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Bezirksregierung Düsseldorf - Unternehmerverbandsgruppe eV

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<strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />

Die Initiative zur Stärkung der<br />

Ausbildungsreife und Berufswahlorientierung<br />

Duisburger Hauptschüler/innen<br />

Hintergrund und Ausrichtung<br />

Erfahrungen und Konsequenzen<br />

Reader zur Abschlussveranstaltung<br />

am 31.05.2007<br />

Europäischer<br />

Sozialfonds


Inhaltsverzeichnis<br />

Die Initiative zur Stärkung der Ausbildungsreife und<br />

Berufswahlorientierung Duisburger Hauptschüler/innen<br />

Seite<br />

Werner Fuchs Vorwort 1<br />

1. Kapitel – zur Einführung in die Problemlage<br />

Günter Rehn Zur Situation von Hauptschüler/inne/n<br />

beim Übergang Schule – Berufsausbildung 3<br />

Hans-J. Rulhoff Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005 / 2006 14<br />

2. Kapitel - der Dokumentationsteil zum Projekt<br />

Profile der vier beteiligten Schulen und Umsetzung der Initiative<br />

Die Heinrich-Böll-Schule in Duisburg-Meiderich/Beeck 22<br />

Die Schule Beim Knevelshof im Duisburger Süden 25<br />

Die Emil-Rentmeister-Schule in Duisburg-Hochfeld 27<br />

Die Schule Wiesbadener Straße Duisburg-Neumühl/Obermeiderich 31<br />

(Berufswahlorientierung an der Wiesbadener Str.) 35<br />

Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen 37<br />

Erfahrungsberichte von Lehrer/innen 48<br />

Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />

Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen<br />

des Projekts sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit 56<br />

(Befragung der Ausbildungsbetriebe) 58<br />

(Eine vorläufige Ausbildungsplatzbilanz) 60<br />

Am Projekt beteiligte Unternehmen bilanzieren<br />

Helga Kleinkorres ABBEO im Kontext des Projektes 65<br />

Rüdiger Bongers Die Beteiligung des Psychologischen Dienstes<br />

der Agentur für Arbeit Duisburg 75<br />

Michael Vogel Die Aktivitäten von HKM mit der Partnerschule<br />

„Beim Knevelshof“ 81<br />

Volker Grotensohn Ausbildung von Jugendlichen mit<br />

Hauptschulabschluss bei TKS 82<br />

Elisabeth Schulte Bewerber-Chancen aus Unternehmer-Sicht und<br />

Konsequenzen 87<br />

3. Kapitel – mögliche Konsequenzen<br />

Wolfgang Reuter Einschätzung der Situation und mögliche<br />

schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen 90<br />

Anhang<br />

Autorinnen und Autoren 96<br />

Projektbeteiligte 97


Werner Fuchs: Vorwort<br />

Die Initiative zur Stärkung der Ausbildungs- und Berufswahlfähigkeit, die in dieser<br />

Broschüre vorgestellt wird, geht auf einen Vorschlag von Herrn Regierungspräsidenten<br />

Büssow aus dem Jahr 2005 zurück.<br />

Herr Büssow hatte anlässlich zweier Besuche in Duisburg dort erneut hautnah von<br />

den Sorgen der Hauptschülerinnen und Schüler und ihrer Schulen um deren Ausbildungschancen<br />

erfahren. Zugleich konnte er aber auch die Potenziale erleben, die in<br />

diesen jungen Menschen stecken.<br />

Beeindruckt von der Arbeit der Schulen in sozialen Brennpunkten sagte Jürgen<br />

Büssow: „Leitmotiv unserer Bildungsanstrengungen muss sein: Niemand darf zurückgelassen<br />

werden! “<br />

„Meine ganz große Sorge gilt der hohen Zahl von Jugendlichen, die gleich nach dem<br />

Schulabschluss erfahren muss, dass der Arbeitsmarkt keinen Platz für sie hat. Hier<br />

sind Wirtschaft und Verwaltung, aber auch das berufsbildende Schulsystem in der<br />

Pflicht.<br />

Vor allem müssen die Jugendlichen in den Schulen und in Betrieben früh und möglichst<br />

authentisch erfahren, wo sie stehen und was die Ausbildungsbetriebe von ihnen<br />

erwarten. Nur dann kann Schule ihnen durch Förderung weiterhelfen und erreichen,<br />

dass sie sich motiviert auf die Berufswahl vorbereiten“, sagte der Regierungspräsident.<br />

Zweiter wesentlicher Bestandteil der Initiative ist es, auf die Duisburger Ausbildungsbetriebe<br />

und – institutionen zuzugehen, die z.T. deutliche Kritik am ihrer Meinung<br />

nach unzureichenden Bildungsstand der Hauptschulabgänger übten.<br />

Auf Grund dessen hatte Büssow angeregt, in einer konzertierten Aktion aller Beteiligten<br />

ein Förderprojekt zur Stärkung der Ausbildungs- und Berufschancen der Duisburger<br />

Hauptschulabsolventen zu entwickeln.<br />

Das im folgenden vorgestellte Projekt basiert auf der Grundidee, betriebliche Eingangstests<br />

als „Lernstandserhebungen“ bereits in den achten Klassen von Hauptschulen<br />

einzusetzen, um Schülern und Schule die Förderbedarfe deutlich zu machen<br />

und einen Motivationszuwachs für die Schüler zu erzielen. Im Anschluss an die Testung<br />

wurden individuelle schulische Förderprogramme und Praktikumsangebote entwickelt.<br />

1


Werner Fuchs: Vorwort<br />

In konstruktiver Zusammenarbeit von vier Duisburger Hauptschulen, dem Schulamt<br />

für die Stadt Duisburg, der UnternehmerverbandsGruppe, der UnternehmerHaus AG<br />

und dem Projekt ABBEO, der Agentur für Arbeit Duisburg, der Industrie- und Handelskammer<br />

Duisburg, Vertretern der Ausbildungsbetriebe ThyssenKruppSteel und<br />

Hüttenwerke Krupp-Mannesmann GmbH und der <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Düsseldorf</strong> ist<br />

diese koordinierte Initiative entstanden:<br />

207 Schülerinnen und Schüler der achten Jahrgänge des Schuljahres 2004/2005 der<br />

Heinrich – Böll Schule, der Emil – Rentmeister – Schule, der Hauptschule Wiesbadener<br />

Straße und der Hauptschule Beim Knevelshof haben für zwei Schuljahre eine<br />

besondere Förderung erhalten.<br />

Dazu gehörten im Einzelnen:<br />

- eine ausführliche berufsbezogene Diagnose der persönlichen Stärken und<br />

Schwächen durch die Arbeitsagentur Duisburg,<br />

- die Erstellung eines individuellen Förderplans durch die beteiligten Schulen,<br />

- die fachspezifische Förderung in Deutsch, Englisch und Mathematik sowie in<br />

Allgemeinbildung,<br />

- der Abschluss eines individuellen Praktikumskontrakts zwischen Schüler/in<br />

und Schule,<br />

- die Evaluation der Praktikumsplätze durch die Schulen und die systematische<br />

Auswertung der Praktikumserfahrungen der Arbeitgeber,<br />

- Bereitstellung zusätzlicher Betriebspraktika durch engagierte Unternehmen vor<br />

Ort,<br />

- die Betreuung der Schüler/innen durch besonders qualifizierte Experten der<br />

Betriebe und<br />

- die Förderung von Schlüsselqualifikationen durch gezielte Maßnahmen, beispielsweise<br />

durch die Teilnahme an einem mehrtägigen Lebensfindungs- und<br />

Berufswahlorientierungsseminar.<br />

Auf Initiative der <strong>Bezirksregierung</strong> erhielt jede teilnehmende Schule befristet eine zusätzliche<br />

Lehrerstelle, um die Fördermaßnahmen durchführen zu können. Ebenso<br />

erhielten die Schulen Fortbildungsunterstützung zur Erarbeitung der Förderpläne und<br />

der Ausbildungskontrakte.<br />

Im folgenden Reader erhalten Projektbeteiligte, vor allem Schülerinnen und Schüler,<br />

ihre Lehrer/innen, Unternehmen und alle anderen beteiligten Partner Gelegenheit,<br />

ihre Anteile in und Erfahrungen aus dem Projekt darzustellen und zu bewerten.<br />

2


Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />

beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />

Bildung, Ausbildung und gesellschaftliche Teilhabe<br />

Muss man eigentlich begründen, wieso es Projekte gibt, die sich der Förderung der<br />

Berufswahlorientierung und Förderung der Ausbildungsreife von Hauptschüler/inne/n<br />

widmen? Nein.<br />

Die zentrale Bedeutung von schulischer und beruflicher Bildung für gesellschaftliche<br />

Chancen, soziale und ökonomische Teilhabe ist unbestreitbar. Eine demokratische<br />

Gesellschaft, die sich nicht oder unzureichend der Aufgabe stellt, der nachwachsenden<br />

Generation diese Bildung in qualitativ und quantitativ ausreichender Form zur<br />

Verfügung zu stellen, versagt mithin in diesem wichtigen Bereich der Sozialisation.<br />

Ungeachtet der Diskussion dessen, was „die Wirtschaft“ von den Schulabgängern<br />

erwartet 1 ist es hierbei zunächst nicht wichtig, ob die seit Jahren in Deutschland jährlich<br />

etwa mehrere zehntausend junge Menschen umfassende Gruppe tatsächlich<br />

oder nur gefühlt nicht ausbildungsreif ist. Entscheidend ist, dass eben diese jungen<br />

Menschen sich oft vergeblich um eine berufliche Ausbildung bemühen, viele sich resigniert<br />

erst gar nicht bewerben. Ihre Chancen auf ökonomische und gesellschaftliche<br />

Teilhabe sinken damit beträchtlich, ihr Armutsrisiko steigt, für viele zeichnen sich<br />

in dieser für ihre Biographie wichtigen Orientierungsphase damit schon früh später<br />

drohende Arbeitslosigkeit und Hartz IV-Karrieren ab.<br />

Der Blick, der sich hier zunächst auf die Situation in ganz Deutschland richtet, wird<br />

später zunehmend auf die Situation in NRW, dem Ruhrgebiet und natürlich vor allem<br />

in Duisburg gerichtet werden.<br />

1 dargestellt z.B. im Faltblatt der IHK NRW o.J. (2002): Was erwartet die Wirtschaft von den Schulabgängern?<br />

Textfassung z.B. dokumentiert auf http://www.ihkkoeln.de/Navigation/AusUndWeiterbildung/Berufsbildungspolitik/Anlagen/BroschuereWirtschaft.PDF);<br />

siehe hierzu auch den Beitrag von Volker Grotensohn, S. 82 ff.<br />

3


Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />

beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />

Die Chancen jugendlicher Schulabsolventen auf dem bundesweiten Ausbildungsmarkt<br />

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung fasst in diesem Zusammenhang<br />

die Lage in Deutschland im „IAB-Kurzbericht Nr. 2/2007“ wie folgt zusammen 2 :<br />

„Das formale Bildungsniveau der Schulabgänger hat sich in Deutschland seit Beginn<br />

der 90er Jahre nicht wesentlich verändert. Allerdings steigt der Anteil von Altbewerbern<br />

bei den Bewerbern um eine betriebliche Ausbildungsstelle seit Jahren – bedingt<br />

durch die angespannte Ausbildungslage in Folge demographischer Veränderungen<br />

einerseits und konjunktureller sowie struktureller Entwicklungen<br />

andererseits. Dieser Anstieg zeigt die wachsenden Probleme auch ausbildungsreifer<br />

Jugendlicher – insbesondere mit schwächeren Schulabschlüssen – beim Übergang<br />

in betriebliche Ausbildung.<br />

Die Zugangsprobleme leistungsschwächerer Jugendlicher zu einer beruflichen<br />

Ausbildung werden dadurch verstärkt, dass auch bei den Maßnahmen der Berufsvorbereitung<br />

sowie bei der Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen<br />

eine zunehmende Konzentration auf relativ besser qualifizierte Jugendliche zu<br />

beobachten ist. (...) Bedingt durch die angespannte Arbeitsmarktlage ist seit<br />

Ende der 90er Jahre die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen mit beruflichem<br />

Abschluss deutlich gestiegen, während die Zahl arbeitsloser Jugendlicher ohne<br />

berufliche Ausbildung auf einem hohen absoluten Niveau verharrte. Mit der<br />

Einführung des SGB II sind 2005 verstärkt Jugendliche mit niedrigen bzw. ohne allgemeinbildende<br />

oder berufliche Abschlüsse neu als Arbeitslose erfasst worden, aber<br />

auch die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen mit beruflichem Abschluss ist weiterhin<br />

leicht gestiegen. (...)<br />

Hervorzuheben ist ferner, dass bereits ab 2000 der Einsatz von Maßnahmen der<br />

beruflichen Weiterbildung – zugunsten kürzerer Trainingsmaßnahmen – in einem<br />

Ausmaß zurückgefahren wurde, das nicht allein mit der Veränderung der Qualifikationsstruktur<br />

der jugendlichen Arbeitslosen begründet werden kann. Arbeitslose<br />

Jugendliche mit unzureichender bzw. ohne berufliche Ausbildung<br />

erhalten zwar immer seltener die zweite Chance auf Zugang zu einer beruflichen<br />

Ausbildung. Es ist jedoch noch offen, ob nicht mit kurzfristigen Maßnahmen<br />

die gleiche nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt erreicht werden kann.“<br />

Es lässt sich weiterhin feststellen, dass bundesweit die Lücke zwischen noch<br />

nicht vermittelten Bewerbern und der Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze<br />

zu Lasten der Bewerber seit 2002 ständig größer geworden ist. Hierbei hat kontinuierlich<br />

die Zahl der sogenannten „Altbewerber“ zugenommen, während die<br />

Zahl der Lehreinmünder seit 2001 auf unter 50 Prozent gesunken ist. 2006 waren<br />

es nur noch 47,8 Prozent.<br />

2 Auszüge aus dem Fazit S.6ff; Quelle: http://doku.iab.de/kurzber/2007/kb0207.pdf; Hervorhebungen<br />

durch Rehn<br />

4


Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />

beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />

Die drei folgenden Grafiken des Bundesinstituts für Berufsbildung BIBB mögen dies<br />

verdeutlichen: 3<br />

3 im Rahmen eines ausführlichen Berichts „Zwiespältige Vermittlungsbilanz der Bundesagentur für<br />

Arbeit - Einerseits mehr Ausbildungsanfänger, andererseits mehr erfolglose Lehrstellenbewerber als<br />

im Vorjahr“ (http://www.bibb.de/de/27399.htm) finden Sie diese Grafiken unter:<br />

http://www.bibb.de/de/27403.htm, http://www.bibb.de/de/27427.htm, http://www.bibb.de/de/27433.htm<br />

5


Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />

beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />

6


Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />

beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />

Die Situation in NRW<br />

Im „Bildungsreport NRW 2006“ des LDS (Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik<br />

NRW) kommt Wolfgang Seifert im Band 32 der Reihe „Statistische Analysen<br />

und Studien Nordrhein-Westfalen“ zu ähnlich nachdenklich machenden Ergebnissen<br />

für das Land Nordrhein-Westfalen. 4<br />

Der enge Zusammenhang zwischen schulischer und beruflicher Ausbildung zeigt<br />

sich z.B. negativ darin, dass 95,7 Prozent der jungen Erwachsenen ohne allgemein<br />

bildenden Abschluss auch keinen beruflichen Ausbildungsabschluss erreichen.<br />

Wer keinen Schulabschluss hat, bei dem ist demnach die Wahrscheinlichkeit etwa<br />

drei mal größer, dass er/sie auch keinen beruflichen Abschluss erwerben wird, als<br />

bei jemand mit Hauptschulabschluss. Bei Personen mit (F)HR bleiben nur 8,7 Prozent<br />

ohne Berufsausbildung. 5 Dieses Ticket wird von denjenigen mit Hauptschulabschluss<br />

schon deutlich weniger gelöst, vor allem bei jungen Frauen trifft dies zu.<br />

4 Dr. Wolfgang Seifert: Arbeitsmarktintegration von jungen Erwachsenen. in: Landesamt für Datenverarbeitung<br />

und Statistik, <strong>Düsseldorf</strong> 2006, dort S. 27-35. Der komplette Report kann im Internet als<br />

download bezogen werden (https://webshop.lds.nrw.de/webshop/gratis/Z089%20200656.pdf) und<br />

wird im folgenden zitiert als „LDS 2006“<br />

5 Seifert in: LDS 2006, S. 27; Analyse auf der Basis der Mikrozensus 2004<br />

7


Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />

beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />

Seine „natürliche“ Fortsetzung findet dieser Zustand im (leider fehlenden) Arbeitsmarktzugang.<br />

Auch hier sind Schulabsolventen mit Hauptschulabschluss gegenüber<br />

denen mit höherwertigen Abschlüssen im Nachteil, auch wenn sie natürlich diejenigen<br />

ohne Schulabschluss deutlich hinter sich lassen.<br />

Verschärfung der Jugendarbeitslosigkeit seit 2000<br />

Die Zahlen für arbeitslose Jugendliche (bis 24 Jahre) sind bundesweit spätestens seit<br />

dem Jahr 2000, als Deutschland im Vergleich von 15 EU-Staaten noch eine unterdurchschnittliche<br />

Jugendarbeitslosigkeit aufwies, stark gestiegen und die Jugendarbeitslosigkeit<br />

lag 2005 mit ca. 15 Prozent nur noch etwas unter dem Durchschnitt von<br />

16,5 Prozent der EU 15. 6<br />

Die geschlechtsspezifischen Unterschiede sind hierbei deutlich umso größer, je niedriger<br />

der Schulabschluss, liegt doch schon die Erwerbsquote bei Personen ohne<br />

Schulabschluss (in NRW) bei jungen Frauen mit knapp 42 Prozent deutlich unter derjenigen<br />

von jungen Männern, die bei knapp 65 Prozent liegt.<br />

Die Erwerbslosenquote fällt umso niedriger aus, je höher der Bildungsgrad ist – das<br />

gilt leider natürlich auch umgekehrt: 7<br />

Bildungsarmut und Arbeitsmarktintegration<br />

Als bildungsarm gelten Menschen, die weder einen allgemeinbildenden Schulabschluss<br />

noch einen beruflichen Bildungsabschluss haben sowie Personen mit Hauptschulabschluss,<br />

aber ohne berufliche Ausbildung. Dieses Merkmal trifft tendenziell<br />

etwas eher für Frauen und jüngere Menschen (bis 24 Jahre) zu, vor allem aber auf<br />

Ausländer/innen. 8<br />

6 nach OECD-Zahlen bei: Rothe/Tinter: IAB-Forschungsbericht Nr. 4/2007, S. 8; download:<br />

http://doku.iab.de/forschungsbericht/2007/fb0407.pdf<br />

7 Seifert in: LDS 2006, S. 29<br />

8 Seifert in: LDS 2006, S. 32<br />

8


Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />

beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />

Die Gruppe mit der geringsten Erwerbstätigenquote bei den jungen Erwachsenen ist<br />

eindeutig die junger Ausländerinnen. Sie sind hier nur zu 50,8 Prozent vertreten.<br />

9


Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />

beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />

Diese Erkenntnisse decken sich mit den Befunden des Bundesinstitutes für Berufsbildung<br />

(BIBB) aus dem Jahr 2006. Die Ausbildungsquote von Ausländern bundesweit<br />

hat mit nur noch etwas mehr als einem Viertel im Jahre 2004 ihren Tiefpunkt<br />

erreicht, wie die folgende Grafik zeigt 9 :<br />

Die Ausbildungsquote der jungen ausländischen Männer geht kontinuierlich zurück,<br />

während die Quote der jungen ausländischen Frauen schon seit Jahren bei einem<br />

sehr geringen Wert von etwa einem Viertel verharrt bzw. sogar immer noch leicht<br />

zurückgeht auf 23 Prozent im Jahre 2004 10 :<br />

9 http://www.bibb.de/dokumente/pdf/a1_bwpplus_2006_01.pdf, Seite 4<br />

10 ebd., Seite 4, weitere Zahlen auch in der Expertise des BIBB “Integration und berufliche Bildung”<br />

unter http://www.bibb.de/dokumente/pdf/a24_integration-und-berufliche-ausbildung.pdf, S. 1-5<br />

10


Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />

beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />

Pointiert gefasst, ist die Person, in der sich die Benachteiligung im Hinblick auf berufliche<br />

Ausbildung in Deutschland am Anfang des dritten Jahrtausends am stärksten<br />

manifestiert, die junge Frau/der junge Mann mit Migrationshintergrund, die/der im<br />

großstädtischen Ballungsraum die (Haupt-)Schule mit/ohne Abschluss verlässt und<br />

keine Ausbildungsstelle erhält/antritt.<br />

Dabei sind im Westen Deutschlands die Ruhrgebietsstädte Gelsenkirchen und eben<br />

auch Duisburg die traurigen Spitzenreiter, wenn es um Arbeitslosigkeit, Armuts- und<br />

Bildungsrisiken geht. 11<br />

Kumulierung hemmender Merkmale in Duisburg<br />

In genau dieser räumlichen, sozialen, ökonomischen und (Aus-)Bildungssituation<br />

finden sich die Schüler/innen wieder, für die das Duisburger Projekt „Förderung der<br />

Ausbildungsreife“ initiiert wurde.<br />

Nach der nun folgenden allgemeinen Darstellung der schulischen Situation von<br />

Duisburger Hauptschüler/innen sowie einer Beschreibung des Arbeits- und Ausbildungsmarktes<br />

(Beitrag Rulhoff) in Duisburg folgt in Kapitel 2 die Beschreibung der<br />

vier beteiligten Schulen. Dort wird deutlich, wie prägend das Umfeld der Schulen auf<br />

diese junge Generation einwirkt.<br />

11 Vgl. hierzu auch die Werte des „Sozialindex“ im Regierungsbezirk <strong>Düsseldorf</strong>, Landtagsdrucksache<br />

14/3797 der 14. Wahlperiode NRW vom 14.02.2007<br />

11


Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />

beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />

Allgemeine und spezifische Kennzeichen der Situation von Hauptschüler/innen<br />

in Duisburg<br />

Anteil der Hauptschüler/innen<br />

Insgesamt ist in Duisburg der Anteil der Hauptschüler/innen an allen Schüler/innen<br />

der Sekundarstufe I von 1994/95 bis 2004/2005 von 30 auf 20 Prozent zurückgegangen.<br />

Hiervon haben vor allem Real- und Gesamtschulen profitiert, die jeweils etwa<br />

fünf Prozent hinzugewonnen haben. 12 Dies ist allerdings ein Trend, der zumindest<br />

teilweise für Deutschland insgesamt und NRW gilt.<br />

Anteil ausländischer Schüler/innen<br />

Der Anteil der ausländischen Schülerinnen und Schüler an den Hauptschüler/innen<br />

betrug von 2000 bis 2005 nach dem formalen Kriterium der nicht-deutschen Staatsbürgerschaft<br />

jeweils zwischen 34,2 und 37,2 Prozent. 13 Aus den uns vorliegenden<br />

Namenslisten der am Projekt beteiligten vier Duisburger Hauptschulen lässt sich<br />

nach vorsichtiger Schätzung ein realistischer Anteil von etwa 45 Prozent Jungen und<br />

Mädchen mit Migrationshintergrund sowie etwa 10 Prozent Aussiedler errechnen.<br />

Auch der Duisburger Schulentwicklungsplan betont, dass das formale Kriterium<br />

Staatsbürgerschaft in Zukunft ergänzt werden sollte durch die Betrachtung der Zahl<br />

der Kinder mit Migrationshintergrund, da ansonsten keine zuverlässige Prognose<br />

über sprachliche und soziale Barrieren möglich sei. 14<br />

Duisburg: Schwerpunkt Arbeit/Ausbildung im Sektor Produktion<br />

Wo finde ich in Duisburg eine Ausbildungsstelle und dann Arbeit?<br />

Landesweit ist der Sektor Produktion für nordrhein-westfälische Hauptschulabsolventen<br />

mit 43,3 Prozent der nach wie vor zentrale Einsatzbereich. Auch in der Stadt<br />

Duisburg spielt der produzierende Bereich als potentieller Ausbildungsbereich für<br />

Hauptschüler immer noch eine wichtige Rolle, auch wenn die Zahl der im produzierenden<br />

Gewerbe insgesamt Beschäftigten von 39 Prozent (1998) auf 34 Prozent (inklusive<br />

6 Prozent Bergbau) im Jahr 2004 gesunken ist. 15<br />

So erreicht der Arbeitsagenturbezirk Duisburg mit über 70 Prozent denn auch im<br />

Sektor Industrie und Handel landes- und bundesweit den höchsten Wert (BRD: 58,5<br />

Prozent) bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen (Erhebungen des<br />

BIBB zum 20. September 2006). Es besteht somit die begründete Vermutung, dass<br />

der Anteil der Arbeits- und Ausbildungsplätze in der Produktion hier höher als im landes-<br />

und bundesweiten Durchschnitt ist. Allerdings ist es nicht so, dass bei boomender<br />

Stahlkonjunktur die Bäume in den Himmel wachsen, im Gegenteil: Bei einer Auslastung<br />

von 95 Prozent hat die Stahlindustrie im Jahre 2006 in Deutschland noch<br />

einmal 500 Arbeitsplätze abgebaut 16 , etliche davon in Duisburg.<br />

12 Stadt Duisburg – Dezernat für Familie, Bildung, Kultur: Schulentwicklungsplan Planungszeitraum<br />

2007-11, Entwurfsfassung November 2006 (im folgenden zitiert als SEPL DU 2006), S. 55<br />

13 SEPL DU 2006, S. 58<br />

14 SEPL DU 2006, S. 58<br />

15 SEPL DU 2006, S. 29)<br />

16 Süddeutsche Zeitung vom 17.04.2007, S. 22<br />

12


Günter Rehn: Zur Situation von Hauptschüler/innen<br />

beim Übergang Schule – Berufsausbildung<br />

Arbeitslosigkeit in Duisburg<br />

Der Arbeitsagenturbereich Duisburg weist daher auch, bedingt wesentlich durch den<br />

Strukturbruch (früher war Duisburg die „Stadt Montan“), zusammen mit Gelsenkirchen<br />

seit Jahren die höchsten Arbeitslosenzahlen im Ruhrgebiet aus. Im Januar<br />

2007 liegt die Zahl bei 15,2 Prozent (NRW: 11,6 Prozent, BRD: 11,4 Prozent). Hierbei<br />

sind Ausländer/innen mit 26 Prozent (NRW) und jeweils die Frauen unter 25 Jahren<br />

diejenigen, die von Arbeitslosigkeit am stärksten betroffen sind. Bundesweit sind<br />

dies bei den Deutschen 15,6 Prozent bei den Frauen zu 13,6 Prozent bei den Männern<br />

(nach anders berechneten ILO-Zahlen). 17<br />

Die „zweite Schwelle“ – und weitere Stolpersteine<br />

An dieser Stelle sei nur angemerkt, dass Jugendliche / junge Erwachsene nach der<br />

„ersten Schwelle“ zwischen Schule und Ausbildung also auch noch die „zweite<br />

Schwelle“ Eintritt in den Beruf (nach erfolgter Ausbildung) überwinden müssen - nach<br />

der idealtypischen, mittlerweile überholten Vorstellung. Neuerdings spricht man ja<br />

eher von einem von vielen Stolpersteinen für diejenigen, deren Leben nicht der<br />

„Normalbiographie“ entspricht.<br />

Die Überwindung dieser Probleme erweist sich für viele Jugendliche angesichts der<br />

oben skizzierten Arbeitsmarktlage natürlich als zunehmend schwierig. 18 Und hier<br />

steht hinter den Zahlen für das Ruhrgebiet und somit auch Duisburg eine erschreckende<br />

Situation.<br />

Um die Ausbildungssituation bei Beginn des Projektes etwas genauer darzustellen,<br />

folgen hier nun die von der Arbeitsagentur Duisburg ausgewählten wichtigsten Kennziffern<br />

des Duisburger Ausbildungsmarktes der Jahre 2005/2006, die den Beginn des<br />

Projektes markierten.<br />

17 Zahlen hierzu: http://statistik.arbeitsamt.de/statistik/index.php?id=D und<br />

http://www.statistikportal.de/Statistik-Portal/de_zs02_nrw.asp sowie<br />

http://www.destatis.de/indicators/d/arb440ad.htm)<br />

18 Rothe/Tinter: IAB-Forschungsbericht Nr. 4/2007, S. 5 und 18ff<br />

13


Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />

1. Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes Duisburg 1996 - 2006<br />

In den letzten 10 Jahren hat sich der Ausbildungsmarkt in Duisburg ab dem Jahr<br />

2002 für die Bewerber um eine Ausbildungsstelle negativ entwickelt. Während in<br />

den Jahren zuvor die Lücke zwischen angebotenen Ausbildungsstellen und den<br />

Ausbildungsstellensuchenden relativ gleich groß blieb, wurde das Missverhältnis<br />

ab dem Jahr 2002 deutlich größer.<br />

Im September des Jahres 2005 standen 2.708 gemeldeten Ausbildungsstellen<br />

4.872 Bewerber um eine Ausbildungsstelle gegenüber.<br />

Im September des Jahres 2006 waren 2.879 Ausbildungsstellen und 5.299 Bewerber<br />

gemeldet.<br />

5500<br />

5000<br />

4500<br />

4000<br />

3500<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />

2005<br />

2006<br />

2708 2879<br />

Ausbildungsstellen Bewerber<br />

Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />

In den Jahren 2005 und 2006 setzte sich der Trend weiter fort. Dem Anstieg<br />

der gemeldeten Ausbildungsstellen um 171 in diesem Zeitraum (von 2.708 im<br />

Jahre 2005 auf 2.879 im Jahre 2006) stand ein Anstieg von 427 Bewerbern<br />

entgegen.<br />

4872<br />

5299<br />

A usbi l dungsst e l l e n Be we r be r<br />

Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />

14


1,3<br />

1,2<br />

1,1<br />

Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />

2. Die Relation der gemeldeten Ausbildungsstellen zu gemeldeten Bewerbern<br />

Die Entwicklung des relativen Ungleichgewichtes auf dem Ausbildungsstellenmarkt<br />

in Duisburg wird besonders deutlich, wenn man sich die Relation der gemeldeten<br />

Ausbildungsstellen zu den gemeldeten Bewerbern ansieht.<br />

Im Jahr 1993 waren pro Bewerber noch 1,06 Ausbildungsstellen gemeldet, so<br />

dass rein rechnerisch ein Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsstellenmarkt<br />

verzeichnet werden konnte. Im Verlaufe der letzten Jahre hat<br />

sich diese Relation deutlich auf 0,56 (2005) bzw. 0,54 (2006) verschlechtert.<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

1,06<br />

0,81<br />

0,76<br />

0,69 0,7 0,69 0,73 0,71 0,72 0,71<br />

0,62 0,6 0,56 0,54<br />

1994 1997 2000 2003 2006<br />

Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />

Berufswahl mit<br />

Alternativen<br />

möglich<br />

3. Die Relation der Bewerber zu Ausbildungsstellen nach Berufswunsch<br />

Rechnerischer Aus -<br />

gleich von Ange -<br />

bot und Nachfrage<br />

Betrachtet man die Relation der gemeldeten Ausbildungsstellen im September<br />

2006 zu den gemeldeten Bewerbern in einzelnen Berufsfeldern, so kann man unterschiedlich<br />

stark ausgeprägte Ungleichgewichte erkennen.<br />

Nur in 2 Bereichen (Verkehrsberufe und Elektroberufe) ist die Relation als günstig<br />

zu bezeichnen In diesen Bereichen besteht ein nahezu ausgeglichenes Verhältnis<br />

zwischen Ausbildungsplatzangeboten und Ausbildungssuchenden.<br />

Auch im Bezug auf die Entwicklung der Relationen in den einzelnen Berufsfeldern<br />

können unterschiedliche Tendenzen ausgemacht werden:<br />

Die Relationen in den Bereichen der technischen Berufe, der Ernährungsberufe,<br />

der Verkehrsberufe der Gästebetreuer- und Körperpflegeberufe und der Waren-<br />

und Dienstleistungskaufleute haben sich von 2005 zu 2006 zu Gunsten der Ausbildungsstellensuchenden<br />

verändert. Gleichwohl bleibt der Ausbildungsstellenmarkt<br />

auch in diesen Bereichen angespannt.<br />

15


Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />

In den Bereichen der Bau- und Baunebenberufe, der Gesundheitsberufe, der Metallberufe,<br />

der Elektrikerberufe und der Büroberufe haben sich die Relationen für<br />

die Ausbildungsstellensuchenden verschlechtert. Dies trifft Hauptschulabsolvent/inn/en<br />

besonders stark.<br />

Ausbildungsstellen und Berufswünsche 2006<br />

Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />

Entwicklung des Verhältnisses von Ausbildungsstellen und Berufswünschen<br />

2005 / 2006 (gemeldete Ausbildungsstellen pro Bewerber)<br />

Berufsfelder 2005 2006<br />

Technische Berufe<br />

Ernährungsberufe<br />

Bau- und Baunebenberufe<br />

Gesundheitsberufe<br />

Verkehrsberufe<br />

Gästebetreuer und Körperpfleger<br />

Metallberufe<br />

Elektriker<br />

77<br />

37<br />

Technische Berufe: Gemeldete Bewerber<br />

Ernährungsberufe:<br />

Bau - u. Baunebenberufe:<br />

Gesundheitsberufe:<br />

Verkehrsberufe:<br />

Gästebetreuer u. Körperpfleger:<br />

Metallberufe:<br />

Elektriker:<br />

Waren - u. Dienstl.-kaufleute:<br />

Orga.-, Verw.-, und Büroberufe:<br />

83<br />

122<br />

92<br />

125<br />

233<br />

231<br />

237<br />

264<br />

255<br />

468<br />

555<br />

464<br />

Waren- und Dienstleistungskaufleute<br />

414<br />

Organisations-, Verwaltungs- und Büroberufe<br />

Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />

567<br />

638<br />

768<br />

850<br />

Gemeldete<br />

Ausbildungsstellen:<br />

0 200 400 600 800 1.000 1.200<br />

1.168<br />

0,55 0,48<br />

0,43 0,36<br />

0,39 0,51<br />

0,29 0,22<br />

1,62 1,36<br />

0,43 0,50<br />

0,52 0,54<br />

1,17 0,97<br />

0,51 0,55<br />

0,75 0,67<br />

16


Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />

4. Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge nach Ausbildungsbereichen<br />

Die Anzahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge in Duisburg ist von 3.132<br />

im Jahre 2005 auf 3.230 im Jahre 2006 angestiegen. Diese Steigerung von 3,1 %<br />

liegt knapp unter der Steigerungsrate von 4,0 % auf NRW Ebene.<br />

Diese positive Entwicklung ist in erster Linie auf den Anstieg der Ausbildungsverträge<br />

im Bereich der Industrie und des Handels um 5,8 % zurück zu führen.<br />

(2.139 Ausbildungsverträge in 2005 und 2.264 Ausbildungsverträge in 2006)<br />

Im Bereich der abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Handwerk muss für<br />

Duisburg ein Rückgang um 4,6 % (629 in 2005 zu 597 in 2006) verzeichnet werden.<br />

Hier ist der Trend im Vergleich zu dem um 3 % gestiegenen Wert auf NRW -<br />

Ebene gegenläufig.<br />

+ 5,5 %<br />

2139<br />

Abgeschlossene Ausbildungsverträge nach Ausbildungsbereichen<br />

2264<br />

Industrie,<br />

Handel<br />

- 4,8 %<br />

626<br />

597<br />

Quelle:<br />

30<br />

2005:<br />

3132<br />

Verträge<br />

+ 30,2 %<br />

43<br />

+ 7,3 %<br />

76<br />

82<br />

Handwerk Landwirtschaft Öffentlicher<br />

Dienst<br />

2006:<br />

3230<br />

Verträge<br />

248<br />

LDS-Berufsbildungsstatistik NRW, Az. 313.8321<br />

- 6,4 %<br />

233<br />

13<br />

2005<br />

2006<br />

- 18,2 %<br />

11<br />

Freie Berufe Sonstige<br />

17


Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />

5. Bewerberzahlen nach Schulabschluss<br />

Bei der Betrachtung der Entwicklung der Bewerberzahlen zwischen 2005 und<br />

2006 nach Schulabschlüssen fällt auf, dass aus allen Schulabschlussformen ein<br />

Anstieg der gemeldeten Ausbildungsstellenbewerber zu verzeichnen ist.<br />

Den prozentual höchsten Anstieg stellt man bei Bewerbern mit qualifizierteren<br />

Schulabschlüssen fest. (Hochschulreife = + 9,2 %; Fachhochschulreife = + 25,8<br />

%)<br />

In wie weit die Einführung von Studiengebühren in NRW diesen Trend beschleunigt<br />

hat, kann aus Sicht der Arbeitsverwaltung nicht valide beurteilt werden.<br />

Fachhochschulreife<br />

400<br />

Mittlerer<br />

Bildungsabschluss<br />

2.502 (+ 6,4 %)<br />

Hochschulreife<br />

488<br />

(+ 25,8 %)<br />

+(103)<br />

+(161)<br />

(+ 9,2 %) (+ 1,5 %)<br />

+(45)<br />

Kein Schulabschluss<br />

269<br />

mit<br />

Hauptschulabschluss<br />

1.581 (+ 6,3 %)<br />

+(5)<br />

+(99)<br />

Bewerber 2006<br />

(Steigerung zu 2005)<br />

Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />

18


Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />

6. Berufswünsche der Bewerber<br />

Betrachtet man die Entwicklung des Wunschverhaltens der Bewerber, so sind im<br />

Zeitraum 2005 bis 2006 nur geringe Abweichungen zu verzeichnen.<br />

Augenfällig ist allerdings, dass der Wunsch, eine Ausbildung im Bereich der Verkehrsberufe<br />

anzugehen, in 2006 um 19,5 % größer war als im Jahr davor.<br />

Eine ähnlich hohe Steigerung konnte nur noch im Bereich der Gesundheitsberufe<br />

festgestellt werden (17,3 %).<br />

2005 2006<br />

Gemeldete Bewerber (gesamt) 4.827 5.299<br />

Die Entwicklung in den Berufswünschen im Einzelnen:<br />

Ernährungsberufe:<br />

233 (+12)<br />

Bau - u.<br />

Baunebenberufe:<br />

468 (+45)<br />

Gesundheitsberufe:<br />

555 (+96)<br />

Verkehrsberufe:<br />

92 (+18)<br />

Technische Berufe:<br />

77 (+2)<br />

Gästebetreuer u.<br />

Körperpfleger:<br />

464 (+34)<br />

sonstige<br />

360 (+33)<br />

Metallberufe:<br />

768 (+52)<br />

Elektriker:<br />

264 (+18)<br />

Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />

Organisations-, Verw.-,<br />

und Büroberufe:<br />

850 (+29)<br />

Waren - u.<br />

Dienstleistungskaufleute:<br />

1.168 (+133)<br />

19


Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />

7. Verbleib von Ausbildungsbewerbern mit Hauptschulabschluss<br />

Die Anzahl der Ausbildungsbewerber des Schulentlassjahrganges mit Hauptschulabschluss<br />

hat sich in 2006 im Vergleich zu 2005 um 30 % erhöht.<br />

(2005 = 351; 2006 = 458)<br />

Die Problematik des Ausbildungsstellenmarktes wird hier besonders deutlich. Da<br />

die Bewerber durch eigene Bemühungen keinen Ausbildungsplatz haben finden<br />

können, haben sie in zunehmendem Maße die Angebote der Berufsberatung der<br />

Agentur für Arbeit Duisburg in Anspruch genommen.<br />

Dafür spricht auch die Tatsache, dass sich bei einer Stichtagsbetrachtung zum<br />

30.09.2006 mehr als doppelt so viele Bewerber in berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen<br />

(BVB) befanden als im Jahr davor. (2005 = 41; 2006 = 100)<br />

Auch die Zahl der Bewerber, die über weiteren Schulbesuch ihre Qualifikation und<br />

damit ihre Chancen auf dem Ausbildungsstellenmarkt steigern wollen, ist in 2006<br />

stark angestiegen.<br />

Während in 2005 5,4 % der Bewerber weiter zur Schule gingen, ist dieser Anteil<br />

im Jahr 2006 auf 18,9 % angestiegen (2005 = 19 von 351; 2006 = 87 von 458)<br />

Die Grafiken auf der Folgeseite geben dies wieder.<br />

20


Hans-Joachim Rulhoff: Der regionale Ausbildungsmarkt Duisburg 2005/2006<br />

Unbekannt<br />

38<br />

Arbeit<br />

11<br />

Schulentlassjahr 2005 (351 Ausbildungsbewerber)<br />

Sonstige 74<br />

Unbekannt 33<br />

Arbeit 16<br />

BVB 41<br />

Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen<br />

Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />

Schulentlassjahr 2006 (458 Ausbildungsbewerber)<br />

Sonstige<br />

52<br />

BVB<br />

Berufsvorbereitende<br />

Bildungsmaßnahmen:<br />

100<br />

100<br />

Nicht vermittelte Bewerber am 30.09.<br />

15<br />

Schule 19<br />

Nicht NVB vermittelte Am 30.09. Bewerber am 30.09.<br />

12 12<br />

Schule<br />

87<br />

Quelle: Informationsangebot der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />

Einmündung 153<br />

Einmündung<br />

158<br />

21


Die Profile der vier Schulen: die Heinrich-Böll-Schule<br />

Situation der Schule und des betrieblichen Umfeldes<br />

Heinrich-Böll-Schule<br />

Städt. Gemeinschaftshauptschule<br />

Gartsträucherstr. 54<br />

47137 Duisburg<br />

� 0203 / 44 94 811<br />

Fax: 0203 / 43 57 46<br />

Die Heinrich-Böll-Schule ist eine zwei- bis dreizügige Gemeinschaftshauptschule im<br />

Duisburger Stadtteil Untermeiderich. Im Schuljahr 2006/07 wird sie von ca. 360<br />

Schülern besucht.<br />

Die individuelle Förderung des einzelnen Schülers ist uns besonders wichtig. Außerdem<br />

soll der Schüler die Schule als Lebensraum erfahren, was u.a. durch ein umfangreiches<br />

Ganztagsangebot im Rahmen des Programms „13+ (Schule über Mittag)“<br />

verwirklicht wird.<br />

Die Schule nimmt am Programm „Zusätzliche Sprachförderung 5/6“ teil. Dabei werden<br />

alle Schüler der Klassen 5 und 6 auf Basis eines Eingangstestes verschiedenen<br />

Fördergruppen zugeordnet. Der Förderunterricht beläuft sich je nach Bedarf auf 2 bis<br />

4 Stunden pro Woche.<br />

Außerdem ist in den Jahrgängen 5 und 6 „Lernen lernen“ als eigenständiges Unterrichtsfach<br />

ausgewiesen.<br />

Für Schüler der Jahrgänge 5 bis 7, die vorübergehend nicht am Unterricht teilnehmen<br />

können (z. B. Überforderung, Störung), ist ein durch Pädagogen besetzter Trainingsraum<br />

eingerichtet worden.<br />

Im Jahrgang 8 werden Schüler zu Streitschlichtern ausgebildet und anschließend<br />

auch aktiv eingesetzt.<br />

Die Schüler können sich im Wahlpflichtbereich 9/10 individuelle Schwerpunkte im<br />

Bereich Arbeitslehre oder Naturwissenschaften setzen. Dabei wird in allen Kursen in<br />

Projektform gearbeitet und somit Theorie und Praxis miteinander verbunden.<br />

Im Rahmen des Programms „13 plus (Schule über Mittag)“ bietet die Schule ein umfangreiches<br />

Ganztagsangebot (offene Angebote, Hausaufgabenbetreuung, Bastelgruppen,<br />

Jungen- und Mädchenclubs, sportliche Aktivitäten) an. Dabei gibt es für alle<br />

Altersgruppen spezifische Angebote. Der Ganztagsbetrieb wird täglich (auch freitags)<br />

bis mindestens 16 Uhr angeboten.<br />

22


Die Profile der vier Schulen: die Heinrich-Böll-Schule<br />

Berufswahlorientierung und -vorbereitung sind wichtige Bestandteile des Unterrichts<br />

ab Klasse 8. Dabei übernimmt das Fach „Arbeitslehre – Wirtschaft“ eine zentrale<br />

koordinierende Rolle. Zu den Elementen der Berufswahlorientierung und –<br />

vorbereitung gehören u.a.<br />

- eine Berufsfindungswoche im Jahrgang 8,<br />

- ein dreiwöchiges Betriebspraktikum im Jahrgang 9,<br />

- weitere Betriebspraktika im Jahrgang 10<br />

- die berufsorientierende Ausrichtung von Wahlpflicht-Kursen in den Jahrgängen<br />

9 und 10 (z. B. „Erzieherische und pflegerische Berufe“, „Bürosoftware“).<br />

Hinzu kommen regelmäßige Beratungsgespräche mit der Berufsberatung der Agentur<br />

für Arbeit, BIZ-Besuche und Bewerbungstraining.<br />

Zur Weiterentwicklung und Professionalisierung der Berufswahlorientierung und -<br />

vorbereitung hat sich die Heinrich-Böll-Schule mit dem Jahrgang 8 des Schuljahres<br />

2005/06 (Jahrgang 9 im Schuljahr 2006/07) am landesweiten Pilotprojekt ABBEO<br />

NRW (Ausbildungsreife und Berufswahlorientierung) beteiligt.<br />

Der Jahrgang 9 des Schuljahres 2005/06 (Jahrgang 10 des Schuljahres 2006/07)<br />

erhielt aufgrund des besonderen Engagements des Regierungspräsidenten Jürgen<br />

Büssow für Duisburger Hauptschulen („Initiative der <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Düsseldorf</strong> zur<br />

Stärkung der Ausbildungsreife und Berufswahlorientierung“) eine zusätzliche gezielte<br />

Förderung zur Verbesserung der Ausbildungsreife der Schüler(innen).<br />

Das betriebliche Umfeld<br />

Nachdem Thyssen als größter Arbeitgeber in Untermeiderich schon vor Jahren weggefallen<br />

ist, sind die Firma Linde (Sauerstoff, Edelgase) und eine Großwäscherei die<br />

einzigen größeren Betriebe. Ansonsten gibt es lediglich Einzelhandelsgeschäfte, die<br />

den täglichen Bedarf abdecken. Daher finden Schüler(innen) nur begrenzt im unmittelbaren<br />

Schulumfeld Praktikumsstellen. Sie weichen daher in die angrenzenden<br />

Stadtteile (Mittel- und Obermeiderich, Hamborn, Beeck), z. T. auch in der Nachbarstadt<br />

Oberhausen aus.<br />

23


Die Profile der vier Schulen: die Heinrich-Böll-Schule<br />

Umsetzung der Initiative der <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Düsseldorf</strong> zur Stärkung der<br />

Ausbildungsreife und Berufswahlorientierung an der Heinrich-Böll-Schule<br />

Phase 1: Ende des Schuljahres 2004/05 (Jahrgang 8) und 1. Halbjahr Schuljahr<br />

2005/06 (Jahrgang 9)<br />

Alle 93 Schüler(innen) wurden entweder vor den Sommerferien oder unmittelbar danach<br />

durch die Agentur für Arbeit getestet. Sie erhielten in Einzelgesprächen in Anwesenheit<br />

der Klassenlehrer(innen) ein Feedback zu ihrem Testergebnis.<br />

Aufgrund dieser Testergebnisse wurden bis Ende Dezember 2006 für alle Schüler(innen)<br />

individuelle Förderpläne erstellt.<br />

Vom 9. bis 27. Januar 2006 fand für alle ein dreiwöchiges Schülerbetriebspraktikum<br />

statt.<br />

Phase 2: 2. Halbjahr des Schuljahres 2005/06 (Jahrgang 9)<br />

Aufgrund der Zuweisung einer Lehrerstelle konnte im 2. Halbjahr für alle Schüler(innen)<br />

ein dreistündiger Förderunterricht in Mathematik oder Deutsch eingerichtet<br />

werden. Die Einteilung in die zehn Gruppen erfolgte durch die Klassenlehrer(innen)<br />

auf der Basis der individuellen Förderpläne.<br />

Am 26. März 2006 fand ein Informationsabend statt, auf dem den Eltern und Schüler(innen)<br />

das Projekt und seine Fortsetzung im Jahrgang 10 erläutert wurde.<br />

Ein zweites Schülerbetriebspraktikum fand unter Einbeziehung des Dienstags nach<br />

Pfingsten (Ferientag) vom 6. bis 14. Juni 2006 statt.<br />

Phase 3: 1. Halbjahr des Schuljahres 2006/07 (Jahrgang 10)<br />

Die Neubildung der Klassen zum Beginn des Schuljahres 2006/07 sah folgendermaßen<br />

aus:<br />

Klasse 10 A1 „Praktikumsklasse“ – einwöchiges Einführungspraktikum (17. –<br />

24.8.), dann Jahrespraktikum (ein Mal wöchentlich donnerstags)<br />

Klassen 10 A2/A3 „normaler“ Unterricht (5 Tage pro Woche), unterbrochen von<br />

zwei Schülerbetriebspraktika (18. bis 29. September 2006 und 8.<br />

bis 19. Januar 2007)<br />

Klasse 10 B Unterricht nach der Stundentafel der 10 B, unterbrochen durch<br />

ein dreiwöchiges Schülerbetriebspraktikum (8. bis 26. Januar<br />

2007)<br />

Der zweistündige Förderunterricht in Mathematik und Deutsch wurde auch im 1.<br />

Halbjahr des Schuljahres 2006/07 fortgeführt.<br />

Phase 4: 2. Halbjahr des Schuljahres 2006/07 (Jahrgang 10)<br />

Der Förderunterricht wird auch im 2. Halbjahr 2006/07 fortgeführt.<br />

Die Agentur für Arbeit führte am 14. März 2007 einen abschließenden Test mit den<br />

Schülerinnen und Schülern durch.<br />

24


Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />

die Schule Beim Knevelshof<br />

Situation der Schule und des betrieblichen Umfeldes<br />

Die Hauptschule GHS Beim Knevelshof liegt im Duisburger Süden in Wanheim,<br />

gleich in der Nähe der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann. Das Einzugsgebiet der<br />

Schule geht bis Wedau und Hüttenheim. Aus ca. 8 Grundschulen, auch aus dem<br />

weiteren Umfeld, kommen die Schülerinnen und Schüler zu uns.<br />

Das direkte Umfeld der Schule ist zu einem deutlichen Anteil von Arbeitslosigkeit,<br />

sozialen Problemen und verschiedenen Migrationsproblemen gekennzeichnet. Die<br />

Schule wird von Schülerinnen und Schülern aus 22 Herkunftsländern besucht.<br />

Hinsichtlich der Schülerbetriebspraktika ist in räumlicher Nähe ein begrenztes Angebot<br />

vorhanden, z. B. im Einzelhandel (v. a. Lebensmittel), Schreinereien, Friseure,<br />

etc.<br />

Viele Jugendliche müssen eine etwas weitere Anfahrt in Kauf nehmen, um ein aus<br />

ihrer Sicht interessantes Praktikum machen zu können. Dies ist manchmal schwierig,<br />

z. B. weil das Geld für die Fahrkarten fehlt, sodass die Entscheidung oft für einen<br />

Nicht-Wunschbetrieb, der eben in der Nähe liegt, oder für einen Betrieb, der gar nicht<br />

ausbildet, fällt.<br />

Für die Schule gilt außerdem, dass durch mehrere Langzeiterkrankte Personal fehlt.<br />

Umsetzung des „Büssow-Projektes“<br />

Ab dem 2. Halbjahr des Schuljahres 2005/2006 wurde das so genannte Büssow-<br />

Projekt in unserer Schule in die Praxis umgesetzt.<br />

Unter hohem Zeitdruck fielen die Entscheidungen, die immerhin einen kompletten<br />

Schulstundenplan für ca. 300 Schüler beeinflussten und ca. 20 Betriebe und gut 60<br />

Schüler umfassten.<br />

Für die wenigen Wochen, die insgesamt im 2. Halbjahr zur Verfügung standen, hatten<br />

wir uns ein rotierendes System überlegt: Damit jeder Schüler wenigstens einmal<br />

3 Tage im Tagespraktikum Erfahrungen sammeln konnte und außerdem an insgesamt<br />

4 Förderkursen in Mathematik, Deutsch und Allgemeinwissen à 3 Unterrichtsstunden<br />

(insgesamt 6 Extra-Förderstunden pro Woche) teilnehmen konnte, wurde<br />

die Besetzung der Stellen und der Kurse alle 3 Wochen geändert.<br />

Gefördert wurden Mathematik, Deutsch und Berufsvorbereitung.<br />

Intensiv wurde auf Einstellungstests und Vorstellungsgespräche vorbereitet unter<br />

Verwendung von Rollenspielen und Beispielen aus realen Einstellungstests. Diese<br />

Situationen und Testformate wurden den Schülern bekannt gemacht, damit die konkrete<br />

Situation sie nicht überfordert.<br />

Diese Maßnahme möchten wir als sinnvoll und erfolgreich bewerten.<br />

Einige Schüler kamen so gut zurecht, dass sie länger als drei Tage in ihrer Stelle<br />

blieben und Angebote für das dreiwöchige Praktikum in der 10. Klasse und sogar<br />

Ausbildungsplätze in Aussicht gestellt bekamen (drei Fälle).<br />

Im Jahrgang 10 (Schuljahr 2006/2007) fand Folgendes statt:<br />

Alle Schüler durchliefen direkt nach den Herbstferien ihr übliches 3-wöchiges Blockpraktikum.<br />

Hierbei sollten weitere gute Praktikumsstellen akquiriert werden. An-<br />

25


Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />

die Schule Beim Knevelshof<br />

schließend sollten zunächst alle Schüler jeden Montag ins Tagespraktikum gehen.<br />

Es sollten nur Praktikumsplätze in Betrieben akzeptiert werden, die auch ausbilden.<br />

Dieses Vorhaben erwies sich bei der konkreten Planung als für unsere Schule undurchführbar,<br />

da alleine aufgrund von langzeiterkrankten Kolleginnen, die nicht durch<br />

andere Lehrerinnen und Lehrer ersetzt werden, ein entsprechender Stundenplan<br />

nicht aufgestellt werden konnte.<br />

Es gab eine andere Lösung. Die Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen bekamen<br />

im weiteren Verlauf wöchentlich drei Stunden Förderunterricht, um sich auf ihr Berufsleben<br />

vorzubereiten und z. B. gute Bewerbungen zu schreiben.<br />

Vom 5. – 16. März 2007 haben sie außerdem die Möglichkeit bekommen, ein Extra-<br />

Praktikum zu absolvieren, falls dieses Praktikum Aussicht auf Erfolg hat, sprich ein<br />

konkreter Ausbildungsplatz in Aussicht steht. Davon haben 4 Schüler Gebrauch gemacht.<br />

Das Ergebnis: Ein Schüler kann auf einen Ausbildungsplatz als Schreiner hoffen,<br />

weil er sich im Betrieb sehr gut dargestellt hat.<br />

Ein weiterer Schüler kann in einem Alten- und Pflegeheim ein Jahrespraktikum machen<br />

(begleitend zur Schule) und, wenn er gut ist, dort in einem Jahr einen Ausbildungsplatz<br />

bekommen.<br />

Ein Schüler kommt offenbar für das nächste Jahr in die engere Wahl (Garten- und<br />

Landschaftsbau) für einen Ausbildungsplatz.<br />

26


Emil-Rentmeister-Schule<br />

S t ä d t . G e m e i n s c h a f t s h a u p t s c h u l e<br />

Situation der Schule in der Stadt<br />

Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />

die Emil-Rentmeister-Schule<br />

Im gemeinsamen Unterricht<br />

G i t s c h i n e r S t r a ß e 1 0 7<br />

4 7 0 5 3 D u i s b u r g<br />

Die Emil-Rentmeister-Schule liegt im Duisburger Stadtteil Hochfeld, einem Ortsteil<br />

des Bezirks Innenstadt, der mit 36 % Migranten die zweithöchste Anzahl von Ausländern<br />

in der Kombination ethnischer Minderheiten (15 Nationen) aufweist. Etwa<br />

50 % gehören der türkischen, ca. 15 % der ehemaligen jugoslawischen und um<br />

die 12 % der griechischen Staatsangehörigkeit an. Einem Rückgang von 18 % an<br />

deutschen Einwohnern steht eine Zunahme von 29 % ausländischen Einwohnern<br />

in den letzten Jahren gegenüber.<br />

Unsere Schule besuchen 60 % Schülerinnen nicht deutscher Nationalität. Hochfeld<br />

ist ein junger „Stadtteil ” , insofern der Anteil der Kinder und Jugendlichen, gemessen<br />

an der Gesamtstadtteilbevölkerung überdurchschnittlich hoch ist. (Altersdurchschnitt<br />

38 Jahre / 50 % unter 25 Jahren)<br />

Gleichzeitig zählt Hochfeld zu den Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf.<br />

Die wirtschaftliche Strukturschwäche macht ihn zum Ort mit der höchsten Zahl von<br />

Arbeitslosen im erwerbsfähigen Alter in ganz Duisburg.<br />

Dies zeigt Auswirkung in der Sozialstruktur. Ein weit über dem Mittelwert liegender<br />

Anteil von Haushalten mit Wohngeldbezug, eine an zweiter Stelle in Duisburg liegende<br />

Anzahl von Haushalten mit Sozialhilfebezug, zeitigen Auswirkungen im<br />

Rahmen sozialer Ausgrenzung, der Zerrüttung familiärer Struktur, Gewalterfahrung<br />

in häuslicher Krisensituation bis hin zur Vernachlässigung/Überforderung elterlicher<br />

Erziehungskompetenz. Beengte Wohnverhältnisse bewirken ein Übriges. Zunehmend<br />

weite Teile der dritten und vierten Einwanderungsgeneration verfügen über<br />

unzureichende Kenntnisse der deutschen Sprache und sind nicht unerheblich auch<br />

der eigenen Heimatsprache nicht kundig.<br />

Das betriebliche Umfeld<br />

Das betriebliche Umfeld der Emil-Rentmeister-Schule ist gekennzeichnet durch viele<br />

Einzelhandelsgeschäfte, die entlang der „Hauptstraße” des Stadtteils angesiedelt<br />

sind. Ebenso finden sich Niederlassungen der bekannten großen Markenfirmen der<br />

Nahrungsmittelbranche und Drogerieketten. In unmittelbarer Nachbarschaft befindet<br />

sich ein evangelisches Krankenhaus. Im Umkreis von 4 km zur Schule liegt ein Industriegebiet<br />

mit Betrieben der Metall- und Logistikbranche. Zwei Kilometer von der<br />

Schule entfernt liegt die Duisburger Innenstadt mit den bekannten betrieblichen Ansiedelungen<br />

einer typischen Ruhrgebietsgroßstadt; zwei Kilometer davon entfernt<br />

liegt der Duisburger Innenhafen.<br />

Die Emil-Rentmeister-Schule arbeitet in überschaubarer Schülerzahl standortnah<br />

im Stadtteil Hochfeld. Unsere Schule versteht sich gemeinwesenorientiert als<br />

Lebensraum, Lern- und Freizeitort. Wir lassen Zeit für soziale Erfahrungen und<br />

eröffnen Lebenserfahrungen über das Klassenzimmer hinaus.<br />

Die Unterrichts- und Erziehungsarbeit zielt gleichermaßen auf individuelle Förde-<br />

27


Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />

die Emil-Rentmeister-Schule<br />

rung und gemeinsames Lernen. Wir akzeptieren und begrüßen die Heterogenität<br />

unserer Schülerinnen unter dem Motto „Es ist normal verschieden zu sein” und versuchen,<br />

die Potenziale der Lernenden konstruktiv zu berücksichtigen und zu nutzen.<br />

Im Rahmen des „gemeinsamen Unterrichts” bilden Schülerinnen mit besonderem<br />

Förderbedarf und Regelschüler gemeinsame Klassen. Die Klassen werden im<br />

Team von Sonderschulpädagogen und Regelschullehrern betreut. Im Rahmen<br />

dieser Vielfalt befinden wir uns auf dem Wege zu einer „Inklusiven Schule".<br />

Die Emil-Rentmeister-Schule nimmt Seiteneinsteiger der Jahrgänge 8-10 mit dem<br />

Leitziel auf, dass die Schülerinnen und Schüler einen Sprachstand erreichen, der<br />

sie zu 80 % zu einem Hauptschulabschluss in der Regelklasse befähigt. Die Schule<br />

legt besonderen Wert auf notwendige Schlüsselkompetenzen, fördert Selbständigkeit<br />

und Kooperation, achtet auf Konfliktfähigkeit und Toleranz, fördert Zuverlässigkeit<br />

und Belastbarkeit.<br />

I n den Klassen 8 10 steht die Berufsorientierung und daraus folgend die<br />

Berufswahl im Zentrum des Förderangebots.<br />

Mit dem Ziel berufsorientierende und -qualifizierende Inhalte zu vermitteln, werden<br />

Profile von Berufsfeldern und Berufen als Basisanforderung der Wirtschaft in Erfahrung<br />

gebracht und auf der Folie der eigenen Neigungen, Stärken und Schwächen<br />

im Hinblick auf die Ausbildungsreife systematisch erfasst. Es werden passgenaue<br />

Tages- und Wochenpraktika absolviert.<br />

Um Nähe zur betrieblichen Lern- und Arbeitssituation zu gewährleisten sind Projektgruppen<br />

eingerichtet, die mit „Ernstcharakter” schulinterne Aufgaben wahrnehmen:<br />

Service - Gerätewartung/Pflege der Außenanlagen des Schulgartens/Renovierung<br />

im Gebäude / Essen und Schulkiosk /Netzwerkpflege/ Freizeit-<br />

und Sozialbetreuung (auch im Stadtteil). Vor dem Hintergrund des gesunkenen<br />

Tauschwertes einfacher Schulabschlüsse bemüht sich die Emil-Rentmeister-Schule<br />

intensiv um Vernetzung mit der Arbeits-Agentur, Betrieben, Berufsschulen und Trägern<br />

von Berufsförderungsmaßnahmen. Unsere Schule hat im Februar 2007 im<br />

Rahmen des Hauptschulwettbewerbs einen Preis durch das Ministerium für Schule<br />

für ihr berufsorientiertes Engagement erhalten. In der BUS-Klasse werden benachteiligte<br />

Jugendliche gefördert und zum Hauptschulabschluss geführt. Sie leisten an<br />

2 Tagen der Woche ein Praktikum in einem Betrieb, an drei Tagen werden sie in<br />

der Schule unterrichtet.<br />

Mit Beginn des Schuljahres 2006/2007 ist der Ganztag in den Klassen 5 eingeführt<br />

worden, gemäß dem Landesmotto: "Immer mehr Ideen. Ganztägig lernen."<br />

28


Umsetzung des „Büssow"-Projekts<br />

Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />

die Emil-Rentmeister-Schule<br />

1. Gezielte individuelle Förderung schulischen Wissens und sachlogischer<br />

Fähigkeiten in den Fächern Deutsch- Mathematik und Allgemeinwissen<br />

Im Portfolio-Konzept vom Klassenlehrer betreut:<br />

− differenziert nach 3 Klassen in 5 Anspruchshöhen mit 3 Zusatzstunden pro<br />

Woche<br />

− themenbezogen, zeitbegrenzt wechselnd<br />

− nach Erfolgserlebnissen ausgewertet und<br />

− als Förderplangespräch mit Eltern und Schülern evaluiert.<br />

2. Intensive Trainings- und Informationsmodule zur Stärkung von Berufswahlreife,<br />

Berufswahl und Bewerbung um einen Ausbildungsplatz<br />

a) schulintern<br />

− im Erwerb notwendig grundlegender Kompetenz zur Erstellung von Lebenslauf<br />

und Bewerbungsschreiben<br />

− ausgiebig betreuter Begleitung zu Auswahl und Durchführung sowie Eignungsauswertung<br />

von Tages- und Wochenpraktika<br />

− ausführliche Fürsorge zur Wahrnehmung von Ausbildungsplatzbewerbungen<br />

bis hin zur Begleitung in dem in Frage kommenden Betrieb und Rücksprache<br />

in den Familien<br />

b) extern<br />

- Besuch des BIZ (Arbeitsagentur) / Besuche von Ausbildungszentren<br />

- Eignungstests (Arbeitsagentur)<br />

- Vorstellung unterschiedlicher Berufsfelder im Rahmen der ABBEO-Dienste<br />

(Frau Kleinkorres)<br />

- Auswertung betrieblicher Bewährungsgutachten, auch mit Fragebögen auf<br />

beiden Seiten<br />

- Social-Trainee-Maßnahmen als Lebensfindungsseminare<br />

- Betriebserkundungen / Partnerschaft mit Betrieben<br />

- Praktika auch außerhalb der Schulzeit<br />

3. Lehrertätigkeit des Projekt-Lehrers<br />

Diese Arbeit bestand insgesamt aus der umfangreichen Koordination aller Aktivitäten<br />

als festem Ansprechpartner für Schule und Betrieb/Institution. Bei höchstem<br />

zeitlichem Aufwand für Akquisition, Organisation und Auswertung der Praktika galt<br />

es weiterhin z.B. auch, die regelmäßig wöchentlich wiederkehrende Beratung in der<br />

Runde der Klassenlehrerinnen zu begleiten.<br />

Die Tätigkeit des Abbeo- bzw. Projekt-Lehrers wurde stundenmäßig aufgeteilt auf<br />

die betreffenden Klassenlehrerinnen und eine Kollegin, die erst im letzten Schuljahr<br />

des Projektes an die Schule kam. Diese hatte u. a. die Akquisition von Praktikumsstellen<br />

auf dem Hintergrund der individuellen Schülerwünsche zur Aufgabe.<br />

Besonderes Gewicht wurde hierbei auf Praktika bei Handwerksbetrieben gelegt.<br />

Hinzu kamen Besuche bei neuen Praktikumsbetrieben hinsichtlich der Ausbildungsfähigkeit<br />

der Betriebe und Ausbildungseignung der Schülerinnen, sowie wöchentlich<br />

29


Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />

die Emil-Rentmeister-Schule<br />

beratende Gespräche mit den Klassenleitungen.<br />

Im letzten Schulhalbjahr wurden zusätzlich zwei Schulstunden pro Woche für die<br />

individuelle Beratung der Schüler/innen in Bezug auf Lehrstellensuche (auch) im<br />

Internet, Hilfe beim Verfassen von Bewerbungsschreiben im Medienzentrum der<br />

Schule und Information zum Übergang zu Berufskollegs angeboten. Die Beratungsstunden<br />

hinsichtlich einer „externen”, vom Klassenlehrer unabhängigen, Person<br />

konnten zur Entlastung der Klassenlehrer hilfreich sein, indem die konsequente, individuelle<br />

Bearbeitung des Berufswahlpasses erfolgte.<br />

Die Beurteilungsbögen der Praktikumsbetriebe waren in Gesprächen mit den Schüler/innen<br />

aufzuarbeiten und eine Zukunftsanalyse zu erstellen.<br />

Besondere Aufmerksamkeit musste der entstehenden Kooperation mit einem naheliegenden<br />

Industriebetrieb gewidmet werden, der unserer Schule die Möglichkeit<br />

bevorzugter Praktikumsplätze anbot.<br />

Im Rahmen des ABBEO-Projekts wurde der Bewertungsbogen der Praktikumsbetriebe<br />

statistisch ausgewertet, um Konsequenzen für weitere Praktika und schulinterne<br />

Maßnahmen zur Verbesserung von Berufswahlreife und - Orientierung zu<br />

ziehen. Zum Schluss des Projektes wurden die Schülerinnen anonym befragt und<br />

die Befragung ausgewertet sowie Schüleräußerungen und Lehrermeinungen zum<br />

Projekt analysiert.<br />

30


Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />

die GHS Wiesbadener Straße<br />

Situation der Schule und des betrieblichen Umfelds<br />

Die Hauptschule Wiesbadener Straße liegt in einem durch große Verkehrswege begrenzten<br />

Gebiet im Nordosten Duisburg-Meiderichs an der Stadtgrenze zu Oberhausen.<br />

In diesem Stadtteil „Hagenshof“ wohnen 2 große Bevölkerungsgruppen: zum einen<br />

eine ca. 60 % ausmachende Gruppe von deutschen Bürgern, die hier geboren und<br />

aufgewachsen sind und die im Allgemeinen als „bildungsfern“ zu kennzeichnen ist.<br />

Dies bedeutet häufig geringe Unterstützung der eigenen Kinder bei der schulischen<br />

Bildung und bei der Orientierung hinsichtlich möglicher Ausbildungsgänge nach der<br />

Hauptschule. Damit ist vielfach auch verbunden eine sehr geringe Ausformung der<br />

für Schule und Beruf notwendigen Basisqualifikationen wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit,<br />

Genauigkeit etc. - sowohl bei Erziehungsberechtigten als auch Schülerinnen<br />

und Schüler. Ein weiteres Merkmal dieser Gruppe ist eine starke Arbeitslosigkeit – z.<br />

T. über längere Zeit - mit den einschlägig bekannten und wie oben ausschnittweise<br />

schon angesprochenen Konsequenzen.<br />

Die zweite starke Bevölkerungsgruppe bilden vor allem seit Mitte der 90er Jahre zugezogene<br />

Spätaussiedler und Spätaussiedlerinnen aus den Gebieten der ehemaligen<br />

Sowjetunion, die sich zum Teil sehr schwer tun mit der Lebensplanung und Gestaltung,<br />

sowohl bei den Eltern – als auch in der nachwachsenden Generation. Dies<br />

erklärt sich natürlich aus sprachlichen Defiziten, aber eben auch mit Defiziten im Verständnis<br />

der deutschen Gesellschaft in ihrer ganzen Differenziertheit, in der Bedeutung<br />

der Eigeninitiative für die schulische und berufliche Perspektivplanung und in<br />

der Kenntnis des deutschen Schul- und Ausbildungssystems, um nur einige Aspekte<br />

zu nennen.<br />

Vor diesem Hintergrund kommt der schulischen Integrations- und Erziehungsarbeit<br />

große Bedeutung zu, insbesondere eben auch im Bereich Übergang Schule – Beruf.<br />

Hier muss die Schule Leistungen erbringen, die weit über eine reine Informationsvermittlung<br />

hinausgehen, die vielmehr die Schülerinnen und Schüler an die Hand<br />

nehmen muss, um die vielfältigen Prozesse der Berufswahl zu initiieren, durchzuführen,<br />

zu begleiten, längerfristig im Auge zu behalten, auch zu „überwachen“ und die<br />

Schülerinnen und Schüler bei der Entwicklung, Ausformung, Einübung und vor allem<br />

der Nachhaltigkeit bei den Basiskompetenzen immer wieder zu fordern und zu stützen.<br />

Zusammenfassend gesagt, befindet sich die Hauptschule Wiesbadener Straße in<br />

einer nicht nur regionalen Insellage, vielmehr kann man auch von einer mentalen<br />

Insellage sprechen, die durch eigene soziale und sprachliche Strukturen gekennzeichnet<br />

ist, in der nur sehr bedingt die für Schule und Beruf wichtigen Kompetenzen<br />

Unterstützung finden.<br />

Innerhalb der "mentalen Insel“ hat man gute Überlebensstrategien entwickelt, die<br />

aber auf die "Außenwelt“ nicht unbedingt übertragbar sind. Das führt in letzter Konsequenz<br />

zu häufig uneingestandenen Berührungsängsten. Man neigt dazu, sich<br />

künstliche Barrieren aufzubauen, um „seine Insel“ nicht verlassen zu müssen – auch<br />

bei der Berufswahl.<br />

Dies bedeutet für die GHS Wiesbadener Str. ein hohes Maß an kontinuierlicher Erziehungsarbeit,<br />

die von den Lehrerinnen und Lehrern zu leisten ist.<br />

31


Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />

die GHS Wiesbadener Straße<br />

Betriebliches Umfeld und Praktikumswahl<br />

Das unmittelbare betriebliche Umfeld der GHS Wiesbadener Straße lässt sich wie<br />

folgt beschreiben:<br />

1.) Gewerbegebiet Obermeiderich (unmittelbar in der Nähe der Schule)<br />

Verschiedene Autohäuser mit den einschlägigen Berufsbildern (zunehmend<br />

werden nur Schülerinnen und Schüler von anderen Schulformen mit mindestens<br />

FOR-Abschluss genommen)<br />

Metallbaubetriebe (keine Ausbildung)<br />

Einzelhandelsgeschäfte verschiedener Ketten mit zentraler Ausbildungsplatzvergabe<br />

2.) Zentrum Meiderich (Entfernung 3-5 km)<br />

Einzelhandelsgeschäfte mit zentraler Ausbildungsplatzvergabe<br />

Handwerksbetriebe ( Maler / Lackierer, Metallbau, Installationsfirmen ) mit und<br />

ohne Ausbildungsplatzangeboten, jeweils Ausbildungsplatzvergabe durch Betrieb.<br />

3.) Gewerbegebiet Neumühl (Entfernung 3-5 km)<br />

Verschiedene Autohäuser s.o.<br />

Handwerksbetriebe (Metallbau, Installation, Baugewerbe, Friseure, Maler / Lackierer)<br />

mit und ohne Ausbildungsplatzangeboten und Ausbildungsplatzvergabe<br />

durch den jeweiligen Betrieb<br />

Einzelhandelsgeschäfte verschiedener Ketten mit zentraler Ausbildungsplatzvergabe<br />

4.) Darüber hinaus kommen im Umkreis von ganz Duisburg Ausbildungsplätze in<br />

Frage.<br />

Das zuvor beschriebene wirtschaftliche Umfeld spiegelt sich unmittelbar in der Branchenstruktur<br />

der Praktikumsbetriebe wider. Der Einzelhandel stellt den größten Teil<br />

der Praktikumsplätze zur Verfügung, dicht gefolgt von regionalen Handwerksbetrieben.<br />

Auffallend ist der sehr geringe Anteil der Industrie. Nur drei Praktikanten fanden<br />

den Weg zur Stahlindustrie, für deren flächendeckende Präsenz Duisburg einst berühmt<br />

war.<br />

Es konnte beobachtet werden, dass von der Seite der Schülerinnen und Schüler her<br />

zunächst Ausbildungsplätze im unmittelbaren und näheren Umfeld der Schule angestrebt<br />

werden und die Blickrichtung auf weiter entfernte Angebote von außen (Arbeitsagentur,<br />

Schule) geweckt und verfolgt werden muss.<br />

32


14 Praktikanten<br />

6 Praktikanten<br />

Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />

die GHS Wiesbadener Straße<br />

Tagespraktikum der GHS Wiesbadener Straße in den Klassen 9 und 10<br />

Schuljahr 2006/2007<br />

3 Praktikanten<br />

Verteilung der Praktikumsplätze nach Branchen<br />

14 Praktikanten<br />

4 Praktikanten<br />

24 Praktikanten<br />

Handwerk<br />

Einzelhandel<br />

Industrie<br />

33 Praktikanten<br />

Dienstleistungen<br />

Tagespraktikum der GHS Wiesbadener Straße in den Klassen 9 und 10<br />

Schuljahr 2006/2007<br />

9 Praktikanten<br />

14 Praktikanten<br />

Verteilung der Praktikumsplätze nach Stadtteilen<br />

4 Praktikanten<br />

15 Praktikanten<br />

Medizinisch-Sozialer Bereich<br />

Mittelmeiderich<br />

Obermeiderich<br />

Neumühl<br />

Beek<br />

Hamborn/Marxloh<br />

Sonstige DU<br />

Sonstige<br />

20 Praktikanten<br />

33


Umsetzung des "Büssow-Projektes"<br />

Die Profile der vier beteiligten Schulen –<br />

die GHS Wiesbadener Straße<br />

4- Säulen-Modell<br />

Praktikum Betreuung Förderunterricht Lebensplanung<br />

● Tagespraktikum jeweils dienstags<br />

● Betreuung strukturiert durch:<br />

- Praktikumsberichte<br />

- Selbstbeurteilungsbogen<br />

- Firmenbeurteilungsbogen<br />

● Abschließende Reflexion in<br />

Klassenaufsatz<br />

● Vorlauf durch 5-tägiges Einführungspraktikum<br />

● Praktikumsplätze durch<br />

- Schule<br />

- Eigeninitiative<br />

- Unterstützung Unternehmerhaus<br />

● durch Betreuungslehrer ● Insgesamt 5 Stunden<br />

- Mathematik (2)<br />

- Deutsch (2)<br />

● Regelmäßige Praktikumsreflexionsgespräche<br />

mit den Schwerpunkten<br />

- Eignung<br />

- Voraussetzungen<br />

- Leistungen<br />

- Basiskompetenzen<br />

● Unterstützung bei/durch<br />

- Praktikumsberichterstellung<br />

- Bewerbungsschreiben und<br />

Lebenslaufproduktion<br />

- Berufsberatungsgespräche<br />

- Elterngespräche<br />

● Schulische Begleitung der<br />

von ABBEO organisierten Veranstaltungen<br />

zum Kennenlernen unterschiedlicher<br />

Berufsfelder<br />

● intensive ständige Rückkopplung<br />

von Bewerbungsbemühungen<br />

- Allgemeinwissen (1)<br />

● Inhalte orientiert an:<br />

- festgestellten Defiziten<br />

- zu erwartenden Anforderungen<br />

- projektspezifischen Aufgaben<br />

● Material<br />

- selbst produziert bzw.<br />

- aus Berufshilfeprojekten<br />

● Gruppenbildung<br />

- vier leistungsheterogene Gruppen<br />

- eine Seiteneinsteiger – Gruppe<br />

mit Schwerpunkt Deutsch<br />

● Lebensplanungsseminar<br />

● Bewerbertraining<br />

● Rechtskundeunterricht<br />

34


Berufswahlorientierung an der GHS Wiesbadener Str. (Übersicht)<br />

8. Schuljahr 9. Schuljahr 10. Schulj. (1.HJ) 10. Schulj. (2.HJ)<br />

Berufswahl<br />

Berufe kennen lernen<br />

� Einführung eines Portfolios<br />

„Mein Weg in die<br />

Arbeitswelt“ *<br />

� Berufsfindungswoche<br />

(2 Seminartage, 2 Betriebsbesichtigungen,Besuch<br />

im BIZ)<br />

getrennt nach Geschlechtern,<br />

in Zusammenarbeit<br />

mit der Regionalstelle<br />

„Frau & Beruf“<br />

� Betriebsbesichtigungen<br />

im Metall- und Baugewerbe*<br />

� „Berufeparcours“ – Testen<br />

der eigenen Fähigkeiten<br />

und Fertigkeiten<br />

� Erste Entwürfe von Lebensläufen<br />

Berufswahl<br />

Berufe erkunden<br />

� Expertengespräche in der Schule*<br />

- Bahn & Häfen<br />

- Logistik<br />

- etc.<br />

� Betriebsbesichtigungen*<br />

� Bewerbungsmappen mit Lebenslauf, Anschreiben<br />

und Anlagen vorbereiten*<br />

Kompetenzcheck<br />

in Zusammenarbeit mit der GfB<br />

zur Festigung der eigenen Vorstellungen<br />

von Zielen und Chancen<br />

� 2. BIZ - Besuch<br />

Berufswahl<br />

Sich bewerben<br />

Betriebspraktikum<br />

Sowohl im 9. als auch im 10. Schuljahr eine Woche Blockpraktikum vor den Herbstferien<br />

danach bis Schuljahresende als Tagespraktikum jeden Dienstag<br />

mit detaillierter Beurteilung durch den Praktikumsbetrieb*<br />

� Berufsberaterin der Arbeitsagentur<br />

spricht mit<br />

jedem Schüler / jeder<br />

Schülerin in der Schule<br />

� Bewerbungen abschicken,<br />

sich auf Einstellungstests<br />

und Vorstellungsgespräche<br />

vorbereiten<br />

� 3-tägige Klassenfahrt<br />

mit dem Seminarthema<br />

„meine Zukunft“*<br />

Berufswahl<br />

Perspektiven festigen<br />

� Anmeldung zu weiterführenden<br />

Schulen<br />

- Berufskollegs<br />

- Gesamtschule<br />

35


Unterricht<br />

� Klassenfahrt im Rahmen<br />

der Suchtprophylaxe unter<br />

Einbeziehung relevanter<br />

Themen zur Berufswahlorientierung<br />

(eigene<br />

Kompetenzen besser<br />

kennen lernen, u.ä.)<br />

� 2-tägiges Lebensplanungsseminar*<br />

� Lernstandserhebungen in<br />

den Hauptfächern<br />

Berufswahlorientierung an der GHS Wiesbadener Str. (Übersicht)<br />

Unterricht Unterricht Unterricht<br />

Förderunterricht*<br />

Sowohl im 9. als auch im 10. Schuljahr pro Woche 6 Stunden<br />

(2 Std. Mathe, 2 Std. Deutsch, 2 Std. Allgemeinwissen)<br />

Der Inhalt des Förderunterrichts ist ausgerichtet auf die Anforderungen bei Einstellungstests.<br />

Wahlpflichtunterricht<br />

im Fach AW mit dem Thema „sich richtig bewerben“ zur Vertiefung des allgemeinen AW-Unterrichts<br />

* Die kursiv und fett gesetzten Elemente sind aufgrund des Projekts neu eingeführte Bausteine<br />

� Abschlussprüfung<br />

36


Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />

Erfahrungen machen und weitergeben<br />

In allen Schulen haben Schülerinnen und Schüler noch einmal darüber nachgedacht,<br />

was ihnen die Arbeit im Projekt eigentlich gebracht hat. Es ist interessant festzustellen,<br />

wie sich die Jugendlichen selbst sehen. Hinter der Freude über die endlich gefundene<br />

Ausbildungsstelle, der Freude über die Aussicht, in ein befriedigendes Arbeitsleben<br />

einzutreten, steht oft auch der berechtigte Stolz auf das, was sie im Praktikum<br />

geleistet und erfahren haben.<br />

Darüber hinaus wurden an den Schulen auch Fragebögen eingesetzt, die zentrale<br />

Ansätze und Aspekte im Zusammenhang mit dem Projekt beleuchten und Rückmeldungen<br />

aus Schülersicht ermöglichen sollten.<br />

Auch die Ergebnisse aus diesen Befragungen waren und sind für die Lehrerinnen<br />

und Lehrer im Projekt Anlässe, über die Nachhaltigkeit der Wirkungen des Projekts<br />

weiter nachzudenken und Erfahrungen aus dem Projekt an die jetzt folgenden Jahrgänge<br />

weiterzugeben und in die dauernde schulische Arbeit einzufügen. 19<br />

Erfahrungen von Schüler/innen der Emil-Rentmeister-Schule<br />

Um die Effektivität der Berufswahlorientierung durch das ABBEO-Projekt zu untermauern,<br />

wurde im März 2007 bei den Schülerinnen und Schülern der beteiligten<br />

Klassen 10 eine anonyme Umfrage durchgeführt.<br />

Bei der Frage, ob sich die Teilnahme am Büssow-Projekt/ ABBEO-Projekt für die<br />

Schülerinnen gelohnt hätte, antworteten 50 % der Befragten zustimmend.<br />

Besonders die Praktika haben den Schülerinnen und Schülern bei ihrer Berufswahl<br />

geholfen. Über 90% der Befragten fanden die Praktika wichtig für<br />

ihren Einblick in den beruflichen Alltag.<br />

-„Ich habe in den Praktika Erfahrungen gesammelt und ich weiß jetzt wie man mit<br />

Kunden umzugehen hat. ...... Mir haben die Praktika auch gebracht, dass ich mehr<br />

Verantwortung tragen muss. Es ist sehr wichtig, wenn ich immer pünktlich und zuverlässig<br />

bin und ich Teamfähigkeit besitze. Die Praktika haben mich...auch im Berufsleben<br />

und in der Schule weiter gebracht. Ich weiß jetzt, was ich werden will, bevor ich<br />

die Praktika gemacht habe, wusste ich nicht so genau, was ich werden wollte, ...Ich<br />

weiß jetzt, dass ich alleine für mein Berufsbild verantwortlich bin.“<br />

-„Die Praktika haben mir gezeigt, wie anstrengend die Arbeit sein kann und wie<br />

hektisch es in einer Firma sei kann."<br />

- ,.Die Praktika waren alle sehr nützlich.... Die letzten beiden Praktika waren ziemlich<br />

anstrengend, weil man noch nicht so gewohnt ist, an Arbeitstagen voll da zu sein.<br />

Man konnte auch lernen, selbst verantwortlich zu sein für was man selbständig zu<br />

arbeiten hat, mit Erwachsenen umzugehen...man sieht die Welt mit anderen Augen.<br />

19 Vgl. z.B. die Übersicht zur Berufswahlorientierung an der GHS Wiesbadener Stra-<br />

ße auf den beiden vorigen Seiten<br />

37


Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />

Irgendwie freut man sich, neu anzufangen mit arbeiten, aber diesen Schritt zu tun ist<br />

für die meisten schwieriger. "<br />

Auch die Beurteilungen durch die Praktikumsbetriebe hinsichtlich der<br />

Leistungen der Schülerinnen zeigen zu 84% eine positive Resonanz.<br />

Besonders wirkungsvoll war für die SchülerInnen das Lebensfindungsseminar.<br />

So haben 72 % angegeben, dass die Teilnahme am Seminar für sie eine hilfreiche<br />

Komponente für ihre persönliche Entwicklung darstellt.<br />

„Die Lebensfindungsseminare haben mir sehr geholfen für meine zukünftige Arbeitsstelle.<br />

Dort habe ich gelernt, dass Teamarbeit, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit sehr<br />

wichtig für Berufe sind.”<br />

...."was mir dabei geholfen hat, waren die Übungen zum Vorstellungsgespräch, das<br />

war sehr gut, da es mir mehr Selbstvertrauen eingebracht hat."<br />

Die durch das ABBEO-Projekt ermöglichten zusätzlichen Förderstunden in Mathematik,<br />

Deutsch und Allgemeinwissen wurden von 60 % der Befragten als positive<br />

Komponente zur Steigerung ihrer Leistungsnoten gesehen.<br />

Zusammengefasst ist positiv zu vermerken, dass sich unsere Schülerinnen nicht<br />

als minderwertige Anwärter im Vergleich zu Realschülern oder Gymnasiasten<br />

sehen. 66,7 % gaben an, dass die Aussage nicht stimme, sie bekämen als<br />

Hauptschüler sowieso keinen Ausbildungsplatz. Sicherlich trägt die Tatsache,<br />

dass fast alle in den Praktika erfolgreich waren, zu dieser Einschätzung bei.<br />

Fit für einen Ausbildungsplatz fühlen sich 83,3 % unserer Schülerinnen.<br />

52,8 % der Befragten geben einerseits an, den Wert einer Ausbildung erkannt zu<br />

haben; andererseits meinen 30 %, Geldverdienen sei wichtiger als eine Ausbildung<br />

Von unseren Schülerinnen haben z. Z. 41,6 % einen Nebenjob. wobei mehr Jungen<br />

als Mädchen nebenbei Geld verdienen.<br />

Die Berufswahlentscheidung findet zu einem großen Teil nicht durch Mithilfe der<br />

Lehrer, der Familie (66 % sagen, die Familie spielt keine Rolle) oder des Arbeitsamtes<br />

statt.<br />

Mobilität steht im Rahmen einer Lehrstelle hoch im Kurs; 70 % geben an, sie würden<br />

für eine Ausbildung auch über Duisburg hinaus fahren.<br />

Drei Monate vor Schulschluss haben 70 % unserer Schülerinnen und Schüler Bewerbungen<br />

abgeschickt.<br />

Die Schülerinnen schreiben dazu:<br />

„Ich habe nur sechs Bewerbungen geschrieben und versendet, davon bekam ich vier<br />

zurück, drei Absagen und eine Einladung zum Einstellungstest, welchen ich nicht<br />

bestand. Er war schließlich auch sehr schwer. Ich habe sechs Bewerbungen geschrieben,<br />

weil meine Lehrerin, mein Rektor und die Berufsberaterin es so wollten,<br />

obwohl ich ihnen mein Desinteresse erklärte. Ich möchte noch keine Ausbildung<br />

machen, weil ich mich weiterbilden und einen hochwertigen Beruf erlernen möchte.“<br />

38


Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />

Interessanterweise möchten 70 % durch den Besuch eines Berufskollegs bzw.<br />

einer gymnasialen Oberstufe einen höheren Schulabschluss erlangen. Sie verschieben<br />

damit oft genug eine verantwortend anstehende Entscheidung durch<br />

Aufnehmen einer „Warteschleife” in die Zukunft. „Behütetsein” und Beharren in<br />

gewohnten Bahnen wird einer vermeintlich Kraft fordernden, anstrengenden Berufstätigkeit<br />

vorgezogen. Die vorhandene Umsetzung der Berufswahlreife wird so<br />

relativiert auf eine vorgeblich bessere Zukunft.<br />

Auf den folgenden Seiten folgen Ergebnisse von entsprechenden Befragungen als<br />

Anlagen 1-3.<br />

Interessant ist hierbei natürlich auch die Beurteilung von Basiskompetenzen durch<br />

die Praktikumsbetriebe, die den Schülerinnen und Schülern ein überwiegend positives<br />

Verhalten und guten Einsatz bescheinigen. In allen Punkten sind immer mindestens<br />

zwei Drittel der Bewertungen hier sehr gut und gut!<br />

(Dies spiegelt sich auch in den weiter unten für alle Schulen dargestellten Ergebnissen<br />

ab Seite 58.)<br />

39


Anhang 1<br />

100%<br />

80%<br />

60%<br />

40%<br />

20%<br />

0%<br />

Der Berufswahlpass hat mir geholfen.<br />

Die Teilnahme am Büssow-Projekt hat sich gelohnt<br />

Der Beurteilungsbogen vom Betrieb ergab gute Informationen üb..<br />

Die Teilnahme am Lebensfindungsseminar war hilfreich für mein...<br />

Die Praktika von Klasse 9-10 fand ich wichtig für den Einblick in ...<br />

Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />

ABBEO Abschlussbefragung Emil-Rentmeister-Schule<br />

Ich habe mich schon beworben.<br />

Auf mein Bewerbungsschreiben erwarte ich eine positive Antwort<br />

Die Förderstunden in Deutsch, Mathe und Allgemeinwissen hab..<br />

Mein Ausbildungsplatz muss auf jeden Fall nahe Duisburg sein.<br />

Meine Eltern finden, dass vor allem die Schule für meine Berufsw...<br />

Die Lehrer haben für meine Berufswahl eine wesentliche Rolle ge...<br />

Die Berufsberatung durch die Arbeitsagentur hat meine Entschei...<br />

Bei meiner Ausbildungsplatzsuche höre ich auf den Rat der Familie.<br />

Ich fühle mich auf jeden Fall fit für einen Ausbildungsplatz<br />

Als Hauptschüler bekomme ich in Konkurrenz zu Realschülern +...<br />

Durch den Besuch eines Berufskollegs/ der Oberstufe möchte ich...<br />

Geld verdiene ich auch schon während der Schulzeit in einem N...<br />

Ausbildungsplätze gibt es sowieso zu wenig. Geldverdienen ist mi...<br />

Ablehnung in %<br />

Egal in %<br />

Zustimung in %<br />

40


Anhang 2<br />

Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />

Emil-Rentmeister-Schule Duisburg; Auswertung Abbeo-Fragebogen Klassen 10 Abschluss des Projekts<br />

Anzahl der Befragten: 36 SchülerInnen / 61 % 16 Jahre und älter<br />

Zustimmung in % Egal in % Ablehnung in %<br />

Die Teilnahme am Büssow -Projekt hat sich für mich gelohnt 50 8,3 41,6<br />

Der Berufswahlpass hat mir beim Finden eines geeigneten Ausbildungsplatzes geholfen. 22,3 13,9 63,9<br />

Die Praktika von Klasse 9-10 fand ich wichtig für den Einblick in den beruflichen Alltag. 91,7 0 8,3<br />

Die Teilnahme am Lebensfindungsseminar war hilfreich für meine persönliche Entwicklung. 52,2 0 27,7<br />

Der Beurteilungsbogen vom Betrieb ergab gute Informationen über meine Fähigkeiten. 83,3 2,8 11,9<br />

Die zusätzlichen Förderstunden in Deutsch, Mathematik und Allgemeinwissen haben meine Leistungsnoten verbes- 61,1 8,3 30,5<br />

sert.<br />

Ich habe mich schon beworben. 70,6 0 29,4<br />

Auf mein Bewerbungsschreiben erwarte ich eine positive Antwort 60 11,4 28,6<br />

Meine Eltern finden, dass vor allem die Schule für meine Berufswahl verantwortlich ist. 27,2 8,3 44,4<br />

Mein Ausbildungsplatz muss auf jeden Fall nahe Duisburg sein. 30,5 0 69,4<br />

Die Berufsberatung durch die Arbeitsagentur hat meine Entscheidung beeinflusst. 41,6 11,1 47,3<br />

Die Lehrer haben für meine Berufswahl eine wesentliche Rolle gespielt. 33,4 2,8 63,9<br />

Bei meiner Ausbildungsplatzsuche höre ich auf den Rat der Familie. 27 5,4 67,5<br />

Durch den Besuch eines Berufskollegs/ einer gymnasialen Oberstufe möchte ich einen höheren Schulabschluss erla- 69,5 0 30,5<br />

gen.<br />

Als Hauptschüler bekomme ich in Konkurrenz zu Realschüler und Gymnasiasten sowieso keinen Ausbildungsplatz. 22,2 11,1 66,7<br />

Ich fühle mich auf jeden Fall fit für einen Ausbildungsplatz 83,3 2 13,9<br />

Ausbildungsplätze gibt es sowieso zu wenig. Geldverdienen ist mir wichtiger. 30,6 8 52,8<br />

Geld verdiene ich auch schon während der Schulzeit in einem Nebenjob. 41,6 16,7 58,3<br />

41


Anlage 3: Bewertung durch die Prakitikumsbetriebe<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Pünktlichkeit/Zuverl.<br />

Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />

Emil-Rentmeister-Schule Duisburg Praktikumsauswertung 06/07 2. Halbjahr<br />

Fleiß<br />

Ordnung u.Sauberkeit<br />

Interesse<br />

Auffassungsgabe<br />

Eigeninitiative<br />

Arbeitstempo<br />

Sebstständigkeit<br />

Verhalten zu Mitarbeitern<br />

Verhalten zu Vorgesetzten<br />

Verhalten zu Kunden<br />

Allgem. Leistungsbeurteil.<br />

nicht gut<br />

befriedigend<br />

gut<br />

sehr gut<br />

42


Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />

Ergebnisse aus der Heinrich-Böll-Schule<br />

Auch den Schüler/innen wurde ein Fragebogen, der in den Grundzügen von der<br />

Emil-Rentmeister-Schule übernommen worden ist, vorgelegt.<br />

Er wurde von 64 Schüler(innen) des Jahrgangs 10 ausgefüllt und anschließend von<br />

vier Schülerinnen zusammen mit der Schulleitung quantitativ ausgewertet.<br />

Die häufigsten Nennungen wurden grau schraffiert. Dunkelgrau hinterlegt sind Felder,<br />

wenn 50 % oder mehr der Nennungen dort abgegeben worden sind.<br />

Die Auswertung ist auf der nächsten Seite abgedruckt.<br />

43


Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />

Auswertung der Fragebögen Klassen 10 im Schuljahr 2006/07<br />

(Die Befragung an der Heinrich-Böll-Schule erfolgte zwischen dem 16. und 22.03.2007)<br />

Gesamtauswertung (m u. w.) Alter:15 J./3 Sch. – 16 J./30 Sch. – 17 J./27 Sch. – 18 J./4 Sch.<br />

Im Rahmen der Berufswahl hast du an dem vom Regierungspräsidenten Jürgen Büssow<br />

initiierten Projekt teilgenommen. Ziel war es, dich für deine Berufswahl fit zu machen.<br />

Ist das geglückt? Bitte kreuze an:<br />

1. Die Teilnahme am Büssow-Projekt hat sich für<br />

mich gelohnt<br />

2. Der Berufswahlpass hat mir beim Finden eines<br />

geeigneten Ausbildungsplatzes geholfen.<br />

3. Die Praktika von Klasse 9-10 fand ich wichtig<br />

für den Einblick in den beruflichen Alltag.<br />

4. Die Teilnahme am Lebensfindungsseminar<br />

war hilfreich für meine persönliche Entwicklung.<br />

(*Seminar hat an HBS nicht stattgefunden.)<br />

Stimmt<br />

100 %<br />

Stimmt Stimmt<br />

wenig<br />

Stimmt<br />

überhaupt<br />

nicht<br />

0 32 5 10 13<br />

1 3 7 11 40<br />

31 20 3 7 3<br />

5. Der Beurteilungsbogen vom Betrieb ergab<br />

gute Informationen über meine Fähigkeiten.<br />

25 23 3 10 3<br />

6. Die zusätzlichen Förderstunden in Deutsch<br />

und Mathematik haben meine Leistungsnoten<br />

verbessert.<br />

5 15 2 27 11<br />

7. Ich habe mich schon beworben. 27 12 1 6 17<br />

8. Auf mein Bewerbungsschreiben erwarte ich<br />

eine positive Antwort<br />

15 20 2 6 20<br />

9. Meine Eltern finden, dass vor allem die Schule<br />

für meine Berufswahl verantwortlich ist.<br />

2 11 6 24 20<br />

10. Mein Ausbildungsplatz muss auf jeden Fall<br />

nahe Duisburg sein.<br />

8 11 8 12 25<br />

11. Die Berufsberatung durch die Arbeitsagentur<br />

hat meine Entscheidung beeinflusst.<br />

6 14 8 14 18<br />

12. Die Lehrer haben für meine Berufswahl eine<br />

wesentliche Rolle gespielt.<br />

10 13 8 10 17<br />

13. Bei meiner Ausbildungsplatzsuche höre ich<br />

auf den Rat der Familie.<br />

6 16 4 20 14<br />

14. Durch den Besuch eines Berufskollegs/ einer<br />

gymnasialen Oberstufe möchte ich einen höheren<br />

Schulabschluss erlagen.<br />

22 16 4 6 15<br />

15. Als Hauptschüler bekomme ich in Konkurrenz<br />

zu Realschülern und Gymnasiasten sowieso<br />

keinen Ausbildungsplatz.<br />

8 15 3 18 17<br />

16. Ich fühle mich auf jeden Fall fit für einen Ausbildungsplatz<br />

35 15 3 3 8<br />

17. Ausbildungsplätze gibt es sowieso zu wenig.<br />

Geldverdienen ist mir wichtiger.<br />

7 17 7 23 7<br />

18. Geld verdiene ich auch schon während der<br />

Schulzeit in einem Nebenjob.<br />

14 13 1 7 28<br />

44


Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />

Schüler/innen der GHS Wiesbadener Straße<br />

M. O., Klasse 10B<br />

Ich habe mein Praktikum bei der Firma Elektro Paul Düppe in Duisburg - Stadtmitte<br />

gemacht.<br />

Ich habe gelernt, wie man Steckdosen anschließt, wie man Motoren reinigt und wie<br />

man überprüft, ob sie noch heile sind.<br />

Das Praktikum hat keine besondere Belastung für mich dargestellt, weil es mir sehr<br />

viel Spaß gemacht hat, ich mit den Leuten gut zu Recht gekommen bin und die Arbeit<br />

mir sehr gefällt. Ein Bekannter hat mir die Praktikumsstelle besorgt. Weil ich gut<br />

beim Praktikum war, habe ich auch in dieser Firma einen Ausbildungsplatz als Elektroniker<br />

für Haus- und Gebäudetechnik bekommen. Darüber bin ich sehr glücklich.<br />

In der Schule haben wir zusätzlichen Förderunterricht bekommen. Das finde ich in<br />

Ordnung, weil man da Sachen lernt, die für den richtigen Unterricht und das spätere<br />

Berufsleben sehr hilfreich sein können. Der Förderunterricht war somit eigentlich<br />

auch keine große Belastung für mich, außer dass man jeden Tag um 7.30 Uhr in der<br />

Schule sein muss und um 14.20 Uhr erst wieder zuhause ist.<br />

Auch das Bewerbungstraining bei Herrn Hanschmidt war sehr sinnvoll. Wir haben<br />

gelernt, wie man Bewerbungen schreibt, wie man sich bei Bewerbungsgesprächen<br />

verhält und wie man in Teamarbeit schwierige Aufgaben lösen kann.<br />

Außerdem hatten wir die Möglichkeit verschiedene Betriebe zu besichtigen. Wir waren<br />

unter anderem bei DK Recycling und uns wurde gezeigt, wie man Stahl macht.<br />

Wir waren außerdem im BIZ (Berufsinformationszentrum) und haben am Computer<br />

die Berufe raus gesucht, die unseren Interessen entsprechen.<br />

Eine weitere Hilfe bei der Interessenfindung war Frau Hansen vom Arbeitsamt. Sie<br />

hat mit uns Gespräche geführt und uns Post zugeschickt mit verschiedenen Ausbildungsangeboten,<br />

die unseren Interessen entsprechen.<br />

Insgesamt fand ich die Hilfen, die durch das Büssow-Projekt gegeben wurden, sehr<br />

hilfreich und sinnvoll.<br />

R. W., Klasse 10B<br />

Ich bin fünfzehn Jahre alt, komme aus Polen und lebe seit fast zwei Jahren in<br />

Deutschland. Ich mache mein Praktikum bei der Maurerfirma M. Wehr in Duisburg -<br />

Hochfeld. Herr Heitzer, ein Lehrer unserer Schule, hat mir geholfen die Praktikumsstelle<br />

zu finden.<br />

Wir fahren immer zur Baustelle, legen dort Fliesen, fugen die Wände und reparieren<br />

alles was anfällt. Die Arbeit ist sehr schwer. Wir arbeiten die ganze Zeit ohne zu<br />

sprechen; nur wenn Pause ist, unterhalten wir uns. Trotzdem macht mir die Arbeit<br />

auch etwas Spaß.<br />

Mein Berufswunsch ist Zahnarzttechniker. Dazu habe ich viele Sendungen im Fernsehen<br />

gesehen.<br />

Insgesamt habe ich zwei Bewerbungen verschickt, eine an ThyssenKrupp als Elektroniker<br />

und eine zu einem Zahnarzt. Da ich bisher noch keine Rückmeldung bekommen<br />

habe und keine passende Berufsschule gefunden habe, habe ich beschlossen,<br />

die Klasse 10B noch einmal zu wiederholen. So habe ich die Möglichkeit, eine bessere<br />

Qualifikation zu bekommen, so dass ich später bessere Chancen habe, eine<br />

Berufsschule oder einen Ausbildungsplatz zu finden.<br />

45


Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />

Im Förderunterricht habe ich viel gelernt. Er hat mir bei der Interessenfindung für<br />

meinen Beruf geholfen und ich finde das gut.<br />

Beim Bewerbertraining im Bürgerhaus hatte ich viel Spaß. In der Gruppe sollten wir<br />

verschiedene Aufgaben lösen, beispielsweise ein volles Glas Wasser auf eine Plane<br />

stellen, und diese durch alle Räume tragen, ohne dass das Glas umkippt.<br />

Auch die Übung mit dem Telefon war sinnvoll. Ich sollte bei einem Betrieb anrufen<br />

und fragen, ob ich eine Praktikumsstelle bekomme. Erst wollte ich nicht mitmachen,<br />

weil ich Angst bekommen habe, weil ich nicht so gut deutsch konnte. Doch dann habe<br />

ich es trotzdem versucht und es war gar nicht so schlecht. Es hat Spaß gemacht<br />

und mir die Angst genommen.<br />

An Informationsveranstaltungen und Betriebsbesichtigungen konnte ich leider nicht<br />

teilnehmen, weil ich in kurzer Zeit oft innerhalb Duisburgs umgezogen bin. Trotzdem<br />

finde ich die Möglichkeiten, die mir durch das Büssow-Projekt gegeben wurden, sehr<br />

gut, auch wenn der Förderunterricht, meiner Meinung nach, viel Zeit in Anspruch genommen<br />

hat.<br />

S. K., Klasse 10 A<br />

Ich habe bei Kodi in Duisburg-Neumühl mein Betriebspraktikum als Einzelhandelskauffrau<br />

gemacht. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, den Kunden das Sortiment zu<br />

erklären. Ich habe mich bei Kodi beworben und wurde dann auch zu einem Einstellungstest<br />

eingeladen. Leider bin ich nicht eingestellt worden, weil ich mich im Fachbereich<br />

Geschichte nicht so gut vorbereitet hatte. Meine Mitarbeiterinnen fanden es<br />

schade, dass ich durchgefallen bin. Sie waren bis jetzt sehr zufrieden mit mir, weil ich<br />

hilfsbereit, zuverlässig, freundlich und vor allem pünktlich bin. Außerdem pflege ich<br />

ihrer Meinung nach einen guten Kundenkontakt. Ich selber bin auch sehr enttäuscht<br />

darüber, dass ich den Ausbildungsplatz nicht bekommen habe, weil ich gerne Einzelhandelskauffrau<br />

geworden wäre. Ich werde nach der zehnten Klasse nun die<br />

Handelsschule besuchen, an der ich bereits angenommen wurde.<br />

Den Förderunterricht in der Schule finde ich sehr sinnvoll, weil wir durch die zusätzlichen<br />

Unterrichtsstunden unsere Noten verbessern konnten und Übungen für Einstellungstests<br />

gemacht haben. Allerdings finde ich, dass die Arbeitsbelastung durch das<br />

Praktikum jeden Dienstag und den zusätzlichen Förderunterricht sehr groß ist. Ich<br />

finde es zwar in Ordnung, dass wir mehr Förderunterricht haben, aber ich denke,<br />

nach einer Zeit wird es zu viel für uns Schüler.<br />

Eine Hilfe waren für mich das Bewerbertraining bei Herrn Hanschmidt und die Beratung<br />

durch meinen Klassenlehrer, Herrn Heitzer. Das Bewerbungstraining, in dem<br />

zum Beispiel ein Vorstellungsgespräch geübt wurde, hat mir sehr gut gefallen. Herr<br />

Hanschmidt hat uns dabei immer wieder erklärt, wie wir es besser machen könnten,<br />

was sich für mich echt gelohnt hat.<br />

Mein Klassenlehrer Herr Heitzer gibt uns viele Betriebsadressen, bei denen wir uns<br />

bewerben können. Er überlegt mit uns zusammen, welche Berufe zu uns passen<br />

würden. Er macht sich, genau wie meine Familie und meine Mitarbeiterinnen, viele<br />

Gedanken darüber, was zu mir passen könnte.<br />

Ich finde es schön, dass viele Menschen, auch aus der Schule, uns Schüler beim<br />

Finden von Ausbildungsplätzen unterstützen und uns beim Planen unseres späteren<br />

Lebens helfen.<br />

46


Erfahrungsberichte und Befragungen von Schüler/innen<br />

Schüler der Hauptschule Beim Knevelshof<br />

Zwei Schüler aus der 10A haben ihre Erfahrungen aufgeschrieben:<br />

C. B., Klasse 10 A (Garten- und Landschaftsbau)<br />

Das Extra-Praktikum im „Büssow-Projekt“ hat mir neue Eindrücke von einem Berufszweig<br />

gegeben, den ich gerne einschlagen würde. Ich war in demselben Betrieb, in<br />

dem ich schon einmal ein Praktikum hatte. Es war ein Betrieb im Garten- und Landschaftsbau.<br />

In diesem Praktikum hatte ich mehr mit Pflanzen und Gartenpflege zu<br />

tun und bin beeindruckt, wie vielseitig dieser Beruf ist, denn im letzten Praktikum<br />

musste ich mehr bei Pflasterarbeiten aushelfen. Durch das zweite Praktikum habe<br />

ich gemerkt, dass mir der Bereich Garten und Pflege mehr Freude bereitet als Pflasterarbeiten.<br />

Leider konnte die Firma mich nicht einstellen, aber im nächsten Jahr habe ich gute<br />

Chancen, in der Firma eingestellt zu werden, da sie mich jetzt besser kennen.<br />

Die Praktika haben mich in meinem Berufswunsch bestärkt.<br />

M. W., Klasse 10A (Stahlindustrie: Hüttenwerke Krupp Mannesmann)<br />

Ich habe am „Büssow-Projekt“ teilgenommen, wir hatten viel mehr Förderunterricht<br />

als normalerweise und konnten uns dadurch besser auf Einstellungstests vorbereiten.<br />

Besonders wichtig für mich war es, dass wir viel Mathe geübt haben, vor allem<br />

die Formeln.<br />

Ich war bei den zehn Schülern, die bei HKM (Hüttenwerke Krupp Mannesmann) den<br />

Einstellungstest gemacht haben und ich habe bestanden.<br />

In der Schule wurden wir mit Rollenspielen und Gruppenarbeiten auf Vorstellungsgespräche<br />

vorbereitet. Dies hat mir im Vorstellungsgespräch bei HKM geholfen und ich<br />

habe einen Ausbildungsplatz bekommen.<br />

Jetzt fange ich im August eine Ausbildung als Industriemechaniker bei HKM an.<br />

Ich freue mich sehr, dass ich diesen Ausbildungsplatz bekommen habe.<br />

47


Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />

Erfahrungsberichte aus der Heinrich Böll-Schule -<br />

Berichte von Lehrerinnen, die am Projekt beteiligt waren<br />

Frau Schwarz, Klassenlehrerin 10 A 1 (Praktikumsklasse)<br />

Will man die Auswirkungen des Projekts auf den Unterricht beschreiben, so muss m.<br />

E. festgestellt werden, dass die Fächer Deutsch und Mathematik durch die Einrichtung<br />

der Förderkurse entlastet werden konnten. Den Lehrenden der Klasse 10 A 1<br />

war es möglich, den für die Zentralprüfung notwendigen Stoff zu bearbeiten, ohne<br />

sich um die Aufarbeitung alter Defizite kümmern zu müssen. Dies war insbesondere<br />

ein Vorteil, weil die Lernenden in den vorangegangenen Schuljahren z. B. in Mathematik<br />

in insgesamt 5 verschiedenen Kursen unterrichtet wurden. Aber nicht nur die<br />

Aufarbeitung im Rahmen des Förderunterrichts kann als positiv bewertet werden.<br />

Auch die zunehmende Flexibilität der Lernenden in Bezug auf den Stoff war vorteilhaft,<br />

da der Förderunterricht nicht parallel zu den Inhalten der Fachunterrichte stattfand.<br />

Für zukünftige Projekte böte es sich m. E. an, einen Schwerpunkt auf die Förderung<br />

der Allgemeinbildung zu legen. So war es im Rahmen des Projekts möglich,<br />

die Lernenden intensiv auf Eignungstests vorzubereiten. Hier wurde immer wieder<br />

deutlich, dass Fragen zur Geschichte oder Geografie die gleichen Hindernisse wie<br />

Fragen aus dem Bereich Naturwissenschaften darstellen. Mit zunehmender Sicherheit<br />

konnten hingegen Mathematikaufgaben gelöst und Deutsch- und Konzentrationstests<br />

bestanden werden. Dies zeigt m. E., dass die Lernenden daran scheitern,<br />

bereits erworbene Kenntnisse abzurufen und einzuordnen.<br />

Aber nicht nur die Auswirkungen auf den Unterricht sollten betrachtet werden, wenn<br />

man das Projekt reflektiert. Eine besondere Rolle nahm die Erstellung von Bewerbungsunterlagen<br />

ein. Im Rahmen des Projekts wurden u.a. wöchentlich 2 Stunden<br />

nach dem Unterricht angeboten, in denen Bewerbungen erstellt werden konnten.<br />

Auch die Suche nach Ausbildungsplätzen z. B. über die Internetauftritte der Kammern<br />

oder der Arbeitsagentur konnte in dieser Zeit erfolgen und so wurde in der<br />

Klasse 10 A 1 die Erstellung von mehr als 100 Bewerbungsmappen möglich. Hierdurch<br />

konnte die besondere Situation der Lernenden berücksichtigt werden, denn<br />

mehr als die Hälfte von ihnen verfügt zu Hause über keinen PC.<br />

Nicht zuletzt stellt sich die Frage, ob das Projekt Auswirkungen auf die Zusammenarbeit<br />

im Jahrgangsteam hatte. Auch diese Frage ist positiv zu beantworten, denn die<br />

regelmäßigen Sitzungen ermöglichten einen fachlichen und inhaltlichen Austausch<br />

zwischen den Kolleginnen.<br />

Bliebe noch die Perspektive für die Lernenden, die an dem Projekt teilgenommen<br />

haben: Die Einrichtung von Förderunterrichten konnte vielleicht die Sach- und<br />

Selbstkompetenz der Lernenden fördern, nicht jedoch den Mangel an geeigneten<br />

Ausbildungsplätzen aufheben. Viele Lernende der 10 A 1 werden weiter zur Schule<br />

gehen, weil sie bisher keine Stelle gefunden haben. Anzumerken ist hier, dass keine<br />

Bewerbung zu einem Einstellungstest oder -gespräch geführt hat. Es bleibt zu vermuten,<br />

dass die Bewerbungen abgelehnt wurden, weil es sich um Absolventen einer<br />

Hauptschule im Duisburger Norden handelt. Einen Imagewandel konnte das Projekt<br />

also nicht bewirken.<br />

48


Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />

Frau Kleinow, Klassenlehrerin 10 A 2 an der Heinrich –Böll-Schule<br />

Meine Beratungsarbeit lag darin, dass sich die Schüler und Schülerinnen meiner<br />

Klasse über ihre Berufsziele und ihre Berufswünsche im Klaren wurden. Sie sollten<br />

sich gezielt über Berufe informieren, über Internetrecherchen einem Berufswunsch<br />

nähern, Einblicke durch Betriebsbesichtigungen erlangen und gezielte, auf sie persönlich<br />

zugeschnittene Praktika absolvieren.<br />

Meine Planungsarbeit beinhaltete unterschiedlichste Methoden, z.B. Referate zum<br />

Thema „Mein Ausbildungswunsch“, „Bewerbungsschreiben erstellen und formulieren“,<br />

„ein Vorstellungsgespräch vorbereiten, auswerten und üben“. Durch Übungen<br />

zu Testverfahren und den zusätzlichen „Förderunterricht“ in den Fächern Mathematik<br />

und Deutsch, wurde es den Jugendlichen erleichtert, einen Zugang für ihre berufliche<br />

Zukunft zu öffnen.<br />

Teamsitzungen wurden im kollegialen Zusammenhang unabdingbar.<br />

Meine zusätzlichen Belastungen als Lehrerin lagen darin, differenzierte Praktikumsplätze<br />

zu suchen, Telefonate mit Firmen und Betrieben zu leisten, Praktikumsbetriebe<br />

aufzusuchen und die Schüler und Schülerinnen vor Ort zu betreuen. Weitere<br />

Schwerpunkte waren die Bewerbungsschreiben, Terminerinnerungen für die Berufskollegschulen,<br />

kontinuierliche Weiterführung des Berufswahlordners, als auch die<br />

Auswertung der betrieblichen und persönlichen Bewertungsbögen.<br />

Bewertungen<br />

Abschließend möchte ich anmerken, dass das Projekt den Jugendlichen als Abschlussklasse<br />

einer Hauptschule eine Chance geboten hat.<br />

Beginnend mit einem erhöhten Austausch auf Seiten der Lehrkräfte, einer gemeinsamen<br />

Planungszeit, Problembesprechung und Analyse, war der Schüler/die Schülerin<br />

immer im Fokus. Eine persönliche Schüler - Lehrerbeziehung wuchs über eine<br />

individuelle Förderung heran.<br />

Als Lehrerin im ersten Ausbildungsdurchgang haben die Rücksprachen mit dem Lehrerteam<br />

und die Betriebsbesichtigungen mich einen Schritt näher an die Berufswelt<br />

der Schüler und Schülerinnen geführt.<br />

Als besonders wichtig sehe ich die zur Verfügung gestellten „Zeitressourcen“ und<br />

die persönliche Betreuung der Jugendlichen an.<br />

Frau Föhr, Klassenlehrerin 10 B an der Heinrich-Böll-Schule<br />

Als langjährig an der GHS Heinrich Böll beschäftigte Lehrerin hatte ich oftmals Abschlussklassen<br />

zu betreuen, davon allein vier Mal eine Klasse 10 B/Abschluss Fachoberschulreife.<br />

Die Betreuung der Schüler(innen) war noch niemals so intensiv wie in diesem 10er<br />

Jahrgang – sowohl im Bereich der Berufswahlvorbereitung als auch im – notwendigerweise<br />

damit einhergehenden – persönlichen Bereich. Es war aber auch noch<br />

niemals so notwendig wie in diesem Jahr, da die Leistungen und Fähigkeiten vieler<br />

Jugendlicher an der Hauptschule eindeutig rückläufig sind.<br />

Schwerpunkt im 9. als auch im 10. Schuljahr war die Vorbereitung der Schülerbetriebspraktika.<br />

Die Schüler(innen) ihren Berufswünschen gemäß in die adäquaten<br />

Betriebe zu vermitteln erforderte sehr viel Engagement von meiner Seite, allerdings<br />

war dies eine lohnenswerte Aufgabe. Auch war es interessant, Gespräche mit den<br />

Praktikumsbetreuern in den einzelnen Betrieben zu führen und die Betriebe näher<br />

49


Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />

kennen zu lernen. Die Jugendlichen arbeiteten fast ausnahmslos sehr engagiert, was<br />

die Atmosphäre, in der sich die Praktikumsbetreuung vollzog (z.B. Gespräche mit<br />

den Betreuern), insgesamt sehr positiv beeinflusste.<br />

Meine mit den Schülern durchgeführten Betriebsbesichtigungen waren auch für mich<br />

eine Bereicherung. Ich lernte mir vorher unbekannte Produktionsstätten kennen und<br />

kam mit den für die Ausbildung von Jugendlichen zuständigen Personen in Kontakt.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt meiner Arbeit bestand in der Betreuung und Kontrolle der<br />

Bewerbungsunterlagen der Schüler(innen), da es ihnen sehr schwer fällt, eigenständig<br />

korrekte Bewerbungen zu verfassen. Dies stellt eine große Belastung dar. Es<br />

war und ist oft auch nicht einfach, die vielen Absagen der Betriebe aufzufangen und<br />

die Jugendlichen zu ermuntern, es weiter zu versuchen.<br />

Eine Nachbetreuung der Jugendlichen von schulischer Seite erscheint mir als überaus<br />

sinnvoll, da ich den Eindruck habe, durch die intensive Zusammenarbeit mit den<br />

Schüler/innen ein Vertrauensverhältnis aufgebaut zu haben und dadurch Hilfestellung<br />

geben zu können bei sicherlich oftmals auftretenden Schwierigkeiten im Berufsleben<br />

- unabhängig davon, ob die Jugendlichen in Ausbildung einmünden, einen<br />

Lehrgang absolvieren oder ein Berufskolleg besuchen.<br />

Abschließend lässt sich feststellen, dass die Arbeit im Projekt meinen Erfahrungshorizont<br />

bezüglich Berufswahl enorm bereichert hat. Ich konnte Kontakte herstellen, die<br />

mir vorher verschlossen waren. Die Arbeit war teilweise sehr umfangreich, zumal<br />

parallel dazu die Abschlussprüfungen vorzubereiten waren und wodurch man<br />

manchmal gar nicht mehr weiß „wo einem der Kopf steht.“<br />

Der zusammenfassende Bericht der Schule Beim Knevelshof<br />

Planungsarbeit<br />

Der Planungs- und Organisationsaufwand war sehr hoch, das lag sicher auch daran,<br />

dass noch keine Erfahrungen vorlagen. Der schnelle Wechsel der Plätze in der 9.<br />

Klasse erwies sich als nahezu undurchführbar, da jeder Jugendliche und jeder Betrieb<br />

individuell betreut werden musste. Ebenfalls problematisch ist eine ordentliche<br />

Evaluation in einer solchen Konstellation.<br />

Betreuungsarbeit<br />

Die Betreuung der Schüler im Praktikum ist ein zeitlich enormer Aufwand. Jeder Jugendliche<br />

muss individuell betreut werden. Ebenso jeder Betrieb. Daraus ergeben<br />

sich unzählige Gespräche und Telefonate, vor allem, wenn Probleme auftauchen.<br />

Bei ca. 60 Schülern und entsprechend vielen Betrieben entwickelt sich ein enormes<br />

Zeitproblem, wobei so erstaunlich wie lobenswert ist, wie ausführlich manche Betriebe<br />

Probleme besprechen.<br />

Arbeitsbelastung<br />

Die Arbeitsbelastung für den zuständigen Projekt-Lehrer ist sehr hoch, wenn der-<br />

oder diejenige sich alleine um die Vermittlung und Betreuung von ca. 60 Schülerinnen<br />

und Schülern und um die Betreuung bzw. den Kontakt mit entsprechend vielen<br />

Betrieben kümmern muss. Dazu kommt der zusätzliche Förderunterricht in der Schule.<br />

50


Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />

Erfahrungsbericht der Emil-Rentmeister-Schule<br />

Unsere Schülerinnen benötigen unendlich viel Hilfe, Ermutigung und Motivation. Durch<br />

das ABBEO-Projekt konnten zusätzliche Förderstunden eingerichtet werden, in denen in<br />

kleinen Lerngruppen nach individuellen Förderplänen gefördert wurden. Förderstunden<br />

und Berufswahlpass waren förderliche Unterstützungsmaßnahmen des Projekts.<br />

Die Praktika werden auch von Lehrerseite positiv bewertet.<br />

„Die Schülerinnen haben durchweg gute Erfahrungen mit den Praktika gemacht.<br />

Selbst negative Dinge werden als sinnvolle Erfahrung bezeichnet. Sie sind der Ansicht,<br />

für das Leben gelernt zu haben.” „Fast alle Kinder haben für sich den Eindruck<br />

gewonnen, in ihrer Persönlichkeit gereift zu sein. Sie geben an, offener und selbstbewusster<br />

geworden zu sein.“<br />

„Selbst Schüler, die im Unterricht Schwierigkeiten haben und verhaltensauffällig sind,<br />

haben sich angestrengt, waren zuverlässig und fleißig.”<br />

Probleme zeigten sich bei den Praktikumsplätzen insofern, als zwar Adressen<br />

möglicher Firmen angeboten wurden, aber bei Nachfrage viele Firmen keine Praktikanten<br />

aufnahmen. Besonders im handwerklichen Bereich war die Akquisition<br />

von Praktikumsplätzen schwierig. Das lag zum Teil am geringen Angebot von<br />

Praktikumsplätzen im Handwerk, zum Teil auch an der fehlenden Mobilität unserer<br />

Schüler.<br />

„Bei der Wahl der Praktikumsbetriebe zeigten sich die Schüler wenig flexibel. Sie bevorzugten<br />

Stellen im Stadtteil, waren selten bereit, einen weiteren Weg in Kauf zu<br />

nehmen." (Klassenlehrer)<br />

Handwerksbetriebe nehmen zwar für zwei Wochen Praktikanten auf, aber im Hinblick<br />

auf Übernahme in eine Ausbildung wird eine Betonung auf das Erreichen der Fachoberschulreife<br />

erwähnt, die nur einige Schülerinnen erhalten. Der Eindruck bei den<br />

Praktika ist der, dass Betriebe unsere Schüler als fleißig einschätzen, aber sich nicht<br />

den Ruck geben können, die positive Erfahrung mit unseren Schülern in eine Lehrstelle<br />

umzuwandeln. Viele Betriebe und Firmen kannten das ABBEO-Projekt nicht.<br />

Die betreuenden Lehrer betonen, dass den Schülern nur bedingt durch ABBEO geholfen<br />

werden konnte. Unsere Schüler haben mit den gleichen Problemen zu kämpfen<br />

wie in den Jahren zuvor: mangelnde, passende Lehrstellenangebote für Hauptschüler;<br />

gerade in niedrig qualifizierten Berufen. In Berufen des Bauhandwerks z. B. gab es<br />

keine Stellen. Erschwerend kam die Motivationsproblematik hinzu:<br />

„Die meisten Schüler haben gar nicht vor, eine Ausbildung zu machen. Es ist ihnen zu<br />

anstrengend. Sie können es sich nicht vorstellen, täglich zur Arbeit zu gehen. Sie setzen<br />

sich lieber noch ein Jahr auf die Schulbank. Sie haben zwar Bewerbungen geschrieben,<br />

aber hauptsächlich, um den Lehrern einen Gefallen zu tun.”<br />

Problematisch und äußerst aufwändig gestaltete sich die Kontaktaufnahme zu Ausbildungs-<br />

und Wirtschaftsbetrieben. Kooperationsverträge mit unserem Partnerbetrieb<br />

beginnen erst zu wachsen.<br />

51


Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />

Joachim Heitzer: Ein Jahr als Projekt-Lehrer in der Büssow-Initiative –<br />

Ein Erfahrungsbericht von der GHS Wiesbadener Straße<br />

Februar 2006<br />

Den 45 Schülerinnen und Schülern der neunten Klassen werde ich von meinem<br />

Schulleiter, Herrn Gerber, als der neue Projekt-Lehrer vorgestellt. 45 mir bis dahin<br />

Unbekannte sehen mich interessiert, aber auch skeptisch an und hören gleichzeitig<br />

gespannt darauf, was mein Auftauchen an ihrer Schule für Neuigkeiten mit sich bringen<br />

soll: wöchentlich fünf Stunden Förderunterricht und ein Praktikumstag während<br />

des gesamten Schuljahres und darüber hinaus bis zum Ende der Klasse 10 - zusätzlich<br />

zum normalen Lehrplan, versteht sich. Ich kann die skeptischen Blicke und aufkommenden<br />

Unmutsäußerungen verstehen. Meinem Schulleiter gelingt es halbwegs,<br />

daran zu appellieren, dass diese enorme Arbeitsbelastung sich in Wettbewerbsvorteile<br />

auf dem heiß umkämpften Ausbildungsmarkt umwandeln solle.<br />

Von Schülerseite gut angenommen wird aber bereits in der darauf folgenden Woche<br />

das zur Einstimmung auf die berufliche Orientierungsphase von der Fa. Hanschmidt<br />

aus Köln durchgeführte Seminar zur Berufs- und Lebensplanung im Bürgerhaus Hagenshof.<br />

Die Inhalte des Seminars helfen den Jugendlichen, eine Perspektivplanung<br />

für das kommende Jahr aufzustellen.<br />

Erstaunlicherweise schafft es ein Großteil der Schülerinnen und Schüler sehr schnell,<br />

selbstständig Praktikumsstellen zu finden. Fehlende Stellen werden aus dem Fundus<br />

der Schule zugewiesen oder von mir akquiriert. Kurz darauf beginnt für die Neuntklässler<br />

nach einer kompletten Woche "Kennenlernpraktikum" das zum Förderkonzept<br />

gehörende Tagespraktikum. Jeden Montag gehen die Schüler in Praktikumsbetriebe,<br />

um die Arbeitswelt hautnah zu erfahren. Ich überprüfe bei meinen regelmäßigen<br />

Betriebsbesuchen, ob die Praktikumsbetriebe grundsätzlich für eine Ausbildung<br />

geeignet sind und natürlich auch, ob das Klima zwischen Betrieb und Praktikanten<br />

stimmt.<br />

Mir wird schnell klar, dass trotz der grundsätzlichen Eignung viele Betriebe keinen<br />

Ausbildungsplatz anbieten werden. In nur wenigen Betrieben gibt es klare Aussagen<br />

darüber, wer wann was entscheidet. Oft werde ich von FilialleiterInnen darauf hingewiesen,<br />

dass Personalentscheidungen von den zentralen Gebietsleitungen getroffen<br />

würden. Die Aussichten, das Büssow-Projekt mit einem Plus an Ausbildungsstellen<br />

abzuschließen, sehen in meinen Augen zum derzeitigen Zeitpunkt nicht gerade vielversprechend<br />

aus.<br />

Juni 2006<br />

Vier Monate Büssow-Projekt liegen hinter uns. Für die Schüler sind Förderunterricht<br />

und Tagespraktikum zur Selbstverständlichkeit geworden. Gut, über die zusätzliche<br />

Arbeitsbelastung wird seitens der Schüler geschimpft. Schließlich müssen sie mehrmals<br />

wöchentlich bereits um 7.30 Uhr zum Unterricht erscheinen, der oft bis 14.30<br />

dauert. Doch die Belastung wird mit Murren akzeptiert.<br />

Den fünfstündigen Förderunterricht, den wir parallel in vier Gruppen in Deutsch, Mathematik<br />

und Allgemeinbildung erteilen, nehmen die meisten der Schülerinnen und<br />

Schüler ernst, obwohl für den Unterricht keine Noten erteilt werden. Die ersten Fortschritte<br />

sind - zumindest in Mathematik - bereits zu erkennen. Die Ergebnisse der<br />

Mathematikklassenarbeiten verbessern sich für einige Schüler deutlich. Die Fortschritte<br />

in Deutsch sind nicht so greifbar.<br />

52


Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />

Auch meine Betriebsbesuche sind zur Routine geworden. Die zusätzlichen Stundenkontingente,<br />

die auf Initiative unseres Regierungspräsidenten den am Projekt beteiligten<br />

Schulen bewilligt wurden, erlauben es mir, den Praktikumstag der Schüler für<br />

meine Betriebsbesuche und Beratungsgespräche zu nutzen. Da ich nicht alle 40 Betriebe<br />

wöchentlich besuchen kann, habe ich mir einen Besuchsplan aufgestellt. So<br />

etwa zehn Betriebe "schaffe" ich wöchentlich, der Rest wird angerufen.<br />

Die Schüler freuen sich in der Regel, mich in "ihrem" Betrieb zu sehen. Sie genießen<br />

es, mir ihre Aufgaben vorzustellen und mir so zeigen zu können, was sie "drauf haben".<br />

Auch die BetriebsinhaberInnen und FilialleiterInnen sind meist gerne bereit, mit<br />

mir über die Schüler und ihre Leistungen, aber auch über Misserfolge zu sprechen.<br />

Die schriftlichen Beurteilungen, um die ich die Anleiter im Betrieb bitte, fallen durchweg<br />

positiv aus. Hoch gehandelte Schlüsselqualifikationen wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit<br />

und Fleiß werden einem Großteil unserer Schülerinnen und Schüler bescheinigt,<br />

selbst vielen, die ich im ganz normalen Unterricht mit diesen Tugenden<br />

nicht in Verbindung bringen kann.<br />

September 2006<br />

Aus den Neuner-Schülern sind die Zehner geworden, genau gesagt, 10A und 10B.<br />

Zusätzlich zu meinen bisherigen Aufgaben bin ich jetzt Klassenlehrer der 10A. Die<br />

Zeit seit Beginn des Schuljahres habe ich genutzt, die neu zusammengesetzte Klasse<br />

daran zu gewöhnen, dass die von den Betrieben bescheinigten Schlüsselqualifikationen<br />

auch im Schulalltag gezeigt werden dürfen. Anleitung zur Pünktlichkeit, zum<br />

Mitbringen von schriftlichen Entschuldigungen und zum regelmäßigen Unterrichtsbesuch<br />

haben bisher viel Kraft gekostet - sowohl von Schüler- als auch von Lehrerseite.<br />

Der Förderunterricht hat eine neue Qualität angenommen. Standen vor wenigen Monaten<br />

die KollegInnen und ich noch oft in der 0. Stunde, sprich um 7.30 Uhr, vor stark<br />

dezimierter Schülerzahl, so sind die Reihen inzwischen deutlich voller geworden -<br />

immer noch ohne Notendruck. Offensichtlich hat sich in Schülerkreisen herumgesprochen,<br />

dass die zusätzliche Förderung sich auf die Noten in den regulären Schulfächern<br />

positiv auswirkt. Etliche aus der Schülerschaft genießen es sichtlich, in einer<br />

recht kleinen Fördergruppe eine ungewohnte Ruhe zum Lernen und Üben zu haben.<br />

Jetzt, im September, beginnt auch die neue Staffel des Tagespraktikums, das sich<br />

bis zu den Abschlussprüfungen der Zehner im April des kommenden Jahres ausdehnen<br />

soll. Wir haben uns diesmal für den Dienstag als Praktikumstag entschieden,<br />

damit der Montag dazu genutzt werden kann, die Schüler nach dem Wochenende<br />

auf die Schul- und Arbeitswoche einzustimmen. Entgegen meinen Erwartungen sind<br />

nur wenige Schülerinnen und Schüler bereit, die bereits bekannten Praktikumsbetriebe<br />

wieder aufzusuchen. An der Bereitschaft der Betriebe liegt es nicht - meist<br />

auch nicht an möglichen negativen Erfahrungen der Schüler im Betrieb. Ganz praktische<br />

Kriterien werden von Schülerseite an einen Praktikumsbetrieb gestellt: Er muss<br />

möglichst fußläufig oder mit dem Fahrrad zu erreichen sein, darf also keine Kosten<br />

verursachen, die Arbeit muss Spaß machen und - bei einigen Schülern ein Argument<br />

- er muss das Potenzial für einen Nebenjob abgeben. Gerade dem Kostenaspekt<br />

kommt eine große Bedeutung zu, da die finanziellen Mittel der Schüler schon bei der<br />

wöchentlichen Buskarte für vier Euro ihre Grenzen finden. Ich merke deutlich, dass<br />

insbesondere die älteren Schüler versuchen, eine solche Praktikumsstelle zu finden,<br />

die berechtigte Aussichten auf einen echten Nebenjob bietet, um die inzwischen gestiegenen<br />

finanziellen Bedürfnisse für Handy, Führerschein und Freizeitgestaltung<br />

selbst erfüllen zu können. Die Suche nach geeigneten Stellen ist für die meisten der<br />

53


Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />

Zehner kein großes Problem. Da fast alle gefundenen Betriebe zudem auch ausbildungsfähig<br />

sind, beginnt das Praktikum recht entspannt.<br />

Probleme erwachsen allerdings recht bald daraus, dass sich gegen Ende des letzten<br />

Praktikumsabschnittes eine kleine Gruppe von praktikumsresistenten Schülerinnen,<br />

die weibliche Form ist hier zutreffend, herauskristallisiert hat, die sich auch jetzt gegen<br />

jegliche Beratung in Richtung Praktikumsaufnahme vehement zur Wehr setzt.<br />

Da diese kleine, resistente Gruppe zugleich aus Schülerinnen meiner 10A besteht,<br />

habe ich das nächste Problem, als einige der Damen ihren Unmut gegenüber dem<br />

Praktikum mit Fehlzeiten im Unterricht kundtun. Intensive Beratungsarbeit sowie Gespräche<br />

mit Eltern, Schülerinnen und Schulleitung können Schulabbrüche noch verhindern.<br />

Januar 2007<br />

Die letzten Monate waren geprägt von breit gefächerter Berufswahlorientierung. Alle<br />

Schülerinnen und Schüler haben längst vorzeigbare Bewerbungsmappen, viele von<br />

ihnen haben auch bereits Bewerbungen verschickt. Frau Kleinkorres von ABBEO,<br />

dem Projekt zur Ausbildungsreife und Berufswahlorientierung, war unermüdlich darin,<br />

Termine für Betriebserkundungen durch die Schüler der vier am Büssow-Projekt teilnehmenden<br />

Schulen zu vereinbaren. Es gibt wohl kaum eine Branche in Duisburg,<br />

die wir nicht gemeinsam mit ihr und unseren Schülern kennen gelernt haben. Im Dezember<br />

nahmen unsere beiden Zehner-Klassen zudem an einer dreitägigen Seminarfahrt<br />

nach Bad Honnef teil. Das Seminar führte der allen bereits bekannte Berufstrainer<br />

Herr Hanschmidt mit dem Ziel durch, den Schülerinnen und Schülern den letzten<br />

Schliff im Verhalten bei Vorstellungsgesprächen zu geben.<br />

Februar 2007<br />

Durch die ersten beiden Ausbildungsplatzzusagen ihrer Mitschüler - übrigens in den<br />

Praktikumsbetrieben - zusätzlich motiviert, nutzen die Schüler im Unterricht jede Gelegenheit,<br />

um Bewerbungen zu verfassen und im Internet nach freien Ausbildungsstellen<br />

zu suchen. Die Lage sieht nicht gerade rosig aus. Für Hauptschüler werden<br />

im Internetportal "meinestadt.de", das aus Angeboten der Arbeitsagentur gespeist<br />

wird, gerade einmal 50 Ausbildungsangebote im 25-Kilometer-Radius um Duisburg<br />

angeboten. Dennoch stellen sich die ersten Erfolge der Bewerbungen ein. Fast wöchentlich<br />

berichten Schülerinnen und Schüler stolz von Einladungen zu Einstellungstests<br />

- leider aber auch enttäuscht von ersten Absagen.<br />

In einigen Praktikumsbetrieben kann ich bei meinen Besuchen teilweise einen Stimmungsumschwung<br />

feststellen. PraktikumsanleiterInnen, die mir vor einiger Zeit noch<br />

begeistert von der Motivation und der Einsatzbereitschaft unserer Schülerinnen und<br />

Schüler berichtet haben, äußern sich jetzt zunehmend verhaltener. Liegt es am näher<br />

kommenden Entscheidungszeitpunkt für ein Ausbildungsplatzangebot an die Jugendlichen<br />

oder ist inzwischen nach einem Dreivierteljahr Tagespraktikum "die Luft<br />

´raus"? Auf meine direkte Frage nach Übernahmemöglichkeiten erhalte ich meist nur<br />

indirekte Antworten mit dem Hinweis auf die unsichere wirtschaftliche Situation oder<br />

die Vielzahl der anderen auch sehr guten BewerberInnen.<br />

54


Erfahrungsberichte von Lehrer/innen der vier Schulen<br />

März 2007<br />

Nach Ablauf eines Jahres ist es an der Zeit, ein vorläufiges Fazit zu ziehen.<br />

Bei einer anonymen Schülerbefragung geben 30 von 39 SchülerInnen und Schülern<br />

unserer Zehner-Klassen an, dass sich aus ihrer Sicht die Mehrbelastung durch das<br />

Büssow-Projekt gelohnt hat. 30 SchülerInnen betonen, dass ihnen die Praktika einen<br />

guten Einblick in die Arbeitswelt verschaffen konnten und 35 von den 39 behaupten,<br />

dass sie sich fit für die Ausbildung fühlen.<br />

Die Halbjahreszeugnisse sind für die meisten recht gut ausgefallen. 29 SchülerInnen<br />

führen das auf den intensiven Förderunterricht zurück. Alles in allem gesehen, zeigen<br />

mir diese Umfrageergebnisse, dass unsere intensiven Bemühungen um eine umfassende<br />

Berufsorientierung in die richtige Richtung weisen. Auch wenn ich berücksichtige,<br />

dass rund ein Drittel der Zehner-SchülerInnen keine berufliche Ausbildung anstrebt,<br />

bin ich noch unzufrieden mit der Zahl der Ausbildungsverträge. Zum jetzigen<br />

Zeitpunkt haben fünf Schüler den Ausbildungsvertrag in der Tasche, ein weiterer zumindest<br />

die Absichtserklärung, übernommen zu werden. Alle Ausbildungsplätze sind<br />

aus dem Praktikum erwachsen.<br />

Diese noch relativ geringe Zahl an Ausbildungsverträgen bedeutet allerdings nicht,<br />

dass die Jugendlichen ohne Vertrag perspektivlos in die Zeit nach dem Schulabschluss<br />

sehen müssen. Drei von Ihnen wurden von der Gesamtschule für die Sekundarstufe<br />

II angenommen und 15 erhielten bereits den Aufnahmebescheid der Berufsfachschulen.<br />

Die restlichen Schülerinnen und Schüler haben sich zumindest bei den<br />

Berufskollegs angemeldet und werden dort noch getestet oder befinden sich auf der<br />

Warteliste.<br />

Das Motto, unter dem die Büssow-Initiative vor einem Jahr gestartet wurde, lautet<br />

"Niemand darf zurückgelassen werden". Die Chancen stehen nicht schlecht, dass im<br />

Juni alle Schülerinnen und Schüler der beiden Abschlussklassen nicht nur ihr Abschlusszeugnis,<br />

sondern auch eine Perspektive für die Zeit nach der Schule in der<br />

Hand halten.<br />

55


Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />

Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />

sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />

Ansatzpunkte und Erfahrungen bei der Arbeit mit Hauptschülern; Veränderungen,<br />

Erfolge und Grenzen, Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />

Die Ausgangslage bei ausgewählten Kompetenzen der Schüler/innen, exemplarisch<br />

dargestellt anhand der Ergebnisse des BWT der Arbeitsagentur, kann im Artikel von<br />

Rüdiger Bongers nachgelesen werden.<br />

Mindestens ebenso wichtig wie die faktische Basis von Wissen und Kompetenzen<br />

sind jedoch die psychischen und sozialen Voraussetzungen der Jugendlichen, vor<br />

allem in Bezug auf die nahe/ferne Arbeitswelt.<br />

Schulen und Lehrer/innen berichten, dass viele Schüler/innen Schwierigkeiten damit<br />

haben, sich in eine konkrete Zukunftsperspektive zu begeben, die länger als vier<br />

Monate beträgt. Die Jugendlichen leben in einem sozialen Umfeld, das sie von Tag<br />

zu Tag leben lehrt. Die Gewissheit, einen Ausbildungsberuf aufnehmen zu müssen<br />

um den Lebensunterhalt zu sichern, geht immer mehr verloren, die Schule sieht sich<br />

der Aufgabe gestellt, dass die Gewissheit, dass Sozialhilfekarrieren „vererbt werden“,<br />

durchbrochen werden muss.<br />

Doch auch wir Lehrer/innen stellen fest, dass der Übergang in Ausbildung und Beruf<br />

noch mehr als schon bisher in unseren Fokus genommen werden muss.<br />

Veränderungen durch das Projekt, erste Erfolge<br />

Insgesamt ist, wie es auch in vielen Abschnitten des vorangegangenen Kapitels<br />

schon latent oder explizit zum Ausdruck kommt, festzustellen, dass durch die intensive<br />

Auseinandersetzung mit dem Arbeitsfeld "Berufsfindung“ im Rahmen des Büssow-Projektes<br />

sowohl bei den direkt betroffenen Schülerinnen und Schülern der 10.<br />

Klassen, aber auch durch die schulinterne Kommunikation bei den nachfolgenden<br />

Klassen eine positiv veränderte Einstellung zur Berufswahl und Berufsfindung festzustellen<br />

ist. Dies lässt sich zum Beispiel festmachen an der Zahl der Bewerbungen, an<br />

der Zahl der besuchten einschlägigen Informationsveranstaltungen und der gezielten<br />

Nutzung der Angebote der Arbeitsagentur (Berufsberatung, BIZ-Besuche, Nutzung<br />

von Internetausbildungsbörsen).<br />

Durch die mehr als zweijährige Arbeit im Projekt ist der Bereich „Übergang Schule –<br />

Beruf“ für alle sichtbar deutlich stärker in den Mittelpunkt des Schulprogramms und<br />

der praktischen schulischen Arbeit gerückt.<br />

- Die Einführung von bis zu sechs Wochenstunden umfassendem zusätzlichen<br />

Förderunterricht,<br />

- die deutliche Ausweitung der Praktika und<br />

- die Einführung eines wöchentlichen Praktikumstages für Schüler(innen), die<br />

beispielsweise im Schuljahr 2006/07 in einer Klasse zusammengefasst wurden,<br />

haben dazu geführt, dass nicht nur im Klassenraum, sondern auch in allen anderen<br />

schulischen Bereichen (Kollegien, Lehrer- und Schulkonferenzen) eine intensive<br />

Auseinandersetzung mit dem Thema stattfand, so zum Beispiel die Erfahrungen der<br />

Heinrich-Böll-Schule.<br />

Das Projekt hat auch gezeigt, dass die Schüler(innen) zur individuellen Aufarbeitung<br />

der Berufswahlschritte regelmäßige, intensive Laufbahn- und Beratungsgespräche<br />

benötigen.<br />

„Unsere Schüler haben größere Chancen, einen Ausbildungsplatz zu finden, wenn<br />

sie einen persönlichen Kontakt aufbauen können. Die spezielle Vorbereitung führt zu<br />

56


Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />

Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />

sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />

einer besseren Orientierung und einem zielgerichteteren Verhalten der einzelnen<br />

Schüler. Sie entwickeln eine entschlossenere Herangehensweise an das Berufsleben<br />

und träumen nicht bis zum Ende der 10. Klasse davon, dass es ewig so weitergehen<br />

möge in der Schulbank. Allerdings sind leider nicht alle Schüler erreichbar.“<br />

Doch auch der „sozialpädagogische“ und positiv-emotionale Ansatz darf nicht unterschätzt<br />

werden. So wird berichtet, dass die Schüler/innen in „kritischen Situationen“<br />

regelrecht an die Hand genommen werden müssen. So wurden zum Beispiel die<br />

zehn Schüler, die zum Einstellungstest bei HKM gingen, von einer Lehrerin dorthin<br />

begleitet und zusätzlich ermutigt, ein Zuspruch, den man eigentlich schon von den<br />

Eltern erwartet oder zumindest erhofft.<br />

Eine Hauptschule betont, dass Praktika in Handwerksbetrieben bzw. in kleinen<br />

Privat-Unternehmen für einige Schülergruppen sinnvoller sind als in solch großen<br />

Unternehmen. Eine Übernahme sei dort wahrscheinlicher als bei den Großbetrieben,<br />

da die Durchfallquote bei den theoretisch anspruchsvollen Einstellungstests<br />

trotz vermehrter Förderstunden sehr hoch ist.<br />

Basiskompetenzen verbessert<br />

Zudem ist aber auch festzustellen, dass die immer wieder beschriebenen und eingeforderten<br />

Basiskompetenzen für eine Berufsausbildung wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit,<br />

Genauigkeit, Fleiß etc. sowohl in Schule wie im Praktikum von den Schülerinnen<br />

und Schülern zunehmend realisiert werden konnten, was auch von den Praktikumsbetrieben<br />

in Abfragen so bestätigt wurde. (s. Emil-Rentmeister, S. 42)<br />

Beispielhaft kommt dies im Ergebnis der Befragung der Praktikumsbetriebe, z.B.<br />

durch die Hauptschule Wiesbadener Straße, zum Ausdruck.<br />

Kriterien<br />

B efragung der Ausbildungsbetriebe zur P raktikantin / zum P raktikanten<br />

B etriebspraktikum der K lassen 9 (B üssow -Initiative) der G H S W iesbadener<br />

S traße vom 20.02.06 bis zum 12.06.06<br />

A nw esenheit<br />

P ünktlichkeit<br />

Fleiß<br />

Interesse für A rbeitsabläufe<br />

Ü berblick über A rbeitsabläufe<br />

U m sicht<br />

fachgerechtes A rbeiten<br />

O rdnung<br />

E rnsthaftigkeit<br />

S elbstständigkeit beim A rbeiten<br />

U m gang m it M itarbeitern<br />

E inschätzung der M itarbeiter<br />

m it dem P raktikanten zufrieden<br />

V ergleich m it A zubis<br />

positiv<br />

m ittelm äßig<br />

negativ<br />

0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />

E insch ätzu ng<br />

Auch die Gesamtergebnisse aller vier Schulen spiegeln dieses Ergebnis im Wesentlichen<br />

wieder.<br />

57


Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />

Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts sowie Konsequenzen für die weitere schulische<br />

Arbeit<br />

Bewertung der Praktikanten durch die Betriebe<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Befragung der Ausbildungsbetriebe zur Praktikantin / zum Praktikanten<br />

Betriebspraktikum (Büssow-Initiative) im 2. Schulhalbjahr 2005/2006<br />

GHS Emil-Rentmeister-Schule, GHS Wiesbadener Straße, GHS Heinrich-Böll-Schule und GHS Beim Knevelshof<br />

6,3<br />

31,0<br />

62,8<br />

Pünktlichkeit und<br />

Zuverlässigkeit<br />

3,5<br />

50,5<br />

46,0<br />

Interesse für<br />

Arbeitsabläufe<br />

9,0<br />

6,0<br />

43,3 49,5<br />

47,8<br />

44,5<br />

58<br />

3,0<br />

39,5<br />

57,5<br />

Eigeninitiative Ordnung Teamfähigkeit<br />

Bewertungskriterien<br />

nicht zufriedenstellend<br />

zufriedenstellend<br />

sehr gut


Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />

Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />

sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />

An dieser Stelle mag man sich daran erinnern, was „die Wirtschaft von den Schulabgängern“<br />

erwartet. 20 Es ist wohl nicht selbstverständlich, dass Hauptschüler/innen in<br />

derartig vielen Bereichen so positiv bewertet werden.<br />

Schulische Leistungen<br />

Zudem zeigt sich im Notenspiegel in den Förderfächern Deutsch und Mathematik<br />

eine positive Tendenz, was nicht zuletzt auf eine gesteigerte Motivation der Schüler<br />

zurückzuführen ist – und das trotz der gefühlten Mehrbelastung durch den erweiterten<br />

Stundenplan.<br />

Besonders hervorzuheben bei den erzielten Leistungen ist (für drei der vier Schulen<br />

trifft diese Konstruktion zu) dabei die Bedeutung des/der die Schülerinnen und Schüler<br />

betreuenden so genannten "Projekt-Lehrers/Lehrerin“, der/die sich eben nicht nur<br />

für Planung und Organisation des Tagespraktikums und der Kommunikation mit den<br />

Betrieben verantwortlich zeigte, sondern durch unermüdliches Nachhaken, Ansprechen,<br />

Begleiten etc. von Schülerinnen und Schülern diese auf ihren Berufsfindungsweg<br />

brachte.<br />

Weitere wichtige Erfolge:<br />

- Die Zufriedenheit der Schüler/innen<br />

Eine anonyme Befragung der Schülerinnen und Schüler zu den Ergebnissen des<br />

Büssow-Projektes zeigt, dass die meisten der Befragten mit dem Erreichten zufrieden<br />

sind und die Förderung durch die Initiative zu schätzen wissen.<br />

Hierzu beispielhaft wiederum Ergebnisse einer Befragung der GHS Wiesbadener<br />

Straße.<br />

Die Teilnahme am Büssow-Projekt hat sich<br />

für mich gelohnt<br />

Die Praktika von Klasse 9-10 fand ich wichtig<br />

für den Einblick in den beruflichen<br />

Alltag.<br />

Die Teilnahme am Lebensfindungsseminar<br />

war hilfreich für meine persönliche<br />

Entwicklung.<br />

Der Beurteilungsbogen vom Betrieb ergab<br />

gute Informationen über meine<br />

Fähigkeiten.<br />

Die zusätzlichen Förderstunden in<br />

Mathematik Deutsch, und Allgemeinwissen haben<br />

meine Leistungsnoten verbessert.<br />

Die Berufsberatung durch die Arbeitsagentur<br />

hat meine Berufswahl-Entscheidung beeinflusst.<br />

Ich fühle mich auf jeden Fall fit für<br />

einen Ausbildungsplatz<br />

4<br />

GHS Wiesbadener Straße<br />

Auswertung Büssow-Initiative Klassen 10 (2006/2007)<br />

0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />

9<br />

9<br />

14<br />

14<br />

17<br />

20 (s.o. Beitrag Rehn, S. 3 Fußnote 1 sowie den Beitrag von Volker Grotensohn, S. 79ff.)<br />

15<br />

28<br />

18<br />

20<br />

2<br />

14<br />

16<br />

13<br />

13<br />

2<br />

0<br />

3<br />

0<br />

2<br />

3<br />

7<br />

Stimmt 100 %<br />

Stimmt<br />

Stimmt wenig<br />

Stimmt überhaupt nicht<br />

7<br />

4<br />

8<br />

4<br />

0<br />

6<br />

5<br />

4<br />

4<br />

3<br />

3<br />

2<br />

0<br />

59


Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />

Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />

sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />

Eine vorläufige Ausbildungsplatzbilanz<br />

Der Prozentsatz der in Ausbildungsplätze vermittelten Schüler ist augenscheinlich<br />

höher als sonst, dies kann aber noch nicht abschließend ausgesagt werden.<br />

Im (wenn also auch vorläufigen) Gesamtergebnis gilt es vor allem zu beachten,<br />

dass zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses 15.05.2007 insgesamt etwa 28<br />

Schülerinnen und Schüler bereits einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen<br />

haben. Dies sind knapp 20 % aller jetzt noch in den Abschlussklassen befindlichen<br />

Schüler/innen.<br />

Im Vergleich zu den Vorjahreszahlen aus dem Bezirk des Schulamtes Duisburg, die<br />

zwischen sechs und zehn Prozent liegen, ist dies sicherlich ein beachtliches Zwischenergebnis.<br />

Dabei sind noch weitere positive Ergebnisse des Projektes festzuhalten:<br />

- Die meisten Ausbildungsplätze stammen aus den jeweiligen Praktikumsbetrieben.<br />

- Mit drei bei ThyssenKrupp-Steel erreichten Ausbildungsplätzen treten Schüler der<br />

GHS Wiesbadener Straße in ein Unternehmen ein, das bisher keine Schüler/innen<br />

dieser Schule ausgebildet hat. Drei der vier bei HKM über die „zweite Chance“ Eingestellten<br />

haben einen Migrationshintergrund.<br />

- Es besteht die von allen Schulen geteilte und von der Schule Beim Knevelshof geäußerte<br />

Vermutung, dass dies auf eine sichtbare Stärkung der Ausbildungsreife<br />

bei vielen Schüler/innen zurückzuführen ist.<br />

Kommunikation der Projektbeteiligten und verändertes Verständnis<br />

Ein anderes positives Ergebnis des Projektes ist das durch die intensive Kommunikation<br />

zwischen den unterschiedlichen Beteiligten (Schule, Wirtschaft, Arbeitsagentur,..)<br />

entstandene bessere gegenseitige Verständnis.<br />

Die Schulen fühlen sich hervorragend unterstützt vom Haus der Unternehmer, indem<br />

den Schülerinnen und Schülern verschiedene Berufsfelder konkret vorgestellt wurden<br />

und gute Praktikumsplätze vermittelt wurden. Ebenfalls sinnvolle Unterstützung<br />

erfuhren die Schulen durch Informationen der IHK.<br />

Die erweiterten Unterrichtsinhalte, vor allem in der Berufsvorbereitung, haben eine<br />

deutliche Zunahme des Interesses an Berufen im Allgemeinen bewirkt.<br />

Das ABBEO- Projekt (siehe den Beitrag von Frau Kleinkorres) initiierte die Anschaffung<br />

des Berufswahl-Passes, welcher den Schüler/innen half, ihre Unterlagen<br />

strukturiert zu dokumentieren. Der Pass mit seiner Nachhaltigkeit war und ist<br />

sinnvoll. Zur individuellen Aufarbeitung der Berufswahlschritte bedürfen die Schülerinnen<br />

regelmäßiger Laufbahn- und Beratungsgespräche und der Umsetzung<br />

eines Portfolio-Konzeptes.<br />

60


Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />

Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />

sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />

Probleme und Grenzen des Projekts<br />

- Ausbildungsplatzvergabe bei großen Ketten<br />

Als Vermittlungshindernis erweist sich oft die zentrale Ausbildungsplatzvergabe bei<br />

großen Ketten und die besondere Gewichtung von Einstellungstests. Es entsteht oft<br />

der Eindruck, dass von Filialbetrieben bescheinigte gute Leistungen bei dem über ein<br />

Jahr dauernden Tagesbetriebspraktikum kaum oder gar nicht berücksichtigt werden.<br />

- Einbeziehung der Erziehungsberechtigten<br />

Als ebenfalls durchaus problematisch erwies sich der Versuch, die Erziehungsberechtigten<br />

in das Projekt einzubeziehen. Nicht nur die von der Schule angebotenen<br />

Beteiligungsmöglichkeiten (Elterninfoabende, Berufsplanungs- und Praktikumsreflexionsgespräche,<br />

Elternsprechtage) wurden teilweise gering genutzt, vielmehr fehlte<br />

es auch oft an der notwendigen Unterstützung seitens der Eltern in Problemsituationen<br />

in Schule und Praktikum. Hier blieben Schule und Schüler meistens auf sich alleine<br />

gestellt.<br />

- Berufskolleg als (un-) geliebte Alternative<br />

Manche Schüler/innen erreicht die Maßnahme nicht, so wollen einige lieber in ein<br />

Berufskolleg wechseln, auch wenn der Anteil derjenigen, die sich bewusst für das BK<br />

entscheiden, offensichtlich zugenommen hat.<br />

Konsequenzen:<br />

- Nachbetreuung /Lehrerstellen für Berufswahlvorbereitung von Hauptschüler/innen<br />

Die intensive Zusammenarbeit mit den Schüler(innen) hat zu einem Vertrauensverhältnis<br />

geführt, das mit dem Tag der Schulentlassung nicht abrupt enden darf. Daher<br />

sollte von der abgebenden Schule eine Nachbetreuung geleistet werden können,<br />

deren Lehrerinnen und Lehrer die jeweiligen Jugendlichen in ihrem Arbeitsverhalten<br />

kennen und sie in ihrer persönlichen Entwicklung auch bei Anpassungsschwierigkeiten<br />

in der neuen Situation unterstützen können.<br />

Diese Lehrer(innen) müssen für einen begrenzten Zeitraum noch Hilfestellungen bei<br />

auftretenden Schwierigkeiten geben – unabhängig davon, ob die Jugendlichen in<br />

Ausbildung einmünden, einen Lehrgang absolvieren oder ein Berufskolleg besuchen.<br />

Diese besonders positiven Erfahrungen der intensiven Betreuung, die u. a. auch zu<br />

einem hohen Maß an Vertrautheit von Schülern und Lehrern führte, müssen zu Konsequenzen<br />

führen, da sich beispielsweise die zusätzlichen Laufbahn- und Beratungsgespräche<br />

ohne zusätzliche personelle Ressourcen nicht im notwendigen<br />

Umfang verwirklichen lassen.<br />

Diese „Nachbetreuung“ bis Ende 2007 wird an allen vier Schulen für den jetzigen<br />

Jahrgang 10 nach der Entlassung initiiert werden, aber auch für die nachfolgenden<br />

Jahrgänge sollte eine entsprechend intensive Betreuung und inhaltliche Förderung<br />

durch Bereitstellen entsprechender Stellenanteile realisiert werden. So können auch<br />

die nachfolgenden Jahrgänge vom Projekt profitieren.<br />

61


Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />

Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />

sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />

- Veränderungen im Berufswahlvorbereitungskonzept<br />

Eine weitere folgernde schulische Konsequenz liegt in der verstärkten Bereitstellung<br />

von Tagespraktika. So kann durch längerfristige Bewährung ein Unternehmen seine<br />

möglichen Bewerber besser kennen lernen. Eine flexible Praktikumsgestaltung mit<br />

passgenauer Zuordnung und qualifizierter Betriebsbegleitung gerade für mehr Nischenberufe<br />

ist besonders bedeutsam. Auch besondere Fördermaßnahmen und die<br />

Vorbereitung auf Einstellungstests sind notwendig.<br />

Erfahrungen mit Klassen, in der die Schüler(innen) einen wöchentlichen Praktikumstag<br />

haben, führen zur Übernahme dieser Modelle in laufende Planungen.<br />

Insgesamt werden die Block- und Tagespraktika flexibler gestaltet und damit den unterschiedlichen<br />

Erwartungen und Bedürfnissen besser angepasst.<br />

Beispiel für eine Umsetzung<br />

Die Erfahrungen, die bei der Durchführung des „Büssow-Projektes“ gemacht wurden,<br />

haben an der GHS Wiesbadener Straße zum Beispiel zu Veränderungen im Berufswahlvorbereitungskonzept<br />

geführt.<br />

1. Planung, Organisation, Durchführung und Auswertung der Betriebspraktika wurden<br />

unter Einbezug der im "Büssow-Projekt“ gemachten Erfahrungen und verwendeten<br />

Materialien neu gestaltet.<br />

2. Das Modell des Förderunterrichts konnte aufgrund der hinreichenden Stellenbesetzung<br />

auch in der Klasse 9 realisiert werden und ist fester Bestandteil des Schulprogramms<br />

geworden.<br />

3. Elemente der Förderung im Bereich lebenspraktischer und berufsvorbereitender<br />

Projekte (Lebensplanungsseminare, Standortfindung – Wer bin ich? Wo stehe ich?<br />

Wo will ich hin? Wie kann es mit mir weiter gehen? – Netzwerkarbeit mit der AWO<br />

und der Caritas zur Berufsfindung) werden in Ergänzung zur bisherigen Berufswahlkonzeption<br />

in Klasse 8 und 9 in das Berufswahlvorbereitungsprogramm aufgenommen.<br />

4. Insgesamt gesehen hat sich eine schärfere Fokussierung auf den Prozess der Berufswahlvorbereitung<br />

ergeben und zwar hinsichtlich der Bedeutsamkeit des möglichen<br />

frühen Beginns der konkreten Berufswahlvorbereitung mit Beginn der Klasse 8<br />

durch<br />

- eine Berufsfindungswoche, zum Teil geschlechtsspezifisch ausgerichtet<br />

- Besuche von Ausbildungsbetrieben, Bildungszentren des Handwerks<br />

- zielgerichteten Besuch des BIZ<br />

- Initiierung einer individuellen Berufswahlvorbereitungsmappe.<br />

5. Angebote zur Vorstellung von unterschiedlichen Berufsfeldern durch entsprechende<br />

Fachleute sollten schülerinteressenorientiert genutzt werden.<br />

62


Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />

Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />

sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />

Als sehr gut bewertet werden die Initiativen von Thyssen Krupp Steel und HKM, berufsvorbereitende<br />

Lehrgänge im Betrieb anzubieten und daher streben die Hauptschulen<br />

auch weiterhin eine gute Zusammenarbeit mit diesen Unternehmen an.<br />

Auch das Lebensfindungsseminar als wesentlicher Bestandteil des Unterrichtskonzeptes<br />

gehört in diesen Zusammenhang. Hier wird durch außerschulische Partner<br />

die Arbeit der Schule – auch über den Berufswahlkontext hinaus gehend - effektiv<br />

unterstützt. Mentale Blockaden, Probleme devianter Lebensentwürfe und Diskriminierung<br />

vermeintlich minderwertiger „Hauptschulklientel” bedürfen nachhaltiger sozialer<br />

Arbeit.<br />

- Weitere Vorschläge und Ideen<br />

Des Weiteren schlägt zum Beispiel die Emil-Rentmeister-Schule vor:<br />

- Durch Projektarbeiten mit konkretem Alltagsbezug (Bau eines Gartenhauses,<br />

eines Backhauses, Umsetzen einer technischen Service- AG oder einer Mensa-AG)<br />

sollten Schüler/innen praktisch in geöffnetem Unterricht frühzeitig berufliche<br />

Interessen und Stärken erproben dürfen.<br />

- Individuelle Portfoliokonzepte und Ausbau der Förderschienen in den Hauptfächern/im<br />

Bereich Allgemeinwissen müssen implementiert werden.<br />

- Pädagogische Arrangements zur Stärkung von Selbstbewusstsein und körperlicher<br />

Leistungsfähigkeit sollten also in Schulfirmen, in den Stadtteil durchaus<br />

geöffnet, eine Form von „Produktionsschule” schaffen.<br />

- Schule muss neu gedacht, Unterricht anders konzipiert werden und Lehrern<br />

neue Bildungshorizonte nahegebracht werden.<br />

63


Vier Duisburger Projektschulen ziehen Bilanz:<br />

Ansatzpunkte und Erfahrungen; Veränderungen, Erfolge und Grenzen des Projekts<br />

sowie Konsequenzen für die weitere schulische Arbeit<br />

Gemeinsame Stellungnahme der vier Duisburger Hauptschulen:<br />

Zweieinhalb Jahre „Initiative der <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Düsseldorf</strong> zur Stärkung<br />

der Ausbildungsreife und Berufswahlorientierung“<br />

Unsere Bilanz und unser Ausblick: Was muss nun passieren?<br />

Die in der Projektphase gemachten Erfahrungen lassen die vier beteiligten Schulen<br />

zu folgenden gemeinsamen Überlegungen und Forderungen kommen, die als<br />

Grundbedingungen für die Verbesserung der erforderlichen Ausbildungsreife unverzichtbar<br />

erscheinen und die die Chancen für eine verstärkte Vermittlung in Ausbildungsberufe<br />

deutlich erhöhen können:<br />

- Eine institutionell verankerte qualitative Vernetzung zwischen Schulen einerseits<br />

sowie Industrie und Handwerk andererseits muss nachhaltig ausgebaut werden.<br />

Dabei ist eine Ausweitung auf die bislang nicht beteiligten öffentlichen Arbeitgeber<br />

sowie auf karitative Einrichtungen erforderlich.<br />

- Unbedingt erforderlich erscheint dabei eine Ausweitung des Ausbildungsplatzangebotes<br />

durch<br />

- die vermehrte Bereitstellung von Ausbildungsplätzen in Migrantenbetrieben<br />

und bei öffentlichen Arbeitgebern,<br />

- die Ausweitung von Ausbildungsprofilen, die weniger theorielastig sind<br />

und somit für Hauptschüler eine Perspektive bilden,<br />

- die Erhöhung des Stellenwertes der im Praktikum gezeigten Leistungen<br />

innerhalb des Bewerbungsverfahrens. Dabei müssten in Filialbetrieben<br />

die Praktikumsleistungen an die Zentrale weitergeleitet werden,<br />

damit sie dort berücksichtigt werden können.<br />

- Eine nachsorgende Betreuung der Jugendlichen nach der Schulentlassung durch<br />

die bisherige Vertrauensperson (Klassenlehrer/in, Berufswahllehrer/in) soll in einer<br />

wichtigen Lebensphase Stabilität schaffen und dadurch auch vorzeitige Abbrüche<br />

von Ausbildungsverhältnissen verhindern.<br />

- Die Sicherung der hohen Qualität der Berufsvorbereitungsarbeit und der nachsorgenden<br />

Betreuung kann nur mit entsprechenden zusätzlichen Stellenanteilen<br />

geleistet werden<br />

- Zusätzliche Stütz- und Stärkungsmaßnahmen, wie sie z. B. an einigen der beteiligten<br />

Schulen in Form von Lebensfindungsseminaren durchgeführt wurden, müssen<br />

finanzierbar sein. Eine Umlegung der Kosten auf die Eltern und Schüler würde<br />

eine zusätzliche soziale Auslese bedeuten.<br />

- Es muss gelingen, dass die Erziehungsberechtigten ein größeres Engagement im<br />

Berufswahlfindungsprozess zeigen. Sie dürfen nicht aus der Pflicht für die schulische<br />

und berufliche Entwicklung ihrer Kinder entlassen werden.<br />

Duisburg, im April 2007<br />

64


Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />

1. Ausgangssituation<br />

1.1. ABBEO und die Initiative zur Stärkung der Ausbildungsreife<br />

Im Februar 2005 startete das landesweite Projekt ABBEO – Projekt zur Förderung<br />

der Ausbildungsreife und Berufsorientierung in Duisburg (abbeo.nrw.de. / Unternehmerhaus-AG)<br />

mit 10 Pilotschulen. ABBEO ist ein Beratungsprojekt, das helfen soll,<br />

Berufsorientierung in Schulen zu vertiefen und zu systematisieren. Hauptziel ist,<br />

Schüler und Schülerinnen möglichst frühzeitig und gezielt auf die Berufswahl vorzubereiten.<br />

Im Herbst 2005 wurde im Rahmen eines Treffens der Kooperationspartner zur Büssow-Initiative<br />

deutlich, dass bereits 2 Schulen von 4 ausgewählten Hauptschulen<br />

durch das ABBEO-Projekt gefördert wurden. Das Aufgabenspektrum des Projektes<br />

überzeugte, da Parallelen in der Zielsetzung erkannt wurden und eine Betreuung vor<br />

Ort wichtig erschien. Um die Koordinierung und Finanzierung der Maßnahmen vor<br />

Ort zu gewährleisten, wurde daher beschlossen, auch die beiden weiteren Schulen<br />

dem Projekt „zuzuschlagen“. Da ABBEO im Herbst allerdings zunächst planungsgemäß<br />

mit dem 8.Jahrgang in allen Pilotschulen startete, wurden die vier 9-er Klassen<br />

zusätzlich aufgesetzt und parallel in den unteren Jahrgängen gearbeitet.<br />

1.2. Aufgaben von ABBEO im Rahmen der Büssow-Initiative<br />

Angelehnt an die Zielsetzungen und Umsetzung im Projekt ABBEO können folgende<br />

Aufgabenfelder definiert werden:<br />

• Projektmanagement - Koordinierung der Maßnahmen<br />

• Finanzierung von Maßnahmen<br />

• Beratung der Schulen im Kontext von ABBEO<br />

• Kontakte zur Wirtschaft:<br />

o Angebote zur Kooperation mit Unternehmen vor Ort<br />

o Veranstaltungen zur Vorstellung von Ausbildungsberufen – insbesondere<br />

für Hauptschüler<br />

o Unterstützung in der Akquise und Weitergabe von Praktikums- und<br />

Ausbildungsplätzen<br />

o Austausch mit Unternehmen zu den Ergebnissen<br />

• Fortbildungsangebote für Schüler und Lehrer<br />

o Schulungen zur Einführung des Berufswahlpasses<br />

o Workshops zum Thema „Praxislernen“ - zur Vertiefung des Unterrichtsstoffes<br />

in der betrieblichen Praxis<br />

o Angebot Lehrerbetriebspraktikum<br />

o Kompetenzchecks für Schüler<br />

o Workshops zur Lebens- und Berufswahlorientierung, Telefontrainings,<br />

Bewerbungstrainings für Schüler<br />

o Impulstage für Lehrer zur Förderung des Erfahrungsaustausches und<br />

Kennen lernen von Angeboten für Schüler z.B: Berufeparcours, Trainingsangebote,<br />

Kontakte zu Unternehmen, Informationen zum regionalen<br />

Arbeitsmarkt (z.B. Veranstaltung zur Zukunft der einfachen Berufe),<br />

Kennen lernen von Auswahlverfahren<br />

65


2. Vorgehensweise<br />

Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />

Die Vorgehensweise mit der Initiative im Rahmen des ABBEO-Projekt ist von zwei<br />

Seiten gesteuert: einmal durch die in den Lenkungssitzungen der Kooperationspartner<br />

beschlossenen Maßnahmen (Testung durch die Arbeitsagentur, zusätzliche<br />

Praktika, Stärkung der Kernkompetenzen), zum anderen durch die in den Einzelgesprächen<br />

mit den Schulen beschlossenen Maßnahmenpakete. Im Laufe des ABBEO-<br />

Projektes wurde ein Portfolio von Unterstützungsangeboten entwickelt auf Basis der<br />

Beratung und konkreten Erfahrungen im Projekt mit den Schülern. Die Vorgehensweise<br />

ist dabei prozessorientiert zu sehen – die Maßnahmen wurden aus den jeweiligen<br />

Bedürfnissen entwickelt.<br />

Ausgangspunkt der Beratungsarbeit an den Schulen war eine Ist-Standsanalyse, um<br />

ein auf die Schule und das Umfeld passende Unterstützung anbieten zu können. Der<br />

Fragenkatalog zur Analyse basiert auf dem Kriterienkatalog des „Siegels zur Berufsorientierung<br />

an Schulen“, der zur Zertifizierung führen kann. Die Auswertung erfolgt<br />

in der Schule mit der Festlegung von Zielen zur Optimierung der Berufsorientierung<br />

und Entwicklung von geeigneten Unterstützungsmaßnahmen. Ziel ist, in Anlehnung<br />

an die allgemeinen Zielsetzungen von ABBEO, Berufsorientierung für Schüler, Lehrer<br />

und Eltern als Prozess sichtbar zu machen und ein Gesamtkonzept zu entwickeln,<br />

das möglichst frühzeitig – hier ab Jahrgang 8 – startet und das in Fachcurricula und<br />

Schulprogramm festgehalten wird.<br />

In der Analyse wurden einige Gemeinsamkeiten deutlich:<br />

Die Schulen sind sehr engagiert und haben eine Vielzahl von Maßnahmen entwickelt,<br />

um den Übergang ihrer SchülerInnen von der Schule in den Beruf zu ermöglichen.<br />

In den vergangenen Jahren ist es zunehmend schwieriger geworden, diese<br />

Schüler in Ausbildung zu bringen (hierzu mehr in den Darstellungen der Schulen selber).<br />

Weiter besteht ein großer Informationsbedarf zu Möglichkeiten auf dem Ausbildungsmarkt<br />

und es fehlen Kontakte in die Wirtschaft – insbesondere das Handwerk<br />

wird hier genannt.<br />

Als Hauptursache wurde benannt:<br />

Der Arbeitsmarkt bietet Hauptschülern nicht mehr ausreichende und passende<br />

Ausbildungsangebote.<br />

Externe Unterstützung wurde eingefordert:<br />

- Informationen über den regionalen Ausbildungsmarkt und seine Chancen<br />

für Hauptschüler<br />

- Unterstützung bei der Suche nach fehlenden Praktikumsplätzen<br />

- Entwicklung weiterer Maßnahmen, die geeignet sind, Schlüsselkompetenzen<br />

der Schüler zu verbessern.<br />

2.1. Kontakte zu Unternehmen<br />

Ein wesentliches Ziel des Projektes ist, die Kontakte zu der Wirtschaft in der Region<br />

zu den Schulen zu vertiefen. Kontakte zur Arbeitswelt sind unabdingbar, um Berufsorientierung<br />

zu konkretisieren und erfahrbar zu machen – für Schüler und Lehrer.<br />

Informationen aus erster Hand sollen auf die Anforderungen in den jeweiligen Ausbildungsberufen<br />

und ihre Einstellungsvoraussetzungen vorbereiten, die Darstellung<br />

der Tätigkeiten und des betrieblichen Umfeldes einen realistischen, begreifbaren Zugang<br />

ermöglichen. Im Rahmen des ABBEO-Projektes wurde auf diese Bedarfe ent-<br />

66


Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />

sprechend reagiert durch entsprechende Informationsveranstaltungen mit regionalen<br />

Unternehmen, Kontaktvermittlung zu unterschiedlichen Betrieben, Betriebserkundungen,<br />

Ausbildern im Unterricht, Berufe-Vorstellungen in Unternehmen oder in den<br />

Schulen, Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Praktika oder Weitergabe<br />

von Ausbildungsplatzangeboten.<br />

2.1.1 Ergänzende Informationen zum Ausbildungsmarkt – insbesondere für<br />

Hauptschüler<br />

Im Zuge des Wandels von der Montan- zur Dienstleistungsindustrie auf dem regionalen<br />

Arbeitsmarkt brechen auch für Auszubildende viele traditionelle Ausbildungsberufe<br />

weg. Das macht eine Orientierung schwieriger. Berufliche Vorbilder (sofern sie<br />

vorhanden sind), die zur unkritischen Nachahmung anregten, fehlen an vielen Stellen.<br />

In Ergänzung zum Informationsangebot der Arbeitsagentur wurden spezielle Informationsveranstaltungen<br />

angeboten. Im Herbst 2005 beispielsweise zur „Zukunft<br />

der einfachen Berufe“ gemeinsam mit der UnternehmerverbandsGruppe e.V.. Hier<br />

referierten zwei Unternehmer - von Lekkerland/Tobaccoland und McDonalds zu den<br />

Chancen für Hauptschüler in ihren jeweiligen Unternehmen. Für viele Pädagogen<br />

überraschend waren die bisher unbekannten Möglichkeiten, sich hier zu bewerben<br />

und auch „Karriere“ zu machen. Die Unternehmer schilderten aber auch die Schwierigkeiten,<br />

geeignete Auszubildende zu finden. Fehlende Motivation und Leistungsbereitschaft,<br />

mangelnde Basiskenntnisse (Deutsch, Mathematik etc.) und Unkenntnis<br />

der beruflichen Anforderungen. Die große Resonanz (ca. 100 Teilnehmer) zeigte,<br />

dass diese Veranstaltung ein großer Erfolg war. Dies zeigte sich auch in späteren<br />

Einzeldiskussionen mit Pädagogen in den Schulen: Das Wissen über Ausbildungsmöglichkeiten<br />

in einfachen Tätigkeiten ist gefragt, aber weitaus nicht so bekannt wie<br />

zuvor gedacht. Im Laufe des Projekts wurde diesem Aspekt Rechnung getragen<br />

durch weitere Informationsveranstaltungen beispielsweise auch im Rahmen einer<br />

Ausbildungsakquise für die neu eingerichteten Ausbildungsberufe in Duisburger<br />

CallCentern, die den Bildungsabschluss nicht zum alleinigen Kriterium ansetzen,<br />

sondern auch geeigneten Hauptschülern eine Chance gaben. Die Liste der Unternehmen,<br />

die auch Hauptschülern eine Chance geben – beispielsweise durch die<br />

Schaffung etlicher zweijähriger Ausbildungen – ist daraufhin kontinuierlich ergänzt<br />

worden.<br />

2.1.2 Berufevorstellungen für Hauptschüler in Unternehmen und in den Schulen<br />

Um den SchülerInnen diese für sie geeigneten Ausbildungsangebote und die Unternehmen<br />

in der Region bekannt zu machen, wurde eine Vielzahl von einzelnen Berufevorstellungen<br />

mit Ausbildern und Personalverantwortlichen durchgeführt. Diese<br />

Veranstaltungen fanden sowohl in den Betrieben (sofern möglich), als auch in den<br />

Schulen statt. Hierzu waren insbesondere die ca. 230 SchülerInnen der Büssow-<br />

Initiative angesprochen. Im folgenden Schuljahr konnten auch die nachfolgenden<br />

Jahrgänge von diesen Veranstaltungen profitieren. Maximal 20 SchülerInnen konnten<br />

an den jeweiligen Veranstaltungen teilnehmen. Voraussetzung war, dass sie geeignet<br />

oder interessiert waren und sich auf diesen Termin mit Internetrecherche und<br />

Fragen zum Beruf vorbereitet hatten. Die Erfahrung mit ähnlichen Veranstaltungen –<br />

z.B. Betriebserkundungen, Berufsmessen – hat gezeigt, dass derartige Massenveranstaltungen<br />

nicht zum gewünschten Ziel führen, da viele Schüler kein Interesse zeigen<br />

und schlecht vorbereitet sind. Die gezieltere Auswahl machte möglich, dass etli-<br />

67


Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />

che Schüler sich im Anschluss auf die angebotenen Ausbildungsplätze beworben<br />

haben. Der direkte Kontakt zu den Ausbildern und Auszubildenden vor Ort erleichterte<br />

die Kontaktaufnahme auf beiden Seiten. Auch zeigte sich, dass interessiertes<br />

Nachfragen bei den Ausbildern die Bereitschaft steigerte, es mit den Bewerbern „zu<br />

versuchen“. Dies ist neben einem Praktikum eine weitere Erfolg versprechende<br />

Maßnahme, die Schülern und Ausbildern die Gelegenheit zum näheren Kennen lernen<br />

gibt.<br />

Aus dieser Arbeit konnten viele wertvolle Hinweise für den Bewerbungsprozess und<br />

über die Anforderungen gewonnen werden – für Schüler und Pädagogen gleichermaßen.<br />

Hier einige Beispiele in Stichpunkten zum Auswahlmanagement in Unternehmen:<br />

- viele Bewerbungsfristen starten direkt nach den Sommerferien am Ende des<br />

9. Schuljahres – Fristen müssen in Erfahrung gebracht werden<br />

- auch viele Bewerbungen sind kein Garant für ausreichende Auswahl: etliche<br />

Plätze bleiben unbesetzt<br />

- Chancen haben nur Bewerbungen, die den Standards entsprechen und ein<br />

entsprechend formuliertes Anschreiben aufweisen (konkret auf das Unternehmen<br />

und die beruflichen Anforderungen ausgerichtet).<br />

Für die Pädagogen war sicherlich auch noch einmal wertvoll zu erfahren, dass viele<br />

Hinweise, die sie zwar auch selbst an die Schüler weitergeben (aber oft ungehört zu<br />

bleiben scheinen), nun durch die externen Forderungen an Relevanz gewinnen. Darüber<br />

hinaus haben die Schulen wertvolle Kontakte gewonnen, die auch zukünftig genutzt<br />

werden können.<br />

Die Erfahrungen mit diesen Veranstaltungen waren unterschiedlich, aber durchaus<br />

gewinnbringend. Vielen Hauptschülern fällt es schwer, sich in diesen Veranstaltungen<br />

zu artikulieren und die „richtigen Fragen“ zu stellen. Hier ist sicherlich die in der<br />

Arbeit mit dem Berufswahlpass entwickelte Fragemethodik hilfreich, die allerdings<br />

lange Übung voraussetzt. Da die Arbeit mit dem BWP in diesem Jahrgang nur sporadisch<br />

aufgegriffen werden konnte, greift diese Methode hier nur wenig, macht aber<br />

eine frühere angeleitete Übung sinnvoll.<br />

Erfreulich war, dass viele Schüler auch einen langen Anfahrtsweg in Kauf nahmen<br />

und selbstständig – ohne Lehrerbegleitung - das Ziel erreichten. Das machte auch<br />

auf die Ausbilder Eindruck.<br />

Der Erfolg rechtfertigt letztendlich den recht hohen organisatorischen Aufwand, insbesondere,<br />

wenn Schüler konkrete Ausbildungsangebote erhalten und darauf reagieren.<br />

Die Recherche im Internet oder das Lesen von Berufsbildern in Broschüren kann<br />

letztendlich die praktischen Einblicke nicht ersetzen. Dies gilt vor allem für Hauptschüler,<br />

die die konkrete Anschauung, z.B. in Betrieben vor Ort, im Gespräch mit<br />

Auszubildenden oder hautnah bei den Arbeitsprozessen, benötigen.<br />

68


Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />

Liste der vorgestellten Berufe:<br />

Übersicht: Beispielhafte Termine in Unternehmen und Schulen mit Unternehmensvertretern<br />

zur Vorstellung von Ausbildungsberufen, den Anforderungen<br />

und Bewerbungsmodalitäten<br />

Koordination und Realisation: Projekt ABBEO<br />

Termin<br />

September<br />

06.09.2006<br />

06.09.2006<br />

07.09.2006<br />

Termin<br />

Unternehmen<br />

Bildungszentrum des Bauhandwerks,<br />

Krefeld<br />

Referetnen: 1-2-3- Azubi-fit, Ausbildungsleiter<br />

und die jeweiligen Meister im<br />

Handwerk<br />

Auszubildende<br />

Bäckerei Bolten,<br />

Referenten: Ausbildungsleiter,<br />

Auszubildende, Fachkräfte<br />

Bildungszentrum des Handwerks<br />

Referenten: Ausbilder im Handwerk<br />

Unternehmen<br />

19.09.06 Eisenbahn + Häfen<br />

Referenten: Personalabteilung/Ausbildungsbetreuung<br />

21.09. 06<br />

Oktober<br />

Verband der Spediteure und Logistik,<br />

<strong>Düsseldorf</strong><br />

Referentin: AUsbildungsleiterin<br />

Rheinkraft International GmbH,<br />

Hamborn<br />

Referent:Abteilungsdirektor<br />

Ausbildungsberufe<br />

Verschiedene Ausbildungsberufe<br />

im Bauhandwerk<br />

(Dachdecker,<br />

Fliesenleger, Baugeräteführer,<br />

Beton- und Stahlbetonbauer,<br />

Estrichleger,<br />

Kanalbauer, Gleisbauer,<br />

Maurer, Rohrleitungsbauer<br />

Straßenbauer u.a.<br />

in überbetrieblicher Ausbildung<br />

Bäcker/-in<br />

Konditor/-in<br />

Fachverkäufer/-in<br />

2-jährige Ausbildungen:<br />

- Bauten- und Objektbeschichter<br />

- KFZ-Servicemechaniker<br />

- Tischler<br />

Ausbildungsberufe<br />

Eisenbahner im Betriebsdienst<br />

Berufe im Bereich Logistik:<br />

- Fachkraft für Lagerlogistik<br />

- Servicefahrer<br />

Speditionskaufmann/frau<br />

Ort /Zeit<br />

Bildungszentrum<br />

Krefeld<br />

9.30 – 13.00 Uhr<br />

Backstube, Duisburg<br />

8.00 – 10. 30 Uhr<br />

BZH<br />

13.00 – 15.00 Uhr<br />

Ort /Zeit<br />

GHS Emil-<br />

Rentmeister<br />

9.00 – 11.30 Uhr<br />

GHS Wiesbadener<br />

Straße<br />

11.30 13.00 Uhr<br />

69


18.10.06<br />

20.10.06<br />

November<br />

15.11.06 IKEA<br />

Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />

Evangelisches Christophoruswerk<br />

e.V.<br />

Referenten: Ausbildungsleiterin<br />

und Auszubildende<br />

DK Recycling und Roheisen<br />

GmbH<br />

Referenten:Personaldirektor<br />

Ausbildungsleiter, Facharbeiter<br />

Referenten: Ausbildung, Personalentwicklung)<br />

Februar Gala – Garten- und Landschaftsverband<br />

NRW<br />

Referentin: Öffentlichkeitsarbeit<br />

Altenpflegehelfer/-in<br />

1-jährige Ausbildung<br />

Industriemechaniker im<br />

Betriebsdienst<br />

Elektroniker<br />

Bürokauffrau<br />

Fachkraft für Lagerlogistik<br />

Kauffrau/-mann im Einzelhandel<br />

-Angebot: Bewerbungstraining<br />

Christophoruswerk<br />

9.30 – 12.00 Uhr<br />

DK Recycling<br />

12.00 bis 15.00 Uhr<br />

Duisburg<br />

10.00 – 13.00 Uhr<br />

Landschafts-gärtner Duisburg-Hamborn<br />

2.2. Unterstützung bei der Akquise von Praktika und Ausbildungsplätzen<br />

Die von der Initiative bevorzugte Vorgehensweise, praktische betriebliche Erfahrung<br />

durch zusätzliche Praktika zu ermöglichen, erforderte einen großen logistischen Aufwand<br />

und wurde durch ABBEO unterstützt, wo es an konkreten Angeboten mangelte<br />

oder zusätzliche Angebote nachgefragt wurden. Insgesamt wurden 41 Praktikumsplätze<br />

über das Projekt ABBEO angeboten. Teils waren Angebote dabei, die<br />

bisher nicht im Fokus der Schüler standen, z.B. in der Briefzustellung oder im Pflegebereich.<br />

Viele Anfragen kamen außerdem zu den handwerklichen Berufen, die in<br />

Zusammenarbeit mit der Kreishandwerkerschaft befriedigt werden konnten. Wichtig<br />

ist in diesem Zusammenhang, dass sämtliche angefragten Unternehmen sofort bereit<br />

waren, Plätze zur Verfügung zu stellen – auch wenn vorige Erfahrungen mit Praktikanten<br />

nicht immer glücklich waren.<br />

Durch die Vielzahl der Unternehmenskontakte konnten auch etliche Ausbildungsplätze<br />

(über 35) direkt oder indirekt angeboten werden. Leider muss festgestellt werden,<br />

dass die Schüler selten diese Chance nutzten. Einigen Schülern gelang es in Auswahlverfahren<br />

zu kommen oder sogar einen Ausbildungsplatz. Zu erhalten.<br />

2.3. Portfolio an Maßnahmen zur Berufsorientierung<br />

Wie oben beschrieben wurden im Laufe des ABBEO Projektes zahlreiche bedarfsgerechte<br />

Angebote entwickelt oder aufgegriffen, um SchülerInnen die Gelegenheit zu<br />

geben, sich noch zielgenauer zu orientieren. Dies waren z.B. Impuls-Workshops zur<br />

Lebens- und Berufsorientierung, Benimmkurse zum Kontakt mit Unternehmen oder<br />

Telefontrainings. Mit der Handwerkerschaft wurden Kompetenzchecks und Berufeparcours<br />

entwickelt und durchgeführt, damit Schüler sich auch einmal praktisch erproben<br />

und ihre Chancen im Handwerk entdecken können. Allerdings zeigten sich<br />

auch hier deutlich die Defizite, wenn berufliche Anforderung und beispielsweise man-<br />

70


Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />

gelnde Mathematikkenntnisse Wunsch und Wirklichkeit aufzeigten. Vielen Schülern<br />

fehlte hier eine realistische Einschätzung von eigenen Kenntnissen und Fähigkeiten,<br />

gerade dies aber wird in den Bewerbungsgesprächen den Schülern abverlangt und<br />

ist unabdingbar für eine berufliche Entscheidung.<br />

Diese Angebote wurden nicht flächendeckend, sondern nach jeweiligem Bedarf abgefragt.<br />

Nicht jede Schule wollte oder konnte – beispielsweise aus zeitlichen Gründen<br />

– darauf zurückgreifen. Daher sind die Erfahrungen damit unterschiedlich. Sofern<br />

es möglich war, hat die Verfasserin an diesen Trainings partiell teilgenommen<br />

um sich einen Eindruck zu verschaffen und Angebote mit weiterzuentwickeln. Ein<br />

konkreter Erfahrungsbericht eines Referenten, Herrn Hanschmidt (Workshop zur Berufs-<br />

und Lebensorientierung) wird zur Veranstaltung am 31.05.2007 vorgelegt. Die<br />

Angebote zu Fortbildungen für Lehrer wurden ebenfalls bedarfsgerecht in Anspruch<br />

genommen. Trotz der restriktiven Politik und dem erhöhten Arbeitsaufwand war die<br />

Resonanz auf die Veranstaltungen sehr hoch. Erfreulich ist beispielsweise auch festzustellen,<br />

dass die Nachfrage nach einem Lehrerbetriebspraktikum nach einem entsprechenden<br />

Workshopangebot gerade aus diesen Hauptschulen kommt.<br />

3. Erfahrungen und Resultate<br />

3.1 Erfahrungen mit Unternehmen in der Region<br />

Ausgangspunkt der Initiative war die Aussage des RP Büssow, die Wirtschaft engagiere<br />

sich zu wenig im Kontext Ausbildung und biete Hauptschülern keine Chancen.<br />

Die Erfahrungen im Projekt zeigen, dass es durchaus reelle Chancen gibt, die vielfach<br />

wenig genutzt werden oder unbekannt sind. Die allgemeine Ausbildungsplatzsituation<br />

konnte durch die Initiative nicht beeinflusst werden.<br />

Die Bewerbungssituation auf dem gegenwärtigen Ausbildungsmarkt ist für Abgänger<br />

aller Schulformen, die sich um einen Ausbildungsplatz bemühen, denkbar schwierig.<br />

Einerseits fehlen – trotz erheblicher Anstrengungen – immer noch viele Ausbildungsplätze,<br />

andererseits bleiben zum Teil etliche Ausbildungsplätze unbesetzt.<br />

Die folgende Zusammenfassung der Ursachen kann nur exemplarisch erfolgen, da<br />

hier keine<br />

umfassende Befragung mit den Unternehmen durchgeführt wurden. Im Rahmen von<br />

ABBEO wurden insgesamt ca. 100 Unternehmen akquiriert. Durchweg signalisierten<br />

die Gesprächspartner ihre Bereitschaft, mit Schulen zusammen zu arbeiten (gemeint<br />

sind hier alle ABBEO Schulen). Sofern das Gespräch im Unternehmen stattfand,<br />

wurden diese Gespräche auch protokolliert Die Ergebnisse können für das Projekt<br />

allerdings durchaus repräsentativ sein, da sich viele Aussagen wiederholen.<br />

3.2. Wesentliche genannte Ursachen für die mangelnde Ausbildungsreife<br />

bzw. Berufsorientierung von Hauptschülern<br />

Hier noch einmal zusammengefasst die teils schon beschriebenen Ursachen für die<br />

Ablehnung von Bewerbern:<br />

• geringe Kenntnisse über den angestrebten Ausbildungsberuf – keine konkrete<br />

Vorstellung über die Tätigkeiten und Anforderungen<br />

• geringe Kenntnisse über den Ausbildungsbetrieb und die jeweilige Branche<br />

71


Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />

• Eindruck von fehlender Motivation und Leistungsbereitschaft<br />

• wenig Selbstreflexion zu den eigenen Fähigkeiten und Kenntnissen<br />

• stark eingeschränkte kommunikative Fähigkeiten<br />

• mangelnde Kenntnisse in den Kernfächern Deutsch und Mathematik<br />

Diese Feedbacks decken sich größtenteils mit den Beobachtungen der Lehrer und<br />

der Berater der Arbeitsagentur – siehe auch Ergebnisse des Testverfahrens. Es<br />

bleibt zu hoffen, dass durch die vereinten Anstrengungen ein Teil der o.g. Faktoren<br />

ausgeschlossen werden kann.<br />

3.3. Zur Bereitschaft, Hauptschüler in Unternehmen einzustellen<br />

Im Rahmen der Projektarbeit wurden zunächst Branchen und Unternehmen in der<br />

Region identifiziert, die HauptschülerInnen einstellen (würden). Das Ergebnis ist<br />

durchaus positiv: Es gibt nach wie vor etliche Betriebe, die bereit sind, Hauptschüler<br />

einzustellen, bzw. aussagen, dass hier ihre Zielklientel ist. Solide Beherrschung von<br />

Kernkompetenzen in Mathematik und handwerkliches Geschick stehen hier im Vordergrund.<br />

Wunsch und Wirklichkeit klaffen hier manchmal etwas auseinander, da die<br />

Hauptschüler oft nicht mehr die Anforderungen erfüllen, die diese Gruppe möglicherweise<br />

vor ca. 15-20 Jahren kennzeichnete. So haben sich beispielsweise etliche<br />

Ausbilder selbst nach einem einfachen Bildungsabschluss nach oben gearbeitet. Der<br />

Ruf nach den „guten Hauptschülern“ ist da, doch diese werden meist in höhere Bildungsabschlüsse<br />

weiterempfohlen, so dass diese klassische Zielklientel sich zu diesem<br />

Zeitpunkt kaum ansprechen lässt auf eine „Karriere mit Lehre“. In diesem Zusammenhang<br />

wäre es einmal wichtig zu erfahren, ob diese Bildungswege auch zum<br />

gewünschten Erfolg führen.<br />

Zum anderen spielt sicherlich auch eine Rolle, dass die Verschiebung der Adoleszenz<br />

dazu führt, dass sich viele Jugendliche den Anforderungen in der Berufswelt –<br />

noch nicht - gewachsen fühlen und eine konkrete berufliche Entscheidung vor sich<br />

herschieben.<br />

Die Idee, das regionale Arbeitsumfeld beispielsweise gezielt mit den Schülern zu erforschen,<br />

ist bei der Hauptschule Beim Knevelshof geübte Praxis und galt auch für<br />

die anderen Schulen als nachahmungswertes Beispiel. Hier zeigte sich – wie auch in<br />

vielen anderen Bereichen, dass ein intensiver Austausch für alle Beteiligten immer<br />

wieder fruchtbar ist.<br />

3.4. Anforderungen an Hauptschüler im Bewerbungsprozess heute<br />

Ein Ziel des Projekts war, Schulen die Anforderungen und Kriterien in der Bewerberauswahl<br />

in Unternehmen näher zu bringen. Dies geschah vor allem durch die Vermittlung<br />

zahlreicher Kontakte zwischen Personalverantwortlichen zu Schülern und<br />

Lehrern. Ausbilder kamen beispielsweise in die Schulen und stellten Berufsbilder vor<br />

und erläuterten die Bewerbungsmodalitäten. Umgekehrt kamen Schüler in Betriebe<br />

und konnten sich vor Ort ein Bild machen. Lehrer äußerten sich positiv über den Effekt,<br />

dass einmal „Außenstehende“ den Schülern Botschaften weitergaben, die von<br />

Seiten der Lehrer und auch Eltern nicht immer ernst genommen werden. Bewerbungstrainings<br />

wurden gezielt angeboten. Aber auch für viele Pädagogen gab es<br />

72


Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />

viele neue Aspekte, die sich nur in so einem engen Kontakt zu den Ausbilder ergeben<br />

können und in der Offenheit des gegenseitigen Austausches.<br />

Die veränderten Anforderungen in der Arbeitswelt hin zur Dienstleistungsgesellschaft<br />

machen natürlich auch nicht Halt bei den so genannten „einfachen Berufen“. Insofern<br />

sind die Anforderungen insbesondere im Hinblick auf kommunikative Fähigkeiten und<br />

ein großes Maß an Selbstständigkeit gefragt.<br />

Beispielhaft mag das hier am Bewerbungsmanagement der Schüler dargestellt werden.<br />

Über eine saubere, gut strukturierte Bewerbungsunterlage hinaus verlangen<br />

Personaler heutzutage vor allem ein gut formuliertes Anschreiben, in dem die Motivation,<br />

gerade diesen Beruf ausüben zu wollen, zum Ausdruck kommt und das zeigt,<br />

dass sich der Bewerber aktiv mit dem Unternehmen befasst hat. Dies stellt insbesondere<br />

Hauptschüler auf eine große Probe und setzt voraus, dass sich die Schüler<br />

sehr aktiv mit ihrer Berufswahl auseinandersetzen. Häufig werden hier, um das Procedere<br />

zu vereinfachen, Textbausteine entwickelt, die sich dann aber in etlichen Bewerbungen<br />

wieder finden, die im selben Unternehmen aufschlagen. Auch fehlt es<br />

häufig an der nötigen Sorgfalt, gezielt nach namentlich zu nennenden Ansprechpartnern<br />

oder nach der korrekten Berufszeichnung zu suchen.<br />

3.5. Handlungsfelder Schule und Unternehmen<br />

Die Erfahrungen mit diesem Jahrgang im Projekt zeigen, dass der vertiefte Berufsorientierungsprozess<br />

tatsächlich spätestens im 8. Jahrgang beginnen muss, um<br />

Schüler und Schülerinnen beruflich zu orientieren. Schüler wissen viel zu wenig über<br />

ihre möglichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die enge Zusammenarbeit mit der<br />

Wirtschaft ist dringend erforderlich, um Voraussetzungen und Eckdaten zu kennen.<br />

Häufige Fehler, die vermieden werden könnten:<br />

• Schüler setzten sich immer noch zu wenig mit künftigen Arbeitsfeldern und den<br />

Betrieben, in denen sie sich bewerben, auseinander<br />

• Schüler bewerben sich zu spät oder gar nicht<br />

• Problematik Berufskolleg: Nach den Anmeldefristen geht es für die Schüler „irgendwie“<br />

weiter<br />

• Fehlende Motivation (zu wenige Bewerbungen, kein Interesse an unbekannten<br />

Berufsfeldern, mangelnde Eigeninitiative)<br />

Eine bessere Kenntnis der beruflichen Anforderungen und Bewerbungsmodalitäten<br />

bei Schülern und Lehrern kann helfen, den Bewerbungsprozess besser zu koordinieren.<br />

Tatsache ist, dass Schule nicht leisten kann, was zum Teil erforderlich wäre, um<br />

Schüler „in Bewegung“ zu setzen. Ein überraschendes Ergebnis ist sicherlich, dass<br />

Schüler konkrete Ausbildungsangebote oft ausschlagen bzw. nicht zeitnah darauf<br />

reagieren.<br />

Hier ist Ursachenforschung weiterhin wichtig. Möglicherweise kann auch das Konzept<br />

der „Ausbildungspatenschaften“, das zu Beginn der Maßnahme diskutiert wurde,<br />

helfen, die Arbeit der Lehrer zu unterstützen. Ausbildungspaten begleiten SchülerInnen<br />

kontinuierlich in ihrem Bewerbungsprozess und sorgen dafür, dass Bewerbungen<br />

geschrieben und abgegeben werden und dass die Kandidaten auch tatsächlich<br />

und vorbereitet zum Bewerbungsgespräch erscheinen.<br />

73


Helga Kleinkorres: ABBEO im Kontext des Projektes<br />

Im Verlauf des Projektes hat sich herausgestellt, dass die nachfolgenden Jahrgänge<br />

von den Erfahrungen der Kollegen durchaus profitieren. Beispiel: Die GHS Heinrich-<br />

Böll und GHS Beim Knevelshof nahmen das Angebot eines schulinternen ABBEO-<br />

Workshops Anfang Herbst 2006 an, um sich jahrgangsübergreifend über den Projektstatus<br />

auszutauschen. Hier waren der Jahrgang 8, der nun mit ABBEO startete,<br />

genauso dabei wie die Projektstarter der ersten Stunde (Jahrgang 9) und die Schüler<br />

der Büssow-Initiative (Jahrgang 10). Es war ein guter Anfang, alle Kollegen dieser<br />

Jahrgänge mit „ins Boot zu holen“ und von den Erfahrungen der Kollegen profitieren<br />

zu lassen.<br />

Die angesprochenen Unternehmen zeigten sich sofort bereit, im Rahmen des Schulprojektes<br />

mitzuwirken. Schwieriger ist es, die Unternehmen dann auch tatsächlich ins<br />

alltägliche Schulleben zu integrieren. Als Praktikumsgeber sind sie willkommen, als<br />

Unterrichtsbegleiter - Stichwort Praxislernen – schwer zu integrieren. Zu diesem<br />

Zeitpunkt im Projekt war eine andere Umsetzung allerdings nicht leistbar. Einige<br />

Schulen haben inzwischen engere Kooperationen mit Unternehmen beschlossen<br />

oder umgesetzt.<br />

Da viele Projekte und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen Praktika bei den Unternehmen<br />

abfragen, sind diese aktuell stark in Anspruch genommen. Viele Schülerpraktikanten<br />

haben auf diesem Markt weniger Chancen, die Qualität der Praktika darf<br />

darunter keinesfalls leiden. Der beschrittene Weg, mehr zweijährige Ausbildungsangebote<br />

zu schaffen, gibt auch Hauptschülern ohne FOR–Abschluss eine Chance,<br />

auch wenn diese noch viel zu wenig genutzt wird. Zu diesen Abschlüssen müssen<br />

verstärkt Informationen in Schulen und auch in Elternhäuser fließen um sie attraktiv<br />

zu machen.<br />

74


Rüdiger Bongers: Der Beitrag des Psychologischen Dienstes der Arbeitsagentur<br />

Zielgerichtete Testung<br />

Den am Projekt beteiligten Schulen war es wichtig, ihre Schüler „zielgerichtet“ auf<br />

betriebliche Ausbildungen vorzubereiten bzw. geeignete individuelle Fördermaßnahmen<br />

anzubieten. Um dies zu erreichen, war es von Bedeutung, den aktuellen Stand<br />

(bezogen auf schulabhängige Kenntnisse) ihrer Schüler in entsprechenden betrieblichen<br />

Auswahlverfahren zu erfahren. Leider war es dazu nicht möglich, auf die betrieblichen<br />

Testverfahren zurückzugreifen, sondern es mussten andere Möglichkeiten<br />

der objektiven Erfassung dieser Kenntnisse gewählt werden.<br />

Hier bot es sich an, den Psychologischen Dienst der Agentur für Arbeit zu nutzen,<br />

der unter anderem mit dem Berufswahltest (BWT) über eine Eignungsuntersuchungsserie<br />

verfügt, die den betrieblichen Testverfahren sehr ähnlich ist. Dieser Test<br />

beinhaltet Verfahren, die unter anderem „Räumliches Vorstellen“, „Rechnerisches<br />

Denken“, „Sprachbeherrschung“ und „Rechtschreibung“ erfassen.<br />

Bei dem Berufswahltest handelt es sich um ein Verfahren, das sich an Haupt- und<br />

Realschüler ab 14 Jahren wendet, die eine berufliche Ausbildung anstreben. Der Berufswahltest<br />

soll den Schülern bei der Beantwortung folgender Fragen helfen: 21<br />

- Bringe ich die Voraussetzungen für meine Wunschberufe mit?<br />

- Wie kann ich mehr über meine Fähigkeiten und beruflichen Interessen erfahren?<br />

- Welche Berufe/Berufsbereiche passen zu mir?<br />

- Soll ich eine weiterführende Schule besuchen?<br />

Bundesweit werden jährlich ca. 35.000 Untersuchungen mit diesem Berufswahltest<br />

durchgeführt, aber die tatsächliche Anzahl der Personen, die jährlich Tests aus dieser<br />

Batterie bearbeiten, ist noch wesentlich höher (über 100.000 Ratsuchende), denn<br />

die Verfahren des BWT sind auch Bestandteil von zahlreichen psychologischen Untersuchungen<br />

in den Arbeitsagenturen. Dabei liefert der Berufswahltest nicht nur<br />

schulbezogene Vergleichswerte, sondern auch berufsbezogene.<br />

In kurzfristigen Abständen werden regelmäßig Überprüfungen vorgenommen, ob die<br />

erhobenen Vergleichswerte noch gültig sind. Die zuletzt durchgeführte Untersuchung<br />

fand im Jahre 2004 statt. Daran wird deutlich, dass es sich bei diesem Testverfahren<br />

um ein wissenschaftlich abgesichertes Verfahren handelt, mit einer Datenbasis, die<br />

viele andere auf dem Markt verwendete Tests nicht vorweisen können. 22<br />

Frühere Ergebnisse des Berufswahltestes wurden beispielsweise für die Feststellung<br />

von Veränderungen in den kognitiven Leistungsvoraussetzungen der Schulabgänger<br />

hinzugezogen oder verwendet. 23 In diesem Artikel ist sicherlich die schon 1979 von<br />

Seiten der Ausbildungsbetriebe geäußerte Kritik interessant, dass die tatsächlichen<br />

Leistungen der Bewerber nicht den betrieblichen Anforderungen entsprechen.<br />

21 so der Flyer „Fit für den Sprung ins Berufsleben?“ der Bundesagentur für Arbeit<br />

22 Weiter gehende Informationen dazu enthält der Artikel von W. Engelbrecht, Computerunterstützte<br />

berufsbezogene Testauswertung im Dienst der Berufsberatung, Zeitschrift für Arbeits- u. Organisationspsychologie<br />

(1994) 38 (N.F.12) 4)<br />

23 siehe dazu den Berufsbildungsbericht 1999, „Leistungsvoraussetzungen von Schulabgängern und<br />

Schulabgängerinnen“; Quelle:<br />

http://berufsbildungsbericht.info/_htdocs/bbb1999/teil2/kap_3/teil2_3_2_6.htm<br />

75


Rüdiger Bongers: Der Beitrag des Psychologischen Dienstes der Arbeitsagentur<br />

Die Testdurchführung<br />

Zur Feststellung der Ausgangssituation an den Schulen des Projektes stützte sich<br />

der Psychologische Dienst der Agentur für Arbeit u. a. auf folgende Testverfahren<br />

aus dem BWT:<br />

Sprachbeherrschung, bestehend aus:<br />

- Sprachlogisches Denken<br />

- Sprachliche Abstraktionsfähigkeit<br />

Rechtschreibung<br />

Rechnerisches Denken, bestehend aus:<br />

- Textrechnen<br />

Grundrechnen<br />

Bruch-, Dezimal-, Prozentrechnen 24<br />

Um den Schülern eine Rückmeldung nicht nur über ihre Kenntnisse in den Bereichen<br />

Deutsch und Mathematik geben zu können, sondern ihnen eventuell auch Tipps und<br />

Hinweise für ihre weiteren beruflichen Zielplanungen mitteilen zu können, wurden<br />

zusätzliche Verfahren aus dem BWT zum räumlichen Vorstellungsvermögen und<br />

zum technischen Verständnis (wichtig für viele handwerklich-technische Berufe) mit<br />

einbezogen, Verfahren, die kein Schulwissen, sondern eher die Begabung für bestimmte<br />

Bereiche erfassen.<br />

Auch wurde der Faktor „Logisches Denken“ gesondert durch zwei Verfahren aus<br />

dem Leistungsprüfsystem von Horn 25 erfasst. Die Fähigkeit, logisch zu denken wird<br />

in zahlreichen Intelligenztheorien als Bestandteil menschlicher Intelligenz betrachtet<br />

und findet somit auch Eingang in entsprechenden Testverfahren zur Personalauswahl.<br />

Die Ergebnisse in den Bereichen Deutsch und Mathematik dieser ersten Untersuchung<br />

im Jahre 2005 bildeten für entsprechende Fördermaßnahmen die Grundlage.<br />

Dabei wurde für jeden Schüler ein Datenblatt mit seinen Leistungen in den einzelnen<br />

Aufgabengruppen erstellt, um individuell den Förderbedarf festzuhalten.<br />

Die Gesamtergebnisse dieser Untersuchungen im Jahre 2005 sind nachfolgend<br />

dargestellt. Untersucht wurden insgesamt 207 Schüler der 8. Klassen von 4 Hauptschulen.<br />

24 Die Beispielaufgaben zum mathematischen Teil sind im Anhang enthalten.<br />

In diesem Zusammenhang sei auch auf den Artikel von L. Schmitz-Atzert, B. Deter und S. Jaeckel,<br />

Prädiktion von Ausbildungserfolg: Allgemeine Intelligenz (g) oder spezifische kognitive Fähigkeiten?,<br />

(Zeitschrift für Personalpsychologie, 3 (4), 147-158, Hogrefe Verlag, Göttingen 2004) verwiesen.<br />

25 Wolfgang Horn: Leistungsprüfsystem, Göttingen 1983, Hogrefe<br />

76


Rüdiger Bongers: Der Beitrag des Psychologischen Dienstes der Arbeitsagentur<br />

(n=207)<br />

Logisches Denken<br />

Sprachbeherrschung<br />

Rechtschreibung<br />

Rechnerisches Denken<br />

Räumliches Vorstellen<br />

Technisches Verständnis <br />

unterdurchschnittliche<br />

Leistungen<br />

28,1 % (58)<br />

63,8 % (132)<br />

57 % (118)<br />

60,9 % (126)<br />

48,3 % (100)<br />

49,2 % (102)<br />

durchschnittliche<br />

Leistungen<br />

59,9 % (124)<br />

33,8 % (70)<br />

37,7 % (78)<br />

37,7 % (78)<br />

47,8 % (99)<br />

44,9 % (93)<br />

überdurchschnittliche<br />

Leistungen<br />

11 % (25)<br />

2,4 % (5)<br />

5,3 % (11)<br />

1,5 % (3)<br />

3,9 % (8)<br />

5,8 % (12)<br />

Die Ergebnisse zeigen sehr anschaulich, dass über 70 % der Schüler über zumindest<br />

ausreichende und bessere Fähigkeiten im schlussfolgernden sprachfreien Denken<br />

verfügen, eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt lernen zu können. Im Bereich<br />

der Kulturtechniken dagegen verfügt über die Hälfte der Schülerinnen und Schüler<br />

nicht über eine ausreichende Sprachbeherrschung. Ebenso unzureichend sind die<br />

Rechtschreibkenntnisse und die Leistungen in der Aufgabengruppe „Rechnerisches<br />

Denken“. In den schulunabhängigen Aufgabengruppen „Räumliches Vorstellen“ und<br />

„Technisches Verständnis“, Aufgaben, die eher die Begabung erfassen, also kein<br />

Schulwissen, gibt es eine Gleichverteilung, was unterdurchschnittliche und durchschnittliche<br />

(und bessere) Leistungen betrifft.<br />

Rechenart<br />

(n=207)<br />

Addition<br />

Subtraktion<br />

Multiplikation<br />

Division<br />

Bruchrechnen<br />

Dezimalrechnen<br />

Prozentrechnen<br />

beherrscht<br />

93,2 % (193)<br />

71,0 % (147)<br />

73,4 % (152)<br />

45,9 % (95)<br />

9,7 % (20)<br />

15,0 % (31)<br />

6,8 % (14)<br />

nicht beherrscht<br />

6,8 % (14)<br />

29,0 % (60)<br />

26,6 % (55)<br />

54,1 % (112)<br />

90,3 % (187)<br />

85,0 % (176)<br />

93,2 % (193)<br />

77


Rüdiger Bongers: Der Beitrag des Psychologischen Dienstes der Arbeitsagentur<br />

Von den vier Grundrechenarten beherrschen die Schülerinnen und Schüler das Addieren<br />

am besten. Jede vierte Schülerin bzw. Schüler kann dagegen von fünf einfachen<br />

Subtraktionsaufgaben keine vier Aufgaben richtig lösen. Dies gilt auch für das<br />

Multiplizieren. Noch größere Probleme zeigen sich beim Dividieren. Hier gelingt es<br />

noch nicht einmal jeder zweiten Schülerin/jedem zweiten Schüler, vier von fünf einfachen<br />

Divisionsaufgaben erfolgreich zu bearbeiten.<br />

Unzureichende Kenntnisse sind außerdem im Bruch-, Dezimal- und Prozentrechnen<br />

festzustellen. Von zehn Schülern gelingt es einem beispielsweise im Bruchrechnen,<br />

von vier Aufgaben drei richtig zu lösen. Das Dezimalrechnen gelingt etwas besser<br />

(15 % beherrschen es), jedoch nur 14 Schüler von 207 (nur 6,8 %) „beherrschen“<br />

das Prozentrechnen.<br />

Ergebnisse der Leistungstests an den vier Duisburger Hauptschulen im Sommer<br />

2005 und Frühjahr 2007 im Vergleich<br />

Um abzuklären, inwieweit die Förder- bzw. Unterstützungsmaßnahmen an den vier<br />

Schulen gegriffen haben, wurde im März 2007 eine erneute Testung durchgeführt.<br />

Es wurde sich aber jetzt darauf beschränkt, ausschließlich die geförderten Bereiche<br />

abzufragen. Es wurden also ausschließlich Verfahren zur Überprüfung der sprachlichen<br />

und mathematischen Leistungen eingesetzt, um in einem direkten Vergleich<br />

zum Test im Jahr 2005 Veränderungen abzulesen. An dieser Vergleichsuntersuchung<br />

nahmen insgesamt 135 der vorherigen 207 Schüler teil, und die Ergebnisse<br />

dieser 135 Schüler bilden die Grundlage für den Vergleich.<br />

(n=135)<br />

Sprachbeherrschung<br />

Rechtschreibung<br />

Rechnerisches Denken<br />

unterdurchschnittliche<br />

Leistungen<br />

2005<br />

61,5%<br />

(83)<br />

59,3%<br />

(80)<br />

58,5%<br />

(79)<br />

2007<br />

38,5%<br />

(52)<br />

37,0%<br />

(50)<br />

48,9%<br />

(66)<br />

durchschnittliche<br />

Leistungen<br />

2005<br />

37,0%<br />

(50)<br />

34,1%<br />

(46)<br />

40,0%<br />

(54)<br />

2007<br />

43,7%<br />

(59)<br />

51,1%<br />

(69)<br />

42,3%<br />

(57)<br />

überdurchschnittliche<br />

Leistungen<br />

2005<br />

1,5%<br />

(2)<br />

6,7%<br />

(9)<br />

1,5%<br />

(2)<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass es den Schülern im Vergleich zur ersten Testung gelungen<br />

ist, sich hoch signifikant zu verbessern. Während 2005 61,5 % der Schüler<br />

keine ausreichende Sprachbeherrschung aufweisen konnten, sind es im Jahr 2007<br />

nur noch 38,5%. Auch in der Rechtschreibung sind entsprechende Verbesserungen<br />

78<br />

2007<br />

17,8%<br />

(24)<br />

11,9%<br />

(16)<br />

8,9%<br />

(12)


Rüdiger Bongers: Der Beitrag des Psychologischen Dienstes der Arbeitsagentur<br />

festzustellen. Noch 2005 zeigten 80 Schüler (59,3%) keine ausreichenden Rechtschreibleistungen,<br />

im Jahr 2007 dagegen waren es „nur“ noch 50 (37%). 79 Schüler<br />

(58,5%) hatten 2005 im rechnerischen Denken größere Schwierigkeiten. Im Jahr<br />

2007 waren/sind es „nur“ noch 66 Schüler (48,9%). Die statistische Überprüfung dieser<br />

Verbesserungen bestätigt in den genannten Vergleichsgruppen hoch signifikante<br />

Unterschiede auf einem Signifikanzniveau von 5% (bei zweiseitiger Fragestellung).<br />

Inwieweit diese Unterschiede (Verbesserungen) nun auch tatsächlich (unter streng<br />

wissenschaftlichen Gesichtspunkten) in erster Linie auf die Fördermaßnahmen zurückzuführen<br />

sind, kann jedoch leider aus psychologischer Sicht nicht eindeutig beantwortet<br />

werden. Es fehlen zum Vergleich Testergebnisse von einer Gruppe von<br />

Schülern, die keine Fördermaßnahmen erhalten haben.<br />

Rechenart<br />

(n=135)<br />

Addition<br />

Subtraktion<br />

Multiplikation<br />

Division<br />

Bruchrechnen<br />

Dezimalrechnen<br />

Prozentrechnen<br />

2005<br />

94,1% (127)<br />

74,8% (101)<br />

74,1% (100)<br />

50,4% (68)<br />

11,1% (15)<br />

15,6% (21)<br />

6,7% (9)<br />

beherrscht<br />

2007<br />

95,6% (129)<br />

80,7% (109)<br />

71,1% (96)<br />

51,9% (70)<br />

14,8% (20)<br />

29,6 (40)<br />

17,8% (24)<br />

nicht beherrscht<br />

2005<br />

5,9% (8)<br />

25,2% (34)<br />

25,9% (35)<br />

49,6% (67)<br />

88,9% (120)<br />

84,4% (114)<br />

93,3% (126)<br />

2007<br />

4,4% (6)<br />

19,3% (26)<br />

28,9% (39)<br />

48,1% (65)<br />

85,2% (115)<br />

70,4 (95)<br />

82,2% (111)<br />

Signifikant bessere Leistungen gelingen den Schülern ebenfalls im Bruch-, Dezimal-<br />

und Prozentrechnen. Im Bruch-, Dezimal- und Prozentrechnen sind teilweise erhebliche<br />

Steigerungen (z.T. über 10%) festzustellen, dennoch kommen über die Hälfte<br />

der Schüler mit diesen Rechenarten immer noch nicht ausreichend zurecht. Hier ist<br />

somit noch Handlungsbedarf, um die Schüler konkurrenzfähiger zu machen. Verbesserungen<br />

sind auch in der Bearbeitung der Subtraktionsaufgaben festzustellen, jedoch<br />

sind diese nicht signifikant.<br />

Besonders auffällig ist noch ein Ergebnis. Multiplikationsaufgaben wurden 2005 besser<br />

gelöst als in diesem Jahr. Die Unterschiede sind jedoch nicht signifikant, so dass<br />

es sich wohl eher um „zufällige“ Unterschiede handelt. Keine wesentlichen Unterschiede<br />

zeigen sich bei der Überprüfung der Leistungen beim Dividieren.<br />

79


Rüdiger Bongers: Der Beitrag des Psychologischen Dienstes der Arbeitsagentur<br />

Anhang<br />

Textrechnen (Rechnerisches Denken):<br />

Beispielaufgaben:<br />

Die Herstellung eines Kastens dauert ½ Stunde. Wieviel Kästen werden in 15 Stunden<br />

hergestellt?<br />

Walter verdient 13 € pro Stunde. Wieviel € verdient er in 7 Stunden?<br />

Grundrechnen:<br />

Eine Rechenart gilt als beherrscht, wenn von 5 Aufgaben mindestens 4 gelöst werden.<br />

Addition: 369 + 789<br />

Subtraktion: 1745 – 868<br />

Multiplikation: 24 x 38<br />

Division: 1680 : 48<br />

Bruch-, Dezimal- und Prozentrechnen<br />

Eine Rechenart gilt als beherrscht, wenn von 4 Aufgaben mindestens 3 gelöst werden.<br />

Bruchrechnen: 1/8 : 1/3<br />

Dezimalrechnen: 9 : 0,3<br />

Prozentrechnen: 4 ist ? % von 80<br />

80


Michael Vogel: Aktivitäten der HKM mit der Partnerschule „Beim Knevelshof“<br />

Kurzer Abriss der Aktivitäten der HKM mit der Partnerschule „Beim Knevelshof“,<br />

Duisburg<br />

Wir haben unsere Aktivitäten auf die Schulabgänger 2007 konzentriert. Frau Kroll, im<br />

Rahmen der Initiative tätige Lehrerin an der Schule „Beim Knevelshof“, hat zunächst<br />

die Anzahl der Schulabgänger insgesamt festgestellt. Dies waren 65.<br />

Anschließend hat sie analysiert, wer von den Schulabgängern an den bei HKM ausgebildeten<br />

Berufen im Metall- und Elektrobereich interessiert ist. Das waren zehn<br />

ernsthaft Interessierte. Diese zehn Schüler haben in enger Abstimmung mit mir als<br />

zuständigem Ausbildungsleiter der HKM das Erstellen von Bewerbungen in der<br />

Schule trainiert, zusätzlich gab es über einen längeren Zeitraum intensiven Unterricht,<br />

ebenfalls in der Schule, zu den möglichen Themen im Eignungstest.<br />

Alle zehn interessierten Schüler waren dann geschlossen beim Eignungstest bei<br />

HKM. Das Ergebnis war, dass vier von zehn bestanden haben, anschließend durch<br />

ein Assessmentcenter gelaufen sind und ab 13. August 2007 eine Ausbildungsstelle<br />

haben, vorbehaltlich des Ergebnisses der werksärztlichen Untersuchung bei HKM.<br />

Wir meinen, dass vier erfolgreiche (von zehn) Bewerbern ein toller Erfolg ist. Wir haben<br />

mit dieser Aktion einen kompletten Jahrgang, der sich vorher als interessiert gemeldet<br />

hat, erfasst und den Leistungsstand im Eignungstest chancengleich analysiert.<br />

Besonders erfreulich ist, dass von den vier Bestehern drei einen Migrationshintergrund<br />

haben.<br />

Die im Eignungstest ermittelten "Grenzgänger" werden von der Schule weiter betreut.<br />

Die Büssowinitiative war aus unserer Sicht ein guter Erfolg. Die vier Schüler hätten<br />

ohne die intensive Betreuung durch die Schule und die ebenso intensive Beratung<br />

durch HKM möglicherweise keine Ausbildungsstelle erhalten.<br />

81


Volker Grotensohn: Ausbildung von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss<br />

Ausgangslage<br />

Während die Anforderungen an eine duale Ausbildung in vielen Berufen kontinuierlich<br />

steigen, wächst die Zahl von Schulabgängern/-innen, die diesen Anforderungen<br />

nicht gerecht werden. So haben bei der ThyssenKrupp Steel AG am Standort Duisburg<br />

im Einstellungsjahr 2006 von 1328 getesteten Bewerbern für einen industrielltechnischen<br />

Beruf 60 % den Einstellungstest nicht bestanden. Bei den Bewerbern<br />

mit Hauptschulabschluss lag die Quote deutlich höher. Die Struktur der Bewerber<br />

nach Schulabschlüssen für die industriell-technischen Berufe zeigt nachfolgende<br />

Grafik:<br />

Bei den Bewerbern um einen kaufmännischen oder IT-Beruf fallen diejenigen mit einem<br />

Hauptschulabschluss nicht ins Gewicht (2 %).<br />

Insgesamt haben sich am Standort Duisburg 312 junge Menschen mit einem Hauptschulabschluss<br />

beworben, von denen 209, also 67 %, zum Einstellungstest eingeladen<br />

wurden. 182 (87 %) haben am Test teilgenommen; eingestellt wurden schließlich<br />

12 (7 %) junge Menschen mit Hauptschulabschluss. Zum Vergleich: für alle industriell-technischen<br />

Berufe lag die Quote der besetzten Ausbildungsplätze zu den Bewerbungen<br />

bei 1:16, also 6,25 %, wobei die Quoten in den einzelnen Berufen sehr<br />

unterschiedlich sind und zwischen 1 % (Chemielaboranten) und 20 % (Tischler) liegen.<br />

Das Verhältnis 1:16 zwischen den zu besetzenden Ausbildungsplätzen (143) und der<br />

Anzahl der Bewerber (2279) suggeriert, dass ThyssenKrupp Steel am Standort Duisburg,<br />

sozusagen „aus dem Vollen“ schöpfen und alle Ausbildungsplätze nur mit sehr<br />

guten Ausgewählten und Abiturienten besetzen könnte. Dieser Eindruck ist falsch !<br />

82


Volker Grotensohn: Ausbildung von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss<br />

Tatsache ist, das ThyssenKrupp Steel jedes Jahr bis zum letzten Tag vor Ausbildungsbeginn<br />

geeignete Bewerber sucht und in einzelnen Berufen auch Jugendliche<br />

einstellt, die den selbst gesetzten und allgemeinen Anforderungen (siehe unten) nicht<br />

entsprechen. Aus diesem Grund unterstützt ThyssenKrupp Steel auch die Büssow-<br />

Initiative, weil sich einerseits für den Hauptschüler aufgrund der vielfältigen Maßnahmen<br />

eine realistische Perspektive für den Arbeitsmarkt entwickeln kann und andererseits<br />

die prinzipiell vorhandenen Fähigkeiten und Kompetenzen dieser Personengruppe<br />

für die Ausbildung bei TKS von Nutzen sein können.<br />

1 Anforderungen der Wirtschaft an Bewerber<br />

Die Anforderungen der Wirtschaft an Lehrstellenbewerber sind im Faltblatt „Was<br />

erwartet die Wirtschaft von den Schulabgängern?“ der Industrie- und Handels-<br />

kammern in Nordrhein-Westfalen eingehend beschrieben. 26 Die wichtigsten Kri-<br />

terien für die Auswahl von Auszubildenden sind:<br />

Fachliche Kompetenzen<br />

1. Grundlegende Beherrschung der deutschen Sprache<br />

- klare Sprache, verständliche Formulierungen<br />

- Rechtschreibung und Grammatik<br />

2. Beherrschung einfacher Rechentechniken<br />

- Grundrechenarten<br />

- Dezimalzahlen und Brüche<br />

- Maßeinheiten<br />

- Dreisatz und Prozentrechnen<br />

- Berechnung von Fläche, Volumen und Masse<br />

- Grundlagen der Geometrie<br />

- Textaufgaben verstehen<br />

Soziale Kompetenzen<br />

1. Kooperationsbereitschaft – Teamfähigkeit<br />

2. Höflichkeit – Freundlichkeit<br />

3. Konfliktfähigkeit<br />

4. Toleranz<br />

26 vgl. den Hinweis im Beitrag Rehn auf S. 3, Fußnote 1<br />

83


Volker Grotensohn: Ausbildung von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss<br />

Persönliche Kompetenzen<br />

1. Zuverlässigkeit<br />

2. Lern- und Leistungsbereitschaft<br />

3. Ausdauer – Durchhaltevermögen – Belastbarkeit<br />

4. Sorgfalt – Gewissenhaftigkeit<br />

5. Fähigkeit zu Kritik und Selbstkritik<br />

Auffällig ist, dass die größten Defizite eindeutig im Bereich der Beherrschung einfacher<br />

Rechentechniken liegen.<br />

Die Aufstellung der 10 wichtigsten Eigenschaften bei Auszubildenden sieht so aus.<br />

Merkmale von Ausbildungsreife („Top Ten“)<br />

Einschätzungen der Fachleute Einschätzungen der Auszubilden-<br />

1. Zuverlässigkeit 1. Zuverlässigkeit<br />

den<br />

2. Bereitschaft zu lernen 2. Bereitschaft zu lernen<br />

3. Bereitschaft, Leistung zu zeigen 3. Bereitschaft, Leistung zu zeigen<br />

4. Verantwortungsbewusstsein 4. Höflichkeit<br />

5. Konzentrationsfähigkeit 5. Verantwortungsbewusstsein<br />

6. Durchhaltevermögen 6. Konzentrationsfähigkeit<br />

7. Beherrschung der Grundrechenarten 7. Durchhaltevermögen<br />

8. Einfaches Kopfrechnen 8. Beherrschung der Grundrechenarten<br />

9. Sorgfalt 9. Sorgfalt<br />

10. Rücksichtnahme 10. Selbstständigkeit<br />

2 Wahrnehmung von Hauptschüler/-innen<br />

Die Hauptschüler/-innen, die sich bei TKS bewerben, ein Praktikum absolvieren oder<br />

am Tag der offenen Tür erscheinen, fallen auf:<br />

- Sie haben oftmals schlechte Deutschkenntnisse.<br />

- Ihr Sozialverhalten entspricht häufig nicht den Vorstellungen; sie verhalten<br />

sich unangepasst und wirken uninteressiert.<br />

- Die Bewerbungsunterlagen haben vielfach Formfehler und Rechtschreib-<br />

mängel.<br />

84


Volker Grotensohn: Ausbildung von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss<br />

- Im persönlichen Gespräch sind sie häufig unbeholfen, wenig mitteilsam und<br />

uninformiert.<br />

Trotzdem entsteht oft der Eindruck, dass in dieser Personengruppe ein Potential vorhanden<br />

ist, das weitaus größer ist, als die äußeren Erscheinungsformen erkennen<br />

lassen.<br />

3 Ausbildungserfolg und Schulabschlüsse<br />

Im Rahmen einer Diplomarbeit wurde der Auswahlprozess für Auszubildende bei<br />

ThyssenKrupp Steel evaluiert. Dafür ist ein Teil der umfänglichen Daten (TKS stellt<br />

seit Jahren ca. 320 Auszubildende pro Jahr ein und erhält pro Jahr ca. 6500 Bewerbungen)<br />

des Einstellungsprozesses bei ThyssenKrupp Steel analysiert und bewertet<br />

worden. Die abschließende Auswertung ergab u.a.:<br />

- Der Anteil der Hauptschüler an den Ausgebildeten lag im industriell-<br />

technischen Bereich bei ca. 5 %, im kaufmännischen Bereich bei ca. 0 %.<br />

- Die Anzahl der geeigneten Bewerber (nach Einstellungstest) im Verhältnis<br />

zur Gesamtzahl der Bewerber ist in den einzelnen Berufen sehr unterschied-<br />

lich.<br />

- In einem Beruf gibt es weniger geeignete Bewerber als Ausbildungsplätze,<br />

obwohl sich elfmal mehr Schulabgänger beworben haben, als Plätze vor-<br />

handen waren.<br />

- Auszubildende mit höheren Schulabschlüssen zeigen bessere Leistungen in<br />

der Abschlussprüfung.<br />

- Auszubildende mit höheren Schulabschlüssen zeigen keine besseren Leis-<br />

tungen im praktischen betrieblichen Einsatz.<br />

Zusammenfassung der Evaluation des Auswahlprozesses für die industrielltechnischen<br />

Berufe<br />

Trotz der vielen Bewerbungen und der hohen Bewerberquote gibt es für einzelne<br />

Berufe nicht ausreichend geeignete Bewerber. Auszubildende mit Hauptschulabschluss<br />

haben geringere Chancen eingestellt zur werden, erreichen niedrigere<br />

Durchschnittswerte in der Abschlussprüfung, werden aber im praktischen Einsatz in<br />

den Betrieben und Abteilungen nicht schlechter bewertet als Auszubildende mit höherem<br />

Schulabschluss.<br />

Da für den beruflichen Erfolg die Beurteilung durch die Fachkräfte und Vorgesetzten<br />

innerhalb eines Unternehmens bedeutsamer ist als die Abschlussnote, sind die Ausgebildeten<br />

mit Hauptschulabschluss insgesamt nicht schlechter zu bewerten als andere.<br />

85


Volker Grotensohn: Ausbildung von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss<br />

4 Bedeutung des „Kennens“ von Hauptschülern bei der Bewerberauswahl<br />

Aus den zuvor beschriebenen vielschichtigen Erfahrungen hinsichtlich der Beteiligung<br />

und des geringen Erfolges von Bewerbern mit Hauptschulabschluss innerhalb<br />

des regulären Auswahlverfahrens bei der ThyssenKrupp Steel AG, muss, damit<br />

Hauptschüler gleichberechtigte Chancen haben, das Bewerbungsverfahren um eine<br />

auf die Bedürfnisse der Hauptschüler ausgerichtete Komponente erweitert werden.<br />

ThyssenKrupp Steel hat im Rahmen des Projektes „Stärkung der Ausbildungsreife<br />

und Berufswahlorientierung von Duisburger Hauptschülern“ positive Erfahrungen mit<br />

Hauptschülern gemacht, die über einen längeren Zeitraum jeweils einen Tag in der<br />

Woche ein Praktikum absolvierten. Die Schüler wurden mit unterschiedlichen handwerklichen<br />

Aufgaben betraut. Bei der Abwicklung konnten die oben beschriebenen,<br />

notwendigen Kompetenzen beobachtet und erkannt werden. Auch wenn die Teilnehmer<br />

an diesem Praktikum den Einstellungstest nicht bestanden, konnte ihnen die<br />

„Ausbildungsreife“ attestiert werden. Die festgestellten Defizite im Test resultieren<br />

m. E. aus der kurzen Verweildauer (ca. drei Jahre) in der BRD und können in der<br />

Ausbildung ausgeglichen werden.<br />

Ohne den Aspekt „Kennen“ hätten die im Rahmen des Projektes “Stärkung der Ausbildungsreife<br />

und Berufswahlorientierung von Duisburger Hauptschülern“ besonders<br />

geschulten Hauptschüler wohl keine Chance auf einen Ausbildungsplatz bei ThyssenKrupp<br />

Steel gehabt.<br />

In die Richtung „Kennen“ geht auch eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme,<br />

die TKS in Kooperation mit der katholischen Jugendberufshilfe „Duisburger Werkkiste“<br />

und der Agentur für Arbeit Duisburg seit Jahren durchführt.<br />

Die Beurteilung der Teilnehmer hinsichtlich der Kenntnisse, Fertigkeiten und Schlüsselqualifikationen<br />

erfolgt durch regelmäßige gemeinsame Treffen der Ausbilder und<br />

Lehrer der beiden Lernorte. Dadurch wird eine differenzierte Einschätzung der Stärken<br />

und Schwächen jedes Teilnehmers gewährleistet, denn häufig stehen guten<br />

praktischen Fähigkeiten desolate schulische Leistungen gegenüber.<br />

Der über neun Monate laufende Lehrgang ermöglicht es, Ausbildern und Lehrern<br />

Tendenzen und Entwicklungen der Teilnehmer genauer zu erfassen, so dass eine<br />

Entscheidung hinsichtlich einer Übernahme in ein Ausbildungsverhältnis leichter zu<br />

treffen ist.<br />

In den vergangenen Jahren konnten auf diese Weise jeweils 13 bis 14 Jugendliche<br />

eine Ausbildung bei ThyssenKrupp Steel beginnen.<br />

86


Elisabeth Schulte, UnternehmerverbandsGruppe e.V.:<br />

Bewerber-Chancen aus Unternehmer-Sicht und Konsequenzen<br />

Bewerber-Chancen aus Unternehmer-Sicht und Konsequenzen<br />

Immer wieder ist zu hören: „Hauptschüler haben sowieso keine Chance am Ausbildungsmarkt“.<br />

Dieses Urteil ist nicht nur falsch, sondern auch verheerend in seiner<br />

Wirkung vor allem auf die SchülerInnen. Bekommen diese nämlich das nur allzu oft<br />

gesagt, so glauben sie daran, und es passiert das Schlimmste, was passieren kann:<br />

Sie geben sich selbst auf, bemühen sich nicht um Lernerfolg in der Schule und bewerben<br />

sich erst gar nicht. Somit haben sie tatsächlich keine Chance.<br />

Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen. Die Büssow-Initiative zeigt, dass es mit<br />

vereinten Kräften geht, jedenfalls ein Stück weit. Es lassen sich keine Wunder vollbringen,<br />

aber jeder einzelne, der eine Perspektive erhält – sei es in der Ausbildung,<br />

in einer konkreten Zusage auf Ausbildung in einem Jahr, sei es durch eine Arbeitsstelle<br />

oder durch bessere Kenntnis und gestärkte Persönlichkeit, mit der er oder sie<br />

die weitere Schullaufbahn einschlägt –, zeigt, dass sich das Engagement lohnt.<br />

Gespräche mit Ausbildern oder Personalleitern machen deutlich, was auch die Erfahrungen<br />

aus der Büssow-Initiative bestätigen: Unternehmen lehnen nicht Bewerber<br />

ab, nur weil sie aus der Hauptschule kommen. Es lohnt, tiefer nach den Wurzeln<br />

zu forschen, warum so wenige Hauptschulabsolventen in Ausbildung gelangen, um<br />

gezielt ansetzen zu können, die Chancen zu verbessern.<br />

„Die Wirtschaft“ einheitlich gibt es sowieso nicht. Insofern gilt es, bereits hier zu differenzieren:<br />

Es gibt Unternehmen, die gerne Hauptschüler nehmen. Gymnasiasten<br />

sind für sie überqualifiziert und springen später ins Studium ab – dann lohnt sich der<br />

Aufwand nicht. Realschüler sind schon häufiger eine ernst zu nehmende Konkurrenz<br />

für Hauptschüler. Aber wenn ein Hauptschüler richtig Werkunterricht mit Metall oder<br />

Holz gehabt hat, ist er so manchem kopflastigen Realschüler im betrieblichen Alltag<br />

überlegen. Es hängt wirklich davon ab, was der Betrieb benötigt.<br />

Daher sind viele Unternehmer erst einmal offen gegenüber der Schulform: Viel wichtiger<br />

ist, dass der Bewerber pünktlich, einsatzbereit und zuverlässig ist und nicht<br />

zwei linke Hände hat. Das reicht so manches Mal schon aus. Um das zu beweisen,<br />

helfen allerdings weniger Schulnoten als das persönliche Kennenlernen.<br />

Andere Unternehmen suchen sich ihre passenden Bewerber über einen Test aus.<br />

Da hängt es davon ab, ob dieser theoretisch anspruchsvoll ist oder eher Allgemeinwissen,<br />

logisches Denken oder räumliches Denkvermögen abfragt. Hier hängt das<br />

Bestehen des Tests also auch nicht von der Schulform ab als vielmehr davon, ob<br />

solche Tests vorher geübt wurden. Natürlich gibt es Erfahrungswerte bei Firmen, so<br />

dass immer wieder die Äußerung kommt: „Schüler mit dem Hauptschulabschluss<br />

10A schaffen unseren Test in der Regel nicht.“ Damit sind aber eben nicht Hauptschüler<br />

von vorne herein ausgeschlossen.<br />

Ein gewisses Niveau muss über Test oder generell Bewerbungsunterlagen natürlich<br />

nachgewiesen werden, weil die Unternehmen genau wissen, dass sonst der Jugendliche<br />

die Abschlußprüfung insbesondere im theoretischen Teil nie schaffen<br />

wird. Dies ist auch ein Schutz für die Jugendlichen, damit sie nicht unnötig sich auf<br />

bestimmte Berufe konzentrieren und drei Jahre später feststellen, dass alles umsonst<br />

war.<br />

87


Elisabeth Schulte, UnternehmerverbandsGruppe e.V.:<br />

Bewerber-Chancen aus Unternehmer-Sicht und Konsequenzen<br />

Zu Beginn der Bewerbungsphase müssen bereits Grundstandards in den Bewerbungsunterlagen<br />

eingehalten worden sein – aber auch dies ist nicht abhängig von<br />

der Schulform, sondern davon, wieviel Mühe sich der Bewerber macht, z.B. sich über<br />

den Beruf zu informieren und das Unternehmen, bei dem er sich bewirbt.<br />

Letztlich entscheidend ist natürlich auch das persönliche Auftreten des Kandidaten<br />

im Bewerbungsgespräch. Aber auch hier erwartet der Ausbilder nicht geistiges<br />

Hochreck, sondern eher authentisches Herüberbringen seiner Persönlichkeit. Wenn<br />

die Noten in relevanten Fächern nicht zu schlecht sind, ist entscheidend, ob der Bewerber<br />

in seinem Charakter zur Belegschaft paßt.<br />

In unserer jahrzehntelangen Erfahrung als UnternehmerverbandsGruppe mit Unternehmen<br />

und Schulen – seit über 40 Jahren organisiert der Unternehmerverband den<br />

Pädagogen Einblicke in die Wirtschaft vor Ort – und in unseren daraus mit der Tochtergesellschaft<br />

UnternehmerHaus AG entwickelten wirtschaftsbezogenen Schulprojekten<br />

wie Unternehmen#Schule in Oberhausen oder ABBEO in Duisburg und im<br />

Kreis Wesel zeigt sich, dass Information, praktisches Kennenlernen von Wirtschaft,<br />

Berufen und „selber machen dürfen“ das A und O sind, um Schüler besser auf das<br />

Berufsleben vorzubereiten. Wenn SchülerInnen wissen, warum sie mathematische<br />

Formeln lernen sollen – nämlich weil der Betrieb um die Ecke diese zur Herstellung<br />

der Schrauben benötigt -, dann fängt die Theorie an zu leben. Wenn Schüler selber<br />

eine Firma gründen oder eine Geschäftsidee entwickeln dürfen und von echten Unternehmensvertretern<br />

hinterher beurteilt werden, dann steigt enorm die Motivation.<br />

Das erleichtert dann auch den Pädagogen den Alltagsunterricht.<br />

Es bleibt unerlässlich, dass Schulen und Unternehmen enger zusammenarbeiten.<br />

Selbstverständlich gehört auch die Agentur für Arbeit vor Ort mit zu den wichtigen<br />

Partnern im Hinblick auf Berufsberatung. Die Eltern und Familien müssten eine große<br />

Rolle spielen – aus den Beiträgen in dieser Schrift wird deutlich, wie schwierig es<br />

aber ist, sie einzubeziehen. Zudem ist das konkrete Engagement der Lehrer, aber<br />

auch Unternehmen gefordert. Hierzu bedarf es unserer Erfahrung nach einer regionalen<br />

Koordinierungsstelle, die individuell zwischen Unternehmen der Region und<br />

weiterführenden Schulen der Region bedarfsgerecht wirtschaftsbezogene Schulprojekte<br />

initiiert, mit den Beteiligten abstimmt und auf Qualitätsstandards achtet. Diese<br />

Funktion hatte in der Büsssow-Initiative das ABBEO-Projekt (Frau Kleinkorres)<br />

übernommen.<br />

Nur so können dauerhaft die Unternehmen gewonnen werden, sich für SchülerInnen<br />

einzusetzen. Auch die LehrerInnen brauchen eine gewisse Unterstützung darin, die<br />

für sie passenden Firmenkontakte und Projekte aufzubauen. Klassenlehrer, die nur<br />

alle paar Jahre eine Klasse zum Abgang führen und dann neu Kontakte erst aufbauen<br />

müssen und sich ein Grundwissen über neue Berufe erst aneignen müssen,<br />

sind zeitlich überfordert. Es ist aber entscheidend, den SchülerInnen ein wirklichkeitsnahes,<br />

realistisches Bild von der Vielfalt der Unternehmen und daran hängenden<br />

Berufsbildern und Chancen zu vermitteln. Wenn sich SchülerInnen – auch und<br />

gerade von der Hauptschule - richtig bewerben, bei den passenden Unternehmen<br />

für die ihren Fähigkeiten angemessenen Berufe, dann haben sie gute Chancen.<br />

88


Elisabeth Schulte, UnternehmerverbandsGruppe e.V.:<br />

Bewerber-Chancen aus Unternehmer-Sicht und Konsequenzen<br />

Berufswahlkoordinatoren und Aufgabenteilung an Schulen bei der systematischen<br />

Vermittlung relevanter Kenntnisse und Erfahrungen über mehrere Jahrgänge und<br />

auch mehrere Fächer hinweg müssen in Zukunft Standard werden – die Büssow-<br />

Initiative hat auch das deutlich gezeigt. Hier sind die <strong>Bezirksregierung</strong> wie auch das<br />

Schulministerium gefordert, durch klare Regelungen und Stundenkontingente diese<br />

wichtige Arbeit an Schule zu gewährleisten.<br />

89


Wolfgang Reuter: Einschätzung der Situation und mögliche<br />

schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen<br />

Sind Schule, Wirtschaft und Gesellschaft gescheitert, den Übergang von der<br />

Schule in die Berufs- und Arbeitswelt für alle Schülerinnen und Schüler zu organisieren?<br />

Diese Frage impliziert zwei Grundannahmen: Erstens, es ist eine Aufgabe der Schule,<br />

den Übergang von der Schule in den Beruf zu organisieren und zweitens, es ist<br />

ein wirtschaftliches und gesellschaftspolitischer Anliegen, allen Jugendlichen einen<br />

angemessenen Platz im Arbeits- und Berufsleben einzuräumen.<br />

Aber offensichtlich haben sich die Verhältnisse so entwickelt, dass - wohlwollend<br />

formuliert - „Zweifel“ am gemeinsamen Erfolg angebracht sind; schärfer ausgedrückt:<br />

Die Zahl der unversorgten Jugendlichen, und hier sind die Statistiken der Arbeitsagentur<br />

unerbittlich, zeigt, dass, allen Bemühungen zum Trotz, alle drei - Schulen,<br />

Wirtschaft und Gesellschaft - es nicht geschafft haben, einer Vielzahl junger Menschen<br />

eine berufliche Perspektive und damit auch einen Eintritt in die Gesellschaft zu<br />

vermitteln. Weniger als 10 % der Duisburger Hauptschülerinnen und Hauptschüler<br />

mit dem Sekundarabschluss nach Klasse 10 können direkt im Anschluss an ihre<br />

Schullaufbahn eine Ausbildung beginnen und sind darauf verwiesen, andere Möglichkeiten<br />

einer zusätzlichen schulischen Qualifizierung oder der Berufsförderung<br />

wahrzunehmen. Bei denjenigen, die den mittleren Bildungsabschluss (Fachoberschulreife)<br />

erreicht haben, werden es immerhin noch 75 % sein, die diesen Weg gehen.<br />

Gleichzeitig erhebt die Wirtschaft schon seit Jahren den Vorwurf, die Schulen<br />

entließen immer mehr Jugendliche, die nicht ausbildungsfähig sind, weil ihnen sowohl<br />

die fachlichen Kenntnisse als auch die Sozialkompetenzen fehlen und ihre persönliche<br />

Einstellung zur Arbeit und zum Beruf zu Wünschen übrig lässt.<br />

Dabei schien gerade die Hauptschule am ehesten von allen Schulformen gut gerüstet<br />

zu sein, ihre Schülerinnen und Schüler auf das Berufsleben vorzubereiten. Bereits<br />

die ersten Richtlinien und Lehrpläne, die Anfang der Siebziger Jahre erschienen<br />

(„Blaues Wunder“), legten verbindlich fest, dass sie im Lernbereich Arbeitslehre eine<br />

systematische Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung im Unterricht vermitteln<br />

muss. Gesamtschulen haben diesen verbindlichen Lehrplan übernommen, weil<br />

auch ihre Schülerinnen und Schüler, die nach Klasse 9 oder 10 die Schule in Richtung<br />

Ausbildungsberuf verlassen, entsprechend vorbereitet sein müssen. Das obligatorische<br />

Betriebspraktikum mit einer Dauer von drei Wochen in Klasse 9 ist in beiden<br />

Schulformen bis zum Ende der Siebziger Jahre als fester Termin in der Jahresplanung<br />

etabliert und sollte gerade dieser Altersgruppe erste Berührungen und Erfahrungen<br />

mit der Arbeits- und Berufswelt ermöglichen, um eine gezielte und rational<br />

begründete Berufsorientierung und Berufswahl zu bewirken.<br />

An keiner dieser beiden Schulformen standen genügend ausgebildete Lehrerinnen<br />

und Lehrer zur Verfügung, was die Wirtschaft damals zu Recht und heftig kritisierte.<br />

Viele arbeiteten fachfremd und autodidaktisch, und sie hatten damit Erfolg. Die<br />

Schulpolitik reagierte hierauf mit der Bildung der so genannten „PÄDAGOGISCHEN BEI-<br />

RÄTE“, die unter der Leitung der Unteren Schulaufsicht Konzepte entwickelten, „Wirtschafts-<br />

und Unternehmerwissen“ in die Schulen zu tragen und dort zu verankern,<br />

und die Betriebspraktika, die zunehmend auch von den Realschulen angeboten wurden,<br />

zu koordinieren. Der regelmäßige Meinungs- und Erfahrungsaustausch von<br />

Lehrern, Vertretern der Kammern und der Arbeitsverwaltung, die Organisation von<br />

Lehrerbetriebspraktika (auf freiwilliger Basis!) und die Erprobung erster Kooperationsmodelle<br />

zwischen Schulen und Unternehmen sind wesentliche Ergebnisse aus<br />

diesen ersten Jahren gemeinsamer Arbeit. Die Gründung der „ARBEITSGEMEINSCHAF-<br />

90


Wolfgang Reuter: Einschätzung der Situation und mögliche<br />

schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen<br />

TEN SCHULE UND WIRTSCHAFT“ durch die Industrie unterstützten von Anfang an mit<br />

einem vielfältigen und umfassenden Angebot an Informationen, Betriebserkundungen<br />

und Fortbildungsveranstaltungen die Bemühungen, vor allem in den Hauptschulen<br />

eine größere Bereitschaft, sich mit wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen<br />

Fragestellungen zu beschäftigen, in den Unterricht einfließen zu lassen und die Berufsorientierung<br />

und Berufswahl zu unterstützen. Die Resonanz in den Schulen war<br />

sehr unterschiedlich, aber überall dort nachhaltig, wo das persönliche Engagement<br />

einzelner Lehrkräfte sich auf die Schulleitung und das Kollegium übertrug und ins<br />

schuleigene Curriculum eingebettet wurde.<br />

Als sich spätestens ab der Mitte der Achtziger Jahre deutlich abzeichnete, dass sich<br />

die Schere zwischen Schulabgängern und Ausbildungsplätzen immer mehr öffnet,<br />

regierte die Schulpolitik mit der Verlängerung der Schulpflicht von 9 auf 10 Jahre,<br />

differenzierteren Abschlüssen sowie verstärkten Bemühungen, den Schulen größere<br />

Spielräume einzuräumen, damit sie die Berufsorientierung und die Berufswahlvorbereitung<br />

noch stärker in die Schulcurricula einbinden und im Schulprogramm verankern.<br />

Der Erlasse zum „BEIRAT SCHULE UND BERUF“, der den „Pädagogischen Beirat“<br />

ablöste, erhob es zur Pflichtaufgabe aller Schulen, die Berufsorientierung und die<br />

Berufswahlvorbereitung zum Thema des allgemeinen und fachübergreifenden Unterrichts.<br />

Seitdem haben vor allem die Hauptschulen, die Gesamtschulen und die Förderschulen<br />

ihre Instrumente und ihre Verbindungen in die Wirtschaft vielfältig ausgebaut<br />

und verfeinert, und sie sind - wie das Beispiel des vorliegenden Projekte bestätigt<br />

- immer noch offen dafür, neue Ideen aufzugreifen, zu entwickeln und umzusetzen.<br />

Etwa gleichlaufend zu dieser Entwicklung veränderte sich aufgrund vieler Faktoren<br />

der Ausbildungsmarkt: Die Zahl der Ausbildungsplätze sank seitdem dramatisch, so<br />

dass immer weniger Jugendliche im Anschluss an ihre Schulzeit sofort eine Ausbildung<br />

beginnen konnten; die Eingangsbedingungen für immer mehr Berufe verschärften<br />

sich so, dass immer weniger Hauptschüler sie erfüllen konnten, und bereits in<br />

den Einstellungstests scheiterten; aufgrund der hohen Zahl von Schulabgängerinnen<br />

und Schulabgängern verschärfte sich der Wettbewerb um immer weniger Ausbildungsstellen,<br />

auch weil viele Unternehmen die „gute Angebotslage“ an potentiellen<br />

Auszubildenden nutzten, um sich die besten auszuwählen; je höher der Schulabschluss<br />

war, desto besser die Eignung auch für solche Ausbildungsberufe, in denen<br />

bis dahin der Hauptschulabschluss nach Klasse 9 als Qualifikation durchaus ausreichend<br />

gewesen war; das Bild des „nicht ausbildungsfähigen“ Jugendlichen ging in<br />

Umlauf und diente häufig genug als Entschuldigung dafür, überhaupt keine Jugendlichen<br />

mehr auszubilden; der Auszubildende, der bereits komplett die Schule verlässt<br />

und sich „übergangslos“ und kostengünstig in den Arbeitsprozess integrieren lässt,<br />

erschien schemenhaft am „Ausbildungshimmel“ auf.<br />

Es ist auch diese - sicher überspitzt dargestellte - Entwicklung gewesen, die zumindest<br />

in der Öffentlichkeit das Bild der Hauptschule und ihrer bildungs- und erziehungspolitischen<br />

Aufgaben und Möglichkeiten verfälscht hat.<br />

Es sind in der Vergangenheit immer wieder von beiden Seiten gegenseitige Vorwürfe<br />

erhoben, Vorurteile gepflegt und Abgrenzungen vorgenommen worden, aber nicht in<br />

dieser Härte und Beharrlichkeit: „Die Schulen kommen ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag<br />

immer weniger nach und bilden nicht diejenigen Jugendlichen aus, die<br />

die Wirtschaft (dringend) benötigt“ gegen „wir haben einen ganzheitlichen Bildungs-<br />

und Erziehungsauftrag und nicht die Aufgabe Nachwuchsschmiede für die Wirtschaft<br />

zu sein“, oder „die Schule arbeitet nicht abnehmerorientiert und daher am Markt vor-<br />

91


Wolfgang Reuter: Einschätzung der Situation und mögliche<br />

schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen<br />

bei“ und „wir können nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn Unternehmen<br />

falsche Entscheidungen treffen, die Konjunktur negativ verläuft und die Globalisierung<br />

Arbeits- und Ausbildungsplätze zerstört.“<br />

Sicher ist, dass es eine Reihe von schwerwiegenden Entwicklungen und Faktoren<br />

aus der Vergangenheit gibt, die die wirtschaftliche Lage und damit auch die Lage am<br />

Ausbildungsmarkt nachhaltig beeinflussen und weiterhin prägen werden. Sie können<br />

an dieser Stelle nicht alle genannt werden. Die wesentlichen sind folgende:<br />

• Die Konjunktur in Deutschland befindet sich seit zwei Jahrzehnten in einem<br />

Abwärtstrend, was sich an der Zahl der Firmenpleiten ebenso festmachen<br />

lässt wie an der ständig gestiegenen Arbeitslosenzahl und dem<br />

dramatischen Rückgang von Ausbildungsplätzen<br />

• Umstrukturierungen, ständige Veränderungen in den wirtschaftlichen<br />

Strukturen, der Wegfall ganzer Industriezweige wie die Montanindustrie<br />

im Ruhrgebiet oder - ganz aktuell - des Steinkohlebergbaus und die damit<br />

einhergehende Gefährdung der wirtschaftlichen und sozialen Grundlage,<br />

verunsichern immer mehr Menschen.<br />

• Über Jahrzehnte hinweg ignorierte die Politik, dass sich Deutschland<br />

zum Einwanderungsland entwickelt hatte, und unterließ die notwendigen<br />

Maßnahmen für eine zukunftsweisende Eingliederung der Menschen mit<br />

Integrationshintergrund in die Gesellschaft.<br />

• Die demographische Entwicklung mit der dramatischen Verschiebung in<br />

der Alterspyramide führt zu tief greifenden Veränderungen und zum Teil<br />

schmerzhaften Einschnitten in die Sozialversicherungssysteme und den<br />

so genannten „Generationenvertrag“.<br />

• Zunehmend wird der Verfall eines allgemein gültigen Wertebewusstseins<br />

und die Orientierungslosigkeit vor allem der jüngeren Bevölkerung als<br />

Ursache für eine Reihe gesellschaftspolitischer Probleme beklagt.<br />

• Die PISA- Studien haben das gesamte System der deutschen Schulbildung<br />

auf den Prüfstand gestellt und zur großen Überraschung der Öffentlichkeit<br />

und auch der Schulpolitik festgestellt, dass unser Schulsystem<br />

mit einer modernen demokratischen Wirtschaftsgesellschaft und ihren<br />

gehobenen Ansprüchen an Bildung nicht mehr kompatibel ist.<br />

Unter der langjährigen Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt leiden vor allem die<br />

Schülerinnen und Schüler der Hauptschulen, der Förderschulen sowie der Gesamtschulen.<br />

Schon ihre Zeugnisse reichen häufig nicht aus, um mit der Konkurrenz aus<br />

den Realschulen und der Gymnasien Schritt halten zu können. Die ständig sinkenden<br />

Anmeldezahlen an den Hauptschulen sind seit Jahren ein Anzeichen dafür, dass<br />

diese Schulform für die Mehrheit der Eltern keine erstrebenswerte Schullaufbahn<br />

mehr für ihre Kinder darstellt.<br />

Hinzu kommt, dass die Grundschulen verpflichtet sind, in Klasse 4 eine Eignungsaussage<br />

für die weiterführenden Schulen zu treffen. Inzwischen sind es in Duisburg<br />

weniger als 15 % der Schülerinnen und Schüler, die nach Klasse 4 in die Hauptschule<br />

wechseln, meistens weil ihnen bereits die Grundschule die Eignung für eine Realschule<br />

oder ein Gymnasium abspricht. Am Ende der Klasse 6 müssen diejenigen<br />

Schülerinnen und Schüler von den Realschulen und den Gymnasien in die jeweils<br />

„untere Schulform“ wechseln, bei denen sich die Nichteignung erst am Ende der Erprobungsstufe<br />

heraus stellt.<br />

92


Wolfgang Reuter: Einschätzung der Situation und mögliche<br />

schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen<br />

In Duisburg entspricht ihre Gesamtzahl der Größe einer ausgebauten Hauptschule,<br />

also weit über 300 Schülerinnen und Schüler. Die Mechanismen, Schülerinnen und<br />

Schüler entsprechend ihrer Begabung der angemessenen Schulform zuzuführen,<br />

funktionieren schon seit Jahren nicht. Die Frage, ob sie jemals funktioniert haben,<br />

kann an dieser Stelle ebenso wenig erörtert werden wie die Frage, ob die Definitionen<br />

der drei Begabungsprototypen, die dem gegliederten Schulsystem zugrunde liegen,<br />

jemals zutrafen oder nicht vielmehr Zuschreibungen gewesen sind, gesellschaftliche<br />

Statusfragen und gewollte Abgrenzungen zu regeln.<br />

Festgestellt werden kann aber, dass zwischen den drei weiterführenden Schulformen<br />

immer eine Rangfolge bestanden hat, die sich auch in den Bezeichnungen widerspiegelt:<br />

Volksschule/ Hauptschule, Realschule/ Mittelschule, Gymnasium/ Höhere<br />

Schule. Der inzwischen auch in Deutschland von vielen internalisierte Zusammenhang,<br />

dass die Wahl der „richtigen Schulform“ und der „richtigen Schule“ die beste<br />

Eingangsvoraussetzung für eine schulische und berufliche Karriere ist, hat die Entwicklung<br />

der Hauptschule als einer Schule beschleunigt, die sich schwerpunktmäßig<br />

nur noch den sozial- und bildungspolitisch benachteiligten Kindern widmet. Dass sie<br />

diese Aufgabe immer noch mit Bravour bewältigt, ließe sich an vielen positiven Beispielen<br />

belegen. In Nordrhein- Westfalen sorgt sie jedenfalls auch dafür, dass der<br />

Anteil derjenigen Schülerinnen und Schüler, die ihre Schullaufbahn ohne Abschluss<br />

beenden, bundesweit am geringsten ist. Die Öffentlichkeit nimmt dies zwar zur<br />

Kenntnis, einer entsprechenden Würdigung dieser pädagogischen Arbeit dagegen<br />

enthält sie sich weitgehend, entrüstet sich aber in besonderer Weise, wenn Hauptschule<br />

aufgrund ihrer besonderen Problemlagen negative Schlagzeilen wie die Rütli-<br />

Schule in Berlin erzeugt.<br />

Die Frage, was getan werden muss, um allen Schülerinnen und Schülern eine adäquate<br />

Ausbildung zu ermöglichen, kann allerdings nicht ausschließlich damit beantwortet<br />

werden, die Wirtschaft müsse eine ausreichend große Zahl an Ausbildungsplätzen<br />

schaffen und alle Probleme sind gelöst. Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte<br />

und die damit einhergehenden Veränderungen kann niemand, der sich um<br />

die Zukunft der Schülerinnen und Schüler kümmert, außer Acht lassen. Die Ausbildungs-<br />

und Arbeitsplätze sind komplexer geworden, erfordern von Anfang an ein höheres<br />

Fachwissen und zusätzliche Sozialkompetenzen, die in früheren Zeiten zum<br />

großen Teil erst während der Ausbildung selbst vermittelt worden sind. Viele Schülerinnen<br />

und Schüler sind tatsächlich - obwohl sie erst mit einem Durchschnittsalter<br />

von 19 Jahren ihre Ausbildung beginnen - nicht in dem Maße „ausbildungsfähig“, wie<br />

dies Industrie und Handwerk fordern.<br />

Schule kann dies allerdings ebenso wenig allein bewältigen wie dies Industrie und<br />

Handwerk tun können. Es ist eine grundlegende gesellschaftspolitische Aufgabe, bei<br />

denen beide Institutionen in gemeinsam an Lösungen arbeiten müssen. An der<br />

Schnittstelle des Übergangs von der Schule in den Beruf kann festgemacht werden,<br />

wie wichtig diese Kooperation zwischen Unternehmen und Schulen ist. Denn die Beschreibung<br />

des Problems, dass Schülerinnen und Schüler immer weniger ausbildungsfähig<br />

sind, weil ihnen neben den Grundkenntnissen in Deutsch, Mathematik<br />

und in den Naturwissenschaften Fachkenntnisse und Fachkompetenzen fehlen und<br />

sie nicht ausreichend über Sozialkompetenzen und eine entsprechende persönliche<br />

Einstellung verfügen, erklärt zwar einigermaßen hinreichend die vorhandenen Defizite,<br />

enthebt aber weder die Schulen noch die Wirtschaft der Verantwortung, wirkungsvoll<br />

dagegen vorzugehen.<br />

Allerdings müssen andere Kräfte sie hierbei unterstützen. Natürlich müssen sich die<br />

Rahmenbedingungen für Schulen ändern, damit sie einen pädagogischen Raum<br />

93


Wolfgang Reuter: Einschätzung der Situation und mögliche<br />

schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen<br />

schaffen können, in dem die individuelle Förderung jedes einzelnen Jugendlichen im<br />

Mittelpunkt der Bemühungen steht. An dieser Stelle ist allerdings auch die Frage erlaubt,<br />

ob die bereits jetzt vorhandenen Bedingungen nicht bereits ausreichen würden,<br />

wenigstens einen großen Teil der notwendigen Veränderungen zu verwirklichen<br />

und Kooperationen zu ermöglichen, die sowohl dem Bildungs- und Erziehungsauftrag<br />

des Öffentlichen Bildungssystems und den Anforderungen aus der Wirtschaft<br />

gerecht werden. Praktiker aus beiden Lagern haben dies in der Vergangenheit jedenfalls<br />

erfolgreich bewiesen und höhere Übergangs- bzw. Übernahmequoten von Schulabgängerinnen<br />

und –abgängern erreicht. Die eigenverantwortliche Schule wird ihr<br />

pädagogisches Profil innerhalb der gesetzlichen Vorschriften des Schulgesetzes neu<br />

gestalten können und müssen. Schulentwicklung und Unterrichtsentwicklung sind<br />

zentrale gesetzliche Forderungen, denen sich keine Schule entziehen kann.<br />

Individuelle Förderung, die andere pädagogische Herausforderung, sollte die Kreativität<br />

und die Innovationsbereitschaft in der Schulgemeinde auslösen, die hierzu nötig<br />

ist. Schulleitungen werden das personalrechtliche Rüstzeug erhalten, um dieses<br />

neue Profil mit Menschen in Schulleben umzusetzen.<br />

Auch der Schulträger selbst steht in der Verantwortung. Dies ergibt sich bereits aus<br />

der gemeinsamen Verantwortung von Schule und Jugendhilfe. Schulsozialarbeit ist<br />

die Forderung der Hauptschulen, um wenigstens etwas Unterstützung bei der Bewältigung<br />

ihrer Aufgaben zu erhalten. Sie ist inzwischen zwar durchgesetzt, reicht aber<br />

bei weitem nicht aus. Schulsozialarbeit ist auch deswegen wichtig, weil sie eher diejenigen<br />

Erziehungsberechtigten erreicht, die in einer gewissen „Bildungsferne“ zur<br />

Schule stehen. Hier gilt es<br />

Neben schul- und bildungspolitischen Entscheidungen und Maßnahmen liegen die<br />

Möglichkeiten in relativ aufwändigen Maßnahmen, die aber spürbare Verbesserungen<br />

der Chancen von Schülerinnen und Schülern bewirken, indem verstärkt berufliche<br />

Praxis in die Schulen hineingetragen und im Unterricht zu verankert wird. Ohne<br />

die tägliche Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer zu schmälern, ist festzustellen, dass<br />

der Ausbilder z. B. von Thyssen-Krupp-Steel oder der Ausbildungsmeister einer Innung<br />

wesentlich authentischer und glaubwürdiger vermitteln können, was in der<br />

Ausbildung tatsächlich gebraucht wird, denn sie arbeiten an der Basis und sie sind<br />

keine Lehrpersonen. Warum muss der Fachlehrer allein Mathematik oder Technik<br />

unterrichten? Kann er sich nicht den Handwerksmeister in den Unterricht holen,<br />

wenn Flächen oder die Anteile einer Brotbackmischung berechnet werden sollen?<br />

Können Lehrerinnen und Lehrer nicht für ihre tägliche Arbeit davon profitieren, wenn<br />

sie erfahren, wie in einem Betrieb Teamarbeit gepflegt wird? Können nicht Projekte<br />

entwickelt werden, in denen Schülerinnen und Schüler mit Auszubildenden gemeinsam<br />

zum Beispiel eine Schülerfirma ins Leben rufen? Sind nicht Arbeits- und Sozialformen<br />

denkbar und machbar, in denen Schülerinnen und Schüler einen Teil ihrer<br />

Lernzeit in einem Betrieb zubringen, um die Sinnhaftigkeit von Unterricht unter realen<br />

Bedingungen erleben, sich selbst erproben und Berufswahlentscheidungen treffen<br />

können, die eher rational und weniger emotional begründet sind? Nicht alles davon<br />

wird im Rahmen der Schule und des Unterrichts erledigt werden können; aber es darf<br />

in diesem Zusammenhang daran erinnert werden, dass Jugendliche zur Selbstverantwortung<br />

erzogen werden und selbst an der Gestaltung einer beruflichen Perspektive<br />

mitarbeiten können und sollen. Schließlich geht es um ihre Zukunft!<br />

Und die Wirtschaft? Sie akzeptiert inzwischen, dass sie zusätzliche Ausbildungsangebote<br />

bereitstellen muss, auch Angebote entwickeln muss, die „niederschwellig“<br />

94


Wolfgang Reuter: Einschätzung der Situation und mögliche<br />

schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen<br />

und modular aufgebaut, um individuelle Stärken und Schwächen berücksichtigen.<br />

auszugleichen und in sehr unterschiedliche Berufsqualitäten einmünden zu lassen,<br />

zu denen die Zuarbeit ebenso gehört wie die verantwortliche Leitung eines Produktionsprozesses.<br />

Das vorliegende Projekt zieht eine Zwischenbilanz, die neben den überwiegenden<br />

Stärken beweist, dass gemeinsames Denken und Handeln von Schule und Wirtschaft<br />

erfolgreich ist, Vorwürfe und Vorurteile unnötig Fronten erzeugen und von einer<br />

sinnvollen Zusammenarbeit abhält und die Lösung einer schwierigen Aufgabe<br />

nicht in Kürze zu erledigen ist, sondern nachhaltig angelegt sein muss und einen<br />

„langen Atem“ erfordert, wenn sie eine dauerhafte positive Veränderung des Bewusstseins<br />

und der Einstellungen bewirken soll.<br />

Vieles von dem, was an schulpolitischen und arbeitsmarktpolitischen an anderer Stelle<br />

dargestellt und gefordert wurde, hat dieses Projekt nicht nur in Ansätzen verwirklicht.<br />

Wenn es in den nächsten Jahren - auch unter veränderten Rahmenbedingungen<br />

- fortgeführt werden wird, baut es auf einer soliden Grundlage auf, nämlich der<br />

Bereitschaft aller Akteure, mehr als das Geforderte zu tun und die Offenheit der<br />

Schülerinnen und Schüler, sich auf die neuen Chancen einzulassen und sie tatsächlich<br />

auch wahrzunehmen.<br />

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Autorinnen und Autoren<br />

Bongers, Rüdiger Psychologischer Dienst Agentur für Arbeit Duisburg<br />

Föhr, Eva Lehrerin an der GHS Heinrich-Böll-Schule<br />

Fuchs, Werner LRSD, Regionaldezernent für Duisburg bei der<br />

<strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />

Gerber, Jürgen Schulleiter der GHS Wiesbadener Straße<br />

Gith, Klaus Schulleiter der GHS Heinrich-Böll-Schule<br />

Grotensohn, Volker Bereichsleiter Bildung und Technikzentren bei der TKS<br />

ThyssenKruppSteel<br />

Heitzer, Joachim Lehrer an der GHS Wiesbadener Straße<br />

Kleinkorres, Helga ABBEO-Projektleiterin Unternehmerhaus<br />

Kleinow, Susanne Lehrerin an der GHS Heinrich-Böll-Schule<br />

Kortmann, Hubert Schulleiter der GHS Emil-Rentmeister-Schule<br />

Meyer, Wolfgang stellv. Schulleiter der GHS Beim Knevelshof<br />

Rehn, Günter pädagogischer Mitarbeiter bei der <strong>Bezirksregierung</strong><br />

<strong>Düsseldorf</strong><br />

Reuter, Wolfgang Schulamtsdirektor beim Schulamt für die Stadt Duisburg<br />

Rulhoff, Hans-Joachim Teamleiter Berufsberatung Agentur für Arbeit Duisburg<br />

Schulte, Elisabeth Geschäftsführerin <strong>Unternehmerverbandsgruppe</strong><br />

Schwarz, Cassandra Lehrerin an der GHS Heinrich-Böll-Schule<br />

Vogel, Michael Leiter der Ausbildungsabteilung HKM Hüttenwerke Krupp<br />

Mannesmann GmbH<br />

Wilbertz-Kroll, Barbara Lehrerin an der GHS Beim Knevelshof<br />

96


ABBEO<br />

Agentur für Arbeit Duisburg<br />

<strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />

Projektbeteiligte<br />

Bildungszentrum für das Handwerk<br />

GHS Emil-Rentmeister-Schule<br />

GHS Wiesbadener Straße<br />

GHS Beim Knevelshof<br />

GHS Heinrich-Böll-Schule<br />

HKM Hüttenwerke Krupp Mannesmann GmbH<br />

Niederrheinische IHK Duisburg – Wesel – Kleve zu Duisburg<br />

Schulamt für die Stadt Duisburg<br />

Seminare & Präsentationen Michael Hanschmidt<br />

TKS ThyssenKruppSteel<br />

UnternehmerHaus AG<br />

UVG <strong>Unternehmerverbandsgruppe</strong><br />

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