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"schwierige" Patient

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Zeitreise durch die Medizin<br />

Der <strong>Patient</strong> im Wandel<br />

der Zeit: Praxistips zum<br />

Umgang mit<br />

„schwierigen“ <strong>Patient</strong>en<br />

Dr. med. T. Berghändler<br />

Chefarzt Psychosomatik Klinik Gais<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Wer oder was ist ein<br />

„schwieriger“ <strong>Patient</strong><br />

! Ein <strong>Patient</strong>, der unsere Erklärungen und<br />

Diagnosen nicht akzeptiert<br />

! Ein <strong>Patient</strong>, der unsere<br />

Therapievorschläge nicht befolgt<br />

! Ein <strong>Patient</strong>, dem wir nicht helfen können<br />

! Ein <strong>Patient</strong>, der uns hilflos macht<br />

! Ein <strong>Patient</strong>, der „nichts“ hat<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Was hat die <strong>Patient</strong>in, der<br />

„nichts“ hat<br />

Die <strong>Patient</strong>in, die nichts hat, hat...<br />

einen umherirrenden Uterus!<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Die Hysterie im Wandel der<br />

Zeiten: das alte Ägypten<br />

Bereits im alten Ägypten (z.B.<br />

Papyrus von Kahun, ca. 2000<br />

v.u.Z.; Papyrus Ebers, 1550<br />

v.u.Z.) wurde die im Körperinneren<br />

der Frau umherirrende<br />

Gebärmutter („auf der Suche<br />

nach Befeuchtung“) verantwortlich<br />

gemacht für zahlreiche „eigenwillige“, organisch<br />

nicht begründbare Beschwerden von Frauen.<br />

Behandlung durch Einleitung von wohlriechenden<br />

Dämpfen in die Vagina (Zurücklocken des Uterus) und<br />

Einatmen von ekelerregenden Dämpfen, um diesen<br />

aus der Brust- und Kopfregion zu vertreiben.<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Die Hysterie im Wandel der<br />

Zeiten: Plato (428-347 v.u.Z.)<br />

Timaios-Streitgespräch: „Dieses Tier in der Frau ist<br />

begierig, Kinder zur Welt zu bringen. Aber dann, wenn<br />

es lange Zeit unbefruchtet bleibt, wird es unzufrieden<br />

und so ärgerlich, dass es innerhalb des Körpers in<br />

jede beliebige Richtung loswandert, dabei die<br />

Luftwege versperrt und schliesslich, wenn das Atmen<br />

nicht mehr geht, den betreffenden Frauen in die<br />

Glieder fährt, um dort alle möglichen Beschwerden zu<br />

verursachen.“<br />

Therapie: Duftende Bäder, Ganzkörpermassagen,<br />

sexuell befriedigendes Eheleben<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Die Hysterie im Wandel der<br />

Zeiten: Edward Jorden (1603)<br />

! Keine Gebärmutter-Wanderung<br />

! Giftige Dämpfe gehen<br />

von der Gebärmutter<br />

aus, die im Kopfbereich<br />

der Frau hysterische<br />

Symptome verursachen<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Was hat <strong>Patient</strong>, wo „nichts“<br />

hat<br />

<strong>Patient</strong>en (f und m), die nichts haben, haben...<br />

...entweder eine Hysterie (f) !<br />

oder eine Hypochondrie (M)!<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Hysterie und Hypochondrie:<br />

Thomas Sydenham (1697)<br />

! „Discourse Concerning Hysterical<br />

and Hypochondriacal Distempers“<br />

1697<br />

! Hysterie bei Frauen, Hypochondrie<br />

bei Männern<br />

! „Denn auch nicht wenige Männer,<br />

welche bey einer sitzenden<br />

Lebensart fleissig studieren, werden<br />

von der Hysterie befallen“.<br />

! Auslöser sind heftige Körper- und<br />

Gemütsbewegungen sowie schwere<br />

seelische Erschütterungen<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Hysterie und Hypochondrie:<br />

Thomas Sydenham (1741)<br />

! Die Hysterie ahmt fast alle<br />

Krankheiten nach, die das<br />

Menschengeschlecht befallen können<br />

! Die Betroffenen leiden mehr an der<br />

Seele als an dem Körper, denn die<br />

Verzweiflung ist unheilbar. Sie<br />

erzürnen sehr, wenn man ihnen die<br />

geringste Hoffnung zur Genesung<br />

macht; indessen glauben sie leicht,<br />

dass alles Unglück, welches einen<br />

Menschen treffen kann, bei ihnen<br />

zusammentreffe.<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Die Hysterie im Wandel der<br />

Zeiten: Pierre Pomme (1775)<br />

! Nicht ausreichende oder<br />

ausbleibende Regelblutung führt zu<br />

einem Blutstau im Körper, zu<br />

innerem Druck und Enge und damit<br />

zu einer „Einschrumpfung“ des<br />

Nervensystems<br />

! Ähnliche Symptomatik hervorgerufen<br />

durch Verstopfung oder Blähungen.<br />

! Symptomatik auch bei Männern<br />

! Therapie „kausal“ durch Schröpfen<br />

oder Darmregulation<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Hysterie und Hypochondrie:<br />

Franz Anton Mesmer (1779)<br />

! Mesmerisieren: Herstellung eines tranceartigen<br />

Zustandes und Bestreichen mit den Händen eines<br />

besonders stark mit gesundem Magnetismus<br />

ausgestatteten Heilers<br />

stellt ein Gleichgewicht<br />

des Magnetismus wieder<br />

her<br />

! Während der Sitzung<br />

„hysterische Krisen“: in<br />

Folge dieser „Magnetisierungskrisen“<br />

überraschende spontane<br />

Verbesserungen des Gesundheitszustandes:<br />

Entdeckung der „Katharsis“ als Therapieprinzip<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

James Braid (1843)<br />

Auguste Liebeault (ca. 1860)<br />

! Heilung durch „Hypnotismus“:<br />

Symptomverschiebung<br />

bzw. -auflösung durch<br />

Instruktionen während der<br />

Hypnose<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Abkehr von der Gynäkologie:<br />

Robert B. Carter (1853)<br />

! Chirurg, untersuchte, warum die in Mode gekommenen<br />

chirurgischen Therapien der Hysterie (Hysterektomien,<br />

Ovarektomien) nicht den gewünschten Erfolg brachten<br />

! Entstehung hysterische Symptome bei<br />

emotionaler Labilität und durch traumatische<br />

Erfahrungen und Belastungen<br />

! „Zur Symptombildung kommt es, wenn<br />

die Betroffenen in Folge persönlicher<br />

Belastungserlebnisse dazu neigen,<br />

unangenehme Gedanken und Gefühle<br />

an diese Ereignisse zu verheimlichen“<br />

! Dembezügliche Gemütsbewegungen<br />

schaffen rasche und greifbare Abhilfe (-> Abreaktion)<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Der Einstieg in die Nervenheilkunde:<br />

Paul Briquet (1859) -1-<br />

! Hysterie = Hirnneurose mit grundlegender<br />

Störung des Gefühlsempfindens<br />

und der Leidenschaften<br />

! Symptomgruppen:<br />

! Hyperästhesie (Schmerzzustände)<br />

! Anästhesie<br />

! Verzerrte Sinneswahrnehmungen<br />

! Krämpfe<br />

! Anfälle<br />

! Hysterische Paralyse<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Der Einstieg in die Nervenheilkunde:<br />

Paul Briquet (1859) -2-<br />

! Prädisponierende Faktoren:<br />

! F>>> M (20:1)<br />

! Junges Alter<br />

! „Erblichkeit“ (Modellernen)<br />

! Niedriger Sozialstatus<br />

! Erziehungsfaktoren (Missbrauch,<br />

körperliche Misshandlungen)<br />

! Keine sexuelle Abartigkeit<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Die Entdeckung der Neurose:<br />

Jean-Martin Charcot (1873) -1-<br />

! „Grande Hysterie“: hereditär-organisch bedingte<br />

Nervenerkrankung. Multiple und komplexe somatoform-dissoziative<br />

Störungsbilder, prototypisch<br />

Krampfanfälle<br />

! Auslösung durch z.B.<br />

„nervösen Schock“ in<br />

Folge eines Traumas<br />

! Behandlung u.a. durch<br />

Hypnose<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Die Entdeckung der Neurose:<br />

Jean-Martin Charcot (1873) -2-<br />

! 2. Krankheitsbild: Hysterische<br />

Symptome nach Unfall oder seelischem<br />

Schock ohne hereditäre Anlage:<br />

„traumatische bzw. Hystero-Neurose“<br />

! Behandlung: Neuinszenierung der<br />

Hysterie-Symptomatik in der Hypnose<br />

führt zu Abreaktion und Heilung<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Und doch Traumatisierung:<br />

Pierre Janet (1894) -1-<br />

! Hysterie-Stigmata<br />

! Anästhesien<br />

! Amnesien<br />

! Abulien<br />

! Bewegungsstörungen<br />

! Charakterveränderungen<br />

! Ursache: traumatische,<br />

psychisch belastende<br />

Lebenssituationen<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Und doch Traumatisierung:<br />

Pierre Janet (1894) -2-<br />

! Hysterie ist eine Erkrankung des Ich-<br />

Bewusstseins<br />

! „Die hysterischen Stigmata können als derartige<br />

Störungen hingestellt werden. Die Grundlage der<br />

Erinnerung, die Aufbewahrung und Wiedergabe<br />

der Vorstellungen sind unversehrt, es ist aber eine<br />

Lücke in der tätigen Verknüpfung der seelischen<br />

Elemente da, eine Lücke, durch die mehr oder<br />

weniger vollständig die Einverleibung der<br />

Erinnerungen ins Ich-Bewusstsein unmöglich<br />

gemacht wird“ (Janet 1894)<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Josef Breuer und<br />

Siegmund Freud (1895)<br />

! Weiterentwicklung der „karthatischen<br />

Methode“: Reaktivierung des Erinnerungsvermögens<br />

in der Hypnose; die dissoziierten<br />

Erfahrungen werde<br />

der bewussten psychischen<br />

Verarbeitung<br />

zugänglich gemacht<br />

! Anna O: talking cure<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Die Abkehr vom Trauma:<br />

Siegmund Freud (1909)<br />

! Nach 1905 Aufgabe der<br />

gemeinsamen Traumahypothese,<br />

Entwicklung<br />

der Hypothese der<br />

konfliktbedingten<br />

Konversion<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Von der Hysterie zur<br />

Konversion: S. Freud<br />

! Ausschluss einer lebenszeitlich später erfolgten<br />

Traumatisierung als Ursache für Dissoziation oder<br />

Konversion; sondern frühe, strukturelle ödipale<br />

Störung als Ursache<br />

! „Hysterische Symptome sind nichts anderes als die<br />

durch Konversion zur Darstellung gebrachten<br />

Fantasien, und sofern es somatische Symptome sind,<br />

werden sie häufig genug aus dem Kreise der<br />

nämlichen Sexualempfindungen und motorischen<br />

Innervationen entnommen, welche ursprünglich die<br />

damals noch bewusste Fantasie begleitet hatte“<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Wunsch und Wirklichkeit: Die<br />

(Neu-) Zeit der Weltkriege<br />

! Dissoziative Zustände<br />

bei Soldaten im<br />

Kriege auch ohne<br />

Regression auf<br />

frühe Kindheitskonstellationen<br />

und<br />

ödipale Konflikte,<br />

sondern schlicht<br />

und einfach durch<br />

Traumaeinwirkung<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Wiederentdeckung von<br />

Briquet (DSM-III, 1980)<br />

! Hysterie -><br />

! Konversionsstörung -><br />

! somatoforme Störungen<br />

! Somatisierungsstörung als Spezialfall<br />

! Das Briquet-Syndrom als moderne<br />

Konzeptualisierung für die<br />

Somatisierungsstörung<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Briquet-Syndrom gem. ICD-10<br />

! multiple, wiederholt auftretende und häufig<br />

wechselnde körperliche Symptome > zwei Jahre<br />

! lange und komplizierte <strong>Patient</strong>en-Karriere, sowohl in<br />

der Primärversorgung als auch in spezialisierten<br />

medizinischen Einrichtungen<br />

! viele negative Untersuchungen und ergebnislose<br />

explorative Operationen<br />

! Die Symptome können sich auf jeden Körperteil oder<br />

jedes System des Körpers beziehen.<br />

! Verlauf chronisch und fluktuierend<br />

! häufig mit einer langdauernden Störung des sozialen,<br />

interpersonalen und familiären Verhaltens<br />

verbunden.<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Was hat nun eigentlich der<br />

<strong>Patient</strong>, der „nichts“ hat<br />

Der <strong>Patient</strong>, der nichts hat, hat...<br />

... eine somatoforme !<br />

Störung !!<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Somatoforme Störungen -<br />

Basisdefinition<br />

“Das Charakteristikum somatoformer Störungen ist die wiederholte<br />

Darbietung körperlicher Symptome in Verbindung mit hartnäckigen<br />

Forderungen nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederholter<br />

negativer Ergebnisse und Versicherung der Ärzte, dass die<br />

Symptome nicht körperlich begründbar sind.<br />

Sind aber irgendwelche körperlichen Symptome vorhanden, dann<br />

erklären sie nicht die Art und das Ausmass der Symptome oder<br />

das Leiden und die innerliche Beteiligung des <strong>Patient</strong>en. ... Das zu<br />

erreichende Verständnis für die körperliche oder psychische<br />

Verursachung der Symptome ist häufig für <strong>Patient</strong>en und Arzt<br />

enttäuschend.”<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Liste der unter ICD-10 F45<br />

aufgeführten Störungsbilder<br />

F45.0 Somatisierungsstörung<br />

F45.1 undifferenzierte Somatisierungsstörung<br />

F45.2 hypochondrische Störung<br />

F45.3 somatoforme autonome Funktionsstörung<br />

F45.30 Herz und kardiovaskuläres System<br />

F45.31 oberer Gastrointestinaltrakt<br />

F45.32 unterer Gastrointestinaltrakt<br />

F45.33 respiratorisches System<br />

F45.34 urogenitales System<br />

F45.38 sonstige Organe oder Organsysteme<br />

F45.4 anhaltende somatoforme Schmerzstörung<br />

F45.8 sonstige somatoforme Störung<br />

F45.9 nicht näher bez. somatoforme Störung<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Epidemiologie somatoformer<br />

Störungen<br />

! Unspezifische ‘Symptome’ in der Allgemeinbevölkerung:<br />

80-90 % erleben mindestens ein Symptome pro Woche<br />

! Life-time prevalence in der Allgemeinbevölkerung (ECA-<br />

Studie: Medikamenteneinnahme, Änderungen in Ernährung<br />

oder Lebensstil, Arztbesuch):<br />

! Gelenkschmerzen 37 %<br />

! Rückenschmerzen 32 %<br />

! Kopfschmerzen 25 %<br />

! Erschöpfung 25 %<br />

! Brustschmerzen 25 %<br />

! Arm- / Beinschmerzen 24 %<br />

! Bauchschmerzen 24 %<br />

! Schwindel 23 %<br />

! (nach: Mayou R, Bass C, Sharpe M: Treatment of functional somatic symptoms,<br />

Oxford University Press, 1995)<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Somatoforme Störungen:<br />

Gemeinsamkeiten<br />

! Allen Störungsbildern gemeinsam ist:<br />

– Frauen > Männer<br />

– Verknüpfung mit Angst und Depression<br />

– Physiologische Besonderheiten<br />

– Kindliche Belastungen oder<br />

Missbrauchserfahrungen<br />

– Probleme in der Arzt-<strong>Patient</strong>-Beziehung<br />

! Alle somatoformen Störungen reagieren auf die<br />

gleiche Therapie: Kognitiv-verhaltenstherapeutische<br />

Ansätze<br />

(Wessely, Nimnuan, Sharpe; Lancet 1999)<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Genese somatoformer<br />

Störungen 1<br />

! Veränderungen körperlicher Vorgänge<br />

! Wahrnehmen körperlicher Vorgänge<br />

! Interpretieren der Wahrnehmungen als<br />

beunruhigend<br />

! Krankheitsverhalten (Vermeidung, Schonung, selektive<br />

Aufmerksamkeit, Wahrnehmungsverstärkung, negative und<br />

ängstliche Kognitionen, Intoleranz von körperlichen Symptomen)<br />

verstärkt das Leiden<br />

! Hilfesuchendes Verhalten<br />

! Verstärkung durch negative Affektzustände<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Genese somatoformer<br />

Störungen 2<br />

! Genetische Aspekte<br />

! Persönlichkeitsaspekte (Depressivität, Hypochondrie,<br />

Alexithymie)<br />

! Soziale Entwicklungsaspekte (Vernachlässigung in der Kindheit,<br />

frühe schwere Erkrankungen, frühkindliche sexuelle<br />

Traumatisierungen)<br />

! Pathophysiologische Mechanismen (erhöhter autonomer oder<br />

hormoneller Arousal, Hyperventilation, Schlafstörungen,<br />

vaskuläre Reaktionen, körperliche Dekonditionierung<br />

! Krankheits”wissen” und Krankheitserfahrung<br />

! Komorbidität psychiatrischer Störungen<br />

! Unzureichender Umgang mit negativem sozialen Stress<br />

! Soziale Verstärkersysteme<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Rein psychogene<br />

Symptomatik- gibt es das<br />

! Störungen ohne jegliches organisches Korrelat (z.B.<br />

psychogene Schmerzen) sind selten:<br />

! Konversionsstörung<br />

! In der Regel neurologische Symptome<br />

! Hypochondrische Störung<br />

! In der Regel Angst vor einer ernsthaften<br />

körperlichen Erkrankung<br />

! Somatisierungsstörung<br />

! Multiple, wechselnde Beschwerden ohne<br />

ausreichendes organisches Korrelat<br />

! Artifizielle Störung/Simulation/vorgetäuschte<br />

Störungen<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Somatoforme Erkrankungen:<br />

Arzt-<strong>Patient</strong>-Beziehung 1<br />

! Somatoforme Störungen sind oft<br />

gekennzeichnet durch<br />

Meinungsverschiedenheiten zwischen Arzt und<br />

<strong>Patient</strong>:<br />

! Der Arzt findet keine ausreichende somatische<br />

Erklärung für die Beschwerden<br />

! der <strong>Patient</strong> hat wenig Verständnis für diese Sicht des<br />

Arztes<br />

! Der <strong>Patient</strong> fühlt sich weiterhin körperlich, psychisch,<br />

sozial beeinträchtigt<br />

<strong>Patient</strong>en fühlen sich oft unverstanden<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


gescheiterter<br />

Verständigungsprozess<br />

Heftige Klagen über Beschwerden<br />

Interpretation:<br />

"schwer krank"<br />

"etwas Unheilbares"<br />

Angst, Stress, gesteigerte<br />

Selbstbeobachtung<br />

Intensive Diagnostik ohne Ergebnis<br />

Diagnostik: "banaler" Befund<br />

Medikalisierung und Medikation<br />

unspezifische Rückenbeschwerden<br />

Angst, gesteigerte<br />

Selbstbeobachtung, Schonung<br />

Chronifizierung<br />

Nebenwirkungen statt<br />

Hauptwirkugen<br />

Frustration:<br />

"psychisch",<br />

Simulantin<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Somatoforme Erkrankungen:<br />

Arzt-<strong>Patient</strong>-Beziehung<br />

! Eine positive Arzt-<strong>Patient</strong>-Beziehung<br />

geht einher mit verringertem Aufsuchen<br />

von Gesundheitsdiensten (Owens et al. 1995)<br />

! Die Frustration von Ärzten z.B. über<br />

Reizdarm resultiert häufig aus<br />

unzureichender Kenntnis der<br />

verschiedenen Dimensionen der<br />

Krankheit wie auch aus fehlenden<br />

effektiven Therapiemöglichkeiten<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Therapie somatoformer<br />

Störungen 1<br />

! Informationen zu somatoformen Störungen:<br />

! chronischer Verlauf mit Rückfällen<br />

! niedrige Morbidität und Mortalität<br />

! Verzicht auf invasive Diagnostik ist sinnvoll<br />

! Zeit-kontingente, nicht symptom-kontingente Visiten<br />

verabreden (alle 2-6 Wochen)<br />

! Bei Beschwerden Hypothesen-geleitet körperlich<br />

untersuchen; ausführliche Anamnese (mit Tagebuch)<br />

! Case-Manager (HA) koordiniert die Abklärungen und<br />

Therapien<br />

! ggf. Angehörige mit einbeziehen<br />

! IV-Bezüger in der Familie („Vorbildsfunktion“)<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

(Smith, 1986, 1995)<br />

Therapie somatoformer<br />

Störungen 2<br />

! Vertrauensvolle Beziehung herstellen und beibehalten<br />

! explizites Formulieren von Therapiezielen (!Heilung)<br />

! nicht über die Realität der Beschwerden diskutieren<br />

! früh, d.h. vor Chronifizierung, mit Therapie beginnen<br />

! Arbeitgeber kontaktieren und miteinbeziehen<br />

! rasche Wiederaufnahme der Arbeit / Erhalt des<br />

Arbeitsplatzes anstreben; AU > 6 Monate = Rente<br />

! bei IV-Verfahren: berufliche Wiedereingliederung vor<br />

Rente („Rente chronifiziert entgültig“)<br />

! Manchmal ist Rente sinnvoll und palliativ-therapeutisch!<br />

(Özelsel-Heymann M. Psychoth Praxis 2003)<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Psychotherapie-Formen<br />

! (Kognitive) Verhaltenstherapie<br />

! Interpersonelle Psychotherapie<br />

! Systemische Therapieansätze<br />

! EMDR (Eye Movement Desensitisation and<br />

Reprocessing)<br />

! Hypnose und Entspannungsverfahren<br />

! Analytisch orientierte Psychotherapieformen<br />

! In der Regel ist die Anwendung von wirksamen<br />

Therapiemethoden aus verschiedenen Schulen sinnvoll<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Dysfunktionale Kognitionen<br />

! Katastrophisieren<br />

! Symptome sind gefährlich: Vermeiden von<br />

Symptomen<br />

! Schonen ist wichtig: sozialer Rückzug<br />

! Anrecht auf Symptomfreiheit<br />

! Ursache der Symptome muss und kann<br />

beseitigt werden<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Aktivierung<br />

! Aktivitäten-Tagebuch<br />

! Symptom-Tagebuch<br />

! Einbezug der Angehörigen<br />

! Psychoedukation<br />

! Re-Konditionierung<br />

! Psychische Stabilisierung<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais<br />

Ziel<br />

! Adäquaterer Umgang mit den<br />

Symptomen<br />

! Verhindern des sozialen Rückzugs<br />

! Verändern der Schonhaltung<br />

! Symptomfreiheit ist kein Ziel<br />

! Ggf. Akzeptanz eines neuen,<br />

niedrigeren Leistungsniveaus<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais


Herzlichen Dank für Ihre<br />

Aufmerksamkeit<br />

Dr. med. T. Berghändler, Gais

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