 200 1
• Habermeyer,P., Lehmann,L., Lichtenberg,S .
Rotatorenmanschettenruptur- Diagnostik und Therapi e
Der Orthopäde (2000) 29 :196-20 8
• DJ Bokor, RJ Hawkins, GH Huckell, RL Angelo, MS Schickendantz .
Results of nonoperative management of full-thickness tears of the rotator cuff.
Clin Orthop 1993(294) :103-10 .
• JF Löhr, HK Uhthoff.
The microvascular pattern of the supraspinatus tendon .
Clin Orthop 1990(254):35-8.
• Löw M ., Habermeyer P ., Wiedemann E., Rickert M ., Gohlke F.
Empfehlungen zu Diagnostik und Begutachtung der traumatischen Rotatorenmanschettenläsio n
• Der Unfallchirurg (2000) 103 : 417-42 6
Verfahren zur Konsensbildung :
Expertengruppe der Dt. Ges. f. Orthopädie und orthopädische Chirurgie und des
Berufsverbandes der Ärzte für Orthopädi e
Autor :
H.P. Scharf
Koautore n
L .J. Lehmann, P. Schräde r
Erstellungsdatum :
Dezember 2003
Letzte Überarbeitung :
Nächste Überprüfung geplant :

Die vorliegende Leitlinie wird spätestens innerhalb von 3 Jahren überarbeitet, bei relevante n
Änderungen des Wissensstandes auch früher .
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Stand der letzten Aktualisierung: Dezember 2003
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