kurzfristigem
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Kapitel 17<br />
Wie kommen gesamtwirtschaftliches<br />
Angebot und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage<br />
ins Gleichgewicht
Unterschied zwischen der Analyse in der<br />
Mikroökonomie und in der Makroökonomie<br />
• Mikroökonomie: Bei der Analyse<br />
einzelner Märkte wird das Einkommen<br />
der Verbraucher als exogen betrachtet.<br />
• Makroökonomie: Bei der gesamtwirtschaftlichen<br />
Betrachtung wird das<br />
Einkommen im Marktprozess bestimmt. Es<br />
ist eine endogene Größe.
Vorgehen in diesem Kapitel<br />
• Sehr einfaches Modell („Einkommen-<br />
Ausgaben-Modell“), bei dem nur<br />
Mengen-Größen vorkommen. Preise,<br />
Zinsen und Löhne sind per Annahme<br />
konstant.<br />
‣ Herleitung des gesamtwirtschaftlichen<br />
Angebots<br />
‣ Herleitung der gesamtwirtschaftlichen<br />
Nachfrage
Herleitung des<br />
gesamtwirtschaftlichen Angebots<br />
• Zwei Konzepte:<br />
‣ Angebot, das bei Vollbeschäftigung am<br />
Arbeitsmarkt möglich wäre<br />
(Produktionspotential)<br />
‣ Angebot, das von den Unternehmen<br />
tatsächlich auf den Markt gebracht wird<br />
(kurzfristiges Angebot)
Vollbeschäftigungsangebot<br />
• Herleitung aus dem Modell für den<br />
Arbeitsmarkt (Kapitel 10)<br />
• Annahme: Es handelt sich dabei um<br />
den Arbeitsmarkt für die gesamte<br />
Volkswirtschaft<br />
• Verlauf von gesamtwirtschaftlichem<br />
Arbeitsangebot und gesamtwirtschaftlicher<br />
Arbeitsnachfrage<br />
identisch wie bei einzelwirtschaftlicher<br />
Betrachtung
Herleitung des gesamtwirtschaftlichen<br />
Angebots über den Arbeitsmarkt<br />
17.1:<br />
Reallohn<br />
Arbeitsmarkt<br />
Beschäftigung<br />
Gesamt<br />
w.<br />
Angebot<br />
Gesamtwirtschaftliche<br />
Produktionsfunktion<br />
Beschäftigung
Herleitung des<br />
Vollbeschäftigungsangebots<br />
• 1. Schritt: Am Arbeitsmarkt werden der<br />
Gleichgewichts-Reallohn und die<br />
gleichgewichtige Beschäftigung (N*)<br />
bestimmt<br />
• 2. Schritt: Diese Beschäftigungsmenge<br />
wird in eine gesamtwirtschaftliche<br />
Produktionsfunktion eingesetzt<br />
Y=f (N,K)<br />
• Der so ermittelte Output (Y*) ist das<br />
Vollbeschäftigungsangebot
Determinanten des<br />
Vollbeschäftigungsangebots<br />
• Arbeitsangebot: Präferenzen der<br />
Arbeitnehmer für Arbeit und Freizeit<br />
• Arbeitsnachfrage: Produktionstechnologie<br />
der Unternehmen<br />
• Kapitalstock<br />
‣ Vollbeschäftigungsangebot ist<br />
- rein mikroökonomisch determiniert<br />
- unabhängig von der aktuellen<br />
Nachfragesituation
Das kurzfristige Angebot<br />
• Annahme: Unternehmen lassen sich bei<br />
ihren Angebotsentscheidungen stark von<br />
der aktuellen Nachfragesituation leiten<br />
– extrapolative Erwartungen (reines<br />
Fortschreiben der Vergangenheit) oder<br />
– adaptive Erwartungen (Erwartungen werden<br />
nach Maßgabe der Erwartungsfehler<br />
korrigiert)<br />
– Gegensatz: Rein vorausschauende<br />
Erwartungen (rationale Erwartungen)
Keynes (1936, S. 148)<br />
“Es wäre dumm, wenn wir uns bei unserer<br />
Erwartungsbildung sehr stark von Dingen leiten ließen,<br />
die sehr unsicher sind. Es ist deshalb vernünftig, sich<br />
im Wesentlichen an Fakten zu orientieren, über die wir<br />
uns einigermaßen sicher fühlen, selbst wenn sie<br />
weniger relevant sind als andere Fakten, über die wir<br />
nur ungenau und unzureichend informiert sind.<br />
Deshalb haben die Fakten über die aktuelle Situation<br />
einen überproportional hohen Einfluss auf unsere<br />
langfristige Erwartungsbildung. Wir gehen also<br />
üblicherweise so vor, dass wir die aktuelle Situation<br />
einfach in die Zukunft projizieren und sie nur in dem<br />
Maße anpassen, in dem wir mehr oder weniger gute<br />
Gründe haben, eine Änderung zu erwarten.”
Geschäftslage und Erwartungen der<br />
Unternehmen stimmen meist überein
Sehr vereinfachte Herleitung<br />
des kurzfristigen Angebots<br />
• Unternehmen bieten kurzfristig die<br />
Menge an, von der sie erwarten, dass<br />
sie auch nachgefragt wird<br />
• Unternehmen können Nachfrage<br />
richtig antizipieren<br />
• Angebot wird also nur von der<br />
(erwarteten) Nachfrage bestimmt
17.3<br />
Das kurzfristige Angebot
Kurzfristiges Angebot<br />
und Vollbeschäftigungsangebot<br />
Schaubild 17.4: 16.3: Das kurzfristige und das Vollbeschäftigungsangebot<br />
der Unternehmen<br />
Gesamtwirtschaftliche<br />
Nachfrage<br />
Vollbeschäftigungsangebot<br />
Kurzfristiges Angebot<br />
Kurzfristig ist<br />
auch eine<br />
Produktion über<br />
v<br />
Y möglich<br />
45°<br />
Y v<br />
Gesamtwirtschaftliches<br />
Angebot
Die Determinanten der<br />
gesamtwirtschaftlichen Nachfrage<br />
‣privater Konsum<br />
‣staatlicher Konsum<br />
‣Investitionen<br />
‣Vorratsveränderungen<br />
‣Exporte<br />
‣Importe
Sehr vereinfachtes Modell für die Herleitung<br />
der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage<br />
• Gesamtwirtschaftliche<br />
Nachfrage besteht nur aus:<br />
‣Privaten Konsumausgaben<br />
‣Investitionen
Die Determinanten des privaten Konsums<br />
• Konsumausgaben (C) werden bestimmt<br />
– vom laufenden Einkommen (Y) (absolute<br />
Einkommenshypothese)<br />
– sowie von autonomen Konsumausgaben<br />
(a), die unabhängig von der Höhe des<br />
Einkommens getätigt werden<br />
• andere Determinanten des Verbrauchs<br />
Konsums, wie z.B. Zinsen, erwartetes<br />
Einkommen (permanente<br />
Einkommenshypothese) bleiben hier<br />
unberücksichtigt
Formale Abbildung des privaten Verbrauchs<br />
durch die Konsumfunktion<br />
• C = a + b Y<br />
• b = marginale Konsumquote<br />
• Da das Einkommen<br />
vollständig aus der laufenden<br />
Produktion stammt, gilt auch<br />
‣Y = Y a oder<br />
‣C t = a + b Y t
Schaubild 17.5:<br />
Konsumfunktion
Empirische Konsumfunktion für Deutschland<br />
C = 16,72 + 0,85 Y
Konsum, Ersparnis und Investitionen<br />
• Ersparnis= Einkommen – Konsum<br />
S = Y – C<br />
• Sparfunktion<br />
bei C= a+bY<br />
S = Y – (a + bY)= – a + (1 – b) Y<br />
• Investitionsfunktion (sehr vereinfacht)<br />
‣ I = I<br />
• Gesamtwirtschaftliche Nachfrage<br />
‣ Y n = a + b Y a + I
Schaubild 16.6: Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage<br />
Gesamtwirtschaftliche<br />
Nachfrage<br />
12<br />
Die gesamtwirtschaftliche<br />
Nachfrage<br />
10<br />
8<br />
n<br />
Y =C+I<br />
(=gesamtwirtschaftliche Nachfrage)<br />
6<br />
I<br />
I<br />
4<br />
2<br />
C = a + b Y a<br />
(=Konsumfunktion)<br />
a<br />
2 4 6 8 10 12<br />
(=Y v )<br />
Gesamtwirtschaftliches<br />
Angebot<br />
(= Einkommen)
Wie kommt es zu einem Gleichgewicht<br />
von Angebot und Nachfrage<br />
• Gleichgewicht: Pläne von Anbietern und<br />
Nachfragern sind miteinander kompatibel<br />
• In dem hier dargestellten Modell kommt es stets<br />
zu einem Gleichgewicht von <strong>kurzfristigem</strong><br />
Angebot und Nachfrage<br />
• Unternehmen bestimmen ihr kurzfristiges<br />
Angebot so, dass es der Nachfrage entspricht<br />
‣ Dieses ergibt sich im Schnittpunkt von Y n (=<br />
gesamtwirtschaftliche Nachfrage) mit 45°-Linie<br />
(=kurzfristiges Angebot)<br />
• Das Gleichgewicht kann über oder unter Y V<br />
liegen
I<br />
45°-Linie ist der Ort aller Gleichgewichte von kurzfristigen<br />
Angebot und gesamtwirtschaftlicher Nachfrage<br />
Schaubild 16.6: Graphische Herleitung des<br />
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts<br />
Gesamtwirtschaftliche<br />
Nachfrage<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
Y a<br />
S<br />
I<br />
a<br />
4<br />
2<br />
Y n<br />
C = a + b Y a<br />
2 4 6 8 10 12<br />
(=Y v )<br />
Gesamtwirtschaftliches<br />
Angebot<br />
(= Einkommen)
Drei Konstellationen für das kurzfristige<br />
gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht<br />
A. Gleichgewicht bei Unterbeschäftigung:<br />
Schnittpunkt links von Y V<br />
B. Gleichgewicht bei Vollbeschäftigung:<br />
Schnittpunkt bei Y V<br />
C. Gleichgewicht bei Inflation:<br />
Schnittpunkt rechts von Y V
Schaubild 16.7: Drei mögliche von<br />
Drei denkbare<br />
gesamtwirtschaftlichem<br />
Konstellationen<br />
Angebot und<br />
gesamtwirtschaftlicher Nachfrage<br />
für das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht<br />
Gesamtwirtschaftliche<br />
Nachfrage,<br />
Gesamtwirtschaftliches<br />
Angebot<br />
C<br />
Y n 3<br />
Y n 2<br />
B<br />
Y n 1<br />
A<br />
kurzfristiges<br />
Angebot<br />
45°<br />
Vollbeschäftigungsangebot<br />
Gesamtwirtschaftliches<br />
Angebot<br />
(= Einkommen)
Die Determinanten der Lage<br />
des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts<br />
• Autonomer Konsum (a)<br />
• marginale Konsumneigung (b)<br />
• Investitionsneigung (I)<br />
‣Ob es zu A, B oder C kommt<br />
hängt von den konkreten Werten<br />
dieser Größen ab
Ist ein Gleichgewicht bei<br />
Unterbeschäftigung überhaupt möglich<br />
• Ökonomen vor Keynes: Das Angebot<br />
schafft sich immer eine ausreichende<br />
Nachfrage („Say‘s Law“)<br />
• Keynes: Wirtschaft kann für längere<br />
Zeit aus eigener Kraft nicht mehr aus<br />
Unterbeschäftigung herauskommen,<br />
da das kurzfristige Angebot durch die<br />
Nachfrage bestimmt wird
Zahlenbeispiel für ein Gleichgewicht<br />
bei Unterbeschäftigung<br />
• Konkrete Werte: I=1, a=2, b=0,5<br />
• Y n = 1+2+0,5 Y (gesamtwirtschaftliche<br />
Nachfrage)<br />
• Y a =Y (gesamtwirtschaftliches Angebot)<br />
• Gleichgewicht: Y n =Y a<br />
Y = 1+2+0,5 Y<br />
Gleichgewichtseinkommen Y=6<br />
• Was geschieht, wenn Unternehmen an Say<br />
glauben und Y a =8 produzieren<br />
C = 2 + 0,5 ⋅ 8 = 6 ; Y n = 7<br />
Y n
Problem des<br />
Unterbeschäftigungsgleichgewichts<br />
• Geplante Ersparnis (S) der Haushalte bei Y=8:<br />
‣ S ex ante = 8 – 6 = 2<br />
• Geplante Investitionen (I) der Unternehmen:<br />
‣ I ex ante = 1<br />
• S ex ante > I ex ante , d.h die Sparpläne der privaten<br />
Haushalte und die Investitionspläne der<br />
Unternehmen passen nicht zusammen<br />
• Y=8 könnte nur dann zum Gleichgewicht<br />
werden, wenn die Haushalte weniger sparen<br />
würden. Konkret, wenn b von 0,5 auf 5/8<br />
ansteigen würde
Keynes (1973, S. 210)<br />
“Eine individuelle Sparentscheidung bedeutet<br />
beispielsweise, dass man heute darauf<br />
verzichtet, in ein Restaurant zu gehen. Aber es<br />
ergibt sich daraus keine Notwendigkeit in einer<br />
Woche oder einem Jahr essen zu gehen oder<br />
ein Paar Stiefel zu kaufen oder irgendetwas<br />
anderes zu einem bestimmten Zeitpunkt. Also<br />
beeinträchtigt das Sparen das Geschäft<br />
derjenigen, die das Essen für heute<br />
vorbereiten, ohne dass es das Geschäft<br />
derjenigen belebt, die Konsumgüter in der<br />
Zukunft anbieten. Es bedeutet also nicht, dass<br />
die gegenwärtige Konsumnachfrage durch eine<br />
zukünftige Konsumnachfrage substituiert wird.<br />
Es stellt insgesamt eine Verminderung dieser<br />
Nachfrage dar.“
Auswirkungen eines Gleichgewichts (Y 0 )<br />
unterhalb von Y V auf den Arbeitsmarkt<br />
• Wenn Y 0 < Y V<br />
‣Die Unternehmen fragen maximal<br />
soviel Arbeit nach, wie sie zur<br />
Produktion von Y 0 benötigen<br />
‣Dies führt zu einer Rationierung am<br />
Arbeitsmarkt, die mit Arbeitslosigkeit<br />
einhergeht
Rationierung am Arbeitsmarkt<br />
Schaubild 17.12: 16.10: Rationierung auf dem Arbeitsmarkt<br />
w/P<br />
n<br />
C, Y , I<br />
Y=Y v<br />
n<br />
Y 1<br />
IV<br />
n<br />
Y 2<br />
Deflatorische Lücke<br />
45°<br />
Y 0<br />
N 0<br />
II<br />
III<br />
Arbeitslosigkeit<br />
N a N n F(N, K )<br />
N<br />
I<br />
Y A<br />
Y a
Keynesianische Arbeitslosigkeit<br />
Schaubild 17.13: 16.11: Arbeitsmarkt bei Rationierung<br />
(isolierte Betrachtung)<br />
w/P<br />
Effektive<br />
Arbeitsnachfrage<br />
N a<br />
Notionale<br />
Arbeitsnachfrage<br />
N 0 N*<br />
a n<br />
N , N<br />
U
Klassische Arbeitslosigkeit<br />
Schaubild 17.14: 16.12: Klassische Arbeitslosigkeit<br />
w/P<br />
N a<br />
(w/P)<br />
Klassische<br />
Arbeitslosigkeit<br />
(w/P)*<br />
N n<br />
N*<br />
a n<br />
N , N
Entscheidender Unterschied<br />
zur Klassischen Arbeitslosigkeit<br />
• Keynesianische Arbeitslosigkeit:<br />
‣kann nur durch zusätzliche Nachfrage<br />
abgebaut werden.<br />
‣(Real-)Lohnsenkungen sind<br />
wirkungslos<br />
• Bei Klassischer Arbeitslosigkeit hilft<br />
(Real-)Lohnsenkung<br />
• Problem, zwischen beiden Formen der<br />
Arbeitslosigkeit in der Praxis zu<br />
unterscheiden
Die Grundgleichungen des einfachen Modells<br />
Gesamtwirtschaftliche Nachfrage:<br />
Y n = a +bY + I<br />
Gesamtwirtschaftliches Angebot:<br />
Y a = Y<br />
Gleichgewicht<br />
Y a = Y n<br />
1<br />
Y = ( a + I)<br />
1−<br />
b