Bezirksregierung Düsseldorf - Unternehmerverbandsgruppe eV
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<strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />
Die Initiative zur Stärkung der<br />
Ausbildungsreife und Berufswahlorientierung<br />
Duisburger Hauptschüler/innen<br />
Hintergrund und Ausrichtung<br />
Erfahrungen und Konsequenzen<br />
Reader zur Abschlussveranstaltung<br />
am 31.05.2007<br />
Europäischer<br />
Sozialfonds
Inhaltsverzeichnis<br />
Die Initiative zur Stärkung der Ausbildungsreife und<br />
Berufswahlorientierung Duisburger Hauptschüler/innen<br />
Seite<br />
Werner Fuchs Vorwort 1<br />
1. Kapitel – zur Einführung in die Problemlage<br />
Günter Rehn Zur Situation von Hauptschüler/inne/n<br />
beim Übergang Schule – Berufsausbildung 3<br />
Hans-J. Rulhoff Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005 / 2006 14<br />
2. Kapitel - der Dokumentationsteil zum Projekt<br />
Profile der vier beteiligten Schulen und Umsetzung der Initiative<br />
Die Heinrich-Böll-Schule in Duisburg-Meiderich/Beeck 22<br />
Die Schule Beim Knevelshof im Duisburger Süden 25<br />
Die Emil-Rentmeister-Schule in Duisburg-Hochfeld 27<br />
Die Schule Wiesbadener Straße Duisburg-Neumühl/Obermeiderich 31<br />
(Berufswahlorientierung an der Wiesbadener Str.) 35<br />
Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen 37<br />
Erfahrungsberichte von Lehrer/innen 48<br />
Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />
Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen<br />
des Projekts sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit 56<br />
(Befragung der Ausbildungsbetriebe) 58<br />
(Eine vorläufige Ausbildungsplatzbilanz) 60<br />
Am Projekt beteiligte Unternehmen bilanzieren<br />
Helga Kleinkorres ABBEO im Kontext des Projektes 65<br />
Rüdiger Bongers Die Beteiligung des Psychologischen Dienstes<br />
der Agentur für Arbeit Duisburg 75<br />
Michael Vogel Die Aktivitäten von HKM mit der Partnerschule<br />
„Beim Knevelshof“ 81<br />
Volker Grotensohn Ausbildung von Jugendlichen mit<br />
Hauptschulabschluss bei TKS 82<br />
Elisabeth Schulte Bewerber-Chancen aus Unternehmer-Sicht und<br />
Konsequenzen 87<br />
3. Kapitel – mögliche Konsequenzen<br />
Wolfgang Reuter Einschätzung der Situation und mögliche<br />
schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen 90<br />
Anhang<br />
Autorinnen und Autoren 96<br />
Projektbeteiligte 97
Werner Fuchs: Vorwort<br />
Die Initiative zur Stärkung der Ausbildungs- und Berufswahlfähigkeit, die in dieser<br />
Broschüre vorgestellt wird, geht auf einen Vorschlag von Herrn Regierungspräsidenten<br />
Büssow aus dem Jahr 2005 zurück.<br />
Herr Büssow hatte anlässlich zweier Besuche in Duisburg dort erneut hautnah von<br />
den Sorgen der Hauptschülerinnen und Schüler und ihrer Schulen um deren Ausbildungschancen<br />
erfahren. Zugleich konnte er aber auch die Potenziale erleben, die in<br />
diesen jungen Menschen stecken.<br />
Beeindruckt von der Arbeit der Schulen in sozialen Brennpunkten sagte Jürgen<br />
Büssow: „Leitmotiv unserer Bildungsanstrengungen muss sein: Niemand darf zurückgelassen<br />
werden! “<br />
„Meine ganz große Sorge gilt der hohen Zahl von Jugendlichen, die gleich nach dem<br />
Schulabschluss erfahren muss, dass der Arbeitsmarkt keinen Platz für sie hat. Hier<br />
sind Wirtschaft und Verwaltung, aber auch das berufsbildende Schulsystem in der<br />
Pflicht.<br />
Vor allem müssen die Jugendlichen in den Schulen und in Betrieben früh und möglichst<br />
authentisch erfahren, wo sie stehen und was die Ausbildungsbetriebe von ihnen<br />
erwarten. Nur dann kann Schule ihnen durch Förderung weiterhelfen und erreichen,<br />
dass sie sich motiviert auf die Berufswahl vorbereiten“, sagte der Regierungspräsident.<br />
Zweiter wesentlicher Bestandteil der Initiative ist es, auf die Duisburger Ausbildungsbetriebe<br />
und – institutionen zuzugehen, die z.T. deutliche Kritik am ihrer Meinung<br />
nach unzureichenden Bildungsstand der Hauptschulabgänger übten.<br />
Auf Grund dessen hatte Büssow angeregt, in einer konzertierten Aktion aller Beteiligten<br />
ein Förderprojekt zur Stärkung der Ausbildungs- und Berufschancen der Duisburger<br />
Hauptschulabsolventen zu entwickeln.<br />
Das im folgenden vorgestellte Projekt basiert auf der Grundidee, betriebliche Eingangstests<br />
als „Lernstandserhebungen“ bereits in den achten Klassen von Hauptschulen<br />
einzusetzen, um Schülern und Schule die Förderbedarfe deutlich zu machen<br />
und einen Motivationszuwachs für die Schüler zu erzielen. Im Anschluss an die Testung<br />
wurden individuelle schulische Förderprogramme und Praktikumsangebote entwickelt.<br />
1
Werner Fuchs: Vorwort<br />
In konstruktiver Zusammenarbeit von vier Duisburger Hauptschulen, dem Schulamt<br />
für die Stadt Duisburg, der UnternehmerverbandsGruppe, der UnternehmerHaus AG<br />
und dem Projekt ABBEO, der Agentur für Arbeit Duisburg, der Industrie- und Handelskammer<br />
Duisburg, Vertretern der Ausbildungsbetriebe ThyssenKruppSteel und<br />
Hüttenwerke Krupp-Mannesmann GmbH und der <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Düsseldorf</strong> ist<br />
diese koordinierte Initiative entstanden:<br />
207 Schülerinnen und Schüler der achten Jahrgänge des Schuljahres 2004/2005 der<br />
Heinrich – Böll Schule, der Emil – Rentmeister – Schule, der Hauptschule Wiesbadener<br />
Straße und der Hauptschule Beim Knevelshof haben für zwei Schuljahre eine<br />
besondere Förderung erhalten.<br />
Dazu gehörten im Einzelnen:<br />
- eine ausführliche berufsbezogene Diagnose der persönlichen Stärken und<br />
Schwächen durch die Arbeitsagentur Duisburg,<br />
- die Erstellung eines individuellen Förderplans durch die beteiligten Schulen,<br />
- die fachspezifische Förderung in Deutsch, Englisch und Mathematik sowie in<br />
Allgemeinbildung,<br />
- der Abschluss eines individuellen Praktikumskontrakts zwischen Schüler/in<br />
und Schule,<br />
- die Evaluation der Praktikumsplätze durch die Schulen und die systematische<br />
Auswertung der Praktikumserfahrungen der Arbeitgeber,<br />
- Bereitstellung zusätzlicher Betriebspraktika durch engagierte Unternehmen vor<br />
Ort,<br />
- die Betreuung der Schüler/innen durch besonders qualifizierte Experten der<br />
Betriebe und<br />
- die Förderung von Schlüsselqualifikationen durch gezielte Maßnahmen, beispielsweise<br />
durch die Teilnahme an einem mehrtägigen Lebensfindungs- und<br />
Berufswahlorientierungsseminar.<br />
Auf Initiative der <strong>Bezirksregierung</strong> erhielt jede teilnehmende Schule befristet eine zusätzliche<br />
Lehrerstelle, um die Fördermaßnahmen durchführen zu können. Ebenso<br />
erhielten die Schulen Fortbildungsunterstützung zur Erarbeitung der Förderpläne und<br />
der Ausbildungskontrakte.<br />
Im folgenden Reader erhalten Projektbeteiligte, vor allem Schülerinnen und Schüler,<br />
ihre Lehrer/innen, Unternehmen und alle anderen beteiligten Partner Gelegenheit,<br />
ihre Anteile in und Erfahrungen aus dem Projekt darzustellen und zu bewerten.<br />
2
Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />
beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />
Bildung, Ausbildung und gesellschaftliche Teilhabe<br />
Muss man eigentlich begründen, wieso es Projekte gibt, die sich der Förderung der<br />
Berufswahlorientierung und Förderung der Ausbildungsreife von Hauptschüler/inne/n<br />
widmen? Nein.<br />
Die zentrale Bedeutung von schulischer und beruflicher Bildung für gesellschaftliche<br />
Chancen, soziale und ökonomische Teilhabe ist unbestreitbar. Eine demokratische<br />
Gesellschaft, die sich nicht oder unzureichend der Aufgabe stellt, der nachwachsenden<br />
Generation diese Bildung in qualitativ und quantitativ ausreichender Form zur<br />
Verfügung zu stellen, versagt mithin in diesem wichtigen Bereich der Sozialisation.<br />
Ungeachtet der Diskussion dessen, was „die Wirtschaft“ von den Schulabgängern<br />
erwartet 1 ist es hierbei zunächst nicht wichtig, ob die seit Jahren in Deutschland jährlich<br />
etwa mehrere zehntausend junge Menschen umfassende Gruppe tatsächlich<br />
oder nur gefühlt nicht ausbildungsreif ist. Entscheidend ist, dass eben diese jungen<br />
Menschen sich oft vergeblich um eine berufliche Ausbildung bemühen, viele sich resigniert<br />
erst gar nicht bewerben. Ihre Chancen auf ökonomische und gesellschaftliche<br />
Teilhabe sinken damit beträchtlich, ihr Armutsrisiko steigt, für viele zeichnen sich<br />
in dieser für ihre Biographie wichtigen Orientierungsphase damit schon früh später<br />
drohende Arbeitslosigkeit und Hartz IV-Karrieren ab.<br />
Der Blick, der sich hier zunächst auf die Situation in ganz Deutschland richtet, wird<br />
später zunehmend auf die Situation in NRW, dem Ruhrgebiet und natürlich vor allem<br />
in Duisburg gerichtet werden.<br />
1 dargestellt z.B. im Faltblatt der IHK NRW o.J. (2002): Was erwartet die Wirtschaft von den Schulabgängern?<br />
Textfassung z.B. dokumentiert auf http://www.ihkkoeln.de/Navigation/AusUndWeiterbildung/Berufsbildungspolitik/Anlagen/BroschuereWirtschaft.PDF);<br />
siehe hierzu auch den Beitrag von Volker Grotensohn, S. 82 ff.<br />
3
Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />
beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />
Die Chancen jugendlicher Schulabsolventen auf dem bundesweiten Ausbildungsmarkt<br />
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung fasst in diesem Zusammenhang<br />
die Lage in Deutschland im „IAB-Kurzbericht Nr. 2/2007“ wie folgt zusammen 2 :<br />
„Das formale Bildungsniveau der Schulabgänger hat sich in Deutschland seit Beginn<br />
der 90er Jahre nicht wesentlich verändert. Allerdings steigt der Anteil von Altbewerbern<br />
bei den Bewerbern um eine betriebliche Ausbildungsstelle seit Jahren – bedingt<br />
durch die angespannte Ausbildungslage in Folge demographischer Veränderungen<br />
einerseits und konjunktureller sowie struktureller Entwicklungen<br />
andererseits. Dieser Anstieg zeigt die wachsenden Probleme auch ausbildungsreifer<br />
Jugendlicher – insbesondere mit schwächeren Schulabschlüssen – beim Übergang<br />
in betriebliche Ausbildung.<br />
Die Zugangsprobleme leistungsschwächerer Jugendlicher zu einer beruflichen<br />
Ausbildung werden dadurch verstärkt, dass auch bei den Maßnahmen der Berufsvorbereitung<br />
sowie bei der Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen<br />
eine zunehmende Konzentration auf relativ besser qualifizierte Jugendliche zu<br />
beobachten ist. (...) Bedingt durch die angespannte Arbeitsmarktlage ist seit<br />
Ende der 90er Jahre die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen mit beruflichem<br />
Abschluss deutlich gestiegen, während die Zahl arbeitsloser Jugendlicher ohne<br />
berufliche Ausbildung auf einem hohen absoluten Niveau verharrte. Mit der<br />
Einführung des SGB II sind 2005 verstärkt Jugendliche mit niedrigen bzw. ohne allgemeinbildende<br />
oder berufliche Abschlüsse neu als Arbeitslose erfasst worden, aber<br />
auch die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen mit beruflichem Abschluss ist weiterhin<br />
leicht gestiegen. (...)<br />
Hervorzuheben ist ferner, dass bereits ab 2000 der Einsatz von Maßnahmen der<br />
beruflichen Weiterbildung – zugunsten kürzerer Trainingsmaßnahmen – in einem<br />
Ausmaß zurückgefahren wurde, das nicht allein mit der Veränderung der Qualifikationsstruktur<br />
der jugendlichen Arbeitslosen begründet werden kann. Arbeitslose<br />
Jugendliche mit unzureichender bzw. ohne berufliche Ausbildung<br />
erhalten zwar immer seltener die zweite Chance auf Zugang zu einer beruflichen<br />
Ausbildung. Es ist jedoch noch offen, ob nicht mit kurzfristigen Maßnahmen<br />
die gleiche nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt erreicht werden kann.“<br />
Es lässt sich weiterhin feststellen, dass bundesweit die Lücke zwischen noch<br />
nicht vermittelten Bewerbern und der Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze<br />
zu Lasten der Bewerber seit 2002 ständig größer geworden ist. Hierbei hat kontinuierlich<br />
die Zahl der sogenannten „Altbewerber“ zugenommen, während die<br />
Zahl der Lehreinmünder seit 2001 auf unter 50 Prozent gesunken ist. 2006 waren<br />
es nur noch 47,8 Prozent.<br />
2 Auszüge aus dem Fazit S.6ff; Quelle: http://doku.iab.de/kurzber/2007/kb0207.pdf; Hervorhebungen<br />
durch Rehn<br />
4
Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />
beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />
Die drei folgenden Grafiken des Bundesinstituts für Berufsbildung BIBB mögen dies<br />
verdeutlichen: 3<br />
3 im Rahmen eines ausführlichen Berichts „Zwiespältige Vermittlungsbilanz der Bundesagentur für<br />
Arbeit - Einerseits mehr Ausbildungsanfänger, andererseits mehr erfolglose Lehrstellenbewerber als<br />
im Vorjahr“ (http://www.bibb.de/de/27399.htm) finden Sie diese Grafiken unter:<br />
http://www.bibb.de/de/27403.htm, http://www.bibb.de/de/27427.htm, http://www.bibb.de/de/27433.htm<br />
5
Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />
beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />
6
Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />
beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />
Die Situation in NRW<br />
Im „Bildungsreport NRW 2006“ des LDS (Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik<br />
NRW) kommt Wolfgang Seifert im Band 32 der Reihe „Statistische Analysen<br />
und Studien Nordrhein-Westfalen“ zu ähnlich nachdenklich machenden Ergebnissen<br />
für das Land Nordrhein-Westfalen. 4<br />
Der enge Zusammenhang zwischen schulischer und beruflicher Ausbildung zeigt<br />
sich z.B. negativ darin, dass 95,7 Prozent der jungen Erwachsenen ohne allgemein<br />
bildenden Abschluss auch keinen beruflichen Ausbildungsabschluss erreichen.<br />
Wer keinen Schulabschluss hat, bei dem ist demnach die Wahrscheinlichkeit etwa<br />
drei mal größer, dass er/sie auch keinen beruflichen Abschluss erwerben wird, als<br />
bei jemand mit Hauptschulabschluss. Bei Personen mit (F)HR bleiben nur 8,7 Prozent<br />
ohne Berufsausbildung. 5 Dieses Ticket wird von denjenigen mit Hauptschulabschluss<br />
schon deutlich weniger gelöst, vor allem bei jungen Frauen trifft dies zu.<br />
4 Dr. Wolfgang Seifert: Arbeitsmarktintegration von jungen Erwachsenen. in: Landesamt für Datenverarbeitung<br />
und Statistik, <strong>Düsseldorf</strong> 2006, dort S. 27-35. Der komplette Report kann im Internet als<br />
download bezogen werden (https://webshop.lds.nrw.de/webshop/gratis/Z089%20200656.pdf) und<br />
wird im folgenden zitiert als „LDS 2006“<br />
5 Seifert in: LDS 2006, S. 27; Analyse auf der Basis der Mikrozensus 2004<br />
7
Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />
beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />
Seine „natürliche“ Fortsetzung findet dieser Zustand im (leider fehlenden) Arbeitsmarktzugang.<br />
Auch hier sind Schulabsolventen mit Hauptschulabschluss gegenüber<br />
denen mit höherwertigen Abschlüssen im Nachteil, auch wenn sie natürlich diejenigen<br />
ohne Schulabschluss deutlich hinter sich lassen.<br />
Verschärfung der Jugendarbeitslosigkeit seit 2000<br />
Die Zahlen für arbeitslose Jugendliche (bis 24 Jahre) sind bundesweit spätestens seit<br />
dem Jahr 2000, als Deutschland im Vergleich von 15 EU-Staaten noch eine unterdurchschnittliche<br />
Jugendarbeitslosigkeit aufwies, stark gestiegen und die Jugendarbeitslosigkeit<br />
lag 2005 mit ca. 15 Prozent nur noch etwas unter dem Durchschnitt von<br />
16,5 Prozent der EU 15. 6<br />
Die geschlechtsspezifischen Unterschiede sind hierbei deutlich umso größer, je niedriger<br />
der Schulabschluss, liegt doch schon die Erwerbsquote bei Personen ohne<br />
Schulabschluss (in NRW) bei jungen Frauen mit knapp 42 Prozent deutlich unter derjenigen<br />
von jungen Männern, die bei knapp 65 Prozent liegt.<br />
Die Erwerbslosenquote fällt umso niedriger aus, je höher der Bildungsgrad ist – das<br />
gilt leider natürlich auch umgekehrt: 7<br />
Bildungsarmut und Arbeitsmarktintegration<br />
Als bildungsarm gelten Menschen, die weder einen allgemeinbildenden Schulabschluss<br />
noch einen beruflichen Bildungsabschluss haben sowie Personen mit Hauptschulabschluss,<br />
aber ohne berufliche Ausbildung. Dieses Merkmal trifft tendenziell<br />
etwas eher für Frauen und jüngere Menschen (bis 24 Jahre) zu, vor allem aber auf<br />
Ausländer/innen. 8<br />
6 nach OECD-Zahlen bei: Rothe/Tinter: IAB-Forschungsbericht Nr. 4/2007, S. 8; download:<br />
http://doku.iab.de/forschungsbericht/2007/fb0407.pdf<br />
7 Seifert in: LDS 2006, S. 29<br />
8 Seifert in: LDS 2006, S. 32<br />
8
Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />
beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />
Die Gruppe mit der geringsten Erwerbstätigenquote bei den jungen Erwachsenen ist<br />
eindeutig die junger Ausländerinnen. Sie sind hier nur zu 50,8 Prozent vertreten.<br />
9
Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />
beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />
Diese Erkenntnisse decken sich mit den Befunden des Bundesinstitutes für Berufsbildung<br />
(BIBB) aus dem Jahr 2006. Die Ausbildungsquote von Ausländern bundesweit<br />
hat mit nur noch etwas mehr als einem Viertel im Jahre 2004 ihren Tiefpunkt<br />
erreicht, wie die folgende Grafik zeigt 9 :<br />
Die Ausbildungsquote der jungen ausländischen Männer geht kontinuierlich zurück,<br />
während die Quote der jungen ausländischen Frauen schon seit Jahren bei einem<br />
sehr geringen Wert von etwa einem Viertel verharrt bzw. sogar immer noch leicht<br />
zurückgeht auf 23 Prozent im Jahre 2004 10 :<br />
9 http://www.bibb.de/dokumente/pdf/a1_bwpplus_2006_01.pdf, Seite 4<br />
10 ebd., Seite 4, weitere Zahlen auch in der Expertise des BIBB “Integration und berufliche Bildung”<br />
unter http://www.bibb.de/dokumente/pdf/a24_integration-und-berufliche-ausbildung.pdf, S. 1-5<br />
10
Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />
beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />
Pointiert gefasst, ist die Person, in der sich die Benachteiligung im Hinblick auf berufliche<br />
Ausbildung in Deutschland am Anfang des dritten Jahrtausends am stärksten<br />
manifestiert, die junge Frau/der junge Mann mit Migrationshintergrund, die/der im<br />
großstädtischen Ballungsraum die (Haupt-)Schule mit/ohne Abschluss verlässt und<br />
keine Ausbildungsstelle erhält/antritt.<br />
Dabei sind im Westen Deutschlands die Ruhrgebietsstädte Gelsenkirchen und eben<br />
auch Duisburg die traurigen Spitzenreiter, wenn es um Arbeitslosigkeit, Armuts- und<br />
Bildungsrisiken geht. 11<br />
Kumulierung hemmender Merkmale in Duisburg<br />
In genau dieser räumlichen, sozialen, ökonomischen und (Aus-)Bildungssituation<br />
finden sich die Schüler/innen wieder, für die das Duisburger Projekt „Förderung der<br />
Ausbildungsreife“ initiiert wurde.<br />
Nach der nun folgenden allgemeinen Darstellung der schulischen Situation von<br />
Duisburger Hauptschüler/innen sowie einer Beschreibung des Arbeits- und Ausbildungsmarktes<br />
(Beitrag Rulhoff) in Duisburg folgt in Kapitel 2 die Beschreibung der<br />
vier beteiligten Schulen. Dort wird deutlich, wie prägend das Umfeld der Schulen auf<br />
diese junge Generation einwirkt.<br />
11 Vgl. hierzu auch die Werte des „Sozialindex“ im Regierungsbezirk <strong>Düsseldorf</strong>, Landtagsdrucksache<br />
14/3797 der 14. Wahlperiode NRW vom 14.02.2007<br />
11
Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />
beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />
Allgemeine und spezifische Kennzeichen der Situation von Hauptschüler/innen<br />
in Duisburg<br />
Anteil der Hauptschüler/innen<br />
Insgesamt ist in Duisburg der Anteil der Hauptschüler/innen an allen Schüler/innen<br />
der Sekundarstufe I von 1994/95 bis 2004/2005 von 30 auf 20 Prozent zurückgegangen.<br />
Hiervon haben vor allem Real- und Gesamtschulen profitiert, die jeweils etwa<br />
fünf Prozent hinzugewonnen haben. 12 Dies ist allerdings ein Trend, der zumindest<br />
teilweise für Deutschland insgesamt und NRW gilt.<br />
Anteil ausländischer Schüler/innen<br />
Der Anteil der ausländischen Schülerinnen und Schüler an den Hauptschüler/innen<br />
betrug von 2000 bis 2005 nach dem formalen Kriterium der nicht-deutschen Staatsbürgerschaft<br />
jeweils zwischen 34,2 und 37,2 Prozent. 13 Aus den uns vorliegenden<br />
Namenslisten der am Projekt beteiligten vier Duisburger Hauptschulen lässt sich<br />
nach vorsichtiger Schätzung ein realistischer Anteil von etwa 45 Prozent Jungen und<br />
Mädchen mit Migrationshintergrund sowie etwa 10 Prozent Aussiedler errechnen.<br />
Auch der Duisburger Schulentwicklungsplan betont, dass das formale Kriterium<br />
Staatsbürgerschaft in Zukunft ergänzt werden sollte durch die Betrachtung der Zahl<br />
der Kinder mit Migrationshintergrund, da ansonsten keine zuverlässige Prognose<br />
über sprachliche und soziale Barrieren möglich sei. 14<br />
Duisburg: Schwerpunkt Arbeit/Ausbildung im Sektor Produktion<br />
Wo finde ich in Duisburg eine Ausbildungsstelle und dann Arbeit?<br />
Landesweit ist der Sektor Produktion für nordrhein-westfälische Hauptschulabsolventen<br />
mit 43,3 Prozent der nach wie vor zentrale Einsatzbereich. Auch in der Stadt<br />
Duisburg spielt der produzierende Bereich als potentieller Ausbildungsbereich für<br />
Hauptschüler immer noch eine wichtige Rolle, auch wenn die Zahl der im produzierenden<br />
Gewerbe insgesamt Beschäftigten von 39 Prozent (1998) auf 34 Prozent (inklusive<br />
6 Prozent Bergbau) im Jahr 2004 gesunken ist. 15<br />
So erreicht der Arbeitsagenturbezirk Duisburg mit über 70 Prozent denn auch im<br />
Sektor Industrie und Handel landes- und bundesweit den höchsten Wert (BRD: 58,5<br />
Prozent) bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen (Erhebungen des<br />
BIBB zum 20. September 2006). Es besteht somit die begründete Vermutung, dass<br />
der Anteil der Arbeits- und Ausbildungsplätze in der Produktion hier höher als im landes-<br />
und bundesweiten Durchschnitt ist. Allerdings ist es nicht so, dass bei boomender<br />
Stahlkonjunktur die Bäume in den Himmel wachsen, im Gegenteil: Bei einer Auslastung<br />
von 95 Prozent hat die Stahlindustrie im Jahre 2006 in Deutschland noch<br />
einmal 500 Arbeitsplätze abgebaut 16 , etliche davon in Duisburg.<br />
12 Stadt Duisburg – Dezernat für Familie, Bildung, Kultur: Schulentwicklungsplan Planungszeitraum<br />
2007-11, Entwurfsfassung November 2006 (im folgenden zitiert als SEPL DU 2006), S. 55<br />
13 SEPL DU 2006, S. 58<br />
14 SEPL DU 2006, S. 58<br />
15 SEPL DU 2006, S. 29)<br />
16 Süddeutsche Zeitung vom 17.04.2007, S. 22<br />
12
Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />
beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />
Arbeitslosigkeit in Duisburg<br />
Der Arbeitsagenturbereich Duisburg weist daher auch, bedingt wesentlich durch den<br />
Strukturbruch (früher war Duisburg die „Stadt Montan“), zusammen mit Gelsenkirchen<br />
seit Jahren die höchsten Arbeitslosenzahlen im Ruhrgebiet aus. Im Januar<br />
2007 liegt die Zahl bei 15,2 Prozent (NRW: 11,6 Prozent, BRD: 11,4 Prozent). Hierbei<br />
sind Ausländer/innen mit 26 Prozent (NRW) und jeweils die Frauen unter 25 Jahren<br />
diejenigen, die von Arbeitslosigkeit am stärksten betroffen sind. Bundesweit sind<br />
dies bei den Deutschen 15,6 Prozent bei den Frauen zu 13,6 Prozent bei den Männern<br />
(nach anders berechneten ILO-Zahlen). 17<br />
Die „zweite Schwelle“ – und weitere Stolpersteine<br />
An dieser Stelle sei nur angemerkt, dass Jugendliche / junge Erwachsene nach der<br />
„ersten Schwelle“ zwischen Schule und Ausbildung also auch noch die „zweite<br />
Schwelle“ Eintritt in den Beruf (nach erfolgter Ausbildung) überwinden müssen - nach<br />
der idealtypischen, mittlerweile überholten Vorstellung. Neuerdings spricht man ja<br />
eher von einem von vielen Stolpersteinen für diejenigen, deren Leben nicht der<br />
„Normalbiographie“ entspricht.<br />
Die Überwindung dieser Probleme erweist sich für viele Jugendliche angesichts der<br />
oben skizzierten Arbeitsmarktlage natürlich als zunehmend schwierig. 18 Und hier<br />
steht hinter den Zahlen für das Ruhrgebiet und somit auch Duisburg eine erschreckende<br />
Situation.<br />
Um die Ausbildungssituation bei Beginn des Projektes etwas genauer darzustellen,<br />
folgen hier nun die von der Arbeitsagentur Duisburg ausgewählten wichtigsten Kennziffern<br />
des Duisburger Ausbildungsmarktes der Jahre 2005/2006, die den Beginn des<br />
Projektes markierten.<br />
17 Zahlen hierzu: http://statistik.arbeitsamt.de/statistik/index.php?id=D und<br />
http://www.statistikportal.de/Statistik-Portal/de_zs02_nrw.asp sowie<br />
http://www.destatis.de/indicators/d/arb440ad.htm)<br />
18 Rothe/Tinter: IAB-Forschungsbericht Nr. 4/2007, S. 5 und 18ff<br />
13
Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />
1. Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes Duisburg 1996 - 2006<br />
In den letzten 10 Jahren hat sich der Ausbildungsmarkt in Duisburg ab dem Jahr<br />
2002 für die Bewerber um eine Ausbildungsstelle negativ entwickelt. Während in<br />
den Jahren zuvor die Lücke zwischen angebotenen Ausbildungsstellen und den<br />
Ausbildungsstellensuchenden relativ gleich groß blieb, wurde das Missverhältnis<br />
ab dem Jahr 2002 deutlich größer.<br />
Im September des Jahres 2005 standen 2.708 gemeldeten Ausbildungsstellen<br />
4.872 Bewerber um eine Ausbildungsstelle gegenüber.<br />
Im September des Jahres 2006 waren 2.879 Ausbildungsstellen und 5.299 Bewerber<br />
gemeldet.<br />
5500<br />
5000<br />
4500<br />
4000<br />
3500<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
2005<br />
2006<br />
2708 2879<br />
Ausbildungsstellen Bewerber<br />
Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />
In den Jahren 2005 und 2006 setzte sich der Trend weiter fort. Dem Anstieg<br />
der gemeldeten Ausbildungsstellen um 171 in diesem Zeitraum (von 2.708 im<br />
Jahre 2005 auf 2.879 im Jahre 2006) stand ein Anstieg von 427 Bewerbern<br />
entgegen.<br />
4872<br />
5299<br />
A usbi l dungsst e l l e n Be we r be r<br />
Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />
14
1,3<br />
1,2<br />
1,1<br />
Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />
2. Die Relation der gemeldeten Ausbildungsstellen zu gemeldeten Bewerbern<br />
Die Entwicklung des relativen Ungleichgewichtes auf dem Ausbildungsstellenmarkt<br />
in Duisburg wird besonders deutlich, wenn man sich die Relation der gemeldeten<br />
Ausbildungsstellen zu den gemeldeten Bewerbern ansieht.<br />
Im Jahr 1993 waren pro Bewerber noch 1,06 Ausbildungsstellen gemeldet, so<br />
dass rein rechnerisch ein Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsstellenmarkt<br />
verzeichnet werden konnte. Im Verlaufe der letzten Jahre hat<br />
sich diese Relation deutlich auf 0,56 (2005) bzw. 0,54 (2006) verschlechtert.<br />
1<br />
0,9<br />
0,8<br />
0,7<br />
0,6<br />
0,5<br />
1,06<br />
0,81<br />
0,76<br />
0,69 0,7 0,69 0,73 0,71 0,72 0,71<br />
0,62 0,6 0,56 0,54<br />
1994 1997 2000 2003 2006<br />
Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />
Berufswahl mit<br />
Alternativen<br />
möglich<br />
3. Die Relation der Bewerber zu Ausbildungsstellen nach Berufswunsch<br />
Rechnerischer Aus -<br />
gleich von Ange -<br />
bot und Nachfrage<br />
Betrachtet man die Relation der gemeldeten Ausbildungsstellen im September<br />
2006 zu den gemeldeten Bewerbern in einzelnen Berufsfeldern, so kann man unterschiedlich<br />
stark ausgeprägte Ungleichgewichte erkennen.<br />
Nur in 2 Bereichen (Verkehrsberufe und Elektroberufe) ist die Relation als günstig<br />
zu bezeichnen In diesen Bereichen besteht ein nahezu ausgeglichenes Verhältnis<br />
zwischen Ausbildungsplatzangeboten und Ausbildungssuchenden.<br />
Auch im Bezug auf die Entwicklung der Relationen in den einzelnen Berufsfeldern<br />
können unterschiedliche Tendenzen ausgemacht werden:<br />
Die Relationen in den Bereichen der technischen Berufe, der Ernährungsberufe,<br />
der Verkehrsberufe der Gästebetreuer- und Körperpflegeberufe und der Waren-<br />
und Dienstleistungskaufleute haben sich von 2005 zu 2006 zu Gunsten der Ausbildungsstellensuchenden<br />
verändert. Gleichwohl bleibt der Ausbildungsstellenmarkt<br />
auch in diesen Bereichen angespannt.<br />
15
Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />
In den Bereichen der Bau- und Baunebenberufe, der Gesundheitsberufe, der Metallberufe,<br />
der Elektrikerberufe und der Büroberufe haben sich die Relationen für<br />
die Ausbildungsstellensuchenden verschlechtert. Dies trifft Hauptschulabsolvent/inn/en<br />
besonders stark.<br />
Ausbildungsstellen und Berufswünsche 2006<br />
Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />
Entwicklung des Verhältnisses von Ausbildungsstellen und Berufswünschen<br />
2005 / 2006 (gemeldete Ausbildungsstellen pro Bewerber)<br />
Berufsfelder 2005 2006<br />
Technische Berufe<br />
Ernährungsberufe<br />
Bau- und Baunebenberufe<br />
Gesundheitsberufe<br />
Verkehrsberufe<br />
Gästebetreuer und Körperpfleger<br />
Metallberufe<br />
Elektriker<br />
77<br />
37<br />
Technische Berufe: Gemeldete Bewerber<br />
Ernährungsberufe:<br />
Bau - u. Baunebenberufe:<br />
Gesundheitsberufe:<br />
Verkehrsberufe:<br />
Gästebetreuer u. Körperpfleger:<br />
Metallberufe:<br />
Elektriker:<br />
Waren - u. Dienstl.-kaufleute:<br />
Orga.-, Verw.-, und Büroberufe:<br />
83<br />
122<br />
92<br />
125<br />
233<br />
231<br />
237<br />
264<br />
255<br />
468<br />
555<br />
464<br />
Waren- und Dienstleistungskaufleute<br />
414<br />
Organisations-, Verwaltungs- und Büroberufe<br />
Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />
567<br />
638<br />
768<br />
850<br />
Gemeldete<br />
Ausbildungsstellen:<br />
0 200 400 600 800 1.000 1.200<br />
1.168<br />
0,55 0,48<br />
0,43 0,36<br />
0,39 0,51<br />
0,29 0,22<br />
1,62 1,36<br />
0,43 0,50<br />
0,52 0,54<br />
1,17 0,97<br />
0,51 0,55<br />
0,75 0,67<br />
16
Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />
4. Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge nach Ausbildungsbereichen<br />
Die Anzahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge in Duisburg ist von 3.132<br />
im Jahre 2005 auf 3.230 im Jahre 2006 angestiegen. Diese Steigerung von 3,1 %<br />
liegt knapp unter der Steigerungsrate von 4,0 % auf NRW Ebene.<br />
Diese positive Entwicklung ist in erster Linie auf den Anstieg der Ausbildungsverträge<br />
im Bereich der Industrie und des Handels um 5,8 % zurück zu führen.<br />
(2.139 Ausbildungsverträge in 2005 und 2.264 Ausbildungsverträge in 2006)<br />
Im Bereich der abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Handwerk muss für<br />
Duisburg ein Rückgang um 4,6 % (629 in 2005 zu 597 in 2006) verzeichnet werden.<br />
Hier ist der Trend im Vergleich zu dem um 3 % gestiegenen Wert auf NRW -<br />
Ebene gegenläufig.<br />
+ 5,5 %<br />
2139<br />
Abgeschlossene Ausbildungsverträge nach Ausbildungsbereichen<br />
2264<br />
Industrie,<br />
Handel<br />
- 4,8 %<br />
626<br />
597<br />
Quelle:<br />
30<br />
2005:<br />
3132<br />
Verträge<br />
+ 30,2 %<br />
43<br />
+ 7,3 %<br />
76<br />
82<br />
Handwerk Landwirtschaft Öffentlicher<br />
Dienst<br />
2006:<br />
3230<br />
Verträge<br />
248<br />
LDS-Berufsbildungsstatistik NRW, Az. 313.8321<br />
- 6,4 %<br />
233<br />
13<br />
2005<br />
2006<br />
- 18,2 %<br />
11<br />
Freie Berufe Sonstige<br />
17
Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />
5. Bewerberzahlen nach Schulabschluss<br />
Bei der Betrachtung der Entwicklung der Bewerberzahlen zwischen 2005 und<br />
2006 nach Schulabschlüssen fällt auf, dass aus allen Schulabschlussformen ein<br />
Anstieg der gemeldeten Ausbildungsstellenbewerber zu verzeichnen ist.<br />
Den prozentual höchsten Anstieg stellt man bei Bewerbern mit qualifizierteren<br />
Schulabschlüssen fest. (Hochschulreife = + 9,2 %; Fachhochschulreife = + 25,8<br />
%)<br />
In wie weit die Einführung von Studiengebühren in NRW diesen Trend beschleunigt<br />
hat, kann aus Sicht der Arbeitsverwaltung nicht valide beurteilt werden.<br />
Fachhochschulreife<br />
400<br />
Mittlerer<br />
Bildungsabschluss<br />
2.502 (+ 6,4 %)<br />
Hochschulreife<br />
488<br />
(+ 25,8 %)<br />
+(103)<br />
+(161)<br />
(+ 9,2 %) (+ 1,5 %)<br />
+(45)<br />
Kein Schulabschluss<br />
269<br />
mit<br />
Hauptschulabschluss<br />
1.581 (+ 6,3 %)<br />
+(5)<br />
+(99)<br />
Bewerber 2006<br />
(Steigerung zu 2005)<br />
Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />
18
Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />
6. Berufswünsche der Bewerber<br />
Betrachtet man die Entwicklung des Wunschverhaltens der Bewerber, so sind im<br />
Zeitraum 2005 bis 2006 nur geringe Abweichungen zu verzeichnen.<br />
Augenfällig ist allerdings, dass der Wunsch, eine Ausbildung im Bereich der Verkehrsberufe<br />
anzugehen, in 2006 um 19,5 % größer war als im Jahr davor.<br />
Eine ähnlich hohe Steigerung konnte nur noch im Bereich der Gesundheitsberufe<br />
festgestellt werden (17,3 %).<br />
2005 2006<br />
Gemeldete Bewerber (gesamt) 4.827 5.299<br />
Die Entwicklung in den Berufswünschen im Einzelnen:<br />
Ernährungsberufe:<br />
233 (+12)<br />
Bau - u.<br />
Baunebenberufe:<br />
468 (+45)<br />
Gesundheitsberufe:<br />
555 (+96)<br />
Verkehrsberufe:<br />
92 (+18)<br />
Technische Berufe:<br />
77 (+2)<br />
Gästebetreuer u.<br />
Körperpfleger:<br />
464 (+34)<br />
sonstige<br />
360 (+33)<br />
Metallberufe:<br />
768 (+52)<br />
Elektriker:<br />
264 (+18)<br />
Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />
Organisations-, Verw.-,<br />
und Büroberufe:<br />
850 (+29)<br />
Waren - u.<br />
Dienstleistungskaufleute:<br />
1.168 (+133)<br />
19
Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />
7. Verbleib von Ausbildungsbewerbern mit Hauptschulabschluss<br />
Die Anzahl der Ausbildungsbewerber des Schulentlassjahrganges mit Hauptschulabschluss<br />
hat sich in 2006 im Vergleich zu 2005 um 30 % erhöht.<br />
(2005 = 351; 2006 = 458)<br />
Die Problematik des Ausbildungsstellenmarktes wird hier besonders deutlich. Da<br />
die Bewerber durch eigene Bemühungen keinen Ausbildungsplatz haben finden<br />
können, haben sie in zunehmendem Maße die Angebote der Berufsberatung der<br />
Agentur für Arbeit Duisburg in Anspruch genommen.<br />
Dafür spricht auch die Tatsache, dass sich bei einer Stichtagsbetrachtung zum<br />
30.09.2006 mehr als doppelt so viele Bewerber in berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen<br />
(BVB) befanden als im Jahr davor. (2005 = 41; 2006 = 100)<br />
Auch die Zahl der Bewerber, die über weiteren Schulbesuch ihre Qualifikation und<br />
damit ihre Chancen auf dem Ausbildungsstellenmarkt steigern wollen, ist in 2006<br />
stark angestiegen.<br />
Während in 2005 5,4 % der Bewerber weiter zur Schule gingen, ist dieser Anteil<br />
im Jahr 2006 auf 18,9 % angestiegen (2005 = 19 von 351; 2006 = 87 von 458)<br />
Die Grafiken auf der Folgeseite geben dies wieder.<br />
20
Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />
Unbekannt<br />
38<br />
Arbeit<br />
11<br />
Schulentlassjahr 2005 (351 Ausbildungsbewerber)<br />
Sonstige 74<br />
Unbekannt 33<br />
Arbeit 16<br />
BVB 41<br />
Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen<br />
Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />
Schulentlassjahr 2006 (458 Ausbildungsbewerber)<br />
Sonstige<br />
52<br />
BVB<br />
Berufsvorbereitende<br />
Bildungsmaßnahmen:<br />
100<br />
100<br />
Nicht vermittelte Bewerber am 30.09.<br />
15<br />
Schule 19<br />
Nicht NVB vermittelte Am 30.09. Bewerber am 30.09.<br />
12 12<br />
Schule<br />
87<br />
Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />
Einmündung 153<br />
Einmündung<br />
158<br />
21
Die Profile der vier Schulen: die Heinrich-Böll-Schule<br />
Situation der Schule und des betrieblichen Umfeldes<br />
Heinrich-Böll-Schule<br />
Städt. Gemeinschaftshauptschule<br />
Gartsträucherstr. 54<br />
47137 Duisburg<br />
� 0203 / 44 94 811<br />
Fax: 0203 / 43 57 46<br />
Die Heinrich-Böll-Schule ist eine zwei- bis dreizügige Gemeinschaftshauptschule im<br />
Duisburger Stadtteil Untermeiderich. Im Schuljahr 2006/07 wird sie von ca. 360<br />
Schülern besucht.<br />
Die individuelle Förderung des einzelnen Schülers ist uns besonders wichtig. Außerdem<br />
soll der Schüler die Schule als Lebensraum erfahren, was u.a. durch ein umfangreiches<br />
Ganztagsangebot im Rahmen des Programms „13+ (Schule über Mittag)“<br />
verwirklicht wird.<br />
Die Schule nimmt am Programm „Zusätzliche Sprachförderung 5/6“ teil. Dabei werden<br />
alle Schüler der Klassen 5 und 6 auf Basis eines Eingangstestes verschiedenen<br />
Fördergruppen zugeordnet. Der Förderunterricht beläuft sich je nach Bedarf auf 2 bis<br />
4 Stunden pro Woche.<br />
Außerdem ist in den Jahrgängen 5 und 6 „Lernen lernen“ als eigenständiges Unterrichtsfach<br />
ausgewiesen.<br />
Für Schüler der Jahrgänge 5 bis 7, die vorübergehend nicht am Unterricht teilnehmen<br />
können (z. B. Überforderung, Störung), ist ein durch Pädagogen besetzter Trainingsraum<br />
eingerichtet worden.<br />
Im Jahrgang 8 werden Schüler zu Streitschlichtern ausgebildet und anschließend<br />
auch aktiv eingesetzt.<br />
Die Schüler können sich im Wahlpflichtbereich 9/10 individuelle Schwerpunkte im<br />
Bereich Arbeitslehre oder Naturwissenschaften setzen. Dabei wird in allen Kursen in<br />
Projektform gearbeitet und somit Theorie und Praxis miteinander verbunden.<br />
Im Rahmen des Programms „13 plus (Schule über Mittag)“ bietet die Schule ein umfangreiches<br />
Ganztagsangebot (offene Angebote, Hausaufgabenbetreuung, Bastelgruppen,<br />
Jungen- und Mädchenclubs, sportliche Aktivitäten) an. Dabei gibt es für alle<br />
Altersgruppen spezifische Angebote. Der Ganztagsbetrieb wird täglich (auch freitags)<br />
bis mindestens 16 Uhr angeboten.<br />
22
Die Profile der vier Schulen: die Heinrich-Böll-Schule<br />
Berufswahlorientierung und -vorbereitung sind wichtige Bestandteile des Unterrichts<br />
ab Klasse 8. Dabei übernimmt das Fach „Arbeitslehre – Wirtschaft“ eine zentrale<br />
koordinierende Rolle. Zu den Elementen der Berufswahlorientierung und –<br />
vorbereitung gehören u.a.<br />
- eine Berufsfindungswoche im Jahrgang 8,<br />
- ein dreiwöchiges Betriebspraktikum im Jahrgang 9,<br />
- weitere Betriebspraktika im Jahrgang 10<br />
- die berufsorientierende Ausrichtung von Wahlpflicht-Kursen in den Jahrgängen<br />
9 und 10 (z. B. „Erzieherische und pflegerische Berufe“, „Bürosoftware“).<br />
Hinzu kommen regelmäßige Beratungsgespräche mit der Berufsberatung der Agentur<br />
für Arbeit, BIZ-Besuche und Bewerbungstraining.<br />
Zur Weiterentwicklung und Professionalisierung der Berufswahlorientierung und -<br />
vorbereitung hat sich die Heinrich-Böll-Schule mit dem Jahrgang 8 des Schuljahres<br />
2005/06 (Jahrgang 9 im Schuljahr 2006/07) am landesweiten Pilotprojekt ABBEO<br />
NRW (Ausbildungsreife und Berufswahlorientierung) beteiligt.<br />
Der Jahrgang 9 des Schuljahres 2005/06 (Jahrgang 10 des Schuljahres 2006/07)<br />
erhielt aufgrund des besonderen Engagements des Regierungspräsidenten Jürgen<br />
Büssow für Duisburger Hauptschulen („Initiative der <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Düsseldorf</strong> zur<br />
Stärkung der Ausbildungsreife und Berufswahlorientierung“) eine zusätzliche gezielte<br />
Förderung zur Verbesserung der Ausbildungsreife der Schüler(innen).<br />
Das betriebliche Umfeld<br />
Nachdem Thyssen als größter Arbeitgeber in Untermeiderich schon vor Jahren weggefallen<br />
ist, sind die Firma Linde (Sauerstoff, Edelgase) und eine Großwäscherei die<br />
einzigen größeren Betriebe. Ansonsten gibt es lediglich Einzelhandelsgeschäfte, die<br />
den täglichen Bedarf abdecken. Daher finden Schüler(innen) nur begrenzt im unmittelbaren<br />
Schulumfeld Praktikumsstellen. Sie weichen daher in die angrenzenden<br />
Stadtteile (Mittel- und Obermeiderich, Hamborn, Beeck), z. T. auch in der Nachbarstadt<br />
Oberhausen aus.<br />
23
Die Profile der vier Schulen: die Heinrich-Böll-Schule<br />
Umsetzung der Initiative der <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Düsseldorf</strong> zur Stärkung der<br />
Ausbildungsreife und Berufswahlorientierung an der Heinrich-Böll-Schule<br />
Phase 1: Ende des Schuljahres 2004/05 (Jahrgang 8) und 1. Halbjahr Schuljahr<br />
2005/06 (Jahrgang 9)<br />
Alle 93 Schüler(innen) wurden entweder vor den Sommerferien oder unmittelbar danach<br />
durch die Agentur für Arbeit getestet. Sie erhielten in Einzelgesprächen in Anwesenheit<br />
der Klassenlehrer(innen) ein Feedback zu ihrem Testergebnis.<br />
Aufgrund dieser Testergebnisse wurden bis Ende Dezember 2006 für alle Schüler(innen)<br />
individuelle Förderpläne erstellt.<br />
Vom 9. bis 27. Januar 2006 fand für alle ein dreiwöchiges Schülerbetriebspraktikum<br />
statt.<br />
Phase 2: 2. Halbjahr des Schuljahres 2005/06 (Jahrgang 9)<br />
Aufgrund der Zuweisung einer Lehrerstelle konnte im 2. Halbjahr für alle Schüler(innen)<br />
ein dreistündiger Förderunterricht in Mathematik oder Deutsch eingerichtet<br />
werden. Die Einteilung in die zehn Gruppen erfolgte durch die Klassenlehrer(innen)<br />
auf der Basis der individuellen Förderpläne.<br />
Am 26. März 2006 fand ein Informationsabend statt, auf dem den Eltern und Schüler(innen)<br />
das Projekt und seine Fortsetzung im Jahrgang 10 erläutert wurde.<br />
Ein zweites Schülerbetriebspraktikum fand unter Einbeziehung des Dienstags nach<br />
Pfingsten (Ferientag) vom 6. bis 14. Juni 2006 statt.<br />
Phase 3: 1. Halbjahr des Schuljahres 2006/07 (Jahrgang 10)<br />
Die Neubildung der Klassen zum Beginn des Schuljahres 2006/07 sah folgendermaßen<br />
aus:<br />
Klasse 10 A1 „Praktikumsklasse“ – einwöchiges Einführungspraktikum (17. –<br />
24.8.), dann Jahrespraktikum (ein Mal wöchentlich donnerstags)<br />
Klassen 10 A2/A3 „normaler“ Unterricht (5 Tage pro Woche), unterbrochen von<br />
zwei Schülerbetriebspraktika (18. bis 29. September 2006 und 8.<br />
bis 19. Januar 2007)<br />
Klasse 10 B Unterricht nach der Stundentafel der 10 B, unterbrochen durch<br />
ein dreiwöchiges Schülerbetriebspraktikum (8. bis 26. Januar<br />
2007)<br />
Der zweistündige Förderunterricht in Mathematik und Deutsch wurde auch im 1.<br />
Halbjahr des Schuljahres 2006/07 fortgeführt.<br />
Phase 4: 2. Halbjahr des Schuljahres 2006/07 (Jahrgang 10)<br />
Der Förderunterricht wird auch im 2. Halbjahr 2006/07 fortgeführt.<br />
Die Agentur für Arbeit führte am 14. März 2007 einen abschließenden Test mit den<br />
Schülerinnen und Schülern durch.<br />
24
Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />
die Schule Beim Knevelshof<br />
Situation der Schule und des betrieblichen Umfeldes<br />
Die Hauptschule GHS Beim Knevelshof liegt im Duisburger Süden in Wanheim,<br />
gleich in der Nähe der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann. Das Einzugsgebiet der<br />
Schule geht bis Wedau und Hüttenheim. Aus ca. 8 Grundschulen, auch aus dem<br />
weiteren Umfeld, kommen die Schülerinnen und Schüler zu uns.<br />
Das direkte Umfeld der Schule ist zu einem deutlichen Anteil von Arbeitslosigkeit,<br />
sozialen Problemen und verschiedenen Migrationsproblemen gekennzeichnet. Die<br />
Schule wird von Schülerinnen und Schülern aus 22 Herkunftsländern besucht.<br />
Hinsichtlich der Schülerbetriebspraktika ist in räumlicher Nähe ein begrenztes Angebot<br />
vorhanden, z. B. im Einzelhandel (v. a. Lebensmittel), Schreinereien, Friseure,<br />
etc.<br />
Viele Jugendliche müssen eine etwas weitere Anfahrt in Kauf nehmen, um ein aus<br />
ihrer Sicht interessantes Praktikum machen zu können. Dies ist manchmal schwierig,<br />
z. B. weil das Geld für die Fahrkarten fehlt, sodass die Entscheidung oft für einen<br />
Nicht-Wunschbetrieb, der eben in der Nähe liegt, oder für einen Betrieb, der gar nicht<br />
ausbildet, fällt.<br />
Für die Schule gilt außerdem, dass durch mehrere Langzeiterkrankte Personal fehlt.<br />
Umsetzung des „Büssow-Projektes“<br />
Ab dem 2. Halbjahr des Schuljahres 2005/2006 wurde das so genannte Büssow-<br />
Projekt in unserer Schule in die Praxis umgesetzt.<br />
Unter hohem Zeitdruck fielen die Entscheidungen, die immerhin einen kompletten<br />
Schulstundenplan für ca. 300 Schüler beeinflussten und ca. 20 Betriebe und gut 60<br />
Schüler umfassten.<br />
Für die wenigen Wochen, die insgesamt im 2. Halbjahr zur Verfügung standen, hatten<br />
wir uns ein rotierendes System überlegt: Damit jeder Schüler wenigstens einmal<br />
3 Tage im Tagespraktikum Erfahrungen sammeln konnte und außerdem an insgesamt<br />
4 Förderkursen in Mathematik, Deutsch und Allgemeinwissen à 3 Unterrichtsstunden<br />
(insgesamt 6 Extra-Förderstunden pro Woche) teilnehmen konnte, wurde<br />
die Besetzung der Stellen und der Kurse alle 3 Wochen geändert.<br />
Gefördert wurden Mathematik, Deutsch und Berufsvorbereitung.<br />
Intensiv wurde auf Einstellungstests und Vorstellungsgespräche vorbereitet unter<br />
Verwendung von Rollenspielen und Beispielen aus realen Einstellungstests. Diese<br />
Situationen und Testformate wurden den Schülern bekannt gemacht, damit die konkrete<br />
Situation sie nicht überfordert.<br />
Diese Maßnahme möchten wir als sinnvoll und erfolgreich bewerten.<br />
Einige Schüler kamen so gut zurecht, dass sie länger als drei Tage in ihrer Stelle<br />
blieben und Angebote für das dreiwöchige Praktikum in der 10. Klasse und sogar<br />
Ausbildungsplätze in Aussicht gestellt bekamen (drei Fälle).<br />
Im Jahrgang 10 (Schuljahr 2006/2007) fand Folgendes statt:<br />
Alle Schüler durchliefen direkt nach den Herbstferien ihr übliches 3-wöchiges Blockpraktikum.<br />
Hierbei sollten weitere gute Praktikumsstellen akquiriert werden. An-<br />
25
Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />
die Schule Beim Knevelshof<br />
schließend sollten zunächst alle Schüler jeden Montag ins Tagespraktikum gehen.<br />
Es sollten nur Praktikumsplätze in Betrieben akzeptiert werden, die auch ausbilden.<br />
Dieses Vorhaben erwies sich bei der konkreten Planung als für unsere Schule undurchführbar,<br />
da alleine aufgrund von langzeiterkrankten Kolleginnen, die nicht durch<br />
andere Lehrerinnen und Lehrer ersetzt werden, ein entsprechender Stundenplan<br />
nicht aufgestellt werden konnte.<br />
Es gab eine andere Lösung. Die Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen bekamen<br />
im weiteren Verlauf wöchentlich drei Stunden Förderunterricht, um sich auf ihr Berufsleben<br />
vorzubereiten und z. B. gute Bewerbungen zu schreiben.<br />
Vom 5. – 16. März 2007 haben sie außerdem die Möglichkeit bekommen, ein Extra-<br />
Praktikum zu absolvieren, falls dieses Praktikum Aussicht auf Erfolg hat, sprich ein<br />
konkreter Ausbildungsplatz in Aussicht steht. Davon haben 4 Schüler Gebrauch gemacht.<br />
Das Ergebnis: Ein Schüler kann auf einen Ausbildungsplatz als Schreiner hoffen,<br />
weil er sich im Betrieb sehr gut dargestellt hat.<br />
Ein weiterer Schüler kann in einem Alten- und Pflegeheim ein Jahrespraktikum machen<br />
(begleitend zur Schule) und, wenn er gut ist, dort in einem Jahr einen Ausbildungsplatz<br />
bekommen.<br />
Ein Schüler kommt offenbar für das nächste Jahr in die engere Wahl (Garten- und<br />
Landschaftsbau) für einen Ausbildungsplatz.<br />
26
Emil-Rentmeister-Schule<br />
S t ä d t . G e m e i n s c h a f t s h a u p t s c h u l e<br />
Situation der Schule in der Stadt<br />
Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />
die Emil-Rentmeister-Schule<br />
Im gemeinsamen Unterricht<br />
G i t s c h i n e r S t r a ß e 1 0 7<br />
4 7 0 5 3 D u i s b u r g<br />
Die Emil-Rentmeister-Schule liegt im Duisburger Stadtteil Hochfeld, einem Ortsteil<br />
des Bezirks Innenstadt, der mit 36 % Migranten die zweithöchste Anzahl von Ausländern<br />
in der Kombination ethnischer Minderheiten (15 Nationen) aufweist. Etwa<br />
50 % gehören der türkischen, ca. 15 % der ehemaligen jugoslawischen und um<br />
die 12 % der griechischen Staatsangehörigkeit an. Einem Rückgang von 18 % an<br />
deutschen Einwohnern steht eine Zunahme von 29 % ausländischen Einwohnern<br />
in den letzten Jahren gegenüber.<br />
Unsere Schule besuchen 60 % Schülerinnen nicht deutscher Nationalität. Hochfeld<br />
ist ein junger „Stadtteil ” , insofern der Anteil der Kinder und Jugendlichen, gemessen<br />
an der Gesamtstadtteilbevölkerung überdurchschnittlich hoch ist. (Altersdurchschnitt<br />
38 Jahre / 50 % unter 25 Jahren)<br />
Gleichzeitig zählt Hochfeld zu den Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf.<br />
Die wirtschaftliche Strukturschwäche macht ihn zum Ort mit der höchsten Zahl von<br />
Arbeitslosen im erwerbsfähigen Alter in ganz Duisburg.<br />
Dies zeigt Auswirkung in der Sozialstruktur. Ein weit über dem Mittelwert liegender<br />
Anteil von Haushalten mit Wohngeldbezug, eine an zweiter Stelle in Duisburg liegende<br />
Anzahl von Haushalten mit Sozialhilfebezug, zeitigen Auswirkungen im<br />
Rahmen sozialer Ausgrenzung, der Zerrüttung familiärer Struktur, Gewalterfahrung<br />
in häuslicher Krisensituation bis hin zur Vernachlässigung/Überforderung elterlicher<br />
Erziehungskompetenz. Beengte Wohnverhältnisse bewirken ein Übriges. Zunehmend<br />
weite Teile der dritten und vierten Einwanderungsgeneration verfügen über<br />
unzureichende Kenntnisse der deutschen Sprache und sind nicht unerheblich auch<br />
der eigenen Heimatsprache nicht kundig.<br />
Das betriebliche Umfeld<br />
Das betriebliche Umfeld der Emil-Rentmeister-Schule ist gekennzeichnet durch viele<br />
Einzelhandelsgeschäfte, die entlang der „Hauptstraße” des Stadtteils angesiedelt<br />
sind. Ebenso finden sich Niederlassungen der bekannten großen Markenfirmen der<br />
Nahrungsmittelbranche und Drogerieketten. In unmittelbarer Nachbarschaft befindet<br />
sich ein evangelisches Krankenhaus. Im Umkreis von 4 km zur Schule liegt ein Industriegebiet<br />
mit Betrieben der Metall- und Logistikbranche. Zwei Kilometer von der<br />
Schule entfernt liegt die Duisburger Innenstadt mit den bekannten betrieblichen Ansiedelungen<br />
einer typischen Ruhrgebietsgroßstadt; zwei Kilometer davon entfernt<br />
liegt der Duisburger Innenhafen.<br />
Die Emil-Rentmeister-Schule arbeitet in überschaubarer Schülerzahl standortnah<br />
im Stadtteil Hochfeld. Unsere Schule versteht sich gemeinwesenorientiert als<br />
Lebensraum, Lern- und Freizeitort. Wir lassen Zeit für soziale Erfahrungen und<br />
eröffnen Lebenserfahrungen über das Klassenzimmer hinaus.<br />
Die Unterrichts- und Erziehungsarbeit zielt gleichermaßen auf individuelle Förde-<br />
27
Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />
die Emil-Rentmeister-Schule<br />
rung und gemeinsames Lernen. Wir akzeptieren und begrüßen die Heterogenität<br />
unserer Schülerinnen unter dem Motto „Es ist normal verschieden zu sein” und versuchen,<br />
die Potenziale der Lernenden konstruktiv zu berücksichtigen und zu nutzen.<br />
Im Rahmen des „gemeinsamen Unterrichts” bilden Schülerinnen mit besonderem<br />
Förderbedarf und Regelschüler gemeinsame Klassen. Die Klassen werden im<br />
Team von Sonderschulpädagogen und Regelschullehrern betreut. Im Rahmen<br />
dieser Vielfalt befinden wir uns auf dem Wege zu einer „Inklusiven Schule".<br />
Die Emil-Rentmeister-Schule nimmt Seiteneinsteiger der Jahrgänge 8-10 mit dem<br />
Leitziel auf, dass die Schülerinnen und Schüler einen Sprachstand erreichen, der<br />
sie zu 80 % zu einem Hauptschulabschluss in der Regelklasse befähigt. Die Schule<br />
legt besonderen Wert auf notwendige Schlüsselkompetenzen, fördert Selbständigkeit<br />
und Kooperation, achtet auf Konfliktfähigkeit und Toleranz, fördert Zuverlässigkeit<br />
und Belastbarkeit.<br />
I n den Klassen 8 10 steht die Berufsorientierung und daraus folgend die<br />
Berufswahl im Zentrum des Förderangebots.<br />
Mit dem Ziel berufsorientierende und -qualifizierende Inhalte zu vermitteln, werden<br />
Profile von Berufsfeldern und Berufen als Basisanforderung der Wirtschaft in Erfahrung<br />
gebracht und auf der Folie der eigenen Neigungen, Stärken und Schwächen<br />
im Hinblick auf die Ausbildungsreife systematisch erfasst. Es werden passgenaue<br />
Tages- und Wochenpraktika absolviert.<br />
Um Nähe zur betrieblichen Lern- und Arbeitssituation zu gewährleisten sind Projektgruppen<br />
eingerichtet, die mit „Ernstcharakter” schulinterne Aufgaben wahrnehmen:<br />
Service - Gerätewartung/Pflege der Außenanlagen des Schulgartens/Renovierung<br />
im Gebäude / Essen und Schulkiosk /Netzwerkpflege/ Freizeit-<br />
und Sozialbetreuung (auch im Stadtteil). Vor dem Hintergrund des gesunkenen<br />
Tauschwertes einfacher Schulabschlüsse bemüht sich die Emil-Rentmeister-Schule<br />
intensiv um Vernetzung mit der Arbeits-Agentur, Betrieben, Berufsschulen und Trägern<br />
von Berufsförderungsmaßnahmen. Unsere Schule hat im Februar 2007 im<br />
Rahmen des Hauptschulwettbewerbs einen Preis durch das Ministerium für Schule<br />
für ihr berufsorientiertes Engagement erhalten. In der BUS-Klasse werden benachteiligte<br />
Jugendliche gefördert und zum Hauptschulabschluss geführt. Sie leisten an<br />
2 Tagen der Woche ein Praktikum in einem Betrieb, an drei Tagen werden sie in<br />
der Schule unterrichtet.<br />
Mit Beginn des Schuljahres 2006/2007 ist der Ganztag in den Klassen 5 eingeführt<br />
worden, gemäß dem Landesmotto: "Immer mehr Ideen. Ganztägig lernen."<br />
28
Umsetzung des „Büssow"-Projekts<br />
Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />
die Emil-Rentmeister-Schule<br />
1. Gezielte individuelle Förderung schulischen Wissens und sachlogischer<br />
Fähigkeiten in den Fächern Deutsch- Mathematik und Allgemeinwissen<br />
Im Portfolio-Konzept vom Klassenlehrer betreut:<br />
− differenziert nach 3 Klassen in 5 Anspruchshöhen mit 3 Zusatzstunden pro<br />
Woche<br />
− themenbezogen, zeitbegrenzt wechselnd<br />
− nach Erfolgserlebnissen ausgewertet und<br />
− als Förderplangespräch mit Eltern und Schülern evaluiert.<br />
2. Intensive Trainings- und Informationsmodule zur Stärkung von Berufswahlreife,<br />
Berufswahl und Bewerbung um einen Ausbildungsplatz<br />
a) schulintern<br />
− im Erwerb notwendig grundlegender Kompetenz zur Erstellung von Lebenslauf<br />
und Bewerbungsschreiben<br />
− ausgiebig betreuter Begleitung zu Auswahl und Durchführung sowie Eignungsauswertung<br />
von Tages- und Wochenpraktika<br />
− ausführliche Fürsorge zur Wahrnehmung von Ausbildungsplatzbewerbungen<br />
bis hin zur Begleitung in dem in Frage kommenden Betrieb und Rücksprache<br />
in den Familien<br />
b) extern<br />
- Besuch des BIZ (Arbeitsagentur) / Besuche von Ausbildungszentren<br />
- Eignungstests (Arbeitsagentur)<br />
- Vorstellung unterschiedlicher Berufsfelder im Rahmen der ABBEO-Dienste<br />
(Frau Kleinkorres)<br />
- Auswertung betrieblicher Bewährungsgutachten, auch mit Fragebögen auf<br />
beiden Seiten<br />
- Social-Trainee-Maßnahmen als Lebensfindungsseminare<br />
- Betriebserkundungen / Partnerschaft mit Betrieben<br />
- Praktika auch außerhalb der Schulzeit<br />
3. Lehrertätigkeit des Projekt-Lehrers<br />
Diese Arbeit bestand insgesamt aus der umfangreichen Koordination aller Aktivitäten<br />
als festem Ansprechpartner für Schule und Betrieb/Institution. Bei höchstem<br />
zeitlichem Aufwand für Akquisition, Organisation und Auswertung der Praktika galt<br />
es weiterhin z.B. auch, die regelmäßig wöchentlich wiederkehrende Beratung in der<br />
Runde der Klassenlehrerinnen zu begleiten.<br />
Die Tätigkeit des Abbeo- bzw. Projekt-Lehrers wurde stundenmäßig aufgeteilt auf<br />
die betreffenden Klassenlehrerinnen und eine Kollegin, die erst im letzten Schuljahr<br />
des Projektes an die Schule kam. Diese hatte u. a. die Akquisition von Praktikumsstellen<br />
auf dem Hintergrund der individuellen Schülerwünsche zur Aufgabe.<br />
Besonderes Gewicht wurde hierbei auf Praktika bei Handwerksbetrieben gelegt.<br />
Hinzu kamen Besuche bei neuen Praktikumsbetrieben hinsichtlich der Ausbildungsfähigkeit<br />
der Betriebe und Ausbildungseignung der Schülerinnen, sowie wöchentlich<br />
29
Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />
die Emil-Rentmeister-Schule<br />
beratende Gespräche mit den Klassenleitungen.<br />
Im letzten Schulhalbjahr wurden zusätzlich zwei Schulstunden pro Woche für die<br />
individuelle Beratung der Schüler/innen in Bezug auf Lehrstellensuche (auch) im<br />
Internet, Hilfe beim Verfassen von Bewerbungsschreiben im Medienzentrum der<br />
Schule und Information zum Übergang zu Berufskollegs angeboten. Die Beratungsstunden<br />
hinsichtlich einer „externen”, vom Klassenlehrer unabhängigen, Person<br />
konnten zur Entlastung der Klassenlehrer hilfreich sein, indem die konsequente, individuelle<br />
Bearbeitung des Berufswahlpasses erfolgte.<br />
Die Beurteilungsbögen der Praktikumsbetriebe waren in Gesprächen mit den Schüler/innen<br />
aufzuarbeiten und eine Zukunftsanalyse zu erstellen.<br />
Besondere Aufmerksamkeit musste der entstehenden Kooperation mit einem naheliegenden<br />
Industriebetrieb gewidmet werden, der unserer Schule die Möglichkeit<br />
bevorzugter Praktikumsplätze anbot.<br />
Im Rahmen des ABBEO-Projekts wurde der Bewertungsbogen der Praktikumsbetriebe<br />
statistisch ausgewertet, um Konsequenzen für weitere Praktika und schulinterne<br />
Maßnahmen zur Verbesserung von Berufswahlreife und - Orientierung zu<br />
ziehen. Zum Schluss des Projektes wurden die Schülerinnen anonym befragt und<br />
die Befragung ausgewertet sowie Schüleräußerungen und Lehrermeinungen zum<br />
Projekt analysiert.<br />
30
Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />
die GHS Wiesbadener Straße<br />
Situation der Schule und des betrieblichen Umfelds<br />
Die Hauptschule Wiesbadener Straße liegt in einem durch große Verkehrswege begrenzten<br />
Gebiet im Nordosten Duisburg-Meiderichs an der Stadtgrenze zu Oberhausen.<br />
In diesem Stadtteil „Hagenshof“ wohnen 2 große Bevölkerungsgruppen: zum einen<br />
eine ca. 60 % ausmachende Gruppe von deutschen Bürgern, die hier geboren und<br />
aufgewachsen sind und die im Allgemeinen als „bildungsfern“ zu kennzeichnen ist.<br />
Dies bedeutet häufig geringe Unterstützung der eigenen Kinder bei der schulischen<br />
Bildung und bei der Orientierung hinsichtlich möglicher Ausbildungsgänge nach der<br />
Hauptschule. Damit ist vielfach auch verbunden eine sehr geringe Ausformung der<br />
für Schule und Beruf notwendigen Basisqualifikationen wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit,<br />
Genauigkeit etc. - sowohl bei Erziehungsberechtigten als auch Schülerinnen<br />
und Schüler. Ein weiteres Merkmal dieser Gruppe ist eine starke Arbeitslosigkeit – z.<br />
T. über längere Zeit - mit den einschlägig bekannten und wie oben ausschnittweise<br />
schon angesprochenen Konsequenzen.<br />
Die zweite starke Bevölkerungsgruppe bilden vor allem seit Mitte der 90er Jahre zugezogene<br />
Spätaussiedler und Spätaussiedlerinnen aus den Gebieten der ehemaligen<br />
Sowjetunion, die sich zum Teil sehr schwer tun mit der Lebensplanung und Gestaltung,<br />
sowohl bei den Eltern – als auch in der nachwachsenden Generation. Dies<br />
erklärt sich natürlich aus sprachlichen Defiziten, aber eben auch mit Defiziten im Verständnis<br />
der deutschen Gesellschaft in ihrer ganzen Differenziertheit, in der Bedeutung<br />
der Eigeninitiative für die schulische und berufliche Perspektivplanung und in<br />
der Kenntnis des deutschen Schul- und Ausbildungssystems, um nur einige Aspekte<br />
zu nennen.<br />
Vor diesem Hintergrund kommt der schulischen Integrations- und Erziehungsarbeit<br />
große Bedeutung zu, insbesondere eben auch im Bereich Übergang Schule – Beruf.<br />
Hier muss die Schule Leistungen erbringen, die weit über eine reine Informationsvermittlung<br />
hinausgehen, die vielmehr die Schülerinnen und Schüler an die Hand<br />
nehmen muss, um die vielfältigen Prozesse der Berufswahl zu initiieren, durchzuführen,<br />
zu begleiten, längerfristig im Auge zu behalten, auch zu „überwachen“ und die<br />
Schülerinnen und Schüler bei der Entwicklung, Ausformung, Einübung und vor allem<br />
der Nachhaltigkeit bei den Basiskompetenzen immer wieder zu fordern und zu stützen.<br />
Zusammenfassend gesagt, befindet sich die Hauptschule Wiesbadener Straße in<br />
einer nicht nur regionalen Insellage, vielmehr kann man auch von einer mentalen<br />
Insellage sprechen, die durch eigene soziale und sprachliche Strukturen gekennzeichnet<br />
ist, in der nur sehr bedingt die für Schule und Beruf wichtigen Kompetenzen<br />
Unterstützung finden.<br />
Innerhalb der "mentalen Insel“ hat man gute Überlebensstrategien entwickelt, die<br />
aber auf die "Außenwelt“ nicht unbedingt übertragbar sind. Das führt in letzter Konsequenz<br />
zu häufig uneingestandenen Berührungsängsten. Man neigt dazu, sich<br />
künstliche Barrieren aufzubauen, um „seine Insel“ nicht verlassen zu müssen – auch<br />
bei der Berufswahl.<br />
Dies bedeutet für die GHS Wiesbadener Str. ein hohes Maß an kontinuierlicher Erziehungsarbeit,<br />
die von den Lehrerinnen und Lehrern zu leisten ist.<br />
31
Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />
die GHS Wiesbadener Straße<br />
Betriebliches Umfeld und Praktikumswahl<br />
Das unmittelbare betriebliche Umfeld der GHS Wiesbadener Straße lässt sich wie<br />
folgt beschreiben:<br />
1.) Gewerbegebiet Obermeiderich (unmittelbar in der Nähe der Schule)<br />
Verschiedene Autohäuser mit den einschlägigen Berufsbildern (zunehmend<br />
werden nur Schülerinnen und Schüler von anderen Schulformen mit mindestens<br />
FOR-Abschluss genommen)<br />
Metallbaubetriebe (keine Ausbildung)<br />
Einzelhandelsgeschäfte verschiedener Ketten mit zentraler Ausbildungsplatzvergabe<br />
2.) Zentrum Meiderich (Entfernung 3-5 km)<br />
Einzelhandelsgeschäfte mit zentraler Ausbildungsplatzvergabe<br />
Handwerksbetriebe ( Maler / Lackierer, Metallbau, Installationsfirmen ) mit und<br />
ohne Ausbildungsplatzangeboten, jeweils Ausbildungsplatzvergabe durch Betrieb.<br />
3.) Gewerbegebiet Neumühl (Entfernung 3-5 km)<br />
Verschiedene Autohäuser s.o.<br />
Handwerksbetriebe (Metallbau, Installation, Baugewerbe, Friseure, Maler / Lackierer)<br />
mit und ohne Ausbildungsplatzangeboten und Ausbildungsplatzvergabe<br />
durch den jeweiligen Betrieb<br />
Einzelhandelsgeschäfte verschiedener Ketten mit zentraler Ausbildungsplatzvergabe<br />
4.) Darüber hinaus kommen im Umkreis von ganz Duisburg Ausbildungsplätze in<br />
Frage.<br />
Das zuvor beschriebene wirtschaftliche Umfeld spiegelt sich unmittelbar in der Branchenstruktur<br />
der Praktikumsbetriebe wider. Der Einzelhandel stellt den größten Teil<br />
der Praktikumsplätze zur Verfügung, dicht gefolgt von regionalen Handwerksbetrieben.<br />
Auffallend ist der sehr geringe Anteil der Industrie. Nur drei Praktikanten fanden<br />
den Weg zur Stahlindustrie, für deren flächendeckende Präsenz Duisburg einst berühmt<br />
war.<br />
Es konnte beobachtet werden, dass von der Seite der Schülerinnen und Schüler her<br />
zunächst Ausbildungsplätze im unmittelbaren und näheren Umfeld der Schule angestrebt<br />
werden und die Blickrichtung auf weiter entfernte Angebote von außen (Arbeitsagentur,<br />
Schule) geweckt und verfolgt werden muss.<br />
32
14 Praktikanten<br />
6 Praktikanten<br />
Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />
die GHS Wiesbadener Straße<br />
Tagespraktikum der GHS Wiesbadener Straße in den Klassen 9 und 10<br />
Schuljahr 2006/2007<br />
3 Praktikanten<br />
Verteilung der Praktikumsplätze nach Branchen<br />
14 Praktikanten<br />
4 Praktikanten<br />
24 Praktikanten<br />
Handwerk<br />
Einzelhandel<br />
Industrie<br />
33 Praktikanten<br />
Dienstleistungen<br />
Tagespraktikum der GHS Wiesbadener Straße in den Klassen 9 und 10<br />
Schuljahr 2006/2007<br />
9 Praktikanten<br />
14 Praktikanten<br />
Verteilung der Praktikumsplätze nach Stadtteilen<br />
4 Praktikanten<br />
15 Praktikanten<br />
Medizinisch-Sozialer Bereich<br />
Mittelmeiderich<br />
Obermeiderich<br />
Neumühl<br />
Beek<br />
Hamborn/Marxloh<br />
Sonstige DU<br />
Sonstige<br />
20 Praktikanten<br />
33
Umsetzung des "Büssow-Projektes"<br />
Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />
die GHS Wiesbadener Straße<br />
4- Säulen-Modell<br />
Praktikum Betreuung Förderunterricht Lebensplanung<br />
● Tagespraktikum jeweils dienstags<br />
● Betreuung strukturiert durch:<br />
- Praktikumsberichte<br />
- Selbstbeurteilungsbogen<br />
- Firmenbeurteilungsbogen<br />
● Abschließende Reflexion in<br />
Klassenaufsatz<br />
● Vorlauf durch 5-tägiges Einführungspraktikum<br />
● Praktikumsplätze durch<br />
- Schule<br />
- Eigeninitiative<br />
- Unterstützung Unternehmerhaus<br />
● durch Betreuungslehrer ● Insgesamt 5 Stunden<br />
- Mathematik (2)<br />
- Deutsch (2)<br />
● Regelmäßige Praktikumsreflexionsgespräche<br />
mit den Schwerpunkten<br />
- Eignung<br />
- Voraussetzungen<br />
- Leistungen<br />
- Basiskompetenzen<br />
● Unterstützung bei/durch<br />
- Praktikumsberichterstellung<br />
- Bewerbungsschreiben und<br />
Lebenslaufproduktion<br />
- Berufsberatungsgespräche<br />
- Elterngespräche<br />
● Schulische Begleitung der<br />
von ABBEO organisierten Veranstaltungen<br />
zum Kennenlernen unterschiedlicher<br />
Berufsfelder<br />
● intensive ständige Rückkopplung<br />
von Bewerbungsbemühungen<br />
- Allgemeinwissen (1)<br />
● Inhalte orientiert an:<br />
- festgestellten Defiziten<br />
- zu erwartenden Anforderungen<br />
- projektspezifischen Aufgaben<br />
● Material<br />
- selbst produziert bzw.<br />
- aus Berufshilfeprojekten<br />
● Gruppenbildung<br />
- vier leistungsheterogene Gruppen<br />
- eine Seiteneinsteiger – Gruppe<br />
mit Schwerpunkt Deutsch<br />
● Lebensplanungsseminar<br />
● Bewerbertraining<br />
● Rechtskundeunterricht<br />
34
Berufswahlorientierung an der GHS Wiesbadener Str. (Übersicht)<br />
8. Schuljahr 9. Schuljahr 10. Schulj. (1.HJ) 10. Schulj. (2.HJ)<br />
Berufswahl<br />
Berufe kennen lernen<br />
� Einführung eines Portfolios<br />
„Mein Weg in die<br />
Arbeitswelt“ *<br />
� Berufsfindungswoche<br />
(2 Seminartage, 2 Betriebsbesichtigungen,Besuch<br />
im BIZ)<br />
getrennt nach Geschlechtern,<br />
in Zusammenarbeit<br />
mit der Regionalstelle<br />
„Frau & Beruf“<br />
� Betriebsbesichtigungen<br />
im Metall- und Baugewerbe*<br />
� „Berufeparcours“ – Testen<br />
der eigenen Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten<br />
� Erste Entwürfe von Lebensläufen<br />
Berufswahl<br />
Berufe erkunden<br />
� Expertengespräche in der Schule*<br />
- Bahn & Häfen<br />
- Logistik<br />
- etc.<br />
� Betriebsbesichtigungen*<br />
� Bewerbungsmappen mit Lebenslauf, Anschreiben<br />
und Anlagen vorbereiten*<br />
Kompetenzcheck<br />
in Zusammenarbeit mit der GfB<br />
zur Festigung der eigenen Vorstellungen<br />
von Zielen und Chancen<br />
� 2. BIZ - Besuch<br />
Berufswahl<br />
Sich bewerben<br />
Betriebspraktikum<br />
Sowohl im 9. als auch im 10. Schuljahr eine Woche Blockpraktikum vor den Herbstferien<br />
danach bis Schuljahresende als Tagespraktikum jeden Dienstag<br />
mit detaillierter Beurteilung durch den Praktikumsbetrieb*<br />
� Berufsberaterin der Arbeitsagentur<br />
spricht mit<br />
jedem Schüler / jeder<br />
Schülerin in der Schule<br />
� Bewerbungen abschicken,<br />
sich auf Einstellungstests<br />
und Vorstellungsgespräche<br />
vorbereiten<br />
� 3-tägige Klassenfahrt<br />
mit dem Seminarthema<br />
„meine Zukunft“*<br />
Berufswahl<br />
Perspektiven festigen<br />
� Anmeldung zu weiterführenden<br />
Schulen<br />
- Berufskollegs<br />
- Gesamtschule<br />
35
Unterricht<br />
� Klassenfahrt im Rahmen<br />
der Suchtprophylaxe unter<br />
Einbeziehung relevanter<br />
Themen zur Berufswahlorientierung<br />
(eigene<br />
Kompetenzen besser<br />
kennen lernen, u.ä.)<br />
� 2-tägiges Lebensplanungsseminar*<br />
� Lernstandserhebungen in<br />
den Hauptfächern<br />
Berufswahlorientierung an der GHS Wiesbadener Str. (Übersicht)<br />
Unterricht Unterricht Unterricht<br />
Förderunterricht*<br />
Sowohl im 9. als auch im 10. Schuljahr pro Woche 6 Stunden<br />
(2 Std. Mathe, 2 Std. Deutsch, 2 Std. Allgemeinwissen)<br />
Der Inhalt des Förderunterrichts ist ausgerichtet auf die Anforderungen bei Einstellungstests.<br />
Wahlpflichtunterricht<br />
im Fach AW mit dem Thema „sich richtig bewerben“ zur Vertiefung des allgemeinen AW-Unterrichts<br />
* Die kursiv und fett gesetzten Elemente sind aufgrund des Projekts neu eingeführte Bausteine<br />
� Abschlussprüfung<br />
36
Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />
Erfahrungen machen und weitergeben<br />
In allen Schulen haben Schülerinnen und Schüler noch einmal darüber nachgedacht,<br />
was ihnen die Arbeit im Projekt eigentlich gebracht hat. Es ist interessant festzustellen,<br />
wie sich die Jugendlichen selbst sehen. Hinter der Freude über die endlich gefundene<br />
Ausbildungsstelle, der Freude über die Aussicht, in ein befriedigendes Arbeitsleben<br />
einzutreten, steht oft auch der berechtigte Stolz auf das, was sie im Praktikum<br />
geleistet und erfahren haben.<br />
Darüber hinaus wurden an den Schulen auch Fragebögen eingesetzt, die zentrale<br />
Ansätze und Aspekte im Zusammenhang mit dem Projekt beleuchten und Rückmeldungen<br />
aus Schülersicht ermöglichen sollten.<br />
Auch die Ergebnisse aus diesen Befragungen waren und sind für die Lehrerinnen<br />
und Lehrer im Projekt Anlässe, über die Nachhaltigkeit der Wirkungen des Projekts<br />
weiter nachzudenken und Erfahrungen aus dem Projekt an die jetzt folgenden Jahrgänge<br />
weiterzugeben und in die dauernde schulische Arbeit einzufügen. 19<br />
Erfahrungen von Schüler/innen der Emil-Rentmeister-Schule<br />
Um die Effektivität der Berufswahlorientierung durch das ABBEO-Projekt zu untermauern,<br />
wurde im März 2007 bei den Schülerinnen und Schülern der beteiligten<br />
Klassen 10 eine anonyme Umfrage durchgeführt.<br />
Bei der Frage, ob sich die Teilnahme am Büssow-Projekt/ ABBEO-Projekt für die<br />
Schülerinnen gelohnt hätte, antworteten 50 % der Befragten zustimmend.<br />
Besonders die Praktika haben den Schülerinnen und Schülern bei ihrer Berufswahl<br />
geholfen. Über 90% der Befragten fanden die Praktika wichtig für<br />
ihren Einblick in den beruflichen Alltag.<br />
-„Ich habe in den Praktika Erfahrungen gesammelt und ich weiß jetzt wie man mit<br />
Kunden umzugehen hat. ...... Mir haben die Praktika auch gebracht, dass ich mehr<br />
Verantwortung tragen muss. Es ist sehr wichtig, wenn ich immer pünktlich und zuverlässig<br />
bin und ich Teamfähigkeit besitze. Die Praktika haben mich...auch im Berufsleben<br />
und in der Schule weiter gebracht. Ich weiß jetzt, was ich werden will, bevor ich<br />
die Praktika gemacht habe, wusste ich nicht so genau, was ich werden wollte, ...Ich<br />
weiß jetzt, dass ich alleine für mein Berufsbild verantwortlich bin.“<br />
-„Die Praktika haben mir gezeigt, wie anstrengend die Arbeit sein kann und wie<br />
hektisch es in einer Firma sei kann."<br />
- ,.Die Praktika waren alle sehr nützlich.... Die letzten beiden Praktika waren ziemlich<br />
anstrengend, weil man noch nicht so gewohnt ist, an Arbeitstagen voll da zu sein.<br />
Man konnte auch lernen, selbst verantwortlich zu sein für was man selbständig zu<br />
arbeiten hat, mit Erwachsenen umzugehen...man sieht die Welt mit anderen Augen.<br />
19 Vgl. z.B. die Übersicht zur Berufswahlorientierung an der GHS Wiesbadener Stra-<br />
ße auf den beiden vorigen Seiten<br />
37
Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />
Irgendwie freut man sich, neu anzufangen mit arbeiten, aber diesen Schritt zu tun ist<br />
für die meisten schwieriger. "<br />
Auch die Beurteilungen durch die Praktikumsbetriebe hinsichtlich der<br />
Leistungen der Schülerinnen zeigen zu 84% eine positive Resonanz.<br />
Besonders wirkungsvoll war für die SchülerInnen das Lebensfindungsseminar.<br />
So haben 72 % angegeben, dass die Teilnahme am Seminar für sie eine hilfreiche<br />
Komponente für ihre persönliche Entwicklung darstellt.<br />
„Die Lebensfindungsseminare haben mir sehr geholfen für meine zukünftige Arbeitsstelle.<br />
Dort habe ich gelernt, dass Teamarbeit, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit sehr<br />
wichtig für Berufe sind.”<br />
...."was mir dabei geholfen hat, waren die Übungen zum Vorstellungsgespräch, das<br />
war sehr gut, da es mir mehr Selbstvertrauen eingebracht hat."<br />
Die durch das ABBEO-Projekt ermöglichten zusätzlichen Förderstunden in Mathematik,<br />
Deutsch und Allgemeinwissen wurden von 60 % der Befragten als positive<br />
Komponente zur Steigerung ihrer Leistungsnoten gesehen.<br />
Zusammengefasst ist positiv zu vermerken, dass sich unsere Schülerinnen nicht<br />
als minderwertige Anwärter im Vergleich zu Realschülern oder Gymnasiasten<br />
sehen. 66,7 % gaben an, dass die Aussage nicht stimme, sie bekämen als<br />
Hauptschüler sowieso keinen Ausbildungsplatz. Sicherlich trägt die Tatsache,<br />
dass fast alle in den Praktika erfolgreich waren, zu dieser Einschätzung bei.<br />
Fit für einen Ausbildungsplatz fühlen sich 83,3 % unserer Schülerinnen.<br />
52,8 % der Befragten geben einerseits an, den Wert einer Ausbildung erkannt zu<br />
haben; andererseits meinen 30 %, Geldverdienen sei wichtiger als eine Ausbildung<br />
Von unseren Schülerinnen haben z. Z. 41,6 % einen Nebenjob. wobei mehr Jungen<br />
als Mädchen nebenbei Geld verdienen.<br />
Die Berufswahlentscheidung findet zu einem großen Teil nicht durch Mithilfe der<br />
Lehrer, der Familie (66 % sagen, die Familie spielt keine Rolle) oder des Arbeitsamtes<br />
statt.<br />
Mobilität steht im Rahmen einer Lehrstelle hoch im Kurs; 70 % geben an, sie würden<br />
für eine Ausbildung auch über Duisburg hinaus fahren.<br />
Drei Monate vor Schulschluss haben 70 % unserer Schülerinnen und Schüler Bewerbungen<br />
abgeschickt.<br />
Die Schülerinnen schreiben dazu:<br />
„Ich habe nur sechs Bewerbungen geschrieben und versendet, davon bekam ich vier<br />
zurück, drei Absagen und eine Einladung zum Einstellungstest, welchen ich nicht<br />
bestand. Er war schließlich auch sehr schwer. Ich habe sechs Bewerbungen geschrieben,<br />
weil meine Lehrerin, mein Rektor und die Berufsberaterin es so wollten,<br />
obwohl ich ihnen mein Desinteresse erklärte. Ich möchte noch keine Ausbildung<br />
machen, weil ich mich weiterbilden und einen hochwertigen Beruf erlernen möchte.“<br />
38
Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />
Interessanterweise möchten 70 % durch den Besuch eines Berufskollegs bzw.<br />
einer gymnasialen Oberstufe einen höheren Schulabschluss erlangen. Sie verschieben<br />
damit oft genug eine verantwortend anstehende Entscheidung durch<br />
Aufnehmen einer „Warteschleife” in die Zukunft. „Behütetsein” und Beharren in<br />
gewohnten Bahnen wird einer vermeintlich Kraft fordernden, anstrengenden Berufstätigkeit<br />
vorgezogen. Die vorhandene Umsetzung der Berufswahlreife wird so<br />
relativiert auf eine vorgeblich bessere Zukunft.<br />
Auf den folgenden Seiten folgen Ergebnisse von entsprechenden Befragungen als<br />
Anlagen 1-3.<br />
Interessant ist hierbei natürlich auch die Beurteilung von Basiskompetenzen durch<br />
die Praktikumsbetriebe, die den Schülerinnen und Schülern ein überwiegend positives<br />
Verhalten und guten Einsatz bescheinigen. In allen Punkten sind immer mindestens<br />
zwei Drittel der Bewertungen hier sehr gut und gut!<br />
(Dies spiegelt sich auch in den weiter unten für alle Schulen dargestellten Ergebnissen<br />
ab Seite 58.)<br />
39
Anhang 1<br />
100%<br />
80%<br />
60%<br />
40%<br />
20%<br />
0%<br />
Der Berufswahlpass hat mir geholfen.<br />
Die Teilnahme am Büssow-Projekt hat sich gelohnt<br />
Der Beurteilungsbogen vom Betrieb ergab gute Informationen üb..<br />
Die Teilnahme am Lebensfindungsseminar war hilfreich für mein...<br />
Die Praktika von Klasse 9-10 fand ich wichtig für den Einblick in ...<br />
Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />
ABBEO Abschlussbefragung Emil-Rentmeister-Schule<br />
Ich habe mich schon beworben.<br />
Auf mein Bewerbungsschreiben erwarte ich eine positive Antwort<br />
Die Förderstunden in Deutsch, Mathe und Allgemeinwissen hab..<br />
Mein Ausbildungsplatz muss auf jeden Fall nahe Duisburg sein.<br />
Meine Eltern finden, dass vor allem die Schule für meine Berufsw...<br />
Die Lehrer haben für meine Berufswahl eine wesentliche Rolle ge...<br />
Die Berufsberatung durch die Arbeitsagentur hat meine Entschei...<br />
Bei meiner Ausbildungsplatzsuche höre ich auf den Rat der Familie.<br />
Ich fühle mich auf jeden Fall fit für einen Ausbildungsplatz<br />
Als Hauptschüler bekomme ich in Konkurrenz zu Realschülern +...<br />
Durch den Besuch eines Berufskollegs/ der Oberstufe möchte ich...<br />
Geld verdiene ich auch schon während der Schulzeit in einem N...<br />
Ausbildungsplätze gibt es sowieso zu wenig. Geldverdienen ist mi...<br />
Ablehnung in %<br />
Egal in %<br />
Zustimung in %<br />
40
Anhang 2<br />
Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />
Emil-Rentmeister-Schule Duisburg; Auswertung Abbeo-Fragebogen Klassen 10 Abschluss des Projekts<br />
Anzahl der Befragten: 36 SchülerInnen / 61 % 16 Jahre und älter<br />
Zustimmung in % Egal in % Ablehnung in %<br />
Die Teilnahme am Büssow -Projekt hat sich für mich gelohnt 50 8,3 41,6<br />
Der Berufswahlpass hat mir beim Finden eines geeigneten Ausbildungsplatzes geholfen. 22,3 13,9 63,9<br />
Die Praktika von Klasse 9-10 fand ich wichtig für den Einblick in den beruflichen Alltag. 91,7 0 8,3<br />
Die Teilnahme am Lebensfindungsseminar war hilfreich für meine persönliche Entwicklung. 52,2 0 27,7<br />
Der Beurteilungsbogen vom Betrieb ergab gute Informationen über meine Fähigkeiten. 83,3 2,8 11,9<br />
Die zusätzlichen Förderstunden in Deutsch, Mathematik und Allgemeinwissen haben meine Leistungsnoten verbes- 61,1 8,3 30,5<br />
sert.<br />
Ich habe mich schon beworben. 70,6 0 29,4<br />
Auf mein Bewerbungsschreiben erwarte ich eine positive Antwort 60 11,4 28,6<br />
Meine Eltern finden, dass vor allem die Schule für meine Berufswahl verantwortlich ist. 27,2 8,3 44,4<br />
Mein Ausbildungsplatz muss auf jeden Fall nahe Duisburg sein. 30,5 0 69,4<br />
Die Berufsberatung durch die Arbeitsagentur hat meine Entscheidung beeinflusst. 41,6 11,1 47,3<br />
Die Lehrer haben für meine Berufswahl eine wesentliche Rolle gespielt. 33,4 2,8 63,9<br />
Bei meiner Ausbildungsplatzsuche höre ich auf den Rat der Familie. 27 5,4 67,5<br />
Durch den Besuch eines Berufskollegs/ einer gymnasialen Oberstufe möchte ich einen höheren Schulabschluss erla- 69,5 0 30,5<br />
gen.<br />
Als Hauptschüler bekomme ich in Konkurrenz zu Realschüler und Gymnasiasten sowieso keinen Ausbildungsplatz. 22,2 11,1 66,7<br />
Ich fühle mich auf jeden Fall fit für einen Ausbildungsplatz 83,3 2 13,9<br />
Ausbildungsplätze gibt es sowieso zu wenig. Geldverdienen ist mir wichtiger. 30,6 8 52,8<br />
Geld verdiene ich auch schon während der Schulzeit in einem Nebenjob. 41,6 16,7 58,3<br />
41
Anlage 3: Bewertung durch die Prakitikumsbetriebe<br />
100%<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
Pünktlichkeit/Zuverl.<br />
Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />
Emil-Rentmeister-Schule Duisburg Praktikumsauswertung 06/07 2. Halbjahr<br />
Fleiß<br />
Ordnung u.Sauberkeit<br />
Interesse<br />
Auffassungsgabe<br />
Eigeninitiative<br />
Arbeitstempo<br />
Sebstständigkeit<br />
Verhalten zu Mitarbeitern<br />
Verhalten zu Vorgesetzten<br />
Verhalten zu Kunden<br />
Allgem. Leistungsbeurteil.<br />
nicht gut<br />
befriedigend<br />
gut<br />
sehr gut<br />
42
Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />
Ergebnisse aus der Heinrich-Böll-Schule<br />
Auch den Schüler/innen wurde ein Fragebogen, der in den Grundzügen von der<br />
Emil-Rentmeister-Schule übernommen worden ist, vorgelegt.<br />
Er wurde von 64 Schüler(innen) des Jahrgangs 10 ausgefüllt und anschließend von<br />
vier Schülerinnen zusammen mit der Schulleitung quantitativ ausgewertet.<br />
Die häufigsten Nennungen wurden grau schraffiert. Dunkelgrau hinterlegt sind Felder,<br />
wenn 50 % oder mehr der Nennungen dort abgegeben worden sind.<br />
Die Auswertung ist auf der nächsten Seite abgedruckt.<br />
43
Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />
Auswertung der Fragebögen Klassen 10 im Schuljahr 2006/07<br />
(Die Befragung an der Heinrich-Böll-Schule erfolgte zwischen dem 16. und 22.03.2007)<br />
Gesamtauswertung (m u. w.) Alter:15 J./3 Sch. – 16 J./30 Sch. – 17 J./27 Sch. – 18 J./4 Sch.<br />
Im Rahmen der Berufswahl hast du an dem vom Regierungspräsidenten Jürgen Büssow<br />
initiierten Projekt teilgenommen. Ziel war es, dich für deine Berufswahl fit zu machen.<br />
Ist das geglückt? Bitte kreuze an:<br />
1. Die Teilnahme am Büssow-Projekt hat sich für<br />
mich gelohnt<br />
2. Der Berufswahlpass hat mir beim Finden eines<br />
geeigneten Ausbildungsplatzes geholfen.<br />
3. Die Praktika von Klasse 9-10 fand ich wichtig<br />
für den Einblick in den beruflichen Alltag.<br />
4. Die Teilnahme am Lebensfindungsseminar<br />
war hilfreich für meine persönliche Entwicklung.<br />
(*Seminar hat an HBS nicht stattgefunden.)<br />
Stimmt<br />
100 %<br />
Stimmt Stimmt<br />
wenig<br />
Stimmt<br />
überhaupt<br />
nicht<br />
0 32 5 10 13<br />
1 3 7 11 40<br />
31 20 3 7 3<br />
5. Der Beurteilungsbogen vom Betrieb ergab<br />
gute Informationen über meine Fähigkeiten.<br />
25 23 3 10 3<br />
6. Die zusätzlichen Förderstunden in Deutsch<br />
und Mathematik haben meine Leistungsnoten<br />
verbessert.<br />
5 15 2 27 11<br />
7. Ich habe mich schon beworben. 27 12 1 6 17<br />
8. Auf mein Bewerbungsschreiben erwarte ich<br />
eine positive Antwort<br />
15 20 2 6 20<br />
9. Meine Eltern finden, dass vor allem die Schule<br />
für meine Berufswahl verantwortlich ist.<br />
2 11 6 24 20<br />
10. Mein Ausbildungsplatz muss auf jeden Fall<br />
nahe Duisburg sein.<br />
8 11 8 12 25<br />
11. Die Berufsberatung durch die Arbeitsagentur<br />
hat meine Entscheidung beeinflusst.<br />
6 14 8 14 18<br />
12. Die Lehrer haben für meine Berufswahl eine<br />
wesentliche Rolle gespielt.<br />
10 13 8 10 17<br />
13. Bei meiner Ausbildungsplatzsuche höre ich<br />
auf den Rat der Familie.<br />
6 16 4 20 14<br />
14. Durch den Besuch eines Berufskollegs/ einer<br />
gymnasialen Oberstufe möchte ich einen höheren<br />
Schulabschluss erlagen.<br />
22 16 4 6 15<br />
15. Als Hauptschüler bekomme ich in Konkurrenz<br />
zu Realschülern und Gymnasiasten sowieso<br />
keinen Ausbildungsplatz.<br />
8 15 3 18 17<br />
16. Ich fühle mich auf jeden Fall fit für einen Ausbildungsplatz<br />
35 15 3 3 8<br />
17. Ausbildungsplätze gibt es sowieso zu wenig.<br />
Geldverdienen ist mir wichtiger.<br />
7 17 7 23 7<br />
18. Geld verdiene ich auch schon während der<br />
Schulzeit in einem Nebenjob.<br />
14 13 1 7 28<br />
44
Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />
Schüler/innen der GHS Wiesbadener Straße<br />
M. O., Klasse 10B<br />
Ich habe mein Praktikum bei der Firma Elektro Paul Düppe in Duisburg - Stadtmitte<br />
gemacht.<br />
Ich habe gelernt, wie man Steckdosen anschließt, wie man Motoren reinigt und wie<br />
man überprüft, ob sie noch heile sind.<br />
Das Praktikum hat keine besondere Belastung für mich dargestellt, weil es mir sehr<br />
viel Spaß gemacht hat, ich mit den Leuten gut zu Recht gekommen bin und die Arbeit<br />
mir sehr gefällt. Ein Bekannter hat mir die Praktikumsstelle besorgt. Weil ich gut<br />
beim Praktikum war, habe ich auch in dieser Firma einen Ausbildungsplatz als Elektroniker<br />
für Haus- und Gebäudetechnik bekommen. Darüber bin ich sehr glücklich.<br />
In der Schule haben wir zusätzlichen Förderunterricht bekommen. Das finde ich in<br />
Ordnung, weil man da Sachen lernt, die für den richtigen Unterricht und das spätere<br />
Berufsleben sehr hilfreich sein können. Der Förderunterricht war somit eigentlich<br />
auch keine große Belastung für mich, außer dass man jeden Tag um 7.30 Uhr in der<br />
Schule sein muss und um 14.20 Uhr erst wieder zuhause ist.<br />
Auch das Bewerbungstraining bei Herrn Hanschmidt war sehr sinnvoll. Wir haben<br />
gelernt, wie man Bewerbungen schreibt, wie man sich bei Bewerbungsgesprächen<br />
verhält und wie man in Teamarbeit schwierige Aufgaben lösen kann.<br />
Außerdem hatten wir die Möglichkeit verschiedene Betriebe zu besichtigen. Wir waren<br />
unter anderem bei DK Recycling und uns wurde gezeigt, wie man Stahl macht.<br />
Wir waren außerdem im BIZ (Berufsinformationszentrum) und haben am Computer<br />
die Berufe raus gesucht, die unseren Interessen entsprechen.<br />
Eine weitere Hilfe bei der Interessenfindung war Frau Hansen vom Arbeitsamt. Sie<br />
hat mit uns Gespräche geführt und uns Post zugeschickt mit verschiedenen Ausbildungsangeboten,<br />
die unseren Interessen entsprechen.<br />
Insgesamt fand ich die Hilfen, die durch das Büssow-Projekt gegeben wurden, sehr<br />
hilfreich und sinnvoll.<br />
R. W., Klasse 10B<br />
Ich bin fünfzehn Jahre alt, komme aus Polen und lebe seit fast zwei Jahren in<br />
Deutschland. Ich mache mein Praktikum bei der Maurerfirma M. Wehr in Duisburg -<br />
Hochfeld. Herr Heitzer, ein Lehrer unserer Schule, hat mir geholfen die Praktikumsstelle<br />
zu finden.<br />
Wir fahren immer zur Baustelle, legen dort Fliesen, fugen die Wände und reparieren<br />
alles was anfällt. Die Arbeit ist sehr schwer. Wir arbeiten die ganze Zeit ohne zu<br />
sprechen; nur wenn Pause ist, unterhalten wir uns. Trotzdem macht mir die Arbeit<br />
auch etwas Spaß.<br />
Mein Berufswunsch ist Zahnarzttechniker. Dazu habe ich viele Sendungen im Fernsehen<br />
gesehen.<br />
Insgesamt habe ich zwei Bewerbungen verschickt, eine an ThyssenKrupp als Elektroniker<br />
und eine zu einem Zahnarzt. Da ich bisher noch keine Rückmeldung bekommen<br />
habe und keine passende Berufsschule gefunden habe, habe ich beschlossen,<br />
die Klasse 10B noch einmal zu wiederholen. So habe ich die Möglichkeit, eine bessere<br />
Qualifikation zu bekommen, so dass ich später bessere Chancen habe, eine<br />
Berufsschule oder einen Ausbildungsplatz zu finden.<br />
45
Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />
Im Förderunterricht habe ich viel gelernt. Er hat mir bei der Interessenfindung für<br />
meinen Beruf geholfen und ich finde das gut.<br />
Beim Bewerbertraining im Bürgerhaus hatte ich viel Spaß. In der Gruppe sollten wir<br />
verschiedene Aufgaben lösen, beispielsweise ein volles Glas Wasser auf eine Plane<br />
stellen, und diese durch alle Räume tragen, ohne dass das Glas umkippt.<br />
Auch die Übung mit dem Telefon war sinnvoll. Ich sollte bei einem Betrieb anrufen<br />
und fragen, ob ich eine Praktikumsstelle bekomme. Erst wollte ich nicht mitmachen,<br />
weil ich Angst bekommen habe, weil ich nicht so gut deutsch konnte. Doch dann habe<br />
ich es trotzdem versucht und es war gar nicht so schlecht. Es hat Spaß gemacht<br />
und mir die Angst genommen.<br />
An Informationsveranstaltungen und Betriebsbesichtigungen konnte ich leider nicht<br />
teilnehmen, weil ich in kurzer Zeit oft innerhalb Duisburgs umgezogen bin. Trotzdem<br />
finde ich die Möglichkeiten, die mir durch das Büssow-Projekt gegeben wurden, sehr<br />
gut, auch wenn der Förderunterricht, meiner Meinung nach, viel Zeit in Anspruch genommen<br />
hat.<br />
S. K., Klasse 10 A<br />
Ich habe bei Kodi in Duisburg-Neumühl mein Betriebspraktikum als Einzelhandelskauffrau<br />
gemacht. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, den Kunden das Sortiment zu<br />
erklären. Ich habe mich bei Kodi beworben und wurde dann auch zu einem Einstellungstest<br />
eingeladen. Leider bin ich nicht eingestellt worden, weil ich mich im Fachbereich<br />
Geschichte nicht so gut vorbereitet hatte. Meine Mitarbeiterinnen fanden es<br />
schade, dass ich durchgefallen bin. Sie waren bis jetzt sehr zufrieden mit mir, weil ich<br />
hilfsbereit, zuverlässig, freundlich und vor allem pünktlich bin. Außerdem pflege ich<br />
ihrer Meinung nach einen guten Kundenkontakt. Ich selber bin auch sehr enttäuscht<br />
darüber, dass ich den Ausbildungsplatz nicht bekommen habe, weil ich gerne Einzelhandelskauffrau<br />
geworden wäre. Ich werde nach der zehnten Klasse nun die<br />
Handelsschule besuchen, an der ich bereits angenommen wurde.<br />
Den Förderunterricht in der Schule finde ich sehr sinnvoll, weil wir durch die zusätzlichen<br />
Unterrichtsstunden unsere Noten verbessern konnten und Übungen für Einstellungstests<br />
gemacht haben. Allerdings finde ich, dass die Arbeitsbelastung durch das<br />
Praktikum jeden Dienstag und den zusätzlichen Förderunterricht sehr groß ist. Ich<br />
finde es zwar in Ordnung, dass wir mehr Förderunterricht haben, aber ich denke,<br />
nach einer Zeit wird es zu viel für uns Schüler.<br />
Eine Hilfe waren für mich das Bewerbertraining bei Herrn Hanschmidt und die Beratung<br />
durch meinen Klassenlehrer, Herrn Heitzer. Das Bewerbungstraining, in dem<br />
zum Beispiel ein Vorstellungsgespräch geübt wurde, hat mir sehr gut gefallen. Herr<br />
Hanschmidt hat uns dabei immer wieder erklärt, wie wir es besser machen könnten,<br />
was sich für mich echt gelohnt hat.<br />
Mein Klassenlehrer Herr Heitzer gibt uns viele Betriebsadressen, bei denen wir uns<br />
bewerben können. Er überlegt mit uns zusammen, welche Berufe zu uns passen<br />
würden. Er macht sich, genau wie meine Familie und meine Mitarbeiterinnen, viele<br />
Gedanken darüber, was zu mir passen könnte.<br />
Ich finde es schön, dass viele Menschen, auch aus der Schule, uns Schüler beim<br />
Finden von Ausbildungsplätzen unterstützen und uns beim Planen unseres späteren<br />
Lebens helfen.<br />
46
Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />
Schüler der Hauptschule Beim Knevelshof<br />
Zwei Schüler aus der 10A haben ihre Erfahrungen aufgeschrieben:<br />
C. B., Klasse 10 A (Garten- und Landschaftsbau)<br />
Das Extra-Praktikum im „Büssow-Projekt“ hat mir neue Eindrücke von einem Berufszweig<br />
gegeben, den ich gerne einschlagen würde. Ich war in demselben Betrieb, in<br />
dem ich schon einmal ein Praktikum hatte. Es war ein Betrieb im Garten- und Landschaftsbau.<br />
In diesem Praktikum hatte ich mehr mit Pflanzen und Gartenpflege zu<br />
tun und bin beeindruckt, wie vielseitig dieser Beruf ist, denn im letzten Praktikum<br />
musste ich mehr bei Pflasterarbeiten aushelfen. Durch das zweite Praktikum habe<br />
ich gemerkt, dass mir der Bereich Garten und Pflege mehr Freude bereitet als Pflasterarbeiten.<br />
Leider konnte die Firma mich nicht einstellen, aber im nächsten Jahr habe ich gute<br />
Chancen, in der Firma eingestellt zu werden, da sie mich jetzt besser kennen.<br />
Die Praktika haben mich in meinem Berufswunsch bestärkt.<br />
M. W., Klasse 10A (Stahlindustrie: Hüttenwerke Krupp Mannesmann)<br />
Ich habe am „Büssow-Projekt“ teilgenommen, wir hatten viel mehr Förderunterricht<br />
als normalerweise und konnten uns dadurch besser auf Einstellungstests vorbereiten.<br />
Besonders wichtig für mich war es, dass wir viel Mathe geübt haben, vor allem<br />
die Formeln.<br />
Ich war bei den zehn Schülern, die bei HKM (Hüttenwerke Krupp Mannesmann) den<br />
Einstellungstest gemacht haben und ich habe bestanden.<br />
In der Schule wurden wir mit Rollenspielen und Gruppenarbeiten auf Vorstellungsgespräche<br />
vorbereitet. Dies hat mir im Vorstellungsgespräch bei HKM geholfen und ich<br />
habe einen Ausbildungsplatz bekommen.<br />
Jetzt fange ich im August eine Ausbildung als Industriemechaniker bei HKM an.<br />
Ich freue mich sehr, dass ich diesen Ausbildungsplatz bekommen habe.<br />
47
Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />
Erfahrungsberichte aus der Heinrich Böll-Schule -<br />
Berichte von Lehrerinnen, die am Projekt beteiligt waren<br />
Frau Schwarz, Klassenlehrerin 10 A 1 (Praktikumsklasse)<br />
Will man die Auswirkungen des Projekts auf den Unterricht beschreiben, so muss m.<br />
E. festgestellt werden, dass die Fächer Deutsch und Mathematik durch die Einrichtung<br />
der Förderkurse entlastet werden konnten. Den Lehrenden der Klasse 10 A 1<br />
war es möglich, den für die Zentralprüfung notwendigen Stoff zu bearbeiten, ohne<br />
sich um die Aufarbeitung alter Defizite kümmern zu müssen. Dies war insbesondere<br />
ein Vorteil, weil die Lernenden in den vorangegangenen Schuljahren z. B. in Mathematik<br />
in insgesamt 5 verschiedenen Kursen unterrichtet wurden. Aber nicht nur die<br />
Aufarbeitung im Rahmen des Förderunterrichts kann als positiv bewertet werden.<br />
Auch die zunehmende Flexibilität der Lernenden in Bezug auf den Stoff war vorteilhaft,<br />
da der Förderunterricht nicht parallel zu den Inhalten der Fachunterrichte stattfand.<br />
Für zukünftige Projekte böte es sich m. E. an, einen Schwerpunkt auf die Förderung<br />
der Allgemeinbildung zu legen. So war es im Rahmen des Projekts möglich,<br />
die Lernenden intensiv auf Eignungstests vorzubereiten. Hier wurde immer wieder<br />
deutlich, dass Fragen zur Geschichte oder Geografie die gleichen Hindernisse wie<br />
Fragen aus dem Bereich Naturwissenschaften darstellen. Mit zunehmender Sicherheit<br />
konnten hingegen Mathematikaufgaben gelöst und Deutsch- und Konzentrationstests<br />
bestanden werden. Dies zeigt m. E., dass die Lernenden daran scheitern,<br />
bereits erworbene Kenntnisse abzurufen und einzuordnen.<br />
Aber nicht nur die Auswirkungen auf den Unterricht sollten betrachtet werden, wenn<br />
man das Projekt reflektiert. Eine besondere Rolle nahm die Erstellung von Bewerbungsunterlagen<br />
ein. Im Rahmen des Projekts wurden u.a. wöchentlich 2 Stunden<br />
nach dem Unterricht angeboten, in denen Bewerbungen erstellt werden konnten.<br />
Auch die Suche nach Ausbildungsplätzen z. B. über die Internetauftritte der Kammern<br />
oder der Arbeitsagentur konnte in dieser Zeit erfolgen und so wurde in der<br />
Klasse 10 A 1 die Erstellung von mehr als 100 Bewerbungsmappen möglich. Hierdurch<br />
konnte die besondere Situation der Lernenden berücksichtigt werden, denn<br />
mehr als die Hälfte von ihnen verfügt zu Hause über keinen PC.<br />
Nicht zuletzt stellt sich die Frage, ob das Projekt Auswirkungen auf die Zusammenarbeit<br />
im Jahrgangsteam hatte. Auch diese Frage ist positiv zu beantworten, denn die<br />
regelmäßigen Sitzungen ermöglichten einen fachlichen und inhaltlichen Austausch<br />
zwischen den Kolleginnen.<br />
Bliebe noch die Perspektive für die Lernenden, die an dem Projekt teilgenommen<br />
haben: Die Einrichtung von Förderunterrichten konnte vielleicht die Sach- und<br />
Selbstkompetenz der Lernenden fördern, nicht jedoch den Mangel an geeigneten<br />
Ausbildungsplätzen aufheben. Viele Lernende der 10 A 1 werden weiter zur Schule<br />
gehen, weil sie bisher keine Stelle gefunden haben. Anzumerken ist hier, dass keine<br />
Bewerbung zu einem Einstellungstest oder -gespräch geführt hat. Es bleibt zu vermuten,<br />
dass die Bewerbungen abgelehnt wurden, weil es sich um Absolventen einer<br />
Hauptschule im Duisburger Norden handelt. Einen Imagewandel konnte das Projekt<br />
also nicht bewirken.<br />
48
Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />
Frau Kleinow, Klassenlehrerin 10 A 2 an der Heinrich –Böll-Schule<br />
Meine Beratungsarbeit lag darin, dass sich die Schüler und Schülerinnen meiner<br />
Klasse über ihre Berufsziele und ihre Berufswünsche im Klaren wurden. Sie sollten<br />
sich gezielt über Berufe informieren, über Internetrecherchen einem Berufswunsch<br />
nähern, Einblicke durch Betriebsbesichtigungen erlangen und gezielte, auf sie persönlich<br />
zugeschnittene Praktika absolvieren.<br />
Meine Planungsarbeit beinhaltete unterschiedlichste Methoden, z.B. Referate zum<br />
Thema „Mein Ausbildungswunsch“, „Bewerbungsschreiben erstellen und formulieren“,<br />
„ein Vorstellungsgespräch vorbereiten, auswerten und üben“. Durch Übungen<br />
zu Testverfahren und den zusätzlichen „Förderunterricht“ in den Fächern Mathematik<br />
und Deutsch, wurde es den Jugendlichen erleichtert, einen Zugang für ihre berufliche<br />
Zukunft zu öffnen.<br />
Teamsitzungen wurden im kollegialen Zusammenhang unabdingbar.<br />
Meine zusätzlichen Belastungen als Lehrerin lagen darin, differenzierte Praktikumsplätze<br />
zu suchen, Telefonate mit Firmen und Betrieben zu leisten, Praktikumsbetriebe<br />
aufzusuchen und die Schüler und Schülerinnen vor Ort zu betreuen. Weitere<br />
Schwerpunkte waren die Bewerbungsschreiben, Terminerinnerungen für die Berufskollegschulen,<br />
kontinuierliche Weiterführung des Berufswahlordners, als auch die<br />
Auswertung der betrieblichen und persönlichen Bewertungsbögen.<br />
Bewertungen<br />
Abschließend möchte ich anmerken, dass das Projekt den Jugendlichen als Abschlussklasse<br />
einer Hauptschule eine Chance geboten hat.<br />
Beginnend mit einem erhöhten Austausch auf Seiten der Lehrkräfte, einer gemeinsamen<br />
Planungszeit, Problembesprechung und Analyse, war der Schüler/die Schülerin<br />
immer im Fokus. Eine persönliche Schüler - Lehrerbeziehung wuchs über eine<br />
individuelle Förderung heran.<br />
Als Lehrerin im ersten Ausbildungsdurchgang haben die Rücksprachen mit dem Lehrerteam<br />
und die Betriebsbesichtigungen mich einen Schritt näher an die Berufswelt<br />
der Schüler und Schülerinnen geführt.<br />
Als besonders wichtig sehe ich die zur Verfügung gestellten „Zeitressourcen“ und<br />
die persönliche Betreuung der Jugendlichen an.<br />
Frau Föhr, Klassenlehrerin 10 B an der Heinrich-Böll-Schule<br />
Als langjährig an der GHS Heinrich Böll beschäftigte Lehrerin hatte ich oftmals Abschlussklassen<br />
zu betreuen, davon allein vier Mal eine Klasse 10 B/Abschluss Fachoberschulreife.<br />
Die Betreuung der Schüler(innen) war noch niemals so intensiv wie in diesem 10er<br />
Jahrgang – sowohl im Bereich der Berufswahlvorbereitung als auch im – notwendigerweise<br />
damit einhergehenden – persönlichen Bereich. Es war aber auch noch<br />
niemals so notwendig wie in diesem Jahr, da die Leistungen und Fähigkeiten vieler<br />
Jugendlicher an der Hauptschule eindeutig rückläufig sind.<br />
Schwerpunkt im 9. als auch im 10. Schuljahr war die Vorbereitung der Schülerbetriebspraktika.<br />
Die Schüler(innen) ihren Berufswünschen gemäß in die adäquaten<br />
Betriebe zu vermitteln erforderte sehr viel Engagement von meiner Seite, allerdings<br />
war dies eine lohnenswerte Aufgabe. Auch war es interessant, Gespräche mit den<br />
Praktikumsbetreuern in den einzelnen Betrieben zu führen und die Betriebe näher<br />
49
Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />
kennen zu lernen. Die Jugendlichen arbeiteten fast ausnahmslos sehr engagiert, was<br />
die Atmosphäre, in der sich die Praktikumsbetreuung vollzog (z.B. Gespräche mit<br />
den Betreuern), insgesamt sehr positiv beeinflusste.<br />
Meine mit den Schülern durchgeführten Betriebsbesichtigungen waren auch für mich<br />
eine Bereicherung. Ich lernte mir vorher unbekannte Produktionsstätten kennen und<br />
kam mit den für die Ausbildung von Jugendlichen zuständigen Personen in Kontakt.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt meiner Arbeit bestand in der Betreuung und Kontrolle der<br />
Bewerbungsunterlagen der Schüler(innen), da es ihnen sehr schwer fällt, eigenständig<br />
korrekte Bewerbungen zu verfassen. Dies stellt eine große Belastung dar. Es<br />
war und ist oft auch nicht einfach, die vielen Absagen der Betriebe aufzufangen und<br />
die Jugendlichen zu ermuntern, es weiter zu versuchen.<br />
Eine Nachbetreuung der Jugendlichen von schulischer Seite erscheint mir als überaus<br />
sinnvoll, da ich den Eindruck habe, durch die intensive Zusammenarbeit mit den<br />
Schüler/innen ein Vertrauensverhältnis aufgebaut zu haben und dadurch Hilfestellung<br />
geben zu können bei sicherlich oftmals auftretenden Schwierigkeiten im Berufsleben<br />
- unabhängig davon, ob die Jugendlichen in Ausbildung einmünden, einen<br />
Lehrgang absolvieren oder ein Berufskolleg besuchen.<br />
Abschließend lässt sich feststellen, dass die Arbeit im Projekt meinen Erfahrungshorizont<br />
bezüglich Berufswahl enorm bereichert hat. Ich konnte Kontakte herstellen, die<br />
mir vorher verschlossen waren. Die Arbeit war teilweise sehr umfangreich, zumal<br />
parallel dazu die Abschlussprüfungen vorzubereiten waren und wodurch man<br />
manchmal gar nicht mehr weiß „wo einem der Kopf steht.“<br />
Der zusammenfassende Bericht der Schule Beim Knevelshof<br />
Planungsarbeit<br />
Der Planungs- und Organisationsaufwand war sehr hoch, das lag sicher auch daran,<br />
dass noch keine Erfahrungen vorlagen. Der schnelle Wechsel der Plätze in der 9.<br />
Klasse erwies sich als nahezu undurchführbar, da jeder Jugendliche und jeder Betrieb<br />
individuell betreut werden musste. Ebenfalls problematisch ist eine ordentliche<br />
Evaluation in einer solchen Konstellation.<br />
Betreuungsarbeit<br />
Die Betreuung der Schüler im Praktikum ist ein zeitlich enormer Aufwand. Jeder Jugendliche<br />
muss individuell betreut werden. Ebenso jeder Betrieb. Daraus ergeben<br />
sich unzählige Gespräche und Telefonate, vor allem, wenn Probleme auftauchen.<br />
Bei ca. 60 Schülern und entsprechend vielen Betrieben entwickelt sich ein enormes<br />
Zeitproblem, wobei so erstaunlich wie lobenswert ist, wie ausführlich manche Betriebe<br />
Probleme besprechen.<br />
Arbeitsbelastung<br />
Die Arbeitsbelastung für den zuständigen Projekt-Lehrer ist sehr hoch, wenn der-<br />
oder diejenige sich alleine um die Vermittlung und Betreuung von ca. 60 Schülerinnen<br />
und Schülern und um die Betreuung bzw. den Kontakt mit entsprechend vielen<br />
Betrieben kümmern muss. Dazu kommt der zusätzliche Förderunterricht in der Schule.<br />
50
Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />
Erfahrungsbericht der Emil-Rentmeister-Schule<br />
Unsere Schülerinnen benötigen unendlich viel Hilfe, Ermutigung und Motivation. Durch<br />
das ABBEO-Projekt konnten zusätzliche Förderstunden eingerichtet werden, in denen in<br />
kleinen Lerngruppen nach individuellen Förderplänen gefördert wurden. Förderstunden<br />
und Berufswahlpass waren förderliche Unterstützungsmaßnahmen des Projekts.<br />
Die Praktika werden auch von Lehrerseite positiv bewertet.<br />
„Die Schülerinnen haben durchweg gute Erfahrungen mit den Praktika gemacht.<br />
Selbst negative Dinge werden als sinnvolle Erfahrung bezeichnet. Sie sind der Ansicht,<br />
für das Leben gelernt zu haben.” „Fast alle Kinder haben für sich den Eindruck<br />
gewonnen, in ihrer Persönlichkeit gereift zu sein. Sie geben an, offener und selbstbewusster<br />
geworden zu sein.“<br />
„Selbst Schüler, die im Unterricht Schwierigkeiten haben und verhaltensauffällig sind,<br />
haben sich angestrengt, waren zuverlässig und fleißig.”<br />
Probleme zeigten sich bei den Praktikumsplätzen insofern, als zwar Adressen<br />
möglicher Firmen angeboten wurden, aber bei Nachfrage viele Firmen keine Praktikanten<br />
aufnahmen. Besonders im handwerklichen Bereich war die Akquisition<br />
von Praktikumsplätzen schwierig. Das lag zum Teil am geringen Angebot von<br />
Praktikumsplätzen im Handwerk, zum Teil auch an der fehlenden Mobilität unserer<br />
Schüler.<br />
„Bei der Wahl der Praktikumsbetriebe zeigten sich die Schüler wenig flexibel. Sie bevorzugten<br />
Stellen im Stadtteil, waren selten bereit, einen weiteren Weg in Kauf zu<br />
nehmen." (Klassenlehrer)<br />
Handwerksbetriebe nehmen zwar für zwei Wochen Praktikanten auf, aber im Hinblick<br />
auf Übernahme in eine Ausbildung wird eine Betonung auf das Erreichen der Fachoberschulreife<br />
erwähnt, die nur einige Schülerinnen erhalten. Der Eindruck bei den<br />
Praktika ist der, dass Betriebe unsere Schüler als fleißig einschätzen, aber sich nicht<br />
den Ruck geben können, die positive Erfahrung mit unseren Schülern in eine Lehrstelle<br />
umzuwandeln. Viele Betriebe und Firmen kannten das ABBEO-Projekt nicht.<br />
Die betreuenden Lehrer betonen, dass den Schülern nur bedingt durch ABBEO geholfen<br />
werden konnte. Unsere Schüler haben mit den gleichen Problemen zu kämpfen<br />
wie in den Jahren zuvor: mangelnde, passende Lehrstellenangebote für Hauptschüler;<br />
gerade in niedrig qualifizierten Berufen. In Berufen des Bauhandwerks z. B. gab es<br />
keine Stellen. Erschwerend kam die Motivationsproblematik hinzu:<br />
„Die meisten Schüler haben gar nicht vor, eine Ausbildung zu machen. Es ist ihnen zu<br />
anstrengend. Sie können es sich nicht vorstellen, täglich zur Arbeit zu gehen. Sie setzen<br />
sich lieber noch ein Jahr auf die Schulbank. Sie haben zwar Bewerbungen geschrieben,<br />
aber hauptsächlich, um den Lehrern einen Gefallen zu tun.”<br />
Problematisch und äußerst aufwändig gestaltete sich die Kontaktaufnahme zu Ausbildungs-<br />
und Wirtschaftsbetrieben. Kooperationsverträge mit unserem Partnerbetrieb<br />
beginnen erst zu wachsen.<br />
51
Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />
Joachim Heitzer: Ein Jahr als Projekt-Lehrer in der Büssow-Initiative –<br />
Ein Erfahrungsbericht von der GHS Wiesbadener Straße<br />
Februar 2006<br />
Den 45 Schülerinnen und Schülern der neunten Klassen werde ich von meinem<br />
Schulleiter, Herrn Gerber, als der neue Projekt-Lehrer vorgestellt. 45 mir bis dahin<br />
Unbekannte sehen mich interessiert, aber auch skeptisch an und hören gleichzeitig<br />
gespannt darauf, was mein Auftauchen an ihrer Schule für Neuigkeiten mit sich bringen<br />
soll: wöchentlich fünf Stunden Förderunterricht und ein Praktikumstag während<br />
des gesamten Schuljahres und darüber hinaus bis zum Ende der Klasse 10 - zusätzlich<br />
zum normalen Lehrplan, versteht sich. Ich kann die skeptischen Blicke und aufkommenden<br />
Unmutsäußerungen verstehen. Meinem Schulleiter gelingt es halbwegs,<br />
daran zu appellieren, dass diese enorme Arbeitsbelastung sich in Wettbewerbsvorteile<br />
auf dem heiß umkämpften Ausbildungsmarkt umwandeln solle.<br />
Von Schülerseite gut angenommen wird aber bereits in der darauf folgenden Woche<br />
das zur Einstimmung auf die berufliche Orientierungsphase von der Fa. Hanschmidt<br />
aus Köln durchgeführte Seminar zur Berufs- und Lebensplanung im Bürgerhaus Hagenshof.<br />
Die Inhalte des Seminars helfen den Jugendlichen, eine Perspektivplanung<br />
für das kommende Jahr aufzustellen.<br />
Erstaunlicherweise schafft es ein Großteil der Schülerinnen und Schüler sehr schnell,<br />
selbstständig Praktikumsstellen zu finden. Fehlende Stellen werden aus dem Fundus<br />
der Schule zugewiesen oder von mir akquiriert. Kurz darauf beginnt für die Neuntklässler<br />
nach einer kompletten Woche "Kennenlernpraktikum" das zum Förderkonzept<br />
gehörende Tagespraktikum. Jeden Montag gehen die Schüler in Praktikumsbetriebe,<br />
um die Arbeitswelt hautnah zu erfahren. Ich überprüfe bei meinen regelmäßigen<br />
Betriebsbesuchen, ob die Praktikumsbetriebe grundsätzlich für eine Ausbildung<br />
geeignet sind und natürlich auch, ob das Klima zwischen Betrieb und Praktikanten<br />
stimmt.<br />
Mir wird schnell klar, dass trotz der grundsätzlichen Eignung viele Betriebe keinen<br />
Ausbildungsplatz anbieten werden. In nur wenigen Betrieben gibt es klare Aussagen<br />
darüber, wer wann was entscheidet. Oft werde ich von FilialleiterInnen darauf hingewiesen,<br />
dass Personalentscheidungen von den zentralen Gebietsleitungen getroffen<br />
würden. Die Aussichten, das Büssow-Projekt mit einem Plus an Ausbildungsstellen<br />
abzuschließen, sehen in meinen Augen zum derzeitigen Zeitpunkt nicht gerade vielversprechend<br />
aus.<br />
Juni 2006<br />
Vier Monate Büssow-Projekt liegen hinter uns. Für die Schüler sind Förderunterricht<br />
und Tagespraktikum zur Selbstverständlichkeit geworden. Gut, über die zusätzliche<br />
Arbeitsbelastung wird seitens der Schüler geschimpft. Schließlich müssen sie mehrmals<br />
wöchentlich bereits um 7.30 Uhr zum Unterricht erscheinen, der oft bis 14.30<br />
dauert. Doch die Belastung wird mit Murren akzeptiert.<br />
Den fünfstündigen Förderunterricht, den wir parallel in vier Gruppen in Deutsch, Mathematik<br />
und Allgemeinbildung erteilen, nehmen die meisten der Schülerinnen und<br />
Schüler ernst, obwohl für den Unterricht keine Noten erteilt werden. Die ersten Fortschritte<br />
sind - zumindest in Mathematik - bereits zu erkennen. Die Ergebnisse der<br />
Mathematikklassenarbeiten verbessern sich für einige Schüler deutlich. Die Fortschritte<br />
in Deutsch sind nicht so greifbar.<br />
52
Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />
Auch meine Betriebsbesuche sind zur Routine geworden. Die zusätzlichen Stundenkontingente,<br />
die auf Initiative unseres Regierungspräsidenten den am Projekt beteiligten<br />
Schulen bewilligt wurden, erlauben es mir, den Praktikumstag der Schüler für<br />
meine Betriebsbesuche und Beratungsgespräche zu nutzen. Da ich nicht alle 40 Betriebe<br />
wöchentlich besuchen kann, habe ich mir einen Besuchsplan aufgestellt. So<br />
etwa zehn Betriebe "schaffe" ich wöchentlich, der Rest wird angerufen.<br />
Die Schüler freuen sich in der Regel, mich in "ihrem" Betrieb zu sehen. Sie genießen<br />
es, mir ihre Aufgaben vorzustellen und mir so zeigen zu können, was sie "drauf haben".<br />
Auch die BetriebsinhaberInnen und FilialleiterInnen sind meist gerne bereit, mit<br />
mir über die Schüler und ihre Leistungen, aber auch über Misserfolge zu sprechen.<br />
Die schriftlichen Beurteilungen, um die ich die Anleiter im Betrieb bitte, fallen durchweg<br />
positiv aus. Hoch gehandelte Schlüsselqualifikationen wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit<br />
und Fleiß werden einem Großteil unserer Schülerinnen und Schüler bescheinigt,<br />
selbst vielen, die ich im ganz normalen Unterricht mit diesen Tugenden<br />
nicht in Verbindung bringen kann.<br />
September 2006<br />
Aus den Neuner-Schülern sind die Zehner geworden, genau gesagt, 10A und 10B.<br />
Zusätzlich zu meinen bisherigen Aufgaben bin ich jetzt Klassenlehrer der 10A. Die<br />
Zeit seit Beginn des Schuljahres habe ich genutzt, die neu zusammengesetzte Klasse<br />
daran zu gewöhnen, dass die von den Betrieben bescheinigten Schlüsselqualifikationen<br />
auch im Schulalltag gezeigt werden dürfen. Anleitung zur Pünktlichkeit, zum<br />
Mitbringen von schriftlichen Entschuldigungen und zum regelmäßigen Unterrichtsbesuch<br />
haben bisher viel Kraft gekostet - sowohl von Schüler- als auch von Lehrerseite.<br />
Der Förderunterricht hat eine neue Qualität angenommen. Standen vor wenigen Monaten<br />
die KollegInnen und ich noch oft in der 0. Stunde, sprich um 7.30 Uhr, vor stark<br />
dezimierter Schülerzahl, so sind die Reihen inzwischen deutlich voller geworden -<br />
immer noch ohne Notendruck. Offensichtlich hat sich in Schülerkreisen herumgesprochen,<br />
dass die zusätzliche Förderung sich auf die Noten in den regulären Schulfächern<br />
positiv auswirkt. Etliche aus der Schülerschaft genießen es sichtlich, in einer<br />
recht kleinen Fördergruppe eine ungewohnte Ruhe zum Lernen und Üben zu haben.<br />
Jetzt, im September, beginnt auch die neue Staffel des Tagespraktikums, das sich<br />
bis zu den Abschlussprüfungen der Zehner im April des kommenden Jahres ausdehnen<br />
soll. Wir haben uns diesmal für den Dienstag als Praktikumstag entschieden,<br />
damit der Montag dazu genutzt werden kann, die Schüler nach dem Wochenende<br />
auf die Schul- und Arbeitswoche einzustimmen. Entgegen meinen Erwartungen sind<br />
nur wenige Schülerinnen und Schüler bereit, die bereits bekannten Praktikumsbetriebe<br />
wieder aufzusuchen. An der Bereitschaft der Betriebe liegt es nicht - meist<br />
auch nicht an möglichen negativen Erfahrungen der Schüler im Betrieb. Ganz praktische<br />
Kriterien werden von Schülerseite an einen Praktikumsbetrieb gestellt: Er muss<br />
möglichst fußläufig oder mit dem Fahrrad zu erreichen sein, darf also keine Kosten<br />
verursachen, die Arbeit muss Spaß machen und - bei einigen Schülern ein Argument<br />
- er muss das Potenzial für einen Nebenjob abgeben. Gerade dem Kostenaspekt<br />
kommt eine große Bedeutung zu, da die finanziellen Mittel der Schüler schon bei der<br />
wöchentlichen Buskarte für vier Euro ihre Grenzen finden. Ich merke deutlich, dass<br />
insbesondere die älteren Schüler versuchen, eine solche Praktikumsstelle zu finden,<br />
die berechtigte Aussichten auf einen echten Nebenjob bietet, um die inzwischen gestiegenen<br />
finanziellen Bedürfnisse für Handy, Führerschein und Freizeitgestaltung<br />
selbst erfüllen zu können. Die Suche nach geeigneten Stellen ist für die meisten der<br />
53
Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />
Zehner kein großes Problem. Da fast alle gefundenen Betriebe zudem auch ausbildungsfähig<br />
sind, beginnt das Praktikum recht entspannt.<br />
Probleme erwachsen allerdings recht bald daraus, dass sich gegen Ende des letzten<br />
Praktikumsabschnittes eine kleine Gruppe von praktikumsresistenten Schülerinnen,<br />
die weibliche Form ist hier zutreffend, herauskristallisiert hat, die sich auch jetzt gegen<br />
jegliche Beratung in Richtung Praktikumsaufnahme vehement zur Wehr setzt.<br />
Da diese kleine, resistente Gruppe zugleich aus Schülerinnen meiner 10A besteht,<br />
habe ich das nächste Problem, als einige der Damen ihren Unmut gegenüber dem<br />
Praktikum mit Fehlzeiten im Unterricht kundtun. Intensive Beratungsarbeit sowie Gespräche<br />
mit Eltern, Schülerinnen und Schulleitung können Schulabbrüche noch verhindern.<br />
Januar 2007<br />
Die letzten Monate waren geprägt von breit gefächerter Berufswahlorientierung. Alle<br />
Schülerinnen und Schüler haben längst vorzeigbare Bewerbungsmappen, viele von<br />
ihnen haben auch bereits Bewerbungen verschickt. Frau Kleinkorres von ABBEO,<br />
dem Projekt zur Ausbildungsreife und Berufswahlorientierung, war unermüdlich darin,<br />
Termine für Betriebserkundungen durch die Schüler der vier am Büssow-Projekt teilnehmenden<br />
Schulen zu vereinbaren. Es gibt wohl kaum eine Branche in Duisburg,<br />
die wir nicht gemeinsam mit ihr und unseren Schülern kennen gelernt haben. Im Dezember<br />
nahmen unsere beiden Zehner-Klassen zudem an einer dreitägigen Seminarfahrt<br />
nach Bad Honnef teil. Das Seminar führte der allen bereits bekannte Berufstrainer<br />
Herr Hanschmidt mit dem Ziel durch, den Schülerinnen und Schülern den letzten<br />
Schliff im Verhalten bei Vorstellungsgesprächen zu geben.<br />
Februar 2007<br />
Durch die ersten beiden Ausbildungsplatzzusagen ihrer Mitschüler - übrigens in den<br />
Praktikumsbetrieben - zusätzlich motiviert, nutzen die Schüler im Unterricht jede Gelegenheit,<br />
um Bewerbungen zu verfassen und im Internet nach freien Ausbildungsstellen<br />
zu suchen. Die Lage sieht nicht gerade rosig aus. Für Hauptschüler werden<br />
im Internetportal "meinestadt.de", das aus Angeboten der Arbeitsagentur gespeist<br />
wird, gerade einmal 50 Ausbildungsangebote im 25-Kilometer-Radius um Duisburg<br />
angeboten. Dennoch stellen sich die ersten Erfolge der Bewerbungen ein. Fast wöchentlich<br />
berichten Schülerinnen und Schüler stolz von Einladungen zu Einstellungstests<br />
- leider aber auch enttäuscht von ersten Absagen.<br />
In einigen Praktikumsbetrieben kann ich bei meinen Besuchen teilweise einen Stimmungsumschwung<br />
feststellen. PraktikumsanleiterInnen, die mir vor einiger Zeit noch<br />
begeistert von der Motivation und der Einsatzbereitschaft unserer Schülerinnen und<br />
Schüler berichtet haben, äußern sich jetzt zunehmend verhaltener. Liegt es am näher<br />
kommenden Entscheidungszeitpunkt für ein Ausbildungsplatzangebot an die Jugendlichen<br />
oder ist inzwischen nach einem Dreivierteljahr Tagespraktikum "die Luft<br />
´raus"? Auf meine direkte Frage nach Übernahmemöglichkeiten erhalte ich meist nur<br />
indirekte Antworten mit dem Hinweis auf die unsichere wirtschaftliche Situation oder<br />
die Vielzahl der anderen auch sehr guten BewerberInnen.<br />
54
Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />
März 2007<br />
Nach Ablauf eines Jahres ist es an der Zeit, ein vorläufiges Fazit zu ziehen.<br />
Bei einer anonymen Schülerbefragung geben 30 von 39 SchülerInnen und Schülern<br />
unserer Zehner-Klassen an, dass sich aus ihrer Sicht die Mehrbelastung durch das<br />
Büssow-Projekt gelohnt hat. 30 SchülerInnen betonen, dass ihnen die Praktika einen<br />
guten Einblick in die Arbeitswelt verschaffen konnten und 35 von den 39 behaupten,<br />
dass sie sich fit für die Ausbildung fühlen.<br />
Die Halbjahreszeugnisse sind für die meisten recht gut ausgefallen. 29 SchülerInnen<br />
führen das auf den intensiven Förderunterricht zurück. Alles in allem gesehen, zeigen<br />
mir diese Umfrageergebnisse, dass unsere intensiven Bemühungen um eine umfassende<br />
Berufsorientierung in die richtige Richtung weisen. Auch wenn ich berücksichtige,<br />
dass rund ein Drittel der Zehner-SchülerInnen keine berufliche Ausbildung anstrebt,<br />
bin ich noch unzufrieden mit der Zahl der Ausbildungsverträge. Zum jetzigen<br />
Zeitpunkt haben fünf Schüler den Ausbildungsvertrag in der Tasche, ein weiterer zumindest<br />
die Absichtserklärung, übernommen zu werden. Alle Ausbildungsplätze sind<br />
aus dem Praktikum erwachsen.<br />
Diese noch relativ geringe Zahl an Ausbildungsverträgen bedeutet allerdings nicht,<br />
dass die Jugendlichen ohne Vertrag perspektivlos in die Zeit nach dem Schulabschluss<br />
sehen müssen. Drei von Ihnen wurden von der Gesamtschule für die Sekundarstufe<br />
II angenommen und 15 erhielten bereits den Aufnahmebescheid der Berufsfachschulen.<br />
Die restlichen Schülerinnen und Schüler haben sich zumindest bei den<br />
Berufskollegs angemeldet und werden dort noch getestet oder befinden sich auf der<br />
Warteliste.<br />
Das Motto, unter dem die Büssow-Initiative vor einem Jahr gestartet wurde, lautet<br />
"Niemand darf zurückgelassen werden". Die Chancen stehen nicht schlecht, dass im<br />
Juni alle Schülerinnen und Schüler der beiden Abschlussklassen nicht nur ihr Abschlusszeugnis,<br />
sondern auch eine Perspektive für die Zeit nach der Schule in der<br />
Hand halten.<br />
55
Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />
Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />
sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />
Ansatzpunkte und Erfahrungen bei der Arbeit mit Hauptschülern; Veränderungen,<br />
Erfolge und Grenzen, Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />
Die Ausgangslage bei ausgewählten Kompetenzen der Schüler/innen, exemplarisch<br />
dargestellt anhand der Ergebnisse des BWT der Arbeitsagentur, kann im Artikel von<br />
Rüdiger Bongers nachgelesen werden.<br />
Mindestens ebenso wichtig wie die faktische Basis von Wissen und Kompetenzen<br />
sind jedoch die psychischen und sozialen Voraussetzungen der Jugendlichen, vor<br />
allem in Bezug auf die nahe/ferne Arbeitswelt.<br />
Schulen und Lehrer/innen berichten, dass viele Schüler/innen Schwierigkeiten damit<br />
haben, sich in eine konkrete Zukunftsperspektive zu begeben, die länger als vier<br />
Monate beträgt. Die Jugendlichen leben in einem sozialen Umfeld, das sie von Tag<br />
zu Tag leben lehrt. Die Gewissheit, einen Ausbildungsberuf aufnehmen zu müssen<br />
um den Lebensunterhalt zu sichern, geht immer mehr verloren, die Schule sieht sich<br />
der Aufgabe gestellt, dass die Gewissheit, dass Sozialhilfekarrieren „vererbt werden“,<br />
durchbrochen werden muss.<br />
Doch auch wir Lehrer/innen stellen fest, dass der Übergang in Ausbildung und Beruf<br />
noch mehr als schon bisher in unseren Fokus genommen werden muss.<br />
Veränderungen durch das Projekt, erste Erfolge<br />
Insgesamt ist, wie es auch in vielen Abschnitten des vorangegangenen Kapitels<br />
schon latent oder explizit zum Ausdruck kommt, festzustellen, dass durch die intensive<br />
Auseinandersetzung mit dem Arbeitsfeld "Berufsfindung“ im Rahmen des Büssow-Projektes<br />
sowohl bei den direkt betroffenen Schülerinnen und Schülern der 10.<br />
Klassen, aber auch durch die schulinterne Kommunikation bei den nachfolgenden<br />
Klassen eine positiv veränderte Einstellung zur Berufswahl und Berufsfindung festzustellen<br />
ist. Dies lässt sich zum Beispiel festmachen an der Zahl der Bewerbungen, an<br />
der Zahl der besuchten einschlägigen Informationsveranstaltungen und der gezielten<br />
Nutzung der Angebote der Arbeitsagentur (Berufsberatung, BIZ-Besuche, Nutzung<br />
von Internetausbildungsbörsen).<br />
Durch die mehr als zweijährige Arbeit im Projekt ist der Bereich „Übergang Schule –<br />
Beruf“ für alle sichtbar deutlich stärker in den Mittelpunkt des Schulprogramms und<br />
der praktischen schulischen Arbeit gerückt.<br />
- Die Einführung von bis zu sechs Wochenstunden umfassendem zusätzlichen<br />
Förderunterricht,<br />
- die deutliche Ausweitung der Praktika und<br />
- die Einführung eines wöchentlichen Praktikumstages für Schüler(innen), die<br />
beispielsweise im Schuljahr 2006/07 in einer Klasse zusammengefasst wurden,<br />
haben dazu geführt, dass nicht nur im Klassenraum, sondern auch in allen anderen<br />
schulischen Bereichen (Kollegien, Lehrer- und Schulkonferenzen) eine intensive<br />
Auseinandersetzung mit dem Thema stattfand, so zum Beispiel die Erfahrungen der<br />
Heinrich-Böll-Schule.<br />
Das Projekt hat auch gezeigt, dass die Schüler(innen) zur individuellen Aufarbeitung<br />
der Berufswahlschritte regelmäßige, intensive Laufbahn- und Beratungsgespräche<br />
benötigen.<br />
„Unsere Schüler haben größere Chancen, einen Ausbildungsplatz zu finden, wenn<br />
sie einen persönlichen Kontakt aufbauen können. Die spezielle Vorbereitung führt zu<br />
56
Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />
Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />
sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />
einer besseren Orientierung und einem zielgerichteteren Verhalten der einzelnen<br />
Schüler. Sie entwickeln eine entschlossenere Herangehensweise an das Berufsleben<br />
und träumen nicht bis zum Ende der 10. Klasse davon, dass es ewig so weitergehen<br />
möge in der Schulbank. Allerdings sind leider nicht alle Schüler erreichbar.“<br />
Doch auch der „sozialpädagogische“ und positiv-emotionale Ansatz darf nicht unterschätzt<br />
werden. So wird berichtet, dass die Schüler/innen in „kritischen Situationen“<br />
regelrecht an die Hand genommen werden müssen. So wurden zum Beispiel die<br />
zehn Schüler, die zum Einstellungstest bei HKM gingen, von einer Lehrerin dorthin<br />
begleitet und zusätzlich ermutigt, ein Zuspruch, den man eigentlich schon von den<br />
Eltern erwartet oder zumindest erhofft.<br />
Eine Hauptschule betont, dass Praktika in Handwerksbetrieben bzw. in kleinen<br />
Privat-Unternehmen für einige Schülergruppen sinnvoller sind als in solch großen<br />
Unternehmen. Eine Übernahme sei dort wahrscheinlicher als bei den Großbetrieben,<br />
da die Durchfallquote bei den theoretisch anspruchsvollen Einstellungstests<br />
trotz vermehrter Förderstunden sehr hoch ist.<br />
Basiskompetenzen verbessert<br />
Zudem ist aber auch festzustellen, dass die immer wieder beschriebenen und eingeforderten<br />
Basiskompetenzen für eine Berufsausbildung wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit,<br />
Genauigkeit, Fleiß etc. sowohl in Schule wie im Praktikum von den Schülerinnen<br />
und Schülern zunehmend realisiert werden konnten, was auch von den Praktikumsbetrieben<br />
in Abfragen so bestätigt wurde. (s. Emil-Rentmeister, S. 42)<br />
Beispielhaft kommt dies im Ergebnis der Befragung der Praktikumsbetriebe, z.B.<br />
durch die Hauptschule Wiesbadener Straße, zum Ausdruck.<br />
Kriterien<br />
B efragung der Ausbildungsbetriebe zur P raktikantin / zum P raktikanten<br />
B etriebspraktikum der K lassen 9 (B üssow -Initiative) der G H S W iesbadener<br />
S traße vom 20.02.06 bis zum 12.06.06<br />
A nw esenheit<br />
P ünktlichkeit<br />
Fleiß<br />
Interesse für A rbeitsabläufe<br />
Ü berblick über A rbeitsabläufe<br />
U m sicht<br />
fachgerechtes A rbeiten<br />
O rdnung<br />
E rnsthaftigkeit<br />
S elbstständigkeit beim A rbeiten<br />
U m gang m it M itarbeitern<br />
E inschätzung der M itarbeiter<br />
m it dem P raktikanten zufrieden<br />
V ergleich m it A zubis<br />
positiv<br />
m ittelm äßig<br />
negativ<br />
0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
E insch ätzu ng<br />
Auch die Gesamtergebnisse aller vier Schulen spiegeln dieses Ergebnis im Wesentlichen<br />
wieder.<br />
57
Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />
Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts sowie Konsequenzen für die weitere schulische<br />
Arbeit<br />
Bewertung der Praktikanten durch die Betriebe<br />
100%<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
Befragung der Ausbildungsbetriebe zur Praktikantin / zum Praktikanten<br />
Betriebspraktikum (Büssow-Initiative) im 2. Schulhalbjahr 2005/2006<br />
GHS Emil-Rentmeister-Schule, GHS Wiesbadener Straße, GHS Heinrich-Böll-Schule und GHS Beim Knevelshof<br />
6,3<br />
31,0<br />
62,8<br />
Pünktlichkeit und<br />
Zuverlässigkeit<br />
3,5<br />
50,5<br />
46,0<br />
Interesse für<br />
Arbeitsabläufe<br />
9,0<br />
6,0<br />
43,3 49,5<br />
47,8<br />
44,5<br />
58<br />
3,0<br />
39,5<br />
57,5<br />
Eigeninitiative Ordnung Teamfähigkeit<br />
Bewertungskriterien<br />
nicht zufriedenstellend<br />
zufriedenstellend<br />
sehr gut
Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />
Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />
sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />
An dieser Stelle mag man sich daran erinnern, was „die Wirtschaft von den Schulabgängern“<br />
erwartet. 20 Es ist wohl nicht selbstverständlich, dass Hauptschüler/innen in<br />
derartig vielen Bereichen so positiv bewertet werden.<br />
Schulische Leistungen<br />
Zudem zeigt sich im Notenspiegel in den Förderfächern Deutsch und Mathematik<br />
eine positive Tendenz, was nicht zuletzt auf eine gesteigerte Motivation der Schüler<br />
zurückzuführen ist – und das trotz der gefühlten Mehrbelastung durch den erweiterten<br />
Stundenplan.<br />
Besonders hervorzuheben bei den erzielten Leistungen ist (für drei der vier Schulen<br />
trifft diese Konstruktion zu) dabei die Bedeutung des/der die Schülerinnen und Schüler<br />
betreuenden so genannten "Projekt-Lehrers/Lehrerin“, der/die sich eben nicht nur<br />
für Planung und Organisation des Tagespraktikums und der Kommunikation mit den<br />
Betrieben verantwortlich zeigte, sondern durch unermüdliches Nachhaken, Ansprechen,<br />
Begleiten etc. von Schülerinnen und Schülern diese auf ihren Berufsfindungsweg<br />
brachte.<br />
Weitere wichtige Erfolge:<br />
- Die Zufriedenheit der Schüler/innen<br />
Eine anonyme Befragung der Schülerinnen und Schüler zu den Ergebnissen des<br />
Büssow-Projektes zeigt, dass die meisten der Befragten mit dem Erreichten zufrieden<br />
sind und die Förderung durch die Initiative zu schätzen wissen.<br />
Hierzu beispielhaft wiederum Ergebnisse einer Befragung der GHS Wiesbadener<br />
Straße.<br />
Die Teilnahme am Büssow-Projekt hat sich<br />
für mich gelohnt<br />
Die Praktika von Klasse 9-10 fand ich wichtig<br />
für den Einblick in den beruflichen<br />
Alltag.<br />
Die Teilnahme am Lebensfindungsseminar<br />
war hilfreich für meine persönliche<br />
Entwicklung.<br />
Der Beurteilungsbogen vom Betrieb ergab<br />
gute Informationen über meine<br />
Fähigkeiten.<br />
Die zusätzlichen Förderstunden in<br />
Mathematik Deutsch, und Allgemeinwissen haben<br />
meine Leistungsnoten verbessert.<br />
Die Berufsberatung durch die Arbeitsagentur<br />
hat meine Berufswahl-Entscheidung beeinflusst.<br />
Ich fühle mich auf jeden Fall fit für<br />
einen Ausbildungsplatz<br />
4<br />
GHS Wiesbadener Straße<br />
Auswertung Büssow-Initiative Klassen 10 (2006/2007)<br />
0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
9<br />
9<br />
14<br />
14<br />
17<br />
20 (s.o. Beitrag Rehn, S. 3 Fußnote 1 sowie den Beitrag von Volker Grotensohn, S. 79ff.)<br />
15<br />
28<br />
18<br />
20<br />
2<br />
14<br />
16<br />
13<br />
13<br />
2<br />
0<br />
3<br />
0<br />
2<br />
3<br />
7<br />
Stimmt 100 %<br />
Stimmt<br />
Stimmt wenig<br />
Stimmt überhaupt nicht<br />
7<br />
4<br />
8<br />
4<br />
0<br />
6<br />
5<br />
4<br />
4<br />
3<br />
3<br />
2<br />
0<br />
59
Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />
Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />
sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />
Eine vorläufige Ausbildungsplatzbilanz<br />
Der Prozentsatz der in Ausbildungsplätze vermittelten Schüler ist augenscheinlich<br />
höher als sonst, dies kann aber noch nicht abschließend ausgesagt werden.<br />
Im (wenn also auch vorläufigen) Gesamtergebnis gilt es vor allem zu beachten,<br />
dass zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses 15.05.2007 insgesamt etwa 28<br />
Schülerinnen und Schüler bereits einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen<br />
haben. Dies sind knapp 20 % aller jetzt noch in den Abschlussklassen befindlichen<br />
Schüler/innen.<br />
Im Vergleich zu den Vorjahreszahlen aus dem Bezirk des Schulamtes Duisburg, die<br />
zwischen sechs und zehn Prozent liegen, ist dies sicherlich ein beachtliches Zwischenergebnis.<br />
Dabei sind noch weitere positive Ergebnisse des Projektes festzuhalten:<br />
- Die meisten Ausbildungsplätze stammen aus den jeweiligen Praktikumsbetrieben.<br />
- Mit drei bei ThyssenKrupp-Steel erreichten Ausbildungsplätzen treten Schüler der<br />
GHS Wiesbadener Straße in ein Unternehmen ein, das bisher keine Schüler/innen<br />
dieser Schule ausgebildet hat. Drei der vier bei HKM über die „zweite Chance“ Eingestellten<br />
haben einen Migrationshintergrund.<br />
- Es besteht die von allen Schulen geteilte und von der Schule Beim Knevelshof geäußerte<br />
Vermutung, dass dies auf eine sichtbare Stärkung der Ausbildungsreife<br />
bei vielen Schüler/innen zurückzuführen ist.<br />
Kommunikation der Projektbeteiligten und verändertes Verständnis<br />
Ein anderes positives Ergebnis des Projektes ist das durch die intensive Kommunikation<br />
zwischen den unterschiedlichen Beteiligten (Schule, Wirtschaft, Arbeitsagentur,..)<br />
entstandene bessere gegenseitige Verständnis.<br />
Die Schulen fühlen sich hervorragend unterstützt vom Haus der Unternehmer, indem<br />
den Schülerinnen und Schülern verschiedene Berufsfelder konkret vorgestellt wurden<br />
und gute Praktikumsplätze vermittelt wurden. Ebenfalls sinnvolle Unterstützung<br />
erfuhren die Schulen durch Informationen der IHK.<br />
Die erweiterten Unterrichtsinhalte, vor allem in der Berufsvorbereitung, haben eine<br />
deutliche Zunahme des Interesses an Berufen im Allgemeinen bewirkt.<br />
Das ABBEO- Projekt (siehe den Beitrag von Frau Kleinkorres) initiierte die Anschaffung<br />
des Berufswahl-Passes, welcher den Schüler/innen half, ihre Unterlagen<br />
strukturiert zu dokumentieren. Der Pass mit seiner Nachhaltigkeit war und ist<br />
sinnvoll. Zur individuellen Aufarbeitung der Berufswahlschritte bedürfen die Schülerinnen<br />
regelmäßiger Laufbahn- und Beratungsgespräche und der Umsetzung<br />
eines Portfolio-Konzeptes.<br />
60
Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />
Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />
sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />
Probleme und Grenzen des Projekts<br />
- Ausbildungsplatzvergabe bei großen Ketten<br />
Als Vermittlungshindernis erweist sich oft die zentrale Ausbildungsplatzvergabe bei<br />
großen Ketten und die besondere Gewichtung von Einstellungstests. Es entsteht oft<br />
der Eindruck, dass von Filialbetrieben bescheinigte gute Leistungen bei dem über ein<br />
Jahr dauernden Tagesbetriebspraktikum kaum oder gar nicht berücksichtigt werden.<br />
- Einbeziehung der Erziehungsberechtigten<br />
Als ebenfalls durchaus problematisch erwies sich der Versuch, die Erziehungsberechtigten<br />
in das Projekt einzubeziehen. Nicht nur die von der Schule angebotenen<br />
Beteiligungsmöglichkeiten (Elterninfoabende, Berufsplanungs- und Praktikumsreflexionsgespräche,<br />
Elternsprechtage) wurden teilweise gering genutzt, vielmehr fehlte<br />
es auch oft an der notwendigen Unterstützung seitens der Eltern in Problemsituationen<br />
in Schule und Praktikum. Hier blieben Schule und Schüler meistens auf sich alleine<br />
gestellt.<br />
- Berufskolleg als (un-) geliebte Alternative<br />
Manche Schüler/innen erreicht die Maßnahme nicht, so wollen einige lieber in ein<br />
Berufskolleg wechseln, auch wenn der Anteil derjenigen, die sich bewusst für das BK<br />
entscheiden, offensichtlich zugenommen hat.<br />
Konsequenzen:<br />
- Nachbetreuung /Lehrerstellen für Berufswahlvorbereitung von Hauptschüler/innen<br />
Die intensive Zusammenarbeit mit den Schüler(innen) hat zu einem Vertrauensverhältnis<br />
geführt, das mit dem Tag der Schulentlassung nicht abrupt enden darf. Daher<br />
sollte von der abgebenden Schule eine Nachbetreuung geleistet werden können,<br />
deren Lehrerinnen und Lehrer die jeweiligen Jugendlichen in ihrem Arbeitsverhalten<br />
kennen und sie in ihrer persönlichen Entwicklung auch bei Anpassungsschwierigkeiten<br />
in der neuen Situation unterstützen können.<br />
Diese Lehrer(innen) müssen für einen begrenzten Zeitraum noch Hilfestellungen bei<br />
auftretenden Schwierigkeiten geben – unabhängig davon, ob die Jugendlichen in<br />
Ausbildung einmünden, einen Lehrgang absolvieren oder ein Berufskolleg besuchen.<br />
Diese besonders positiven Erfahrungen der intensiven Betreuung, die u. a. auch zu<br />
einem hohen Maß an Vertrautheit von Schülern und Lehrern führte, müssen zu Konsequenzen<br />
führen, da sich beispielsweise die zusätzlichen Laufbahn- und Beratungsgespräche<br />
ohne zusätzliche personelle Ressourcen nicht im notwendigen<br />
Umfang verwirklichen lassen.<br />
Diese „Nachbetreuung“ bis Ende 2007 wird an allen vier Schulen für den jetzigen<br />
Jahrgang 10 nach der Entlassung initiiert werden, aber auch für die nachfolgenden<br />
Jahrgänge sollte eine entsprechend intensive Betreuung und inhaltliche Förderung<br />
durch Bereitstellen entsprechender Stellenanteile realisiert werden. So können auch<br />
die nachfolgenden Jahrgänge vom Projekt profitieren.<br />
61
Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />
Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />
sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />
- Veränderungen im Berufswahlvorbereitungskonzept<br />
Eine weitere folgernde schulische Konsequenz liegt in der verstärkten Bereitstellung<br />
von Tagespraktika. So kann durch längerfristige Bewährung ein Unternehmen seine<br />
möglichen Bewerber besser kennen lernen. Eine flexible Praktikumsgestaltung mit<br />
passgenauer Zuordnung und qualifizierter Betriebsbegleitung gerade für mehr Nischenberufe<br />
ist besonders bedeutsam. Auch besondere Fördermaßnahmen und die<br />
Vorbereitung auf Einstellungstests sind notwendig.<br />
Erfahrungen mit Klassen, in der die Schüler(innen) einen wöchentlichen Praktikumstag<br />
haben, führen zur Übernahme dieser Modelle in laufende Planungen.<br />
Insgesamt werden die Block- und Tagespraktika flexibler gestaltet und damit den unterschiedlichen<br />
Erwartungen und Bedürfnissen besser angepasst.<br />
Beispiel für eine Umsetzung<br />
Die Erfahrungen, die bei der Durchführung des „Büssow-Projektes“ gemacht wurden,<br />
haben an der GHS Wiesbadener Straße zum Beispiel zu Veränderungen im Berufswahlvorbereitungskonzept<br />
geführt.<br />
1. Planung, Organisation, Durchführung und Auswertung der Betriebspraktika wurden<br />
unter Einbezug der im "Büssow-Projekt“ gemachten Erfahrungen und verwendeten<br />
Materialien neu gestaltet.<br />
2. Das Modell des Förderunterrichts konnte aufgrund der hinreichenden Stellenbesetzung<br />
auch in der Klasse 9 realisiert werden und ist fester Bestandteil des Schulprogramms<br />
geworden.<br />
3. Elemente der Förderung im Bereich lebenspraktischer und berufsvorbereitender<br />
Projekte (Lebensplanungsseminare, Standortfindung – Wer bin ich? Wo stehe ich?<br />
Wo will ich hin? Wie kann es mit mir weiter gehen? – Netzwerkarbeit mit der AWO<br />
und der Caritas zur Berufsfindung) werden in Ergänzung zur bisherigen Berufswahlkonzeption<br />
in Klasse 8 und 9 in das Berufswahlvorbereitungsprogramm aufgenommen.<br />
4. Insgesamt gesehen hat sich eine schärfere Fokussierung auf den Prozess der Berufswahlvorbereitung<br />
ergeben und zwar hinsichtlich der Bedeutsamkeit des möglichen<br />
frühen Beginns der konkreten Berufswahlvorbereitung mit Beginn der Klasse 8<br />
durch<br />
- eine Berufsfindungswoche, zum Teil geschlechtsspezifisch ausgerichtet<br />
- Besuche von Ausbildungsbetrieben, Bildungszentren des Handwerks<br />
- zielgerichteten Besuch des BIZ<br />
- Initiierung einer individuellen Berufswahlvorbereitungsmappe.<br />
5. Angebote zur Vorstellung von unterschiedlichen Berufsfeldern durch entsprechende<br />
Fachleute sollten schülerinteressenorientiert genutzt werden.<br />
62
Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />
Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />
sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />
Als sehr gut bewertet werden die Initiativen von Thyssen Krupp Steel und HKM, berufsvorbereitende<br />
Lehrgänge im Betrieb anzubieten und daher streben die Hauptschulen<br />
auch weiterhin eine gute Zusammenarbeit mit diesen Unternehmen an.<br />
Auch das Lebensfindungsseminar als wesentlicher Bestandteil des Unterrichtskonzeptes<br />
gehört in diesen Zusammenhang. Hier wird durch außerschulische Partner<br />
die Arbeit der Schule – auch über den Berufswahlkontext hinaus gehend - effektiv<br />
unterstützt. Mentale Blockaden, Probleme devianter Lebensentwürfe und Diskriminierung<br />
vermeintlich minderwertiger „Hauptschulklientel” bedürfen nachhaltiger sozialer<br />
Arbeit.<br />
- Weitere Vorschläge und Ideen<br />
Des Weiteren schlägt zum Beispiel die Emil-Rentmeister-Schule vor:<br />
- Durch Projektarbeiten mit konkretem Alltagsbezug (Bau eines Gartenhauses,<br />
eines Backhauses, Umsetzen einer technischen Service- AG oder einer Mensa-AG)<br />
sollten Schüler/innen praktisch in geöffnetem Unterricht frühzeitig berufliche<br />
Interessen und Stärken erproben dürfen.<br />
- Individuelle Portfoliokonzepte und Ausbau der Förderschienen in den Hauptfächern/im<br />
Bereich Allgemeinwissen müssen implementiert werden.<br />
- Pädagogische Arrangements zur Stärkung von Selbstbewusstsein und körperlicher<br />
Leistungsfähigkeit sollten also in Schulfirmen, in den Stadtteil durchaus<br />
geöffnet, eine Form von „Produktionsschule” schaffen.<br />
- Schule muss neu gedacht, Unterricht anders konzipiert werden und Lehrern<br />
neue Bildungshorizonte nahegebracht werden.<br />
63
Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />
Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />
sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />
Gemeinsame Stellungnahme der vier Duisburger Hauptschulen:<br />
Zweieinhalb Jahre „Initiative der <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Düsseldorf</strong> zur Stärkung<br />
der Ausbildungsreife und Berufswahlorientierung“<br />
Unsere Bilanz und unser Ausblick: Was muss nun passieren?<br />
Die in der Projektphase gemachten Erfahrungen lassen die vier beteiligten Schulen<br />
zu folgenden gemeinsamen Überlegungen und Forderungen kommen, die als<br />
Grundbedingungen für die Verbesserung der erforderlichen Ausbildungsreife unverzichtbar<br />
erscheinen und die die Chancen für eine verstärkte Vermittlung in Ausbildungsberufe<br />
deutlich erhöhen können:<br />
- Eine institutionell verankerte qualitative Vernetzung zwischen Schulen einerseits<br />
sowie Industrie und Handwerk andererseits muss nachhaltig ausgebaut werden.<br />
Dabei ist eine Ausweitung auf die bislang nicht beteiligten öffentlichen Arbeitgeber<br />
sowie auf karitative Einrichtungen erforderlich.<br />
- Unbedingt erforderlich erscheint dabei eine Ausweitung des Ausbildungsplatzangebotes<br />
durch<br />
- die vermehrte Bereitstellung von Ausbildungsplätzen in Migrantenbetrieben<br />
und bei öffentlichen Arbeitgebern,<br />
- die Ausweitung von Ausbildungsprofilen, die weniger theorielastig sind<br />
und somit für Hauptschüler eine Perspektive bilden,<br />
- die Erhöhung des Stellenwertes der im Praktikum gezeigten Leistungen<br />
innerhalb des Bewerbungsverfahrens. Dabei müssten in Filialbetrieben<br />
die Praktikumsleistungen an die Zentrale weitergeleitet werden,<br />
damit sie dort berücksichtigt werden können.<br />
- Eine nachsorgende Betreuung der Jugendlichen nach der Schulentlassung durch<br />
die bisherige Vertrauensperson (Klassenlehrer/in, Berufswahllehrer/in) soll in einer<br />
wichtigen Lebensphase Stabilität schaffen und dadurch auch vorzeitige Abbrüche<br />
von Ausbildungsverhältnissen verhindern.<br />
- Die Sicherung der hohen Qualität der Berufsvorbereitungsarbeit und der nachsorgenden<br />
Betreuung kann nur mit entsprechenden zusätzlichen Stellenanteilen<br />
geleistet werden<br />
- Zusätzliche Stütz- und Stärkungsmaßnahmen, wie sie z. B. an einigen der beteiligten<br />
Schulen in Form von Lebensfindungsseminaren durchgeführt wurden, müssen<br />
finanzierbar sein. Eine Umlegung der Kosten auf die Eltern und Schüler würde<br />
eine zusätzliche soziale Auslese bedeuten.<br />
- Es muss gelingen, dass die Erziehungsberechtigten ein größeres Engagement im<br />
Berufswahlfindungsprozess zeigen. Sie dürfen nicht aus der Pflicht für die schulische<br />
und berufliche Entwicklung ihrer Kinder entlassen werden.<br />
Duisburg, im April 2007<br />
64
Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />
1. Ausgangssituation<br />
1.1. ABBEO und die Initiative zur Stärkung der Ausbildungsreife<br />
Im Februar 2005 startete das landesweite Projekt ABBEO – Projekt zur Förderung<br />
der Ausbildungsreife und Berufsorientierung in Duisburg (abbeo.nrw.de. / Unternehmerhaus-AG)<br />
mit 10 Pilotschulen. ABBEO ist ein Beratungsprojekt, das helfen soll,<br />
Berufsorientierung in Schulen zu vertiefen und zu systematisieren. Hauptziel ist,<br />
Schüler und Schülerinnen möglichst frühzeitig und gezielt auf die Berufswahl vorzubereiten.<br />
Im Herbst 2005 wurde im Rahmen eines Treffens der Kooperationspartner zur Büssow-Initiative<br />
deutlich, dass bereits 2 Schulen von 4 ausgewählten Hauptschulen<br />
durch das ABBEO-Projekt gefördert wurden. Das Aufgabenspektrum des Projektes<br />
überzeugte, da Parallelen in der Zielsetzung erkannt wurden und eine Betreuung vor<br />
Ort wichtig erschien. Um die Koordinierung und Finanzierung der Maßnahmen vor<br />
Ort zu gewährleisten, wurde daher beschlossen, auch die beiden weiteren Schulen<br />
dem Projekt „zuzuschlagen“. Da ABBEO im Herbst allerdings zunächst planungsgemäß<br />
mit dem 8.Jahrgang in allen Pilotschulen startete, wurden die vier 9-er Klassen<br />
zusätzlich aufgesetzt und parallel in den unteren Jahrgängen gearbeitet.<br />
1.2. Aufgaben von ABBEO im Rahmen der Büssow-Initiative<br />
Angelehnt an die Zielsetzungen und Umsetzung im Projekt ABBEO können folgende<br />
Aufgabenfelder definiert werden:<br />
• Projektmanagement - Koordinierung der Maßnahmen<br />
• Finanzierung von Maßnahmen<br />
• Beratung der Schulen im Kontext von ABBEO<br />
• Kontakte zur Wirtschaft:<br />
o Angebote zur Kooperation mit Unternehmen vor Ort<br />
o Veranstaltungen zur Vorstellung von Ausbildungsberufen – insbesondere<br />
für Hauptschüler<br />
o Unterstützung in der Akquise und Weitergabe von Praktikums- und<br />
Ausbildungsplätzen<br />
o Austausch mit Unternehmen zu den Ergebnissen<br />
• Fortbildungsangebote für Schüler und Lehrer<br />
o Schulungen zur Einführung des Berufswahlpasses<br />
o Workshops zum Thema „Praxislernen“ - zur Vertiefung des Unterrichtsstoffes<br />
in der betrieblichen Praxis<br />
o Angebot Lehrerbetriebspraktikum<br />
o Kompetenzchecks für Schüler<br />
o Workshops zur Lebens- und Berufswahlorientierung, Telefontrainings,<br />
Bewerbungstrainings für Schüler<br />
o Impulstage für Lehrer zur Förderung des Erfahrungsaustausches und<br />
Kennen lernen von Angeboten für Schüler z.B: Berufeparcours, Trainingsangebote,<br />
Kontakte zu Unternehmen, Informationen zum regionalen<br />
Arbeitsmarkt (z.B. Veranstaltung zur Zukunft der einfachen Berufe),<br />
Kennen lernen von Auswahlverfahren<br />
65
2. Vorgehensweise<br />
Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />
Die Vorgehensweise mit der Initiative im Rahmen des ABBEO-Projekt ist von zwei<br />
Seiten gesteuert: einmal durch die in den Lenkungssitzungen der Kooperationspartner<br />
beschlossenen Maßnahmen (Testung durch die Arbeitsagentur, zusätzliche<br />
Praktika, Stärkung der Kernkompetenzen), zum anderen durch die in den Einzelgesprächen<br />
mit den Schulen beschlossenen Maßnahmenpakete. Im Laufe des ABBEO-<br />
Projektes wurde ein Portfolio von Unterstützungsangeboten entwickelt auf Basis der<br />
Beratung und konkreten Erfahrungen im Projekt mit den Schülern. Die Vorgehensweise<br />
ist dabei prozessorientiert zu sehen – die Maßnahmen wurden aus den jeweiligen<br />
Bedürfnissen entwickelt.<br />
Ausgangspunkt der Beratungsarbeit an den Schulen war eine Ist-Standsanalyse, um<br />
ein auf die Schule und das Umfeld passende Unterstützung anbieten zu können. Der<br />
Fragenkatalog zur Analyse basiert auf dem Kriterienkatalog des „Siegels zur Berufsorientierung<br />
an Schulen“, der zur Zertifizierung führen kann. Die Auswertung erfolgt<br />
in der Schule mit der Festlegung von Zielen zur Optimierung der Berufsorientierung<br />
und Entwicklung von geeigneten Unterstützungsmaßnahmen. Ziel ist, in Anlehnung<br />
an die allgemeinen Zielsetzungen von ABBEO, Berufsorientierung für Schüler, Lehrer<br />
und Eltern als Prozess sichtbar zu machen und ein Gesamtkonzept zu entwickeln,<br />
das möglichst frühzeitig – hier ab Jahrgang 8 – startet und das in Fachcurricula und<br />
Schulprogramm festgehalten wird.<br />
In der Analyse wurden einige Gemeinsamkeiten deutlich:<br />
Die Schulen sind sehr engagiert und haben eine Vielzahl von Maßnahmen entwickelt,<br />
um den Übergang ihrer SchülerInnen von der Schule in den Beruf zu ermöglichen.<br />
In den vergangenen Jahren ist es zunehmend schwieriger geworden, diese<br />
Schüler in Ausbildung zu bringen (hierzu mehr in den Darstellungen der Schulen selber).<br />
Weiter besteht ein großer Informationsbedarf zu Möglichkeiten auf dem Ausbildungsmarkt<br />
und es fehlen Kontakte in die Wirtschaft – insbesondere das Handwerk<br />
wird hier genannt.<br />
Als Hauptursache wurde benannt:<br />
Der Arbeitsmarkt bietet Hauptschülern nicht mehr ausreichende und passende<br />
Ausbildungsangebote.<br />
Externe Unterstützung wurde eingefordert:<br />
- Informationen über den regionalen Ausbildungsmarkt und seine Chancen<br />
für Hauptschüler<br />
- Unterstützung bei der Suche nach fehlenden Praktikumsplätzen<br />
- Entwicklung weiterer Maßnahmen, die geeignet sind, Schlüsselkompetenzen<br />
der Schüler zu verbessern.<br />
2.1. Kontakte zu Unternehmen<br />
Ein wesentliches Ziel des Projektes ist, die Kontakte zu der Wirtschaft in der Region<br />
zu den Schulen zu vertiefen. Kontakte zur Arbeitswelt sind unabdingbar, um Berufsorientierung<br />
zu konkretisieren und erfahrbar zu machen – für Schüler und Lehrer.<br />
Informationen aus erster Hand sollen auf die Anforderungen in den jeweiligen Ausbildungsberufen<br />
und ihre Einstellungsvoraussetzungen vorbereiten, die Darstellung<br />
der Tätigkeiten und des betrieblichen Umfeldes einen realistischen, begreifbaren Zugang<br />
ermöglichen. Im Rahmen des ABBEO-Projektes wurde auf diese Bedarfe ent-<br />
66
Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />
sprechend reagiert durch entsprechende Informationsveranstaltungen mit regionalen<br />
Unternehmen, Kontaktvermittlung zu unterschiedlichen Betrieben, Betriebserkundungen,<br />
Ausbildern im Unterricht, Berufe-Vorstellungen in Unternehmen oder in den<br />
Schulen, Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Praktika oder Weitergabe<br />
von Ausbildungsplatzangeboten.<br />
2.1.1 Ergänzende Informationen zum Ausbildungsmarkt – insbesondere für<br />
Hauptschüler<br />
Im Zuge des Wandels von der Montan- zur Dienstleistungsindustrie auf dem regionalen<br />
Arbeitsmarkt brechen auch für Auszubildende viele traditionelle Ausbildungsberufe<br />
weg. Das macht eine Orientierung schwieriger. Berufliche Vorbilder (sofern sie<br />
vorhanden sind), die zur unkritischen Nachahmung anregten, fehlen an vielen Stellen.<br />
In Ergänzung zum Informationsangebot der Arbeitsagentur wurden spezielle Informationsveranstaltungen<br />
angeboten. Im Herbst 2005 beispielsweise zur „Zukunft<br />
der einfachen Berufe“ gemeinsam mit der UnternehmerverbandsGruppe e.V.. Hier<br />
referierten zwei Unternehmer - von Lekkerland/Tobaccoland und McDonalds zu den<br />
Chancen für Hauptschüler in ihren jeweiligen Unternehmen. Für viele Pädagogen<br />
überraschend waren die bisher unbekannten Möglichkeiten, sich hier zu bewerben<br />
und auch „Karriere“ zu machen. Die Unternehmer schilderten aber auch die Schwierigkeiten,<br />
geeignete Auszubildende zu finden. Fehlende Motivation und Leistungsbereitschaft,<br />
mangelnde Basiskenntnisse (Deutsch, Mathematik etc.) und Unkenntnis<br />
der beruflichen Anforderungen. Die große Resonanz (ca. 100 Teilnehmer) zeigte,<br />
dass diese Veranstaltung ein großer Erfolg war. Dies zeigte sich auch in späteren<br />
Einzeldiskussionen mit Pädagogen in den Schulen: Das Wissen über Ausbildungsmöglichkeiten<br />
in einfachen Tätigkeiten ist gefragt, aber weitaus nicht so bekannt wie<br />
zuvor gedacht. Im Laufe des Projekts wurde diesem Aspekt Rechnung getragen<br />
durch weitere Informationsveranstaltungen beispielsweise auch im Rahmen einer<br />
Ausbildungsakquise für die neu eingerichteten Ausbildungsberufe in Duisburger<br />
CallCentern, die den Bildungsabschluss nicht zum alleinigen Kriterium ansetzen,<br />
sondern auch geeigneten Hauptschülern eine Chance gaben. Die Liste der Unternehmen,<br />
die auch Hauptschülern eine Chance geben – beispielsweise durch die<br />
Schaffung etlicher zweijähriger Ausbildungen – ist daraufhin kontinuierlich ergänzt<br />
worden.<br />
2.1.2 Berufevorstellungen für Hauptschüler in Unternehmen und in den Schulen<br />
Um den SchülerInnen diese für sie geeigneten Ausbildungsangebote und die Unternehmen<br />
in der Region bekannt zu machen, wurde eine Vielzahl von einzelnen Berufevorstellungen<br />
mit Ausbildern und Personalverantwortlichen durchgeführt. Diese<br />
Veranstaltungen fanden sowohl in den Betrieben (sofern möglich), als auch in den<br />
Schulen statt. Hierzu waren insbesondere die ca. 230 SchülerInnen der Büssow-<br />
Initiative angesprochen. Im folgenden Schuljahr konnten auch die nachfolgenden<br />
Jahrgänge von diesen Veranstaltungen profitieren. Maximal 20 SchülerInnen konnten<br />
an den jeweiligen Veranstaltungen teilnehmen. Voraussetzung war, dass sie geeignet<br />
oder interessiert waren und sich auf diesen Termin mit Internetrecherche und<br />
Fragen zum Beruf vorbereitet hatten. Die Erfahrung mit ähnlichen Veranstaltungen –<br />
z.B. Betriebserkundungen, Berufsmessen – hat gezeigt, dass derartige Massenveranstaltungen<br />
nicht zum gewünschten Ziel führen, da viele Schüler kein Interesse zeigen<br />
und schlecht vorbereitet sind. Die gezieltere Auswahl machte möglich, dass etli-<br />
67
Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />
che Schüler sich im Anschluss auf die angebotenen Ausbildungsplätze beworben<br />
haben. Der direkte Kontakt zu den Ausbildern und Auszubildenden vor Ort erleichterte<br />
die Kontaktaufnahme auf beiden Seiten. Auch zeigte sich, dass interessiertes<br />
Nachfragen bei den Ausbildern die Bereitschaft steigerte, es mit den Bewerbern „zu<br />
versuchen“. Dies ist neben einem Praktikum eine weitere Erfolg versprechende<br />
Maßnahme, die Schülern und Ausbildern die Gelegenheit zum näheren Kennen lernen<br />
gibt.<br />
Aus dieser Arbeit konnten viele wertvolle Hinweise für den Bewerbungsprozess und<br />
über die Anforderungen gewonnen werden – für Schüler und Pädagogen gleichermaßen.<br />
Hier einige Beispiele in Stichpunkten zum Auswahlmanagement in Unternehmen:<br />
- viele Bewerbungsfristen starten direkt nach den Sommerferien am Ende des<br />
9. Schuljahres – Fristen müssen in Erfahrung gebracht werden<br />
- auch viele Bewerbungen sind kein Garant für ausreichende Auswahl: etliche<br />
Plätze bleiben unbesetzt<br />
- Chancen haben nur Bewerbungen, die den Standards entsprechen und ein<br />
entsprechend formuliertes Anschreiben aufweisen (konkret auf das Unternehmen<br />
und die beruflichen Anforderungen ausgerichtet).<br />
Für die Pädagogen war sicherlich auch noch einmal wertvoll zu erfahren, dass viele<br />
Hinweise, die sie zwar auch selbst an die Schüler weitergeben (aber oft ungehört zu<br />
bleiben scheinen), nun durch die externen Forderungen an Relevanz gewinnen. Darüber<br />
hinaus haben die Schulen wertvolle Kontakte gewonnen, die auch zukünftig genutzt<br />
werden können.<br />
Die Erfahrungen mit diesen Veranstaltungen waren unterschiedlich, aber durchaus<br />
gewinnbringend. Vielen Hauptschülern fällt es schwer, sich in diesen Veranstaltungen<br />
zu artikulieren und die „richtigen Fragen“ zu stellen. Hier ist sicherlich die in der<br />
Arbeit mit dem Berufswahlpass entwickelte Fragemethodik hilfreich, die allerdings<br />
lange Übung voraussetzt. Da die Arbeit mit dem BWP in diesem Jahrgang nur sporadisch<br />
aufgegriffen werden konnte, greift diese Methode hier nur wenig, macht aber<br />
eine frühere angeleitete Übung sinnvoll.<br />
Erfreulich war, dass viele Schüler auch einen langen Anfahrtsweg in Kauf nahmen<br />
und selbstständig – ohne Lehrerbegleitung - das Ziel erreichten. Das machte auch<br />
auf die Ausbilder Eindruck.<br />
Der Erfolg rechtfertigt letztendlich den recht hohen organisatorischen Aufwand, insbesondere,<br />
wenn Schüler konkrete Ausbildungsangebote erhalten und darauf reagieren.<br />
Die Recherche im Internet oder das Lesen von Berufsbildern in Broschüren kann<br />
letztendlich die praktischen Einblicke nicht ersetzen. Dies gilt vor allem für Hauptschüler,<br />
die die konkrete Anschauung, z.B. in Betrieben vor Ort, im Gespräch mit<br />
Auszubildenden oder hautnah bei den Arbeitsprozessen, benötigen.<br />
68
Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />
Liste der vorgestellten Berufe:<br />
Übersicht: Beispielhafte Termine in Unternehmen und Schulen mit Unternehmensvertretern<br />
zur Vorstellung von Ausbildungsberufen, den Anforderungen<br />
und Bewerbungsmodalitäten<br />
Koordination und Realisation: Projekt ABBEO<br />
Termin<br />
September<br />
06.09.2006<br />
06.09.2006<br />
07.09.2006<br />
Termin<br />
Unternehmen<br />
Bildungszentrum des Bauhandwerks,<br />
Krefeld<br />
Referetnen: 1-2-3- Azubi-fit, Ausbildungsleiter<br />
und die jeweiligen Meister im<br />
Handwerk<br />
Auszubildende<br />
Bäckerei Bolten,<br />
Referenten: Ausbildungsleiter,<br />
Auszubildende, Fachkräfte<br />
Bildungszentrum des Handwerks<br />
Referenten: Ausbilder im Handwerk<br />
Unternehmen<br />
19.09.06 Eisenbahn + Häfen<br />
Referenten: Personalabteilung/Ausbildungsbetreuung<br />
21.09. 06<br />
Oktober<br />
Verband der Spediteure und Logistik,<br />
<strong>Düsseldorf</strong><br />
Referentin: AUsbildungsleiterin<br />
Rheinkraft International GmbH,<br />
Hamborn<br />
Referent:Abteilungsdirektor<br />
Ausbildungsberufe<br />
Verschiedene Ausbildungsberufe<br />
im Bauhandwerk<br />
(Dachdecker,<br />
Fliesenleger, Baugeräteführer,<br />
Beton- und Stahlbetonbauer,<br />
Estrichleger,<br />
Kanalbauer, Gleisbauer,<br />
Maurer, Rohrleitungsbauer<br />
Straßenbauer u.a.<br />
in überbetrieblicher Ausbildung<br />
Bäcker/-in<br />
Konditor/-in<br />
Fachverkäufer/-in<br />
2-jährige Ausbildungen:<br />
- Bauten- und Objektbeschichter<br />
- KFZ-Servicemechaniker<br />
- Tischler<br />
Ausbildungsberufe<br />
Eisenbahner im Betriebsdienst<br />
Berufe im Bereich Logistik:<br />
- Fachkraft für Lagerlogistik<br />
- Servicefahrer<br />
Speditionskaufmann/frau<br />
Ort /Zeit<br />
Bildungszentrum<br />
Krefeld<br />
9.30 – 13.00 Uhr<br />
Backstube, Duisburg<br />
8.00 – 10. 30 Uhr<br />
BZH<br />
13.00 – 15.00 Uhr<br />
Ort /Zeit<br />
GHS Emil-<br />
Rentmeister<br />
9.00 – 11.30 Uhr<br />
GHS Wiesbadener<br />
Straße<br />
11.30 13.00 Uhr<br />
69
18.10.06<br />
20.10.06<br />
November<br />
15.11.06 IKEA<br />
Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />
Evangelisches Christophoruswerk<br />
e.V.<br />
Referenten: Ausbildungsleiterin<br />
und Auszubildende<br />
DK Recycling und Roheisen<br />
GmbH<br />
Referenten:Personaldirektor<br />
Ausbildungsleiter, Facharbeiter<br />
Referenten: Ausbildung, Personalentwicklung)<br />
Februar Gala – Garten- und Landschaftsverband<br />
NRW<br />
Referentin: Öffentlichkeitsarbeit<br />
Altenpflegehelfer/-in<br />
1-jährige Ausbildung<br />
Industriemechaniker im<br />
Betriebsdienst<br />
Elektroniker<br />
Bürokauffrau<br />
Fachkraft für Lagerlogistik<br />
Kauffrau/-mann im Einzelhandel<br />
-Angebot: Bewerbungstraining<br />
Christophoruswerk<br />
9.30 – 12.00 Uhr<br />
DK Recycling<br />
12.00 bis 15.00 Uhr<br />
Duisburg<br />
10.00 – 13.00 Uhr<br />
Landschafts-gärtner Duisburg-Hamborn<br />
2.2. Unterstützung bei der Akquise von Praktika und Ausbildungsplätzen<br />
Die von der Initiative bevorzugte Vorgehensweise, praktische betriebliche Erfahrung<br />
durch zusätzliche Praktika zu ermöglichen, erforderte einen großen logistischen Aufwand<br />
und wurde durch ABBEO unterstützt, wo es an konkreten Angeboten mangelte<br />
oder zusätzliche Angebote nachgefragt wurden. Insgesamt wurden 41 Praktikumsplätze<br />
über das Projekt ABBEO angeboten. Teils waren Angebote dabei, die<br />
bisher nicht im Fokus der Schüler standen, z.B. in der Briefzustellung oder im Pflegebereich.<br />
Viele Anfragen kamen außerdem zu den handwerklichen Berufen, die in<br />
Zusammenarbeit mit der Kreishandwerkerschaft befriedigt werden konnten. Wichtig<br />
ist in diesem Zusammenhang, dass sämtliche angefragten Unternehmen sofort bereit<br />
waren, Plätze zur Verfügung zu stellen – auch wenn vorige Erfahrungen mit Praktikanten<br />
nicht immer glücklich waren.<br />
Durch die Vielzahl der Unternehmenskontakte konnten auch etliche Ausbildungsplätze<br />
(über 35) direkt oder indirekt angeboten werden. Leider muss festgestellt werden,<br />
dass die Schüler selten diese Chance nutzten. Einigen Schülern gelang es in Auswahlverfahren<br />
zu kommen oder sogar einen Ausbildungsplatz. Zu erhalten.<br />
2.3. Portfolio an Maßnahmen zur Berufsorientierung<br />
Wie oben beschrieben wurden im Laufe des ABBEO Projektes zahlreiche bedarfsgerechte<br />
Angebote entwickelt oder aufgegriffen, um SchülerInnen die Gelegenheit zu<br />
geben, sich noch zielgenauer zu orientieren. Dies waren z.B. Impuls-Workshops zur<br />
Lebens- und Berufsorientierung, Benimmkurse zum Kontakt mit Unternehmen oder<br />
Telefontrainings. Mit der Handwerkerschaft wurden Kompetenzchecks und Berufeparcours<br />
entwickelt und durchgeführt, damit Schüler sich auch einmal praktisch erproben<br />
und ihre Chancen im Handwerk entdecken können. Allerdings zeigten sich<br />
auch hier deutlich die Defizite, wenn berufliche Anforderung und beispielsweise man-<br />
70
Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />
gelnde Mathematikkenntnisse Wunsch und Wirklichkeit aufzeigten. Vielen Schülern<br />
fehlte hier eine realistische Einschätzung von eigenen Kenntnissen und Fähigkeiten,<br />
gerade dies aber wird in den Bewerbungsgesprächen den Schülern abverlangt und<br />
ist unabdingbar für eine berufliche Entscheidung.<br />
Diese Angebote wurden nicht flächendeckend, sondern nach jeweiligem Bedarf abgefragt.<br />
Nicht jede Schule wollte oder konnte – beispielsweise aus zeitlichen Gründen<br />
– darauf zurückgreifen. Daher sind die Erfahrungen damit unterschiedlich. Sofern<br />
es möglich war, hat die Verfasserin an diesen Trainings partiell teilgenommen<br />
um sich einen Eindruck zu verschaffen und Angebote mit weiterzuentwickeln. Ein<br />
konkreter Erfahrungsbericht eines Referenten, Herrn Hanschmidt (Workshop zur Berufs-<br />
und Lebensorientierung) wird zur Veranstaltung am 31.05.2007 vorgelegt. Die<br />
Angebote zu Fortbildungen für Lehrer wurden ebenfalls bedarfsgerecht in Anspruch<br />
genommen. Trotz der restriktiven Politik und dem erhöhten Arbeitsaufwand war die<br />
Resonanz auf die Veranstaltungen sehr hoch. Erfreulich ist beispielsweise auch festzustellen,<br />
dass die Nachfrage nach einem Lehrerbetriebspraktikum nach einem entsprechenden<br />
Workshopangebot gerade aus diesen Hauptschulen kommt.<br />
3. Erfahrungen und Resultate<br />
3.1 Erfahrungen mit Unternehmen in der Region<br />
Ausgangspunkt der Initiative war die Aussage des RP Büssow, die Wirtschaft engagiere<br />
sich zu wenig im Kontext Ausbildung und biete Hauptschülern keine Chancen.<br />
Die Erfahrungen im Projekt zeigen, dass es durchaus reelle Chancen gibt, die vielfach<br />
wenig genutzt werden oder unbekannt sind. Die allgemeine Ausbildungsplatzsituation<br />
konnte durch die Initiative nicht beeinflusst werden.<br />
Die Bewerbungssituation auf dem gegenwärtigen Ausbildungsmarkt ist für Abgänger<br />
aller Schulformen, die sich um einen Ausbildungsplatz bemühen, denkbar schwierig.<br />
Einerseits fehlen – trotz erheblicher Anstrengungen – immer noch viele Ausbildungsplätze,<br />
andererseits bleiben zum Teil etliche Ausbildungsplätze unbesetzt.<br />
Die folgende Zusammenfassung der Ursachen kann nur exemplarisch erfolgen, da<br />
hier keine<br />
umfassende Befragung mit den Unternehmen durchgeführt wurden. Im Rahmen von<br />
ABBEO wurden insgesamt ca. 100 Unternehmen akquiriert. Durchweg signalisierten<br />
die Gesprächspartner ihre Bereitschaft, mit Schulen zusammen zu arbeiten (gemeint<br />
sind hier alle ABBEO Schulen). Sofern das Gespräch im Unternehmen stattfand,<br />
wurden diese Gespräche auch protokolliert Die Ergebnisse können für das Projekt<br />
allerdings durchaus repräsentativ sein, da sich viele Aussagen wiederholen.<br />
3.2. Wesentliche genannte Ursachen für die mangelnde Ausbildungsreife<br />
bzw. Berufsorientierung von Hauptschülern<br />
Hier noch einmal zusammengefasst die teils schon beschriebenen Ursachen für die<br />
Ablehnung von Bewerbern:<br />
• geringe Kenntnisse über den angestrebten Ausbildungsberuf – keine konkrete<br />
Vorstellung über die Tätigkeiten und Anforderungen<br />
• geringe Kenntnisse über den Ausbildungsbetrieb und die jeweilige Branche<br />
71
Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />
• Eindruck von fehlender Motivation und Leistungsbereitschaft<br />
• wenig Selbstreflexion zu den eigenen Fähigkeiten und Kenntnissen<br />
• stark eingeschränkte kommunikative Fähigkeiten<br />
• mangelnde Kenntnisse in den Kernfächern Deutsch und Mathematik<br />
Diese Feedbacks decken sich größtenteils mit den Beobachtungen der Lehrer und<br />
der Berater der Arbeitsagentur – siehe auch Ergebnisse des Testverfahrens. Es<br />
bleibt zu hoffen, dass durch die vereinten Anstrengungen ein Teil der o.g. Faktoren<br />
ausgeschlossen werden kann.<br />
3.3. Zur Bereitschaft, Hauptschüler in Unternehmen einzustellen<br />
Im Rahmen der Projektarbeit wurden zunächst Branchen und Unternehmen in der<br />
Region identifiziert, die HauptschülerInnen einstellen (würden). Das Ergebnis ist<br />
durchaus positiv: Es gibt nach wie vor etliche Betriebe, die bereit sind, Hauptschüler<br />
einzustellen, bzw. aussagen, dass hier ihre Zielklientel ist. Solide Beherrschung von<br />
Kernkompetenzen in Mathematik und handwerkliches Geschick stehen hier im Vordergrund.<br />
Wunsch und Wirklichkeit klaffen hier manchmal etwas auseinander, da die<br />
Hauptschüler oft nicht mehr die Anforderungen erfüllen, die diese Gruppe möglicherweise<br />
vor ca. 15-20 Jahren kennzeichnete. So haben sich beispielsweise etliche<br />
Ausbilder selbst nach einem einfachen Bildungsabschluss nach oben gearbeitet. Der<br />
Ruf nach den „guten Hauptschülern“ ist da, doch diese werden meist in höhere Bildungsabschlüsse<br />
weiterempfohlen, so dass diese klassische Zielklientel sich zu diesem<br />
Zeitpunkt kaum ansprechen lässt auf eine „Karriere mit Lehre“. In diesem Zusammenhang<br />
wäre es einmal wichtig zu erfahren, ob diese Bildungswege auch zum<br />
gewünschten Erfolg führen.<br />
Zum anderen spielt sicherlich auch eine Rolle, dass die Verschiebung der Adoleszenz<br />
dazu führt, dass sich viele Jugendliche den Anforderungen in der Berufswelt –<br />
noch nicht - gewachsen fühlen und eine konkrete berufliche Entscheidung vor sich<br />
herschieben.<br />
Die Idee, das regionale Arbeitsumfeld beispielsweise gezielt mit den Schülern zu erforschen,<br />
ist bei der Hauptschule Beim Knevelshof geübte Praxis und galt auch für<br />
die anderen Schulen als nachahmungswertes Beispiel. Hier zeigte sich – wie auch in<br />
vielen anderen Bereichen, dass ein intensiver Austausch für alle Beteiligten immer<br />
wieder fruchtbar ist.<br />
3.4. Anforderungen an Hauptschüler im Bewerbungsprozess heute<br />
Ein Ziel des Projekts war, Schulen die Anforderungen und Kriterien in der Bewerberauswahl<br />
in Unternehmen näher zu bringen. Dies geschah vor allem durch die Vermittlung<br />
zahlreicher Kontakte zwischen Personalverantwortlichen zu Schülern und<br />
Lehrern. Ausbilder kamen beispielsweise in die Schulen und stellten Berufsbilder vor<br />
und erläuterten die Bewerbungsmodalitäten. Umgekehrt kamen Schüler in Betriebe<br />
und konnten sich vor Ort ein Bild machen. Lehrer äußerten sich positiv über den Effekt,<br />
dass einmal „Außenstehende“ den Schülern Botschaften weitergaben, die von<br />
Seiten der Lehrer und auch Eltern nicht immer ernst genommen werden. Bewerbungstrainings<br />
wurden gezielt angeboten. Aber auch für viele Pädagogen gab es<br />
72
Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />
viele neue Aspekte, die sich nur in so einem engen Kontakt zu den Ausbilder ergeben<br />
können und in der Offenheit des gegenseitigen Austausches.<br />
Die veränderten Anforderungen in der Arbeitswelt hin zur Dienstleistungsgesellschaft<br />
machen natürlich auch nicht Halt bei den so genannten „einfachen Berufen“. Insofern<br />
sind die Anforderungen insbesondere im Hinblick auf kommunikative Fähigkeiten und<br />
ein großes Maß an Selbstständigkeit gefragt.<br />
Beispielhaft mag das hier am Bewerbungsmanagement der Schüler dargestellt werden.<br />
Über eine saubere, gut strukturierte Bewerbungsunterlage hinaus verlangen<br />
Personaler heutzutage vor allem ein gut formuliertes Anschreiben, in dem die Motivation,<br />
gerade diesen Beruf ausüben zu wollen, zum Ausdruck kommt und das zeigt,<br />
dass sich der Bewerber aktiv mit dem Unternehmen befasst hat. Dies stellt insbesondere<br />
Hauptschüler auf eine große Probe und setzt voraus, dass sich die Schüler<br />
sehr aktiv mit ihrer Berufswahl auseinandersetzen. Häufig werden hier, um das Procedere<br />
zu vereinfachen, Textbausteine entwickelt, die sich dann aber in etlichen Bewerbungen<br />
wieder finden, die im selben Unternehmen aufschlagen. Auch fehlt es<br />
häufig an der nötigen Sorgfalt, gezielt nach namentlich zu nennenden Ansprechpartnern<br />
oder nach der korrekten Berufszeichnung zu suchen.<br />
3.5. Handlungsfelder Schule und Unternehmen<br />
Die Erfahrungen mit diesem Jahrgang im Projekt zeigen, dass der vertiefte Berufsorientierungsprozess<br />
tatsächlich spätestens im 8. Jahrgang beginnen muss, um<br />
Schüler und Schülerinnen beruflich zu orientieren. Schüler wissen viel zu wenig über<br />
ihre möglichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die enge Zusammenarbeit mit der<br />
Wirtschaft ist dringend erforderlich, um Voraussetzungen und Eckdaten zu kennen.<br />
Häufige Fehler, die vermieden werden könnten:<br />
• Schüler setzten sich immer noch zu wenig mit künftigen Arbeitsfeldern und den<br />
Betrieben, in denen sie sich bewerben, auseinander<br />
• Schüler bewerben sich zu spät oder gar nicht<br />
• Problematik Berufskolleg: Nach den Anmeldefristen geht es für die Schüler „irgendwie“<br />
weiter<br />
• Fehlende Motivation (zu wenige Bewerbungen, kein Interesse an unbekannten<br />
Berufsfeldern, mangelnde Eigeninitiative)<br />
Eine bessere Kenntnis der beruflichen Anforderungen und Bewerbungsmodalitäten<br />
bei Schülern und Lehrern kann helfen, den Bewerbungsprozess besser zu koordinieren.<br />
Tatsache ist, dass Schule nicht leisten kann, was zum Teil erforderlich wäre, um<br />
Schüler „in Bewegung“ zu setzen. Ein überraschendes Ergebnis ist sicherlich, dass<br />
Schüler konkrete Ausbildungsangebote oft ausschlagen bzw. nicht zeitnah darauf<br />
reagieren.<br />
Hier ist Ursachenforschung weiterhin wichtig. Möglicherweise kann auch das Konzept<br />
der „Ausbildungspatenschaften“, das zu Beginn der Maßnahme diskutiert wurde,<br />
helfen, die Arbeit der Lehrer zu unterstützen. Ausbildungspaten begleiten SchülerInnen<br />
kontinuierlich in ihrem Bewerbungsprozess und sorgen dafür, dass Bewerbungen<br />
geschrieben und abgegeben werden und dass die Kandidaten auch tatsächlich<br />
und vorbereitet zum Bewerbungsgespräch erscheinen.<br />
73
Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />
Im Verlauf des Projektes hat sich herausgestellt, dass die nachfolgenden Jahrgänge<br />
von den Erfahrungen der Kollegen durchaus profitieren. Beispiel: Die GHS Heinrich-<br />
Böll und GHS Beim Knevelshof nahmen das Angebot eines schulinternen ABBEO-<br />
Workshops Anfang Herbst 2006 an, um sich jahrgangsübergreifend über den Projektstatus<br />
auszutauschen. Hier waren der Jahrgang 8, der nun mit ABBEO startete,<br />
genauso dabei wie die Projektstarter der ersten Stunde (Jahrgang 9) und die Schüler<br />
der Büssow-Initiative (Jahrgang 10). Es war ein guter Anfang, alle Kollegen dieser<br />
Jahrgänge mit „ins Boot zu holen“ und von den Erfahrungen der Kollegen profitieren<br />
zu lassen.<br />
Die angesprochenen Unternehmen zeigten sich sofort bereit, im Rahmen des Schulprojektes<br />
mitzuwirken. Schwieriger ist es, die Unternehmen dann auch tatsächlich ins<br />
alltägliche Schulleben zu integrieren. Als Praktikumsgeber sind sie willkommen, als<br />
Unterrichtsbegleiter - Stichwort Praxislernen – schwer zu integrieren. Zu diesem<br />
Zeitpunkt im Projekt war eine andere Umsetzung allerdings nicht leistbar. Einige<br />
Schulen haben inzwischen engere Kooperationen mit Unternehmen beschlossen<br />
oder umgesetzt.<br />
Da viele Projekte und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen Praktika bei den Unternehmen<br />
abfragen, sind diese aktuell stark in Anspruch genommen. Viele Schülerpraktikanten<br />
haben auf diesem Markt weniger Chancen, die Qualität der Praktika darf<br />
darunter keinesfalls leiden. Der beschrittene Weg, mehr zweijährige Ausbildungsangebote<br />
zu schaffen, gibt auch Hauptschülern ohne FOR–Abschluss eine Chance,<br />
auch wenn diese noch viel zu wenig genutzt wird. Zu diesen Abschlüssen müssen<br />
verstärkt Informationen in Schulen und auch in Elternhäuser fließen um sie attraktiv<br />
zu machen.<br />
74
Rüdiger Bongers: Der Beitrag des Psychologischen Dienstes der Arbeitsagentur<br />
Zielgerichtete Testung<br />
Den am Projekt beteiligten Schulen war es wichtig, ihre Schüler „zielgerichtet“ auf<br />
betriebliche Ausbildungen vorzubereiten bzw. geeignete individuelle Fördermaßnahmen<br />
anzubieten. Um dies zu erreichen, war es von Bedeutung, den aktuellen Stand<br />
(bezogen auf schulabhängige Kenntnisse) ihrer Schüler in entsprechenden betrieblichen<br />
Auswahlverfahren zu erfahren. Leider war es dazu nicht möglich, auf die betrieblichen<br />
Testverfahren zurückzugreifen, sondern es mussten andere Möglichkeiten<br />
der objektiven Erfassung dieser Kenntnisse gewählt werden.<br />
Hier bot es sich an, den Psychologischen Dienst der Agentur für Arbeit zu nutzen,<br />
der unter anderem mit dem Berufswahltest (BWT) über eine Eignungsuntersuchungsserie<br />
verfügt, die den betrieblichen Testverfahren sehr ähnlich ist. Dieser Test<br />
beinhaltet Verfahren, die unter anderem „Räumliches Vorstellen“, „Rechnerisches<br />
Denken“, „Sprachbeherrschung“ und „Rechtschreibung“ erfassen.<br />
Bei dem Berufswahltest handelt es sich um ein Verfahren, das sich an Haupt- und<br />
Realschüler ab 14 Jahren wendet, die eine berufliche Ausbildung anstreben. Der Berufswahltest<br />
soll den Schülern bei der Beantwortung folgender Fragen helfen: 21<br />
- Bringe ich die Voraussetzungen für meine Wunschberufe mit?<br />
- Wie kann ich mehr über meine Fähigkeiten und beruflichen Interessen erfahren?<br />
- Welche Berufe/Berufsbereiche passen zu mir?<br />
- Soll ich eine weiterführende Schule besuchen?<br />
Bundesweit werden jährlich ca. 35.000 Untersuchungen mit diesem Berufswahltest<br />
durchgeführt, aber die tatsächliche Anzahl der Personen, die jährlich Tests aus dieser<br />
Batterie bearbeiten, ist noch wesentlich höher (über 100.000 Ratsuchende), denn<br />
die Verfahren des BWT sind auch Bestandteil von zahlreichen psychologischen Untersuchungen<br />
in den Arbeitsagenturen. Dabei liefert der Berufswahltest nicht nur<br />
schulbezogene Vergleichswerte, sondern auch berufsbezogene.<br />
In kurzfristigen Abständen werden regelmäßig Überprüfungen vorgenommen, ob die<br />
erhobenen Vergleichswerte noch gültig sind. Die zuletzt durchgeführte Untersuchung<br />
fand im Jahre 2004 statt. Daran wird deutlich, dass es sich bei diesem Testverfahren<br />
um ein wissenschaftlich abgesichertes Verfahren handelt, mit einer Datenbasis, die<br />
viele andere auf dem Markt verwendete Tests nicht vorweisen können. 22<br />
Frühere Ergebnisse des Berufswahltestes wurden beispielsweise für die Feststellung<br />
von Veränderungen in den kognitiven Leistungsvoraussetzungen der Schulabgänger<br />
hinzugezogen oder verwendet. 23 In diesem Artikel ist sicherlich die schon 1979 von<br />
Seiten der Ausbildungsbetriebe geäußerte Kritik interessant, dass die tatsächlichen<br />
Leistungen der Bewerber nicht den betrieblichen Anforderungen entsprechen.<br />
21 so der Flyer „Fit für den Sprung ins Berufsleben?“ der Bundesagentur für Arbeit<br />
22 Weiter gehende Informationen dazu enthält der Artikel von W. Engelbrecht, Computerunterstützte<br />
berufsbezogene Testauswertung im Dienst der Berufsberatung, Zeitschrift für Arbeits- u. Organisationspsychologie<br />
(1994) 38 (N.F.12) 4)<br />
23 siehe dazu den Berufsbildungsbericht 1999, „Leistungsvoraussetzungen von Schulabgängern und<br />
Schulabgängerinnen“; Quelle:<br />
http://berufsbildungsbericht.info/_htdocs/bbb1999/teil2/kap_3/teil2_3_2_6.htm<br />
75
Rüdiger Bongers: Der Beitrag des Psychologischen Dienstes der Arbeitsagentur<br />
Die Testdurchführung<br />
Zur Feststellung der Ausgangssituation an den Schulen des Projektes stützte sich<br />
der Psychologische Dienst der Agentur für Arbeit u. a. auf folgende Testverfahren<br />
aus dem BWT:<br />
Sprachbeherrschung, bestehend aus:<br />
- Sprachlogisches Denken<br />
- Sprachliche Abstraktionsfähigkeit<br />
Rechtschreibung<br />
Rechnerisches Denken, bestehend aus:<br />
- Textrechnen<br />
Grundrechnen<br />
Bruch-, Dezimal-, Prozentrechnen 24<br />
Um den Schülern eine Rückmeldung nicht nur über ihre Kenntnisse in den Bereichen<br />
Deutsch und Mathematik geben zu können, sondern ihnen eventuell auch Tipps und<br />
Hinweise für ihre weiteren beruflichen Zielplanungen mitteilen zu können, wurden<br />
zusätzliche Verfahren aus dem BWT zum räumlichen Vorstellungsvermögen und<br />
zum technischen Verständnis (wichtig für viele handwerklich-technische Berufe) mit<br />
einbezogen, Verfahren, die kein Schulwissen, sondern eher die Begabung für bestimmte<br />
Bereiche erfassen.<br />
Auch wurde der Faktor „Logisches Denken“ gesondert durch zwei Verfahren aus<br />
dem Leistungsprüfsystem von Horn 25 erfasst. Die Fähigkeit, logisch zu denken wird<br />
in zahlreichen Intelligenztheorien als Bestandteil menschlicher Intelligenz betrachtet<br />
und findet somit auch Eingang in entsprechenden Testverfahren zur Personalauswahl.<br />
Die Ergebnisse in den Bereichen Deutsch und Mathematik dieser ersten Untersuchung<br />
im Jahre 2005 bildeten für entsprechende Fördermaßnahmen die Grundlage.<br />
Dabei wurde für jeden Schüler ein Datenblatt mit seinen Leistungen in den einzelnen<br />
Aufgabengruppen erstellt, um individuell den Förderbedarf festzuhalten.<br />
Die Gesamtergebnisse dieser Untersuchungen im Jahre 2005 sind nachfolgend<br />
dargestellt. Untersucht wurden insgesamt 207 Schüler der 8. Klassen von 4 Hauptschulen.<br />
24 Die Beispielaufgaben zum mathematischen Teil sind im Anhang enthalten.<br />
In diesem Zusammenhang sei auch auf den Artikel von L. Schmitz-Atzert, B. Deter und S. Jaeckel,<br />
Prädiktion von Ausbildungserfolg: Allgemeine Intelligenz (g) oder spezifische kognitive Fähigkeiten?,<br />
(Zeitschrift für Personalpsychologie, 3 (4), 147-158, Hogrefe Verlag, Göttingen 2004) verwiesen.<br />
25 Wolfgang Horn: Leistungsprüfsystem, Göttingen 1983, Hogrefe<br />
76
Rüdiger Bongers: Der Beitrag des Psychologischen Dienstes der Arbeitsagentur<br />
(n=207)<br />
Logisches Denken<br />
Sprachbeherrschung<br />
Rechtschreibung<br />
Rechnerisches Denken<br />
Räumliches Vorstellen<br />
Technisches Verständnis <br />
unterdurchschnittliche<br />
Leistungen<br />
28,1 % (58)<br />
63,8 % (132)<br />
57 % (118)<br />
60,9 % (126)<br />
48,3 % (100)<br />
49,2 % (102)<br />
durchschnittliche<br />
Leistungen<br />
59,9 % (124)<br />
33,8 % (70)<br />
37,7 % (78)<br />
37,7 % (78)<br />
47,8 % (99)<br />
44,9 % (93)<br />
überdurchschnittliche<br />
Leistungen<br />
11 % (25)<br />
2,4 % (5)<br />
5,3 % (11)<br />
1,5 % (3)<br />
3,9 % (8)<br />
5,8 % (12)<br />
Die Ergebnisse zeigen sehr anschaulich, dass über 70 % der Schüler über zumindest<br />
ausreichende und bessere Fähigkeiten im schlussfolgernden sprachfreien Denken<br />
verfügen, eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt lernen zu können. Im Bereich<br />
der Kulturtechniken dagegen verfügt über die Hälfte der Schülerinnen und Schüler<br />
nicht über eine ausreichende Sprachbeherrschung. Ebenso unzureichend sind die<br />
Rechtschreibkenntnisse und die Leistungen in der Aufgabengruppe „Rechnerisches<br />
Denken“. In den schulunabhängigen Aufgabengruppen „Räumliches Vorstellen“ und<br />
„Technisches Verständnis“, Aufgaben, die eher die Begabung erfassen, also kein<br />
Schulwissen, gibt es eine Gleichverteilung, was unterdurchschnittliche und durchschnittliche<br />
(und bessere) Leistungen betrifft.<br />
Rechenart<br />
(n=207)<br />
Addition<br />
Subtraktion<br />
Multiplikation<br />
Division<br />
Bruchrechnen<br />
Dezimalrechnen<br />
Prozentrechnen<br />
beherrscht<br />
93,2 % (193)<br />
71,0 % (147)<br />
73,4 % (152)<br />
45,9 % (95)<br />
9,7 % (20)<br />
15,0 % (31)<br />
6,8 % (14)<br />
nicht beherrscht<br />
6,8 % (14)<br />
29,0 % (60)<br />
26,6 % (55)<br />
54,1 % (112)<br />
90,3 % (187)<br />
85,0 % (176)<br />
93,2 % (193)<br />
77
Rüdiger Bongers: Der Beitrag des Psychologischen Dienstes der Arbeitsagentur<br />
Von den vier Grundrechenarten beherrschen die Schülerinnen und Schüler das Addieren<br />
am besten. Jede vierte Schülerin bzw. Schüler kann dagegen von fünf einfachen<br />
Subtraktionsaufgaben keine vier Aufgaben richtig lösen. Dies gilt auch für das<br />
Multiplizieren. Noch größere Probleme zeigen sich beim Dividieren. Hier gelingt es<br />
noch nicht einmal jeder zweiten Schülerin/jedem zweiten Schüler, vier von fünf einfachen<br />
Divisionsaufgaben erfolgreich zu bearbeiten.<br />
Unzureichende Kenntnisse sind außerdem im Bruch-, Dezimal- und Prozentrechnen<br />
festzustellen. Von zehn Schülern gelingt es einem beispielsweise im Bruchrechnen,<br />
von vier Aufgaben drei richtig zu lösen. Das Dezimalrechnen gelingt etwas besser<br />
(15 % beherrschen es), jedoch nur 14 Schüler von 207 (nur 6,8 %) „beherrschen“<br />
das Prozentrechnen.<br />
Ergebnisse der Leistungstests an den vier Duisburger Hauptschulen im Sommer<br />
2005 und Frühjahr 2007 im Vergleich<br />
Um abzuklären, inwieweit die Förder- bzw. Unterstützungsmaßnahmen an den vier<br />
Schulen gegriffen haben, wurde im März 2007 eine erneute Testung durchgeführt.<br />
Es wurde sich aber jetzt darauf beschränkt, ausschließlich die geförderten Bereiche<br />
abzufragen. Es wurden also ausschließlich Verfahren zur Überprüfung der sprachlichen<br />
und mathematischen Leistungen eingesetzt, um in einem direkten Vergleich<br />
zum Test im Jahr 2005 Veränderungen abzulesen. An dieser Vergleichsuntersuchung<br />
nahmen insgesamt 135 der vorherigen 207 Schüler teil, und die Ergebnisse<br />
dieser 135 Schüler bilden die Grundlage für den Vergleich.<br />
(n=135)<br />
Sprachbeherrschung<br />
Rechtschreibung<br />
Rechnerisches Denken<br />
unterdurchschnittliche<br />
Leistungen<br />
2005<br />
61,5%<br />
(83)<br />
59,3%<br />
(80)<br />
58,5%<br />
(79)<br />
2007<br />
38,5%<br />
(52)<br />
37,0%<br />
(50)<br />
48,9%<br />
(66)<br />
durchschnittliche<br />
Leistungen<br />
2005<br />
37,0%<br />
(50)<br />
34,1%<br />
(46)<br />
40,0%<br />
(54)<br />
2007<br />
43,7%<br />
(59)<br />
51,1%<br />
(69)<br />
42,3%<br />
(57)<br />
überdurchschnittliche<br />
Leistungen<br />
2005<br />
1,5%<br />
(2)<br />
6,7%<br />
(9)<br />
1,5%<br />
(2)<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass es den Schülern im Vergleich zur ersten Testung gelungen<br />
ist, sich hoch signifikant zu verbessern. Während 2005 61,5 % der Schüler<br />
keine ausreichende Sprachbeherrschung aufweisen konnten, sind es im Jahr 2007<br />
nur noch 38,5%. Auch in der Rechtschreibung sind entsprechende Verbesserungen<br />
78<br />
2007<br />
17,8%<br />
(24)<br />
11,9%<br />
(16)<br />
8,9%<br />
(12)
Rüdiger Bongers: Der Beitrag des Psychologischen Dienstes der Arbeitsagentur<br />
festzustellen. Noch 2005 zeigten 80 Schüler (59,3%) keine ausreichenden Rechtschreibleistungen,<br />
im Jahr 2007 dagegen waren es „nur“ noch 50 (37%). 79 Schüler<br />
(58,5%) hatten 2005 im rechnerischen Denken größere Schwierigkeiten. Im Jahr<br />
2007 waren/sind es „nur“ noch 66 Schüler (48,9%). Die statistische Überprüfung dieser<br />
Verbesserungen bestätigt in den genannten Vergleichsgruppen hoch signifikante<br />
Unterschiede auf einem Signifikanzniveau von 5% (bei zweiseitiger Fragestellung).<br />
Inwieweit diese Unterschiede (Verbesserungen) nun auch tatsächlich (unter streng<br />
wissenschaftlichen Gesichtspunkten) in erster Linie auf die Fördermaßnahmen zurückzuführen<br />
sind, kann jedoch leider aus psychologischer Sicht nicht eindeutig beantwortet<br />
werden. Es fehlen zum Vergleich Testergebnisse von einer Gruppe von<br />
Schülern, die keine Fördermaßnahmen erhalten haben.<br />
Rechenart<br />
(n=135)<br />
Addition<br />
Subtraktion<br />
Multiplikation<br />
Division<br />
Bruchrechnen<br />
Dezimalrechnen<br />
Prozentrechnen<br />
2005<br />
94,1% (127)<br />
74,8% (101)<br />
74,1% (100)<br />
50,4% (68)<br />
11,1% (15)<br />
15,6% (21)<br />
6,7% (9)<br />
beherrscht<br />
2007<br />
95,6% (129)<br />
80,7% (109)<br />
71,1% (96)<br />
51,9% (70)<br />
14,8% (20)<br />
29,6 (40)<br />
17,8% (24)<br />
nicht beherrscht<br />
2005<br />
5,9% (8)<br />
25,2% (34)<br />
25,9% (35)<br />
49,6% (67)<br />
88,9% (120)<br />
84,4% (114)<br />
93,3% (126)<br />
2007<br />
4,4% (6)<br />
19,3% (26)<br />
28,9% (39)<br />
48,1% (65)<br />
85,2% (115)<br />
70,4 (95)<br />
82,2% (111)<br />
Signifikant bessere Leistungen gelingen den Schülern ebenfalls im Bruch-, Dezimal-<br />
und Prozentrechnen. Im Bruch-, Dezimal- und Prozentrechnen sind teilweise erhebliche<br />
Steigerungen (z.T. über 10%) festzustellen, dennoch kommen über die Hälfte<br />
der Schüler mit diesen Rechenarten immer noch nicht ausreichend zurecht. Hier ist<br />
somit noch Handlungsbedarf, um die Schüler konkurrenzfähiger zu machen. Verbesserungen<br />
sind auch in der Bearbeitung der Subtraktionsaufgaben festzustellen, jedoch<br />
sind diese nicht signifikant.<br />
Besonders auffällig ist noch ein Ergebnis. Multiplikationsaufgaben wurden 2005 besser<br />
gelöst als in diesem Jahr. Die Unterschiede sind jedoch nicht signifikant, so dass<br />
es sich wohl eher um „zufällige“ Unterschiede handelt. Keine wesentlichen Unterschiede<br />
zeigen sich bei der Überprüfung der Leistungen beim Dividieren.<br />
79
Rüdiger Bongers: Der Beitrag des Psychologischen Dienstes der Arbeitsagentur<br />
Anhang<br />
Textrechnen (Rechnerisches Denken):<br />
Beispielaufgaben:<br />
Die Herstellung eines Kastens dauert ½ Stunde. Wieviel Kästen werden in 15 Stunden<br />
hergestellt?<br />
Walter verdient 13 € pro Stunde. Wieviel € verdient er in 7 Stunden?<br />
Grundrechnen:<br />
Eine Rechenart gilt als beherrscht, wenn von 5 Aufgaben mindestens 4 gelöst werden.<br />
Addition: 369 + 789<br />
Subtraktion: 1745 – 868<br />
Multiplikation: 24 x 38<br />
Division: 1680 : 48<br />
Bruch-, Dezimal- und Prozentrechnen<br />
Eine Rechenart gilt als beherrscht, wenn von 4 Aufgaben mindestens 3 gelöst werden.<br />
Bruchrechnen: 1/8 : 1/3<br />
Dezimalrechnen: 9 : 0,3<br />
Prozentrechnen: 4 ist ? % von 80<br />
80
Michael Vogel: Aktivitäten der HKM mit der Partnerschule „Beim Knevelshof“<br />
Kurzer Abriss der Aktivitäten der HKM mit der Partnerschule „Beim Knevelshof“,<br />
Duisburg<br />
Wir haben unsere Aktivitäten auf die Schulabgänger 2007 konzentriert. Frau Kroll, im<br />
Rahmen der Initiative tätige Lehrerin an der Schule „Beim Knevelshof“, hat zunächst<br />
die Anzahl der Schulabgänger insgesamt festgestellt. Dies waren 65.<br />
Anschließend hat sie analysiert, wer von den Schulabgängern an den bei HKM ausgebildeten<br />
Berufen im Metall- und Elektrobereich interessiert ist. Das waren zehn<br />
ernsthaft Interessierte. Diese zehn Schüler haben in enger Abstimmung mit mir als<br />
zuständigem Ausbildungsleiter der HKM das Erstellen von Bewerbungen in der<br />
Schule trainiert, zusätzlich gab es über einen längeren Zeitraum intensiven Unterricht,<br />
ebenfalls in der Schule, zu den möglichen Themen im Eignungstest.<br />
Alle zehn interessierten Schüler waren dann geschlossen beim Eignungstest bei<br />
HKM. Das Ergebnis war, dass vier von zehn bestanden haben, anschließend durch<br />
ein Assessmentcenter gelaufen sind und ab 13. August 2007 eine Ausbildungsstelle<br />
haben, vorbehaltlich des Ergebnisses der werksärztlichen Untersuchung bei HKM.<br />
Wir meinen, dass vier erfolgreiche (von zehn) Bewerbern ein toller Erfolg ist. Wir haben<br />
mit dieser Aktion einen kompletten Jahrgang, der sich vorher als interessiert gemeldet<br />
hat, erfasst und den Leistungsstand im Eignungstest chancengleich analysiert.<br />
Besonders erfreulich ist, dass von den vier Bestehern drei einen Migrationshintergrund<br />
haben.<br />
Die im Eignungstest ermittelten "Grenzgänger" werden von der Schule weiter betreut.<br />
Die Büssowinitiative war aus unserer Sicht ein guter Erfolg. Die vier Schüler hätten<br />
ohne die intensive Betreuung durch die Schule und die ebenso intensive Beratung<br />
durch HKM möglicherweise keine Ausbildungsstelle erhalten.<br />
81
Volker Grotensohn: Ausbildung von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss<br />
Ausgangslage<br />
Während die Anforderungen an eine duale Ausbildung in vielen Berufen kontinuierlich<br />
steigen, wächst die Zahl von Schulabgängern/-innen, die diesen Anforderungen<br />
nicht gerecht werden. So haben bei der ThyssenKrupp Steel AG am Standort Duisburg<br />
im Einstellungsjahr 2006 von 1328 getesteten Bewerbern für einen industrielltechnischen<br />
Beruf 60 % den Einstellungstest nicht bestanden. Bei den Bewerbern<br />
mit Hauptschulabschluss lag die Quote deutlich höher. Die Struktur der Bewerber<br />
nach Schulabschlüssen für die industriell-technischen Berufe zeigt nachfolgende<br />
Grafik:<br />
Bei den Bewerbern um einen kaufmännischen oder IT-Beruf fallen diejenigen mit einem<br />
Hauptschulabschluss nicht ins Gewicht (2 %).<br />
Insgesamt haben sich am Standort Duisburg 312 junge Menschen mit einem Hauptschulabschluss<br />
beworben, von denen 209, also 67 %, zum Einstellungstest eingeladen<br />
wurden. 182 (87 %) haben am Test teilgenommen; eingestellt wurden schließlich<br />
12 (7 %) junge Menschen mit Hauptschulabschluss. Zum Vergleich: für alle industriell-technischen<br />
Berufe lag die Quote der besetzten Ausbildungsplätze zu den Bewerbungen<br />
bei 1:16, also 6,25 %, wobei die Quoten in den einzelnen Berufen sehr<br />
unterschiedlich sind und zwischen 1 % (Chemielaboranten) und 20 % (Tischler) liegen.<br />
Das Verhältnis 1:16 zwischen den zu besetzenden Ausbildungsplätzen (143) und der<br />
Anzahl der Bewerber (2279) suggeriert, dass ThyssenKrupp Steel am Standort Duisburg,<br />
sozusagen „aus dem Vollen“ schöpfen und alle Ausbildungsplätze nur mit sehr<br />
guten Ausgewählten und Abiturienten besetzen könnte. Dieser Eindruck ist falsch !<br />
82
Volker Grotensohn: Ausbildung von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss<br />
Tatsache ist, das ThyssenKrupp Steel jedes Jahr bis zum letzten Tag vor Ausbildungsbeginn<br />
geeignete Bewerber sucht und in einzelnen Berufen auch Jugendliche<br />
einstellt, die den selbst gesetzten und allgemeinen Anforderungen (siehe unten) nicht<br />
entsprechen. Aus diesem Grund unterstützt ThyssenKrupp Steel auch die Büssow-<br />
Initiative, weil sich einerseits für den Hauptschüler aufgrund der vielfältigen Maßnahmen<br />
eine realistische Perspektive für den Arbeitsmarkt entwickeln kann und andererseits<br />
die prinzipiell vorhandenen Fähigkeiten und Kompetenzen dieser Personengruppe<br />
für die Ausbildung bei TKS von Nutzen sein können.<br />
1 Anforderungen der Wirtschaft an Bewerber<br />
Die Anforderungen der Wirtschaft an Lehrstellenbewerber sind im Faltblatt „Was<br />
erwartet die Wirtschaft von den Schulabgängern?“ der Industrie- und Handels-<br />
kammern in Nordrhein-Westfalen eingehend beschrieben. 26 Die wichtigsten Kri-<br />
terien für die Auswahl von Auszubildenden sind:<br />
Fachliche Kompetenzen<br />
1. Grundlegende Beherrschung der deutschen Sprache<br />
- klare Sprache, verständliche Formulierungen<br />
- Rechtschreibung und Grammatik<br />
2. Beherrschung einfacher Rechentechniken<br />
- Grundrechenarten<br />
- Dezimalzahlen und Brüche<br />
- Maßeinheiten<br />
- Dreisatz und Prozentrechnen<br />
- Berechnung von Fläche, Volumen und Masse<br />
- Grundlagen der Geometrie<br />
- Textaufgaben verstehen<br />
Soziale Kompetenzen<br />
1. Kooperationsbereitschaft – Teamfähigkeit<br />
2. Höflichkeit – Freundlichkeit<br />
3. Konfliktfähigkeit<br />
4. Toleranz<br />
26 vgl. den Hinweis im Beitrag Rehn auf S. 3, Fußnote 1<br />
83
Volker Grotensohn: Ausbildung von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss<br />
Persönliche Kompetenzen<br />
1. Zuverlässigkeit<br />
2. Lern- und Leistungsbereitschaft<br />
3. Ausdauer – Durchhaltevermögen – Belastbarkeit<br />
4. Sorgfalt – Gewissenhaftigkeit<br />
5. Fähigkeit zu Kritik und Selbstkritik<br />
Auffällig ist, dass die größten Defizite eindeutig im Bereich der Beherrschung einfacher<br />
Rechentechniken liegen.<br />
Die Aufstellung der 10 wichtigsten Eigenschaften bei Auszubildenden sieht so aus.<br />
Merkmale von Ausbildungsreife („Top Ten“)<br />
Einschätzungen der Fachleute Einschätzungen der Auszubilden-<br />
1. Zuverlässigkeit 1. Zuverlässigkeit<br />
den<br />
2. Bereitschaft zu lernen 2. Bereitschaft zu lernen<br />
3. Bereitschaft, Leistung zu zeigen 3. Bereitschaft, Leistung zu zeigen<br />
4. Verantwortungsbewusstsein 4. Höflichkeit<br />
5. Konzentrationsfähigkeit 5. Verantwortungsbewusstsein<br />
6. Durchhaltevermögen 6. Konzentrationsfähigkeit<br />
7. Beherrschung der Grundrechenarten 7. Durchhaltevermögen<br />
8. Einfaches Kopfrechnen 8. Beherrschung der Grundrechenarten<br />
9. Sorgfalt 9. Sorgfalt<br />
10. Rücksichtnahme 10. Selbstständigkeit<br />
2 Wahrnehmung von Hauptschüler/-innen<br />
Die Hauptschüler/-innen, die sich bei TKS bewerben, ein Praktikum absolvieren oder<br />
am Tag der offenen Tür erscheinen, fallen auf:<br />
- Sie haben oftmals schlechte Deutschkenntnisse.<br />
- Ihr Sozialverhalten entspricht häufig nicht den Vorstellungen; sie verhalten<br />
sich unangepasst und wirken uninteressiert.<br />
- Die Bewerbungsunterlagen haben vielfach Formfehler und Rechtschreib-<br />
mängel.<br />
84
Volker Grotensohn: Ausbildung von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss<br />
- Im persönlichen Gespräch sind sie häufig unbeholfen, wenig mitteilsam und<br />
uninformiert.<br />
Trotzdem entsteht oft der Eindruck, dass in dieser Personengruppe ein Potential vorhanden<br />
ist, das weitaus größer ist, als die äußeren Erscheinungsformen erkennen<br />
lassen.<br />
3 Ausbildungserfolg und Schulabschlüsse<br />
Im Rahmen einer Diplomarbeit wurde der Auswahlprozess für Auszubildende bei<br />
ThyssenKrupp Steel evaluiert. Dafür ist ein Teil der umfänglichen Daten (TKS stellt<br />
seit Jahren ca. 320 Auszubildende pro Jahr ein und erhält pro Jahr ca. 6500 Bewerbungen)<br />
des Einstellungsprozesses bei ThyssenKrupp Steel analysiert und bewertet<br />
worden. Die abschließende Auswertung ergab u.a.:<br />
- Der Anteil der Hauptschüler an den Ausgebildeten lag im industriell-<br />
technischen Bereich bei ca. 5 %, im kaufmännischen Bereich bei ca. 0 %.<br />
- Die Anzahl der geeigneten Bewerber (nach Einstellungstest) im Verhältnis<br />
zur Gesamtzahl der Bewerber ist in den einzelnen Berufen sehr unterschied-<br />
lich.<br />
- In einem Beruf gibt es weniger geeignete Bewerber als Ausbildungsplätze,<br />
obwohl sich elfmal mehr Schulabgänger beworben haben, als Plätze vor-<br />
handen waren.<br />
- Auszubildende mit höheren Schulabschlüssen zeigen bessere Leistungen in<br />
der Abschlussprüfung.<br />
- Auszubildende mit höheren Schulabschlüssen zeigen keine besseren Leis-<br />
tungen im praktischen betrieblichen Einsatz.<br />
Zusammenfassung der Evaluation des Auswahlprozesses für die industrielltechnischen<br />
Berufe<br />
Trotz der vielen Bewerbungen und der hohen Bewerberquote gibt es für einzelne<br />
Berufe nicht ausreichend geeignete Bewerber. Auszubildende mit Hauptschulabschluss<br />
haben geringere Chancen eingestellt zur werden, erreichen niedrigere<br />
Durchschnittswerte in der Abschlussprüfung, werden aber im praktischen Einsatz in<br />
den Betrieben und Abteilungen nicht schlechter bewertet als Auszubildende mit höherem<br />
Schulabschluss.<br />
Da für den beruflichen Erfolg die Beurteilung durch die Fachkräfte und Vorgesetzten<br />
innerhalb eines Unternehmens bedeutsamer ist als die Abschlussnote, sind die Ausgebildeten<br />
mit Hauptschulabschluss insgesamt nicht schlechter zu bewerten als andere.<br />
85
Volker Grotensohn: Ausbildung von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss<br />
4 Bedeutung des „Kennens“ von Hauptschülern bei der Bewerberauswahl<br />
Aus den zuvor beschriebenen vielschichtigen Erfahrungen hinsichtlich der Beteiligung<br />
und des geringen Erfolges von Bewerbern mit Hauptschulabschluss innerhalb<br />
des regulären Auswahlverfahrens bei der ThyssenKrupp Steel AG, muss, damit<br />
Hauptschüler gleichberechtigte Chancen haben, das Bewerbungsverfahren um eine<br />
auf die Bedürfnisse der Hauptschüler ausgerichtete Komponente erweitert werden.<br />
ThyssenKrupp Steel hat im Rahmen des Projektes „Stärkung der Ausbildungsreife<br />
und Berufswahlorientierung von Duisburger Hauptschülern“ positive Erfahrungen mit<br />
Hauptschülern gemacht, die über einen längeren Zeitraum jeweils einen Tag in der<br />
Woche ein Praktikum absolvierten. Die Schüler wurden mit unterschiedlichen handwerklichen<br />
Aufgaben betraut. Bei der Abwicklung konnten die oben beschriebenen,<br />
notwendigen Kompetenzen beobachtet und erkannt werden. Auch wenn die Teilnehmer<br />
an diesem Praktikum den Einstellungstest nicht bestanden, konnte ihnen die<br />
„Ausbildungsreife“ attestiert werden. Die festgestellten Defizite im Test resultieren<br />
m. E. aus der kurzen Verweildauer (ca. drei Jahre) in der BRD und können in der<br />
Ausbildung ausgeglichen werden.<br />
Ohne den Aspekt „Kennen“ hätten die im Rahmen des Projektes “Stärkung der Ausbildungsreife<br />
und Berufswahlorientierung von Duisburger Hauptschülern“ besonders<br />
geschulten Hauptschüler wohl keine Chance auf einen Ausbildungsplatz bei ThyssenKrupp<br />
Steel gehabt.<br />
In die Richtung „Kennen“ geht auch eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme,<br />
die TKS in Kooperation mit der katholischen Jugendberufshilfe „Duisburger Werkkiste“<br />
und der Agentur für Arbeit Duisburg seit Jahren durchführt.<br />
Die Beurteilung der Teilnehmer hinsichtlich der Kenntnisse, Fertigkeiten und Schlüsselqualifikationen<br />
erfolgt durch regelmäßige gemeinsame Treffen der Ausbilder und<br />
Lehrer der beiden Lernorte. Dadurch wird eine differenzierte Einschätzung der Stärken<br />
und Schwächen jedes Teilnehmers gewährleistet, denn häufig stehen guten<br />
praktischen Fähigkeiten desolate schulische Leistungen gegenüber.<br />
Der über neun Monate laufende Lehrgang ermöglicht es, Ausbildern und Lehrern<br />
Tendenzen und Entwicklungen der Teilnehmer genauer zu erfassen, so dass eine<br />
Entscheidung hinsichtlich einer Übernahme in ein Ausbildungsverhältnis leichter zu<br />
treffen ist.<br />
In den vergangenen Jahren konnten auf diese Weise jeweils 13 bis 14 Jugendliche<br />
eine Ausbildung bei ThyssenKrupp Steel beginnen.<br />
86
Elisabeth Schulte, UnternehmerverbandsGruppe e.V.:<br />
Bewerber-Chancen aus Unternehmer-Sicht und Konsequenzen<br />
Bewerber-Chancen aus Unternehmer-Sicht und Konsequenzen<br />
Immer wieder ist zu hören: „Hauptschüler haben sowieso keine Chance am Ausbildungsmarkt“.<br />
Dieses Urteil ist nicht nur falsch, sondern auch verheerend in seiner<br />
Wirkung vor allem auf die SchülerInnen. Bekommen diese nämlich das nur allzu oft<br />
gesagt, so glauben sie daran, und es passiert das Schlimmste, was passieren kann:<br />
Sie geben sich selbst auf, bemühen sich nicht um Lernerfolg in der Schule und bewerben<br />
sich erst gar nicht. Somit haben sie tatsächlich keine Chance.<br />
Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen. Die Büssow-Initiative zeigt, dass es mit<br />
vereinten Kräften geht, jedenfalls ein Stück weit. Es lassen sich keine Wunder vollbringen,<br />
aber jeder einzelne, der eine Perspektive erhält – sei es in der Ausbildung,<br />
in einer konkreten Zusage auf Ausbildung in einem Jahr, sei es durch eine Arbeitsstelle<br />
oder durch bessere Kenntnis und gestärkte Persönlichkeit, mit der er oder sie<br />
die weitere Schullaufbahn einschlägt –, zeigt, dass sich das Engagement lohnt.<br />
Gespräche mit Ausbildern oder Personalleitern machen deutlich, was auch die Erfahrungen<br />
aus der Büssow-Initiative bestätigen: Unternehmen lehnen nicht Bewerber<br />
ab, nur weil sie aus der Hauptschule kommen. Es lohnt, tiefer nach den Wurzeln<br />
zu forschen, warum so wenige Hauptschulabsolventen in Ausbildung gelangen, um<br />
gezielt ansetzen zu können, die Chancen zu verbessern.<br />
„Die Wirtschaft“ einheitlich gibt es sowieso nicht. Insofern gilt es, bereits hier zu differenzieren:<br />
Es gibt Unternehmen, die gerne Hauptschüler nehmen. Gymnasiasten<br />
sind für sie überqualifiziert und springen später ins Studium ab – dann lohnt sich der<br />
Aufwand nicht. Realschüler sind schon häufiger eine ernst zu nehmende Konkurrenz<br />
für Hauptschüler. Aber wenn ein Hauptschüler richtig Werkunterricht mit Metall oder<br />
Holz gehabt hat, ist er so manchem kopflastigen Realschüler im betrieblichen Alltag<br />
überlegen. Es hängt wirklich davon ab, was der Betrieb benötigt.<br />
Daher sind viele Unternehmer erst einmal offen gegenüber der Schulform: Viel wichtiger<br />
ist, dass der Bewerber pünktlich, einsatzbereit und zuverlässig ist und nicht<br />
zwei linke Hände hat. Das reicht so manches Mal schon aus. Um das zu beweisen,<br />
helfen allerdings weniger Schulnoten als das persönliche Kennenlernen.<br />
Andere Unternehmen suchen sich ihre passenden Bewerber über einen Test aus.<br />
Da hängt es davon ab, ob dieser theoretisch anspruchsvoll ist oder eher Allgemeinwissen,<br />
logisches Denken oder räumliches Denkvermögen abfragt. Hier hängt das<br />
Bestehen des Tests also auch nicht von der Schulform ab als vielmehr davon, ob<br />
solche Tests vorher geübt wurden. Natürlich gibt es Erfahrungswerte bei Firmen, so<br />
dass immer wieder die Äußerung kommt: „Schüler mit dem Hauptschulabschluss<br />
10A schaffen unseren Test in der Regel nicht.“ Damit sind aber eben nicht Hauptschüler<br />
von vorne herein ausgeschlossen.<br />
Ein gewisses Niveau muss über Test oder generell Bewerbungsunterlagen natürlich<br />
nachgewiesen werden, weil die Unternehmen genau wissen, dass sonst der Jugendliche<br />
die Abschlußprüfung insbesondere im theoretischen Teil nie schaffen<br />
wird. Dies ist auch ein Schutz für die Jugendlichen, damit sie nicht unnötig sich auf<br />
bestimmte Berufe konzentrieren und drei Jahre später feststellen, dass alles umsonst<br />
war.<br />
87
Elisabeth Schulte, UnternehmerverbandsGruppe e.V.:<br />
Bewerber-Chancen aus Unternehmer-Sicht und Konsequenzen<br />
Zu Beginn der Bewerbungsphase müssen bereits Grundstandards in den Bewerbungsunterlagen<br />
eingehalten worden sein – aber auch dies ist nicht abhängig von<br />
der Schulform, sondern davon, wieviel Mühe sich der Bewerber macht, z.B. sich über<br />
den Beruf zu informieren und das Unternehmen, bei dem er sich bewirbt.<br />
Letztlich entscheidend ist natürlich auch das persönliche Auftreten des Kandidaten<br />
im Bewerbungsgespräch. Aber auch hier erwartet der Ausbilder nicht geistiges<br />
Hochreck, sondern eher authentisches Herüberbringen seiner Persönlichkeit. Wenn<br />
die Noten in relevanten Fächern nicht zu schlecht sind, ist entscheidend, ob der Bewerber<br />
in seinem Charakter zur Belegschaft paßt.<br />
In unserer jahrzehntelangen Erfahrung als UnternehmerverbandsGruppe mit Unternehmen<br />
und Schulen – seit über 40 Jahren organisiert der Unternehmerverband den<br />
Pädagogen Einblicke in die Wirtschaft vor Ort – und in unseren daraus mit der Tochtergesellschaft<br />
UnternehmerHaus AG entwickelten wirtschaftsbezogenen Schulprojekten<br />
wie Unternehmen#Schule in Oberhausen oder ABBEO in Duisburg und im<br />
Kreis Wesel zeigt sich, dass Information, praktisches Kennenlernen von Wirtschaft,<br />
Berufen und „selber machen dürfen“ das A und O sind, um Schüler besser auf das<br />
Berufsleben vorzubereiten. Wenn SchülerInnen wissen, warum sie mathematische<br />
Formeln lernen sollen – nämlich weil der Betrieb um die Ecke diese zur Herstellung<br />
der Schrauben benötigt -, dann fängt die Theorie an zu leben. Wenn Schüler selber<br />
eine Firma gründen oder eine Geschäftsidee entwickeln dürfen und von echten Unternehmensvertretern<br />
hinterher beurteilt werden, dann steigt enorm die Motivation.<br />
Das erleichtert dann auch den Pädagogen den Alltagsunterricht.<br />
Es bleibt unerlässlich, dass Schulen und Unternehmen enger zusammenarbeiten.<br />
Selbstverständlich gehört auch die Agentur für Arbeit vor Ort mit zu den wichtigen<br />
Partnern im Hinblick auf Berufsberatung. Die Eltern und Familien müssten eine große<br />
Rolle spielen – aus den Beiträgen in dieser Schrift wird deutlich, wie schwierig es<br />
aber ist, sie einzubeziehen. Zudem ist das konkrete Engagement der Lehrer, aber<br />
auch Unternehmen gefordert. Hierzu bedarf es unserer Erfahrung nach einer regionalen<br />
Koordinierungsstelle, die individuell zwischen Unternehmen der Region und<br />
weiterführenden Schulen der Region bedarfsgerecht wirtschaftsbezogene Schulprojekte<br />
initiiert, mit den Beteiligten abstimmt und auf Qualitätsstandards achtet. Diese<br />
Funktion hatte in der Büsssow-Initiative das ABBEO-Projekt (Frau Kleinkorres)<br />
übernommen.<br />
Nur so können dauerhaft die Unternehmen gewonnen werden, sich für SchülerInnen<br />
einzusetzen. Auch die LehrerInnen brauchen eine gewisse Unterstützung darin, die<br />
für sie passenden Firmenkontakte und Projekte aufzubauen. Klassenlehrer, die nur<br />
alle paar Jahre eine Klasse zum Abgang führen und dann neu Kontakte erst aufbauen<br />
müssen und sich ein Grundwissen über neue Berufe erst aneignen müssen,<br />
sind zeitlich überfordert. Es ist aber entscheidend, den SchülerInnen ein wirklichkeitsnahes,<br />
realistisches Bild von der Vielfalt der Unternehmen und daran hängenden<br />
Berufsbildern und Chancen zu vermitteln. Wenn sich SchülerInnen – auch und<br />
gerade von der Hauptschule - richtig bewerben, bei den passenden Unternehmen<br />
für die ihren Fähigkeiten angemessenen Berufe, dann haben sie gute Chancen.<br />
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Elisabeth Schulte, UnternehmerverbandsGruppe e.V.:<br />
Bewerber-Chancen aus Unternehmer-Sicht und Konsequenzen<br />
Berufswahlkoordinatoren und Aufgabenteilung an Schulen bei der systematischen<br />
Vermittlung relevanter Kenntnisse und Erfahrungen über mehrere Jahrgänge und<br />
auch mehrere Fächer hinweg müssen in Zukunft Standard werden – die Büssow-<br />
Initiative hat auch das deutlich gezeigt. Hier sind die <strong>Bezirksregierung</strong> wie auch das<br />
Schulministerium gefordert, durch klare Regelungen und Stundenkontingente diese<br />
wichtige Arbeit an Schule zu gewährleisten.<br />
89
Wolfgang Reuter: Einschätzung der Situation und mögliche<br />
schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen<br />
Sind Schule, Wirtschaft und Gesellschaft gescheitert, den Übergang von der<br />
Schule in die Berufs- und Arbeitswelt für alle Schülerinnen und Schüler zu organisieren?<br />
Diese Frage impliziert zwei Grundannahmen: Erstens, es ist eine Aufgabe der Schule,<br />
den Übergang von der Schule in den Beruf zu organisieren und zweitens, es ist<br />
ein wirtschaftliches und gesellschaftspolitischer Anliegen, allen Jugendlichen einen<br />
angemessenen Platz im Arbeits- und Berufsleben einzuräumen.<br />
Aber offensichtlich haben sich die Verhältnisse so entwickelt, dass - wohlwollend<br />
formuliert - „Zweifel“ am gemeinsamen Erfolg angebracht sind; schärfer ausgedrückt:<br />
Die Zahl der unversorgten Jugendlichen, und hier sind die Statistiken der Arbeitsagentur<br />
unerbittlich, zeigt, dass, allen Bemühungen zum Trotz, alle drei - Schulen,<br />
Wirtschaft und Gesellschaft - es nicht geschafft haben, einer Vielzahl junger Menschen<br />
eine berufliche Perspektive und damit auch einen Eintritt in die Gesellschaft zu<br />
vermitteln. Weniger als 10 % der Duisburger Hauptschülerinnen und Hauptschüler<br />
mit dem Sekundarabschluss nach Klasse 10 können direkt im Anschluss an ihre<br />
Schullaufbahn eine Ausbildung beginnen und sind darauf verwiesen, andere Möglichkeiten<br />
einer zusätzlichen schulischen Qualifizierung oder der Berufsförderung<br />
wahrzunehmen. Bei denjenigen, die den mittleren Bildungsabschluss (Fachoberschulreife)<br />
erreicht haben, werden es immerhin noch 75 % sein, die diesen Weg gehen.<br />
Gleichzeitig erhebt die Wirtschaft schon seit Jahren den Vorwurf, die Schulen<br />
entließen immer mehr Jugendliche, die nicht ausbildungsfähig sind, weil ihnen sowohl<br />
die fachlichen Kenntnisse als auch die Sozialkompetenzen fehlen und ihre persönliche<br />
Einstellung zur Arbeit und zum Beruf zu Wünschen übrig lässt.<br />
Dabei schien gerade die Hauptschule am ehesten von allen Schulformen gut gerüstet<br />
zu sein, ihre Schülerinnen und Schüler auf das Berufsleben vorzubereiten. Bereits<br />
die ersten Richtlinien und Lehrpläne, die Anfang der Siebziger Jahre erschienen<br />
(„Blaues Wunder“), legten verbindlich fest, dass sie im Lernbereich Arbeitslehre eine<br />
systematische Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung im Unterricht vermitteln<br />
muss. Gesamtschulen haben diesen verbindlichen Lehrplan übernommen, weil<br />
auch ihre Schülerinnen und Schüler, die nach Klasse 9 oder 10 die Schule in Richtung<br />
Ausbildungsberuf verlassen, entsprechend vorbereitet sein müssen. Das obligatorische<br />
Betriebspraktikum mit einer Dauer von drei Wochen in Klasse 9 ist in beiden<br />
Schulformen bis zum Ende der Siebziger Jahre als fester Termin in der Jahresplanung<br />
etabliert und sollte gerade dieser Altersgruppe erste Berührungen und Erfahrungen<br />
mit der Arbeits- und Berufswelt ermöglichen, um eine gezielte und rational<br />
begründete Berufsorientierung und Berufswahl zu bewirken.<br />
An keiner dieser beiden Schulformen standen genügend ausgebildete Lehrerinnen<br />
und Lehrer zur Verfügung, was die Wirtschaft damals zu Recht und heftig kritisierte.<br />
Viele arbeiteten fachfremd und autodidaktisch, und sie hatten damit Erfolg. Die<br />
Schulpolitik reagierte hierauf mit der Bildung der so genannten „PÄDAGOGISCHEN BEI-<br />
RÄTE“, die unter der Leitung der Unteren Schulaufsicht Konzepte entwickelten, „Wirtschafts-<br />
und Unternehmerwissen“ in die Schulen zu tragen und dort zu verankern,<br />
und die Betriebspraktika, die zunehmend auch von den Realschulen angeboten wurden,<br />
zu koordinieren. Der regelmäßige Meinungs- und Erfahrungsaustausch von<br />
Lehrern, Vertretern der Kammern und der Arbeitsverwaltung, die Organisation von<br />
Lehrerbetriebspraktika (auf freiwilliger Basis!) und die Erprobung erster Kooperationsmodelle<br />
zwischen Schulen und Unternehmen sind wesentliche Ergebnisse aus<br />
diesen ersten Jahren gemeinsamer Arbeit. Die Gründung der „ARBEITSGEMEINSCHAF-<br />
90
Wolfgang Reuter: Einschätzung der Situation und mögliche<br />
schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen<br />
TEN SCHULE UND WIRTSCHAFT“ durch die Industrie unterstützten von Anfang an mit<br />
einem vielfältigen und umfassenden Angebot an Informationen, Betriebserkundungen<br />
und Fortbildungsveranstaltungen die Bemühungen, vor allem in den Hauptschulen<br />
eine größere Bereitschaft, sich mit wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen<br />
Fragestellungen zu beschäftigen, in den Unterricht einfließen zu lassen und die Berufsorientierung<br />
und Berufswahl zu unterstützen. Die Resonanz in den Schulen war<br />
sehr unterschiedlich, aber überall dort nachhaltig, wo das persönliche Engagement<br />
einzelner Lehrkräfte sich auf die Schulleitung und das Kollegium übertrug und ins<br />
schuleigene Curriculum eingebettet wurde.<br />
Als sich spätestens ab der Mitte der Achtziger Jahre deutlich abzeichnete, dass sich<br />
die Schere zwischen Schulabgängern und Ausbildungsplätzen immer mehr öffnet,<br />
regierte die Schulpolitik mit der Verlängerung der Schulpflicht von 9 auf 10 Jahre,<br />
differenzierteren Abschlüssen sowie verstärkten Bemühungen, den Schulen größere<br />
Spielräume einzuräumen, damit sie die Berufsorientierung und die Berufswahlvorbereitung<br />
noch stärker in die Schulcurricula einbinden und im Schulprogramm verankern.<br />
Der Erlasse zum „BEIRAT SCHULE UND BERUF“, der den „Pädagogischen Beirat“<br />
ablöste, erhob es zur Pflichtaufgabe aller Schulen, die Berufsorientierung und die<br />
Berufswahlvorbereitung zum Thema des allgemeinen und fachübergreifenden Unterrichts.<br />
Seitdem haben vor allem die Hauptschulen, die Gesamtschulen und die Förderschulen<br />
ihre Instrumente und ihre Verbindungen in die Wirtschaft vielfältig ausgebaut<br />
und verfeinert, und sie sind - wie das Beispiel des vorliegenden Projekte bestätigt<br />
- immer noch offen dafür, neue Ideen aufzugreifen, zu entwickeln und umzusetzen.<br />
Etwa gleichlaufend zu dieser Entwicklung veränderte sich aufgrund vieler Faktoren<br />
der Ausbildungsmarkt: Die Zahl der Ausbildungsplätze sank seitdem dramatisch, so<br />
dass immer weniger Jugendliche im Anschluss an ihre Schulzeit sofort eine Ausbildung<br />
beginnen konnten; die Eingangsbedingungen für immer mehr Berufe verschärften<br />
sich so, dass immer weniger Hauptschüler sie erfüllen konnten, und bereits in<br />
den Einstellungstests scheiterten; aufgrund der hohen Zahl von Schulabgängerinnen<br />
und Schulabgängern verschärfte sich der Wettbewerb um immer weniger Ausbildungsstellen,<br />
auch weil viele Unternehmen die „gute Angebotslage“ an potentiellen<br />
Auszubildenden nutzten, um sich die besten auszuwählen; je höher der Schulabschluss<br />
war, desto besser die Eignung auch für solche Ausbildungsberufe, in denen<br />
bis dahin der Hauptschulabschluss nach Klasse 9 als Qualifikation durchaus ausreichend<br />
gewesen war; das Bild des „nicht ausbildungsfähigen“ Jugendlichen ging in<br />
Umlauf und diente häufig genug als Entschuldigung dafür, überhaupt keine Jugendlichen<br />
mehr auszubilden; der Auszubildende, der bereits komplett die Schule verlässt<br />
und sich „übergangslos“ und kostengünstig in den Arbeitsprozess integrieren lässt,<br />
erschien schemenhaft am „Ausbildungshimmel“ auf.<br />
Es ist auch diese - sicher überspitzt dargestellte - Entwicklung gewesen, die zumindest<br />
in der Öffentlichkeit das Bild der Hauptschule und ihrer bildungs- und erziehungspolitischen<br />
Aufgaben und Möglichkeiten verfälscht hat.<br />
Es sind in der Vergangenheit immer wieder von beiden Seiten gegenseitige Vorwürfe<br />
erhoben, Vorurteile gepflegt und Abgrenzungen vorgenommen worden, aber nicht in<br />
dieser Härte und Beharrlichkeit: „Die Schulen kommen ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag<br />
immer weniger nach und bilden nicht diejenigen Jugendlichen aus, die<br />
die Wirtschaft (dringend) benötigt“ gegen „wir haben einen ganzheitlichen Bildungs-<br />
und Erziehungsauftrag und nicht die Aufgabe Nachwuchsschmiede für die Wirtschaft<br />
zu sein“, oder „die Schule arbeitet nicht abnehmerorientiert und daher am Markt vor-<br />
91
Wolfgang Reuter: Einschätzung der Situation und mögliche<br />
schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen<br />
bei“ und „wir können nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn Unternehmen<br />
falsche Entscheidungen treffen, die Konjunktur negativ verläuft und die Globalisierung<br />
Arbeits- und Ausbildungsplätze zerstört.“<br />
Sicher ist, dass es eine Reihe von schwerwiegenden Entwicklungen und Faktoren<br />
aus der Vergangenheit gibt, die die wirtschaftliche Lage und damit auch die Lage am<br />
Ausbildungsmarkt nachhaltig beeinflussen und weiterhin prägen werden. Sie können<br />
an dieser Stelle nicht alle genannt werden. Die wesentlichen sind folgende:<br />
• Die Konjunktur in Deutschland befindet sich seit zwei Jahrzehnten in einem<br />
Abwärtstrend, was sich an der Zahl der Firmenpleiten ebenso festmachen<br />
lässt wie an der ständig gestiegenen Arbeitslosenzahl und dem<br />
dramatischen Rückgang von Ausbildungsplätzen<br />
• Umstrukturierungen, ständige Veränderungen in den wirtschaftlichen<br />
Strukturen, der Wegfall ganzer Industriezweige wie die Montanindustrie<br />
im Ruhrgebiet oder - ganz aktuell - des Steinkohlebergbaus und die damit<br />
einhergehende Gefährdung der wirtschaftlichen und sozialen Grundlage,<br />
verunsichern immer mehr Menschen.<br />
• Über Jahrzehnte hinweg ignorierte die Politik, dass sich Deutschland<br />
zum Einwanderungsland entwickelt hatte, und unterließ die notwendigen<br />
Maßnahmen für eine zukunftsweisende Eingliederung der Menschen mit<br />
Integrationshintergrund in die Gesellschaft.<br />
• Die demographische Entwicklung mit der dramatischen Verschiebung in<br />
der Alterspyramide führt zu tief greifenden Veränderungen und zum Teil<br />
schmerzhaften Einschnitten in die Sozialversicherungssysteme und den<br />
so genannten „Generationenvertrag“.<br />
• Zunehmend wird der Verfall eines allgemein gültigen Wertebewusstseins<br />
und die Orientierungslosigkeit vor allem der jüngeren Bevölkerung als<br />
Ursache für eine Reihe gesellschaftspolitischer Probleme beklagt.<br />
• Die PISA- Studien haben das gesamte System der deutschen Schulbildung<br />
auf den Prüfstand gestellt und zur großen Überraschung der Öffentlichkeit<br />
und auch der Schulpolitik festgestellt, dass unser Schulsystem<br />
mit einer modernen demokratischen Wirtschaftsgesellschaft und ihren<br />
gehobenen Ansprüchen an Bildung nicht mehr kompatibel ist.<br />
Unter der langjährigen Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt leiden vor allem die<br />
Schülerinnen und Schüler der Hauptschulen, der Förderschulen sowie der Gesamtschulen.<br />
Schon ihre Zeugnisse reichen häufig nicht aus, um mit der Konkurrenz aus<br />
den Realschulen und der Gymnasien Schritt halten zu können. Die ständig sinkenden<br />
Anmeldezahlen an den Hauptschulen sind seit Jahren ein Anzeichen dafür, dass<br />
diese Schulform für die Mehrheit der Eltern keine erstrebenswerte Schullaufbahn<br />
mehr für ihre Kinder darstellt.<br />
Hinzu kommt, dass die Grundschulen verpflichtet sind, in Klasse 4 eine Eignungsaussage<br />
für die weiterführenden Schulen zu treffen. Inzwischen sind es in Duisburg<br />
weniger als 15 % der Schülerinnen und Schüler, die nach Klasse 4 in die Hauptschule<br />
wechseln, meistens weil ihnen bereits die Grundschule die Eignung für eine Realschule<br />
oder ein Gymnasium abspricht. Am Ende der Klasse 6 müssen diejenigen<br />
Schülerinnen und Schüler von den Realschulen und den Gymnasien in die jeweils<br />
„untere Schulform“ wechseln, bei denen sich die Nichteignung erst am Ende der Erprobungsstufe<br />
heraus stellt.<br />
92
Wolfgang Reuter: Einschätzung der Situation und mögliche<br />
schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen<br />
In Duisburg entspricht ihre Gesamtzahl der Größe einer ausgebauten Hauptschule,<br />
also weit über 300 Schülerinnen und Schüler. Die Mechanismen, Schülerinnen und<br />
Schüler entsprechend ihrer Begabung der angemessenen Schulform zuzuführen,<br />
funktionieren schon seit Jahren nicht. Die Frage, ob sie jemals funktioniert haben,<br />
kann an dieser Stelle ebenso wenig erörtert werden wie die Frage, ob die Definitionen<br />
der drei Begabungsprototypen, die dem gegliederten Schulsystem zugrunde liegen,<br />
jemals zutrafen oder nicht vielmehr Zuschreibungen gewesen sind, gesellschaftliche<br />
Statusfragen und gewollte Abgrenzungen zu regeln.<br />
Festgestellt werden kann aber, dass zwischen den drei weiterführenden Schulformen<br />
immer eine Rangfolge bestanden hat, die sich auch in den Bezeichnungen widerspiegelt:<br />
Volksschule/ Hauptschule, Realschule/ Mittelschule, Gymnasium/ Höhere<br />
Schule. Der inzwischen auch in Deutschland von vielen internalisierte Zusammenhang,<br />
dass die Wahl der „richtigen Schulform“ und der „richtigen Schule“ die beste<br />
Eingangsvoraussetzung für eine schulische und berufliche Karriere ist, hat die Entwicklung<br />
der Hauptschule als einer Schule beschleunigt, die sich schwerpunktmäßig<br />
nur noch den sozial- und bildungspolitisch benachteiligten Kindern widmet. Dass sie<br />
diese Aufgabe immer noch mit Bravour bewältigt, ließe sich an vielen positiven Beispielen<br />
belegen. In Nordrhein- Westfalen sorgt sie jedenfalls auch dafür, dass der<br />
Anteil derjenigen Schülerinnen und Schüler, die ihre Schullaufbahn ohne Abschluss<br />
beenden, bundesweit am geringsten ist. Die Öffentlichkeit nimmt dies zwar zur<br />
Kenntnis, einer entsprechenden Würdigung dieser pädagogischen Arbeit dagegen<br />
enthält sie sich weitgehend, entrüstet sich aber in besonderer Weise, wenn Hauptschule<br />
aufgrund ihrer besonderen Problemlagen negative Schlagzeilen wie die Rütli-<br />
Schule in Berlin erzeugt.<br />
Die Frage, was getan werden muss, um allen Schülerinnen und Schülern eine adäquate<br />
Ausbildung zu ermöglichen, kann allerdings nicht ausschließlich damit beantwortet<br />
werden, die Wirtschaft müsse eine ausreichend große Zahl an Ausbildungsplätzen<br />
schaffen und alle Probleme sind gelöst. Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte<br />
und die damit einhergehenden Veränderungen kann niemand, der sich um<br />
die Zukunft der Schülerinnen und Schüler kümmert, außer Acht lassen. Die Ausbildungs-<br />
und Arbeitsplätze sind komplexer geworden, erfordern von Anfang an ein höheres<br />
Fachwissen und zusätzliche Sozialkompetenzen, die in früheren Zeiten zum<br />
großen Teil erst während der Ausbildung selbst vermittelt worden sind. Viele Schülerinnen<br />
und Schüler sind tatsächlich - obwohl sie erst mit einem Durchschnittsalter<br />
von 19 Jahren ihre Ausbildung beginnen - nicht in dem Maße „ausbildungsfähig“, wie<br />
dies Industrie und Handwerk fordern.<br />
Schule kann dies allerdings ebenso wenig allein bewältigen wie dies Industrie und<br />
Handwerk tun können. Es ist eine grundlegende gesellschaftspolitische Aufgabe, bei<br />
denen beide Institutionen in gemeinsam an Lösungen arbeiten müssen. An der<br />
Schnittstelle des Übergangs von der Schule in den Beruf kann festgemacht werden,<br />
wie wichtig diese Kooperation zwischen Unternehmen und Schulen ist. Denn die Beschreibung<br />
des Problems, dass Schülerinnen und Schüler immer weniger ausbildungsfähig<br />
sind, weil ihnen neben den Grundkenntnissen in Deutsch, Mathematik<br />
und in den Naturwissenschaften Fachkenntnisse und Fachkompetenzen fehlen und<br />
sie nicht ausreichend über Sozialkompetenzen und eine entsprechende persönliche<br />
Einstellung verfügen, erklärt zwar einigermaßen hinreichend die vorhandenen Defizite,<br />
enthebt aber weder die Schulen noch die Wirtschaft der Verantwortung, wirkungsvoll<br />
dagegen vorzugehen.<br />
Allerdings müssen andere Kräfte sie hierbei unterstützen. Natürlich müssen sich die<br />
Rahmenbedingungen für Schulen ändern, damit sie einen pädagogischen Raum<br />
93
Wolfgang Reuter: Einschätzung der Situation und mögliche<br />
schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen<br />
schaffen können, in dem die individuelle Förderung jedes einzelnen Jugendlichen im<br />
Mittelpunkt der Bemühungen steht. An dieser Stelle ist allerdings auch die Frage erlaubt,<br />
ob die bereits jetzt vorhandenen Bedingungen nicht bereits ausreichen würden,<br />
wenigstens einen großen Teil der notwendigen Veränderungen zu verwirklichen<br />
und Kooperationen zu ermöglichen, die sowohl dem Bildungs- und Erziehungsauftrag<br />
des Öffentlichen Bildungssystems und den Anforderungen aus der Wirtschaft<br />
gerecht werden. Praktiker aus beiden Lagern haben dies in der Vergangenheit jedenfalls<br />
erfolgreich bewiesen und höhere Übergangs- bzw. Übernahmequoten von Schulabgängerinnen<br />
und –abgängern erreicht. Die eigenverantwortliche Schule wird ihr<br />
pädagogisches Profil innerhalb der gesetzlichen Vorschriften des Schulgesetzes neu<br />
gestalten können und müssen. Schulentwicklung und Unterrichtsentwicklung sind<br />
zentrale gesetzliche Forderungen, denen sich keine Schule entziehen kann.<br />
Individuelle Förderung, die andere pädagogische Herausforderung, sollte die Kreativität<br />
und die Innovationsbereitschaft in der Schulgemeinde auslösen, die hierzu nötig<br />
ist. Schulleitungen werden das personalrechtliche Rüstzeug erhalten, um dieses<br />
neue Profil mit Menschen in Schulleben umzusetzen.<br />
Auch der Schulträger selbst steht in der Verantwortung. Dies ergibt sich bereits aus<br />
der gemeinsamen Verantwortung von Schule und Jugendhilfe. Schulsozialarbeit ist<br />
die Forderung der Hauptschulen, um wenigstens etwas Unterstützung bei der Bewältigung<br />
ihrer Aufgaben zu erhalten. Sie ist inzwischen zwar durchgesetzt, reicht aber<br />
bei weitem nicht aus. Schulsozialarbeit ist auch deswegen wichtig, weil sie eher diejenigen<br />
Erziehungsberechtigten erreicht, die in einer gewissen „Bildungsferne“ zur<br />
Schule stehen. Hier gilt es<br />
Neben schul- und bildungspolitischen Entscheidungen und Maßnahmen liegen die<br />
Möglichkeiten in relativ aufwändigen Maßnahmen, die aber spürbare Verbesserungen<br />
der Chancen von Schülerinnen und Schülern bewirken, indem verstärkt berufliche<br />
Praxis in die Schulen hineingetragen und im Unterricht zu verankert wird. Ohne<br />
die tägliche Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer zu schmälern, ist festzustellen, dass<br />
der Ausbilder z. B. von Thyssen-Krupp-Steel oder der Ausbildungsmeister einer Innung<br />
wesentlich authentischer und glaubwürdiger vermitteln können, was in der<br />
Ausbildung tatsächlich gebraucht wird, denn sie arbeiten an der Basis und sie sind<br />
keine Lehrpersonen. Warum muss der Fachlehrer allein Mathematik oder Technik<br />
unterrichten? Kann er sich nicht den Handwerksmeister in den Unterricht holen,<br />
wenn Flächen oder die Anteile einer Brotbackmischung berechnet werden sollen?<br />
Können Lehrerinnen und Lehrer nicht für ihre tägliche Arbeit davon profitieren, wenn<br />
sie erfahren, wie in einem Betrieb Teamarbeit gepflegt wird? Können nicht Projekte<br />
entwickelt werden, in denen Schülerinnen und Schüler mit Auszubildenden gemeinsam<br />
zum Beispiel eine Schülerfirma ins Leben rufen? Sind nicht Arbeits- und Sozialformen<br />
denkbar und machbar, in denen Schülerinnen und Schüler einen Teil ihrer<br />
Lernzeit in einem Betrieb zubringen, um die Sinnhaftigkeit von Unterricht unter realen<br />
Bedingungen erleben, sich selbst erproben und Berufswahlentscheidungen treffen<br />
können, die eher rational und weniger emotional begründet sind? Nicht alles davon<br />
wird im Rahmen der Schule und des Unterrichts erledigt werden können; aber es darf<br />
in diesem Zusammenhang daran erinnert werden, dass Jugendliche zur Selbstverantwortung<br />
erzogen werden und selbst an der Gestaltung einer beruflichen Perspektive<br />
mitarbeiten können und sollen. Schließlich geht es um ihre Zukunft!<br />
Und die Wirtschaft? Sie akzeptiert inzwischen, dass sie zusätzliche Ausbildungsangebote<br />
bereitstellen muss, auch Angebote entwickeln muss, die „niederschwellig“<br />
94
Wolfgang Reuter: Einschätzung der Situation und mögliche<br />
schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen<br />
und modular aufgebaut, um individuelle Stärken und Schwächen berücksichtigen.<br />
auszugleichen und in sehr unterschiedliche Berufsqualitäten einmünden zu lassen,<br />
zu denen die Zuarbeit ebenso gehört wie die verantwortliche Leitung eines Produktionsprozesses.<br />
Das vorliegende Projekt zieht eine Zwischenbilanz, die neben den überwiegenden<br />
Stärken beweist, dass gemeinsames Denken und Handeln von Schule und Wirtschaft<br />
erfolgreich ist, Vorwürfe und Vorurteile unnötig Fronten erzeugen und von einer<br />
sinnvollen Zusammenarbeit abhält und die Lösung einer schwierigen Aufgabe<br />
nicht in Kürze zu erledigen ist, sondern nachhaltig angelegt sein muss und einen<br />
„langen Atem“ erfordert, wenn sie eine dauerhafte positive Veränderung des Bewusstseins<br />
und der Einstellungen bewirken soll.<br />
Vieles von dem, was an schulpolitischen und arbeitsmarktpolitischen an anderer Stelle<br />
dargestellt und gefordert wurde, hat dieses Projekt nicht nur in Ansätzen verwirklicht.<br />
Wenn es in den nächsten Jahren - auch unter veränderten Rahmenbedingungen<br />
- fortgeführt werden wird, baut es auf einer soliden Grundlage auf, nämlich der<br />
Bereitschaft aller Akteure, mehr als das Geforderte zu tun und die Offenheit der<br />
Schülerinnen und Schüler, sich auf die neuen Chancen einzulassen und sie tatsächlich<br />
auch wahrzunehmen.<br />
95
Autorinnen und Autoren<br />
Bongers, Rüdiger Psychologischer Dienst Agentur für Arbeit Duisburg<br />
Föhr, Eva Lehrerin an der GHS Heinrich-Böll-Schule<br />
Fuchs, Werner LRSD, Regionaldezernent für Duisburg bei der<br />
<strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />
Gerber, Jürgen Schulleiter der GHS Wiesbadener Straße<br />
Gith, Klaus Schulleiter der GHS Heinrich-Böll-Schule<br />
Grotensohn, Volker Bereichsleiter Bildung und Technikzentren bei der TKS<br />
ThyssenKruppSteel<br />
Heitzer, Joachim Lehrer an der GHS Wiesbadener Straße<br />
Kleinkorres, Helga ABBEO-Projektleiterin Unternehmerhaus<br />
Kleinow, Susanne Lehrerin an der GHS Heinrich-Böll-Schule<br />
Kortmann, Hubert Schulleiter der GHS Emil-Rentmeister-Schule<br />
Meyer, Wolfgang stellv. Schulleiter der GHS Beim Knevelshof<br />
Rehn, Günter pädagogischer Mitarbeiter bei der <strong>Bezirksregierung</strong><br />
<strong>Düsseldorf</strong><br />
Reuter, Wolfgang Schulamtsdirektor beim Schulamt für die Stadt Duisburg<br />
Rulhoff, Hans-Joachim Teamleiter Berufsberatung Agentur für Arbeit Duisburg<br />
Schulte, Elisabeth Geschäftsführerin <strong>Unternehmerverbandsgruppe</strong><br />
Schwarz, Cassandra Lehrerin an der GHS Heinrich-Böll-Schule<br />
Vogel, Michael Leiter der Ausbildungsabteilung HKM Hüttenwerke Krupp<br />
Mannesmann GmbH<br />
Wilbertz-Kroll, Barbara Lehrerin an der GHS Beim Knevelshof<br />
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ABBEO<br />
Agentur für Arbeit Duisburg<br />
<strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />
Projektbeteiligte<br />
Bildungszentrum für das Handwerk<br />
GHS Emil-Rentmeister-Schule<br />
GHS Wiesbadener Straße<br />
GHS Beim Knevelshof<br />
GHS Heinrich-Böll-Schule<br />
HKM Hüttenwerke Krupp Mannesmann GmbH<br />
Niederrheinische IHK Duisburg – Wesel – Kleve zu Duisburg<br />
Schulamt für die Stadt Duisburg<br />
Seminare & Präsentationen Michael Hanschmidt<br />
TKS ThyssenKruppSteel<br />
UnternehmerHaus AG<br />
UVG <strong>Unternehmerverbandsgruppe</strong><br />
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