Tenside im täglichen Leben - CePoL/MC NAWI Graz
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<strong>Tenside</strong> <strong>im</strong> täglichen <strong>Leben</strong><br />
Herstellung und Charakterisierung von Öl in Wasser Emulsionen<br />
Einführung<br />
Emulsionen begleiten uns durchs tägliche <strong>Leben</strong>, als <strong>Leben</strong>smittel wie z.B. Milch<br />
und Milchprodukte, Saucen, Mayonnaise aber auch als Cremen, Salben, Farben,<br />
Reinigungsmittel etc.<br />
Abb. 1: Emulsionen <strong>im</strong> täglichen <strong>Leben</strong><br />
Emulsionen sind disperse Systeme aus mindestens zwei ineinander praktisch<br />
unlöslichen flüssigen Phasen. Die <strong>im</strong> Überschuss vorhandene Flüssigkeit ist die<br />
geschlossene, kontinuierliche oder äußere Phase und die darin, in Form von Tropfen<br />
verteilte, ist die innere oder disperse Phase. Im einfachsten Fall sind diese beiden<br />
Phasen Wasser und Öl.<br />
Je nach Charakter der tropfenbildenden Phase (hydrophil oder lipophil) spricht man<br />
von Öl-in-Wasser-(O/W-) oder Wasser-in-Öl-(W/O-) Emulsionen. In multiplen<br />
Emulsionen ist die disperse Phase selber auch noch eine Emulsion.<br />
Emulsionen sind thermodynamisch instabil, da die Tropfen der dispersen Phase zur<br />
Koaleszenz (=Wiederzusammenfliessen) neigen<br />
Der Emulgierprozess beginnt mit der plötzlichen Erzeugung einer großen Menge<br />
neuer Grenzflächen. Um eine feine Emulsion zu bilden, müssen große deformierbare<br />
Tropfen zerkleinert werden. Dabei konkurrieren formerhaltende und deformierende<br />
1
Kräfte, die bei allen Tropfenzerkleinerungsverfahren durch die kontinuierliche Phase<br />
übertragen werden. Die dazu benötigten Strömungsbedingungen werden durch<br />
Hochgeschwindigkeitsmixer erzielt. Im Nahrungsmittelbereich werden dazu z.B.<br />
Ultraschall-Dispergatoren, Kolloidmühlen oder Hochdruckhomogenisatoren<br />
verwendet.<br />
Zur weiteren Unterstützung des Prozesses werden <strong>Tenside</strong> = Surfactants<br />
eingesetzt, die einerseits die zur Emulgierung erforderliche mechanische Energie<br />
reduzieren und andererseits zur Stabilisierung der gebildeten Emulsion beitragen,<br />
indem sie wieder eine Energieschranke aufbauen.<br />
Abb.2: Emulgierprozess<br />
Die Eigenschaft, die <strong>Tenside</strong> als Emulgatoren auszeichnet, ist ihr amphiphiler<br />
Charakter, d.h. sie sind sowohl „wasserabweisend“ als auch „wasserliebend“, daher<br />
adsorbieren sie an den Grenzflächen zwischen disperser und kontinuierlicher Phase<br />
und bilden elektrostatische und/oder sterische Barrieren gegen Tropfenkoaleszenz<br />
aus. Dadurch wird die Oberflächenspannung einer Flüssigkeit oder die<br />
Grenzflächenspannung zwischen zwei Phasen herabgesetzt und so die Bildung von<br />
Emulsionen überhaupt erst ermöglicht.<br />
Abb. 3: Schematischer Tensidaufbau<br />
2
<strong>Tenside</strong> lassen sich hinsichtlich ihrer hydrophilen Gruppen in nichtionische,<br />
anionische, kationische und amphotere <strong>Tenside</strong> unterteilen.<br />
Abb. 4: Schematische Darstellung der bei <strong>Tenside</strong>n vorkommenden hydrophilen<br />
Gruppen und unterhalb links: SDS = Natriumlaurylsulfat Beispiel eines anionischen<br />
Tensids bzw. rechts CPC = Cetylpyridiniumchlorid als kationisches Tensid<br />
Im <strong>Leben</strong>smittelbereich werden als Emulgatoren sowohl synthetische Produkte, wie<br />
z.B. Sorbitanmonolaurate als auch bzw. vor allem natürliche Substanzen, wie<br />
Lecithine, Cholesterine, Polysaccharide eingesetzt.<br />
Tween 20 = Polyoxyethylen- …………………………………Span 20 = Sorbitansorbitan-monolaurat<br />
monolaurat<br />
Lecithin = Phosphatidylcholin<br />
Abb. 5: Darstellung von <strong>im</strong> <strong>Leben</strong>smittelbereich eingesetzten <strong>Tenside</strong>n<br />
Bei niedriger Tensidkonzentration bilden diese Moleküle an der Wasseroberfläche<br />
eine dünne Schicht und senken die Oberflächenspannung des Wassers indem sie<br />
sich so anordnen, dass die hydrophilen Enden in Richtung des Wassers und die<br />
hydrophoben Enden in Richtung der Luft ragen.<br />
3
Abb. 6: Tensidausrichtung in Wasser bei niedriger Konzentration<br />
Bei hoher Konzentration bilden die einzelnen Moleküle meist kleine, kugelförmige<br />
Aggregate, die Mizellen genannt werden. Dabei richten sie sich so aus, dass die<br />
hydrophoben Enden sich <strong>im</strong> Inneren der Mizellen sammeln und die hydrophilen<br />
Enden sich in Richtung Wasser orientieren. Dieses Verhalten ist überhaupt<br />
Voraussetzung für das Vermögen der <strong>Tenside</strong> Unlösliches löslich zu machen, eine<br />
Eigenschaft, deren wir uns be<strong>im</strong> Waschen täglich bedienen.<br />
Abb.7: Mizellenbildung in Wasser<br />
Auf diese Weise bewirken Emulgatoren aber auch, dass sich zwei nicht miteinander<br />
mischbare Flüssigkeiten zu einer Emulsion vermengen können, indem sich der<br />
hydrophobe Teil <strong>im</strong> Öltröpfchen und der hydrophile <strong>im</strong> Wasser löst.<br />
Abb.8: <strong>Tenside</strong> an Phasengrenzflächen und in Wasser emulgiertes Öltröpfchen<br />
4
Abb.9: Öl in Wasser und Wasser in Öl Emulsion<br />
Für die Charakterisierung von Emulsionen: wichtige physikalisch-chemischen<br />
Größen sind das Phasenvolumenverhältnis, die mittlere Teilchengröße bzw. die<br />
Teilchengrößenverteilung und das Zetapotential.<br />
Das Phasenvolumenverhältnis:<br />
Bis zum Verhältnis der beiden Phasen von 0.3 / 0.7, d.h. 30% innere Phase, 70%<br />
äußere Phase hängen die Eigenschaften der Emulsion <strong>im</strong> Wesentlichen von den<br />
Eigenschaften der äußeren Phase ab. Die Tröpfchen können sich fast unabhängig in<br />
dieser Phase bewegen und auch die Viskosität entspricht ungefähr jener. Mit<br />
steigendem Phasenvolumenverhältnis kommen die Eigenschaften der inneren Phase<br />
deutlich mehr zum Tragen. Wird der Volumenanteil der inneren Phase zu hoch, so<br />
kann sich die Situation ändern, eine O/W- Emulsion wird zu einer W/O- Emulsion und<br />
umgekehrt, es kommt zu einer sogenannten Phaseninversion. Zur Inversion kann es<br />
auch durch Temperaturerhöhung kommen, da höhere Temperaturen die hydrophilen<br />
Wechselwirkungen des Emulgators mit dem Wasser schwächen, sodass die<br />
lipophilen Wechselwirkungen relativ gestärkt werden. Als Folge ist die energetisch<br />
günstigere Situation, in der die Ölphase die kontinuierliche Phase bildet, in der die<br />
Wasserphase emulgiert vorliegt.<br />
Die Partikelgrößenverteilung:<br />
Emulsionen sind niemals mondispers, vielmehr sind die Partikelgrößen innerhalb<br />
einer gewissen Spanne verteilt. Deshalb lassen sich in einer Emulsion höhere<br />
Raumerfüllungen realisieren, als dies in einer monodispersen Packung möglich wäre.<br />
Zwischenräume zwischen den größeren Tropfen werden dabei mit kleineren<br />
aufgefüllt. Der mittlere Teilchendurchmesser liegt zwischen 1oo nm und 1mm. Je<br />
5
größer der mittlere Teilchendurchmesser und je breiter die Teilchengrößenverteilung<br />
desto stärker ist die milchig weiße Trübung der Emulsion.<br />
Best<strong>im</strong>mung des Äquivalentdurchmessers: Im Bereich der Partikelmesstechnik<br />
wird als Merkmal für die Größe der Tröpfchen der Äquivalentdurchmesser eines<br />
Partikels gewählt. Zur Darstellung werden die Mengenanteile best<strong>im</strong>mt, mit denen<br />
die jeweiligen Partikelklassen an der dispersen Phase beteiligt sind.<br />
Werden die Partikel gezählt, so ist die Mengenart die Anzahl, bei Wägungen ist es<br />
die Masse etc. Zur graphischen Darstellung wird ein normiertes Mengenmaß<br />
verwendet, dabei wird die Abhängigkeit der Mengenanteile von der verwendeten<br />
Gesamtmenge el<strong>im</strong>iniert.<br />
Die Summenverteilungskurve Q r (x) gibt die normierte Menge aller Partikel mit einem<br />
Äquivalentdurchmesser kleiner gleich x an. Die diskrete Dichteverteilung q r (x) ergibt<br />
sich nach Bildung der Differenz zwischen den Mengenanteilen Q r der Äquivalentdurchmesser<br />
x u (untere Grenze) und x o (obere Grenze).<br />
Messung mittels dynamischer Lichtstreuung (DLS): Bei der Messung der<br />
Partikelgrösse mit dynamischer Lichtstreuung (DLS) = Photonenkorrelationsspektroskopie<br />
(PCS) = quasielastische Lichtstreuung (QELS) wird das Streulicht<br />
eines Lasers an einer gelösten, bzw. suspendierten Probe analysiert. Diese Methode<br />
wird am häufigsten bei Polymeren und Biopolymeren, z.B. Proteinen angewandt um<br />
den hydrodynamischen Radius dieser Moleküle zu best<strong>im</strong>men.<br />
Die in der Emulsionsprobe dispergierten Tröpfchen streuen das einfallende<br />
Laserlicht, wobei das Streulicht der verschiedenen Streuzentren miteinander<br />
interferiert, was wiederum zu kleinen Fluktuationen in der Streuintensität führt, da<br />
sich die Abstände der Partikel zueinander durch die Brownsche Molekularbewegung<br />
ständig ändern. Werden diese Schwankungen hinsichtlich der Zeit analysiert, erhält<br />
man den Diffusionskoeffizient D als Maß für die Geschwindigkeit, mit der sich die<br />
Teilchen in der Probe bewegen.<br />
Die Zeitabhängigkeit des Signals kann mit einer Zeit-Korrelations-Funktion<br />
beschrieben werden, indem bei sehr kleinen Werten von t das Signal I(t+τ ) = I(t)<br />
best<strong>im</strong>mt (I = Intensität zum Zeitpunkt t). τ wird dann mit der zeitabhängigen<br />
Intensität korreliert, eine Messung dieser Korrelation ist dann die<br />
Autokorrelationsfunktion ACF von I(t),<br />
6
Aus dieser Autokorrelationsfunktion erhält man den Diffusionskoeffizienten D, der die<br />
Geschwindigkeit der Teilchen (auf Grund der Brownschen Wärmebewegung)<br />
beschreibt.<br />
Abb.: 10 Schematische Darstellung einer DLS<br />
Mit Hilfe der Stokes-Einstein-Gleichung lässt sich daraus der hydrodynamische<br />
Radius der Teilchen berechnen:<br />
kBT<br />
RH<br />
=<br />
6πηD<br />
k B = Boltzmann-Konstante<br />
T = Temperatur<br />
η = dynamische Viskosität des Lösungsmittels<br />
R H = hydrodynamischer Radius<br />
D = Diffusionskoeffizient<br />
Die Größenverteilungsfunktion kann dann durch eine indirekte Laplace<br />
Transformation berechnet werden:<br />
Γmax<br />
−Γt<br />
G1<br />
( t) = ∫ G( Γ)<br />
e dΓ<br />
mit τ = 1 =<br />
1<br />
2<br />
Γ ( Dq )<br />
Γmin<br />
G 1 (τ ) = Korrelationsfunktion des gestreuten Feldes E s<br />
7
Das Zetapotential:<br />
Das Zetapotential ist eine elektrische Größe, die Wechselwirkung dispergierter<br />
Teilchen untereinander und mit Komponenten des Dispersionsmittels wesentlich<br />
beeinflusst. Es beschreibt den Ladungszustand bzw. das Potential nahe der<br />
Partikeloberfläche – es ist jenes Potential, mit dem sich das Partikel gegenüber<br />
seinen Nachbarn präsentiert. Es ist also jenes Potential, das auch bei<br />
Verarbeitungsprozessen und bei der Interaktion von Partikeln (Aggregation) die<br />
best<strong>im</strong>menden Wechselwirkungen darstellt.<br />
In einer Elektrolytlösung sind die elektrischen Ladungen, die Richtung der<br />
Wasserdipole und auch die Bewegungsrichtung der Moleküle gleichmäßig statistisch<br />
verteilt. An den Phasengrenzen gilt das nicht mehr, dort kommt es zu einem<br />
Ungleichgewicht elektrischer Ladung, besonders dann, wenn die flüssige Phase ein<br />
polares Medium wie Wasser ist. Beide Seiten der Grenzschicht laden sich mit<br />
Ladungen entgegengesetzten Vorzeichens auf. Dies gilt prinzipiell für alle<br />
Phasengrenzen, jedoch sind aufgrund der großen Bedeutung für technische und<br />
biologische Vorgänge die an der Phasengrenze fest/flüssig auftretenden elektrischen<br />
Erscheinungen von vorrangigem Interesse. Die in der Grenzregion angereicherten<br />
Ladungen können auf verschiedene Art und Weise entstehen:<br />
• Oberflächenladungen können durch die Dissoziation ionogener Gruppen entstehen<br />
( z.B.: -C00 - , -S04 - , -NH 3 + ).<br />
• An der Oberfläche können Ionen spezifisch adsorbiert werden. Bevorzugt werden<br />
an hydrophoben Oberflächen hydratisierte OH - Ionen adsorbiert. Grund dafür ist<br />
die höhere Adsorptionsenthalpie verglichen mit hydratisierten H + Ionen.<br />
Adsorption und die Dissoziation werden als die häufigste Quelle von<br />
Oberflächenladungen betrachtet.<br />
• Ionische Substanzen erwerben eine Oberflächenladung durch die ungleiche<br />
Löslichkeit der Ionen entgegengesetzten Vorzeichens aus denen sie bestehen.<br />
• Isomorphe Substitution von Ionen tritt häufig bei Mineralien auf. Durch den Einbau<br />
anderswertiger Ionen in Gitterleerstellen (z.B.: Al 3+ in ein Gitter aus Si 4+ ) laden sich<br />
Partikel auf.<br />
• Schließlich trägt auch die Ausrichtung der Dipole polarer Lösungsmittel an der<br />
Phasengrenze zur Ausbildung einer Potentialdifferenz bei.<br />
8
Eine oder mehrere dieser Ursachen bewirken, dass an Phasengrenzen ein<br />
Übergewicht einer Ladungsart auftritt.<br />
Überschuß<br />
positiver<br />
Ladungen<br />
Metall Lösung<br />
+ -<br />
+ -<br />
+ -<br />
+ -<br />
+ -<br />
+ -<br />
+ -<br />
+ -<br />
adsorbierte<br />
Anionen<br />
Feststoff Lösung<br />
SO-<br />
3 Na +<br />
SO-<br />
3 Na +<br />
SO-<br />
3 Na +<br />
SO-<br />
Na + 3<br />
SO-<br />
3<br />
Na +<br />
dissoziierte<br />
Kationen<br />
Feststoff<br />
Lösung<br />
- +<br />
- +<br />
-<br />
+<br />
-<br />
+<br />
-<br />
- +<br />
Kationen<br />
- +<br />
adsorbierte<br />
Anionen<br />
Abb.11: Ladungen an Phasengrenzen<br />
Elektrochemische Doppelschicht Die Anreicherung von Ladungsträgern an der<br />
Phasengrenze führt zur Ausbildung einer elektrochemischen Doppelschicht wie sie in<br />
Abbildung 12 schematisch dargestellt ist.<br />
Abb. 12. Elektrochemische Doppelschicht<br />
Die Ladungen der unmittelbar an der Phasengrenze befindlichen Ladungsträger<br />
werden teils durch entgegengesetzt geladene Gegenionen, die fest adsorbiert sind, und<br />
teils durch bewegliche Gegenionen in der flüssigen Phase kompensiert. Die<br />
Konzentration der beweglichen Gegenionen n<strong>im</strong>mt mit der Entfernung von der<br />
Phasengrenze ab, bis die Wärmebewegung und die Orientierungskräfte gleich groß<br />
sind und eine Gleichverteilung von Gegenionen und Coionen in der flüssigen Phase<br />
bewirkt. Die Schicht mit erhöhter Gegenionenkonzentration nennt man<br />
9
elektrochemische Doppelschicht; das Potential dieser Schicht n<strong>im</strong>mt mit der Entfernung<br />
nach folgendem Zusammenhang ab:<br />
ψ<br />
x<br />
= ψ<br />
0* e<br />
- k . x<br />
ψ = Potential an der Stelle x von der Oberfläche<br />
ψ 0 = Potential an der Oberfläche<br />
k = Abklingkonstante, jene Distanz nach der das Potential auf 1/4 vom Anfangswert<br />
PHI 0 abgesunken ist.<br />
1/k = Doppelschichtdicke - Debey Länge<br />
Der Potentialverlauf wird in der diffusen Schicht durch die Wechselwirkung zwischen<br />
thermischer Bewegung und elektrostatischer Anziehung bzw. Abstoßung best<strong>im</strong>mt. Die<br />
qualitative Behandlung des diffusen Teiles der Doppelschicht beruht auf der<br />
Gleichsetzung des Poisson'schen Gesetzes, das das Potential einer Ionenwolke angibt,<br />
mit der Boltzmann-Verteilung. Die Boltzmanngleichung beschreibt in allgemeiner Form<br />
die Verteilung von Teilchen über eine Zahl von Energiezuständen beliebiger Art. Das<br />
Ergebnis ist eine Differentialgleichung, die gelöst werden kann, wenn folgende<br />
Randbedingungen berücksichtigt werden:<br />
x = Abstand von der Phasengrenze<br />
bei x = 0 ist ψ = ψ 0<br />
und bei x = φ ist ψ = 0 und dψ/dx = 0<br />
Nach Anwendung der Debye-Hückel Näherung vereinfacht sich diese Beziehung zu<br />
folgender Gleichung:<br />
ψ x = ψ * e<br />
0<br />
-k . e<br />
Wird nun die feste Phase relativ zur Lösung bewegt, so bleiben zumindest die Ionen<br />
der Sternschicht an der Oberfläche haften, während die Ionen der diffusen Schicht -<br />
oder auch nur ein Teil davon - abgeschert werden. Demnach existiert eine Gleitschicht<br />
zwischen fest adsorbierten und beweglichen Ionen, innerhalb der sich das Potential<br />
nahezu sprunghaft ändert. Das Potential zwischen dieser Scherebene und dem Gleichgewichtspotential<br />
in der flüssigen Phase wird ZETAPOTENTIAL genannt.<br />
10
ψ<br />
ψ 0<br />
Gleitschich<br />
ψ<br />
a)<br />
0<br />
tttt<br />
b)<br />
ψ δ<br />
ζ = ∆ψ<br />
x<br />
x<br />
Abb. 13 Verlauf des Potentials in der Doppelschicht<br />
a) ohne Tangentialbewegung<br />
b) bei Tangentialbewegung der beiden Phasen zueinander<br />
Allerdings kennt man die genaue Lage der Gleitebene nicht, man kann nur vermuten,<br />
dass sie in der Regel ungefähr <strong>im</strong> Abstand 1/k von der Festkörperoberfläche liegt und<br />
damit mit der Grenze zwischen der Stern-Schicht und der diffusen Schicht<br />
zusammenfällt. Vom Zetapotential kann allerdings nicht auf das Oberflächenpotential<br />
ψ 0 geschlossen werden, da der Potentialverlauf in der Stern-Schicht unbekannt ist.<br />
Die Größe und das Vorzeichen des Zetapotentials sind von folgenden Faktoren<br />
abhängig:<br />
a) vom Oberflächenpotential (Abb. 14 a)<br />
b) von der Elektrolytkonzentration (Abb. 14 b)<br />
c) von der spezifischen Adsorption von Ionen an der Festkörperoberfläche (Abb. 14 c)<br />
ψ<br />
ψ 0;1<br />
ζ 1<br />
ψ 0;2<br />
ζ 2<br />
a)<br />
ψ 0<br />
ψ<br />
b<br />
c)<br />
) ψ δ<br />
ζ 1<br />
ζ 2<br />
ψ<br />
ζ 1<br />
ψ 0<br />
ζ 2<br />
x<br />
x<br />
ζ 3<br />
x<br />
Abb. 14<br />
11
Jener Punkt, bei dem das Zetapotential durch pH-Variation 0 ist wird als<br />
ISOELEKTRISCHER PUNKT IEP<br />
Bezeichnet.<br />
Durch die Best<strong>im</strong>mung der pH Abhängigkeit des ZP wird der IEP ermittelt.<br />
Messung des Zetapotentials: Im Gegensatz zu ψ 0 oder ψ δ ist das Zetapotential unter<br />
Ausnutzung der elektrokinetischen Erscheinungen direkt messbar. Dies geschieht<br />
<strong>im</strong>mer durch die Bewegung einer geladenen Oberfläche relativ zur Umgebung, wobei<br />
ein elektrisches Feld entweder die Bewegung verursacht oder ein solches durch die<br />
Bewegung entsteht.<br />
Mikroelektrophorese: tritt in Erscheinung, wenn die Bewegung geladener Teilchen in<br />
einer Flüssigkeit unter dem Einfluss eines angelegten elektrischen Feldes geschieht.<br />
Legt man ein elektrisches Feld an einen Elektrolyten, dann bewegen sich Partikel, die<br />
<strong>im</strong> Elektrolyten suspendiert sind, gegen diejenige Elektrode, deren Polarität der<br />
Partikelladung entgegengesetzt ist. Reibungskräfte (Viskosität) wirken in<br />
entgegengesetzter Richtung. Sobald sich die Reibungskraft und die elektrische<br />
Anziehungskraft die Waage halten, bewegen sich die Partikel mit einer konstanten<br />
Geschwindigkeit. Hierbei hängt die Geschwindigkeit von der Stärke des elektrischen<br />
Feldes, der dielektrischen Konstante, der Viskosität des Mediums und vom<br />
Zetapotential ab. Die Geschwindigkeit der Partikel dividiert durch die elektrische<br />
Feldstärke wird als die elektrophoretische Mobilität bezeichnet. Eine formale Beziehung<br />
zwischen elektrophoretischer Mobilität µe und dem Zetapotential ist durch die Henry-<br />
Gleichung gegeben:<br />
µ = ( ζ . ε / π . η ) . f ( k . a )<br />
e<br />
ε = die dielektrische Konstante<br />
η = V Viskosität des Mediums<br />
f (k.a) = Funktion der Dicke der elektrischen Doppelschicht k = 1/r<br />
und des effektiven Partikeldurchmessers a.<br />
12
Für den Fall eines wässrigen Mediums (hohe Dielektrizitätskonstante) und für eine<br />
mäßig bis hohe Elektrolytkonzentration hat die Funktion f (k.a) den Wert 1/4 und<br />
Gleichung 2 geht über in:<br />
Diese Gleichung wird für die <strong>im</strong> Praktikum durchgeführten Exper<strong>im</strong>ente verwendet. Bei<br />
25°C gilt für wässrige Systeme folgende Beziehung zwischen Zetapotential und<br />
elektrophoretischer Mobilität:<br />
µ = ζ . ε / ( 4 π . η )<br />
e<br />
ζ = 12.85 . µ<br />
e<br />
[ m V ]<br />
Praktische Durchführung<br />
Aufgabenstellung<br />
Im Praktikum sollen <strong>Tenside</strong> = Emulgatoren untersucht werden, die <strong>im</strong><br />
<strong>Leben</strong>smittelbereich eingesetzten werden.<br />
Da die Hauptaufgabe eines Emulgators darin besteht, an der Oberfläche der frisch<br />
gebildeten feinen Tropfen adsorbiert zu werden und zu verhindern, dass diese mit<br />
ihren Nachbarn wieder zusammenfließen, wird seine relative Effektivität evaluiert,<br />
indem unter kontrollierten hydrodynamischen Bedingungen die Konzentrationsmenge<br />
best<strong>im</strong>mt wird, die notwendig ist um die kleinste mittlere Tropfengröße zu<br />
produzieren (= max<strong>im</strong>ale Oberfläche pro Volumeneinheit Öl).<br />
Dazu werden <strong>im</strong> Praktikumsbeispiel Öl in Wasser-Emulsionen mit einem<br />
Phasenvolumenverhältnis von 5% Öl zu 95% Wasser hergestellt und die Effektivität<br />
der verschiedenen Emulgatoren durch Variation ihrer Konzentration untersucht. Dazu<br />
werden die Grösse der emulgierten Teilchen sowie deren Zetapotential best<strong>im</strong>mt.<br />
13
Geräte und Chemikalienliste<br />
250 ml Weithalsflaschen mit Stöpsel, Stativ und Halterung<br />
auf 20°C thermostatisiertes Wasserbad / Haake<br />
Analysenwaage KB / Kern, Löffel<br />
Dispergiergerät Ultra Turrax T 25 basic / IKA, Stativ und Halterung<br />
1 ml Automatikpipette mit Spitzen<br />
500 ml Maßkolben<br />
250 ml Erlmeyerkolben mit Rührknochen, Magnetrührer /<br />
pH-Meter 601 I / Orion<br />
Spritzflasche für Wasser<br />
Einmalküvetten Acryl<br />
Zetapotential Analysator Zeta PALS / Brookhaven<br />
Öl<br />
Aqua dest<br />
Als Emulgatoren: Lecithin, Span 20, Tween 20<br />
Herstellung von Emulsionen<br />
0.1 bis 1 g Emulgator<br />
+ 94 bis 94.9 g aqua dest.<br />
+ 5 g Öl<br />
in einer 250 ml Weithalsflasche nacheinander einwiegen.<br />
Flasche in Halterung fixieren und ins Wasserbad bringen<br />
Rührstab fast bis zum Flaschenboden in die Probe eintauchen lassen und mit der<br />
der Stufe 5 entsprechenden Geschwindigkeit von 21500 1/min für die Dauer von<br />
20 Minuten mixen.<br />
Charakterisierung von Emulsionen<br />
Danach die so hergestellte Emulsion <strong>im</strong> Verhältnis 1:500 verdünnen, pH-Wert,<br />
Partikelgrößenverteilung und Zetapotential best<strong>im</strong>men<br />
Analyse der Partikelgröße mit dem Brookhaven 90PLUS Analysengerät<br />
Die Partikelgröße wird hier mit der Methode der quasielastischen Lichtstreuung<br />
analysiert. Die Messung liefert als Ergebnis den mittleren Durchmesser =<br />
effektiver Durchmesser der Partikel, Einheit in [nm] sowie be<strong>im</strong> Vorliegen von<br />
verschieden großen Partikeln die Bandbreite ihrer Verteilung = Polydispersität.<br />
Darüber hinaus kann die logarithmische Verteilung dieser Werte und/oder ihre<br />
mehrgipfelige Verteilung angezeigt werden um detailiertere Informationen zu den<br />
Größenverteilungen zu erhalten.<br />
14
Abb.15: links: b<strong>im</strong>odale Verteilung, rechts: logarithmische Verteilung<br />
von Partikel mit 374 nm und Polydispersität 0.252, gemessen in einer Öl in<br />
Wasser Emulsion mit Lecithin als Emulgator<br />
Best<strong>im</strong>mung des Zetapotentials mit dem ZetaPlus<br />
Die Geschwindigkeit der Partikel <strong>im</strong> elektrischen Feld wird auf dieselbe Weise<br />
gemessen wie <strong>im</strong> oberen Kapitel Mikroelektrophorese beschrieben.<br />
15