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a k t u e l l<br />
r e p o r T a g e<br />
Info<br />
3 550 Euro<br />
pro Schuljahr<br />
Träger des „<strong>Internat</strong> <strong>Jos</strong><br />
<strong>Schmit</strong>“ ist die „Les <strong>Internat</strong>s<br />
Jacques Brocquart asbl“, die<br />
insgesamt sechs <strong>Internat</strong>e betreibt.<br />
Das Familienministerium<br />
finanziert die Gehälter der Angestellten<br />
sowie die laufenden<br />
Kosten der Beherbergungsstätte.<br />
Die <strong>Internat</strong>sbewohner<br />
müssen für die Dauer des<br />
Schuljahres 3550 Euro in zehn<br />
Monatsraten zahlen. Darin enthalten<br />
ist auch die Verpflegung.<br />
Eltern können einen Zuschuss<br />
beim Familienministerium beantragen.<br />
Weitere Infos über das<br />
„<strong>Internat</strong> <strong>Jos</strong> <strong>Schmit</strong>“ in der 3,<br />
rue du Moulin in Diekirch findet<br />
man auf www.internat-diekirch.<br />
lu oder unter Tel. 80 34 40 -1.<br />
Namensgeber<br />
Der 1911 in Petingen geborene<br />
<strong>Jos</strong>eph <strong>Schmit</strong> war 37 Jahre<br />
lang Direktor des Pensionats<br />
St. <strong>Jos</strong>eph Diekirch, von 1945<br />
bis 1982. Nachdem er 1941<br />
Vikar in Mondorf geworden war,<br />
übernahm er kurze Zeit später<br />
die Leitung des <strong>Internat</strong>s. Im Alter<br />
von 70 Jahren starb er. Abbé<br />
<strong>Jos</strong> <strong>Schmit</strong> prägte das Pensionat<br />
maßgeblich, wegen seiner Verdienste<br />
wurde das neue <strong>Internat</strong><br />
darum nach ihm benannt.<br />
Das gebäude in der rue du Moulin besteht aus vier Trakten, in einem sind Verwaltungsbüros, in den anderen drei die<br />
Bewohner untergebracht. Insgesamt acht computer stehen den Jugendlichen zur Verfügung. Die erzieher achten darauf,<br />
dass nicht zu lange gesurft wird.<br />
Lernen, Freizeit und Medienkompetenz ist die eine Seite<br />
der Medaille. Ebenso bedeutend sind für <strong>Internat</strong>sleiter<br />
Luss Backes die so genannten „Soft skills“, wie man soziale<br />
Kompetenzen im Business-Jargon gerne nennt. „Vor<br />
allem Eltern von Einzelkindern haben oft den Wunsch,<br />
dass ihre Sprösslinge mit Gleichaltrigen teilen lernen,<br />
Konflikte austragen lernen“, erklärt Backes. Der 50-<br />
Jährige war selbst im ehemaligen Pensionat in Diekirch,<br />
hat demnach schon eine langjährige <strong>Internat</strong>serfahrung<br />
hinter sich. „Die Regeln waren damals strenger als<br />
heute, aber dafür sind sie auch öfter überschritten<br />
worden“, resümiert er schmunzelnd.<br />
Zu seiner Zeit arbeiteten im Pensionat zwei Betreuer, die<br />
für 100 Bewohner zuständig waren. Heute sind es neun<br />
graduierte Erzieher, ein „éducateur instructeur“, eine<br />
Psychologin, eine Sekretärin und der <strong>Internat</strong>sleiter. Viel<br />
Wert wird darauf gelegt, dass die Erzieher als Tutoren<br />
agieren und in engem Kontakt zu Eltern und Lehrern<br />
stehen. Die Erziehung soll „familienergänzend“ sein,<br />
aber kein Ersatz für die Familie.<br />
Die Bewohner stammen aus allen Schichten und unterschiedlichen<br />
Schulniveaus. Das Klischee, dass im<br />
<strong>Internat</strong> schwer erziehbare Jugendliche oder Schüler,<br />
die Lernschwierigkeiten haben,<br />
wohnen, trifft definitiv nicht zu.<br />
„Schwer erziehbar ist ein weiter<br />
Begriff. Natürlich sind Schüler<br />
darunter, die eine verstärkte<br />
psychologische und schulische<br />
Betreuung benötigen“, meint Backes.<br />
„Aber sie machen nicht den<br />
Löwenanteil aus.“ Meist seien es<br />
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„Wir sind ja keine Insel.“<br />
ganz frei von Sorgen ist man auch<br />
im <strong>Internat</strong> nicht.<br />
Die 18-jährige leidenschaftliche Tänzerin Myriam schätzt<br />
die Selbständigkeit im <strong>Internat</strong>. Sie wohnt dort, weil ihr der<br />
tägliche Weg von zu Hause in die Schule in Diekirch<br />
zu lang wäre – sie stammt aus Vianden.<br />
Jugendliche aus Familien, in denen beide Elternteile<br />
arbeiten gingen oder Kinder, deren Mutter oder Vater<br />
alleinerziehend sei, und die sich wünschten, dass<br />
ihr Kind nicht ohne jegliche Kontrolle auf der Straße<br />
lande.<br />
Ganz frei von Sorgen ist man natürlich auch im <strong>Internat</strong><br />
nicht. „Wir sind ja keine Insel“, erklärt der <strong>Internat</strong>sleiter.<br />
Natürlich käme auch bei ihnen Diebstahl oder Gewalt<br />
vor, aber selten. Mal kleinere Raufereien, mal auch Mobbing,<br />
aber eben nicht im großen Stil. Phänomene wie<br />
Koma-Saufen kennen die Beschäftigten des <strong>Internat</strong>s<br />
nicht. „Wir wissen, dass unsere Jugendlichen auch mal<br />
Alkohol hinter unserem Rücken konsumieren, aber das<br />
ist minimal.“ Sobald ein Verdacht auftrete, würden sie<br />
mit den Bewohnern das Gespräch suchen. Schlimmstenfalls<br />
müsse derjenige, der die Regeln überschreite,<br />
das <strong>Internat</strong> verlassen.<br />
Auch Sätze wie „Der kommt aus dem <strong>Internat</strong>“ gehören<br />
vergangenen Zeiten an. Dieses Klischee gilt nicht mehr.<br />
Die Jugendlichen sind in die Stadtbevölkerung und in<br />
die Klassenverbände integriert, gehen zum Beispiel<br />
auch ins Jugendhaus. Vom Vereinsleben freilich profitieren<br />
die Bewohner nicht allzu sehr, da das <strong>Internat</strong><br />
am Wochenende nicht geöffnet<br />
ist. Das ist gut so, denn nach fünf<br />
Tagen <strong>Internat</strong> freut sich unter<br />
anderem der junge Lee auf sein<br />
Zuhause im Süden Luxemburgs.<br />
Er hat dort auch viele Freunde<br />
und geht samstags immer Billard<br />
spielen, seine Leidenschaft.<br />
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