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„Der Mensch muss sich am Arbeitsplatz wohlfühlen!“<br />
Dieter Boch, Geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Arbeitsforschung<br />
und Organisationsberatung (iafob), über kreative Arbeitsbedingungen, den<br />
schlechten Ruf von Großraumbüros und die Grenzen von Individualität.<br />
Die Planungen für die neue Zentrale von Vodafone Deutschland in Düsseldorf<br />
schreiten weiter voran. Mitte März verabschiedete die Bezirksvertretung mehrheitlich<br />
die Bauvoranfrage des Unternehmens. Damit steht der Erschließung des ehemaligen<br />
Gatzweiler-Geländes, wo der Vodafone Campus bis 2012 entstehen soll, nichts mehr<br />
im Wege. Die Zentrale in der Landeshauptstadt soll künftig rund 5.000 Mitarbeiter<br />
beherbergen, die in mehreren Bürotrakten und einem 19-stöckigen Hochhaus eine<br />
neue Heimat finden sollen. Die Details zu den Raumkonzepten und<br />
Büroausstattungen werden in den kommenden Monaten unter Einbeziehung der<br />
Mitarbeiter und in enger Abstimmung mit den Arbeitnehmervertretern erarbeitet.<br />
Update sprach mit Dieter Boch, Geschäftsführender Gesellschafter des iafob, über<br />
moderne Arbeitswelten.<br />
update: Herr Boch, was muss ein Unternehmen bei der Gestaltung eines neuen<br />
Bürogebäudes beachten<br />
Boch: Die Planung einer Zentrale ist vergleichbar mit der Erarbeitung einer<br />
Strategie. Ich brauche eine Vision, ein konkretes Ziel, das ich mit dem neuen<br />
Gebäude verfolge. Dann schaue ich mir sehr genau meine Büroprozesse an, die<br />
durch das Arbeitsumfeld unterstützt werden sollen und plane anschließend den<br />
Neubau von innen nach außen. Dabei gilt die Maxime: Funktion kommt vor Fläche.<br />
update: Was meinen Sie damit<br />
Boch: Der Wirtschaftsstandort Deutschland lebt von Innovationen, die von exzellent<br />
ausgebildeten Menschen immer wieder aufs Neue hervorgebracht werden. Dies ist in<br />
einer globalisierten Welt, die durch hohen Wettbewerbs- und Kostendruck geprägt<br />
ist, unser Schatz. Um diesen zu erhalten, müssen Firmen natürlich ein Arbeitsumfeld<br />
schaffen, das die Kreativität ihrer Mitarbeiter fördert.<br />
update: Welche Facetten sind hierfür ausschlaggebend<br />
Boch: Sie müssen bei der Gestaltung der Phantasie, der Variabilität, der Vielfalt den<br />
Vorrang vor der Standardisierung geben. Es gibt Studien, die belegen, dass<br />
heutzutage 80 Prozent der Ideen innerhalb einer Firma in Gruppen entstehen. Diese<br />
Teams brauchen Räume, um sich auszutauschen, sich zu befruchten - und zwar zu<br />
jeder Zeit. Wenn ich erst einmal fünf Tage auf einen Besprechungsraum warten<br />
muss, bleibt die Kreativität auf der Strecke. Kommunikationsflächen sind daher heute<br />
ein entscheidender Faktor.<br />
update: Das Schlagwort „Kommunikation“ führen häufig Verfechter von<br />
Großraumbüros ins Feld.<br />
Boch: Die Vorstellungen, die Mitarbeiter mit so genannten Open-Space-Konzepten<br />
verbinden, sind meist sehr negativ, obwohl sie für die wichtigen informellen<br />
Gespräche geradezu prädestiniert sind. Allerdings haben die heutigen Arbeitswelten<br />
mit den Anfängen der Großraumbüros nichts mehr gemein. Ein modernes
Bürogebäude ist heute so flexibel gestaltet, dass Sie dort konzentriert arbeiten,<br />
Räume zum Austausch nutzen und sich natürlich auch erholen können.<br />
update: Können Sie trotz dieser Entwicklung nachvollziehen, dass Menschen die<br />
Ungestörtheit von Einzel- oder Doppelbüros weiterhin zu schätzen wissen<br />
Boch: Die größte Sorge der Mitarbeiter ist doch meist, ein Stück Privatheit aufgeben<br />
zu müssen. Diese gilt es natürlich auch bei einem Open-Space-Prinzip zu schützen.<br />
Unternehmen sollten daher im Gebäude Ruhezonen schaffen, in die sich die<br />
Beschäftigten zurückziehen können, um sich zu entspannen und für sich zu sein.<br />
Darüber hinaus spielt die Akustik eine entscheidende Rolle. Die Räume und Möbel<br />
sollten die Sprachunverständlichkeit fördern, das heißt, den Lärm dahin streuen, wo<br />
er nicht stört. Ein Arbeitplatz muss dem Menschen immer erlauben, sich wohl zu<br />
fühlen.<br />
update: Jeder Mitarbeiter definiert für sich diesen Wohlfühlfaktor vermutlich sehr<br />
unterschiedlich.<br />
Boch: Ganz ohne Zweifel. Dennoch kann ein Unternehmen das Wohlbefinden seiner<br />
Beschäftigten positiv beeinflussen, in dem es bei der Planung eines Neubaus nicht<br />
den Fehler begeht, wirklich jedes kleinste Detail festlegen zu wollen. Untersuchungen<br />
zeigen, dass Mitarbeiter, die Faktoren wie Licht, Klima, den Standort ihres<br />
Schreibtisches oder die Arbeitszeit individuell steuern können, sich an ihrem<br />
Arbeitsplatz auch wohl fühlen.<br />
update: Wieweit darf diese Individualität gehen<br />
Boch: Das Unternehmen setzt die Vision, das Ziel, das mit dem neuen Gebäude<br />
verfolgt wird. Das Leitbild, das die Kultur und die Werte der Firma beinhaltet, muss<br />
sich gerade in einer Zentrale widerspiegeln. Sie ist die Visitenkarte des<br />
Unternehmens, sie stiftet Identität und fördert im besten Fall Begeisterung. Diese<br />
Rahmenbedingungen sind aus meiner Sicht nicht verhandelbar. Dennoch bleibt<br />
genügend Spielraum, um die Mitarbeiter bei der Planung ihres neuen Zuhauses<br />
einzubinden.<br />
update: Haben Sie das Wort „Zuhause“ bewusst gewählt<br />
Boch: Dieses Gefühl möchte ich doch als Firma ein stückweit bei meinen<br />
Beschäftigten hervorrufen. Hierzu gehört sicherlich auch Serviceleistungen<br />
anzubieten, die es mir als Mitarbeiter erlauben, mein Privat- und Berufsleben besser<br />
miteinander zu koordinieren - sei es nun durch integrierte Einkaufsmöglichkeiten und<br />
Sportangebote, den Kindergarten um die Ecke oder den Wellnessbereich auf der<br />
Dachterrasse. Ein Ort zum Wohlfühlen eben. MR<br />
Kasten:<br />
Zur Person<br />
Dieter Boch führt seit gut einem Jahr als Geschäftsführender Gesellschafter das<br />
Institut für Arbeitsforschung und Organisationsberatung (iafob), für das er seit 2004<br />
bereits als freier Berater tätig war. Zu den Kunden des iafob zählen Der<br />
Diplom-Psychologe arbeitete zuvor über 30 Jahre für Siemens und verantwortete
dort unter anderem das Job Design Management – ein Bereich der motivierende<br />
Arbeitsbedingungen schaffen soll. Boch veröffentlichte in den letzten Jahren eine<br />
Vielzahl von Publikationen, die sich mit der Gestaltung von Arbeitswelten<br />
beschäftigten.