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DU und ICH - Autonomie und Chaos

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M o n d r i a n g r a f v . l ü t t i c h a u - D U U N D I C H :<br />

Beziehungsorientierte enthospitalisierung mit hindernissen<br />

www.autonomie-<strong>und</strong>-chaos.de<br />

Inge I.<br />

Ohne Zweifel hat Frau I. sowohl in emotional-beziehungsmäßiger als auch in<br />

kognitiver Hinsicht Entwicklungsmöglichkeiten. Allerdings haben sich,<br />

möglicherweise schon als Folge unangemessenen Umgangs im Elternhaus, massive<br />

Verhaltensprobleme entwickelt, die Inge vermutlich seit jeher an der Entfaltung ihres<br />

Entwicklungspotentials gehindert haben.<br />

Aus den bis in die jüngste Zeit zu beobachtenden Abläufen läßt sich ein in den<br />

Konsequenzen sich verschärfender 'Webfehler' rückschließen:<br />

(1) Inge hat – wie viele Kinder/Jugendliche – vermutlich gelernt, daß sie bei<br />

Unlustsituationen ihren Willen häufig durchsetzen kann durch provokantes,<br />

aggressives Verhalten (zunächst: schreien, zetern, sich auf die Erde werfen).<br />

(2) Ihre hohe Vitalität hat dann in Verbindung mit der kognitiven Beeinträchtigung<br />

(eingeschränkte Lernfähigkeit) <strong>und</strong> unangemessenen Angeboten<br />

(Hospitalismus) bewirkt, daß Frau I. Befriedigung zunehmend bezogen hat<br />

aus provokanten <strong>und</strong> (auto-)aggressiven Inszenierungen <strong>und</strong> der dadurch<br />

bewirkten Aufmerksamkeit anderer. Dies dürfte sich nochmal gesteigert<br />

haben, nachdem Inge gelernt hatte, daß besondere Anteilnahme bei<br />

möglichst eindrucksvollen Selbstverletzngen winkt. Mittelpunkt der<br />

aufmerksamkeitheischenden Autoaggressionen war über längere Zeit das<br />

Zerreißen ihrer Augenlider (mit nachfolgenden Operationen). Die hohe<br />

affektive Besetzung jeder ärztlichen Betreuung zeigt sich auch im<br />

entsprechenden Repertoire stereotyper Formulierungen ("Doktor gehen!" –<br />

"Zahnarzt Spritze" – Aua wehweh!").<br />

(3) Es ist plausibel, daß ein derart erfolgreicher Lernprozeß die Aufmerksamkeit<br />

von Frau I. noch mehr abgezogen hat von anderen<br />

Befriedigungsmöglichkeiten. So ist zu erklären, daß Inge<br />

Beschäftigungsangebote zwar manchmal spontan annimmt, dann aber gleich<br />

wieder abwinkt: "Ná, ná – Inge 'nug!" (= genug)<br />

Inge I.s hohe passive bzw. kommentierende Aufmerksamkeit für Alltagsvorgänge,<br />

ihr oft treffend zutage tretender Humor <strong>und</strong> ihre Freude an Festen, an Musik<br />

("Tortenspieler!" = Plattenspieler) <strong>und</strong> Tanzen lassen vermuten, daß es sich bei<br />

Inges Verhalten insgesamt bislang noch weniger um echten<br />

(hospitalismusbedingten) Rückzug handelt als vielmehr eher um die Konsequenz<br />

angelernter Verhaltensmuster, die durch entsprechende Anleitung wohl umgewandelt<br />

<strong>und</strong> aufgelöst werden können. – Zu stärkeren Selbstverletzungen ist es in den letzten<br />

Jahren, seit dem Beginn von Förderangeboten (1991/92), nicht mehr gekommen.<br />

Daneben zeigt Frau I. stereotype Verhaltensweisen, die wohl vorrangig der Ich-<br />

Stärkung (oder Selbstvergewisserung) dienen. –<br />

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