30.01.2015 Aufrufe

Anorexie

Anorexie

Anorexie

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Magersucht (Anorexia nervosa)<br />

Allgemeines zur Magersucht<br />

Menschen, die unter Magersucht (im Fachbegriff: Anorexia nervosa) leiden, versuchen<br />

ein Gewicht zu erreichen und zu halten, welches deutlich unter ihrem Normalgewicht<br />

liegt. Dies wird v.a. durch ein stark kontrolliertes Essverhalten, aber auch<br />

durch übermässige sportliche Aktivitäten, Medikamenteneinnahme oder andere<br />

Massnahmen erreicht. Die Magersucht ist eine sehr komplexe Erkrankung, bei welcher<br />

sowohl psychische wie auch körperliche Faktoren eine wichtige Rolle spielen.<br />

Anorexia nervosa kommt v.a. In Ländern vor, in welchen Nahrung im Überfluss vorhanden<br />

ist, und in welchen kulturell bedingt ein starkes Schlankheitsideal herrscht.<br />

Rund 80% der Betroffenen sind Mädchen oder Frauen, wobei der Anteil der anorektischen<br />

Männer in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat. Bei den meisten Betroffenen<br />

beginnt die Krankheit während oder kurz nach der Pubertät. Ein Erkrankungsbeginn<br />

ist aber in jedem Lebensalter möglich. Etwa eine von 100 heranwachsenden<br />

Frauen leidet unter dem Vollbild einer <strong>Anorexie</strong>. Sehr viel mehr Mädchen und junge<br />

Frauen weisen aber einen Teil der Störungsmerkmale auf.<br />

Der Verlauf einer Magersucht kann sehr unterschiedlich sein. Einige überwinden die<br />

Erkrankung nach einer einzelnen Episode von mehreren Monaten oder Jahren. Andere<br />

erleben wechselnde Phasen von Gewichtsabnahme und -zunahme, oder sie überwinden<br />

zwar die <strong>Anorexie</strong>, entwickeln dabei aber eine Bulimie (Ess-Brech-Sucht).<br />

Langfristig schaffen es nur wenige Betroffene, die Magersucht aus eigener Kraft ganz<br />

zu überwinden. Viele entwickeln eine chronische Essstörung, und etwa 10-15% der<br />

Magersüchtigen sterben an den Folgen ihrer Erkrankung. Damit ist die <strong>Anorexie</strong> die<br />

tödlichste psychische Störung, die wir kennen. Häufig sind zusätzliche psychische<br />

Störungen zu beobachten, wie z.B. Angststörungen, Depressionen oder Zwänge.<br />

Glücklicherweise kennen wir heute wirksame Behandlungsmethoden, mit denen sich<br />

in den meisten Fällen eine Heilung oder zumindest eine deutliche Verbesserung der<br />

Erkrankung erzielen und somit das Überleben sichern lässt.<br />

Diagnostische Kriterien der Magersucht<br />

Untergewicht: Das Körpergewicht liegt 15% unter dem gemäss Alter und Grösse zu<br />

erwartenden Normalgewicht (Body-Mass-Index < 18; der Index errechnet sind als<br />

Gewicht in kg./ Körpergrösse in Meter im Quadrat).<br />

Aktive Gewichtsreduktion: Durch Fasten, Diät halten, übertriebene körperliche Aktivität,<br />

absichtliches Erbrechen, Medikamenteneinnahme, u.a.<br />

Angst vor Gewichtszunahme: Trotz des Untergewichts besteht eine starke Angst<br />

davor, dick zu werden. Diese wird meist nicht dauernd wahrgenommen, sondern<br />

v.a. bei der Einnahme hochkalorischer Speisen oder bei der Wahrnehmung des<br />

eigenen Körpers aktiviert.<br />

Körperschemastörung: Die betroffene Person empfindet ihren Körper oder Teile davon<br />

trotz Untergewicht als zu dick, oder sie verkennt zumindest Ausmass oder Folgen<br />

ihres Untergewichts. Der eigene Selbstwert hängt stark von Körpergewicht und<br />

Figur ab.<br />

Hormonelle Störungen: Bei Frauen und Mädchen: Ausbleiben der Menstruation. Bei<br />

Jungen und Männern: Verlust oder Einschränkung sexueller Funktionen.<br />

Psychotherapeutische Praxisstelle, lic.phil. Zahrli, 2009 1


Die Anorexia nervosa hat schwerwiegende körperliche, psychische und soziale Folgen.<br />

Die Mangelernährung beeinträchtigt die meisten wichtigen Organe und kann eine<br />

Vielzahl von ernsthaften körperlichen Symptomen, bis hin zu Organversagen mit<br />

Todesfolge hervorrufen. Zu den psychischen Folgen gehören Einschränkung der Konzentration,<br />

Leistungsabfall, soziale Isolierung und Einschränkung der emotionalen<br />

Erlebnisfähigkeit. Typischerweise dreht sich das Denken essgestörter Menschen fast<br />

nur noch um das Thema Essen. Gleichzeitig geht die Wahrnehmungsfähigkeit für<br />

Hunger und Sattheit zunehmend verloren.<br />

Wie entsteht Magersucht<br />

Es gibt nicht „die eine“ Ursache für die Entstehung einer Anorexia nervosa. In der<br />

Regel treffen verschiedene Risikofaktoren zusammen, wenn ein Mensch eine Magersucht<br />

entwickelt. Die Hintergründe der Krankheitsentstehung sind denn auch immer<br />

individuell zu verstehen. Als Risikofaktoren für die Entwicklung einer Anorexia nervosa<br />

gelten heute neben einer gewissen angeborenen Verletzlichkeit für die Erkrankung,<br />

ein geringes Selbstwertgefühl bei hohem Leistungs- und Perfektionsstreben,<br />

Schwierigkeiten, mit Konflikten umzugehen und sich abzugrenzen, und ein ausgeprägtes<br />

Schlankheitsideal. Auslösende Faktoren bei der Entstehung einer Magersucht<br />

sind häufig Veränderungs- und Belastungssituationen (z.B. Trennungen) sowie das<br />

Durchführen von Diäten zur Gewichtsreduktion bei (vermeintlichem) Übergewicht.<br />

Behandlung der Magersucht<br />

Je schneller eine fachlich gut fundierte Behandlung der Anorexia nervosa einsetzt,<br />

umso geringer ist die Gefahr einer Chronifizierung. Zu Beginn der Therapie<br />

klären wir gemeinsam mit dem Patienten / der Patientin ab, ob und unter welchen<br />

Bedingungen eine Behandlung an unserer Institution die geeignete Lösung<br />

darstellt. Bei starkem Untergewicht ist eine Gewichtszunahme (im ambulanten<br />

oder im stationären Setting) unerlässlich. Inhalte und Vorgehensweise der Psychotherapie<br />

richten sich nach den Erfordernissen des Einzelfalls und werden in der<br />

Abklärung zu Beginn der Behandlung individuell und gemeinsam mit der Patientin<br />

bestimmt. Wichtige Themen sind aber immer auch die Normalisierung des Essverhaltens<br />

und des Körpergewichts sowie der Umgang mit dabei auftretenden<br />

Ängsten vor Gewichtszunahme. Ebenso wichtig ist in der Regel die Klärung und<br />

Bewältigung derjenigen psychischen, familiären und sozialen Faktoren, die die<br />

Aufrechterhaltung der Störung begünstigen. Aufgrund der häufig schwerwiegenden<br />

körperlichen Folgeerscheinungen von Essstörungen leiten wir zu Beginn der<br />

Therapie im Einverständnis mit unseren KlientInnen meist auch eine körperliche<br />

Abklärung und bei Bedarf eine die Therapie begleitende körperliche Behandlung<br />

ein.<br />

Um die Qualität des Therapieangebotes sicher zu stellen, orientieren sich die TherapeutInnen<br />

der Psychotherapeutischen Praxisstelle an evidenzbasierten psychotherapeutischen<br />

Ansätzen auf dem neusten Stand der wissenschaftlichen Forschung.<br />

Links<br />

www.netzwerk-essstoerungen.ch - Informationen für Betroffene und Fachpersonen<br />

Bücher<br />

Ettrich, C.; Pfeiffer, U. (2001): <strong>Anorexie</strong> und Bulimie: Zwischen Todes-Sehnsucht<br />

und Lebenshunger. München: Urban & Fischer Verlag<br />

Gerlinghoff, M; Backmund, H. (2006): Ess-Störungen. Fachwissen, Krankheitserleben,<br />

Ess-Programme. Weinheim: Beltz-Verlag<br />

Psychotherapeutische Praxisstelle, lic.phil. Zahrli, 2009 2

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!