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Jean Gebser: Vom spielenden Gelingen - projektart-berne.de

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RUNDBRIEF FPV 75 / Johanni 2008<br />

6<br />

<strong>Vom</strong><br />

<strong>spielen<strong>de</strong>n</strong><br />

<strong>Gelingen</strong> <strong>Jean</strong> <strong>Gebser</strong><br />

Es war im letzten Herbst und in Sens.<br />

Sens liegt im Nie<strong>de</strong>rburgund, gute hun<strong>de</strong>rt<br />

Kilometer südöstlich von Paris. Es<br />

ist eine kleine Stadt mit einer berühmten<br />

Kathedrale, welche einen <strong>de</strong>r reichsten<br />

Domschätze Frankreichs birgt. In jenem<br />

Domschatz habe ich etwas gesehen, das<br />

mich sehr beeindruckt hat. Es waren zwei<br />

Tapisserien. Sie waren zwar nicht ein<br />

Viertel so gross wie jene <strong>de</strong>r «Dame à la<br />

Licorne» im Musée Cluny von Paris; auch<br />

sujetmässig waren sie von geringerer<br />

Be<strong>de</strong>utung als jene; aber die Ausführung<br />

war unvergleichlich viel schöner, duftiger<br />

und nuancierter. Doch dies wäre wohl<br />

kaum ausreichend Anlass dafür gewesen,<br />

dass sie mich so nachhaltig beeindruckt<br />

haben, wie es <strong>de</strong>r Fall gewesen ist. Es<br />

waren ihre Bordüren. Auf <strong>de</strong>ren grünem<br />

Grund waren in gol<strong>de</strong>ner Schrift ein oftmals<br />

wie<strong>de</strong>rholtes Monogramm «CB» und<br />

eine kurze, zwischen <strong>de</strong>n Monogrammen<br />

eingefügte Devise eingewoben. Der<br />

Wächter, <strong>de</strong>n ich um Auskunft bat, sagte<br />

mir, dass es sich um die allseits anerkannt<br />

schönsten Tapisserien Frankreichs<br />

handle. Sie waren im fünfzehnten Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

<strong>de</strong>m damaligen Erzbischof von<br />

Lyon, Charles <strong>de</strong>r Bourbon, geschenkt<br />

wor<strong>de</strong>n. Die eingewobene Devise war<br />

die Devise jenes Kirchenfürsten. Sie war<br />

es, die mich beeindruckt hat, wobei die<br />

knappe, altfranzösische Fassung ihre<br />

Aussagekraft noch steigerte. Dort stand<br />

sie in einer bandförmigen Zeile und in<br />

klarer Schrift: «N’espoir ne peur» – also:<br />

«We<strong>de</strong>r Hoffnung, noch Furcht (beziehungsweise<br />

Angst)».<br />

Zwar weiss ich nicht, was Sie dazu sagen<br />

o<strong>de</strong>r wie Sie sie fin<strong>de</strong>n mögen. Aber ich<br />

weiss, dass die souveräne Gleichartigkeit<br />

und die herzensstarke Demut, die aus<br />

ihr sprechen, – dass diese Haltung und<br />

dieses Gehaltensein eine <strong>de</strong>r Voraussetzungen<br />

für das spielen<strong>de</strong> <strong>Gelingen</strong> sind.<br />

Damit ist bereits gesagt, dass es mit <strong>de</strong>m<br />

Spielerischen nichts zu tun hat, es sei<br />

<strong>de</strong>nn, man betrachte das Spielerische<br />

berechtigterweise als <strong>de</strong>ssen negativen<br />

Pol. Davon wird nachher noch zu sprechen<br />

sein.<br />

Manche mögen meinen, es sei belanglos,<br />

ja sogar unnötig, dass das, was sie zu tun<br />

haben, ihnen spielend gelänge, <strong>de</strong>nn es<br />

genüge vollauf, dass sie erreichten, was<br />

zu erreichen sie sich vornahmen. Ich<br />

bin an<strong>de</strong>rer Ansicht. Um sie an einem<br />

extremen Beispiel zu erläutern: Blosse<br />

zielstrebige Absicht kann gewiss ein<br />

Ziel erlangen, kann es erzwingen. Aber<br />

nichts, das wir erzwangen, hat Bestand.<br />

Das Mass an Zwang, das wir aufwandten,<br />

fällt eines Tages auf uns selber zurück<br />

und vernichtet das Erreichte. Denn je<strong>de</strong>r<br />

Zwang stört die Ordnung <strong>de</strong>r Dinge, die<br />

uns umgeben, stört die Beziehungen,<br />

die uns mit ihnen und <strong>de</strong>n Mitmenschen<br />

verbin<strong>de</strong>n. Die unerlässlichen Stützen<br />

<strong>de</strong>s erzwungenen <strong>Gelingen</strong>s sind Rücksichtslosigkeit<br />

und Ichverhärtung, die bis<br />

zur Ichübersteigerung ausarten kann. Das<br />

spielen<strong>de</strong> <strong>Gelingen</strong> dagegen erwächst<br />

aus Rücksichtnahme und Ichüberwindung.<br />

Das Erzwingen vergisst infolge<br />

seines blin<strong>de</strong>n Eifers nach vorwärts all<br />

<strong>de</strong>ssen, was es unaufgearbeitet in <strong>de</strong>r<br />

Vergangenheit hinter sich liegen lässt;<br />

aber gera<strong>de</strong> dies, was unbeachtet im<br />

Rücken liegt und sich <strong>de</strong>r Sicht entzieht<br />

(sich aber <strong>de</strong>r Umsicht nicht zu entziehen<br />

brauchte), wird die <strong>de</strong>rart Erfolgreichen<br />

in <strong>de</strong>m Augenblick von rückwärts überfallen,<br />

da sie ihr Ziel erreichen und somit<br />

kein Vorwärts mehr haben: dann holt<br />

sie im erzwungen Gelungenen gewissermassen<br />

die eigene Negativität ein, so<br />

dass ihr stürmischer Erfolg o<strong>de</strong>r Sieg als<br />

Davonlaufen sichtbar wird.<br />

An diesem Beispiel wird übrigens auch<br />

<strong>de</strong>utlich, inwienah die Devise «N’espoir<br />

ne peur» (im heutigen Französisch wür<strong>de</strong><br />

sie unkonzentrierter «Ni espoir, ni<br />

peur» lauten) etwas mit <strong>de</strong>m <strong>spielen<strong>de</strong>n</strong><br />

<strong>Gelingen</strong> zu tun hat. Sehen wir ganz<br />

davon ab, dass sie eine menschliche<br />

Grun<strong>de</strong>instellung zum Ausdruck bringt,<br />

die fundamental christlich und zugleich<br />

in Asien beheimatet ist (dieser doppelte<br />

Gültigkeitsbereich war es auch, <strong>de</strong>r<br />

mich, als ich sie las, so nachhaltig beeindruckte),<br />

so bleibt ein Wesensmerkmal<br />

bestehen: «Keine Hoffnung», das besagt:<br />

kein vorgesetztes, vorgenommenes<br />

Ziel – weil <strong>de</strong>r Betreffen<strong>de</strong> das Ziel im<br />

eigensten Wesen, also zutiefst in sich<br />

selber weiss und trägt: «Keine Angst», das<br />

heisst Vertrauen, also Angstlosigkeit, die<br />

nur <strong>de</strong>m eignet, <strong>de</strong>r in Übereinstimmung,<br />

im Eingeordneten, im Einklang mit <strong>de</strong>n<br />

tieferen Zusammenhängen lebt, so dass<br />

er irgen<strong>de</strong>inem erhofften Ziele gar nicht<br />

nachzulaufen braucht, so dass er nicht<br />

erzwingen muss, was substanzmässig in<br />

ihm selber ist: die erwachte Teilhabe an<br />

<strong>de</strong>m, was mehr ist als sein blosses Ich.<br />

Doch dieses Eingeordnetsein nicht etwa<br />

zu erlangen, son<strong>de</strong>rn zu verwirklichen,<br />

da es ja eine Grundgegebenheit und kein<br />

äusserlich zu erreichen<strong>de</strong>s Ziel ist, bedarf<br />

vieler Mühe. Dies scheint ein Wi<strong>de</strong>rspruch,<br />

<strong>de</strong>nn ein Merkmal <strong>de</strong>s <strong>spielen<strong>de</strong>n</strong><br />

<strong>Gelingen</strong>s ist Mühelosigkeit. Aber diese<br />

Mühelosigkeit gewinnt man nur durch<br />

sehr viel Mühe und Arbeit. Denken Sie<br />

an die Läufe in <strong>de</strong>n Klavierkonzerten Mozarts.<br />

Es erfor<strong>de</strong>rt unablässlich üben<strong>de</strong>r<br />

Mühe, damit sich die Läufe aus blossen<br />

Tonleitern in perlen<strong>de</strong>, schwingen<strong>de</strong> Melodie<br />

verwan<strong>de</strong>ln, bis sie also wahrhaft<br />

spielend gelingen.<br />

Sie wer<strong>de</strong>n sagen, das seien alles Überlegungen,<br />

die möglicherweise einer<br />

freundlichen Erwägung wert wären; die<br />

aber, um wirksam wer<strong>de</strong>n zu können, ins<br />

Leben zurückübersetzt wer<strong>de</strong>n müssten.<br />

Und Sie haben, wenn Sie so urteilen, lei<strong>de</strong>r<br />

recht. Die meisten von uns, die wir<br />

schreiben, zapfen <strong>de</strong>r Wirklichkeit eigensprössige<br />

Quintessenzen ab und bieten<br />

sie <strong>de</strong>m Leser in dieser kon<strong>de</strong>nsierten<br />

Form an, ohne die erfahrungsmässigen,<br />

ja alltäglichen und konkreten Ausgangspunkte<br />

zu erwähnen. Der Weg hin, zu<br />

<strong>de</strong>r Quintessenz, ist leicht. Schwer ist<br />

es, von ihr auf das alltägliche Gebaren<br />

und Erfahren zurückzuschliessen. Die<br />

allgemeine Intellektualisierung hat diese


RUNDBRIEF FPV 75 / Johanni 2008 7<br />

Form <strong>de</strong>r abstrakten Mitteilung, wie sie<br />

heute gang und gäbe ist, erleichtert, hat<br />

sie in <strong>de</strong>n Stand einer anzustreben<strong>de</strong>n<br />

und erreichbaren Objektivierung erhoben:<br />

eine weitgehend falsche Einstellung<br />

gelehrtenhafter Art, sich über die<br />

Grundgegebenheiten <strong>de</strong>s alltäglichen<br />

Lebens zu stellen, in <strong>de</strong>ren Meisterung<br />

die Bewährung <strong>de</strong>s einzelnen liegt.<br />

Wir kommen <strong>de</strong>m Konkreten bereits<br />

näher, wenn wir sagen: Verzicht auf Hoffnung<br />

ist gleichbe<strong>de</strong>utend mit <strong>de</strong>r Akzentuierung<br />

<strong>de</strong>s Lebens, wie es von Stun<strong>de</strong> zu<br />

Stun<strong>de</strong> ist. Verzicht auf Hoffnung ist also<br />

volle Annahme <strong>de</strong>s Alltags. Was in ihm<br />

verbesserungswert ist, das kann sich nur<br />

über die saubere Erfüllung, über die geglückte<br />

Meisterung <strong>de</strong>r sogenannt kleinen<br />

Aufgaben <strong>de</strong>s Alltags vollziehen. Von dort<br />

wirkt es aus <strong>de</strong>m Kleinsten ins sogenannt<br />

Grosse weiter. Die Voraussetzung dafür<br />

ist freilich, dass nicht nur das Alltägliche<br />

gemeistert wer<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn auch, wovon<br />

nie gesprochen wird, das Allnächtliche.<br />

Der falsch gelebte Tag bringt die falsch<br />

gelebte Nacht. Was uns nicht spielend,<br />

son<strong>de</strong>rn auf die falsche Weise gelang,<br />

macht uns krank. Der fieberhaften Zielverfolgung,<br />

an welcher <strong>de</strong>r Tag krankt,<br />

folgt die Schlaflosigkeit <strong>de</strong>r kranken<br />

Nacht. Und die kranke Nacht bringt <strong>de</strong>n<br />

schlechten Tag. Solche Nächte sind ein<br />

Teil <strong>de</strong>r ruhelosen Dunkelheit im Rücken<br />

jener, die blind und rücksichtslos auf ein<br />

Ziel hin vorwärtseilen. Sie hetzen durchs<br />

Leben, ameisenmässig betriebsam o<strong>de</strong>r<br />

kalt <strong>de</strong>n eigenen Vorteil wahrend, durch<br />

welchen sie ihren Wünschen, Hoffnungen<br />

o<strong>de</strong>r Zielen näherkommen wollen. Dass<br />

hinter diesem Gebaren die Angst lauert,<br />

die <strong>de</strong>m Mangel an innerstem Vertrauen<br />

entspringt, wissen sie nicht; genausowenig<br />

wissen ja diejenigen, die allnächtlich<br />

<strong>de</strong>n Schlaf nicht fin<strong>de</strong>n können, dass<br />

ihre Schlaflosigkeit angstgeboren ist: sie<br />

ist wie Sucht nach Erfolg, To<strong>de</strong>sangst.<br />

Schlaflosigkeit, die dann <strong>de</strong>n Schlaf zu<br />

erzwingen sucht, ist Mangel an Vertrauen<br />

darauf, dass, schloss man erst einmal die<br />

Augen, man morgens nicht wie<strong>de</strong>r erwachen<br />

könnte. Und Erfolgssucht ist gleichermassen<br />

Flucht vor <strong>de</strong>m To<strong>de</strong>, wobei<br />

man hofft, <strong>de</strong>n Tod mit <strong>de</strong>m erzwungenen<br />

Resultat übertölpeln zu können.<br />

Wenn hier von <strong>de</strong>r Notwendigkeit<br />

gesprochen wird, dass uns spielend<br />

gelingen sollte, was wir selbst im Alltäglichsten<br />

zu tun haben, so geschieht es,<br />

weil dieser Hinweis zweckfrei ist, uns<br />

aber an alle die Verschüttungen erinnern<br />

kann, von <strong>de</strong>nen unser innerstes Wesen<br />

überlagert wor<strong>de</strong>n ist, seit<strong>de</strong>m wir zwar<br />

die Ichfindung geleistet haben, aber die<br />

Ichfreiheit, nämlich die Selbstbefreiung<br />

aus <strong>de</strong>m Ich, nicht zu vollziehen vermochten.<br />

Und wenn hier von <strong>de</strong>r hin<strong>de</strong>rlichen<br />

Sucht gesprochen wird, so geschieht es,<br />

um darauf hinzuweisen, dass es nicht so<br />

sehr auf das Suchen ankomme, son<strong>de</strong>rn<br />

auf das spielen<strong>de</strong> <strong>Gelingen</strong>, das Fin<strong>de</strong>n.<br />

Je<strong>de</strong> Sucht sucht. Die Zeiten <strong>de</strong>r Troubadours,<br />

das heisst (wörtlich übersetzt)<br />

die Zeiten <strong>de</strong>r «Fin<strong>de</strong>r», scheinen vorüber<br />

zu sein.<br />

In diesem Zusammenhang ist noch ein<br />

weiterer Hinweis nötig. Er betrifft die<br />

spielerische Form <strong>de</strong>r Lebensmeisterung.<br />

Sie hat Gemeinsamkeiten mit <strong>de</strong>r<br />

erzwingen<strong>de</strong>n Form, die statt Einfühlung<br />

die aggressive Frontalhaltung zur<br />

Welt bevorzugt und damit die Welt<br />

ausschliesslich als Gegenüber nimmt,<br />

obwohl die wirkliche Welt eine Welt<br />

ohne Gegenüber ist.<br />

Die spielerische Form und ihre zerstören<strong>de</strong><br />

Wirkung lässt sich am Hasar<strong>de</strong>ur<br />

und am Don Juan am <strong>de</strong>utlichsten aufweisen.<br />

Der Hasar<strong>de</strong>ur will «spielend»<br />

gewinnen, das aber heisst für ihn: müheund<br />

verantwortungslos ans Ziel gelangen.<br />

Er ist <strong>de</strong>m Spiel verfallen, ist süchtig und<br />

angstgetrieben, hofft auf die grosse Chance,<br />

die das Schicksal ihm zuspielen soll: Er<br />

betrügt sich, da er vom Schicksal erwartet,<br />

was zu leisten er selber nicht fähig ist.<br />

Auch im Don Juan ist es die Sucht, die<br />

ihn treibt, und es ist seine Unfähigkeit zu<br />

lieben. Die sinnlos gehäuften flüchtigen<br />

Begegnungen dienen ja nur dazu, die<br />

Liebeswirklichkeit zu verneinen. Hinter<br />

<strong>de</strong>r Tatsache, dass ihm die Verführung<br />

immer wie<strong>de</strong>r, gleichsam «spielend»<br />

gelingt, verbirgt sich angstgeborene<br />

Selbstzerstörung. Die Folgen <strong>de</strong>s erzwungenen<br />

<strong>Gelingen</strong>s, die bereits erwähnt<br />

wur<strong>de</strong>n, wer<strong>de</strong>n hier über<strong>de</strong>utlich: Die<br />

Handlungen nehmen zwanghaften Wie<strong>de</strong>rholungscharakter<br />

an, wer<strong>de</strong>n damit<br />

sinnlos und en<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Zerstörung.<br />

Bei<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Hasar<strong>de</strong>ur und Don Juan, sind<br />

die Negation <strong>de</strong>s <strong>spielen<strong>de</strong>n</strong> <strong>Gelingen</strong>s:<br />

Sie betrügen sich um die Arbeit an sich<br />

selber, sind die verführten Verführer, sie<br />

sind we<strong>de</strong>r im Einklang mit sich selber<br />

noch mit <strong>de</strong>r Welt. Aber nur <strong>de</strong>mjenigen,<br />

<strong>de</strong>r durch hartnäckige Arbeit dahin reift,<br />

dass er im Einklang steht mit <strong>de</strong>m, was er<br />

tut, <strong>de</strong>r also nichts vergewaltigt noch erzwingt,<br />

<strong>de</strong>r sich von <strong>de</strong>m verfälschen<strong>de</strong>n<br />

Verstricktsein im eigenen Ich befreite,<br />

<strong>de</strong>m fallen die Dinge und Geschehnisse<br />

zu, weil er von ihnen we<strong>de</strong>r getrennt<br />

noch mit ihnen verschmolzen ist; <strong>de</strong>nn<br />

er hat die Ich-Welt-Spannung aufgehoben<br />

und überwun<strong>de</strong>n, er hat <strong>de</strong>n Subjekt-<br />

Objekt-Gegensatz, das Gegenübersein,<br />

in das Miteinan<strong>de</strong>r verwan<strong>de</strong>lt. Gut ist,<br />

wenn einem dies schon im Leben spielend<br />

gelingt, wenn es nicht erst vom To<strong>de</strong><br />

erzwungen wer<strong>de</strong>n muss.<br />

Abdruck aus:<br />

<strong>Jean</strong> <strong>Gebser</strong>, Gesamtausgabe Band VI<br />

Novalis Verlag, Schaffhausen 1977<br />

mit freundlicher Genehmigung <strong>de</strong>s Verlages.<br />

Immer muss man zueinan<strong>de</strong>r reifen,<br />

alle schnellen Dinge sind Verrat,<br />

Nur wer warten kann, wird es begreifen:<br />

Nur <strong>de</strong>m Warten<strong>de</strong>n erblüht die Saat.<br />

Warten, das ist: Säen und dann Pflegen,<br />

ist gestaltend in <strong>de</strong>n Worten warten,<br />

han<strong>de</strong>lnd still sein und umhegen,<br />

erst <strong>de</strong>n Keim und dann <strong>de</strong>n Garten.<br />

<strong>Jean</strong> <strong>Gebser</strong>

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