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103 Jahre Gartenstadt Frohnau 1910 - 2013 · www.frohnau-berlin.de<br />
Fortsetzung von Seite 3<br />
schon äußerlich erkennbar: Die vier goldenen Zifferblätter<br />
der Turmuhr, die in der Vergangenheit offensichtlich immer<br />
vorbildlicher Pflege unterstanden, verblassen zusehends und<br />
werden demnächst wohl das umgebende Fassadengrau annehmen,<br />
also nicht mehr richtig zu sehen sein. Hier handelt<br />
es sich um einen sinnbildlichen Vorgang. Von Grund auf<br />
Skeptiker, gehe ich davon aus, dass dieser Verfall nicht aufgehalten<br />
wird, was mich traurig stimmt, weil dieser Turm in<br />
meinem Verständnis wie nichts Anderes symbolhaft für die<br />
Gartenstadt Frohnau steht. Trutzig-stark wie eine mittelalterliche<br />
Burg, hatte der Kasinoturm in meinen Augen immer<br />
etwas Hollywoodartig-kulissenhaftes, ließ sich aber dennoch<br />
nahtlos und stilvoll in Fotomotive der Anlagen des Ludolfingerplatzes<br />
mit seinem weiß wie rot blühenden Kastanienkranz<br />
einbetten. In seinem historisierenden Stil die noch<br />
junge Vergangenheit des Ortsteils gewissermaßen „verlängernd“,<br />
ist dieser Turm Synonym für die Gartenstadt. Natürlich<br />
musste er daher zwangsläufig auch den (politisch-gesellschaftlichen)<br />
Mittelpunkt meines Frohnau-Romans bilden.<br />
Auf gut Deutsch: Ich kann mir Frohnau ohne diesen<br />
Turm nicht vorstellen.<br />
Aber wir werden uns wohl daran gewöhnen müssen, denn:<br />
Woher soll denn die Rettung kommen Von den Bürgern -<br />
wo sich keine hundert Frohnauer zu interessieren scheinen,<br />
wenn ein öffentliches Podium zum Thema einlädt Von den<br />
Politikern Die machen jetzt Wahlkampf, d.h., sie versprechen<br />
dem Bürger mal wieder alles und werden anschließend<br />
nichts davon halten. Derweil geben sie das Geld des Bürgers<br />
mit vollen Händen aus – hier mal eine halbe Milliarde<br />
für eine Drohne, die nicht fliegen darf, dort mal 5 bis 10<br />
Milliarden für einen Bahnhof, damit man 20 Minuten schneller<br />
von Stuttgart nach München kommt. Und jeden Monat<br />
zahlen wir 20 Mio. für einen geschlossenen, aber beleuchteten<br />
Weltstadt-Flughafen. Für einen popeligen Kasinoturm<br />
bleibt da natürlich kein Geld mehr übrig. Aber vielleicht kann<br />
ja der Denkmalschutz den Turm retten. Ja, theoretisch<br />
vielleicht. Denkmalschutz ist eine feine Sache, wenn Geld<br />
da ist (siehe Weltstadt-Flughafen). Und der Wille, der muss<br />
natürlich auch vorhanden sein. Gesetzlich und politisch. In<br />
Deutschland gibt es Vorschriften, die hören sich an wie ein<br />
romantisches Gedicht: „Eigentum verpflichtet“, beispielsweise.<br />
Ja, Wille braucht man und Geld. Doch ein Denkmalschutz,<br />
der nicht einmal hässliche Mobilfunkantennen von<br />
der Turmfassade abwehrt, der wartet mit der „Rettung“<br />
mindestens, bis die Fassadensteine herunterpoltern. Man<br />
braucht auch einen Eigentümer, der die romantischen Gesetze<br />
kennt und sich ihnen verpflichtet fühlt. In unserem Falle<br />
handelt es sich um eine irische „Investorengruppe“. Und mit<br />
„Investorengruppen“ verhält es sich nach meiner Erfahrung<br />
so ähnlich wie mit Politikern: Gehen Sie bitte immer von dem<br />
genauen Gegenteil aus! Wenn also einer behauptet, er „investiere“,<br />
er bringe etwas (wo möglich Geld) ein, möchte er<br />
in Wirklichkeit vor allem solches herausziehen. Für sieben<br />
Millionen, habe ich gehört, können die Frohnauer ihren Kasinoturm<br />
kaufen. Und weil sie das nicht können oder wollen,<br />
verkommt der Turm eben weiter.<br />
Kommt die Rettung vielleicht von einer privaten Initiative<br />
Da muss man nachsichtig sein. Privatleute, Künstler zumal,<br />
sind meistens keine Fachleute. Sie sind (Gott sei Dank!) keine<br />
Politiker und ganz gewiss keine „Investoren“. Insofern<br />
dürfen wir Frohnauer Marion Karliczek und Günter Vieth al-<br />
lein schon dafür dankbar sein, mit ihren Vorschlägen öffentlich<br />
auf das Problem Kasinoturm aufmerksam gemacht zu<br />
haben. Aber die kursierenden Zahlen für Sanierung und<br />
Unterhaltung des Gebäudes halte ich für ebenso unrealistisch<br />
wie das Nutzungskonzept. Wie, bitte schön, sollte Frohnau<br />
ein weiteres „Kulturzentrum“ betreiben können, wo man<br />
schon – mutmaßlich mit Ach und Krach – das eine halten<br />
muss...<br />
Also verbleibe ich mit herzlichen Grüßen und skeptischem<br />
Blick aus Hamburg<br />
Ihr Michael Hertel<br />
Sonntag, 15. September, 17 Uhr, Dorfkirche<br />
Alt-Reinickendorf, Duo Scaramuccio:<br />
Die Kunst des Küssens<br />
Lieder, Arien, Gitarrenstücke zu zarten Themen und damit<br />
verbundenen Widrigkeiten aus 4 Jahrhunderten von<br />
Dowland, Morley, Vivaldi, Granados, Villa-Lobos u.a.<br />
Künstler: Sylvia Tazberik (Sopran), Michael Kornmacher (Gitarre).<br />
Eintritt: 9,50 Euro/erm. 8 Euro, Informationen und<br />
Reservierungen: Dagmar Röpke-Gerhard, Tel. 43 66 27 07<br />
E-Mail: info@kulturfrosch.de www.kulturfrosch.de<br />
Die „Fidelen Rentner“<br />
Und wieder haben die „Fidelen Rentner“ ein neues Programm<br />
parat. Diesmal mit neuer Spielstätte.<br />
Wo In der Johanneskirche am Zeltinger Platz.<br />
Wann Am 5. Oktober 2013 um 18.00 Uhr.<br />
Was Humor und gute Laune, Scherze, Gedichte<br />
von Otto Reutter, Claire Waldoff u.a.m.<br />
Wie bekommt man Karten Unter Tel. 030/401 52 66<br />
Welchen Preis zahle ich dafür Lächerliche 10,- Euro<br />
4 FROHNAU Shopping & Service · Nr. 152 · September 2013