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ORGEL - Abtei Königsmünster

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P. Abraham Fischer OSB<br />

Kunstschmied und Seelsorger<br />

Haltet die<br />

Orgel<br />

in Ehren (vgl. sacrosanctum concilium, 120)<br />

Orgeln sind Wunderbaue,<br />

Tempel, von Gottes Hauch beseelt,<br />

Nachklänge des Schöpfungsliedes…<br />

Diesen eindringlichen Text fand ich, als ich<br />

über Orgeln recherchierte. Und es stimmt: Wer<br />

einmal die Klangfülle einer Orgel erfahren durfte, der<br />

kann den Hauch der göttlichen Schöpfungsworte<br />

erahnen. Nicht umsonst sind diese Instrumente die<br />

vornehmen Begleiter der katholischen Liturgie in<br />

unseren Breiten. Sie gehören fest zu jeder Kirche<br />

dazu, beinahe wie Lesepult, Taufbecken und Altar.<br />

Die Tradition einer Pfeifenorgel in der westlichen<br />

Kirche geht übrigens auf jene Orgel zurück, die<br />

Pippin der Kurze im Jahre 757 vom oströmischen<br />

Kaiser Konstantin V. Kopronymos als Geschenk<br />

erhielt. Von der kaiserlichen Kapelle in Aachen aus<br />

verbreitete sich die Orgel als Kircheninstrument. Da<br />

das Spiel liturgischer Melodien auf der Orgel als<br />

dem Gesang gleichwertig erachtet wurde, konnte sie<br />

beim Wechselgesang an die Stelle des zweiten<br />

Chores treten.<br />

Nun zeigt sich der Nachklang des Schöpfungsliedes<br />

nicht allein in der Größe und der Macht des vollen<br />

Orgelklanges, sondern vielmehr eben auch in seiner<br />

Vielstimmigkeit, in seiner Differenziertheit, in seinen<br />

lauten und für den Fachmann besonders auch in<br />

seinen leisen Tönen. Orgelmusik in diesem Sinne<br />

soll nicht nur beeindrucken, sondern auch behutsam<br />

die Seele aufschließen, dass diese sich zu Gott<br />

emporschwingen kann.<br />

Das wahre Kunstwerk „Orgel“ ist – so verstanden – der einmütige<br />

Zusammenklang des Vielen und ein Konzert des Unterschiedlichen. Es<br />

ist das Kunstwerk des Orgelbaus, unterschiedlichste Stimmen und<br />

Stimmungen, laute und leise Klänge, scharfe und sanfte Töne in einen<br />

homogen schwingenden Akkord zu bringen. Insofern ist die Orgel in der<br />

Tat ein schönes Abbild der Schöpfung Gottes: Alles klingt in eins und<br />

kann gerade darin doch auch sich selbst treu bleiben. In diesem Sinne<br />

geht es im Instrument wie in der Schöpfung nicht um Unterordnung, um<br />

Krieg oder Kampf, sondern es geht um den einen Klang. Hören lassen<br />

kann sich ein Klang dann, wenn er das Schrille und Schräge nicht mit<br />

Gewalt harmonisiert, sondern es vielmehr integriert. Das wissen wir aus<br />

dem Alltagsleben: Manchmal ziehen die Gegensätze sich an und<br />

beruhigen einander. Dann wird das Viele zum Reichtum und zur<br />

Vielschichtigkeit des Ganzen gewoben. Aus Konkurrenz wird Kohärenz –<br />

so könnte man sagen. Es zeichnet das gelungene Plenum oder gar das<br />

Tutti einer Orgel aus, dass man eben nicht jedes Register einzeln hört,<br />

sondern dass etwas ganz Neues in der Kombination der Fülle erstehen<br />

kann. Und auch wenn er das Einzelne nicht heraushören kann, spürt das<br />

der sensible Hörer genau. Insofern ist eine Orgel hierarchisch geordnet,<br />

denn sie stellt alle Einzelteile in den Dienst des großen, übergeordneten<br />

Planes.<br />

Sie erahnen, liebe Leserin, lieber Leser, dass ich im Bild der Orgel über<br />

viele menschliche Bezüge schreiben könnte. Die Orgel ist – so<br />

verstanden – das Instrument des lebendigen Organismus mit den vielen<br />

Gliedern, die uns Paulus als Bild menschlicher Gemeinschaft und als<br />

Leitfaden für die christliche Gemeinde ans Herz legt. Wenn wir<br />

Menschen, wenn doch unsere Gemeinden, wenn doch unsere<br />

Gemeinschaft und wenn doch auch unsere Kirche immer mehr gleich<br />

den Orgeln gemeinsam das Geheimnis der Gegenwart Gottes anklingen<br />

lassen könnten! Wo das gelingt, da scheint für die Welt um uns etwas<br />

auf, da gehen Menschen in Resonanz und der Glaube weitet sich. Es ist<br />

nämlich so, dass in den alten Kirchen der Holzfußboden unter den<br />

Bänken nicht nur die Kälte der Erde fernhalten sollte, sondern dass diese<br />

Holzkonstruktion ein zusätzlicher Resonanzboden für die Orgel ist. So<br />

wird der beseligende Klang des Instrumentes auf den menschlichen<br />

Körper übertragen, dass der wiederum die Seele ins Schwingen bringe.<br />

In unserer Kultur geht der Brauch, gemeinsam zu singen, zurück, und<br />

Gottesdienste sind für viele Menschen der einzige Ort, wo das<br />

Miteinander des Gesanges noch gepflegt werden kann. Die Orgel ist so<br />

gesehen nicht nur Begleitinstrument, sondern sie ist selber ein Chor<br />

vieler Stimmen und unterschiedlicher Stimmungen, die im Musizieren in<br />

Eins kommen. Gottesdienstliches Musizieren erhebt den Menschen weit<br />

über sich hinaus zur Gemeinschaft des Gotteslobes. Deshalb sind ihre<br />

Klänge wichtiger Bestandteil unserer abendländischen Liturgie. Das 2.<br />

Vatikanische Konzil drückt das so aus: „Die Pfeifenorgel soll in der<br />

lateinischen Kirche als traditionelles Musikinstrument in hohen Ehren<br />

gehalten werden; denn ihr Klang vermag den Glanz der kirchlichen<br />

Zeremonien wunderbar zu steigern und die Herzen mächtig zu Gott und<br />

zum Himmel emporzuheben“ ( vgl. sacrosanctum concilium, 120)<br />

Aber – und das mussten wir in <strong>Königsmünster</strong> vor ca. 2 Jahren bitter<br />

erfahren – Orgeln bleiben Menschenwerk und Orgeln sind sterbliche und<br />

vergängliche Dinge. Dass unser Kreienbrink-Instrument aus den 70er<br />

Jahren irgendwann einer grundlegenden Überarbeitung bedurfte, das<br />

war allen Verantwortlichen schon länger klar, aber als dann ein großer<br />

Riss im Hauptblasebalg diese Frage unaufschiebbar stellte, war das für<br />

die Gottesdienstgemeinschaft von <strong>Königsmünster</strong>, für Mönche wie für die<br />

vielen Gäste unseres Klosters schon ein Schock. Da diese Reparatur am<br />

Blasebalg ein umfängliches Ausmaß darstellte, ließ Abt Dominicus in der<br />

Folge unsere Pfeifenorgel stilllegen, und es wurde das elektronische<br />

Ersatzinstrument aus der Krypta in die <strong>Abtei</strong>kirche gebracht, das nun<br />

unsere Gottesdienste begleitet. Die Fachleute stellten fest: Alle Teile der<br />

Orgel aus Leder oder Kunststoff (ein seinerzeit innovatives Material, auf<br />

das man in den 70er Jahren große Hoffnung gesetzt hatte) waren mürbe<br />

geworden und bedürfen der Erneuerung.<br />

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