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Manticus: Der wissende Spiegel - Du kannst deine Lebensqualität ...

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<strong>Manticus</strong>: <strong>Der</strong> <strong>wissende</strong> <strong>Spiegel</strong> - Ansata<br />

lügen konnten. Andererseits wusste man auch, dass es auf die richtige Frage ankommt, um die rechte<br />

Antwort zu erhalten. Den <strong>Spiegel</strong> zu befragen ist demnach auch eine eigene Kunst.<br />

Bis heute sind in der magischen Praxis wässrige <strong>Spiegel</strong> in Gebrauch. Meistens sind diese<br />

wässrigen Zauberspiegel Tintenspiegel. Dazu wird etwas dunkle Tinte in einen flachen Teller<br />

gegossen. <strong>Der</strong> Magier fixiert darauf die dunkel glänzende Fläche. Die <strong>Spiegel</strong>ungen in ihr sowie ihre<br />

diffuse Tiefe regen die Hellsicht an. Auf der Oberfläche des Tintenspiegels nimmt der Magier Bilder<br />

zur befragten Angelegenheit wahr.<br />

<strong>Der</strong>artige Tintenspiegel sind den ursprünglichen Wasserspiegeln in typischer Weise nahe. Eine<br />

dunkle Wasserfläche reflektiert ihre Umgebung viel besser als ein klares Gewässer. Somit besaß ein<br />

Wasserspiegel im Zwielicht unter Zweigen oder in der Dämmerung eher magische Eigenschaften. Aus<br />

diesem Grund waren, noch ehe der erste <strong>Spiegel</strong> von Menschenhand geschaffen wurde, dunkle<br />

<strong>Spiegel</strong>flächen das Übliche für den magischen Gebrauch. Die ersten richtigen <strong>Spiegel</strong> wurden aus<br />

Silber gefertigt. Ihre polierte Fläche glich einem vom Mond beschienenen Wasserspiegel. <strong>Der</strong> Mond<br />

war ein All<strong>wissende</strong>r, der die Geheimnisse der Nacht beschien und die Träume der Menschen kannte.<br />

Symbolisch wirkte in einem solchen Silberspiegel die wässrige Kraft des Mondes fort. Zudem dunkelte<br />

der <strong>Spiegel</strong> rasch, wenn er nicht geputzt wurde; dann glich er einem stillen Wasserspiegel in<br />

sternklarer Nacht.<br />

Seit Menschengedenken werden daher einem dunklen <strong>Spiegel</strong>, häufig auch Schwarzspiegel<br />

genannt, magische Eigenschaften nachgesagt. Aus diesem Grund werden durchscheinende<br />

reflektierende Gegenstände, zum Beispiel Bergkristalle oder Glaskugeln, sobald man sie zum<br />

Wahrsagen benützt, auf ein schwarzes Tuch gesetzt. Ein solch dunkler Hintergrund verleiht der Kugel<br />

oder dem Kristall ähnlich dem Wasser eine spiegelnde Oberfläche und geheimnisvolle Tiefe. Ein<br />

gewöhnlicher Haushaltsspiegel ist darum nur eingeschränkt für die <strong>Spiegel</strong>magie geeignet. Wer<br />

dennoch mit einem solchen <strong>Spiegel</strong> arbeiten möchte, müsste ihn vor einem schwarzen Hintergrund<br />

aufstellen oder ihn mit Gaze verschleiern.<br />

<strong>Spiegel</strong>sehen ist demnach auch ein Schattensehen. Diese begriffliche Verknüpfung blieb bis ins<br />

Mittelalter hinein sogar wörtlich erhalten, da man damals ein <strong>Spiegel</strong>bild auch als Schatten<br />

bezeichnete. Mit diesem Wissen erklären sich auch die Mythen um Zauberschüler, die ihren Schatten<br />

dem Teufel verkauften, um magische Mächtigkeit zu erlangen. <strong>Der</strong> verkaufte Schatten war ihr<br />

<strong>Spiegel</strong>bild und zugleich ihre Seele. Sie waren danach so seelenlos wie Vampire, die bekanntlich in<br />

<strong>Spiegel</strong>n gleichfalls nicht zu sehen sind.<br />

Ein dunkler Wasserspiegel spielt auch in gnostischen Schöpfungsmythen eine gewichtige Rolle. Die<br />

Gnostiker besaßen besondere magische Kenntnisse, da sie versuchten, das Göttliche durch Zauber<br />

und Beschwörung sichtbar zu machen. Sie glaubten, dass die eigentliche Seele des Menschen ein<br />

göttlicher Funke sei, der sich in der <strong>Du</strong>nkelheit irdischer Tiefe verloren habe. Nach der<br />

geheimnisumwitterten Schrift des Hermes Trismegistos, auf den sich viele Magier beriefen, entstand<br />

der erste Mensch durch den Widerschein des göttlichen Lichts über den dunklen Wassern der Erde.<br />

Das mit Schlamm vermischte Wasser nahm das göttliche Licht in sich auf und schöpfte aus sich den<br />

Menschen als ein Abbild Gottes. Entsprechend dieser Sichtweise ist ein dunkler <strong>Spiegel</strong> ein Hort der<br />

Wahrheit, da in ihm das göttliche Licht verborgen ist.<br />

Im magischen <strong>Spiegel</strong> ist demzufolge nicht nur Wahrheit, sondern auch ein Teil göttlicher<br />

Wirklichkeit. Da liegt es nahe, dass sich mithilfe eines <strong>Spiegel</strong>s auch Mittlerwesen, sprich Dämonen,<br />

beschwören lassen. Dämonen waren in der Antike, in der diese Form der <strong>Spiegel</strong>beschwörung<br />

aufkam, von überwiegend guter Natur. Man sah in ihnen Engelwesen und vergessene Götter. Dass<br />

Dämonen auch teuflische Züge besitzen, so wie dies heute überwiegend angenommen wird, ist eine<br />

relativ junge Auffassung, die sich erst in der Renaissance verfestigte. Die Beschwörung von Dämonen<br />

mithilfe eines Zauberspiegels war darum in dieser Zeit auch eine mit dem Tode bedrohte Straftat.<br />

Grundsätzlich meiden jedoch böse Geister einen Zauberspiegel. Es sei denn, sie werden vom<br />

Magier ausdrücklich in den <strong>Spiegel</strong> gerufen. Andernfalls müssen böse Geister befürchten, beim<br />

Anblick ihrer Schrecklichkeit zu erstarren und zu sterben. Deswegen gilt ein Schwarzspiegel in der<br />

weißen Magie als eine starke Zauberwaffe, mit der sich böse Geister und dunkle Kräfte bannen<br />

lassen. Im antiken Griechenland erzählte man sich von einem drachenähnlichen Mischwesen, in dem<br />

sich alles Böse vereinte. Man nannte dieses Untier Basilisk, was übersetzt „kleiner König“ bedeutet.<br />

Dieses Wesen mit Hahnenkopf und Schlangenleib besaß den bösen Blick und einen faulen Atem.<br />

Was der Basilisk ansah, wurde augenblicklich zu Stein, und was er behauchte, erstickte auf der Stelle.<br />

Ein Basilisk war am besten mit einem Silberspiegel zu bezwingen. Man musste sich an ihn<br />

anschleichen und ihm, sobald er einem den Blick zuwandte, den <strong>Spiegel</strong> vorhalten. In diesem<br />

Augenblick würde das böse Wesen selbst versteinern. Alexander der Große soll einen Basilisken dank<br />

seiner spiegelnden Rüstung bezwungen haben.<br />

Dieser Mythos basiert auf einem elementaren Abwehrzauber. Er ist der Grund, warum zum Beispiel<br />

rund um den Globus an Volkstrachten <strong>Spiegel</strong>pailletten genäht werden. Sie sollen das Böse abhalten

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