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LORCH

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LoRch 02 09 LoRch<br />

DER ELISABETHENBERG –<br />

ein Ort der Regeneration<br />

Teil 1:<br />

Von der Kaiserwiege<br />

bis zur Suche nach<br />

dem Allheilmittel<br />

Der Elisabethenberg zieht mit seinem<br />

stattlichen, über dem Remstal thronenden<br />

Kurgebäude die Blicke magisch auf<br />

sich. Vor genau 115 Jahren eröffnete<br />

Franz Haug zusammen mit dem Berliner<br />

Journalisten Baron von Raven auf<br />

dem Elisabethenberg das »Sanatorium<br />

Elisabethenberg, für innere und Nervenkranke<br />

sowie Rekonvaleszenten, Erholungssuchende<br />

und Ruhebedürftige«.<br />

Zuvor hatte der Theosoph und glühende<br />

Stauferverehrer Eduard Weitzel auf<br />

der Suche nach einem Universalmittel<br />

den Berg für sich und seine Familie entdeckt.<br />

Doch die Geschichte des E-Bergs,<br />

wie ihn Insider nennen, begann rund<br />

Die Lage ist nicht zu toppen: Hoch droben über dem Remstal liegt die ehemalige<br />

Kuranstalt, die einer neuen Bestimmung entgegenfiebert. Die Diakonie<br />

Stetten will sich von dem Objekt trennen. Nach den Staufern entdeckte<br />

der Theosoph Eduard Weitzel den Elisabethenberg (Bild rechts oben) für<br />

sich und baute auf den staufischen Mauern die Villa Weitzel (Bild links Mitte),<br />

der Vegetarist Franz Haug baute schließlich die Kuranstalt, wie sie heute den<br />

Berg dominiert (Bild alte Aussichtskarte). Zahlreiche Nebengebäude wollen<br />

unterhalten werden. (Bilder links und rechts unten)<br />

Foto: U. Rund<br />

900 Jahre früher mit einer staufischen<br />

Burg. Eine fürwahr schillernde Geschichte<br />

spielte sich auf dem Berg über dem<br />

kleinen Waldhausen ab. Nun steht das<br />

einmalige Anwesen mit seinem großzügigen<br />

Parkgelände, altem Baumbestand<br />

und eigener Quelle und Pferdehaltung<br />

zum Verkauf – die Diakonie Stetten, die<br />

47 Jahre lang Menschen mit geistigen<br />

und mehrfachen Behinderungen hier<br />

oben ein Zuhause bot und pflegte, will<br />

sich vom Elisabethenberg trennen.<br />

Traum und<br />

Riesen-Aufgabe zugleich<br />

Das Anwesen ist ein Traum und eine<br />

Riesen-Aufgabe. 65 000 Quadratmeter<br />

groß ist das Gelände mit der Kuranstalt<br />

und der Weitzel-Burg, die Eduard<br />

Weitzel, ein großer Staufer-Verehrer,<br />

um 1890 auf den noch vorhandenen<br />

Ruinen der alten Staufer-Burg errichten<br />

ließ. Dazu kommen mehrere weitere<br />

Gebäude: verwunschene Wohnhäuser<br />

wie das Barbarossahaus, Ställe und die<br />

früheren Luftkur-Liegehallen, die heute<br />

als Unterstand und Holzlagerplatz<br />

genutzt werden. Eine Welt für sich, abgeschieden,<br />

idyllisch, aber auch in die<br />

Jahre gekommen. Mehr als spannend<br />

ist es nun für Waldhausen und Lorch,<br />

welcher Besitzer den »E-Berg« ins neue<br />

Jahrtausend führen wird. Eine größere<br />

Gemeinschaft müsste es angesichts der<br />

vielen Quadratmeter an Wohn- und<br />

Nutzraum schon sein. Ein Hotel mit<br />

Seminarräumen wäre vorstellbar, Privatklinik<br />

oder Privatschule. Dann ist da<br />

noch die Landwirtschaft ... und die nicht<br />

ganz optimale Verkehrsanbindung.<br />

War die Ministerialienburg<br />

auch Kaiserwiege<br />

Den Staufern dürfte angesichts der besonders<br />

markanten Lage vor fast 1000<br />

Jahren die Entscheidung leicht gefallen<br />

sein, eine Burg auf dem Elisabethenberg<br />

zu bauen. Um 1050 soll Heinrich von<br />

Staufen auf einer Burg namens »Walhusir«<br />

gewohnt haben. Seine Witwe<br />

gründete zehn Jahre später das Collegiatstift<br />

Lorch. Sein Bruder Friedrich von<br />

Büren wiederum gilt als Stammvater der<br />

Staufer. Eher den Sagen zuzuordnen ist<br />

vermutlich, dass Friedrich Barbarossa<br />

1121 auf dem Elisabethenberg geboren<br />

wurde. Deshalb wird dieser Berg auch<br />

gerne »Kaiserwiege« genannt. »König<br />

Konrad III.« wiederum »soll in der Burg<br />

eine Kanzlei und Münzstätte betrieben<br />

haben. Um 1150 gehörten die Ritter der<br />

Burg Waldhausen zur oberen Schicht<br />

der Reichsminister. Konrad von Waldhausen<br />

ist königlicher Schatzkämmerer.<br />

Sein Sohn wird 30 Jahre später das Amt<br />

des Schenken innehaben, später ist er<br />

kaiserlicher Kämmerer unter Friedrich<br />

Barbarossa, ein Amt vergleichbar mit<br />

dem von Finanzminister Schäuble«, ist in<br />

dem von der Rathaus-Apotheke herausgegebenen<br />

Kalender 2013 »Vergangen,<br />

verflossen – nicht vergessen« zu lesen.<br />

Apropos Sagen: Ob Barbarossa auf dem<br />

Elisabethenberg geboren wurde oder<br />

nicht, bleibt vermutlich für immer im<br />

geschichtlichen Dunkel. Viele andere<br />

Sagen und Geschichten kann man jedoch<br />

mit großer Sicherheit im Reich<br />

der Märchen ansiedeln: Wenn von unterirdischen<br />

Gängen und Schätzen die<br />

Rede ist, von Bergmännlein und Geistern<br />

und den drei weißen Burgfräulein.<br />

Manchmal schließt sich auch der Kreis<br />

der Sagen, wenn etwa Bararossa vom<br />

Kyffhäuser in den E-Berg verfrachtet<br />

wird. Eduard Mörike berichtet übrigens<br />

im so genannten Hutzelmann-Brief vom<br />

sagenhaften Innenleben des Berges.<br />

Auf der Suche nach<br />

dem Allheilmittel<br />

Einer, den das Innere des Berges weniger<br />

interessierte, dafür umso mehr die<br />

exponierte Lage und die staufische Vergangenheit,<br />

war Eduard Weitzel. Er kaufte<br />

1876 die gut 150 Ar große Bergkuppe.<br />

Nachdem er staufische Mauerreste bei<br />

ersten Grabungen entdeckt hatte, war<br />

seine Begeisterung nicht mehr zu bremsen.<br />

Er baut auf den Grundmauern der<br />

staufischen Burg ein Wohnhaus im Stil<br />

einer Burg, über dem Türkranz lässt er<br />

einen staufischen, aus der Stiftskirche<br />

Lorch stammenden Türsturz einbauen.<br />

Aus dem Holz der Lorcher Barbarossalinde<br />

entsteht für die Villa Weizel<br />

wuchtiges Mobiliar, das heute im Wäscherschloss<br />

zu bewundern ist. Das Hexagramm<br />

auf der Sitzfläche des Holzes<br />

weist auf Weizels esoterischen Hang: Er<br />

steht der »Gemeinschaft der Heiligen<br />

im Lichte« vor, einer »geschlossenen, religiösen<br />

Gemeinschaft von Gottesfreunden<br />

in Stuttgart«.<br />

Den Waldhäusern ist dieser Mann mit<br />

langem Haar und rauschendem Bart<br />

suspekt: Es wird gemunkelt, er führe<br />

Gespräche mit dem Jenseits und mache<br />

alchimistische Versuche, sei gar auf<br />

der Suche nach einem Universalmittel,<br />

einem Stein der Weisen. Ob er ihn gefunden<br />

hat und wie es mit dem markanten<br />

Haus bis zum heutigen Tag weiterging<br />

lesen Sie in unserer kommenden<br />

Oktober-Ausgabe. Birgit Markert<br />

Quellen:<br />

Luftkurort Lorch im Kaisserreich 1871–1918,<br />

Heinz Knödler, Naturheilanstalt Elisabethenberg,<br />

hrsg. Von Manfred Schramm, Einhorn-<br />

Verlag 2002<br />

Kalender der Rathaus-Apotheke 2013 »Vergangen,<br />

verflossen – nicht vergessen«<br />

mit Beiträgen von Susanne Lange-Greve<br />

und Carmen Sos

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