Mikrofrakturierung bei Knrpelschaden - Praxiszentrum für Chirurgie ...
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Dr. med. Jürgen Kühn<br />
Dr. med. Gerolf Bergenthal<br />
Fachärzte <strong>für</strong> <strong>Chirurgie</strong>, Orthopädie und Unfallchirurgie<br />
Durchgangsärzte<br />
Hindenburgstrasse 10-12<br />
96450 Coburg<br />
Patienteninformation � 09561/90456 � Fax 09561/92152<br />
� 0171/8386800<br />
<strong>Mikrofrakturierung</strong> <strong>bei</strong><br />
<strong>Knrpelschaden</strong><br />
Sehr geehrter Patient!<br />
www.praxiszentrum-chirurgie.de<br />
info@praxiszentrum-chirurgie.de<br />
Die Microfracture-Technik ist seit Ende der Achtzigerjahre eine der häufigsten<br />
verwendeten Operationsmethoden in der Behandlung von umschriebenen<br />
Knorpeldefekten. Die operative Technik alleine ist aber nur ein Teil des Verfahrens.<br />
Mindestens so wichtig ist die richtige postoperative Betreuung der Patienten. Ein<br />
falsches Reha- Regime ist einer der häufigsten Gründe <strong>für</strong> ein Versagen der Methode.<br />
Die Methode, die von J. Richard Steadman entwickelt und verfeinert wurde, stellt <strong>bei</strong><br />
kleineren Knorpelschäden ohne Schädigung des darunter liegenden Knochens die<br />
Therapie der Wahl dar. Sie gehört zu den sogenannten Knochenmark stimulierenden<br />
Techniken, d.h. durch die Eröffnung der subchondralen Lamelle am Boden des<br />
Knorpeldefektes wird die Immigration von Knochenmarkstroma- und Stammzellen<br />
induziert. Diese pluripotenten Zellen vermögen eine Narbenbildung im Knorpelkrater<br />
herzustellen. Dieses Gewebe ist aber einerseits vor allem in der postoperativen<br />
Initialphase sehr fragil, andererseits ist <strong>für</strong> die Weiterentwicklung in ein stabileres,<br />
belastungsfähiges Gewebe ein mechanischer Reiz essenziell. Um diese<br />
Gratwanderung zwischen früher Entlastung des Reparaturgewebes und adäquater<br />
Reizung durch passive Bewegung zu meistern, ist ein aufwendiges postoperatives<br />
Programm nötig.<br />
Der geeignete Patient<br />
Bedeutend <strong>für</strong> den Erfolg der Technik ist anfangs die Auswahl der geeigneten<br />
Patienten. Achsabweichungen, patellares Malalignment, Bandinstabilitäten oder der<br />
Verlust eines großen Meniskusanteils müssen spätestens zum Zeitpunkt der<br />
Knorpeltherapie behoben werden. Der Knorpelschaden ist idealerweise bis zu 2cm²<br />
messend, eine Behandlung von Knorpeldefekten mit mehr als 4cm² ist weniger<br />
sinnvoll. Die besten Ergebnisse sind <strong>bei</strong> Patienten bis 45 Jahre zu erwarten, darüber<br />
hinaus sind klinische Verbesserungen auch <strong>bei</strong> Personen bis ungefähr 60 möglich.<br />
Absolute Kontraindikationen sind arthrotische Veränderungen, entzündliche und<br />
tumoröse Erkrankungen sowie generalisierte Knorpelstörungen und septische<br />
Geschehen. Patienten, die nicht geeignet sind, das herausfordernde<br />
Rehabilitationsprotokoll durchzuführen, sollten ebenso wie Patienten mit einem Body<br />
Mass Index über 30kg/m² nicht <strong>für</strong> diese Technik in Betracht gezogen werden.<br />
Operationstechnik<br />
Die arthroskopische Operationstechnik ist weitgehend bekannt, es hat sich aber ein
standardisiertes Vorgehen bewährt. Mithilfe von Shaver und einer Ring-kürette wird<br />
das geschädigte Knorpel-gewebe entfernt und ein stabiler Rand des umliegenden<br />
Knorpels hergestellt. Mit der Kürette wird dann sorgfältig die kalzifizierte Knorpelzone<br />
entfernt, wo<strong>bei</strong> das exzessive Aufrauen des subchondralen Knochens vermieden<br />
werden sollte. Mit speziellen, unterschiedlich gewinkelten Stößeln werden dann die<br />
Microfracture-Löcher von der Peripherie des Defektes beginnend gesetzt, wo<strong>bei</strong><br />
zwischen den Löchern eine Brücke von 3 bis 4 mm stehen bleiben sollte. Das<br />
Austreten von Fetttropfen aus den Löchern zeigt das Erreichen der geeigneten<br />
Lochtiefe an. Wird die Flüssig-keitszufuhr durch Abdrehen der Pumpe unterbrochen,<br />
sollte bereits Blut aus dem subchondralen Knochen in den Defekt treten,<br />
vorausgesetzt es wird nicht in Blutleere operiert. Wichtig ist, dass keine Drains<br />
verwendet werden, um das Absaugen des Blutschwamms zu verhindern.<br />
Postoperatives Management<br />
Patienten mit Behandlung am Femurkondyl (Tab. 1) werden sofort auf die<br />
Motorschiene (continuous passive motion; CPM) gelegt und anfangs im Bereich 0–30<br />
Grad bewegt. Eine Steigerung in 10 bis 20 Grad-Schritten erfolgt dann bis zum<br />
Erreichen des vollen Bewegungsumfangs. Aufgrund der notwendigen vermehrten<br />
Knorpelernährung und Stammzellstimulation durch die CPM sollte die Motorschiene<br />
über 8 Wochen mindestens 8 Stunden pro Tag verwendet werden. Kryotherapie ist<br />
<strong>für</strong> die ersten 7 Tage obligat. Für 6 bis 8 Wochen erfolgt die Entlastung des Beines,<br />
danach je nach Ausdehnung und Lokalisation des behandelten Defekts die graduelle<br />
Zunahme der Belastung bis zur Vollbelastung. Zeitgleich kann auch mit mäßigen<br />
Kräftigungsübungen in der offenen Kette (z.B. Beincurl) in jenem Bewegungsbereich<br />
erfolgen, in dem ein Gelenkpartnerkontakt mit dem Knorpeldefekt vermieden wird.<br />
Nach der 2. Woche ist ein Training am Fahrradergometer ohne Widerstand sinnvoll.<br />
Mit einem leichten Lauftraining kann nach 4 Monaten begonnen werden, ein<br />
sportspezifisches Training ist nach 6 Monaten möglich. Eine Rückkehr zum<br />
Leistungssport und starke Belastungen sind frühestens nach 6 bis 8 Monaten<br />
empfehlenswert.<br />
Die postoperative Behandlung von Patienten mit femoropatellaren Knorpeldefekten<br />
(Tab. 2) unterscheidet sich wesentlich. Die ersten 48 Stunden wird das Bein entlastet<br />
und auf der Motorschiene im Bereich 0–30 Grad bewegt. Nach 48 Stunden kann das<br />
Bein axial belastet werden, allerdings ist <strong>für</strong> 8 Wochen ständig eine Knieorthese zu<br />
tragen. Diese Orthese bleibt <strong>für</strong> die gesamte Dauer auf 0–20 Grad Flexion gesperrt<br />
und darf nur <strong>für</strong> die Physiotherapie und die CPM abgenommen werden. Der<br />
Bewegungsumfang auf der Motorschiene kann individuell nach Symptomatik,<br />
Ausdehnung des Defekts und Kontaktmuster der Patella gesteigert werden. Auch hier<br />
ist die achtwöchige Verwendung mindestens 8 Stunden pro Tag essenziell. Nach der<br />
4. Woche ist ein Fahrradergometer-Training ohne Widerstand und mit erhöhtem Sitz<br />
erlaubt. Ein Training in der offenen Kette (Beinpressen mit geringem Widerstand)<br />
sollte <strong>für</strong> 3 bis 4 Monate vermieden werden.<br />
Fazit<br />
Bei Auswahl der geeigneten Patienten, korrekter Durchführung der Operationstechnik<br />
und Befolgung des intensiven postoperativen Programms ist mit ausgezeichneten<br />
Ergebnissen <strong>bei</strong> kleineren chondralen Defekten im Kniegelenk zu rechnen, wo<strong>bei</strong> der<br />
Rehabilitation ein sehr hoher Stellenwert zukommt. Die Microfracture-Technik ist eine<br />
Methode, die präoperativ genau geplant werden muss, auch um die Patienten auf die<br />
lange und aufwendige Rehabilitation aufmerksam zu machen. Ist das postoperative
Management nicht durchführbar, sollte im Zweifelsfall auf die Anwendung dieser<br />
Technik verzichtet werden.