Das chemische Potential- eine Ãbersicht wichtiger Beziehungen
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<strong>Das</strong> <strong>chemische</strong> <strong>Potential</strong>- <strong>eine</strong> Übersicht<br />
<strong>wichtiger</strong> <strong>Beziehungen</strong><br />
1 Definition des chem. <strong>Potential</strong>s<br />
<strong>Das</strong> <strong>chemische</strong> <strong>Potential</strong> beschreibt die Abhängigkeit der extensiven thermodynamischen Energiegrößen<br />
von der Stoffmenge. Formal bedeutet dies, dass das <strong>chemische</strong> <strong>Potential</strong> mathematisch<br />
durch die Ableitungen von U, H, G, und A nach der Stoffmenge dargestellt werden kann.<br />
µ i =<br />
( ∂G<br />
∂n i<br />
)<br />
p,T,n j≠i<br />
=<br />
( ∂U<br />
∂n i<br />
)<br />
S,V,n j≠i<br />
=<br />
( ∂H<br />
∂n i<br />
)<br />
S,p,n j≠i<br />
=<br />
( ∂A<br />
∂n i<br />
)T,V,n j≠i<br />
Aus den Fundamentalgleichungen lässt sich folgern, welche Größen konstant gehalten werden<br />
müssen (dieses lässt sich am Beispiel der Gibbs-Enthalpie unter Punkt 3 nochmal nachvollziehen).<br />
2 Exemplarische Anwendungen des chem. <strong>Potential</strong>s<br />
• Phasenumwandlungen<br />
• Mischungen<br />
• chem. Gleichgewichte<br />
• Elektrochemie<br />
3 Fundamentalgleichung unter Berücksichtigung des chem.<br />
<strong>Potential</strong>s<br />
Wie oben bereits diskutiert, impliziert die Einführung des <strong>chemische</strong>n <strong>Potential</strong>s <strong>eine</strong> Änderung<br />
der Stoffmenge im System. Dieses ist der fundamentale Unterschied zu den Betrachtungen am<br />
Beginn des Semesters, wo die Stoffmenge als konstant angenommen wurde. Jede Fundamentalgleichung<br />
muss nun durch <strong>eine</strong>n zusätzlichen Term für die Änderung der Stoffmenge ergänzt<br />
werden, wie es im nachstehenden Beispiel für die Gibbs-Enthalpie G gezeigt wird.<br />
dG =−SdT +Vdp + ∑ i<br />
( ∂G<br />
∂n i<br />
)<br />
p,T,n j≠i<br />
dn i<br />
dG =−SdT +Vdp + ∑ i<br />
µ i dn i<br />
4 <strong>Das</strong> chem. <strong>Potential</strong> <strong>eine</strong>r Gasphase und <strong>eine</strong>r Flüssigkeit<br />
4.1 Gasphase<br />
µ gas<br />
A =µgas,⊖ A<br />
(T) +RTln p A<br />
p ⊖<br />
Der erste Termµ gas,⊖<br />
A<br />
repräsentiert das <strong>chemische</strong> <strong>Potential</strong> unter Standardbedingungen; per<br />
Definition bedeutet dies p = p ⊖ ; es wird k<strong>eine</strong> Aussage über die Temperatur getroffen, sodass<br />
dieser Term noch als temperaturabhängig angesehen werden muss!<br />
1
4.2 Flüssigkeit<br />
µ fl<br />
A =µfl,∗ A +RTlnp A<br />
p ∗ A<br />
=µ fl,∗<br />
A +RTlnx A<br />
Diese Gleichung wird mit Hilfe des Raoultschen Gesetzes erhalten, indem p A<br />
p ∗<br />
A<br />
durch x A ersetzt<br />
wird. Hierbei beschreibtp A den Dampfdruck der Komponente A im Fall der Mischung undp ∗ A<br />
den Dampfdruck über der r<strong>eine</strong>n Flüssigkeit A. Die mit∗versehenen Größen deuten an, dass<br />
es sich um die r<strong>eine</strong> Komponente handelt. Die Interpretation dieser wichtigen Gleichung erfolgt<br />
unter Punkt 5.2.<br />
4.3 Chem. <strong>Potential</strong> in Einkomponentensystemen<br />
In Einkomponentensystemen ist das <strong>chemische</strong> <strong>Potential</strong> gleich der molaren Gibbs-Enthalpie,<br />
wie leicht gezeigt werden kann.<br />
5 Anwendungen<br />
5.1 Phasengleichgewichte<br />
µ =<br />
( ) ∂G<br />
∂n p,T<br />
( ∂(nG m )<br />
)<br />
=<br />
∂n<br />
p,T<br />
=G m<br />
An dieser Stelle soll noch einmal exemplarisch der Ansatz zur Herleitung der Schmelzkurve<br />
erläutert werden, wobei das Prinzip auf sämtliche Kurven in <strong>eine</strong>m Phasendiagramm <strong>eine</strong>s Einkomponentensystems<br />
(vgl Abbildung 1) übertragen werden kann.<br />
Abbildung 1: Phasendiagramm <strong>eine</strong>s Einkomponentensystems<br />
Auf der Schmelzkurve gilt, dass die <strong>chemische</strong>n <strong>Potential</strong>e der Flüssigkeit und des Festkörpers<br />
gleich sind, weil sie im Gleichgewicht miteinander stehen. <strong>Das</strong> Gleichsetzen der <strong>chemische</strong>n<br />
<strong>Potential</strong>e ist der essentielle Ansatz, der bei verschiedensten Problemen unter Beteiligung <strong>chemische</strong>r<br />
<strong>Potential</strong>e gewählt werden kann.<br />
µ fl =µ fest<br />
2
Da man auch bei infinitesimal kl<strong>eine</strong>n Druck- und Temperaturänderungen die Schmelzkurve<br />
nicht verlassen will, herrscht das sogenannte währende Gleichgewicht.<br />
dµ fest =dµ fl<br />
Da es sich um ein Einkomponentensystem handelt, kann fürdµ die Fundamentalgleichung der<br />
molaren Gibbs-Enthalpie eingesetzt werden.<br />
−S m festdT +V m<br />
festdp =−S m fldT +V m<br />
fldp<br />
dp<br />
dT = ∆ SchmelzS m<br />
∆ Schmelz V m (1)<br />
Aus der Gibbs-Helmholtz-Gleichung lässt sich unter Ausnutzung der Tatsache, dass im Gleichgewicht<br />
∆ Schmelz G m = 0 ist, ein Ausdruck für die Änderung der Entropie beim Schmelzen<br />
ableiten.<br />
∆ Schmelz G m = ∆ Schmelz H m −T∆ Schmelz S m = 0<br />
∆ Schmelz S m = ∆ SchmelzH m<br />
(2)<br />
T<br />
Setzt man Gleichung 2 in Gleichung 1 ein, ergibt sich die Clausius-Clapeyronsche-Gleichung<br />
in nicht-integrierter Form:<br />
dp<br />
dT = ∆ SchmelzH m<br />
T∆ Schmelz Vm. (3)<br />
Integriert man diese Gleichung, ergibt sich die Endfassung der Formel nach Clausius und<br />
Clapeyron (vgl. Gleichung 4). Es ist sehr wichtig zu beachten, dass bei der Herleitung der<br />
Schmelzkurve die Änderung des Volumens beim Schmelzen als temperaturunabhängig angenommen<br />
wird und somit als Konstante vor das Integral gezogen werden kann. Dieses ist komplementär<br />
zur Herleitung der Dampfdruckkurve, wo die Änderung des Verdampfungsvolumens<br />
durch das ideale Gasgsetz angenähert wird (vgl. Übungen).<br />
5.2 Kolligative Eigenschaften- Siedepunktserhöhung<br />
p 1 =p 0 + ∆ SchmelzH m<br />
∆ Schmelz V m lnT 1<br />
T 0<br />
(4)<br />
Zur Herleitung der Siedepunktserhöhung ist die Temperaturabhängigkeit des <strong>chemische</strong>n <strong>Potential</strong>s<br />
relevant, wie es in nachstehender Abbildung für <strong>eine</strong>n Feststoff, <strong>eine</strong> Flüssigkeit und ein<br />
Gas dargestellt ist.<br />
Die Steigungen der Kurven ergeben sich erneut aus der Fundamentalgleichung für die molare<br />
Gibbs-Enthalpie.<br />
dG m =dµ =−S m dT +V m dp<br />
( ) ∂µ<br />
=−S m<br />
∂T p<br />
Für die molare Entropie ergibt sich die Reihenfolge S m gas> S m flüssig > Sm fest , was sich leicht aus<br />
der Anzahl der verfügbaren Mikrozustände für jeden Aggregatzustand ableiten lässt. Die Temperaturabhängigkeit<br />
des chem. <strong>Potential</strong>s der Gasphase ist demnach am Größten, was in dem<br />
3
Abbildung 2: Temperaturabhängigkeit des <strong>chemische</strong>n <strong>Potential</strong>s<br />
steilen Verlauf der Kurve zum Ausdruck kommt.<br />
Die zentrale Frage ist nun, warum sich das <strong>chemische</strong> <strong>Potential</strong> des Lösungsmittels absenkt,<br />
wenn ein zweiter Stoff in diesem gelöst wird. Die Antwort lässt sich direkt aus dem Ausdruck<br />
für das <strong>chemische</strong> <strong>Potential</strong> der Flüssigkeit ableiten (vgl. Gleichung 5).<br />
µ fl<br />
A =µfl,∗ A +RTlnp A<br />
p ∗ A<br />
=µ fl,∗<br />
A +RTlnx A (5)<br />
Durch Lösen <strong>eine</strong>s zweiten Stoffes im Lösungsmittel A nimmt der Stoffmengenanteil des Lösungsmittels<br />
<strong>eine</strong>n Wert kl<strong>eine</strong>r Eins an, was dazu führt, dass das <strong>chemische</strong> <strong>Potential</strong> der<br />
Mischung unter dem der r<strong>eine</strong>n Komponente liegt (bei allen Betrachtungen wird ideales Verhalten<br />
vorausgesetzt). Die Kurve für das <strong>chemische</strong> <strong>Potential</strong> des Lösungsmittels in <strong>eine</strong>r Mischung<br />
wird also gegenüber der des r<strong>eine</strong>n Lösungsmittels abgesenkt. Am Siedepunkt liegt immer ein<br />
Gleichgewicht zwischen der flüssigen und der gasförmigen Phase vor (d.h die <strong>chemische</strong>n <strong>Potential</strong>e<br />
sind gleich); man erkennt sofort, dass sich dieser Schnittpunkt zwischen den Kurven des<br />
<strong>chemische</strong>n <strong>Potential</strong>s der Flüssigkeit und der Gasphase in der Mischung zu höheren Temperaturen<br />
verschiebt.<br />
′<br />
Bei der neuen Siedetemperatur T S steht das <strong>chemische</strong> <strong>Potential</strong> der Flüssigkeit (Mischung)<br />
mit dem der r<strong>eine</strong>n Gasphase (man nimmt an, dass die Eigenschaften der Gasphase durch den<br />
Mischprozess unverändert bleiben) im Gleichgewicht (dies ist der zentrale Ansatz!).<br />
µ fl<br />
A =µgas,∗ A<br />
Ersetzt man nun das <strong>chemische</strong> <strong>Potential</strong> der Flüssigkeit (Mischung) durch Gleichung 5, stellt<br />
diese Gleichung nach ln(x A ) um und nutzt die Tatsache, dass die Differenz der r<strong>eine</strong>n <strong>chemische</strong>n<br />
<strong>Potential</strong>e des Lösungsmittels die Änderung der Gibbs-Enthalpie beim Verdampfen<br />
repräsentiert, ergibt sich Zusammenhang 6.<br />
µ gas,∗<br />
A<br />
=µ fl,∗<br />
A +RT′ Slnx A<br />
lnx A = µgas,∗ A<br />
−µ fl,∗<br />
A<br />
RT ′ S<br />
= ∆ VG m<br />
RT ′ S<br />
Substituiert manx A durch 1−x B (wobeix B den Stoffmengenanteil der gelösten Komponente<br />
beschreibt) und verwendet die Gibbs-Helmholtz-Gleichung, erhält man Gleichung 7.<br />
(6)<br />
4
ln(1−x B ) = ∆ VH m<br />
− ∆ VS m<br />
(7)<br />
RT ′ S<br />
R<br />
Für ein r<strong>eine</strong>s Lösungsmittel ist der Stoffmengenanteil der gelösten Komponentex B Null und<br />
Gleichung 7 lässt sich zu Gleichung 8 umstellen, wobei jetzt die SiedetemperaturTS ∗ des r<strong>eine</strong>n<br />
Lösungsmittels (in Abbildung 2 alsT S bezeichnet) verwendet wird (es ist ja kein gelöster Stoff<br />
mehr vorhanden!).<br />
ln1 = ∆ VH m<br />
RT ∗ S<br />
− ∆ VS m<br />
R<br />
Subtrahiert man nun Gleichung 8 von Gleichung 7, ergibt sich nachstehende Gleichung 9.<br />
ln(1−x B )−<br />
0<br />
{}}{<br />
ln1 = ∆ VH m<br />
R<br />
(<br />
1<br />
T ′ S<br />
− 1<br />
)<br />
TS<br />
∗<br />
Für hinreichend verdünnte Lösungen ergibt sich unter Zuhilfenahme der Taylorentwicklung<br />
ln(1−x B )≈−x B aus obiger Gleichung der nachstehende Ausdruck 10.<br />
−x B = ∆ VH m<br />
R<br />
x B = ∆ VH m<br />
R<br />
(<br />
1<br />
T ′ S<br />
(<br />
1<br />
T ∗ S<br />
− 1<br />
T ∗ S<br />
− 1<br />
T ′ S<br />
)<br />
(8)<br />
(9)<br />
) (10)<br />
Dieser Ausdruck lässt sich noch ein wenig vereinfachen- man erhält dann <strong>eine</strong>n Ausdruck für<br />
die Siedepunktserhöhung (Gleichung 12).<br />
x B = ∆ VH m<br />
R<br />
= ∆ VH m<br />
R<br />
≈ ∆ VH m<br />
R<br />
∆T S =<br />
(<br />
1<br />
6 Quellennachweise der Abbildungen<br />
T ∗ S<br />
− 1<br />
)<br />
T ′ S<br />
)<br />
(<br />
′<br />
T S −T∗ S<br />
(11)<br />
T S·T′ ∗ S<br />
∆T S<br />
(TS ∗)2 R<br />
∆ V H mx B(T ∗ S) 2 (12)<br />
• Abbildung 1: http://portal.unifreiburg.de/fkchemie/lehre/grundvorlesung<br />
/uebungen/stunde6/pdwasser/view<br />
• Abbildung 2: http://iwan.chem.tu-berlin.de/ lehre/pc/pr1_WS/skript/08_gefr.pdf<br />
5