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Eisenbahn-Journal 4/2011

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10. MODELLBAU-WETTBEWERB • FOLGE 9<br />

66 • <strong>Eisenbahn</strong>-<strong>Journal</strong> 4/<strong>2011</strong>


Die Polstermöbelfabrik „Haempl & Cie.“ ist im Laufe der Zeit aus<br />

einer kleinen Hinterhofwerkstatt entstanden. Die verschachtelte<br />

Bauweise spiegelt das schrittweise Wachstum wider.<br />

Zwischen Horich-Brauerei (links) und Agrargroßhandel (rechts) holt<br />

eine 54er einen gedeckten Güterwagen ab.<br />

Fürther<br />

Fabriken<br />

Kleine und größere Industriebetriebe links<br />

und rechts des Schienenstrangs, dazwischen<br />

Wohn- und Lagerhäuser: Auf MARTIN MÜLLERS<br />

Anlage nach Motiven aus Nürnbergs<br />

Nachbarstadt scheint die Zeit im Jahre 1960<br />

stehen geblieben zu sein ...<br />

<strong>Eisenbahn</strong>-<strong>Journal</strong> 4/<strong>2011</strong> • 67


RECHTS: Zwischen Polstermöbelfabrik und Brauerei quert die Bahn ein Flüsschen. Die Häuser im Hintergrund sind nur zweidimensionale<br />

Kulisse, schließen das Motiv aber geradezu ideal ab.<br />

UNTEN: Auch die Horich-Brauerei ist kein einheitlicher Baukörper, sondern besteht aus vielen Eigenbauten sowie einem Resinbausatz.<br />

Die Mälzerei (links im Bild) sowie die Bäume sind auf dem großen Bild rechts von der Rückseite her zu sehen.<br />

GANZ UNTEN LINKS: Getarnt von hohen Bäumen und Gebäuden verschwindet die Strecke in Richtung Kulisse.<br />

DANEBEN: Ein Blick in den Innenhof der Polstermöbelfabrik.<br />

68 • <strong>Eisenbahn</strong>-<strong>Journal</strong> 4/<strong>2011</strong>


Nach längerer Abstinenz wollte ich<br />

endlich wieder eine Modellbahn.<br />

Der zur Verfügung stehende Raum<br />

ist mit ca. 2,20 x 4,10 m nicht gerade üppig,<br />

zumal er auch noch als Arbeits- und Bastelzimmer<br />

genutzt werden soll. Das hier vorgestellte<br />

Diorama wird später in eine „An-der-<br />

Wand-entlang-Anlage“ mit Ringstrecke und<br />

abzweigendem Endbahnhof integriert. Das<br />

Thema der fertigen Anlage wird eine Nebenbahn<br />

sein, die im hier dargestellten Abschnitt<br />

auch als Verbindung zweier sich kreuzender<br />

Hauptstrecken genutzt werden kann. Auf der<br />

rechten Seite soll die Strecke durch bebautes<br />

Gelände führen. Auf der anderen Zimmerseite<br />

wird sich über dem frei zugänglichen<br />

Schattenbahnhof der Endbahnhof befinden.<br />

Das Konzept ist auf den Skizzen ersichtlich.<br />

Die fertige Anlage wird später analog betrieben<br />

werden. Im sichtbaren Teil kommt<br />

Gleismaterial von Tillig zum Einsatz. Als<br />

Weichen vorgesehen sind ausschließlich die<br />

EW 190 dieses Herstellers. Die Gleise im<br />

Güterbahnhof sind Peco Code 75. Sie werden<br />

nicht zum Fahrbetrieb genutzt. Für den<br />

Schattenbahnhof und die nicht einsehbaren<br />

Strecken habe ich Gleise und Weichen von<br />

Piko eingeplant.<br />

Schönere Züge<br />

Die Wahl der Epoche fiel mir nicht gerade<br />

leicht. Sowohl bezüglich der Züge als auch des<br />

Gebäudebaustils finde ich die Zeit um 1935<br />

optisch attraktiver als die um 1960. Bei den<br />

Straßenfahrzeugen verhält es sich umgekehrt.<br />

Ausschlaggebend war letztlich die Möglichkeit,<br />

in der Epoche 3 auch Dieselloks einsetzen<br />

zu können. Politisch „unverdächtiger“ ist<br />

diese Zeit außerdem auch.<br />

Den ursprünglichen Gedanken, die Anlage<br />

in Bezug auf Gebäude und Dekoration<br />

so zu gestalten, dass bei einfachem Austauschen<br />

der Fahrzeuge und des Rollmaterials<br />

beide Zeiträume möglich wären, verwarf ich<br />

dann doch. Zu viele Kompromisse wären notwendig,<br />

da Figuren, Werbeaufschriften, Verkehrsschilder<br />

und alles andere ins Jahr 1959<br />

passen sollte. Auch die Gegend, in der meine<br />

Anlage „spielt“, ist eindeutig festgelegt: der<br />

Großraum Nürnberg/Fürth. Besonders Fürth<br />

erweist sich als ideal, denn hier waren die Zerstörungen<br />

des 2. Weltkriegs ungleich geringer<br />

als im benachbarten Nürnberg. Der noch zu<br />

bauende linke Anlagenteil wird eindeutig als<br />

„Alt-Fürth“ erkennbar sein.<br />

Auch mein Fuhrpark setzt sich aus den<br />

in Nürnberg zu dieser Zeit stationierten Lokomotiven<br />

zusammen. Hier werde ich freilich<br />

noch einiges an Rollmaterial anschaffen<br />

müssen.<br />

Doch zurück zum Diorama. Ich habe bewusst<br />

mit diesem Teilstück angefangen. Einmal<br />

um nicht an einer einzigen Baustelle zu<br />

verzweifeln, zum Anderen um neue Techniken<br />

und Materialien ausprobieren zu können.<br />

Ein Aspekt war mir besonders wichtig: Das<br />

Erscheinungsbild einer Modellbahn wird wesentlich<br />

durch die darauf befindlichen Gebäu-<br />

<strong>Eisenbahn</strong>-<strong>Journal</strong> 4/<strong>2011</strong> • 69


Das „Scharfe Eck“ ist eine beliebte Lokalität, die per Wandwerbung auf sich aufmerksam macht.<br />

de geprägt. Jeder, der sich in den Katalogen<br />

der Großserienhersteller einigermaßen auskennt,<br />

kann die Gebäude sofort identifizieren<br />

und ihren Herstellern zuordnen. Die berühmte<br />

Frage „Modell oder Wirklichkeit“ erübrigt<br />

sich. Als Ausweg bliebe hier nur konsequenter<br />

Selbstbau.<br />

Häuser aus Klein- und Großserie<br />

So weit wollte ich aus Zeitgründen nicht<br />

gehen. So entstanden meine Gebäude aus einer<br />

Kombination aus (wenigen) Großserienbauteilen,<br />

Resinbausätzen von Langmesser-<br />

Modellwelt sowie Eigenbau.<br />

Auf einer Flussinsel am Stadtrand hat die<br />

Polstermöbelfabrik „Haempl & Cie.“ ihre<br />

Produktionsstätte. Aus der kleinen Werkstatt<br />

im Hinterhof des Weinlokals „Scharfes Eck“<br />

entwickelte sich recht schnell eine kleine Fabrik,<br />

die sogar einen Gleisanschluss besitzt. Die<br />

Fassaden der beiden Wohnhäuser stammen<br />

aus einem Kibri-Bausatz, allerdings nicht im<br />

spitzen Winkel, sondern leicht versetzt angeordnet.<br />

Einige Detailänderungen und eine<br />

neue Farbgebung lassen ihre Herkunft nicht<br />

auf den ersten Blick erkennen. Die Rückseite<br />

fertigte ich aus Auhagen-Mauerplatten und<br />

Fenstern aus der Restekiste. Auch die Giebel<br />

wurden neu erstellt. Der Grundriss hat sich<br />

gegenüber dem ursprünglichen Kibri-Bausatz<br />

wesentlich geändert, das Gebäude ist jetzt bis<br />

zu 17cm tief, was mit umgerechnet 15 m weit<br />

mehr der Wirklichkeit entspricht. Beim Dach<br />

konnte ich die Vorderseiten der Kibri-Teile<br />

noch verwenden, auf der Gebäuderückseite<br />

musste es komplett neu gebaut werden, was<br />

durch den neuen asymmetrischen Grundriss in<br />

eine echte Geduldsprobe ausartete.<br />

Der kleine Werkstattanbau stammt von<br />

Langmesser-Modellwelt, ebenso die gegenüberliegenden<br />

Produktionshallen. Wiederum<br />

im Selbstbau entstanden der mittlere Gebäudetrakt<br />

und die Rampe am Gleisanschluss.<br />

Die Brücke über den linken Flussarm ist<br />

ein Faller-Modell. Sie wurde gründlich überarbeitet<br />

und mit zusätzlichen Verstrebungen<br />

ergänzt. Der Oberbau erhielt vorbildgerecht<br />

einen Bretterbelag und Zwangsschienen.<br />

Das Wasser des Flusses besteht aus dickflüssigem<br />

Klarlack, der in mehreren Schichten<br />

auf eine 2 mm starke Acrylglasplatte aufgetragen<br />

wurde. Damit das Gewässer tief erscheint,<br />

habe ich den Untergrund unregelmäßig<br />

oliv-braun bemalt. Die Bäume und Büsche<br />

entstanden aus Seemoos (Meerschaum), das<br />

in verdünnte braune Abtönfarbe getaucht und<br />

nach dem Trocknen mit Noch-Laub begrünt<br />

wurde. Auch die verwendeten Grasmatten<br />

sind von Noch. Durch Granieren mit hellbeiger<br />

Farbe erhielten sie ihr vorbildgerechtes<br />

Aussehen. Bodendecker von Mini-Natur und<br />

diverse aufgestreute Flocken vervollständigen<br />

die üppige Vegetation.<br />

Der sich nun anschließende Gebäudekomplex<br />

der „Horich-Brauerei“ hat eine interessante<br />

Entstehungsgeschichte: Keimzelle des<br />

Betriebs war eine Wassermühle. Nachdem der<br />

Flusslauf immer mehr verlandete und nicht<br />

mehr genug Nutzwasser zur Verfügung stand,<br />

verkaufte der damalige Besitzer die Mühle an<br />

den Horich-Bräu. Dieser verlegte den Flusslauf<br />

um etwa 40 m, schüttete das Gelände auf<br />

und errichtete hier seine neue Braustätte. Begünstigt<br />

wurde diese Investition durch eine<br />

Erweiterung des nahen Güterbahnhofs, der<br />

einen Gleisanschluss mit sich brachte. Noch<br />

erhalten ist das ehemalige Mühlengebäude<br />

mit dem Halbwalmdach, das jetzt als Auslieferungslager<br />

genutzt wird. Ich baute es komplett<br />

selbst aus 1,5-mm-Polystyrolplatten. Der<br />

anschließende Bau mit den Sudkesseln ist ein<br />

Langmesser-Bausatz, die gegenüberliegende<br />

Mälzerei Selbstbau.<br />

Oberhalb des Brauereigeländes befinden<br />

sich die Ausläufer des erwähnten Güterbahnhofs.<br />

Das Kühlhaus des Agrargroßhandels,<br />

eine Spedition und die „Gaststätte zur feuchten<br />

Grotte“ bilden die Bebauung. Der Name<br />

dieses Etablissements lässt darauf schließen,<br />

dass hier wohl nicht nur genächtigt und gegessen<br />

wird. Seine heruntergekommene Fassade<br />

verstärkt den zwielichtigen Eindruck. Alle<br />

Gebäude sind wieder komplett selbst gebaut.<br />

Auf den Wolkenhintergrund von MZZ<br />

klebte ich Fotos von passenden Gebäuden, die<br />

mit dem Farbkopierer auf die richtige Größe<br />

gebracht wurden, was die Tiefenwirkung wesentlich<br />

erhöht. Besonders der Fluss benötigte<br />

eine optische Verlängerung nach hinten, was<br />

durch ein Ziegelgebäude mit davorliegendem<br />

Wehr erreicht wird, das perfekt die hintere Anlagenkante<br />

tarnt.<br />

Alle Autos auf der Anlage erhielten Nummernschilder<br />

aus Fürth und den umliegenden<br />

Landkreisen, von denen einige seit der<br />

Gebietsreform 1972 nicht mehr existieren.<br />

Die Figuren wurden sorgfältig entgratet und<br />

bemalt, die meisten mussten auch noch chirurgische<br />

Eingriffe über sich ergehen lassen:<br />

Gesichter wurden verändert, Helme und Haare<br />

wurden entfernt bzw. ergänzt, die Körperhaltung<br />

geändert und die Kleidung der Mode<br />

der 1950er Jahre angepasst. Sollten sich einige<br />

meiner Freunde beim Betrachten dieser<br />

Bilder wiedererkennen: Ja, Jungs und Mädels,<br />

ihr seid es wirklich! ❑<br />

TEXT UND FOTOS: MARTIN MÜLLER<br />

Im Rahmen des 10. Modellbau-Wettbewerbs<br />

des <strong>Eisenbahn</strong>-<strong>Journal</strong>s sind bisher<br />

veröffentlicht worden:<br />

1) Lang, lang ist’s her ... (EJ 1/2010)<br />

2) Die Brücke am Silberstollen (EJ 2/2010)<br />

3) Lust auf lange Strecken (EJ 5/2010)<br />

4) Klein und fein (EJ 6/2010)<br />

5) Depot der Edelrösser (EJ 8/2010)<br />

6) Auslauf für die Sammlung (EJ 9/2010)<br />

7) Action auf der Schiene (EJ 12/2010)<br />

8) Schwere Last auf schmaler Spur (EJ 2/<strong>2011</strong>)<br />

70 • <strong>Eisenbahn</strong>-<strong>Journal</strong> 4/<strong>2011</strong>

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