15. G·E·M Markendialog - Universität zu Köln
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4/ 2011<br />
9,80 Euro<br />
DAS MAGAZIN FÜR MARKENFÜHRUNG<br />
markenartikel<br />
Aktiv & Finanzstark<br />
Best Ager: Eine Zielgruppe sorgt für neue Impulse<br />
Healthcare Marketing: Gesundheit ist das höchste Gut<br />
<strong>G·E·M</strong>: Industrie & Handel müssen konstruktiven Dialog fortsetzen
MARKENFÜHRUNG<br />
g·e·m <strong>Markendialog</strong> Markenartikel 4/2011<br />
HANDEL<br />
RECHT<br />
SERVICE<br />
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An einem Strang ziehen<br />
Die Untersuchungen des Bundeskartellamtes haben das Verhältnis<br />
zwischen Herstellern und Handel einmal mehr ins Zentrum<br />
der Aufmerksamkeit gerückt. Das Thema des <strong>G·E·M</strong> <strong>Markendialog</strong>s<br />
»Markenstrategien im Spannungsfeld Hersteller – Handel«<br />
war nicht <strong>zu</strong>letzt aus diesem Grund brandaktuell.<br />
Das Verhältnis zwischen den Markenartikel-Herstellern<br />
und dem Handel ist oft spannungsgeladen und geprägt<br />
durch Machtkämpfe zwischen den Akteuren. Beide<br />
Parteien verfolgen eigene Ziele, die mitunter schwer<br />
in Einklang <strong>zu</strong> bringen sind. Zum einen sind da die<br />
Verhandlungen um Konditionen, um Spannen, Margen<br />
und Regalplätze, die immer wieder für Konfrontation<br />
sorgen. Zum anderen wird die Situation <strong>zu</strong>nehmend<br />
dadurch verschärft, dass sich die Machtverhältnisse<br />
verschoben haben. Die Konzentration im Einzelhandel<br />
und die Ausweitung der Handelsmarken-Sortimente<br />
sind vielen Herstellern ein Dorn im Auge, da die Macht<br />
des Handels steigt und die Eigenmarken in vielen Bereichen<br />
<strong>zu</strong> ernst <strong>zu</strong> nehmenden Konkurrenten der Herstellermarke<br />
geworden sind.<br />
Letztlich ist den Beteiligten allerdings klar, dass keiner<br />
ohne den anderen bestehen kann. Wenn alle Zeichen<br />
auf Konfrontationen stehen, werden Wachstums- und<br />
Gewinnchancen verspielt. »Handel und Industrie haben<br />
ein gemeinsames Interesse an hoher Wertschöpfung.<br />
Marken schaffen immer noch die höchste Wertschöpfung,<br />
weil sie in der Lage sind, ein Preispremium<br />
beim Konsumenten durch<strong>zu</strong>setzen«, meint Dr. Adalbert<br />
Lechner, Geschäftsführer der Chocoladefabriken<br />
Lindt & Sprüngli. »Wenn der Industrie jedoch die Mittel<br />
fehlen, die Marke <strong>zu</strong> stärken, und der Handel mit<br />
seiner Einkaufsmacht einseitige Verschiebungen in der<br />
Wertschöpfungskette durchsetzt, verlieren beide.«<br />
Die Parteien müssen sich deshalb arrangieren, um auch<br />
künftig Wertschöpfung <strong>zu</strong> generieren. Bisher sind Kooperationsansätze<br />
von Industrie und Handel aber oft<br />
noch nicht gängige Praxis. In Zeiten, in denen die<br />
Branche unter Generalverdacht steht, wird die Situation<br />
dabei kaum einfacher. Die Sektoruntersuchung<br />
im Lebensmitteleinzelhandel durch das Bundeskartellamt<br />
hat für viel Wirbel gesorgt. Die Wettbewerbshüter<br />
wollen heraus<strong>zu</strong>finden, ob im LEH tatsächlich ausreichend<br />
Wettbewerb herrscht und die Märkte für den<br />
Einkauf funktionieren. Das Thema wird wohl in den<br />
kommenden Monaten weiter für Verunsicherung sorgen.<br />
Auch beim <strong>15.</strong> <strong>G·E·M</strong> <strong>Markendialog</strong> <strong>zu</strong>m Thema<br />
»Markenstrategien im Spannungsfeld Hersteller –<br />
<strong>G·E·M</strong> Award<br />
Emil Underberg (M.), Seniorchef des Familienunternehmens Underberg, ist Preisträger<br />
des <strong>G·E·M</strong> Awards, den die <strong>G·E·M</strong> Gesellschaft <strong>zu</strong>r Erforschung des Markenwesens am 23.<br />
Februar erstmals verliehen hat. Der Preis ehrt Vordenker auf dem Gebiet des Markenwesens,<br />
die Entwicklungen in der Markenführung und Markentechnik anführen und/oder entscheidend<br />
beeinflussen. Das Kuratorium der <strong>G·E·M</strong>, das als Jury fungiert, lobte vor allem<br />
das »Engagement und lebendige Markenbewusstsein« Underbergs und würdigte ihn als<br />
»langjährigen Markengestalter und unternehmerisches Vorbild«. Zudem wurden sein »positives<br />
Verhältnis <strong>zu</strong> Tradition und Kontinuität in der Markenführung« und sein Wille »einer<br />
Line Extension in der Markenpolitik <strong>zu</strong> widerstehen« hervorgehoben. Er sei ständiger Beweis<br />
dafür, dass gleichbleibende Qualität die Basis der Marke bildet. Laudator war der frühere Unilever Deutschland-Chef Johann C. Lindenberg (l.).<br />
Underberg, der im Februar seinen 70. Geburtstag feierte, trat 1964 als geschäftsführender Gesellschafter in das 1846 gegründete Familienunternehmen<br />
in Rheinberg ein. Der bekannte Kräuterbitter der Semper Idem Underberg AG (semper idem = stets gleich bleibende Qualität und Wirkung)<br />
wird seit 1949 nur noch in der 2cl-Portionsflasche angeboten. Unter Emil Underberg entwickelte sich das Unternehmen <strong>zu</strong> einem international<br />
aufgestellten Spirituosen-, Wein- und Sekthaus, <strong>zu</strong> dessen Portfolio auch Marken gehören wie Schlumberger Sekt, Asbach, Amarula oder Pitú.
markenartikel 4/2011<br />
<strong>G·E·M</strong> <strong>Markendialog</strong><br />
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Diskutierten über Kooperationen: Prof. Dr. Bernhard Swoboda, Fanz-Friedrich Müller, Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Richard Köhler und Willi Schwerdtle (v.l.).<br />
Handel« am 24. Februar im Harnack-Haus in Berlin<br />
waren die aktuellen Entwicklungen Gegenstand der<br />
Diskussion. Bei allen Unterschieden waren sich die<br />
über 90 Teilnehmer aus Industrie, Handel und Wissenschaft<br />
dabei einig, dass es vor allem darum gehen muss,<br />
Handlungsspielräume <strong>zu</strong> erhalten. »Wenn Dialog nicht<br />
möglich ist, werden Werte vernichtet«, warnte Friedrich<br />
Neukirch, Vorstandsvorsitzender der <strong>G·E·M</strong> und<br />
Geschäftsführer Klosterfrau Healthcare Group.<br />
Kartellamt: Gefahr für Kooperation<br />
Teilnehmer der Veranstaltung teilen die Kritik am Vorgehen<br />
des Kartellamtes. Perry Soldan, Chef des Familienunternehmens<br />
Dr. C. Soldan: »Generell schadet es einer<br />
gesunden Entwicklung immer, wenn der Gesetzgeber<br />
die freien Märkte <strong>zu</strong> sehr reglementiert.« Natürlich müsse<br />
darauf geachtet werden, dass die Großkonzerne keine<br />
<strong>zu</strong> vorherrschende Stellung einnehmen und dadurch<br />
den Mittelstand verdrängen. »Als mittelständisches Familienunternehmen<br />
wünschen wir uns Kooperationen,<br />
in denen beide Seiten ihr Wissen und ihre Erfahrungen<br />
einfließen lassen können: das Wissen des Handels über<br />
das Category Management und das der Industrie über<br />
die Markenführung und die Konsumenten.« Dann habe<br />
man eine Win-Win-Situation.<br />
Hanns-Thomas Schamel, Geschäftsführender Gesellschafter<br />
Schamel Meerrettich, betont: »Wer für eine<br />
Marke und damit eine ganze Wertschöpfungskette Verantwortung<br />
trägt, muss logischerweise vorgeben können,<br />
in welcher Leistungs- und damit Preisklasse diese<br />
Marke antreten soll.« Eine Einschät<strong>zu</strong>ng, die Lechner<br />
bestätigt. Der Preis sei eines der wesentlichsten Elemente<br />
in der Positionierung. »Daher muss Preispflege ein legitimes<br />
Mittel für den Markeninhaber bleiben, um seine<br />
Marke <strong>zu</strong> schützen. Hier muss ein konstruktiver Weg<br />
gefunden werden und Rechtssicherheit bestehen.«<br />
Ins Bockshorn jagen lassen wollen sich die Beteiligten<br />
trotz aller Unsicherheiten indes nicht. Harry Brouwer,<br />
CEO von Unilever Deutschland, betont: »Wir werden<br />
den Dialog auch in Zukunft fortsetzen. Gemeinsam haben<br />
wir das Ziel, nachhaltig <strong>zu</strong> wachsen und den Konsumenten<br />
mit noch besseren Produkten und einem inspirierenden<br />
Einkaufsumfeld <strong>zu</strong> überzeugen.«<br />
An welchen Punkten man dabei ansetzen könnte, zeigte<br />
Professor Dr. Thomas Rudolph, Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre<br />
und Marketing an der <strong>Universität</strong><br />
St. Gallen. Die letzten fünf Minuten vor dem Kauf<br />
würden in Zukunft für den Hersteller immer entscheidender.<br />
Hier gelte es, den Konsumenten <strong>zu</strong> überzeugen.<br />
Auf der Verkaufsfläche liege aber »einiges im Argen«.<br />
Monobrand Stores seien eine Möglichkeit für<br />
Hersteller, ihre Marken konsistent <strong>zu</strong> inszenieren und<br />
<strong>zu</strong> zelebrieren. Das bestätigte Dr. Reinhard Zinkann,<br />
geschäftsführender Gesellschafter Miele & Cie., der betonte:<br />
» Die Herausforderung ist es, das Spannungsfeld<br />
in ein Energiefeld um<strong>zu</strong>wandeln. Das Markenversprechen<br />
muss auf allen Ebenen eingelöst werden.« Miele<br />
setze deshalb auf ein Markenmanagement mit allen<br />
beteiligten Partnern. Wer dabei die Führung übernehmen<br />
muss, daran ließ Zinkann indes keinen Zweifel:<br />
»Hersteller und Händler sitzen in einem Boot, aber der<br />
Hersteller bestimmt den Kurs.« Das bestätigt Schamel:<br />
»Wer eine Marke führt, muss auch das Sagen im Absatzweg<br />
<strong>zu</strong>r Kundschaft haben, denn bei Fehlsteuerung<br />
droht die gesamte Wertschöpfungskette nachhaltigen<br />
Schaden <strong>zu</strong> nehmen.«<br />
Einen anderen Aspekt im Verhältnis zwischen Handel<br />
und Hersteller sprach Prof. Dr. Werner J. Reinartz an,<br />
Direktor des Seminars für Handel und Kundenmanagement<br />
an der <strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Köln</strong> und Direktor des Instituts<br />
für Handelsforschung. Er erklärte, dass die traditionellen<br />
Rollenverhältnisse <strong>zu</strong>nehmend aufbrechen.<br />
»Der Hersteller wird <strong>zu</strong>m Händler und der Händler<br />
<strong>zu</strong>m Hersteller.« So verfüge der Handel heute über<br />
werthaltige Eigenmarken. Great Value, die Eigenmarke<br />
von Walmart, sei beispielsweise am Umsatz gemes-
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g·e·m <strong>Markendialog</strong> Markenartikel 4/2011<br />
»<br />
Ich bin davon überzeugt, dass wir nur<br />
gemeinsam nachhaltig wachsen können.<br />
Harry Brouwer, Unilever<br />
sen die größte Marke der Welt. Demgegenüber würden<br />
Hersteller neue Wege <strong>zu</strong>m Konsumenten suchen. So<br />
verkaufe Procter & Gamble auf dem US-Markt in seinen<br />
Autowaschanlagen »Mr. Clean Wash« keine Reinigungsmittel,<br />
sondern saubere Autos.<br />
Ein Beispiel für den Aufbau von Eigenmarken ist der<br />
Handelsriese Rewe, der vom Preiseinstiegsbereich bis<br />
hin <strong>zu</strong>m Premium-Sortiment die gesamte Range abdeckt.<br />
Das sei wichtig für das Retail Branding, denn<br />
laut Josef Sanktjohanser, Vorstand der Rewe Group<br />
<strong>Köln</strong>, ist Differenzierung das oberste Gebot. Der Handel<br />
müsse ein klares Markenprofil entwickeln. Dabei<br />
brauche er sowohl Hersteller- als auch Händlermarken,<br />
um das Bedürfnis des Verbrauchers nach Vielfalt<br />
und emotionalem Einkaufserlebnis <strong>zu</strong> befriedigen.<br />
Herstellermarken fungierten <strong>zu</strong>dem als Referenz für<br />
Händlermarken in punkto Qualität und Preis.<br />
Gerade die Preiskämpfe sehen die Markenartikler kritisch.<br />
Soldan erklärt, dass sie die Marke stark belasten<br />
und letztlich den Markenwert beschädigen. »Dem Handel<br />
wäre besser gedient, wenn er sich nicht nur über den<br />
Preis differenzieren würde. Eine Marke liefert ihm einen<br />
wahren Nutzen. Diesen Mehrwert sollte der Handel<br />
voll ausschöpfen.« Sankjohanser beschwichtigt: »Wir<br />
kämpfen hier nicht gegen die Hersteller, sondern für<br />
die Kunden.« Die Handelsmarken bezeichnete er als<br />
Innovationstreiber für Herstellermarken. Einer Eigenmarkenbegren<strong>zu</strong>ng<br />
erteilte er eine klare Absage. Er gehe<br />
davon aus, dass sich der Rewe-Eigenmarkenanteil bei<br />
etwas mehr als 30 Prozent einpendeln werde.<br />
Das Thema Kooperation war auch der Schwerpunkt<br />
des Vortrags von Professor Dr. Professor h.c. Bernhard<br />
Swoboda, Professor für Marketing und Handel der <strong>Universität</strong><br />
Trier. Empirische Studien belegten, dass kollaborative<br />
Strategien, also die Zusammenarbeit gleichgewichtiger<br />
Partner, die erfolgversprechenderen seien.<br />
Liege in einer Kooperation die Macht nur bei einem<br />
Partner, wirke sich diese Dominanz negativ auf die Effektivität<br />
der Beziehung aus. Für die Zukunft sieht Swoboda<br />
vor allem internationale Kooperationen auf dem<br />
Vormarsch. Player wie Metro, Tesco, Walmart oder Carrefour<br />
kooperierten bereits mit Herstellern wie Procter<br />
& Gamble und Unilever beim Thema JAG »Jointly<br />
Agreed Growth«. Ziel dieses Ansatzes ist, dass Hersteller<br />
und Händler ihr Wissen <strong>zu</strong>sammenführen und neue<br />
Ideen mit Kundennutzen entwickeln.<br />
Industrie und Handel: Gemeinsam <strong>zu</strong>m Erfolg<br />
Eine Kooperation könne aber nur dann ihre Ziele erreichen,<br />
wenn die Interaktion zwischen Hersteller und<br />
Handel von einer gemeinsamen Vertrauenskultur geprägt<br />
sei, betonte Swoboda. »Es geht darum, Kooperationen<br />
<strong>zu</strong> schließen und gemeinsam Aktivitäten voran<strong>zu</strong>treiben,<br />
also um ein kontinuierliches Miteinander«,<br />
bestätigt Wolfgang Siegel, Leiter Marketing bei Dr. C.<br />
Soldan. »Gemeinsam kann man den Mehrwert für alle<br />
Beteiligten erhöhen.« Willi Schwerdtle, Vice President<br />
Global Customer Business Development bei Procter &<br />
Gamble, zeigte auf, wie eine solche Kooperation zwischen<br />
Handel und Hersteller aussehen kann. Denn: »Die<br />
Herausforderungen der Zukunft sind gemeinsam besser<br />
<strong>zu</strong> bewältigen.« Er hob unter anderem die Initiative<br />
Consumer Goods Forum hervor. In dem internationalen<br />
Netzwerk arbeiten mehr als 650 Händler, Herstel-<br />
Ende einer Ära<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Richard Köhler, Emeritus am Marketing-Seminar der <strong>Universität</strong> <strong>zu</strong><br />
<strong>Köln</strong>, hat in diesem Jahr auf eigenen Wunsch den <strong>G·E·M</strong> <strong>Markendialog</strong> <strong>zu</strong>m letzten Mal moderiert.<br />
Es sei an der Zeit, dass nun andere diese Aufgabe wahrnehmen, sagte Köhler, der<br />
gleichzeitig <strong>zu</strong>m Ehrenmitglied der <strong>G·E·M</strong> ernannt wurde. Der Vorstandsvorsitzende Friedrich<br />
Neukirch dankte Köhler für sein großes Engagement und würdigte seinen Beitrag<br />
bei der Findung und Formulierung der Themen. Mit seiner großen Erfahrung, seinem profunden<br />
Wissen sowie seinen Netzwerken in Hochschulen und Unternehmen habe er sich<br />
u.a. bei der Gewinnung von Referenten aus Wissenschaft und Praxis verdient gemacht.<br />
Köhler ist seit 1993 Mitglied im Kuratorium der <strong>G·E·M</strong> Gesellschaft <strong>zu</strong>r Erforschung des<br />
Markenwesens und steht wie kaum ein anderer für den Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis. Seit 1997 hat er alle <strong>Markendialog</strong>e moderiert.<br />
Er gehört <strong>zu</strong>dem der Jury für den Wissenschaftspreis an, den <strong>G·E·M</strong> und Markenverband seit 1980 verleihen.
<strong>G·E·M</strong> <strong>Markendialog</strong><br />
MARKENFÜHRUNG<br />
HANDEL<br />
Friedrich Neukirch, Vorstandsvorsitzender der <strong>G·E·M</strong> und Geschäftsführer<br />
der Klosterfrau Healthcare Group, über die Notwendigkeit des<br />
Dialogs zwischen Handel und Industrie.<br />
RECHT<br />
SERVICE<br />
»Wenn Dialog nicht möglich ist, werden Werte vernichtet«, warnte<br />
Friedrich Neukirch, Vorstandsvorsitzender der <strong>G·E·M</strong>.<br />
MARKENARTIKEL: Im Fokus des <strong>15.</strong> <strong>G·E·M</strong> <strong>Markendialog</strong>s standen Markenstrategien<br />
im Spannungsfeld Hersteller – Handel. Vertreter aus<br />
Wissenschaft und Praxis haben das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln<br />
betrachtet. Welches Fazit ziehen Sie nach der Tagung<br />
Friedrich Neukirch: Dass es sich bei den Beziehungen um eine »never<br />
ending story« handelt. Ebenso aber auch, dass in bestimmten Zeitabschnitten<br />
ganz bestimmte Themen im Vordergrund stehen. Das war<br />
<strong>zu</strong>m Beispiel in den 1970er-Jahren die Zusammenarbeit von Herstellern<br />
und Handel bei der Verkaufsförderung am POS; in den 1990er-Jahren<br />
ging es um ECR Efficient Consumer Response als Grundlage für eine<br />
Verbesserung der Zusammenarbeit von Handel und Industrie.<br />
45<br />
ler und Dienstleister aus 70 Ländern an der Optimierung<br />
von Branchenprozessen. Procter & Gamble hat<br />
aber auch eigene Projekte initiiert wie gemeinsam mit<br />
der Metro auf Testmärkten in Spanien und Ungarn. Reinigungsmittel<br />
für den privaten Haushalt wurden dort in<br />
Formel und Design für den professionellen Markt weiterentwickelt.<br />
Über das Netzwerk der Metro-Kunden<br />
im Gastronomiebereich werden die Gastronomen mit<br />
Spülmitteln, Waschmitteln und Sanitärreinigern angesprochen,<br />
die speziell auf ihre Produktbedürfnisse abgestimmt<br />
sind. »Kooperation ist der Wegweiser auf dem<br />
Weg in die Zukunft«, betonte Schwerdtle.<br />
Herausforderung der Zukunft<br />
Die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Händlern<br />
<strong>zu</strong> fördern, ist das Hauptgeschäft der Markant<br />
AG. »Wir sind Mittler zwischen Industrie und Handel«,<br />
sagte Franz-Friedrich Müller, Geschäftsführer der<br />
Markant, Pfäffikon/Schweiz. Kooperation funktioniere<br />
aber nur auf Augenhöhe beziehungsweise, wenn gegenseitige<br />
Abhängigkeiten bestehen. »Weder Industrie<br />
noch Handel können sich auf Dauer einen Alleingang<br />
oder Insellösungen leisten«, so Müller. »Die Zukunft<br />
heißt Multi-Channel. Das wird <strong>zu</strong>r taktgebenden Herausforderung<br />
für jeden Marktteilnehmer.«<br />
Beim <strong>G·E·M</strong> <strong>Markendialog</strong> wurde klar: Gewinnen<br />
können Industrie und Handel nur <strong>zu</strong>sammen. »Es gibt<br />
nach wie vor eine Menge Themen, die wir gemeinsam<br />
vorantreiben können«, meint Brouwer. Zentral sei vor<br />
allem das Thema Nachhaltigkeit. »Wir wollen wachsen<br />
– genauso wie der Handel auch. Aber das können<br />
wir nur, wenn wir mit den uns <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden<br />
Ressourcen verantwortungsvoll umgehen. Wenn<br />
wir hier etwas verändern wollen, müssen Industrie und<br />
Handel gemeinsam neue Wege gehen.« Er ergänzt: »Bei<br />
allem Gebot <strong>zu</strong>r Vorsicht: Ich bin davon überzeugt,<br />
dass wir nur gemeinsam nachhaltig wachsen können.<br />
Den konstruktiven Dialog, den wir mit dem Handel<br />
führen, werden wir daher auch in Zukunft fortsetzen.«<br />
Vanessa Göbel<br />
MARKENARTIKEL: Und heute<br />
Neukirch: Heute diskutieren wir Markenstrategien: beim Handel mit<br />
Rückwärtsintegration, beim Hersteller mit Vorwärtsintegration – oder<br />
aber kooperative Markenstrategien von Hersteller und Handel. Die Vielfalt<br />
der möglichen Strategien haben die Referenten beim <strong>15.</strong> <strong>G·E·M</strong> <strong>Markendialog</strong><br />
aufgezeigt. Es gibt nicht das Patenrezept für eine Zusammenarbeit,<br />
aber es gibt sehr erfolgreiche Varianten und Ausprägungen.<br />
MARKENARTIKEL: Vor dem Hintergrund der kartellrechtlichen Diskussionen<br />
ist das Thema aktuell wieder brandheiß. Die Sorge darüber, was<br />
an Kooperation überhaupt noch erlaubt ist und worüber geredet werden<br />
darf, belastet die Beziehungen zwischen Handel und Herstellern.<br />
Neukirch: Die laufenden Untersuchungen des Bundeskartellamtes in<br />
Be<strong>zu</strong>g auf angeblich kartellrechtswidrige Verhaltensweisen im Vertikalverhältnis<br />
wirken sich in der Tat auf die Zusammenarbeit von Industrie<br />
und Handel aus. Es gibt auf beiden Seiten große Unsicherheit<br />
hinsichtlich des Ob und Wie der Kooperationsmöglichkeiten. Mit einer<br />
Sektoruntersuchung will die Behörde nun klären, welche Marktposition<br />
den einzelnen Handelsunternehmen einschließlich ihrer Kooperationspartner<br />
an der Warenbeschaffung <strong>zu</strong>kommt.<br />
MARKENARTIKEL: Das Ende aller Kooperation<br />
Neukirch: Natürlich lässt eine solche Initiative aufhorchen, aber: Der<br />
Dialog wird nicht ab-, sondern <strong>zu</strong>nehmen. Weil man nur im Dialog erfolgversprechende<br />
Felder für eine Kooperation von Handels- und Hersteller-Unternehmen<br />
ausfindig machen kann. Im Dialog lassen sich<br />
Verbesserungs- und neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit bei<br />
Markenstrategien entwickeln, die auf ein gemeinsames Wachstum<br />
bei Konsumenten und Shoppern gerichtet sind. Dass dabei die Vorgaben<br />
von Gesetzgeber und Kartellamt nach möglichst uneingeschränktem<br />
Wettbewerb in der Wertschöpfungskette »Hersteller – Handel –<br />
Konsument« <strong>zu</strong> beachten sind, ist nichts Neues. Die Partner werden<br />
ihre geplanten Kooperationen künftig vor der Realisierung im Markt<br />
noch genauer von ihren Juristen analysieren lassen.<br />
MARKENARTIKEL: Welche Ansatzpunkte gibt es<br />
Neukirch: Die große Herausforderung für beide Partner ist es, bekannte<br />
Möglichkeiten der Zusammenarbeit in der Value Chain <strong>zu</strong> verbessern und<br />
neue Möglichkeiten <strong>zu</strong> finden. Die Stichworte lauten: Zielgruppen-spezifisch,<br />
Category-relevant, Kommunikations-orientiert und Logistik-bezogen.
markenartikel 4/2011<br />
EVENTS<br />
MARKENFÜHRUNG<br />
HANDEL<br />
RECHT<br />
24. Februar, Berlin<br />
<strong>G·E·M</strong> <strong>Markendialog</strong><br />
SERVICE<br />
79<br />
Beim <strong>15.</strong> <strong>G·E·M</strong> <strong>Markendialog</strong> <strong>zu</strong>m Thema »Markenstrategien im Spannungsfeld<br />
Hersteller – Handel« am 24. Februar 2011 in Berlin standen auch<br />
aktuelle Entwicklungen wie die Sektoruntersuchung im Lebensmitteleinzelhandel<br />
durch das Bundeskartellamt im Fokus. Die über 90 Teilnehmer aus<br />
Industrie, Handel und Wissenschaft waren sich einig, dass es darum gehen<br />
muss, Handlungsspielräume <strong>zu</strong> erhalten. »Wenn Dialog nicht möglich ist,<br />
werden Werte vernichtet«, warnte Friedrich Neukirch, Vorstandsvorsitzender<br />
der <strong>G·E·M</strong> und Geschäftsführer der Klosterfrau Healthcare Group.<br />
Friedrich Neukirch mit Emil Underberg, Seniorchef Underberg, Ex-<br />
Unilever-Chef Johann C. Lindenberg und Christiane Underberg (v.l.).<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Richard Köhler, Moderator des <strong>G·E·M</strong> <strong>Markendialog</strong>s,<br />
mit Referent Dr. Reinhard Zinkann, Miele & Cie. KG (v.l.).<br />
<strong>G·E·M</strong>-Geschäftsführer Martin Ruppmann mit Dr. Adalbert Lechner,<br />
Geschäftsführer Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli (v.l.).<br />
Fotos: Christian Kruppa<br />
Beteiligte sich an der Diskussion: Perry Soldan,<br />
Chef das Familienunternehmens Dr. C. Soldan.<br />
Referenten: Franz-Friedrich Müller, Geschäftsführer der Markant, und Willi Schwerdtle,<br />
Vice President Global Customer Business Development bei Procter & Gamble (v.l.).