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Feststellungsklage Chr. Worch / Leipzig 5 - Nwbb.org

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<strong>Chr</strong>ist ian Worc h Edwin-Scharff-Ring 62<br />

22309 Ham burg<br />

<strong>Chr</strong>istian <strong>Worch</strong>, Edwin-Scharff-Ring 62, 22309 Hamburg<br />

Einschreiben<br />

Verwaltungsgericht <strong>Leipzig</strong><br />

Rathenaustraße 40<br />

04179 <strong>Leipzig</strong><br />

Zweifach<br />

Hierm it erhebe ich<br />

TEL: 0 4 0 – 6 3 3 1 1 0 2 7<br />

FAX: 0 4 0 – 7 8 9 8 5 7 8<br />

den 19. Juli 2002<br />

Fortsetzungsfeststellungsklage<br />

gegen<br />

das Land Sachsen,<br />

vertreten durch die<br />

Polizeidirektion <strong>Leipzig</strong><br />

Dim itroffstraße 5<br />

04107 <strong>Leipzig</strong><br />

- Beklagte oder<br />

- künftig auch kurz "Behörde" genannt –<br />

m it dem Begehren,<br />

Sachverhalt:<br />

festzustellen, daß Beklagte rechtswidrig<br />

gehandelt hat, als sie anläßlich der von<br />

m ir am 13. Juli 2002 in <strong>Leipzig</strong> durch-<br />

geführten Dem onstration eine hier noch<br />

nicht genau erm ittelte Mehrzahl von<br />

Personen an der Teilnahm e an dieser<br />

Dem onstration gehindert hat, weil sie<br />

Halbschuhe m it Stahlkappen getragen<br />

haben.<br />

Am besagten 13. Juli 2002 wurden m ehrere Personen polizeilicherseits in Gewahrsam<br />

genom m en, weil sie Halbschuhe m it Stahlkappen (Arbeitsschuhe, sog.<br />

Sicherheitsschuhe) getragen haben.


2<br />

Teilweise habe ich dies selbst beobachtet (im Falle von ca. 6 bis 7 Betroffenen).<br />

Teilweise liegen m ir m ündliche oder in einem Fall auch schriftliche Berichte von<br />

Betroffenen oder anderen Zeugen vor, die beobachtet haben, wie diese Personen schon<br />

im Vorfeld der Veranstaltung (sogenannte polizeiliche Vorabkontrollen) in Gewahrsam<br />

genom m en worden sind. Zum Beweis füge ich als<br />

Rechtliche W ürdigung:<br />

Anlage 1 – für Gericht und Gegner –<br />

Schilderung des Betroffenen<br />

Gregor Draßdo bei.<br />

Die Maßnahm e ist unter allen infrage kom m enden rechtlichen Aspekten rechtswidrig.<br />

I nfrage käm e hier entweder als Rechtsgrundlage ein Auflagenverstoß oder aber ein<br />

Verstoß gegen § 27 Abs. 2 Nr. 1 i.V.M. § 17 a VersG, sogenanntes Schutzwaffenverbot.<br />

Auflagenverstoß scheidet aus m ehreren Gründen aus.<br />

Zum einen gab es keine vollziehbar gebliebene Auflage des I nhaltes, daß die Teilnehm er<br />

keine Halbschuhe m it Stahlkappen (Arbeitsschuhe oder Sicherheitsschuhe) tragen<br />

durften. Die Auflagen sind dem Gericht bekannt aus dem Verfahren<br />

3 K 1080 / 02 des hier angerufenen Gerichts;<br />

Beiziehung wird beantragt.<br />

Zum anderen kann gegen einen Auflagenbescheid nicht verstoßen werden, solange die<br />

Versam m lung nicht begonnen hat; im engeren Sinne kann gegen ihn erst verstoßen<br />

werden, wenn nach Eröffnung der Versam m lung die Auflagen den Teilnehm ern bekannt<br />

geworden sind, sofern diese ihnen vorher nicht bekannt waren und nicht hätten bekannt<br />

sein m üssen.<br />

Bleibt also verm eintlicher Verstoß gegen das sog. "Schutzwaffenverbot".<br />

Für die Annahm e dieses – verm eintlichen – Rechtsgrundes spricht auch, daß dies<br />

m ehreren Betroffenen seitens der tätig gewordenen Polizeibeam ten erklärt worden ist.<br />

Der Grund ist nicht tragfähig.<br />

§ 17 VersG definiert Schutzwaffe als "Gegenstand, der geeignet und den Um ständen<br />

nach bestim m t ist, Vollstreckungsm aßnahm en eines Trägers von Hoheitsbefugnissen<br />

abzuwehren".<br />

Dazu sind Schuhe m it über den Zehen eingearbeiteter Stahlkappe weder geeignet noch<br />

geschweige denn nach den Um ständen der konkreten Situation bestim m t.


3<br />

Geeignet sind sie nicht, weil eine Vollstreckungsm aßnahm e eines Hoheitsträgers nun<br />

schwerlich daraus bestehen kann, daß er einem anderen Menschen auf die Zehen tritt.<br />

Nach allen hier bekannten Ausbildungsrichtlinien für Vollzugsbeam te ist dies nicht<br />

v<strong>org</strong>esehen. Es m uß aber nur m it zulässigen und v<strong>org</strong>esehenen<br />

Vollstreckungsm aßnahm en gerechnet werden. Mit unzulässigen<br />

Vollstreckungsm aßnahm en m uß nicht gerechnet werden; diese wären ohnehin<br />

rechtswidrig.<br />

Wenn Schuhwerk dieser Art per se nicht geeignet ist, bedarf es Überlegungen darüber,<br />

ob es bestim m t sein könnte, eigentlich ohnehin nicht. Nur der Vollständigkeit halber soll<br />

aber auch auf diesen Aspekt eingegangen werden.<br />

Zunächst einm al ist festzuhalten, daß kein Teilnehm er der Dem onstration vom 13. Juli<br />

2002 in <strong>Leipzig</strong> m it Vollstreckungsm aßnahm en von Hoheitsträgern gegen sich zu<br />

rechnen hatte. Dies ergibt sich aus der Lebenserfahrung. Wie dem hier angerufenen<br />

Gericht bekannt ist, war dies die vierte Dem onstration in kurzer Folge, die ich in <strong>Leipzig</strong><br />

durchgeführt habe. Bei den vorherigen drei von m ir durchgeführten Dem onstrationen ist<br />

es zu keinen Vollstreckungshandlungen von Hoheitsträgern gegen Teilnehm er<br />

gekom m en. Nach der Lebenserfahrung war also kein Grund ersichtlich, warum es bei<br />

dieser Gelegenheit dazu kom m en sollte; es sprach hingegen alles dafür, daß es dazu<br />

nicht kom m en werde. Also hatte kein Teilnehm er m einer Dem onstration bzw. kein<br />

präsum ptiver und dann durch I ngewahrsam nahm e verhinderter Teilnehm er m einer<br />

Dem onstration dam it zu rechnen.<br />

Des weiteren ist neuerlich auf den obigen Vortrag zu verweisen, daß niem and m it einer<br />

Vollstreckungsm aßnahm e der Art zu rechnen hat, daß ein Hoheitsträger ihm hinreichend<br />

wuchtig auf die Zehen tritt, um dam it Schm erz oder sonst eine körperliche<br />

Beeinträchtigung hervorzurufen, gegen die norm ales Schuhwerk nicht m ehr schützen<br />

würde, sondern nur die über die Zehen gelegte Stahlkappe. Es ist auch nicht dam it zu<br />

rechnen, daß Hoheitsträger beispielsweise schwere Gegenstände auf die Füße von<br />

Teilnehm ern fallen lassen oder diese m it Kraftfahrzeugen oder beweglichen<br />

Arbeitsm aschinen überrollen.<br />

Mithin scheidet eine Verwirklichung von § 17 VersG aus.<br />

Mithin war die I ngewahrsam nahm e der Personen rechtswidrig.<br />

Zum Feststellungsinteresse:<br />

Kläger m uß von dem rechtswidrigen Verhalten betroffen oder geschädigt sein; darüber<br />

hinaus m uß einer der Feststellungsgründe Wiederholungsgefahr oder<br />

Rehabilitationsinteresse gelten.<br />

All dies ist gegeben.<br />

I ch bin betroffen und geschädigt.


4<br />

Auch wenn ich nicht in Gewahrsam genom m en und/ oder an der Teilnahm e an der<br />

Dem onstration gehindert worden bin, war ich Anm elder, Veranstalter und zugleich Leiter<br />

der Versam m lung. Als Leiter der Versam m lung ist es m ein Recht, daß an dieser<br />

Versam m lung teilnehm en darf, wer will und wer nicht von vornherein als Störer oder<br />

wegen sonstigen rechtsbrecherischen Verhaltens ausscheidet bzw. auf gesetzlicher<br />

Grundlage auszuschließen ist. Werden Teilnehm er an der Teilnahm e gehindert,<br />

verringert sich dam it die Wirksam keit m einer Veranstaltung. Denn in einer m odernen<br />

Massengesellschaft wie der der BRD sind Manifestationen wie derartige Dem onstrationen<br />

vornehm lich um so wirksam er, von j e m ehr Menschen sie besucht werden. Eine<br />

Reduzierung der Teilnehm erzahl ist m ithin ein Nachteil für m ich in m eine Eigenschaft als<br />

Veranstalter.<br />

Es gilt das Feststellungsinteresse der Wiederholungsgefahr und des<br />

Rehabilitationsinteresses.<br />

Zur Wiederholungsgefahr:<br />

Daß m it einer Wiederholung zu rechnen ist, kann als stringent bezeichnet werden,<br />

solange Beklagte sich nicht ausdrücklich zu gegenteiligem Verhalten verpflichtet oder<br />

gerichtlich verpflichtet wird.<br />

Zum Rehabilitationsinteresse:<br />

Der Veranstalter einer Dem onstration wird in der Öffentlichkeit – nam entlich in der durch<br />

die Medien veröffentlichten Meinung – für den Ablauf seiner Veranstaltung und auch das<br />

Verhalten seiner Teilnehm er verantwortlich gem acht; dies gilt auch für Teilnehm er, die<br />

aus welchen Gründen auch im m er an der Dem onstration zwar teilnehm en wollten, aber<br />

daran gehindert worden sind.<br />

Örtliche Medien haben berichtet, daß etwa 60 Personen im Zusam m enhang m it der<br />

Dem onstration in Gewahrsam genom m en worden seien; "darunter auch Angehörige der<br />

linken Szene". Eine genaue Aufschlüsselung – I ngewahrsam nahm en "links" und "rechts"<br />

– findet sich nicht. Also geht der Durchschnittsleser aufgrund der Form ulierung – "auch<br />

Angehörige der linken Szene" – davon aus, daß es vornehm lich Angehörige der "rechten<br />

Szene" waren, die in Gewahrsam genom m en worden sind. Wenn dies insgesam t 60<br />

Personen waren und davon der Großteil der "rechten Szene", sprich also meiner<br />

Dem onstration, zuzuordnen war, entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck, daß es wohl<br />

deutlich m ehr als die Hälfte dieser Personen gewesen sein m uß, vielleicht zwei Drittel<br />

oder m ehr. Dam it würden wir von ca. 40 Personen reden. Dies wäre aber ein<br />

erkennbarer Proporz der Teilnehm erschaft, denn es haben nach Medienberichten 400<br />

Personen an der Demonstration teilgenom m en. Som it entsteht der Eindruck, daß den<br />

400 teilgenom m en habenden Personen weitere 40 entgegenstanden, die wegen<br />

rechtswidrigen Verhaltens nicht haben teilnehm en dürfen; gerechnet auf die dann<br />

hypothetische Gesam tzahl von 440 Personen wären das im m erhin 9 Prozent bzw. knapp<br />

unterhalb der zweistelligen Prozentzahl.<br />

Der hierdurch entstehende Eindruck ist m einem Renom m ee als rechtstreuer Veranstalter<br />

abträglich; daher bedarf es der Rehabilitation. Diese ist nur durch die hier eingelegte<br />

Klage zu erreichen.


Subsum m ierung:<br />

Nach alledem ist die Klage sowohl zulässig als auch begründet.<br />

Auf m ündliche Verhandlung wird verzichtet.<br />

5<br />

Da die Sache von der Rechtslage her nicht schwierig ist, bestehen keine Einwände gegen<br />

die Übertragung auf den Einzelrichter.<br />

Als Kläger:<br />

<strong>Chr</strong>istian <strong>Worch</strong>

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