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Kunst, Kommerz und Klimaschutz - Neue Energie

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Imagewandel mit Kalkül: In der Ökologisierung der sieht Albert Filbert eine<br />

Chance zur geschäftlichen Weiterentwicklung.<br />

<strong>Kunst</strong>, <strong>Kommerz</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Klimaschutz</strong><br />

Wie sich die Darmstädter Entega als Ökostromanbieter profiliert.<br />

Und dabei so völlig anders ist, als die vier bekannten Anbieter.<br />

Text: Bernward Janzing, Fotos: Martin Leissl<br />

750 Schneemänner auf dem Berliner<br />

Schlossplatz, als Mahnung für den <strong>Klimaschutz</strong>.<br />

Was in diesem Januar aussah,<br />

wie die Aktion einer Umweltorganisation,<br />

entpuppte sich als Firmenwerbung:<br />

Der Darmstädter <strong>Energie</strong>versorger Entega<br />

hatte 300 Tonnen <strong>Kunst</strong>schnee in der<br />

Hauptstadt abgeladen, damit eine Schar<br />

bezahlter Mitarbeiter zusammen mit Passanten<br />

Schneemänner bauen konnte. Die<br />

steckten den Eismännchen Schilder in die<br />

Hand, auf denen geschrieben stand: „Rette<br />

mich“ oder „Habt mich lieb“. 500 000<br />

Euro, heißt es, hätte die Aktion gekostet.<br />

War das nun, ein PR-Event oder doch<br />

eine Veranstaltung mit politischem Hintergr<strong>und</strong>?<br />

Irgendwie von allem etwas. Es<br />

ist die neue Strategie der Entega, Grenzen<br />

verschwimmen zu lassen. Unterstützt wird<br />

sie dabei von Filmemacher <strong>und</strong> Werbeprofi<br />

Ralf Schmerberg, den sie für drei Jahre<br />

unter Vertrag hat. „<strong>Kunst</strong>aktion, Demonstration<br />

oder PR – ist doch scheißegal“, hatte<br />

der Künstler im Januar der Tageszeitung<br />

„taz“ gesagt. Die Initiative Lobby Control<br />

hingegen fand diesen Mischmasch gar<br />

nicht lustig: Mit einer solchen Aktion werde<br />

„der Demobegriff missbraucht“.<br />

WIRTSCHAFT _Entega<br />

Im April dann, zum Jahrestag von Tschernobyl,<br />

eröffnete in Stuttgart das „Café Endlager“<br />

- ein „temporärer Ausstellungsraum<br />

<strong>und</strong> begehbares <strong>Kunst</strong>objekt“, wie Sponsor<br />

Entega erklärte. Es solle „den Blick auf<br />

Atomkraft <strong>und</strong> ihre Endlagerung schärfen“.<br />

Wieder konzipiert von Schmerberg,<br />

wieder eine Wanderung zwischen <strong>Kunst</strong>,<br />

<strong>Kommerz</strong> <strong>und</strong> gesellschaftlicher Verantwortung.<br />

Man habe eben „nicht das ganze<br />

Land flächendeckend mit Werbung zupflastern“<br />

wollen, erklärt Albert Filbert. Er ist<br />

Vorstandsvorsitzender der HEAG Südhessischen<br />

<strong>Energie</strong> AG (HSE), der Mutter-<br />

neue energie 09/2010 119


WIRTSCHAFT _Entega<br />

firma der Entega. Und damit auch der<br />

oberste Chef über die demonstrierenden<br />

Schneemänner.<br />

Das Kollektiv beschließt<br />

den Wandel<br />

Wer ist dieses Unternehmen, das sich im<br />

deutschen Strommarkt derzeit so eigenwillig<br />

präsentiert? 1912 bereits wurde die<br />

HEAG als Hessische Eisenbahn-Aktiengesellschaft<br />

gegründet. Sie übernahm später<br />

das städtische Elektrizitätswerk, wurde im<br />

Laufe der Jahrzehnte zu einem stattlichen<br />

Regionalversorger.<br />

Dieser firmiert heute als HEAG Holding<br />

AG <strong>und</strong> ist noch immer ein kommunales<br />

Unternehmen, in dem die Stadt<br />

Darmstadt einen Großteil ihrer wirtschaftlichen<br />

Aktivitäten gebündelt hat –<br />

mit den drei Geschäftsbe-<br />

reichen <strong>Energie</strong>, Immobilien<br />

<strong>und</strong> Verkehr. Es ist eine<br />

Unternehmenshis torie, wie<br />

es sie dutzendfach gibt in<br />

deutschen Großstädten.<br />

Die Entega-Mutter HSE<br />

ist zu knapp 53 Prozent eine Tochter der<br />

HEAG. Gut sieben Prozent der HSE-Anteile<br />

entfallen auf zwei Landkreise <strong>und</strong> 34<br />

Kommunen. Die verbleibenden 40 Prozent<br />

gehörten bislang der Thüga <strong>und</strong> damit<br />

Eon. Als Eon die Thüga im vergangenen<br />

Jahr aus kartellrechtlichen Gründen verkaufen<br />

musste, war der Anteil an der HSE<br />

aufgr<strong>und</strong> einer Vertragsklausel ausgenommen.<br />

Seither werden die Anteile von Eon<br />

120<br />

HSE <strong>und</strong> Entega in Kürze<br />

Ruhrgas verwaltet, über einen Verkauf ist<br />

noch nicht entschieden.<br />

Im Jahr 1999, ein Jahr nach Öffnung des<br />

Strommarktes, ging auch die HSE einen<br />

Schritt, den viele Stromversorger seinerzeit<br />

taten: Zusammen mit den Stadtwerken<br />

Mainz gründete sie eine Vertriebs tochter –<br />

die Entega. Nicht Öko stand da im Vordergr<strong>und</strong>,<br />

sondern der Markt. Nachdem sich<br />

in diesen Wochen nun die Mainzer von<br />

ihren Anteilen in Höhe von 25,1 Prozent<br />

trennten, gehört das Vertriebsunternehmen<br />

der HSE ganz alleine.<br />

All das klingt nicht nach einem pionierhaften<br />

Ökoversorger. Gleichwohl kam<br />

eines Tages der Schwenk. Man wollte weg<br />

vom Atomstrom, ganz plötzlich. Man<br />

sprach von <strong>Klimaschutz</strong>, begann auf die<br />

Ökoschiene zu setzen. Man war plötzlich<br />

Die Atomkraft ist keine Brückentechnologie,<br />

sondern eine Innovationsbremse.“<br />

anders als andere Stadtwerkekonzerne. Wie<br />

kam’s dazu?<br />

Spurensuche in Darmstadt, an der<br />

Frankfurter Straße. In der Empfangshalle<br />

des Neubaus <strong>und</strong> in den Gängen sieht<br />

es noch ein wenig leer aus, aber so ist das,<br />

wenn eine Firma ihr Wachstum plant. Es<br />

ist hell im Haus, viel weiße Farbe. Das<br />

Objekt lässt keine Zweifel daran, dass hier<br />

ordentlich Geld investiert wurde. Ob das<br />

Die HSE verkaufte im vergangenen Jahr 7,5 Milliarden Kilowattst<strong>und</strong>en Strom, der<br />

Absatz von Erdgas belief sich auf neun Milliarden Kilowattst<strong>und</strong>en. Zudem verkaufte<br />

der Konzern r<strong>und</strong> 13 Millionen Kubikmeter Wasser. Der Konzernumsatz belief<br />

sich auf 1,4 Milliarden Euro, der Gewinn (Ebit) auf fast 40 Millionen Euro.<br />

Die Vertriebsgesellschaft Entega beliefert aktuell r<strong>und</strong> 400 000 Privatk<strong>und</strong>en mit<br />

ihrem Ökostrom-Angebot „Natur pur“ <strong>und</strong> nähert sich damit langsam dem Hamburger<br />

Anbieter Lichtblick – bislang größter Ökostromer mit r<strong>und</strong> einer halben Million<br />

Haushaltsk<strong>und</strong>en. Beim Ökostromabsatz im Privatk<strong>und</strong>ensegment hat Entega<br />

mit 1,6 Milliarden Kilowattst<strong>und</strong>en den Mitbewerber Lichtblick bereits knapp<br />

überholt.<br />

Die HSE investierte im vergangenen Jahr r<strong>und</strong> 194 Millionen Euro, größtenteils<br />

in den Bau regenerativer Erzeugungsanlagen.<br />

neue energie 09/2010<br />

Albert Filbert, CEO der HSE<br />

wohl ein Zeichen der Finanzkraft des Unternehmens<br />

ist? „Wir sind hier nur Mieter“,<br />

beeilt sich der Pressesprecher zu betonen.<br />

Was aber letztlich auch nichts ändert<br />

an dem Eindruck von Aufbruchstimmung.<br />

Albert Filbert ist einer der Köpfe, die<br />

die se Aufbruchstimmung erzeugen. Holger<br />

Mayer, Vorstand Finanzen <strong>und</strong> Vertrieb, ist<br />

der andere. Kollektiv hätten die beiden den<br />

neuen Kurs entwickelt, erläutert der HSE-<br />

Pressesprecher – es soll glaubwürdiger klingen,<br />

als wenn der Strategiewandel eine Ein-<br />

Mann-Veranstaltung wäre.<br />

Doch irgendwie ist es auch schade. Gerne<br />

sähe man an dieser Stelle einen Mr.<br />

Entega sitzen. Einen Kopf, der für den<br />

Wandel des Unternehmens steht. Kollektive<br />

Beschlüsse klingen immer ein wenig<br />

dröge nach reiner Strategie,<br />

weniger nach Herzensentscheidung.<br />

Genau diese Aura von<br />

Strategie strahlt Filbert aus.<br />

Von den Neckarwerken kam<br />

er 1998 zur HEAG <strong>und</strong><br />

stieg im Jahr 2003 zum Vorstandsvorsitzenden<br />

der HSE auf. Der 56-Jährige wirkt<br />

nicht gerade wie jemand, der sich aus purer<br />

Überzeugung für Umweltthemen stark<br />

macht. Vor Jahren sagte er mal in einem<br />

Interview, sein Handeln sei „ganz wesentlich<br />

bestimmt von Verantwortung für die<br />

Mitarbeiter, für die K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> für diejenigen,<br />

die uns ihr Geld anvertrauen – die<br />

Aktionäre“.<br />

Von Verantwortung für die Umwelt<br />

war da noch nicht die Rede. Filbert sagte<br />

aber zugleich: Wandel sei zwar oft unbequem,<br />

biete jedoch immer auch Chancen<br />

zur geschäftlichen Weiterentwicklung.<br />

Diese Chance, kann man folgern, hat er<br />

mit der Ökologisierung der Firma ergriffen.<br />

„Die HSE hat den Wandel vom reinen<br />

Weiterverteiler hin zu einem Nachhaltigkeitskonzern<br />

unter wettbewerblichen<br />

Rahmenbedingungen vollzogen“, betont<br />

er heute.<br />

Klingt er sonst eher kaufmännisch nüchtern,<br />

wird der Ton des Stadtwerkechefs bei<br />

einem Thema plötzlich scharf: „Die Atomkraft<br />

ist keine Brückentechnologie, sondern<br />

eine Innovationsbremse“, sagt Filbert,<br />

„sie zementiert das Oligopol in der Erzeugung<br />

<strong>und</strong> im Vertrieb.“ Eine Laufzeitver


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vom 21.–25.9.2010.<br />

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„Ein bisschen Öko geht nicht“<br />

Interview: Bernward Janzing, Foto: Martin Leissl<br />

neue energie: Herr Filbert, Entega <strong>und</strong> de-<br />

ren Muttergesellschaft HSE machen jetzt<br />

auf Öko. Reagieren Sie schlicht auf einen<br />

veränderten Markt, oder hat sich Ihre Ein-<br />

stellung zu Umweltproblemen tatsächlich<br />

geändert?<br />

Albert Filbert: Ich würde beides nicht als<br />

Widerspruch sehen. Wir erkennen als Un-<br />

ternehmen unsere gesellschaftliche Verant-<br />

wortung. Wir setzen uns für den Schutz des<br />

Klimas ein <strong>und</strong> arbeiten daran, die Atom-<br />

kraft mit ihren Risiken <strong>und</strong> Entsorgungsproblemen<br />

zu überwinden. Gleichzeitig haben<br />

wir den Markt im Blick. Wir konnten unsere<br />

Firmenstrategie nur ändern, weil der Markt<br />

sich geändert hat <strong>und</strong> weiter ändern wird.<br />

ne: Er wird sich in Ihrem Sinne ändern?<br />

Filbert: Davon bin ich überzeugt. Die Umweltverträglichkeit<br />

von Strom, aber auch<br />

von anderen Produkten wird ein immer<br />

wichtigeres Kaufargument.<br />

ne: Die Unternehmensführung der Entega<br />

hat sich nicht geändert in den letzten<br />

Jahren, warum gerade jetzt der Strategieschwenk?<br />

Filbert: Es ist etwas anderes, ob ein neuer<br />

Ökostromanbieter mit dem Markt wächst –<br />

er kann frühzeitig als kleiner Anbieter anfangen<br />

–, oder ob ein großes Unternehmen<br />

mit h<strong>und</strong>ertjähriger Geschichte sagt: Ab<br />

jetzt verkaufen wir nur noch Ökostrom. Bei<br />

uns hängen 2300 Mitarbeiter an einer solchen<br />

Entscheidung. Da muss man erst einiges<br />

umbauen, bis die ganze Mannschaft mit<br />

dem neuen Thema erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />

umgehen kann.<br />

ne: Trotzdem fragen sich die Verbraucher,<br />

warum die Entega, die zuvor nie als Ökovorreiter<br />

galt, sich so plötzlich wandelt.<br />

Filbert: Wir verfolgen unsere Nachhaltigkeitsstrategie<br />

seit einigen Jahren, weil wir<br />

erkannt haben, dass es nicht gut geht, wenn<br />

wir nur ein bisschen auf Öko machen. Wir<br />

mussten den Wandel in einem Schritt tun,<br />

<strong>und</strong> uns komplett neu erfinden. Denn nur so<br />

können wir glaubwürdig nach außen auftre-<br />

Interview<br />

ten. Dass die Umbauprozesse im Unternehmen<br />

gleichwohl dauern, ist unvermeidbar.<br />

ne: Es gibt den Zusammenschluss der reinen<br />

Ökostromer mit Namen „Atomausstieg<br />

selber machen“. Deren strenge Kriterien<br />

sind für viele K<strong>und</strong>en eine Entscheidungshilfe,<br />

wenn es darum geht, ambitionierte<br />

Ökostromanbieter von weniger ambitionierten<br />

abzugrenzen. Vier Firmen sind dort vertreten,<br />

werden Sie die fünfte sein?<br />

Filbert: Wie stehen an einer ganz anderen<br />

Stelle als die vier jungen Ökostromanbieter.<br />

Vergleichen Sie das mit einem Neubaugebiet,<br />

da wohnen junge Familien, die haben<br />

alle die gleichen Probleme, <strong>und</strong> deswegen<br />

ist es sinnvoll, sich zu verbünden. Wir haben<br />

zwar die gleiche Zielsetzung wie die jungen<br />

Firmen, die nur Ökostrom verkaufen, aber<br />

wir sind ein Traditionalist, wir stehen vor<br />

ganz anderen Herausforderungen. Deswegen<br />

sind wir in dem Kreis nicht dabei.<br />

ne: Meinen Sie etwa die Herausforderung,<br />

von der Kohle weg zu kommen, die junge<br />

Ökostromer nie im Mix hatten?<br />

Filbert: Zum Beispiel. Wir sind 2007 aus dem<br />

damals geplanten Kohlekraftwerk in Mainz<br />

ausgestiegen. Schließlich wollen wir unseren<br />

CO2-Ausstoß in den nächsten Jahren um<br />

25 Prozent reduzieren. Wie ernst wir dieses<br />

Anliegen angehen, sehen Sie daran, dass die<br />

HSE bis 2015 über eine Milliarde Euro in regenerative<br />

<strong>Energie</strong>n investieren wird. Dies<br />

unterscheidet uns auch substantiell von anderen<br />

Ökostromanbietern. Wir wollen nicht<br />

nur Ökostromhändler sein, sondern den<br />

Ausbau der Regenerativen selbst forcieren.<br />

ne: Derzeit weisen Sie noch 163 Gramm CO2 pro Kilowattst<strong>und</strong>e aus <strong>und</strong> einen fossilen<br />

Anteil am Strommix von 35 Prozent. Da sind<br />

25 Prozent Reduktion nicht der ganz große<br />

Wurf.<br />

Filbert: Es war für uns schon ein großer<br />

Schritt, im Jahr 2008 auf einen Schlag frei<br />

von Atomstrom zu werden. Wir sind das einzige<br />

etablierte Unternehmen dieser Größe,<br />

das diesen Weg geht. Und jetzt machen<br />

Albert Filbert<br />

ist seit 2003 Vorstandsvorsitzender<br />

der HEAG Südhessische <strong>Energie</strong> AG<br />

(HSE). Vor seiner Zeit bei dem Darmstädter<br />

<strong>Energie</strong>unternehmen war er<br />

17 Jahre für die Neckarwerke in Esslingen<br />

<strong>und</strong> Stuttgart tätig.<br />

wir weiter mit dem CO2. Immerhin haben wir<br />

heute schon 430 000 Ökostromk<strong>und</strong>en mit<br />

null CO2-Emissionen. Und die K<strong>und</strong>en, die<br />

sich nicht für Ökostrom entschieden haben,<br />

erhalten Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung,<br />

der um 70 Prozent weniger CO2 verursacht<br />

als der b<strong>und</strong>esdeutsche Strommix. Der<br />

nächste Schritt ist ein CO2-neutrales Erdgasprodukt.<br />

Wir kompensieren die beim K<strong>und</strong>en<br />

entstehenden Emis sionen durch Aufforstung<br />

<strong>und</strong> Renaturierung von Waldökosystemen.<br />

ne: Kann ein Unternehmen wie Entega<br />

glaubhaft die <strong>Energie</strong>wende vertreten, des-<br />

sen Mutterfirma HSE wiederum zum Teil in<br />

Händen von Eon Ruhrgas ist?<br />

Filbert: Diese Konstruktion rührt daher,<br />

dass die Thüga mit 40 Prozent an der HSE<br />

beteiligt ist. Als im letzten Jahr die Thüga<br />

verkauft wurde, wurde die HSE aufgr<strong>und</strong> ei-<br />

ner Change-of-Control-Klausel ausgenom-<br />

men. Deswegen sitzt Eon noch mit im Boot.<br />

Doch das Unternehmen hat keinen Zugriff<br />

auf unsere Geschäftspolitik, darum haben<br />

wir kein Problem damit. Dies zeigt sich un-<br />

ter anderem auch in unserer Positionierung<br />

gegen die Laufzeitverlängerung von Kern-<br />

kraftwerken. Von uns in Auftrag gegebene<br />

Studien zeigen klar, dass die Laufzeitver-<br />

längerung das Oligopol in der Stromerzeu-<br />

gung zementiert <strong>und</strong> die Modernisierung<br />

des Kraftwerkparks behindert. Deswegen<br />

sind wir ganz entschieden gegen eine Laufzeitverlängerung.<br />

neue energie 09/2010<br />

123


WIRTSCHAFT _Entega<br />

Volle Ökopower: Die Entega baut <strong>und</strong> beteibt<br />

derzeit Grünstromanlagen mit einer Leistung<br />

von 175 Megawatt. Dazu zählen der Windpark<br />

Havelland <strong>und</strong> der Solarpark Lauingen.<br />

längerung sei „wettbewerbswidrig <strong>und</strong> innovationshemmend“<br />

<strong>und</strong> ein „Hindernis<br />

auf dem Weg zu einer nachhaltigen <strong>Energie</strong>versorgung“.<br />

Die heute dominierenden<br />

Gr<strong>und</strong>lastkraftwerke auf Basis von Kohle<br />

<strong>und</strong> Atom müssten ersetzt werden durch<br />

flexible Kraftwerke, die die fluktuierende<br />

Erzeugung der Regenerativen ausgleichen<br />

können. Filbert sieht hier – wie viele <strong>Energie</strong>experten<br />

– einen Systemkonflikt drohen<br />

(siehe Seite 123).<br />

Eigenbetrieb:<br />

Erneuerbare <strong>und</strong> Gaskraftwerke<br />

Welche Systemkomponenten Entega für<br />

notwendig hält, lässt sich aus den oberen<br />

Geschossen der Geschäftsräume beobachten.<br />

Man blickt auf einen großen Platz,<br />

auf dem erste Bauarbeiten begonnen ha-<br />

ben. Hier investiert die HSE<br />

55 Millionen Euro in eine 100<br />

Megawatt(MW)-Gasturbinenanlage.<br />

Darüber hinaus hat sich das<br />

Unternehmen mit 75 MW am Gas- <strong>und</strong><br />

Dampfturbinenkraftwerk Irsching 5 beteiligt,<br />

das im Frühjahr 2010 in Betrieb ging.<br />

Die Anlagen sollen künftig die fossile Ergänzung<br />

der erneuerbaren <strong>Energie</strong>n sein,<br />

die bei der HSE in der Eigenerzeugung an<br />

124<br />

neue energie 09/2010<br />

Bedeutung gewinnen. Derzeit baut <strong>und</strong> betreibt<br />

Entega Ökostromanlagen mit einer<br />

Kapazität von 175 MW.<br />

Zugleich hat das Unternehmen einen<br />

spektakulären Rückzug vollzogen. Im Mai<br />

2009 teilte die HSE mit, dass sie „aus ökologischen,<br />

ökonomischen <strong>und</strong> unternehmensstrategischen<br />

Gründen“ keinen Strom<br />

aus dem geplanten Kohlekraftwerk Ingelheimer<br />

Aue in Mainz beziehen will. Weil<br />

diese Absage nicht der einzige Schlag war,<br />

den das umstrittene Projekt erlebte, wurde<br />

es zwischenzeitlich gestoppt (neue energie<br />

12/2009).<br />

Der Strategiewechsel der Darmstädter<br />

kann also wirklich etwas bewegen. Zumal<br />

das Unternehmen nicht alleine steht,<br />

sich zusammen mit sieben weiteren kommunal<br />

geprägten Versorgern im Stadtwer-<br />

Mit 400 000 K<strong>und</strong>en im Ökostrom-Segment zählt<br />

Entega zu den größten deutschen Anbietern.<br />

keverb<strong>und</strong> 8KU eindeutig gegen Atomenergie<br />

positioniert (siehe Seite 9). Dieser<br />

Kurs der Stadtwerke offenbart auch, wie<br />

sehr die deutsche Stromwirtschaft inzwischen<br />

von unterschiedlichen Positionen<br />

geprägt ist – die Zeiten, als Stromversorger<br />

gleich Stromversorger war, sind definitiv<br />

vorbei.<br />

Bleibt die Frage, wie es mit dem Darmstädter<br />

Ökoanbieter weitergeht? Eine neuerliche<br />

<strong>Kunst</strong>-Werbe-Politaktion ist zu erwarten.<br />

Filbert will das Thema nicht verraten,<br />

aber spektakulär werde die Aktion<br />

wieder sein. Natürlich.<br />

Vorher wird man den Status Quo des<br />

neuen Ökoplayers im Detail zu lesen bekommen.<br />

HSE <strong>und</strong> Entega legen erstmals<br />

Nachhaltigkeitsberichte nach internationalem<br />

Standard vor. Für Entega sollte das<br />

Werk Ende August vorliegen, HSE will im<br />

November folgen. Man redet gerne über die<br />

Berichte, sie sind offenbar der große Stolz<br />

in der Frankfurter Straße.<br />

In die angepeilte Richtung weist bereits<br />

der jüngste Geschäftsbericht der HSE, mit<br />

dem Titel „Der Weg zur Nachhaltigkeit“.<br />

Aufwändig gemacht,<br />

Hochglanz-Bilderdruck, Gestaltung:<br />

Jung von Matt, eine der<br />

namhaften Werbeagenturen im Land. Der<br />

Aufwand ist hoch, der Ressourceneinsatz<br />

üppig. Und so bestätigt auch dieser Bericht,<br />

was man allenthalben spürt: Verglichen mit<br />

den vier bekannten Ökostromanbietern ist<br />

die Entega-Welt eine gänzlich andere.<br />

[ Luft ]<br />

[ Wasser ]<br />

[ Erde ]<br />

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