Interview suissetec Magazin - Cofely
Interview suissetec Magazin - Cofely
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Fokus<br />
«Eltern und Lehrer sollen<br />
wieder handwerkliche<br />
Berufe empfehlen.»<br />
Seit diesem Jahr ist Wolfgang Schwarzenbacher Mitglied des Zentralvorstands<br />
von <strong>suissetec</strong>. Der CEO der <strong>Cofely</strong> AG wurde zum Nachfolger von Heinz Rohner<br />
gewählt und übernahm dessen Finanz-Ressort. Im <strong>Interview</strong> erläutert Wolfgang<br />
Schwarzenbacher, wo er die Herausforderungen für die Branche sieht und<br />
bei welchen Themen er die Schwerpunkte in der Verbandsarbeit setzen will.<br />
Die Fragen stellte Marcel Baud<br />
Herr Schwarzenbacher, was motivierte<br />
Sie, sich als Zentralvorstand von <strong>suissetec</strong><br />
zur Wahl zu stellen<br />
Hauptgrund war, dass die Firma Covely einen<br />
Beitrag für die Branche leisten möchte. Wir<br />
waren zwar in den Sektionen bisher gut vertreten,<br />
jedoch nicht im Zentralvorstand. Nachdem<br />
mich die Delegierten als Nachfolger<br />
von Heinz Rohner ins Führungsgremium gewählt<br />
haben, kann ich mich nun aktiv im<br />
Verband einbringen und für die Brancheninteressen<br />
engagieren. Dabei liegen mir besonders<br />
die Themenfelder Berufsnachwuchs,<br />
Bildung und Energieeffizienz am Herzen.<br />
Wie sind Ihre ersten Eindrücke<br />
Durchwegs positiv. Die Arbeit auf der Geschäftsstelle<br />
und im Vorstand wirkt sehr<br />
pro fessionell, kollegial und gut organisiert.<br />
Insofern freue ich mich darauf, hier mitwirken<br />
zu dürfen.<br />
Wie haben Sie <strong>suissetec</strong> bisher wahrgenommen<br />
In Sachen Gebäudetechnik ist <strong>suissetec</strong> hierzulande<br />
mit Sicherheit der Branchenverband.<br />
Er hat am meisten Mitglieder, ist führend in<br />
Sachen Bildung und Normen. Zudem betreibt<br />
<strong>suissetec</strong> politisches Lobbying und ist Verhandlungspartner<br />
der Gewerkschaften. Sämtliche<br />
Themen, welche die Branche betreffen,<br />
sind durch <strong>suissetec</strong> abgedeckt. Für <strong>Cofely</strong><br />
und generell alle Unternehmen der Branche<br />
gibt es keine Alternative zu <strong>suissetec</strong>.<br />
Haben Sie schon Bereiche ausgemacht,<br />
in denen Sie Akzente setzen möchten<br />
Erste Priorität hat für mich das Ressort Finanzen,<br />
für welches ich im Vorstand verantwortlich<br />
bin. Mirjam Becher und ihr Team auf der<br />
Geschäftsstelle betreuen den Bereich ausgezeichnet.<br />
Hier sehe ich keinen Handlungsbedarf.<br />
Inputs möchte ich in den vorher<br />
genannten Bereichen Berufsnachwuchs und<br />
Energieeffizienz geben.<br />
Wie sehen Ihre Ideen aus<br />
Es geht darum, mehr junge Leute in die Branche<br />
zu bringen. Und zwar vor allem Lernende<br />
der beruflichen Grundbildung. Die Kampagne<br />
«Wir, die Gebäudetechniker» ist hervorragend.<br />
Die Botschaft muss nun in die Breite<br />
getragen werden, in die Schulen und in die<br />
Bevölkerung, namentlich zu Eltern von Berufsanwärterinnen<br />
und -anwärtern. Letzteres,<br />
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Foto: Sabina Bobst<br />
damit Eltern und Lehrer ihren Kindern wieder<br />
handwerkliche Berufe empfehlen. Natürlich<br />
braucht dieser Umdenkprozess Jahre. Dabei<br />
ist der Einsatz jedes <strong>suissetec</strong>-Mitglieds<br />
gefordert. Wenn alle mitziehen, dann haben<br />
wir einen bedeutenden Schneeballeffekt.<br />
Sie nennen Energieeffizienz als weiteren<br />
Schwerpunkt.<br />
Energieeffizienz ist eine grosse Chance,<br />
unsere Branche für junge Leute attraktiver<br />
zu machen. Energieeffizienz ist zukunftsorientiert,<br />
hat mit Technik zu tun und ist deshalb<br />
spannend. Damit können wir es schaffen,<br />
Jugendliche für unser Handwerk zu<br />
gewinnen. Die Argumente sind auf unserer<br />
Seite: Unsere Branche bietet alles: interessante<br />
und anspruchsvolle Aufgaben mit<br />
attraktiven Karrierechancen. Dies in einem<br />
Markt, der Arbeitsplatzsicherheit auf Jahre<br />
hinaus garantiert. Eine Perspektive, die bisher<br />
als sicher geltende Branchen längst<br />
nicht mehr aufweisen.<br />
<strong>suissetec</strong> ist mit den regionalen Sektionen<br />
föderalistisch strukturiert. Verlangt<br />
diese Organisationsform von Ihnen ein<br />
Umdenken in der Verbandstätigkeit<br />
Unser Geschäft, egal wie gross das Unternehmen<br />
ist, spielt sich immer regional ab. <strong>Cofely</strong><br />
ist regional aufgestellt und wider spiegelt ein<br />
Konglomerat von KMUs. In der Summe sind<br />
wir zwar sehr gross, aber unter dem Strich<br />
agieren unsere einzelnen Niederlassungen<br />
genau wie KMUs. Wenn Sie so wollen, sind<br />
auch wir föderalistisch organisiert. Unser Geschäft<br />
würde mit einem reinen «Top-down»-<br />
Management niemals funktio nieren. Deshalb:<br />
Nein, ein Umdenken ist für meine Arbeit als<br />
<strong>suissetec</strong>-Zentralvorstand nicht nötig.<br />
Mehr als 80 Prozent der Mitgliedsfirmen<br />
von <strong>suissetec</strong> beschäftigen nicht mehr<br />
als 10 Mitarbeitende. Können Sie sich als<br />
CEO eines Unternehmens mit über 1400<br />
Mitarbeitenden in einen Kleinunternehmer<br />
hineinversetzen<br />
Als Zentralvorstand sehe ich meine Rolle vorderhand<br />
nicht darin, eine bestimmte Firmengrösse<br />
zu vertreten, sondern eine Branche und<br />
deren Themen. Prinzipiell kämpfen alle Betriebsgrössen<br />
mit den gleichen Problemen.<br />
Ob ein Lernender sich bei der Berufswahl für<br />
unsere Branche entscheidet, betrifft einen<br />
kleinen Lehrbetrieb genauso wie einen grossen.<br />
Wie fühlen Sie den Puls der Mitglieder<br />
Ich werde Sitzungen der Sektionen besuchen.<br />
Dies sicher in Zürich, aber auch in weiteren<br />
Regionen, zum Beispiel in der Westschweiz.<br />
Ich denke, an diesen Anlässen bin ich nahe<br />
an der Basis.<br />
Wo sehen Sie für die Branchen<br />
Wachstumspotenzial<br />
Zur Person<br />
Wolfgang Schwarzenbacher (44)<br />
schloss sein Betriebswirtschaftsstudium<br />
an der HSG in St. Gallen ab<br />
und absolvierte ein MBA an der<br />
ZfU. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit<br />
lag in den Bereichen Gebäudetechnik<br />
und Anlagenbau. Während<br />
sechs Jahren war er als CFO der<br />
heutigen Alpiq InTec tätig. Anschliessend<br />
wechselte er zur Liechtensteiner<br />
Firma Hilti, für die er in Hongkong<br />
aktiv war. Nach zwei Jahren<br />
ging er nach Deutschland, wo er bei<br />
Alpiq die Stelle als Leiter Energieund<br />
Anlagentechnik innehatte. Seit<br />
dem 1. Januar 2011 ist Schwarzenbacher<br />
CEO der <strong>Cofely</strong> AG in der<br />
Schweiz. <strong>Cofely</strong> ist Teil des Bereichs<br />
Energy Services von GDF SUEZ,<br />
einem der führenden Energiekonzerne<br />
der Welt.<br />
Wolfgang Schwarzenbacher ist gebürtiger<br />
Liechtensteiner und wohnt<br />
in Zürich und Eschen (FL).<br />
«Die strategische<br />
Entwicklungsrichtung<br />
in der Gebäudetechnik<br />
ist<br />
unbestritten die<br />
Energieeffizienz.»<br />
Wolfgang Schwarzenbacher<br />
Die strategische Entwicklungsrichtung in der<br />
Gebäudetechnik ist unbestritten die Energieeffizienz.<br />
Zwar wird deshalb nicht mehr gebaut,<br />
aber anders. Und dieses Anders-Bauen<br />
ist werthaltiger, was wiederum mehr Umsatz<br />
generieren kann. Dabei wird die gesamte<br />
Wertschöpfungskette abgedeckt, vom Konzept<br />
bis hin zum Unterhalt der Anlagen sind<br />
wir als Gebäudetechniker involviert. Wir müssen<br />
nur die sich bietenden Chancen nutzen.<br />
Energieeffizienz als der Megatrend<br />
für die Branche<br />
Absolut. Energiekostenoptimierung wird immer<br />
wichtiger, und zwar im Neu-, aber vor<br />
allem auch im Sanierungsbau. Ein riesiges<br />
Potenzial. Umso mehr braucht unsere Branche<br />
gut ausgebildete Leute, die sich dieser<br />
Herausforderungen annehmen.<br />
Zum Beispiel die, den Kunden von energieeffizienten<br />
Lösungen zu überzeugen<br />
Da sind wir wieder bei der Imagefrage. Wir<br />
müssen erreichen, dass der Kunde bei<br />
der Energieoptimierung an eine Gebäudetechnikfirma<br />
denkt. Planen, Bauen, Betreiben<br />
von Anlagen, das alles können wir.<br />
Gebäudetechniker bieten die gesamte<br />
Palette. Nur wir haben das gebündelte Knowhow<br />
und sind damit hervorragend positioniert.<br />
Diese Tatsache muss sich im Markt<br />
noch mehr durchsetzen.<br />
Wo sehen Sie Risiken<br />
Marktbedingt nirgends. Denn dass der Markt<br />
in Richtung Energieeffizienz tendiert, ist<br />
sicher. Das grösste Risiko sehe ich darin,<br />
wenn wir unzureichend in Energieeffizienz<br />
und die damit verbundenen Aufgaben investieren.<br />
Wenn wir es zum Beispiel nicht<br />
schaffen, genügend eigene Ressourcen aufzubauen,<br />
wird die Wertschöpfung immer<br />
mehr ins Ausland abwandern. Genügend und<br />
gut ausgebildete Leute sichern den Schweizer<br />
Qualitätsstandard. Dies versetzt uns in die<br />
Lage, nicht immer nur über den Preis verkaufen<br />
zu müssen.<br />
Wie beurteilen Sie in der Schweiz die<br />
Rahmenbedingungen für die Branchen<br />
In Sachen Bildung erwarte ich eine stärkere<br />
Förderung der klassischen Berufslehre. Die<br />
Politik ist gefordert, das Handwerk wieder<br />
mehr in den Vordergrund zu stellen. Dann<br />
braucht es vom Bund unbedingt eine klare<br />
Energiestrategie. Beispiel Kosten deckende<br />
Einspeisevergütung KEV: Die Warte liste<br />
zählt mittlerweile über 23 000 Projekte –<br />
für sanierungswillige Bauherren äusserst<br />
demotivierend und für uns bei der Beratung<br />
wenig hilfreich. Zudem ist der Vergabeprozess<br />
im Moment administrativ aufwendig.<br />
Wenn Sie einen Wunsch für die Branche<br />
formulieren könnten, wie sähe dieser aus<br />
Gebäudetechnik ist spannend, vielseitig<br />
und zukunftsträchtig. Wir brauchen uns nicht<br />
zu verstecken und können mehr bieten als<br />
viele andere. Ich wünsche mir, dass es uns<br />
gelingt, dies in der Wahrnehmung der breiten<br />
Bevölkerung zu verankern. So werten wir<br />
unsere Berufe auf, vor allem bei den Eltern<br />
und in den Schulen. Dann werden sich in<br />
Zukunft wieder mehr Jugendliche für einen<br />
Berufsweg in der Gebäudetechnik entscheiden.<br />
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<strong>suissetec</strong>magazin März/April 2013 9