Förderverein Trauerbegleitung eV
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FÖRDERVEREIN<br />
TRAUERBEGLEITUNG E. V.<br />
AUS DER ARBEIT EINER PROFESSIONELLEN TRAUERBEGLEITERIN<br />
Trauernde benötigen manchmal Unterstützung von außen, weil es Fragen und Gedanken<br />
gibt, die beunruhigen, die man aber innerhalb der eigenen Familie nicht stellen möchte,<br />
stellen darf. Solange diese Fragen unbeantwortet sind, geben die Gedanken und die<br />
Phantasiebilder keine Ruhe.<br />
Pascal hat sich im Alter von 14 Jahren erhängt. Alina, die 11 jährige Schwester, besucht die<br />
<strong>Trauerbegleitung</strong>. „Ich habe noch eine Frage“, Alina schaut verlegen zur Seite. „Du hast<br />
doch Pascal gesehen, als er tot war. War sein Hals … sehr lang“ „Warum“ „… Weil er doch<br />
so lang am Seil gehangen hat …“ „Nein, der Hals ist nicht länger geworden. Es waren rote<br />
Striemen daran, die konnte man aber kaum sehen, weil Pascals Rollkragenpulli das etwas<br />
verdeckt hat. Pascal sah aus, als würde er schlafen. Obwohl er ja nicht geschlafen hat,<br />
sondern tot ist.“ Diese Antwort ist vorerst für Alina zufrieden stellend. Vielleicht kann sie in<br />
einigen Jahren anderen davon erzählen, vielleicht sogar über den Gedankengang - trotz<br />
aller Dramatik - schmunzeln. Heute aber braucht sie pure Information um ihre Gedanken<br />
und Gefühle zu ordnen.<br />
Ein Nachmittag in einer Gruppe verwaister Kinder<br />
Wir sitzen um das Lagerfeuer herum, in dem die Briefe verbrannt werden sollen, die die<br />
Kinder an Mama, Papa oder den kleinen Bruder geschrieben haben, die verstorben sind.<br />
Selbst der Junge mit der Rechtschreibschwäche schreibt und schreibt und schreibt... Wer<br />
mag, lässt seinen Brief für sich und diejenigen, denen er auch gezeigt werden soll,<br />
fotografieren. Dies möchten 6 Kinder, 2 behalten den Inhalt für sich. Das ist ok, hier<br />
erzählt jeder so viel, wie es für ihn passend ist.<br />
Wenn es ein Leben nach dem Tod gibt - und daran glauben diese Kinder alle - dann spüren<br />
Papa, Mama oder der Bruder ganz bestimmt schon, was ihnen gesagt werden möchte. Aber<br />
trotzdem verbrennen wir die Briefe, damit der Rauch mit dem Inhalt in den Himmel steigen<br />
kann. Einer nach dem anderen übergibt die Nachricht dem Feuer. Ohne Absprache wartet<br />
jedes Kind, bis der einzelne Brief verbrannt ist. Wertschätzung dem anderen gegenüber …<br />
Bevor Julian seinen Brief in die Flammen legt, sagt er: „Ich möchte erst noch was sagen…<br />
Papa, ich leg’ jetzt den Brief an dich ins Feuer. Ich hoffe, das, was ich geschrieben habe,<br />
kommt bei dir oben an!“ Dann schaut er zufrieden zu, wie der Brief verbrennt. Wir haben<br />
eine Gitarre dabei, ein Mädchen hat sich ein Lied gewünscht.<br />
Plötzlich sagt Julian: „Ich habe grade eine Antwort<br />
gekriegt.“ Alle schauen ihn an, bis auf Paula, die<br />
erwidert: „Ich auch.“ Die Trauerbegleiterin: „Ja,<br />
manchmal fühlt es sich richtig an.“ „Nein“, sagt<br />
Julian, „nicht gefühlt, ich habe gehört.“<br />
In den Kinder- und Jugendtrauergruppen wird nicht mit den Emotionen der Kinder gespielt,<br />
die Kinder haben ihre persönlichen Gefühle. Es gibt Rituale, es gibt Geschichten, Fotos von<br />
früher und heute, Malen, Kochen, Musik, Tiere, Witze und auch Versteckspiele. Hier ist ein<br />
Ort, an dem die Traurigkeit und die Ernsthaftigkeit genauso sein dürfen, wie Lebendigkeit<br />
und Fröhlichkeit. Das ist Leben.