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Zerstörte Bilder oder Bilder der Zerstörung ... - Sylvia Ballhause

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angelegte Bildinformation verschwindet, weil <strong>der</strong> Bildträger mutwillig<br />

<strong>o<strong>der</strong></strong> unabsichtlich zerstört wird. Der Vorgang des Löschens beinhaltet<br />

dagegen eher die Entfernung einer Information, ohne die <strong>Zerstörung</strong> des<br />

materiellen Objektes – also nur die Entfernung einer geistigen Idee, einer<br />

Erinnerung <strong>o<strong>der</strong></strong> eines mathematischen Codes. Es wird ein temporärer<br />

Zustand, welcher in Dauer überführt werden könnte, beendet und somit<br />

eine Grenze zwischen Flüchtigkeit und Dauer, zwischen Vergessen und<br />

Erinnern gezogen.<br />

In den letzten zwei Jahrhun<strong>der</strong>ten wurden technische Speicher<br />

erfunden, die bestimmte Aspekte des Realen –wie Bild, Ton <strong>o<strong>der</strong></strong> Bewegungen<br />

– permanent aufzeichnen. Es wurden aber auch temporäre Speichermedien<br />

entwickelt. »Jedes unlöschbare technologische Medium<br />

scheint ein löschbares Double zu besitzen.«, stellt Jens Schröter in seinen<br />

»Notizen zu einer Geschichte des Löschens« 67 fest. So führt er als Beispiele<br />

temporärer Träger die Wachstafel, Kreide- <strong>o<strong>der</strong></strong> Schiefertafel <strong>o<strong>der</strong></strong><br />

für Löschwerkzeuge den Lappen, Radiergummi, Tinten-Killer <strong>o<strong>der</strong></strong> das<br />

Tipp-Ex an. In genannten Medien ist das Löschen vorprogrammiert und<br />

Bestandteil des Prozesses. Der Mediator ist auf den Verlust <strong>der</strong> Daten<br />

vorbereitet, nimmt diese in Kauf bzw. entscheidet, ob und wann sie gelöscht<br />

werden. Das Löschen ist intendiert.<br />

Der Verlust permanent gespeicherter Daten wird dagegen als<br />

schmerzlich und bedauernswert empfunden. Es entsteht eine Lücke in<br />

<strong>der</strong> Gedächtnisfunktion des Archivs. Durch technische Fehler, menschliches<br />

Versagen <strong>o<strong>der</strong></strong> unglückliche Umwelteinfl üsse wird die Repräsentation<br />

<strong>der</strong> Welt gestört. Der Speicher erfüllt seine Funktion (die Wie<strong>der</strong>gabe<br />

gespeicherter Informationen) nicht mehr, versagt seinen Dienst und<br />

wird unverwendbar. Statt dessen beginnt er zu stören und sich selbst in<br />

den Vor<strong>der</strong>grund zu drängen: Die Kratzer auf einer Schallplatt e werden<br />

zu einem hörbaren Knistern <strong>o<strong>der</strong></strong> erlauben nur das Abspielen partieller,<br />

sich immer wie<strong>der</strong>holen<strong>der</strong> Töne. Der Sprung in <strong>der</strong> Platt e stellt zum<br />

einen eine reale Beschädigung des Trägermaterials dar und zum an<strong>der</strong>en<br />

eine sinnlich-wahrnehmbare Störung.<br />

67 Jens Schröter: Notizen zu einer Geschichte des Löschens, URL: htt p://www.theorie<strong>der</strong>-medien.de<br />

(Abruf am 16. Oktober 2010).<br />

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