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Wertmagazin

Das Kundenmagazin des Lean-Beraters Wertfabrik AG

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WERTMAGAZIN<br />

AUSGABE 1, SEPTEMBER 2013<br />

The Lean Revolution<br />

Prof. Dr. Daniel T. Jones<br />

erläutert vier Schritte, um<br />

«lean» zu werden.<br />

Lean Solutions Day 2013<br />

Vorankündigung auf der letzten Seite.<br />

Melden Sie sich noch heute an.


Inhaltsverzeichnis<br />

EDITORIAL<br />

Geschätzte Leser 3<br />

TITELSTORY<br />

The Lean Revolution // Lean entdecken 4<br />

(von Prof. Daniel T. Jones)<br />

PRAXIS<br />

Von 22 auf 5 // Mit Nivellierung und Pull-Prinzip 8<br />

auf Erfolgskurs<br />

PEOPLE<br />

Mut zum Erfolg! // Was Spitzensport 10<br />

und Unternehmen verbindet<br />

(von Bob Leslie)<br />

INTERVIEW<br />

18 Monate Wertfabrik // Im Gespräch 14<br />

mit Robert Ulrich und Dr. David Moser<br />

REFERENZ<br />

Ferrum AG // Fliessmontage 18<br />

in der Konserventechnik<br />

(von Robert Ulrich)<br />

FOKUS<br />

Der Spruch vom Zuckertütchen // 22<br />

Was Lean-Philosophie und Sprichworte<br />

miteinander zu tun haben<br />

PRAXISTIPP<br />

Endless Lean // So entwächst Ihr 26<br />

Lean Management den Kinderschuhen<br />

INTERNA<br />

Hello … 30<br />

A little Good bye …<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

© Wertfabrik AG<br />

Birchstrasse 2, 8472 Seuzach<br />

Tel. +41 52 335 55 00<br />

Fax +41 52 335 55 09<br />

info@wertfabrik.ch<br />

www.wertfabrik.ch<br />

Konzept/Gestaltung<br />

Tollkirsch AG, Winterthur und St. Gallen<br />

www.tollkirsch.ch<br />

Fotos<br />

Kilian Kessler, Zürich<br />

weitere Fotos von PRIVAT über<br />

ZfU International Business School, Thalwil<br />

Druck<br />

Niedermann Druck AG, St. Gallen<br />

Papier<br />

Heaven 42 softmatt<br />

AKTUELLES<br />

Lean Solutions Day 2013 31<br />

Auflage<br />

1750 Exemplare<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 2


EDITORIAL<br />

Editorial<br />

Geschätzte Leser<br />

Seit über einem halben Jahrhundert existiert die Idee vom Lean Management. Der Gründervater des Toyota<br />

Produktionssystems, Taiichi Ohno, publizierte im Jahr 1978 das Buch «Toyota seisan hoshiki» (Das Toyota<br />

Produktionssystem) auf Japanisch, welches erst 1988 auf Englisch übersetzt wurde. Darauf folgend haben<br />

vor allem die Lean-Vordenker James P. Womack und Daniel T. Jones den Begriff «Lean» geprägt, darüber<br />

geschrieben und erklärt, worum es dabei geht. Ihre Bücher «The Machine That Changed The World» (1991) und<br />

«Lean Thinking» (2003) zählen heute zu den Standardwerken der Lean-Literatur.<br />

Seit den Anfängen hat sich viel getan. Gegen Ende des letzten Jahrhunderts wurde «Lean» gleichbedeutend<br />

mit Personalabbau und Stellenverlust gesetzt. Ein Image-Absturz war die Folge. Im neuen Jahrhundert hat sich<br />

der Wind gedreht: Die bekannte Management-Philosophie erlebt einen zweiten Frühling.<br />

Dieser «Frühling» trägt Früchte. Lean ist mittlerweile zu einer eigenen Wissenschaft herangewachsen.<br />

In zahlreichen Instituten und wissenschaftlichen Einrichtungen forscht man darüber. Der ursprüngliche Ansatz<br />

aus der Automobil- und produzierenden Branche wird heute auf unterschiedlichste Tätigkeitsbereiche übertragen.<br />

Man spricht vom Lean Development und Lean Sales, von der Lean Administration und Lean Healthcare.<br />

Grund genug, wie wir finden, um dem Thema Lean ein eigenes Magazin zu widmen. Es freut uns besonders,<br />

dass wir für diese erste Ausgabe einen der bereits oben genannten Gründerväter der Lean-Philosophie,<br />

Prof. Daniel T. Jones, als Autor gewinnen konnten. Er formuliert<br />

in seinem Artikel «The Lean Revolution», wie man in vier Schritten<br />

lernt, lean zu werden.<br />

Des Weiteren lesen Sie im Interview auf Seite 14 unsere Sicht,<br />

wo «Wertfabrik» nach 18 Monaten als Prozessdienstleister steht.<br />

Oder blättern Sie auf Seite 18 zur Ferrum AG und erfahren Sie,<br />

wie Durchlaufzeiten in der Konserventechnik reduziert wurden.<br />

Apropos: Sie können Prof. Jones auch persönlich kennenlernen.<br />

Im Rahmen des Lean Solutions Day am 2. und 3. Dezember 2013.<br />

Dort referiert er unter anderem zu dem Thema: «Building the<br />

Lean Enterprise – Die komplette Organisation mit einbinden».<br />

Und nun wünschen wir Ihnen eine kurzweilige Lektüre.<br />

Mit besten Grüssen<br />

Robert Ulrich<br />

Geschäftsführender Partner<br />

Dr. David Moser<br />

Geschäftsführender Partner<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 3


Ausgabe 1, September 2013 // 4<br />

«Hindernisse, die den<br />

Wertstrom hemmen, müssen<br />

beseitigt werden.»


TITELSTORY<br />

The Lean Revolution<br />

Lean entdecken<br />

von Prof. Daniel T. Jones<br />

Was verbindet Rolls Royce, Amazon und das britische Justizministerium Sie alle nutzen den<br />

Lean-Gedanken, um ihre Mitarbeiter darauf einzuschwören, Prozesse zu optimieren und<br />

«mehr durch weniger» zu erreichen. Egal, ob es um Design, Technik, Vertrieb, Administration<br />

oder Herstellung geht: In den letzten 20 Jahren hat der von Toyota erschaffene Lean-Gedanke<br />

die Fantasie der Manager in jedem Bereich der Wirtschaft beflügelt.<br />

Lernen, «lean» zu denken<br />

Toyotas nachhaltiger Beitrag zu dieser Management-Praxis<br />

ist die Verbindung von drei elementaren<br />

Herangehensweisen zu einer einzigartigen<br />

Synthese, um so Verbesserungen zu realisieren:<br />

Qualitätsanalyse, prozessorientiertes Denken in<br />

der Organisation des Arbeitsflusses und «Learning<br />

by Doing».<br />

Wer sein eigenes Unternehmen auf den «Lean»-<br />

Weg bringen will, muss sich dabei vier Fragen<br />

stellen.<br />

Manager und Vorgesetztem bewegt, und sichert<br />

ab, dass kein Schritt auf dem Weg zur Lösung<br />

des Problems verpasst wird. Das Problem wird<br />

zunächst definiert. Dann sammelt man aktuelle<br />

Fakten.<br />

Man bestimmt einen Soll-Zustand oder legt<br />

fest, welche Lücke geschlossen werden soll.<br />

Darum ist wichtig, dass man die Ursache des<br />

Problems versteht. Gegenmassnahmen werden<br />

festgelegt. Man überprüft, ob sie greifen und<br />

zum Schluss zieht man Bilanz. Im ganzen Prozess-Verlauf<br />

stellt der Vorgesetzte seinem Mitarbeiter<br />

Fragen, anstatt Antworten zu geben.<br />

1. Wie gelingt es, jeden einzelnen<br />

auf die wenigen, aber wichtigen<br />

Verbesserungen einzuschwören,<br />

die den grössten Erfolg für das<br />

Unternehmen bringen<br />

Die «Lean»-Antwort lautet: Die Auseinandersetzung<br />

mit den Ursachen ist viel hilfreicher, als<br />

von Lösung zu Lösung zu springen und hunderte<br />

von Projekten in Angriff zu nehmen, darauf<br />

hoffend, das einige schon Erfolg haben werden.<br />

Es ist kein Zufall, dass ein neuer Manager bei<br />

Toyota von seinem Chef als erstes zwei Dinge in<br />

die Hand bekommt: eine Problemstellung und<br />

einen sog. A3-Report. Der A3-Report umreisst<br />

den Rahmen, in dem sich der Dialog zwischen<br />

Gemeinsam Probleme erfassen und beheben.<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 5


Das Entscheidende an dieser Methode: Man<br />

fokussiert auf wenige Schwerpunkte.<br />

So lernt jeder auf die richtige Art über die richtigen<br />

Dinge nachzudenken.<br />

oder Tages-Kontrolle von Fortschritten ermöglicht<br />

den Teams, bei Abweichungen schnell den<br />

Kurs zu korrigieren. Und sie sorgt dafür, dass<br />

regelmässig wiederkehrende Probleme bis zu<br />

ihrem Ursprung zurückverfolgt werden.<br />

2. Wie schliesst man Leistungslücken,<br />

die für das Unternehmen<br />

gravierend sind<br />

Die «Lean»-Antwort lautet: Hindernisse, die<br />

den Fluss des Wertstroms stören, müssen entfernt<br />

werden. Dazu müssen Aktivitäten, die<br />

einzeln gemanaget worden sind, vereint werden.<br />

Dopplungen gehören getilgt. Unter dem<br />

Strich muss das Ganze besser als die Summe<br />

seiner Teile werden. Es geht darum, Warteschleifen,<br />

Engpässe und Übergabefehler zu<br />

beseitigen sowie Produktion und Nachfrage<br />

aufeinander abzustimmen.<br />

In den meisten Unternehmen sieht niemand<br />

diesen horizontal laufenden Wertstrom oder es<br />

fühlt sich niemand zuständig.<br />

Fortschritte und Probleme aufzuzeigen ist viel<br />

sinnvoller, als sie unter den Teppich zu kehren<br />

oder in einem Computer zu erfassen, um sie<br />

dann zu vergessen. Jeder, der einmal an einer<br />

Wertstromanalyse beteiligt war, wird bestätigen,<br />

wie einschneidend sich das Verhalten der<br />

Mitwirkenden dadurch verändert: Es ist beeindruckend,<br />

vor einer Tafel zu stehen und plötzlich<br />

zu sehen, wie der Gesamt-Prozess verläuft<br />

und wo es tatsächlich Probleme gibt. Jeder<br />

erkennt, wo er an Schnittstellen seinen eigenen<br />

Prozess optimieren kann. Undifferenzierte<br />

Schuldzuweisungen sind dann kein Thema<br />

mehr. Manager verstehen allmählich, dass sie<br />

Mitarbeiter «an der Front» bei ihren Aufgaben<br />

unterstützen müssen und dadurch die grössten<br />

Hindernisse beheben.<br />

Alles zu visualisieren ist somit unerlässlich, um<br />

die Zusammenarbeit für eine maximale Wertschöpfung<br />

zu optimieren.<br />

«Probleme<br />

entstehen oft dort,<br />

wo man es nicht<br />

vermutet.»<br />

Indem man den Wertstrom betrachtet, lernt<br />

man, das grosse Ganze zu sehen und zu<br />

erkennen, wo man agieren muss, um kritische<br />

Leistungslücken zu schliessen.<br />

4. Wie kann man das Erreichte<br />

dauerhaft erhalten<br />

3. Wie gelingen Verhaltensänderungen,<br />

um entlang<br />

des Wertstroms effektiver<br />

zusammenzuarbeiten<br />

Die «Lean»-Antwort lautet: Um Erfolg zu haben,<br />

muss man planen, was mit jedem einzelnen<br />

Produkt innerhalb des Wertstroms zu welchem<br />

Zeitpunkt passieren soll. Zudem muss man<br />

jeden Erfolg und jede Abweichung innerhalb<br />

dieses Plans sichtbar machen. Die Stunden-<br />

Die «Lean»-Antwort lautet: Neues Wissen generieren<br />

– in Theorie und Praxis. In einem komplizierten<br />

sozialen Gefüge, in dem Kausalität<br />

nicht überall klar ist, verläuft echtes Lernen,<br />

indem man eine Vielzahl überwachter Versuche<br />

unternimmt. So erkennt man, was funktioniert<br />

und was nicht. Denn: Häufig entstehen Probleme<br />

nicht dort, wo vermutet. Problemursachen<br />

sind auch nicht immer ersichtlich. Indem man<br />

eine gemeinsame «Sprache» zur Problemlösung<br />

etabliert, wird es möglich, zu erfassen<br />

und zu kommunizieren, was funktioniert. Problemlösungs-Strategien<br />

werden damit für jeden<br />

verständlich.<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 6


TITELSTORY<br />

Erfahrungsaustausch<br />

fördern<br />

Das Pflegen der<br />

Unternehmenskultur gehört<br />

zum Lean-Weg dazu.<br />

«Learning by Doing» ist zudem die Grundlage<br />

für noch etwas anderes: Die sog. «Lean Transformation».<br />

Durch eine Serie überwachter<br />

Versuche in Schlüsselaktivitäten leitet man<br />

schnellst möglich einen Erfahrungsschatz ab.<br />

Dieser bildet dann die Basis für weitere Experimente<br />

und den Aufbau einer neuen Unternehmenskultur.<br />

Eine Kultur, die den Austausch<br />

von Erfahrungen pflegt und bei der über eigene<br />

Han dlungs weisen reflektiert wird. Gepflegt<br />

wird eine solche Kultur durch das Einfügen im<br />

Firmenintranet oder durch öffentliche Anerkennungen<br />

für erfolgreiche interne Projekte.<br />

Anders als zuvor verwendet man keine Zeit<br />

für ein zentral angelegtes Trainingsprogramm<br />

für das gesamte Unternehmen, das aber schnell<br />

vergessen wird, sobald die Einführung durch<br />

Coaches beendet ist.<br />

Der Autor,<br />

Daniel T. Jones, ist Gründer<br />

der Lean Enterprise Academy<br />

in Herefordshire, UK.<br />

Nachweislich führt die Lean Transformation<br />

dazu, dass jeder durch Praxiserfahrungen und<br />

Reflexion lernt, zu lernen.<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 7


Von 22 auf 5<br />

Mit Nivellierung und Pull-Prinzip auf Erfolgskurs<br />

Die NOVA WERKE AG ist ein Schweizer Technologieunternehmen mit Hauptsitz in Effretikon.<br />

Im Sektor Dieselkomponenten ist ihre Marke NOVA SWISS weltweit Marktführer für Brennstoffleitungen<br />

grosser Dieselmotoren. Bislang wurden grosse Lose dieser Brennstoffleitungen<br />

im Push-Prinzip produziert. Lange Durchlaufzeiten und hohe Lagerbestände waren nur<br />

einige der daraus resultierenden Probleme. Die Wertfabrik wurde beauftragt, diese in den Griff<br />

zu bekommen. Ein Weg sollte gefunden werden, um alle Schritte in maximal fünf Arbeitstagen<br />

zu bewerkstelligen anstatt wie bisher in 22 – und zugleich für eine konstante Auslastung<br />

der Produktion zu sorgen.<br />

In Zusammenarbeit mit einem internen NOVA<br />

SWISS Team ging die Wertfabrik ans Werk. Man<br />

erarbeitete eine Lösung, die auf zwei der klassischen<br />

Lean-Merkmalen gründet: Takt und Pull-<br />

Prinzip.<br />

Zunächst wurden 16 Produkte als «Hochläufer»<br />

identifiziert. Sie beanspruchten quasi die Hälfte<br />

der gesamten Produktionskapazität. Man entschied,<br />

diese Hochläufer fortan regelmässig<br />

und in kleinen Wochenlosen zu produzieren.<br />

Dies machte zwar Umrüstvorgänge nötig,<br />

jedoch ohne Mehrkosten: Voraussetzung dafür<br />

waren allerdings ausreichende Kapazitäten bei<br />

Personal und Maschinen.<br />

um unregelmässige Kundenbestellungen auch<br />

bei Spitzen bedienen zu können. Wer jedoch<br />

seitens seines Vertriebs regelmässig Abrufe<br />

auf Kundenseite vornimmt, kann den Umfang<br />

seines «Fertigwarenlagers» in guten Grenzen<br />

halten.<br />

Pull-Prinzip mit Kanban<br />

Um eine gleichmässige Auslastung der Produktion<br />

zu gewährleisten, wurde eine Nivellierung<br />

eingeführt. NOVA verfügt im ERP-System (iFAS)<br />

über relativ fixe Bestellungseingänge bei Brennstoffleitungen<br />

für einen Zeitraum von jeweils<br />

ca. zwei Monaten. Man kann daher gut im<br />

Voraus planen: Monatlich rollierend werden<br />

jeweils acht Wochen vorher die Kundenbestellungen<br />

für die einzelnen Hochläufer berechnet.<br />

Dies führt zu einem sehr gleichmässigen<br />

Produktionsablauf. Zwar resultiert daraus ein<br />

«Fertigwarenlager», das angelegt werden muss,<br />

Ergänzend wurde die Steuerung der Produktion<br />

auf das Pull-Prinzip mit Kanban umgestellt.<br />

Für jede Funktion in der Wertschöpfungskette<br />

gilt so: «Was heute angeliefert wird, muss spätestens<br />

morgen weiterverarbeitet sein.» Letztlich<br />

erreicht man durch Kanban aber auch eine<br />

hohe Transparenz darüber, was als nächstes<br />

gefertigt werden muss.<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 8


Auftrag 7<br />

AVOR<br />

PRAXIS<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

Laser<br />

Komponentenfertigung<br />

Prozess-<br />

Auslöser 1<br />

Kommissionieren<br />

Vormontage<br />

Reinigung<br />

FIFO FIFO FIFO FIFO FIFO FIFO<br />

Rohmateriallager<br />

Partikelprüfung<br />

End-<br />

Montage<br />

Stauchen Biegen Autofrettage<br />

Resultat<br />

Komponentenlager<br />

(Ware in Arbeit)<br />

Durch das neu implementierte Pull-Prinzip reduziert sich die Durchlaufzeit von ursprünglich 22<br />

auf nunmehr fünf Tage. Die Menge an Ware in Arbeit verringert sich im gleichen Masse. Aufgrund<br />

der Nivellierung ist die Produktion besser und gleichmässiger ausgelastet: Dies verbessert<br />

die Planbarkeit und macht «Notaktionen» praktisch überflüssig. Last but not least bringt Kanban<br />

erhebliche Verbesserungen beim Steuerungsaufwand.<br />

1 Tag 1 Tag 1 Tag 1 Tag 1 Tag<br />

Verpacken<br />

Prozess-<br />

Auslöser<br />

Auftrag 7<br />

AVOR<br />

1<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

A B C D<br />

E<br />

F<br />

G H I<br />

J<br />

K<br />

L<br />

FIFO<br />

FIFO<br />

FIFO<br />

FIFO<br />

FIFO<br />

FIFO<br />

Rohmateriallager<br />

Fertigwarenlager<br />

Komponentenlager<br />

(Ware in<br />

Arbeit)<br />

1 Tag 1 Tag 1 Tag 1 Tag 1 Tag<br />

A. Komponentenfertigung / B. Kommissionieren / C. Laser / D. Vormontage / E. Stauchen / F. Biegen / G. Autofrettage<br />

H. Reinigung / I. Partikelprüfung / J. Endmontage / K. Verpacken / L. Versand<br />

Projektverantwortliche<br />

Marco Schade, Leiter Produktelinie Dieselkomponenten, NOVA WERKE AG, Effretikon<br />

Dr. David Moser, Geschäftsführender Partner, Wertfabrik AG, Seuzach<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 9


Mut zum Erfolg!<br />

Was Spitzensport und Unternehmen verbindet<br />

von Bob Leslie<br />

In den letzten 20 Jahren war ich in der glücklichen Lage, Eishockey-Teams in den höchsten<br />

europäischen Ligen coachen und managen zu dürfen. Zudem konnte ich mit dem kanadischen<br />

Nationalteam an der WM arbeiten und war in vielen anderen Engagements tätig.<br />

Ich bin dankbar für alle Erfahrungen, die ich in diesen Jobs gemacht habe: für die Niederlagen<br />

ebenso wie für die Erfolge.<br />

Professionelle Athleten sind Getriebene. Sie<br />

pushen andere zu Höchstleistungen, stellen<br />

extreme Ansprüche an sich und leben in einer<br />

Welt des stetigen Wettkampfs. Oft jedoch messen<br />

manche ihrer eigenen Person eine höhere<br />

Bedeutung bei als dem gesamten Team. Für<br />

solche Sportler werden Team-Ziele zweitrangig.<br />

Wenn das geschieht, werden Team-Erfolge<br />

schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Kommt<br />

Ihnen das bekannt vor Wahrscheinlich. In<br />

Unternehmen trifft man auf «Unternehmens-<br />

Athleten», im Sport auf «Profi-Athleten». Die<br />

Ähnlichkeiten zwischen beiden sind gross.<br />

Beide haben Erfolgsdruck, Zeitlimiten und<br />

Budgetgrenzen, um nur einige der Parallelen zu<br />

nennen.<br />

Dabei sind alle nur einfach Menschen. Richard<br />

Branson, Eigentümer von Virgin Airways und<br />

mehr als 400 weiteren Unternehmen, sagt,<br />

Unternehmen sind nichts anderes als Zusammenschlüsse<br />

von Menschen. Und Menschen<br />

brauchen Lob und Motivation, um ihr Bestes<br />

geben zu können, genauso wie Blumen Wasser<br />

und Sonne brauchen.<br />

Autor Bob Leslie verbindet<br />

heute Führungserfahrung<br />

aus dem Sport mit Unternehmensbusiness.<br />

Menschen<br />

brauchen Lob<br />

und Motivation,<br />

um ihr Bestes<br />

geben zu<br />

können.<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 10


PEOPLE<br />

Einsatz für’s Team – auch bei Widrigkeiten.<br />

Tolles Team mit tollen Leuten<br />

Für mich ist oberste Priorität, um ein tolles<br />

Team aufzubauen, tolle Leute ins Boot zu holen.<br />

Dabei ist «Vielfalt» der Schlüssel zum Erfolg.<br />

Nicht jeder Spieler muss die gleichen Talente<br />

mitbringen. Aber jeder muss das Beste aus sich<br />

holen und wissen, was seine besondere Rolle im<br />

Team ist. Vertrauen, Verantwortung, Visionen,<br />

Spass … all das sind gemeinschaftliche Ziele!<br />

Klingt dies nach wichtigen Eigenschaften, die<br />

auch ein Spitzenteam in der Welt der Unternehmen<br />

mitbringen sollte Ich finde: ja …<br />

Angenommen, Sie sind Teil eines Teams oder<br />

gar Teamleader: Können Sie Ihr Team zu Höchstleistungen<br />

motivieren In jedem meiner Seminare<br />

ermuntere ich die Teilnehmer, über interne<br />

und externe Motivationstechniken zu sprechen.<br />

«Vielfalt im<br />

Team als Schlüssel<br />

zum Erfolg.»<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 11


Unweigerlich realisieren die Leute, wie wichtig<br />

interne Motivation ist und wie sie funktioniert.<br />

Wirtschaft und Sport setzen dennoch stark auf<br />

externe Mittel der Motivation: zum Beispiel<br />

finanzielle Leistungs-Boni. Das ist okay, aber<br />

nicht alles. Denn was geschieht, wenn ein<br />

bestimmtes Ziel nicht erreicht wird Sind alle<br />

guten Teamvorsätze zum Teufel Machen die<br />

äusseren Umstände die Kraft der inneren Motivation<br />

zunichte<br />

Motivation ist wie ein Haarschnitt<br />

Man könnte sagen: «Motivation ist wie ein neuer<br />

Haarschnitt». Kriegt man ihn, fühlt man sich<br />

gut. Man braucht aber schon bald einen weiteren.<br />

Übersetzt für Sie als Führungsperson<br />

heisst das: Sie müssen motiviert sein, Ihrem<br />

Team dabei zu helfen, motiviert zu sein! Das ist<br />

kein Hexenwerk, fordert aber Zeit und Geduld.<br />

Es ist kein Ereignis, sondern ein Prozess.<br />

Spitzenteams<br />

brauchen<br />

Spitzenleader.<br />

Die Leute sagen mir oft, ich sei so optimistisch<br />

– und dass sowas aber nicht immer etwas<br />

bewirkt. Die Leute haben zwar Recht. Aber ich<br />

garantiere Ihnen eines: Pessimistisch sein,<br />

bewirkt IMMER etwas …<br />

Daher ist mein Credo, das ich aus dem Sport<br />

ableite und auch als anwendbar für Unternehmen<br />

erachte, folgendes:<br />

Als «Leader» ist es Ihre Pflicht, Vorbild für Ihr<br />

Spitzenteam zu sein. «Leadership» ist eine<br />

innere Einstellung, keine Berufsbezeichnung.<br />

Spitzenteams brauchen Spitzenleader. Die Herausforderung<br />

ist riesig – aber die in Aussicht<br />

stehenden Erfolge auch!<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 12


PEOPLE<br />

1. Finden Sie grossartige Leute!<br />

2. Unterstützen Sie diese, damit sie keine Angst<br />

vor Erfolgen haben!<br />

3. Hart arbeiten, in die richtige Richtung denken,<br />

Möglichkeit zur Neubewertung, Offenheit<br />

und Flexibilität.<br />

4. Leidenschaft haben – dann meistert man<br />

auch schwierige Zeiten!<br />

Erfahrungen aus dem Sport sind: Das Team muss seine eigenen<br />

«goal-settings» (zu deutsch: Ziel-Einstellungen) machen.<br />

Es muss dabei Ziele im Auge haben, die dem GESAMTEN Team<br />

dienen.<br />

Gemeinsam<br />

zur Höchstleistung.<br />

Zwei Beispiele aus meiner Erfahrung<br />

des «goal-setting»:<br />

Erfahrung eins:<br />

Wir machten als Team das gesamte «goal-setting». Am nächsten<br />

Tag kam das Management und gab uns «unser» Ziel vor: «Kommt<br />

in die Top 4 und erreicht das Finale.»<br />

Das Resultat: Wir kamen nirgendwo hin. Weder erreichten wir die<br />

Ziele des Managements noch die des Teams.<br />

Erfahrung zwei:<br />

Ich durfte das Team dabei begleiten und führen, die eigenen Ziele<br />

zu setzen und anzupacken. Wir arbeiteten täglich daran, Woche<br />

für Woche, um sie zu erreichen.<br />

Das Resultat: Wir hatten eine grossartige Saison. Das Management<br />

stellte bei diesem Vorgehen zwar etliche Fragen. Es gab uns<br />

aber auch die nötige Unterstützung, um unsere Ziele zu erreichen.<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 13


18 Monate Wertfabrik<br />

Im Gespräch mit Robert Ulrich und Dr. David Moser<br />

1<br />

Wertfabrik – ein Name als Programm Weshalb haben Sie sich genau für diesen<br />

Unternehmensnamen entschieden<br />

Als es darum ging, einen Namen für unser neues Unternehmen zu finden, haben wir dafür einen<br />

Workshop organisiert. Erst mal haben wir überlegt, was wir eigentlich genau machen. Die Antwort<br />

war: Wir erzeugen Wert bei unseren Kunden. Da stand dann schon mal der Begriff «Wert» fest. Als<br />

Nächstes ging es daran, zu überlegen, wer wir sind, wie wir uns sehen. In unserer Beraterfunktion<br />

sind wir natürlich «typische» Berater, aber wir sind auch «Schaffer». Wir kennen nicht nur die Abläufe<br />

in der Teppichetage, sondern wissen auch, wie es in der Fertigung ausschaut. So gesehen verstehen<br />

wir uns als «Arbeiter» … und «Arbeiter» findet man in einer «Fabrik». Aus der Idee des Wert-Schaffens<br />

und unserem Selbstverständnis hat sich der Begriff «Wert-Fabrik» zusammengesetzt.<br />

Und was unser Logo angeht: Das hat ja drei «Flecken», die ineinander übergehen. Damit sind die<br />

Prozesse gemeint, die ineinander fliessen. Das «Loch» in der Mitte steht für unseren «Durchblick».<br />

2<br />

«Prozessdienstleister» Das klingt recht abstrakt. Definieren Sie doch bitte in drei einfachen<br />

Sätzen, worum es genau bei Ihrer Tätigkeit geht.<br />

Der Hauptfokus liegt darauf, die Durchlaufzeit bei Prozessen zu reduzieren. Wir sprechen auch vom<br />

sogenannten «Magischen Dreieck», das wir für den Kunden umsetzen wollen: kürzeste Lieferzeit und<br />

Termintreue, tiefe Kosten, beste Qualität.<br />

Robert Ulrich,<br />

Geschäftsführender<br />

Partner.<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 14


INTERVIEW<br />

3<br />

Um «Prozessdienstleister» zu werden, gibt<br />

es keine eigene Berufsausbildung. Wie<br />

kommt man an einen Job, den es eigentlich<br />

nicht gibt<br />

Wir waren früher alle einmal Führungskräfte in<br />

produzierenden Unternehmen, haben beispielsweise<br />

eine Ausbildung als Ingenieur. Dann verfügen<br />

wir über betriebswirtschaftliche Zusatzqualifikationen.<br />

In unseren früheren Jobs<br />

haben wir am eigenen Leib die Lean-Denke<br />

erlebt: mit allen Stolpersteinen und Problemen.<br />

Wir wissen vom Geschäftsführer bis hin zum<br />

Hilfsarbeiter, worum es tatsächlich geht.<br />

Zudem ist es auch so, dass man als Berater mit<br />

jedem Kunden, den man hat, wächst. Bei jedem<br />

neuen Projekt lernt man mit dem Kunden<br />

zusammen … und verbessert sich so stetig.<br />

4<br />

18 Monate sind Sie erfolgreich im<br />

Geschäft. Würden Sie alles nochmal<br />

genauso machen, wenn Sie die Uhr<br />

zurückdrehen könnten<br />

Ja. Klar, wir waren schon mutig. Wir haben<br />

stark investiert in unseren Brand, in unseren<br />

optischen Aufritt. Aber das hat sich gelohnt,<br />

denn so konnten wir schnell unseren Namen<br />

etablieren und werden in der Schweizer Lean-<br />

Welt wahrgenommen.<br />

Dr. David Moser,<br />

Geschäftsführender<br />

Partner.<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 15


5<br />

«Finanzkrise»:<br />

eines der Schlagworte der letzten Jahre. Sind auch Sie als Beratungsunternehmen<br />

davon betroffen: Erleben Sie Einbussen oder eher «Goldene Zeiten»<br />

Wir als «Wertfabrik» erleben da Verschiedenes: Wenn Unternehmen keinen Druck haben, machen<br />

sie weniger Lean. Wenn es bei einem Unternehmen aber schlecht läuft, erhöht sich der Druck: Lean<br />

wird ein Thema. Sicher kann man sagen, dass die Euro-Franken-Krise das Lean-Thema beflügelt hat.<br />

6<br />

Sie arbeiten oft für Unternehmen, die bekannt und etabliert sind. Wieso brauchen auch solche<br />

Unternehmen Unterstützung durch die Wertfabrik Kommen die nicht ohne Sie aus<br />

Wir bieten auch Lean-Coaching. Helfen Führungskräften, Zug ins Ganze reinzubringen. Eine erfolgreiche<br />

Lean-Umsetzung muss durch die oberste Unternehmensspitze gestützt sein. Hier gibt<br />

es schon einige Personen in Top- Unternehmen, die das richtig machen: Zum Beispiel Joachim<br />

Madlener bei der Liebherr-Electronik GmbH, Ernst Werthmüller, CEO bei der Ferrum AG, oder<br />

Dr. Oliver Vietze, CEO bei der Baumer Group.<br />

Bei manchen Unternehmen läuft es so, dass man schon mal irgendwo mit Lean angefangen hat,<br />

was dann aber wieder eingeschlafen ist. Das kann manchmal daran liegen, dass das Denken in der<br />

Schweiz eher auf Projekte ausgerichtet ist. Einmal machen und dann fertig. Lean aber bedeutet<br />

einen Kulturwandel, und der muss konstant weitergehen. Lean ist die Strategie. Unternehmen, die<br />

sich dieser Dinge bewusst sind und Lean einführen wollen, holen dann uns.<br />

7<br />

Sie sind «Problemlöser», zu Englisch «Troubleshooter». Der englische Begriff beschreibt<br />

bildhaft, dass bei dieser Tätigkeit nicht nur die Samthandschuhe zum Einsatz kommen.<br />

Verursacht das in den Unternehmen, für die Sie an den Start gehen, nicht auch «Bad feelings»<br />

im Sinne von: «Jetzt kommen die, werfen alles über den Haufen und dann hauen sie<br />

wieder ab.» Falls ja: Wie gehen Sie damit um<br />

Wir sind gar nicht so böse, wie das hier tönt! Wir haben den Ansatz, dass wir den Lean-Veränderungsprozess<br />

in «gut verdaulichen» Vier-Monats-Paketen einführen. Oft beginnen wir mit einem<br />

Pilotprojekt. Meistens geht es danach weiter. Neue Projekte folgen. Alles läuft in enger Zusammenarbeit<br />

mit den «Betroffenen». Die sind es auch, die innerhalb des Unternehmens die Veränderungen<br />

präsentieren. Das sollen sie auch, denn Erfolge zu präsentieren, macht einfach stolz. Am Anfang<br />

übernehmen wir natürlich die 100 %-ige Verantwortung. Je nach Situation beim Kunden kann<br />

bei einem Folgeprojekt bereits das interne Lean-Team 50 % übernehmen. Wir ziehen uns dann peu<br />

à peu aus der Projektleitung heraus und fördern die Selbständigkeit.<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 16


INTERVIEW<br />

8<br />

Wenn man Ihre Homepage anschaut, sieht man: Ihr Berater-Team ist männlich.<br />

Liegt das daran, dass Frauen zu brav für «Troubleshooting» sind<br />

(lachen) Sicher nicht! Wir hätten sehr gerne eine oder mehrere Frauen in unserem Team, haben<br />

aber bislang noch keine gefunden. Das liegt vermutlich daran, dass in unserer Branche eben noch<br />

immer mehr Männer tätig sind. Frauen betätigen sich nicht so stark in der Logistik oder Produktion.<br />

Eher begegnet man ihnen im Finanz- oder Dienstleistungssektor. Das ist jedoch nicht unser Segment.<br />

Kistler beispielsweise hat aber eine Global-Lean-Logistics-Leiterin.<br />

9<br />

Was sind Ihre Ziele für die Zukunft der Wertfabrik Wo soll es hingehen<br />

Wir sind in dem was wir tun die Nummer eins in der Schweiz. Die wollen wir bleiben. Ausserdem<br />

wollen wir natürlich wachsen: Erst mal, was die Aufträge angeht, im zweiten Schritt auch im Hinblick<br />

auf unser Personal.<br />

10<br />

Und zum Schluss frech gefragt: Auch die Wertfabrik ist ein lebendiges Unternehmen mit<br />

Prozessen, die optimal laufen sollen. Wen würden Sie zu Rate ziehen, sollte Ihr Unternehmen<br />

jemals eine Kurskorrektur nötig haben<br />

Unsere Kunden. Die werden uns schon sagen, was wir besser machen können.<br />

Das Team der Wertfabrik:<br />

ROBERT ULRICH, Geschäftsführender Partner, fand über die Textil-, Automobilund<br />

Elektronikbranche zu seiner heutigen Berufung.<br />

DR. DAVID MOSER, Geschäftsführender Partner, war zuvor u.a. bei Harting AG als<br />

Geschäfts führer und bei Bookham (Switzerland AG) als Direktor tätig.<br />

RUEDI GRAF, Senior Consultant & Partner, ist Fachspezialist für Lean Development<br />

und baute bereits bei der Baumer Group in Frauenfeld ein Operationssystem nach<br />

der Lean- und Six-Sigma-Methodik auf.<br />

STEPHAN BANKWITZ, BEAT BÜHLER, HOLGER ILLING, RICHARD KRÜGER und<br />

MARTIN SCHRÖDER sind weitere Berater der Wertfabrik. NICOLE LOBETO agiert<br />

als Assistentin der Geschäftsleitung.<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 17


Die Montage Konserventechnik<br />

wurde in einen getakteten<br />

One-Piece-Flow umgestellt.


REFERENZ<br />

Ferrum AG<br />

Fliessmontage in der Konserventechnik<br />

von Robert Ulrich<br />

Die Ferrum AG vereinigt unter einem Dach fünf verschiedene Geschäftsbereiche. Ihre Produkte<br />

und Dienstleistungen fliessen in die unterschiedlichsten Wirtschaftsbranchen und dienen<br />

als Basis für eine Vielzahl von End produkten. Durch die breite Diversifikation der Produkt palette<br />

werden Risiken minimiert. Internationales Agieren, ein hoher Eigenfinanzierungsgrad sowie<br />

wirtschaftliche Unabhängigkeit sichern dem Unternehmen eine starke Stellung mit Zukunftsperspektiven.<br />

Ferrum beschäftigt weltweit über 400 Mitarbeitende und verfügt über eigene<br />

Standorte in Rupperswil und Schafisheim (CH), Houston (USA) und Mumbai (Indien).<br />

Der Geschäftsbereich GBC entwickelt, produziert<br />

und vertreibt Maschinen zum Verschliessen<br />

von Dosen für die Getränke-,<br />

Lebensmittel- und Dosenfertigungsindustrie.<br />

Diese High-Performance-Maschinen können<br />

bis zu 2500 Dosen pro Minute verarbeiten.<br />

Ausgangssituation<br />

Anfang 2011 verlangte ein Hauptkunde von<br />

Ferrum eine signifikante Reduktion (- 30 %) der<br />

Lieferzeit für Dosenverschliesser. Zum damaligen<br />

Zeitpunkt betrug diese mehrere Monate.<br />

Mit den existierenden Durchlaufzeiten war diese<br />

Anforderung nicht zu erreichen. Ferrum baute<br />

in Kleinlosen «halbfertige» Grundmaschinen auf<br />

Lager, um bei Eintreffen der Kundenbestellung<br />

rasch reagieren zu können. Dies ist einerseits<br />

eine kostspielige Lösung (viel gebundenes<br />

Kapital) und andererseits bestand immer das<br />

Ri siko, dass die benötigte Grundmaschine nicht<br />

verfügbar war.<br />

Ferrum befindet sich im Premiumsegment<br />

bezüglich Qualität, Leistung und auch Preis.<br />

Deshalb ist es notwendig, dass die Produktion<br />

bei Kunden jederzeit einen professionellen<br />

Eindruck hinterlässt («Vorzeigeunternehmen»).<br />

Das war im Jahr 2011 jedoch nicht der Fall.<br />

Das Gebäude der Ferrum AG<br />

in Schafisheim.<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 19


Aufgabenstellung<br />

Gemeinsam mit Robert Ulrich definierte man<br />

folgende Ziele: Mit einer getakteten Fliessmontage<br />

ist eine Durchlaufzeitreduktion von mindestens<br />

30 % zu erzielen. Gleichzeitig galt es,<br />

durch Reduktion von Verschwendung mit der<br />

gleichen Mannschaft den Produktionsausstoss<br />

um 30 % zu erhöhen.<br />

Lösung<br />

Das Projekt «ferruLean» wurde in zwei Phasen<br />

aufgeteilt: In der ersten Phase wurde die Montage<br />

der kundenneutralen Grundmaschine in<br />

einen getakteten One-Piece-Flow umgestellt.<br />

Die Taktzeit beträgt drei Tage bei total drei Takten.<br />

In der zweiten Phase wurde die Montage der<br />

kundenspezifischen Maschinen optimiert. Aus<br />

technischen Gründen hat man sich dabei für<br />

eine Boxenmontage entschieden.<br />

Mit Shopfloor-Management<br />

werden täglich Probleme<br />

transparent gemacht.<br />

Ferrum befindet<br />

sich im<br />

Premiumsegment<br />

bezüglich<br />

Qualität, Leistung<br />

und auch Preis.<br />

Bis zu 2500 Dosen<br />

können pro Minute<br />

verarbeitet werden.<br />

Die Optimierungen beinhalten Organisation und<br />

Planung der Mitarbeiter, C-Teile-Management,<br />

Logistikkonzept, ergonomische und Just-in-<br />

Time-Bereitstellung von Material und Werkzeugen<br />

sowie klare Trennung von Logistik und<br />

Wertschöpfung. Eine Hauptherausforderung war<br />

jedoch die Sicherstellung der Störungsfreiheit in<br />

Bezug auf Fehlmaterial bzw. Material mangelhafter<br />

Qualität.<br />

Sämtliches Material wird heute auf Wagen<br />

bereitgestellt. Die C-Teile wurden anzahlmässig<br />

reduziert, sind nun direkt vor Ort vorhanden<br />

und werden nach dem 2-Behälter-System<br />

bewirtschaftet. Die Monteure müssen sich<br />

heute nicht mehr vom Montageplatz wegbewegen,<br />

sondern können sich zu 100 % auf<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 20


REFERENZ<br />

Wertschöpfung konzentrieren. Mehrere Baugruppen<br />

werden auf ergonomischen Arbeitsplätzen<br />

vormontiert und just-in-time der Hauptlinie<br />

zugeführt.<br />

Jeder Mitarbeiter sieht, wann er auf welchem<br />

Arbeitsplatz eingeplant ist. Es ist auf allen<br />

Stationen für alle sofort auf den ersten Blick<br />

ersichtlich, welcher Auftrag gerade bearbeitet<br />

wird.<br />

Resultat<br />

Die ursprünglich gesetzten Ziele wurden allesamt<br />

übertroffen. Es gelang, die Durchlaufzeit<br />

auf 30 Tage zu reduzieren. Die Produktivität<br />

konnte um mehr als 30 % gesteigert werden.<br />

Die Montage der Dosenverschliessmaschinen<br />

ist heute ein Vorzeigebereich innerhalb der<br />

Ferrum AG, was bereits von mehreren wichtigen<br />

Kunden positiv vermerkt wurde.<br />

Die Probleme mit Fehlmaterial und mangelhafter<br />

Qualität der Komponenten wurden durch<br />

Schaffung von tagesaktueller Transparenz mittels<br />

Shopfloor-Management angegangen und<br />

gelöst.<br />

Gleichzeitig mit der Einführung von Shopfloor-<br />

Management wurde der «Mitarbeiter-KVP» eingerichtet,<br />

um den Mitarbeitern eine Plattform<br />

für weitere Verbesserungsvorschläge zur Verfügung<br />

zu stellen.<br />

Projektverantwortliche<br />

Ernst Werthmüller, Delegierter des Verwaltungsrates & CEO, Ferrum AG, Rupperswil<br />

Robert Ulrich, Geschäftsführender Partner, Wertfabrik AG, Seuzach<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 21


«Mehr Zuckerbrot als<br />

Peitsche.»


FOKUS<br />

Der Spruch<br />

vom Zuckertütchen<br />

Was Lean-Philosophie und Sprichworte miteinander zu tun haben<br />

Lesen Sie manchmal die Zitate auf den Zuckertütchen, die neben Ihrer Tasse Espresso liegen<br />

Oder Kalendersprüche Ja Dann sind vielleicht auch Sie bereits einmal über den Satz<br />

gestolpert «Das gute Alte erhalte, das schlechte Neue verabscheue.» Wo auch immer dieser<br />

Satz zu lesen ist beschreibt er das, was den meisten Menschen innewohnt: die Angst vor<br />

Veränderung, vor Wandel. Und wie es scheint, hat man und frau diese Angst auch zu Recht.<br />

Aktuellere Studien belegen zumindest für unseren Nachbarn Deutschland: «Der Wandel»<br />

wird erlebt. In Form von Finanzchaos und Globalisierung wird er wahrgenommen und macht<br />

Unternehmen wie auch Privatpersonen zu schaffen.<br />

Für Unternehmen etwa bedeutet Wandel oft,<br />

dass Abläufe beschleunigt und optimiert<br />

werden müssen. Tiefgreifende und dauerhafte<br />

Veränderungen stehen dem betroffenen Unternehmen<br />

dann bevor, wenn es darum geht,<br />

wettbewerbsfähig zu bleiben. Hier kommt der<br />

Begriff Lean ins Spiel. Manch einer verspricht<br />

sich davon rasche Hilfe und schreibt ohne<br />

vertieftes Hintergrundwissen Lean als neue<br />

Unternehmensphilosophie auf seine Fahne. Ein<br />

Vorgehen, das so in die falsche Richtung führt.<br />

Denn hinter Lean verbirgt sich weit mehr als<br />

schnelle Gewinnsteigerungen.<br />

Bevor also damit begonnen wird, das eigene<br />

Unternehmen zu einem «Lean Enterprise» zu<br />

entwickeln, geht kein Weg daran vorbei, die Mitarbeiter<br />

vorzubereiten. «Kulturinnovation vor<br />

Prozessinnovation» muss deshalb der Auftrag<br />

lauten. Denn weder der beste CEO noch das<br />

tatkräftigste Lean-Team kommen ohne «Verbündete»<br />

ans Ziel.<br />

Um ein Lean-Konzept erfolgreich und dauerhaft<br />

zu implementieren, ist es zunächst einmal<br />

entscheidend, die Mitarbeiter in allen Bereichen<br />

einzubeziehen, sie zu Verbündeten zu machen.<br />

Es gilt, Ängste innerhalb der Belegschaft, zum<br />

Beispiel vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, zu<br />

entkräften und Talente zu fördern.<br />

«Wer den Nutzen<br />

einer Sache erkennt,<br />

akzeptiert nötige Veränderungen<br />

leichter.»<br />

Für verantwortungsbewusste Führungskräfte<br />

muss gelten: Der Lean-Gedanke ist kein<br />

«Schlankmacher-Konzept» für «Quick Wins».<br />

Vielmehr dreht es sich beim echten «Lean»<br />

um eine komplexe Management-Philosophie. In<br />

dieser geht es um ein enges Zusammenspiel<br />

von Führungskräften und deren Mitarbeitern,<br />

um deren Know-how und innere Einstellung.<br />

Lean ist damit nicht einfach ein weiteres<br />

Projekt in der Projektlandschaft, sondern Lean<br />

wird zur Strategie.<br />

Kulturinnovation «first»<br />

Mitarbeiter haben<br />

Anrecht auf<br />

Information<br />

und Transparenz.<br />

Zunächst muss den Mitarbeitern vermittelt<br />

werden, wozu die geplanten Veränderungen gut<br />

sind. Nur wer den Nutzen einer Sache erkennt,<br />

kann den Veränderungsprozess, der dafür ins<br />

Rollen gebracht wird, akzeptieren und aktiv<br />

unterstützen. Die Mitarbeitenden haben das<br />

Recht auf eine transparente interne Kommunikation.<br />

Informationsanlässe für die Belegschaft<br />

oder Hinweise im Firmenintranet können<br />

gute Massnahmen darstellen, um Befürchtungen<br />

auszuräumen. Sie helfen, eine allgemeine<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 23


Ablehnungshaltung gegenüber den betrieblichen<br />

Umstrukturierungen gar nicht erst aufkommen<br />

zu lassen.<br />

Des Weiteren geht es darum, den Mitarbeitern<br />

zu zeigen, worin für jeden einzelnen die persönliche<br />

Verbesserung durch die bevorstehenden<br />

Veränderungen liegt.<br />

Begabungen<br />

erkennen<br />

und fördern.<br />

Damit dies gelingt, ist es nützlich, die Anliegen<br />

der Mitarbeiter in Erfahrung zu bringen und<br />

dann auch zu berücksichtigen. Gibt es etwas,<br />

das ihnen die Arbeitsbedingungen verbessern<br />

kann, etwa eine Umgestaltung der Arbeitsplätze<br />

Wo können Begabungen noch besser zur<br />

Geltung kommen und der Selbstentwicklungsprozess<br />

des Einzelnen unterstützt werden<br />

Entscheider, die hier gute Vorarbeit leisten, ihre<br />

Belegschaft ernst nehmen und in sie investieren,<br />

investieren schlussendlich ins gesamte<br />

Unternehmen. Investitionen in Mitarbeiter sind<br />

die einzigen Investitionen, die mit der Zeit nicht<br />

an Wert verlieren, sondern an Wert gewinnen.<br />

Zufriedenheit der Mitarbeiter fördern<br />

Dr. Johannes Rüegg-Stürm von der HSG<br />

St. Gallen beschreibt diesen Gedanken folgendermassen:<br />

«Wenn wir über die betriebliche<br />

Ausbildung die Qualifizierung der Mitarbeitenden<br />

verbessern können, dann hat dies einen<br />

positiven Einfluss auf die Prozessqualität. Diese<br />

wiederum führt zu höherer Kundenzufriedenheit<br />

sowie aufgrund einer Abnahme von Friktionen<br />

zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit.<br />

Schliesslich ergeben sich daraus bessere<br />

Geschäftsergebnisse.» 1<br />

Wer eine derartige Unternehmenskultur bereits<br />

vor der Einführung eines Lean-Prozesses pflegt,<br />

sichert nachhaltig die Begeisterung und Unterstützung<br />

bei allen Beteiligten.<br />

Und verbessert die Erfolgschancen, wenn etwa<br />

innerhalb eines Lean Enterprise ein Mitarbeiter-KVP<br />

(visualisiertes Mitarbeiter-Vorschlagswesen)<br />

eingeführt wird. Denn nur Mitarbeitende,<br />

die sich konsequent ernstgenommen<br />

fühlen, sind auch bereit, sich um «ihr» Unternehmen<br />

Gedanken zu machen, intellektuell<br />

einzubringen und so aktiver Teil davon zu sein.<br />

In der Theorie klingt dies alles wie ein Kinderspiel.<br />

Die Praxis sieht oft anders aus. Da gilt es,<br />

gewachsene, langgepflegte Strukturen aufzubrechen,<br />

Schwarzmalern den Wind aus den<br />

Segeln zu nehmen. Doch Führungsverantwortliche,<br />

die sich wertschätzend und offen ihren<br />

Mitarbeitern gegenüber verhalten, wo nötig<br />

auch das Vier-Augen-Gespräch suchen und<br />

nahe am Puls ihrer Belegschaft agieren, werden<br />

in der konkreten Umsetzungsphase erfolgreich<br />

und flächendeckend ein Lean Enterprise in<br />

die Tat umsetzen. Und so den nötigen Wandel<br />

vorantreiben. Damit auf lange Sicht vielleicht<br />

irgendwann ein neues Sprichwort auf den<br />

Zuckertütchen zu lesen ist: «Was schlecht war<br />

am Alten verabscheue, an gutem Neuen dich<br />

freue.»<br />

«Auch der beste CEO<br />

braucht Verbündete.»<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 24


FOKUS<br />

Tipps für den Umgang mit Mitarbeitenden:<br />

- Erklären Sie den Nutzen der Veränderung: frühzeitig und nachvollziehbar.<br />

- Definieren Sie Ihre Vision klar und deutlich. Nur so können Sie diese mit persönlicher Begeisterung Ihren<br />

Mitarbeitenden kommunizieren.<br />

- Gehen Sie strukturiert bei der Kommunikation vor: Mit Projektgruppen-Treffen, Follow-up`s usw.<br />

- Veranstalten Sie Mitarbeiter-Workshops, um Unsicherheiten auszuräumen, Reflexionsmöglichkeiten zu geben<br />

und Standortbestimmungen vorzunehmen.<br />

- Geizen Sie nicht mit Lob. Gestatten Sie Fehler als Lernchancen.<br />

Aller Anfang ist schwer.<br />

(Quelle: Thomas Mandl, Integrated Consulting Group)<br />

1<br />

Johannes Rüegg Stürm, «Das neue St. Galler Management-Modell» – Grundkategorien einer integrierten Managementlehre,<br />

Der HSG-Ansatz, 2. durchgesehene Auflage, Bern/Stuttgart/Wien: Haupt Verlag, 2003, S. 14<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 25


Ein Lean-Prozess,<br />

der von Dauer sein soll, ist<br />

kein Selbstläufer.


PRAXISTIPP<br />

Endless Lean<br />

So entwächst Ihr Lean Management den Kinderschuhen<br />

Vielleicht ist es bei Ihnen bald soweit: Ihr Unternehmen plant die ersten Schritte auf dem<br />

Lean-Weg. Sie haben Ihre Vision vom Soll-Zustand Ihres Unternehmens definiert. Nun sind Sie<br />

bereit, Prozesse zu synchronisieren, zu standardisieren, die Produktionsanlagen zu verbessern<br />

sowie die Mitarbeiter vorzubereiten und für die neuen Abläufe zu qualifizieren. Das sind<br />

vielversprechende Massnahmen, um Erfolg mit dem Konzept «Lean» zu haben. Aber vergessen<br />

Sie nicht: Lean hört nie auf. Späteres Däumchen-Drehen und den Dingen ihren Lauf lassen,<br />

bleibt fehl am Platz. i<br />

Tatsache ist: Immer wieder scheitern Lean-Pro -<br />

jekte. Und dies nicht aufgrund einer schlechten<br />

Einführung. Sondern in dem Moment, wenn<br />

die ersten Hürden genommen sind und es in<br />

der Folge um die stetige Verbesserung des<br />

gegenwärtigen Zustands geht. Ein Lean-Prozess,<br />

der von Dauer sein soll, ist kein Selbstläufer.<br />

Vielmehr bedarf er einer konsequenten<br />

Bearbeitung und Optimierung. Dies ist eine<br />

anspruchsvolle Aufgabe, die oft unterschätzt<br />

wird.<br />

Einmalige Ergebnisse<br />

versus<br />

etablierte Prozesse.<br />

Nimmt man Betriebe unter die Lupe, in denen<br />

trotz vielversprechender Anfänge ein schnelles<br />

Ende des Lean-Prozesses kam, stellt man<br />

oft fest: Dort wurden einzelne Fertigungs abschnit<br />

te optimiert, was zu lokalen Verbesserungen<br />

in Teilbereichen führte. Schnelle, kurzfristige<br />

Erfolge waren der Lohn. So belohnt<br />

ging man von der Annahme aus, ein einmaliges,<br />

positives Ergebnis habe sich bereits eigenständig<br />

als neuer Prozessstandard etabliert. Doch<br />

wer so denkt, kommt oft schnell an das Ende<br />

von Lean. Denn so bleibt die durchgängige<br />

Verbesserung des Gesamtunternehmens auf<br />

Prozess- und Mitarbeiterebene auf der Strecke.<br />

Warnung vor «Schnellschüssen»<br />

Um lean zu werden und zu bleiben, reicht es<br />

kaum, wenn die Unternehmensleitung im Alleingang<br />

den langfristigen Soll-Zustand des Unternehmens<br />

definiert. Dies ist zwar ein unerlässlicher<br />

Schritt. Er kann jedoch nur Erfolg haben,<br />

wenn er von anderen begleitet wird. Diese<br />

Schritte aber dürfen nicht nur einzelne Bereiche<br />

«schlank» und effizient machen. Vor allem nicht,<br />

wenn sie als Schnellschüsse, wie vor eiligen<br />

Personalabbau und einzelne kostensenkende<br />

Massnahmen, daherkommen. Vielmehr geht es<br />

darum, in grossen Strukturen zu denken und zu<br />

handeln.<br />

Wertstromanalyse und Kennzahlen<br />

In grossen Strukturen zu denken bedeutet<br />

unter anderem, die eigene Ausgangssituation<br />

realistisch zu beleuchten. Mittels Wertstromanalyse<br />

sollte die Wertschöpfungskette stufenübergreifend<br />

betrachtet werden. Damit wird<br />

geklärt, welche Vorgänge prozesstechnisch als<br />

Verschwendung zu werten sind und welche als<br />

wertschöpfend. Im Folgenden gilt es, überflüssige<br />

Vorgänge zu eliminieren. Dabei muss man<br />

die Schnittstellen im Auge behalten. Des Weiteren<br />

ist die Erhebung von Unternehmenskennzahlen<br />

in allen Bereichen wünschenswert.<br />

Mit der einmaligen Implementierung ist es<br />

allerdings nicht getan. Nach dieser muss man<br />

«Unternehmenskennzahlen<br />

sollten<br />

in allen Bereichen<br />

erhoben werden.»<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 27


kontinuierlich am Ball bleiben und die erfassten<br />

Werte fortlaufend interpretieren. Denn nur<br />

durch einen beständigen Review-Prozess wer -<br />

den Effizienzentwicklungen direkt erkannt. Sie<br />

ermöglichen es, Schlussfolgerungen zu ziehen<br />

und diese sinnvoll für die weitere Prozessgestaltung<br />

einzusetzen. Doch Vorsicht! Um mit<br />

einem derartigen Vorgehen nicht auf Ablehnung<br />

der Mitarbeitenden zu stossen, ist Offenheit<br />

und transparente Kommunikation durch die<br />

Führungskräfte gefordert. Andernfalls kann<br />

schnell ein Gefühl der «Überwachung» durch<br />

die Chefetage aufkommen.<br />

Indem Führungskräfte bei der Belegschaft mit<br />

Schulungsmassnahmen, zum Beispiel mittels<br />

Just-in-Time-Simulationsspielen, das Verständnis<br />

für die Grundzusammenhänge schaffen,<br />

wird dem Gefühl der Überwachung frühzeitig<br />

entgegengewirkt.<br />

Schulungen können ebenfalls vermitteln, wozu<br />

Kennzahlen gut sind: zum Aufdecken, wo Prozess-<br />

und Arbeitsplatzoptimierungen nötig sind,<br />

zugunsten der Mitarbeiter.<br />

Shopfloor-Management für<br />

Kaderpersonen<br />

Nicht zuletzt gehört zu einer nachhaltigen Lean<br />

Implementation ein Shopfloor-Management.<br />

Dieses verbessert die Führungsleistung und ist<br />

verbunden mit einem strukturierten Problemlösungsprozess.<br />

Es vermittelt den Kaderpersonen,<br />

wo ihre Kernaufgaben liegen: im Führen,<br />

Fordern und Unterstützen der Mitarbeiter vor<br />

Ort sowie beim nachhaltigen Problemlösen und<br />

in einer kontinuierlichen Prozessverbesserung.<br />

Lean<br />

ist langfristige<br />

Management-<br />

Aufgabe.<br />

Berücksichtigt man diese Aspekte, verbessert<br />

sich das Unternehmen langfristig und ganzheitlich:<br />

bei seinen Kundenleistungen wie auch als<br />

Arbeitgeber für seine Mitarbeiter.<br />

Just-in-Time-Simulationsspiele<br />

schaffen<br />

Verständnis für<br />

Grundzusammenhänge.<br />

Prozesse werden nicht<br />

von heute auf morgen<br />

«schlank».<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 28


PRAXISTIPP<br />

Kein Baukastenset<br />

Das Fazit: Lean Management ist kein Baukastenset,<br />

mit Hilfe dessen man sein Unternehmen<br />

aus beliebigen Teilchen zu einem neuen<br />

Ganzen zusammenbasteln kann. Lean ist eine<br />

langfristige Strategie und komplexe Management-Aufgabe<br />

für engagierte Kaderpersönlichkeiten.<br />

Die Unterstützung externer Berater<br />

kann in vielen Fällen gute Dienste leisten und<br />

dauerhafte Unternehmenserfolge, auf wirtschaftlicher<br />

wie personeller Ebene, umsetzen<br />

helfen.<br />

Damit Lean langfristig Erfolg hat:<br />

- Punktgenaue und ehrliche Standortbestimmung der aktuellen Situation.<br />

- Entwicklung einer übergreifenden Unternehmensvision vom Soll-Zustand.<br />

- Jährliches Erstellen und Kommunizieren der Projekt-Roadmap zur Erreichung der Vision<br />

(sog. Policy Deployment). Ziel: Den Mitarbeitenden werden Fokus und Entwicklungsverlauf<br />

des Unternehmens vermittelt.<br />

- Differenzierung wertschöpfender und prozesstechnisch überflüssiger Tätigkeiten.<br />

- Einbeziehung der Mitarbeitenden und verantwortungsvolle Vorbereitung der Führungskräfte.<br />

- Erhebung von relevanten Kennzahlen der jeweiligen Bereiche. Sie dienen zur Interpretation der durch den<br />

Prozess ausgelösten Veränderungen.<br />

i<br />

Literatur:<br />

- Fueglistaller, Urs; Schrettle, Thomas; Hafner, Michael; Kreisel, Björn: Lean Management und was danach kommt.<br />

In: io new management (2009), Nr. 6, S. 46-48<br />

Literatur-Tipps<br />

- Rother, Mike: Toyota Kata – Managing people for improvement, adaptiveness and superior results,<br />

New York: McGraw Hill, 2009<br />

- Byrne, Art: The Lean Turnaround, How Business Leaders Use Lean Principles to Create Value and Transform<br />

Their Company, New York: McGraw Hill, 2012<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 29


INTERNA<br />

Hello …<br />

Martin Schröder, Senior Consultant<br />

Über 15 Jahre war Martin Schröder für zahlreiche Unternehmen in Führungspositionen tätig. Vor seinem<br />

Eintritt bei der Wertfabrik AG war er zuletzt als internationaler Berater für Lean Management und Turnaround<br />

Management im Einsatz.<br />

Seit 1. September geht der 49-jährige Familienvater als neues festes Teammitglied bei Wertfabrik an<br />

den Start. Wir freuen uns, einen ausgewiesenen Experten bei uns begrüssen zu dürfen, der vom Qualitätsmanagement<br />

über den Bereich Einkauf/Logistik und Montage bis hin zu Produktion und Marketing<br />

die gesamte Bandbreite der Lean-Themen beherrscht.<br />

Stephan Bankwitz, Senior Consultant<br />

Als Experte für schlanke Prozesse und Prozessoptimierung mit den Schwerpunkten Produktion und interne<br />

Logistik sowie Shopfloor-Management unterstützt Stephan Bankwitz seit 2013 die Wertfabrik AG.<br />

Der 1964 geborene Deutsche ist seit 2011 Inhaber der LIM Consult, Kirchheim (Deutschland) und ist<br />

in dieser Funktion nicht zuletzt im Interim-Management und Task Force Management tätig.<br />

Beat Bühler, Senior Consultant<br />

Leistungsfähigkeit, Durchhaltewillen und Durchsetzungsvermögen: Der langjährige Leichtathletik-Mehrkämpfer<br />

Beat Bühler weiss, wovon er redet, wenn er diese Begriffe in den Mund nimmt. Und er setzt auf<br />

diese Eigenschaften nicht nur im Sport als Privatmann, sondern lebt sie auch in seinen beruflichen<br />

Aufgaben: als Berater mit Teilzeitpensum bei der Wertfabrik AG und Geschäftsführer und Senior Partner,<br />

EASY TRAIN Bühler + Partner Leadership & Effizienz Coaching, Wettswil a. A.<br />

Der 54-jährige Schweizer bringt jahrzehntelange Erfahrung in Industrie und Bauunternehmen mit. Analyse,<br />

Beratung, Coaching und Optimierung von Geschäftsprozessen zählen zu seinen Kernkompetenzen.<br />

Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit den drei hoch motivierten «Neuzugängen» bei der Wertfabrik AG.<br />

A little Good bye …<br />

Holger Illing, Senior Consultant & Partner<br />

Seit 2012 war der bekennende Motorsport-Fan Holger Illing für Wertfabrik als Berater im Einsatz. Nun<br />

bricht der 49-jährige Diplom-Ökonom zu neuen Ufern auf mit mehr Unabhängigkeit. Holger wird aber<br />

auch zukünftig für Wertfabrik projektspezifisch zur Verfügung stehen und zum Einsatz kommen.<br />

Wir bedanken uns bei Holger für die gute und erfolgreiche Zusammenarbeit und wünschen ihm viel<br />

Erfolg beim Erreichen seiner neuen Ziele.<br />

Ausgabe 1, September 2013 // 30


Lean Solutions<br />

Day 2013<br />

Wert schaffen – Ballast abwerfen<br />

Dieses Jahr findet der erste Lean Solutions Day der Schweiz statt. Und zwar am<br />

2. und 3. Dezember 2013 bei der Kaba AG in Wetzikon (Pre-Conference Day) bzw.<br />

im Park Inn by Radisson Zürich Airport in Rümlang. Der Lean Solutions Day wird<br />

vom Zentrum für Unternehmensführung (ZfU) zusammen mit Wertfabrik organisiert.<br />

Nationale und internationale Lean-Experten teilen an beiden Veranstaltungstagen<br />

ihre Praxiserfahrung mit Ihnen, berichten von ihren Tätigkeiten in Organisationen und<br />

Verbänden und diskutieren an der «Round Table». Zu den Referenten zählen die<br />

Gewinner der Auszeichnung «Beste Fabrik», Johann Soder (Preisträger im Jahr 2000,<br />

SEW EURODRIVE) und Peter Maritz (Preisträger im Jahr 2010, ABB Schweiz) sowie Prof.<br />

Daniel Jones, Co-Autor von «Lean Thinking» und Gründer der Lean Enterprise Academy in<br />

Herefordshire, UK.<br />

Themenschwerpunkte sind:<br />

Lean Enterprise: Vom Einkauf bis zum Verkauf schlanke und effiziente Prozesse einführen. KVP &<br />

Shopfloor-Management: Verbesserung und Visualisierung als Alltagsgeschäft verankern. Lean<br />

Transformation: Der noble Weg des Lean – Die Lessons Learned der Pioniere. Lean-Kultur und Leadership:<br />

Die Führung als entscheidender Hebel und Erfolgsfaktor.<br />

Ihr Nutzen<br />

Sie lernen, Ihr Unternehmen und alle Prozesse schlank und effizient zu gestalten und die Wertschöpfung<br />

zu steigern. Sie lernen, Shopfloor-Management mit wichtigen Tools umzusetzen und ein<br />

KVP einzuführen. Sie lernen, wie sich Ihr Unternehmen in Lean transformiert und wie Sie die Kultur<br />

darauf ausrichten können.<br />

In den Round-Table-Diskussionen erhalten Sie Einblick in Themen wie Lean Production, Shopfloor-<br />

Management, Lean Services, Lean Development oder KVP.<br />

Sie profitieren von den Inputs der Referenten sowie von den Erfahrungen der anderen Teilnehmer.<br />

Und erweitern so Ihr berufliches Beziehungsnetz.<br />

Teilnehmer<br />

Das Seminar richtet sich an CEOs, COOs, Geschäftsführer, Werkleiter, Führungskräfte aus Entwicklung,<br />

Produktion, Fertigungsplanung, Logistik, Supply Chain, Administration und Dienstleistungsunternehmen.<br />

Online Anmeldung unter:<br />

http://www.zfu.ch/weiterbildung/seminare/lsd/lean-solutions-day/anmeldung.html<br />

Besonderes…<br />

Der Lean Solutions Day<br />

vom 3. Dezember ist auch einzeln<br />

(ohne Pre-Conference Day)<br />

buchbar.


P.P.<br />

CH-9200 Gossau<br />

Post CH AG<br />

Vorschau<br />

auf das<br />

nächste<br />

Magazin<br />

Titelstory:<br />

Die Aufgaben der Führungskraft<br />

im schlanken Unternehmen<br />

(Dr. David Moser)<br />

People:<br />

Wie wird man Lean-Manager<br />

Fokus:<br />

Die Potenziale des Lean Managements<br />

Wertfabrik AG, Birchstrasse 2, CH-8472 Seuzach<br />

Tel. +41 52 335 55 00, Fax +41 52 335 55 09<br />

info@wertfabrik.ch<br />

www.wertfabrik.ch<br />

TOLLKIRSCH.CH

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