SPORT
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<strong>SPORT</strong><br />
POWERED BY OCHSNER #1, 2. März 2015<br />
CHF 5.–<br />
KEVIN<br />
FIALA<br />
SCHWEIZER<br />
EISHOCKEY-<br />
WUNDERKIND<br />
AUF UMWEGEN<br />
IN DIE NHL<br />
SERENA<br />
WILLIAMS<br />
GROSSMEISTERIN<br />
DER ROLLENSPIELE<br />
RICARDO<br />
RODRIGUEZ<br />
WELTKLASSE MADE IN SCHWAMENDINGEN – DER VERTEIDIGER-STAR<br />
DES VFL WOLFSBURG HAT NUR NOCH SICH SELBST ALS MASSSTAB
PONTRESINA<br />
Mit Thomas Frischknecht<br />
und Nino Schurter<br />
04. – 11. Juli 2015<br />
ab<br />
1399.–<br />
OCHSNER <strong>SPORT</strong><br />
CLUB Mitglied<br />
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14. März – 30. Mai 2015<br />
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Mit Thomas Frischknecht<br />
28. März – 4. April 2015<br />
Pro<br />
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Mit Florian Vogel und<br />
Annette Keller<br />
Kurs 1<br />
21. – 24. Juni 2015<br />
Kurs 2 – Ladies Special<br />
24. – 27. Juni 2015<br />
Kurs 3<br />
28. Juni – 01. Juli 2015<br />
Kurs 4<br />
01. – 04. Juli 2015<br />
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999.–<br />
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CLUB Mitglied<br />
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Thomas<br />
Frischknecht<br />
Ex-Mountainbike-Profi<br />
Nino Schurter<br />
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Florian Vogel<br />
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Profi<br />
Annette Keller<br />
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Service-Nr. 0800 022 011<br />
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Reisepartner<br />
Medienpartner<br />
Ausrüster
EDITORIAL<br />
3<br />
GASTRECHT FÜR DIE BESTEN<br />
DES SCHWEIZER <strong>SPORT</strong>S – UND<br />
EIN STAMMPLATZ FÜR HITZFELD<br />
MAKING OF<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Wir haben sie alle: Shaqiri, Schurter,<br />
Steingruber, Josi, Xhaka, Urech, Sefolosha,<br />
Gut, Cancellara, Cologna, Streit oder Sommer<br />
– eine lange Liste von international strahlenden<br />
Schweizer Sportstars, die schon einmal das Cover von Schweizer<br />
Illustrierte <strong>SPORT</strong> geziert haben. Fotografisch eingefangen in spektakulären<br />
Shootings, umfassend erklärt in sehr persönlichen Interviews.<br />
Mit der Unterstützung unseres Partners OCHSNER <strong>SPORT</strong> gehen wir<br />
2015 in den vierten Jahrgang von SI <strong>SPORT</strong>. Und werden auch dieses<br />
Jahr keine herausragende Schweizer Leistung verpassen, die Anlass<br />
gibt, über die jeweilige Sportlerin, den jeweiligen Sportler eingehend<br />
zu berichten. Ob im Inland oder im Ausland – wir sind für Sie hautnah<br />
dran an unseren Besten. Und haben selbstverständlich auch die<br />
«Big Shots» des weltweiten Sports im Auge.<br />
Den Auftakt macht Ricardo Rodriguez. Der junge Mann mit der<br />
markanten Langhaarfrisur, der mit Wolfsburg munter die Bayern jagt<br />
und an der WM Messi alt aussehen liess, ist medienscheu. Auftritte<br />
in Live-Sendungen sind ihm gar ein Gräuel. Für SI <strong>SPORT</strong> machte der<br />
momentan beste Schweizer Fussballer eine Ausnahme und stand<br />
abseits der obligaten Pressetermine für ein Interview zur Verfügung.<br />
So offen und ehrlich, dass er hinterher selbst überrascht war: «So viel<br />
habe ich noch selten über mich erzählt.»<br />
RICI RODRIGUEZ, 11.2. 15, WOLFSBURG<br />
Redaktor Iso Niedermann (r.) besucht<br />
den Natistar in der VW-Arena.<br />
ANDY SCHMID, 10. 2. 15, MANNHEIM<br />
Autorin Ilona Scherer macht in der<br />
SAP Arena Pause mit dem<br />
Bundesliga-MVP.<br />
TOM LÜTHI, 12. 2. 15, VALENCIA<br />
Redaktor Christian Bürge (l.) atmet<br />
mit dem Töff-Piloten Moto-GP-Luft.<br />
«Rici» erklärt im Gespräch, weshalb die Schweizer Fussball-Nati ihren<br />
Zenit seiner Ansicht nach noch keineswegs erreicht hat. Und was<br />
Vladimir Petkovic anders macht als Ottmar Hitzfeld. Welcher im<br />
Übrigen ab sofort einen Stammplatz hat in der Aufstellung unseres<br />
Magazins. Unter dem Label «His Master’s Voice» lässt sich der Welttrainer<br />
a. D. künftig in jeder SI-<strong>SPORT</strong>-Ausgabe von Verlagsdirektor und<br />
Fussball-Fan Urs Heller in ein Fachgespräch zu aktuellen Fragen rund<br />
um das nationale und internationale Fussballgeschehen verwickeln.<br />
Wetten, dass Sie nach der Lektüre noch kompetenter mitreden können?<br />
Viel Spass!<br />
Iso Niedermann<br />
18<br />
KEVIN FIALA, 19. 11. 14,<br />
JÖNKÖPING<br />
Das Eishockey-Versprechen bringt<br />
Iso Niedermann Schwedisch bei.<br />
TITELSTORY AUF REISEN<br />
WOLFSBURG Als sich Redaktor Iso<br />
Niedermann in Wolfsburg nach einem<br />
spannenden Termin von ihm verabschiedet,<br />
sagt Ricardo Rodri guez: «Bis<br />
bald!» Sie ahnen nicht, wie bald. Zwei<br />
Stunden später treffen sie sich in<br />
Wolfsburgs Innenstadt in einem Restaurant.<br />
«Wolfsburg ist eben ein Dorf.<br />
Du hast es schnell gesehen», sagt Rici.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
INHALT<br />
18<br />
RICARDO<br />
RODRIGUEZ<br />
03 EDITORIAL/CONTRIBUTORS<br />
04 INHALT/IMPRESSUM<br />
WARM-UP<br />
06 BIG SHOT<br />
Eiskletterer am<br />
Kilimandscharo<br />
08 BIG SHOT<br />
Furchteinflössende Frauen<br />
im Rugby-Gewand<br />
10 PEOPLE<br />
Die Beckhams, Carles Puyol,<br />
Neymar, Gökhan Inler<br />
12 PEOPLE<br />
Ben Stiller, Justin Bieber, Chris Horner,<br />
Sebastian Vettel, Martina Navratilova<br />
14 BODYCHECK<br />
Sergio Ramos: Die grosse Lust<br />
auf Real und Flamenco<br />
STARS<br />
18 RICARDO RODRIGUEZ<br />
Von hinten links nach ganz vorn:<br />
der wildeste aller Bayern-Jäger<br />
28 MANUEL NEUER<br />
Die Reflexe in München,<br />
das Herz auf Schalke<br />
28<br />
MANUEL<br />
NEUER<br />
34<br />
MARTIN<br />
ØDEGAARD<br />
34 MARTIN ØDEGAARD<br />
Das begehrte Fussball-Wunderkind<br />
und sein Weg nach Madrid<br />
40 JOSÉ GONÇALVES<br />
Nach der grossen Fussballreise<br />
jenseits des Atlantiks angekommen<br />
46 HIS MASTER’S VOICE<br />
Ottmar Hitzfeld über das Phänomen<br />
der starken Schweizer Goalies<br />
48 VERO SALATIC<br />
Fussball-Rebell, oder doch nur<br />
«Winkelried» für die anderen?<br />
52 KOLUMNE MARIO WIDMER<br />
Der Luxus der Fussball-Schweiz,<br />
einen FC Basel zu haben<br />
54 SERENA WILLIAMS<br />
Die Wandelbare fühlt sich nur zu<br />
oft auch als die Unverstandene<br />
FOTOS: ROBERT EIKELPOTH, CHRISTIAN KAUFMANN, DENIS DOYLE/GETTY IMAGES<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
5<br />
62 LEBRON JAMES<br />
Einmal Cleveland – Miami und<br />
zurück: Die grosse Läuterung<br />
70 ANDY SCHMID<br />
Der Handball-MVP als<br />
erfolgreicher Löwenbändiger<br />
74 JOLANDA NEFF<br />
Die beste aller Mountainbikerinnen<br />
erklärt ihr Erfolgsgeheimnis<br />
IMPRESSUM<br />
<strong>SPORT</strong> erscheint als Beilage<br />
der Schweizer Illustrierten<br />
Nr. 10 am 2. März 2015<br />
REDAKTION<br />
Schweizer Illustrierte <strong>SPORT</strong><br />
Dufourstrasse 23, 8008 Zürich<br />
Tel. 044 259 63 63<br />
Fax 044 262 04 42<br />
E-Mail si@ringier.ch<br />
VERLAGSDIREKTOR/<br />
LEITUNG <strong>SPORT</strong> Urs Heller<br />
80 STEFAN KÜNG<br />
Auch als designierter Cancellara-<br />
Nachfolger nicht unter Druck<br />
TEXTCHEF Stephan Sutter<br />
REDAKTION Iso Niedermann (Leitung),<br />
Christian Bürge, Eva Breitenstein,<br />
Sarah Meier, Ilona Scherer, Marc David<br />
FOTOS: THOMAS SCHWEIGERT, GIAN MARCO CASTELBERG (2), CHRISTOPH KÖSTLIN<br />
84 LÜTHI, AEGERTER & CO<br />
Die Schweiz als Grossmacht<br />
im GP2-Motorrad-Rennsport<br />
94 KEVIN FIALA<br />
Jönköping – Milwaukee – Nashville:<br />
In die NHL ist kein Umweg zu weit<br />
102 NINA KLÄY<br />
Ganz schön clevere Kämpferin:<br />
Explosive Beine, schlauer Kopf<br />
LOUNGE<br />
106 FIT & CHIC<br />
Auch als Dressman bestechend:<br />
Fechter Max Heinzer ganz cool<br />
108 ACTIVITY<br />
Das Matterhorn als Ziel des Mammut<br />
24h hike by OCHSNER <strong>SPORT</strong><br />
109 TRAVEL<br />
Den Sommer an der Costa Brava<br />
in den Herbst hinein verlängern<br />
110 ONLINE-SHOP<br />
Fahrrad-Zubehör übers Internet:<br />
sicher in die neue Velo-Saison<br />
131 <strong>SPORT</strong> COACH<br />
Urs Gerig und Thomas Frischknecht<br />
wissen, wie es auf dem Bike klappt<br />
134 SAISON-HIGHLIGHTS<br />
Die besten Bike-Gadgets für<br />
die aufregende Offroad-Fahrt<br />
138 WAS MACHT…<br />
… Christophe Ohrel, Fussball-<br />
Internationaler an der WM 1994<br />
70<br />
ANDY SCHMID<br />
MOTO2-PILOTEN<br />
84<br />
62<br />
LEBRON<br />
JAMES<br />
74<br />
JOLANDA<br />
NEFF<br />
BILDREDAKTION Ulli Glantz (Leitung),<br />
Adam Schwarz<br />
KOLUMNIST Mario Widmer<br />
LAYOUT Martina Mayer, Tim Brühlmann,<br />
Dominic Koch, Doris Wüthrich<br />
(Satztechnik)<br />
KORREKTORAT Alex Hansen<br />
BILDBEARBEITUNG Ringier<br />
Redaktions-Services<br />
VERLAG Ringier AG, 4800 Zofingen<br />
VERLAG DER RINGIER-ZEITSCHRIFTEN<br />
Ringier AG, Dufourstrasse 23,<br />
8008 Zürich, Tel. 044 259 61 11,<br />
Fax 044 259 68 44<br />
HEAD OF MARKETING ZEITSCHRIFTEN<br />
Thomas Passen<br />
MARKETINGLEITERIN Verena<br />
Baumann<br />
PRODUKTIONSLEITER Michael<br />
Passen<br />
DRUCK Swissprinters, 4800 Zofingen<br />
TITEL<br />
<strong>SPORT</strong><br />
POWERED BY OCHSNER #1, 2. März 2015<br />
CHF 5.–<br />
KEVIN<br />
FIALA<br />
SCHWEIZER<br />
EISHOCKEY-<br />
WUNDERKIND<br />
AUF UMWEGEN<br />
IN DIE NHL<br />
SERENA<br />
WILLIAMS<br />
GROSSMEISTERIN<br />
DER ROLLENSPIELE<br />
RICARDO<br />
RODRIGUEZ<br />
WELTKLASSE MADE IN SCHWAMENDINGEN – DER VERTEIDIGER-STAR<br />
DES VFL WOLFSBURG HAT NUR NOCH SICH SELBST ALS MASSSTAB<br />
FOTOGRAFIE<br />
Robert Eikelpoth<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
FOTO: CHRSITIAN PONDELLA/RED BULL CONTENT POOL<br />
Eis in Afrika<br />
Eine spektakuläre Aktion in einer<br />
surreal anmutenden Landschaft.<br />
Der Eiskletterer Will Gadd hat<br />
sich Eiswände in grosser Höhe<br />
ausgesucht. Auf dem Kilimandscharo,<br />
5895 Meter über Meer. Der grösste<br />
Challenge war laut Gadd die Anreise:<br />
Über eine Woche lang dauerte die<br />
Wanderung bis zum höchsten Punkt<br />
Afrikas. «Auf 6000 Metern Höhe ist<br />
das ein harter Spaziergang», sagt er.<br />
Das Eis wird voraussichtlich wegschmelzen<br />
und nur noch bis 2020 zu<br />
sehen sein. Denn der Sand, in dem es<br />
steckt, ist durch die Sonneneinstrahlung<br />
heiss wie die Tropen.
WARM UP BIG SHOT 7<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
8 WARM UP BIG SHOT<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
Zum Fürchten<br />
Sie mögen nicht unschlagbar<br />
sein, aber zumindest ihr Tanz ist es.<br />
Das neuseeländische Frauen-<br />
Rugby-Team zelebriert vor dem<br />
Spiel gegen die USA den inzwischen<br />
weltbekannten Kriegstanz, den «Haka».<br />
Nicht nur die Gestik und Mimik ist<br />
beeindruckend, sondern auch der Text.<br />
«Das ist Tod, das ist Tod», schreit die<br />
Anführerin zuerst. «Das ist das Leben,<br />
das ist das Leben», schreit das Team<br />
zurück. Die Amerikanerinnen hielten mit<br />
geschlossenen Reihen dagegen.<br />
Genützt hat es ihnen wenig. Das Spiel<br />
ging deutlich mit 5:55 verloren.<br />
FOTO: ETIENNE GARNIER/PRESSE <strong>SPORT</strong>S
10 WARM UP PEOPLE<br />
WIE DER<br />
VATER ...<br />
WERBESTAR Er ist erst zwölf<br />
Jahre alt, gehört aber schon zu den<br />
alten – und bestbezahlten – Hasen<br />
im Model-Business: Romeo, der<br />
Sohn von David und Victoria<br />
Beckham. Jüngst stand er für einen<br />
Burberry-Werbespot vor der<br />
Kamera. Und verteilte als Amor<br />
ganz viel Liebe. Seitdem fliegen ihm<br />
noch mehr Mädchenherzen zu.<br />
Zirkus Puyol<br />
IM GLEICHGEWICHT Der<br />
spanische Ex-Fussballer Carles<br />
Puyol und seine Freundin, Model<br />
Vanessa Lorenzo, ruhen auch in<br />
den Ferien nicht: Akro-Yoga nennt<br />
sich das. Sieht federleicht aus –<br />
ist es aber auf keinen Fall.<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015<br />
BISS<br />
WUNDEN<br />
6Millionen<br />
Franken<br />
Lohn erhält der<br />
Schweizer Internationale<br />
Xherdan<br />
Shaqiri bei seinem<br />
neuen Verein Inter<br />
Mailand pro Jahr.<br />
Brutto. Abzüglich<br />
Steuern sind es<br />
immer noch rund<br />
3 Millionen Franken.<br />
NEYMAR<br />
WIE HOMER<br />
Zum 25. Geburtstag der Kultserie<br />
«Simpsons» bekommen Homer, Bart,<br />
Maggie, Lisa und Marge Simpson neue<br />
Kollegen. Erkennen Sie sie? Es sind<br />
die Superstars Neymar, Messi, Xavi und<br />
Iniesta. Den Barca-Stars machen auch<br />
die Jungs von Chelsea und Juventus<br />
Konkurrenz – sie sind im US-TV ebenfalls<br />
als Simpsons-Figuren zu sehen.<br />
SCHMERZ Der Baseball-Catcher Miguel Olivo<br />
wurde im letzten Jahr gefragt, welche anderen Sportarten<br />
ihn gereizt hätten. «Boxen, wie Mike Tyson»,<br />
sagt er, «nur ohne das Ohrbeissen.» Während eines<br />
Trainingsspiels mit den Albuquerque Isotopes geriet<br />
er an seinen Teamkollegen Alex Guerrero und biss ihm prompt ein<br />
Stück Ohr ab. Darum hier eine Auflistung von Bissen im Sport.<br />
NACKEN<br />
Baseball MLB<br />
Pedro Borbon Cincinnati Reds<br />
Daryl Patterson Pittsburgh Pirates<br />
14. Juli 1974 OHREN<br />
Baseball PCL<br />
ARM<br />
Fussball Premier League<br />
Luis Suárez Liverpool FC<br />
Branislav Ivanovic Chelsea FC<br />
22. April 2013<br />
FINGER<br />
Basketball NBA<br />
Tree Rollins Atlanta Hawks<br />
Danny Ainge Boston Celtics<br />
24. April 1983<br />
Rugby Six Nations Turnier<br />
Dylan Hartley England<br />
Stephen Ferris Irland<br />
17. März 2012<br />
Eishockey NHL<br />
Alex Burrows Vancouver Canucks<br />
Patrice Bergeron Boston Bruins<br />
1. Juni 2011<br />
Eishockey NHL<br />
Jarkko Ruutu Ottawa Senators<br />
Andrew Peters Buffalo Sabres<br />
6. Januar 2009<br />
Eishockey NHL<br />
Marc Savard Atlanta Thrashers<br />
Darcy Tucker Toronto Maple Leafs<br />
Ort 27. November 2003<br />
Eishockey NHL<br />
Claude Lemieux Montreal Canadiens<br />
Jim Peplinski Calgary Flames<br />
22. Mai 1986<br />
Beisser<br />
Opfer<br />
Miguel Olivo Albuquerque Isotopes<br />
Alex Guerrero Albuquerque Isotopes<br />
20. Mai 2014<br />
Boxen WM-Kampf<br />
Mike Tyson USA<br />
Evander Holyfield USA<br />
28. Juni 1997<br />
SCHULTER<br />
Fussball Eredivisie<br />
Luis Suárez Ajax Amsterdam<br />
Otman Bakkal PSV Eindhoven<br />
20. November 2010<br />
Fussball WM 2014<br />
Luis Suárez Uruguay<br />
Giorgio Chiellini Italien<br />
24. Juni 2014<br />
Fussball Premier League<br />
Jermaine Defoe Tottenham FC<br />
Javier Mascherano West Ham United<br />
22. Oktober 2006<br />
GENITALIEN<br />
Aussie Rules Football AFL<br />
Peter Filandia Port Melbourne<br />
Chad Davis Springvale<br />
28. April 2002<br />
Fussball Primera Division<br />
Francisco Gallardo Sevilla<br />
Jose Antonio Reyes Sevilla<br />
25. November 2001<br />
FOTOS: SSC NEAPEL/ HANDOUT, DUKAS (2), HANDOUT; GRAFIK: NIGEL SIMMONDS
SEXY ODER SCHRECKLICH?<br />
INLER & CO. ZEIGEN HAUT<br />
GEWAGT Der Jahreskalender 2015<br />
der SSC Napoli ist vieles, nur nicht<br />
gewöhnlich. Der Schweizer Internationale<br />
Gökhan Inler, hier umrahmt von Marek<br />
Hamsik (l. ), Mariano Andujar (r.) und<br />
Lorenzo Insigne (o.), posiert mit seinen<br />
Mitspielern in Outfits, die an die<br />
griechisch-römische Mythologie<br />
angelehnt sind. Neben den eingeölten<br />
halbnackten Profis ist auf einem anderen<br />
Kalenderbild Coach Rafael Benítez zu<br />
sehen, der seine Taktik auf Papyrus-<br />
Rollen vermittelt. Ob die Damenwelt auf<br />
so viel geleckte Schönheit abfährt oder<br />
wohl doch lieber durchgeschwitzten<br />
Profis beim Torschuss zusieht?
12 WARM UP PEOPLE<br />
BEKANNTE FANS<br />
ABER DIE KNICKS<br />
SIND IM ELEND<br />
Staraufmarsch auf den Rängen der Basketballer<br />
der New York Knicks. Ben Stiller fotografiert seinen<br />
Sohn Quinlin zusammen mit Model Karlie<br />
Kloss (l.) und Sängerin Taylor Swift. Ebenfalls als<br />
Knicks-Fans outen sich Teenager-Schwarm Justin<br />
Bieber und Reverend Jesse Jackson. Dem Team<br />
nützt es wenig. Es wird trotz Mega-Budget<br />
als Punktelieferant durchgereicht.<br />
SPRUCH<br />
DES MONATS<br />
«Tiger, triff mich morgen<br />
im San Jose Country Club.<br />
100 000 Dollar pro Loch, ich<br />
geb dir 4 Schläge Vorsprung.»<br />
Josh Scobee, NFL-Kicker der Jacksonville Jaguars,<br />
fordert in einem Tweet Tiger Woods heraus.<br />
GERI AUF WOLKE 7<br />
Sie heben ab, das ehemalige «Spice<br />
Girl» Geri Halliwell und der Teamchef<br />
von Red Bull Racing Christian Horner.<br />
Seit November sind die beiden verlobt<br />
und schweben sowohl auf der Achterbahn<br />
als auch bei einer Hochzeitsparty<br />
in Kensington Gardens (mit Halliwells<br />
Tochter Bluebell) auf Wolke 7. Nur die<br />
Eltern von Christian Horner sind nicht<br />
entzückt. Sie wollen die Hochzeit boykottieren.<br />
Horner hat mit Ex-Partnerin<br />
Beverley Allen eine zweijährige Tochter.<br />
8,7<br />
MILLIONEN EURO<br />
hat RB Leipzig (offiziell<br />
RasenBallsport<br />
Leipzig) in der Winterpause<br />
ausgegeben.<br />
Der von Red<br />
Bull finanzierte Klub<br />
aus der 2. Bundesliga<br />
will auf direktem<br />
Weg von der 4.<br />
in die 1. Bundesliga.<br />
ZWEI GENERATIONEN Justin Bieber, 21,<br />
unterhält sich mit dem Politiker und<br />
Bürgerrechtler Jesse Jackson, 73.<br />
VETTEL ALS GROSSER<br />
COMEDIAN<br />
WERBESPOT Mit seiner Vokuhila-Frisur<br />
ist er kaum zu erkennen. Der vierfache<br />
Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel hat<br />
sich für einen Spot des Reifenshops Tirendo<br />
als Mechaniker verkleidet und hinterlässt<br />
bei einer Probefahrt bei seiner Kundin<br />
nachhaltigen Eindruck. «Ruhisch, Frau<br />
Hansen!», sagt er – und drückt auf die Tube.<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
DER MEGASPIELPLATZ<br />
FOTOS: RIO 2016/HANDOUT (2), GETTY IMAGES (2), BULLS (2), DUKAS, WENN.COM, TIRENDO/HANDOUT (2)<br />
MARTINAS PERFEKTES<br />
LIEBESDOPPEL<br />
HOCHZEIT Tennislegende Martina<br />
Navratilova, 58, hat ihre langjährige<br />
Partnerin Julia Lemigova, 42, in<br />
New York geheiratet. Die ehemalige<br />
russische Schönheitskönigin<br />
bringt mit der 13-jährigen Victoria<br />
und der achtjährigen Emma zwei<br />
Töchter in die Ehe. Die<br />
Brautjungfern im Hotel Peninsula<br />
waren exquisit: Brooke Shields (l.)<br />
und Chris Evert.<br />
RIO 2016 So soll er einst aussehen, der Olympiapark von<br />
Barra da Tijuca, wo auch das Athletendorf und das Medienzentrum<br />
entstehen sollen und in 15 Sportarten um Medaillen<br />
gekämpft wird. Ebenso futuristisch sind die Pläne für die<br />
Triathlon-Wettkämpfe an der Copacabana. Bis jetzt existiert<br />
fast alles nur auf Papier. Stress in Rio? Fehlanzeige!
14 WARMUP BODY-CHECK<br />
DER VERLORENE FREUND<br />
Als Ramos nach dem EM-Final 2008<br />
die Trophäe erhält, trägt er ein T-Shirt<br />
mit dem Bild von Antonio Puerta –<br />
einem Spieler des FC Sevilla, der ein<br />
Jahr zuvor mit 22 Jahren nach einem<br />
Herzschlag gestorben ist. Die beiden<br />
waren Freunde und<br />
Zimmergenossen.<br />
«Antonio war die<br />
ganze Zeit bei mir. Er<br />
hat uns geholfen, den<br />
Titel zu gewinnen»,<br />
erklärt Ramos. Jedes<br />
Jahr schickt er an<br />
seinem Geburtstag<br />
eine Message per<br />
Twitter.<br />
DER FLAMENCO<br />
So wild Ramos auf dem Spielfeld sein<br />
kann, so zärtlich wird er, wenn er für seine<br />
Liebste Pilar Rubio zur Gitarre greift.<br />
Im Herbst 2013 tauchte er als Überraschungsgast<br />
in einer spanischen<br />
TV-Sendung auf, wo Rubio eingeladen<br />
war. In weissem Hemd,<br />
schwarzer Weste und gegeltem<br />
Haar sang er «A<br />
quién le voy a contar mis<br />
penas» von Flamenco-<br />
Sänger Canelita. Seine Angebetete<br />
vergoss Tränen.<br />
WENN DU DEN FUSSBALL<br />
NICHT LEBST, ISST, SCHLÄFST<br />
UND ATMEST, BIST DU KEIN<br />
RICHTIGER FUSSBALLER<br />
SERGIO<br />
RAMOS<br />
Unerbittlich und impulsiv auf<br />
dem Spielfeld, ist der Abräumer<br />
von Real Madrid der vielleicht beste<br />
Verteidiger der Welt. Aber SERGIO<br />
RAMOS ist auch verrückt nach<br />
Flamenco, seiner Familie und Sevilla.<br />
Text: Marc David<br />
DAS VOLLBLUT<br />
Schon der Name seiner<br />
Biografie («Herz, Charakter<br />
und Leidenschaft») sagt<br />
es: Ramos ist ein Mann des<br />
Feuers. Und er hat eine<br />
enge Beziehung zur<br />
Familie. Von seinen zehn<br />
Tattoos zeigen vier die<br />
Namen seiner Eltern (José<br />
Maria und Paqui), seines<br />
Bruders (René) und seiner<br />
Schwester (Miriam).
FOTOS: EDU GARCIA, IMAGO <strong>SPORT</strong>FOTZO (2), MONICA GUMM/LAIF, EUROPA PRESS VIA GETTY IMAGE. HANDOUT<br />
DAS IDOL<br />
Für Ramos ist Paolo<br />
Maldini der grösste<br />
Verteidiger der<br />
Geschichte. Er hat<br />
seine ganze Karriere<br />
lang (1985 bis 2009)<br />
die Farben seiner<br />
AC Milan getragen<br />
und wurde 138 Mal<br />
für Italiens Nationalteam aufgeboten.<br />
«Ich hoffe, dass man sich eines Tages<br />
an meinen Namen so erinnert wie an<br />
seinen», sagt Ramos häufig.<br />
DIE STADT<br />
Mit seiner Stadt<br />
Sevilla teilt er<br />
alle Charakterzüge:<br />
den Stolz,<br />
die Heissblütigkeit<br />
und die<br />
leiden schaftliche<br />
Matador-Mentalität. Geboren<br />
ist Ramos in einem Vorort mit 26 000<br />
Einwohnern im Westen der Stadt,<br />
Camas. Daher sein Übername: der<br />
Indianer von Camas. Dort besitzt er<br />
ein Gut mit zehn Hektar Land und<br />
sechs Araber-Zuchtstuten, die zum<br />
prestigeträchtigen Stall Complutum<br />
Arabians gehören.<br />
DIE LIEBE<br />
Seit der Euro 2012 ist Ramos mit der<br />
Journalistin und Komödiantin Pilar<br />
Rubio, 36, zusammen. Auch wenn sie<br />
eine gewisse Ähnlichkeit<br />
mit Sara Carbonero hat,<br />
der Frau von Goalie Iker<br />
Casillas, ist sie um<br />
einiges weniger brav<br />
als sie. Rubio postet<br />
auf Social Media<br />
gerne sexy Bilder<br />
von sich. Seit dem<br />
6. Mai 2014 ist<br />
Sohn Sergio junior<br />
auf der Welt.<br />
ZAHLEN & FAKTEN<br />
GEBOREN 13. März 1986 in Camas (Spanien), Sternzeichen<br />
Fische GRÖSSE 1,83 m GEWICHT 73 kg ZIVILSTAND Liiert<br />
mit Pilar Rubio, Sohn Sergio junior, geboren am 6. Mai 2014<br />
CLUBS FC Sevilla (2004–2005), Real Madrid (seit 2005);<br />
124 Aufgebote für Spaniens A-Nationalmannschaft, Debüt<br />
am 26. März 2005 ERFOLGE Weltmeister (2010),<br />
Europameister (2008 und 2012), Sieger Champions League<br />
(2014), spanischer Meister (2007, 2008 und 2012),<br />
spanischer Cupsieger (2011 und 2014); Mitglied der<br />
Mannschaft des Jahres der Uefa in den Jahren 2008, 2012,<br />
2013 und 2014, Auszeichnung als bester Rechtsverteidiger<br />
der EM 2008 und WM 2010; erzielte für Real Madrid 54 Tore<br />
in 430 Spielen www.sergioramos.com<br />
<strong>SPORT</strong>· März 2015
crbasel<br />
Fabian Cancellara<br />
Radrennfahrer<br />
Der Spezialist für Kredit- und Prepaidkarten. cornercard.ch<br />
Auch als MasterCard<br />
Karte erhältlich.
STARS<br />
DIE BESTEN AUS DER WELT DES <strong>SPORT</strong>S<br />
17<br />
FOTOS: ARTHUR ELGORT/CONDE NAST/TRUNK ARCHIVE, PETER LÜDERS, CHRISTOPH KÖSTLIN, GIAN PAUL LOZZA<br />
SERENA WILLIAMS<br />
SIE LÄSST NIEMANDEN KALT<br />
REIZFIGUR An ihr scheiden sich die Geister. Für<br />
die einen ist sie extravertierte Showsportlerin mit<br />
Hang zur übertriebenen Selbstinszenierung, für die<br />
anderen ein erfrischend-belebendes Element in der<br />
ansonsten an ausdrucksstarken Persönlichkeiten<br />
armen Tennisszene der Frauen. Einig sind sich alle:<br />
Serena ist die beste Tennisspielerin des 21. Jahrhunderts.<br />
Dabei war die Kalifornierin nie überreich<br />
mit Talent gesegnet. Seite 54<br />
41 81 102<br />
JOSÉ GONÇALVES<br />
Er ist um die halbe Fussballwelt<br />
gereist, um in<br />
den USA das Glück zu<br />
finden. Als Revolutionär.<br />
STEFAN KÜNG<br />
Alle erwarten, dass der<br />
Thurgauer in Fabian Cancellaras<br />
Fussstapfen tritt.<br />
Nervös macht ihn das nicht.<br />
NINA KLÄY<br />
Besser ist keine Taekwondo-Kämpferin<br />
der Welt.<br />
Die Bielerin setzt mit<br />
Erfolg auch Köpfchen ein.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
18<br />
GERN IM HINTERGRUND<br />
Ricardo Rodriguez in den<br />
Gängen der Wolfsburger<br />
Volkswagen Arena. «Hier<br />
wächst etwas Grosses.»
FUSSBALL RICARDO RODRIGUEZ 19<br />
IN ALLER<br />
RUHE ZUM<br />
WELTSTAR<br />
Bei einem schillernden Grossklub spielt er zwar nicht – noch nicht.<br />
Doch beim ambitionierten VfL Wolfsburg ist er ganz unaufgeregt zu<br />
einem der Weltbesten seines Fachs gereift. RICARDO RODRIGUEZ<br />
über seinen «Schoggifuss», Tempoexzesse und seine Gebete.<br />
Text: Iso Niedermann · Fotos: Robert Eikelpoth<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
20 FUSSBALL RICARDO RODRIGUEZ<br />
Manchmal kann<br />
Körpersprache die<br />
schönsten Komplimente<br />
ausdrücken.<br />
Als der beste Fussballer<br />
der Welt,<br />
Lionel Messi, am<br />
1. Juli 2014 in São Paulo zum wiederholten<br />
Mal vergeblich versucht hatte, an Ricardo<br />
Rodriguez vorbeizukommen, verwarf er die<br />
Hände und blickte ratlos in den Himmel. Der<br />
Schweizer aber spielte weiter, als wäre nichts<br />
passiert, als hätte er bei den C-Junioren<br />
einem anderen Buben den Ball abgenommen.<br />
Die Fussballwelt begriff trotz der bitteren<br />
Schweizer Niederlage im WM-Achtel final<br />
spätestens da, dass Ricardo Rodriguez einer<br />
der besten linken Aussenverteidiger<br />
der Welt ist.<br />
Was man in Deutschland längst wusste.<br />
Seit er im Januar 2012 mit 19 Jahren beim<br />
Bundesligisten VfL Wolfsburg angeheuert<br />
hatte, steigerte er sich kontinuierlich. Die<br />
Vorurteile, die man dem Zuzug aus Zürich in<br />
Deutschland anfänglich entgegenbrachte,<br />
zerstreute er schnell. Heute ist er ein Star<br />
beim Bundeliga-Spitzenklub. «Rici», dessen<br />
Brüder Roberto (24, FC St. Gallen) und Francisco<br />
(20, FC Zürich) ebenfalls Profifussballer<br />
sind, fehlte als Einziger des Teams vergangene<br />
Saison keine Minute. Und aus der Nati<br />
ist der in Schwamendingen aufgewachsene<br />
Sohn eines Spaniers und einer Chilenin sowieso<br />
nicht mehr wegzudenken.<br />
Dabei hing seine Karriere am seidenen<br />
Faden, noch ehe sie begann: Gleich nach der<br />
Geburt am 25. August 1992 musste bei ihm<br />
eine lebensbedrohliche Zwerchfell-Hernie<br />
operiert werden. Rici meisterte nicht nur diesen<br />
Test. Messis Geste drückte nicht weniger<br />
aus als: Rodriguez gehört mit erst 22 Jahren<br />
zur Fussball-Weltklasse.<br />
Ricardo Rodriguez, mit welcher Hand<br />
schreiben Sie?<br />
Mit der rechten.<br />
Und sind aber im Fussball ein ausgesprochener<br />
Linksfuss. Merkwürdig, oder?<br />
Stimmt, das habe ich mir noch gar nie überlegt.<br />
Das war aber schon immer so, von klein<br />
auf. Auch mein Vater sagte ganz früh zu mir:<br />
Du kannst mit dem linken Fuss viel besser<br />
«MEINE<br />
STÄRKE? AUCH<br />
WENNS<br />
HEKTISCH<br />
WIRD, WEICHE<br />
ICH NIE VON<br />
MEINEM<br />
AUFTRAG AB»<br />
spielen. Mittlerweile habe ich aber auch mit<br />
r echts einigermassen zu kicken gelernt …<br />
Aber es schon richtig, ich spiele den Ball<br />
wenn irgend möglich immer mit links.<br />
Zu Ihren grössten Auftritten gehören<br />
jene, in denen Sie ausgesprochene Weltklasse-Linksfüsser<br />
wie Argentiniens<br />
Angel de Maria im WM-Achtelfinal oder<br />
Bayerns Arjen Robben damals in der<br />
Champions-League-Quali mit dem FCZ<br />
komplett abmeldeten. Nur ein Zufall?<br />
Jedenfalls in Bezug auf den Fuss. Es ist für<br />
mich sogar schwieriger, gegen einen Linksfuss<br />
zu verteidigen. Er kann leichter gegen<br />
innen ziehen, ohne dass ich den Ball mit meinem<br />
stärkeren Fuss attackieren kann. Während<br />
der Rechtsfüsser eigentlich nur aussenherum<br />
gehen kann, wenn ich ihn gut zustelle.<br />
Nun werden Sie immer öfter für solche<br />
Leistungen gelobt und von Fachleuten<br />
oder Fachmagazinen unter die besten<br />
Verteidiger der Welt eingereiht. Was<br />
macht Sie so stark?<br />
Ich glaube, zuallererst ist es mein extremer<br />
Erfolgswillen. Trotz dieses Ehrgeizes bleibe<br />
ich auf dem Platz in jeder Situation sehr ruhig.<br />
Auch wenn es hektisch wird, weiche ich<br />
nicht von meinem Auftrag ab. Und dann bin<br />
ich einer, der Eier hat, sich nie einschüchtern<br />
lässt.<br />
Ein Ergebnis Ihrer Zeit in der Bundesliga?<br />
Nicht unbedingt. Ich war schon früher «en<br />
freche Siech», auch neben dem Fussballplatz.<br />
Schon meine Mitspieler im Juniorenalter<br />
wunderten sich manchmal, wie wenig<br />
mir die Gegenspieler imponieren konnten.<br />
Und Sie schnappten sich damals schon<br />
alle stehenden Bälle?<br />
Ja, schon als kleiner Junior bei Schwamendingen<br />
habe ich die Freistösse und Penaltys<br />
geschossen. Das ist quasi ein Talent, das<br />
ich von Geburt an hatte. Aber ich habe auch<br />
sehr früh angefangen, stehende Bälle ausdauernd<br />
zu trainieren. Zielschiessen zusammen<br />
mit meinen Brüdern und Freunden im<br />
Hinterhof, täglich, jede freie Minute. Wir waren<br />
richtige Strassenfussballer.<br />
In der Schule dagegen soll Ihre Ausdauer<br />
weniger gross gewesen sein.<br />
Stimmt. Ich war nicht gut in der Schule. «Es<br />
hät mi halt eifach chli aagschisse.» Ich hatte<br />
den Kopf immer und überall beim Fussball.<br />
Bereuen Sie das heute?<br />
(überlegt länger) Nein, eigentlich nicht. Ich<br />
habe mir meinen Lebenstraum erfüllt. Mir<br />
fehlt nichts.<br />
Sie haben vergangene Saison insgesamt<br />
48 Spiele fast immer über die volle Distanz<br />
bestritten. Werden Sie nie müde?<br />
Doch. Mein Kopf war auch Ende des Jahres<br />
noch bereit, aber mein Körper benötigte<br />
dringend eine Pause. Wegen der WM hatte<br />
ich kaum Ferien. Ich verletzte mich dann ja<br />
am hinteren Oberschenkel, und es war eine<br />
sehr merkwürdige Verletzung. Ich weiss heute<br />
noch nicht, was es eigentlich ist. Ich spüre<br />
es immer noch ein wenig, die Ärzte bekamen<br />
es nie ganz in den Griff. Das war wohl ein<br />
Warnsignal meines Körpers an mich.<br />
Wie beugen Sie solchen Übermüdungsverletzungen<br />
vor?<br />
Mir reicht das Mannschaftstraining nicht. Ich<br />
FOTO: SVEN SIMON<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
SELBSTBEWUSST Rodriguez<br />
im Zweikampf mit dem<br />
Münchner Weltmeister<br />
Mario Götze. «Wenn jemand<br />
die Bayern noch stoppen<br />
kann, dann wir.»<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
22 FUSSBALL RICARDO RODRIGUEZ<br />
muss mehr machen, auch neben dem Fussballplatz.<br />
Massage, Regeneration, Gymnastik,<br />
das brauche ich einfach. Sogar zu Hause<br />
mache ich regelmässig meine Übungen.<br />
Sie sind als Aussenverteidiger ein<br />
unermüdlicher Läufer. Kein Drang,<br />
weiter vorn zu spielen?<br />
Ich finde eigentlich nicht, dass ich ein grosser<br />
Läufer bin. Ich mache das eher mit Köpfchen,<br />
sehe, wann ich laufen muss und wann<br />
es nichts bringt. Die Spielweise von Stephan<br />
Lichtsteiner, der dauernd am Rennen ist,<br />
vorwärts, zurück, die ist nichts für mich. Ich<br />
bin gern hinten und habe meine Zone im<br />
Griff. Wenn ich nach vorn gehe, dann nur,<br />
wenn ich eine reelle Chance auf eine erfolgreiche<br />
Offensivaktion sehe.<br />
Die Mittelfeld-Aussenseite reizt Sie nicht?<br />
Da musst du ja noch mehr rennen! (lacht)<br />
Im Ernst: Ich habe das auch schon gespielt,<br />
oder auch schon in der Innenverteidigung,<br />
eigentlich auf fast allen Positionen. Aber auf<br />
jener des Aussenverteidigers fühle ich mich<br />
eindeutig am wohlsten.<br />
In die Glamourwelt des grossen Fussballs<br />
passt Ricardo Rodriguez eigentlich nicht.<br />
Fast scheu wirkt er im Gespräch, als wäre<br />
ihm jede andere Bühne als der Fussballplatz<br />
eine Qual. Sein Privatleben hält er unter<br />
Verschluss. Wären da nicht seine langen Haare,<br />
die er in der Öffentlichkeit konsequent zu<br />
einem Knoten am Hinterkopf, seinem Markenzeichen,<br />
zusammengebunden hat, er<br />
würde fast farblos wirken. Was ihn keineswegs<br />
stört. Rodriguez will wegen seines<br />
Spiels beachtet werden. Immerhin so viel<br />
weiss man: Mit seiner gut 20-jährigen Zürcher<br />
Freundin Nicole ist er seit etwas mehr<br />
als zwei Jahren zusammen.<br />
Sie spielen als Aussenverteidiger im<br />
Hintergrund, fast etwas «versteckt» –<br />
entspricht das Ihrem Naturell?<br />
Vielleicht. Es gibt tatsächlich Dinge, die<br />
ich lieber mache, als Interviews zu geben.<br />
Ich stehe nicht so gern im Vordergrund.<br />
Ihr älterer Bruder Roberto hat unlängst<br />
gesagt, in Wolfsburg seien Sie gegen<br />
aussen offener geworden.<br />
Stimmt, da habe ich mich wirklich verbessert.<br />
Ich habe die Notwendigkeit erkannt. Aber<br />
WELTMEISTER! Mit den Kollegen Chappuis,<br />
Seferovic und Nimeley (v. l.) bejubelt<br />
Rodriguez 2009 in Nigeria den U17-WM-<br />
Finalsieg gegen die Gastgeber.<br />
«ICH LEBE<br />
NICHT<br />
EINFACH IN<br />
DEN TAG HIN-<br />
EIN. VIELLEICHT<br />
HAT DAS MIT<br />
DEM ZU TUN,<br />
WAS ICH<br />
ERLEBT HABE»<br />
ich gebe auch heute noch nicht sehr gern<br />
Inter views, vor allem nicht im Fernsehen<br />
oder im Radio. Was du da gesagt hast, hast<br />
du gesagt, das kannst du nicht zurücknehmen.<br />
Und ich bin kein geschliffener Redner.<br />
Meine Brüder tun sich da leichter. Letztes<br />
Jahr waren wir als Studiogäste im SRF-Sportpanorama.<br />
Ehrlich, allein wäre ich da nicht<br />
hingegangen. Ich sass dort und staunte: Wie<br />
die beiden geplappert haben! Zu Hause<br />
allerdings bin ich schon etwas anders. Da<br />
rede ich gern und viel. Ich sage da auch<br />
immer offen, wenn mir etwas nicht passt.<br />
Fragen Sie ruhig mal meine Brüder.<br />
Zuletzt gingen die Spekulationen hoch.<br />
Manchester, Real, Chelsea, Bayern –<br />
alle sollen Interesse an Ihnen haben.<br />
Und doch haben Sie Anfang Jahr beim<br />
wenig glamourösen VfL Wolfsburg bis<br />
2019 verlängert. Wegen der guten<br />
Chancen auf die Champions League?<br />
Sicher auch. Ich habe mich mit meinen Beratern<br />
lange unterhalten. Dass es nun so gut<br />
läuft, war schon ein Argument, zu verlängern.<br />
Und nun ist noch Schürrle gekommen. Das<br />
zeigt: Man will etwas Grosses aufbauen.<br />
Sie sind neu der bestverdienende<br />
Mannschaftssportler der Schweiz.<br />
Erledigen Sie die Bezahlung Ihrer<br />
Rechnungen selbst?<br />
Ich habe da schon meine Leute, die mir<br />
behilflich sind. Und ich lasse mich in solchen<br />
Dingen auch gern von meiner Familie<br />
beraten, besonders vom älteren Bruder.<br />
Ab und zu leiste ich mir was Schönes. Aber<br />
am liebsten gebe ich Geld für meine<br />
Familie aus. Ich möchte ihnen ermöglichen,<br />
ein schönes Leben zu führen. Das ist mir das<br />
Wichtigste.<br />
Sie fahren einen Porsche. Darf man das<br />
als Angestellter des VW-Werksklubs?<br />
Sicher, es gibt keine Vorschriften. Höchstens,<br />
dass man ausserhalb des Klubgeländes<br />
parkieren muss, wenn man nicht mit einem<br />
VW kommt. Das hab ich auch schon gemacht,<br />
es ist nicht weit. Ausserdem fahre ich auch<br />
einen VW, einen Touareg.<br />
Können Sie in Wolfsburg eigentlich<br />
unbehelligt auf die Strasse, oder sind Sie<br />
inzwischen zu berühmt?<br />
Es kennt mich hier mittlerweile jeder.<br />
Wolfsburg ist klein. Aber die Leute sind<br />
anständig und zurückhaltend, höchstens<br />
Kinder kommen mal und wollen Autogramme.<br />
Wenn ich keine Lust habe, angesprochen<br />
zu werden, ziehe ich mir eine Kappe tief<br />
über die Augen. Aber es nützt wenig, man<br />
kennt mich trotzdem. Meine Frisur halt …<br />
Über Ihr Privatleben reden Sie kaum.<br />
Trotzdem haben Sie sich mit Ihrer<br />
Freundin Nicole im Oktober, als Sie verletzt<br />
waren, auf die Tribüne gesetzt, gut<br />
sichtbar für alle Fotografen. Bewusst?<br />
Es war eigentlich eher Zufall, dass es sich so<br />
ergab. Aber wir sind jetzt doch schon etwas<br />
länger zusammen, und weil wir wussten, dass<br />
irgendwann sowieso Handy-Fotos gemacht<br />
würden, die dann an die Öffentlichkeit kommen,<br />
liessen wir es geschehen.<br />
Das Berühmtsein hat seine Kehrseite,<br />
wie der Vorfall an Silvester in einem<br />
FOTOS: TOTO MARTI/BLICK<strong>SPORT</strong>/RDB, ACTION IMAGES/PIXATHLON<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
GLÄUBIG<br />
Auf dem Arm<br />
trägt Ricardo ein<br />
Marien-Tattoo,<br />
am Hals ein<br />
Kreuz. Er hat<br />
schon viel<br />
durchgemacht.<br />
Die OP-Narbe<br />
am Bauch zeugt<br />
davon.
24 FUSSBALL RICARDO RODRIGUEZ<br />
FURCHTLOS Rodriguez beim<br />
WM-Achtelfinal 2014 gegen<br />
Argentiniens Lionel Messi. Für<br />
den mehrfachen Weltfussballer<br />
gibts kein Durchkommen,<br />
für Rici haufenweise Lob.<br />
«ICH BLICKE<br />
ZU KEINEM<br />
FUSSBALLER<br />
MEHR HINAUF.<br />
ICH SCHAUE<br />
NUR NOCH<br />
AUF MICH»<br />
(lacht) Das wär doch was! Nein, wir telefonieren<br />
gar nicht so oft, vielleicht zweimal die<br />
Woche. Aber wir schicken uns regelmässig<br />
Textnachrichten.<br />
Wer ist der Talentierteste von euch dreien?<br />
Manche behaupten, Francisco wärs.<br />
Schon wieder diese Frage! Der Kleine ist halt<br />
wahnsinnig ehrgeizig. Aber der talentierteste?<br />
Wir spielen ja alle auf verschiedenen<br />
Positionen, da lässt es sich schwer vergleichen.<br />
Immerhin fragt mich Francisco hin und<br />
wieder mal um Rat …<br />
Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit,<br />
euch drei einmal beim gleichen Klub<br />
spielen zu sehen?<br />
Nichts ist unmöglich im Fussball. Aber eher<br />
denkbar ist, dass wir einmal gemeinsam in<br />
der Schweizer Nationalmannschaft spielen.<br />
Und welche Geschichte steckt<br />
dahinter, dass ihr alle drei im Klub die<br />
Trikotnummer 34 trägt?<br />
Ganz ehrlich? Keine! Die Drei ist meine Lieblingszahl.<br />
Weil sie aber in Wolfsburg ebenso<br />
besetzt war wie die 13 oder die 23, habe ich<br />
mir die nächstmögliche aus den Dreis sigern<br />
geschnappt. Dass meine Brüder die nun<br />
ebenfalls tragen, ist wohl ein Zeichen von Anerkennung<br />
für mich.<br />
Zürcher Klub zeigt, als Sie und Ihre Brüder<br />
in eine Rangelei verwickelt wurden.<br />
Ich werde bis heute das Gefühl nicht los, dass<br />
das Ganze irgendwie geplant war. Anscheinend<br />
wussten sie, dass wir kommen, und<br />
suchten den richtigen Moment, um uns zu<br />
provozieren. Hinterher wurde in den Medien<br />
alles aufgebauscht, es wurden falsche Behauptungen<br />
aufgestellt. Das hat mich aufgeregt.<br />
Wir hätten auch öffentlich belegen<br />
können, dass die Geschichte anders verlaufen<br />
war, als gegen aussen dargestellt. Aber<br />
dann sagten wir uns, wir lassen die Sache auf<br />
sich beruhen, sonst zieht das nur weitere<br />
Kreise. Man hat sich für die unwahren Behauptungen<br />
dann bei uns entschuldigt.<br />
Ihre Brüder Francisco und Roberto und<br />
Sie stehen sich sehr nahe, sind aber<br />
alle als Profi woanders engagiert. Halten<br />
Sie täglich Telefonkonferenzen ab?<br />
Dass Ricardo Rodriguez mitunter sehr ernst<br />
wirkt für einen jungen Mann, kommt nicht<br />
von ungefähr. Einiges hat er in seinem Leben<br />
schon durchgemacht, da waren nicht immer<br />
nur Siege. Vielleicht auch deshalb ist<br />
Rodriguez gläubig, trägt ein Marien-Tattoo<br />
als Glücksbringer auf dem Oberarm und ein<br />
Kreuz an der Halskette.<br />
Ihr Leben ist auch geprägt von Schicksalsschlägen:<br />
Ihre lebensbedrohliche<br />
Zwerchfellhernie bei der Geburt, der<br />
Tod Ihres geliebten Grossvaters, nun der<br />
tödliche Unfall von Teamkollege Junior<br />
Malanda. Bleibt da etwas hängen?<br />
Ja klar, das sind traurige Sachen, die dich<br />
prägen. Ich bin ein nachdenklicher Mensch,<br />
lebe nicht einfach in den Tag hinein. Vielleicht<br />
hat das mit dem zu tun, was ich erlebt<br />
habe. Aber ich kann Dinge auch gut verarbeiten<br />
und dann schnell wieder vorwärts<br />
schauen.<br />
Sie sind sehr gläubig. Hat Ihnen das bei<br />
der Bewältigung von Malandas Unfall<br />
geholfen?<br />
Ich bin nicht in dem Sinn gläubig, dass ich oft<br />
in die Kirche gehe. Es ist für mich eher eine<br />
Sache gegen innen. Ich bete vor allem, wenn<br />
es jemandem, der mir nahe steht, nicht gut<br />
geht. Dann bitte ich um Hilfe und Beistand<br />
für diesen Menschen. Menschen, die schon<br />
gestorben sind, kann ich nicht helfen mit<br />
meinen Gebeten.<br />
Junior Malanda starb wegen Auto-Raserei.<br />
Wird das im Team thematisiert?<br />
Wir haben natürlich darüber gesprochen, ja.<br />
Aber nicht so, dass wir uns gemeinsam vorgenommen<br />
hätten, jetzt langsamer zu fahren.<br />
Ich selbst drücke auf der deutschen Autobahn,<br />
wenn es keine Tempolimiten gibt,<br />
schon gern mal aufs Gas, das gebe ich zu.<br />
FOTOS: WANG LILI/XINHUA PRESS/CORBIS,<br />
ALEXANDER HASSENSTEIN/GETTY IMAGES<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
ERFOLGS-GARANT<br />
Der 58-Jährige ist<br />
Geschäftsführer des<br />
VfL Wolfsburg.<br />
1980 wurde er mit<br />
Deutschland<br />
Europameister.<br />
Aber mir ist der Unfall so eingefahren, dass<br />
ich jetzt auch dort von selbst etwas vorsichtiger<br />
bin am Steuer.<br />
Ihr Leben ist nicht nur Fussball. Wovon<br />
träumen Sie?<br />
Den grössten Traum, den von der Fussballkarriere,<br />
habe ich mir erfüllt. Es gibt aber<br />
noch ein, zwei grössere Dinge, die ich im Leben<br />
erreichen möchte. Aber die gebe ich<br />
nicht preis.<br />
Und die kleineren?<br />
Ach, ich möchte endlich einmal ein Live-<br />
Konzert besuchen. Hip-Hop, Salsa – egal.<br />
Obwohl meine Familie nahe beim Hallenstadion<br />
wohnt, war ich noch nie an einem<br />
Konzert. Und einen Boxkampf von Floyd<br />
Mayweather würde ich auch gern einmal am<br />
Ring verfolgen. Und noch etwas: Ich war<br />
nie in der Heimat meiner Mutter, obwohl ich<br />
ja auch einen chilenischen Pass besitze.<br />
Da hin möchte ich unbedingt auch einmal<br />
reisen, allgemein nach Südamerika.<br />
Zurück zum Fussball. Sie sagten<br />
kürzlich in einem Interview, das was Sie<br />
spielten, sei noch nicht top. In welcher<br />
Hinsicht?<br />
Oh, ich kann mich überall verbessern. Noch<br />
mehr laufen, Flanken noch präziser schlagen.<br />
Oder zum Beispiel auch den rechten<br />
Fuss noch mehr einsetzen?<br />
Genau. Ich muss zwar auch am linken<br />
arbeiten, aber beim rechten gibt es noch<br />
viel mehr Potenzial zur Verbesserung.<br />
Früher nannten Sie einmal Dani Alves<br />
oder Carles Puyol als Vorbilder. Heute?<br />
Was heisst Vorbilder? Ihre Spielweise hat mir<br />
einfach gefallen. Heute blicke ich zu keinem<br />
anderen Spieler mehr hinauf. Ich habe das<br />
KLAUS ALLOFS<br />
DEN SCHWEIZER<br />
MARKT IM AUGE<br />
Klaus Allofs, Sie haben Ricardo<br />
Rodriguez unlängst für «unverkäuflich»<br />
erklärt. Weshalb?<br />
Das habe ich so wohl nicht gesagt, sondern<br />
einfach, dass wir ihn jetzt sicher nicht<br />
abgeben werden. Nun, wo der Vertrag<br />
bis 2019 verlängert wurde, ist es in der Tat<br />
so, dass wir ihn auch bei einem lukrativen<br />
Angebot nicht verkaufen wollen. Wir<br />
haben sportliche Ziele und brauchen die<br />
Mannschaft dazu. Ricardo ist einer der<br />
besten Linksverteidiger zumindest in<br />
Europa und ein Garant dafür, dass wir auf<br />
diesem hohen Level spielen können.<br />
Was macht ihn so wichtig für den VfL?<br />
Sicher einmal sein aussergewöhnlich<br />
starker linker Fuss, mit dem er brandgefährliche<br />
Standards spielen kann. Und dank<br />
seiner Antrittsschnelligkeit ist er nur sehr<br />
schwer zu umspielen. Er ist sehr ball sicher<br />
und mit seiner Ruhe enorm wichtig für das<br />
Aufbauspiel, in dem die Aussenverteidiger<br />
immer mehr Ballkontakte haben.<br />
Wo kann er sich steigern?<br />
Der rechte Fuss fällt natürlich ein bisschen<br />
ab, wenn man einen so exzellenten linken<br />
hat. Da hat er Potenzial. Zudem könnte<br />
er etwas mehr in die Tiefe spielen, vermehrt<br />
zur Grundlinie laufen.<br />
Wolfsburg hat nebst Rodriguez mit Diego<br />
Benaglio, Timm Klose und Goalietrainer<br />
Andreas Hilfiker drei weitere Schweizer<br />
unter Vertrag. Zufall oder System?<br />
Prinzipiell ist es sicher ein Vorteil, wenn die<br />
ausländischen Spieler aus dem gleichen<br />
Kulturkreis kommen. Aber im Fall unserer<br />
Schweizer ist es wohl eher Zufall. Klar ist<br />
dafür: Jeder Spieler, der es heute in die<br />
Schweizer Auswahl schafft, ist in der Lage,<br />
in allen grossen Ligen Europas zu spielen.<br />
Das war nicht immer so. Wir haben ein<br />
sehr starkes Kader beisammen. Trotzdem<br />
muss und will man es immer ergänzen,<br />
durch gestandene Spieler und durch junge<br />
Hoffnungsträger mit Perspektive. Deshalb<br />
haben wir auch den Schweizer Markt immer<br />
im Blickfeld. IN<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
26 FUSSBALL RICARDO RODRIGUEZ<br />
IM BRÜDERLICHEN RAMPENLICHT<br />
Ricardo Rodriguez in Wolfsburg<br />
vor dem VW-Werk mit Roberto (l.) und<br />
Francisco. «Wir stehen uns sehr nahe.»<br />
«EHER WAHRSCHEINLICH ALS<br />
IM KLUB IST, DASS ICH MIT<br />
MEINEN BRÜDERN IN DER<br />
NATI MAL ZUSAMMENSPIELE»<br />
Selbstvertrauen, nur noch auf mich zu schauen.<br />
Ich habe meinen Weg gefunden.<br />
Und wohin soll er Sie noch führen?<br />
Fürs Erste mit Wolfsburg in die Champions<br />
League, klar. Ich würde zudem nicht sagen, die<br />
Meisterschaft sei gelaufen. Es gibt noch viele<br />
Spiele, und Bayern kann noch Aussetzer haben.<br />
Wenn jemand in Deutschland sie momentan<br />
bezwingen kann, dann wir. Und in der Europa<br />
League wollen wir ebenfalls weit kommen,<br />
nachdem wir nun in Schwung gekommen sind.<br />
Und mit der Nationalmannschaft?<br />
Wir haben mit Petkovic einen neuen Trainer,<br />
bekommen neue Impulse, erarbeiten ein<br />
etwas anderes Spielsystem. Das bringt uns<br />
alle weiter. Man kann sich immer verbessern.<br />
Auf dem Höhepunkt ist dieses Nationalteam<br />
sicher noch nicht.<br />
Was ist unter Petkovic anders als unter<br />
Hitzfeld?<br />
Wir trainieren jetzt vielleicht etwas mehr<br />
Taktik. Petkovic will uns generell offensiver<br />
spielen lassen. Das gefällt mir. Wobei auch<br />
Hitzfeld ein Super-Trainer war. Ihm habe<br />
ich viel zu verdanken. Er hat mich in die<br />
Nati geholt, hat mir schnell Vertrauen geschenkt.<br />
RICARDO RODRIGUEZ<br />
GEBOREN 25. August 1992 in Zürich,<br />
Sternzeichen Jungfrau ZIVILSTAND ledig,<br />
Freundin Nicole KLUBS Als Junior: FC<br />
Schwamendingen, FC Zürich. Als Aktiver:<br />
2008–2011 FC Zürich, seit 2012 VfL Wolfsburg<br />
(De). Nationalteam: 28 Länderspiele<br />
für die Schweiz. ERFOLGE Weltmeister<br />
U17 (2009); WM-Achtelfinalist 2014,<br />
Schweizer Fussballer des Jahres 2014.<br />
HELFEN MIT BALOU<br />
BLINDENHUND-PROJEKT Der<br />
Lions Club Zürich-See unterstützt<br />
Sehbehinderte auf verschiedene Art.<br />
Unter anderem wird der Ostschweizer<br />
Blindenführhund-Schule bei der<br />
Vorfinanzierung der Hundeausbildung<br />
geholfen. 60 000 Franken kostet es, bis<br />
ein Hund ausgebildet ist. Über Manager<br />
Gianluca Di Domenico kam der Lions<br />
Club in Kontakt zu den drei Rodriguez-<br />
Brüdern. Sie sagten sofort zu und<br />
unterstützen das Projekt seither als<br />
Patrons. Den auszubildenden Labrador<br />
«Balou» haben sie gleich bei der ersten<br />
Begegnung ins Herz geschlossen.<br />
«Uns ist wichtig, ein nachhaltiges Projekt<br />
zu unterstützen», begründet Ricardo<br />
Rodriguez das Engagement.<br />
www.mein-freund-balou.ch<br />
FOTOS: VALERIANO DI DOMENICO, HANDOUT<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
DIE SCHWEIZER STARS IM ABO.<br />
JETZT BESTELLEN: www.online-kiosk.ch/si
28 FUSSBALL MANUEL NEUER<br />
Als Teenager stand<br />
er in der Schalker<br />
Fankurve und gab für<br />
Tickets sein letztes<br />
Taschengeld her.<br />
Jetzt ist er bei den<br />
verhassten Bayern und<br />
der beste Goalie der<br />
Welt. Aber Manuel<br />
Neuer hat seine Wurzeln<br />
nicht vergessen.<br />
Text: Marco Fenske<br />
MANU,<br />
DER<br />
LIBERO<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
FLIEGENDER NEUER<br />
Ein Goalie, der mitdenkt<br />
und mitspielt –<br />
Manuel Neuer klärt<br />
vor dem heranstürmenden<br />
Danny<br />
Welbeck von<br />
Manchester United.<br />
FOTO: STEFAN WERMUTH/REUTERS
30 FUSSBALL MANUEL NEUER<br />
AUF SCHALKE<br />
«Ich bin kein<br />
Typ, der in<br />
Unterhosen<br />
posiert»<br />
Der Leeberg am Tegernsee wird<br />
Promihügel genannt. Philipp<br />
Lahm wohnt hier, Sterneköche,<br />
Starärzte, auf der anderen Seite<br />
des Sees hat Uli Hoeness<br />
sein Anwesen. Bald wird der<br />
Hügel um einen Promi reicher.<br />
Deutschlands Nationaltorwart<br />
Manuel Neuer plant sein<br />
Traumhaus an einem der teuersten und<br />
schönsten Plätze mit Traumblick auf den See<br />
– eine dreistöckige Villa samt Tiefgarage<br />
und zwölf Meter langem Swimmingpool, das<br />
Grundstück ist 1400 Quadratmeter gross.<br />
Neuer ist angekommen in einer Welt, in<br />
der er nie leben wollte und die kaum mehr<br />
etwas mehr mit der zu tun hat, in der er<br />
aufgewachsen ist.<br />
DAS LETZTE GELD FÜR SCHALKE<br />
Man fragt sich: Wer ist der Mann, der bei<br />
der Wahl zum Weltfussballer nach Cristiano<br />
Ronaldo und Lionel Messi Dritter wurde, als<br />
Torwart? Wer ist der Mann, der eine neue Art<br />
des Goaliespiels erfunden hat – eine<br />
Mischung aus Libero und Handballtorwart?<br />
Um zu verstehen, wie Neuer tickt, muss man<br />
zurückgehen – dorthin, wo alles begonnen<br />
hat. Nach Gelsenkirchen-Buer, den Stadtteil,<br />
in dem der kleine Manuel aufgewachsen ist.<br />
Etwas mehr als 30 000 Menschen leben hier,<br />
jeder Zehnte von ihnen ist arbeitslos. Neuer<br />
hat es einmal das «Monaco von Gelsenkirchen»<br />
genannt. Auch Millionäre wohnen<br />
hier, und alle, ob Arm oder Reich, verbindet<br />
eine grosse Liebe: die zum FC Schalke 04.<br />
Ein Lebensmotto schweisst sie zusammen:<br />
«Einmal Schalke, immer Schalke.»<br />
HEIMAT Mal laut,<br />
mal leise: Manuel<br />
Neuer verstand sich<br />
auch als Torhüter von<br />
Schalke 04 als einer<br />
von der Kurve (o.) –<br />
der Blick über sein<br />
Gelsenkirchen und<br />
die Arena auf Schalke,<br />
als er noch im<br />
Revier nach Bällen<br />
hechtete (r.).<br />
Es ist ein normaler Samstag. Mit seinem<br />
Kumpel Dominik fährt Manuel, mittler -<br />
weile ein Teenager, zum Auswärtsspiel<br />
nach Stuttgart. Weil er die Eintrittskarten<br />
für das Spiel vergessen hat, kaufen sich<br />
die beiden vom letzten Taschengeld neue<br />
Tickets – wie man das so macht, wenn man<br />
echter Schalker ist. Wenn ihm da einer gesagt<br />
hätte, dass er 2011 für 22 Millionen<br />
Euro zum FC Bayern gehen würde? In einer<br />
Saison hat Neuer mal 28 Spiele seiner<br />
Schalker im Stadion gesehen.<br />
Mehr als zehn Jahre ist das jetzt her. Aus<br />
einem Fussball-Fan ist der beste Torwart<br />
der Welt geworden. Und nichts ist mehr so,<br />
wie es einmal war.<br />
«Manu wird nie ein grosses Auto fahren,<br />
um zu protzen», sagt Kumpel Dominik, den<br />
Neuer zu einem seiner ersten Interviews<br />
mitbringt. Acht Jahre ist das her. Nach<br />
Neuers erstem Pflichtspiel hat sich Dominik<br />
die Haare abrasiert, weil sie das als klei-<br />
ne Kinder ausgemacht hatten. Neuer wird<br />
später bei einem Länderspiel mit Schuhen<br />
auflaufen, in die der Schriftzug «Wuppi75»<br />
eingestickt ist. Wuppi ist der Spitzname<br />
seines Kumpels, die Zahl steht für den<br />
7. und 5. Buchstaben des Alphabets: GE –<br />
die Abkürzung für Gelsenkirchen. Freundschaft<br />
ist Neuer wichtig. Und Heimat.<br />
Heute darf es dennoch ein grösserer<br />
Wagen sein, aus einem Audi A3 ist ein Audi<br />
RS6 Avant geworden. Im Sommer sind Fans<br />
verdutzt, wenn sie sehen, wie er mit einer<br />
Vespa lässig durch München tuckert. «Ich<br />
bin kein Typ, der in Unterhosen posiert.<br />
Ich mag keinen roten Teppich, der grüne<br />
Rasen ist mir lieber», hat er gesagt. Ach ja?<br />
Tatsächlich gehören Glitzer und Glamour<br />
längst zu seinem Leben wie der Geruch von<br />
Rasen und Schweiss.<br />
Mailand, Anfang dieses Jahres. Modedesigner<br />
stellen ihre Kollektionen vor,<br />
Neuer sitzt bei der Show von Giorgio Arma-<br />
FOTOS: MARCEL SCHAAR, FRANZ PETER TSCHAUNER/PICTURE ALLIANCE<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
ni in der ersten Reihe. Küsschen hier, Bussi<br />
da. Tage später jettet er nach Berlin, um sein<br />
Abbild in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett<br />
einzuweihen. In Gelsenkirchen sind<br />
alle stolz auf ihren Manu. Einer hat es<br />
geschafft, nach ganz oben. Einer von ihnen.<br />
Ist er noch einer von ihnen?<br />
Neuers Grossvater hat Briefe voller Heimatstolz<br />
lieber mit «Buer in Westfalen» unterschrieben,<br />
nicht mit «Gelsenkirchen».<br />
Schnell lernt Manuel als kleiner Steppke sein<br />
zweites Zuhause kennen: das Parkstadion<br />
des FC Schalke. In der Nordkurve, in der<br />
die treuesten Fans stehen, steht auch er<br />
Woche für Woche – und schaut einem Idol<br />
zu, dem damaligen Torwart Jens Lehmann.<br />
Auch Manuel ist zu diesem Zeitpunkt<br />
ein Torwart, er spielt bei den Schalker Bambinis.<br />
Sein Papa, ein Hauptkommissar, hat<br />
seinen Jungen bereits im Alter von fünf angemeldet.<br />
Schon in jungen Jahren eignet<br />
er sich eine unglaubliche Technik an, die ihn<br />
später berühmt machen wird: Denn gespielt<br />
wird auf einem ollen Aschenplatz.<br />
Aschenplätze sind die besten Technikschulen<br />
der Welt. Später fliegt er aus der<br />
Westfalenauswahl, «zu klein» sei er. Heute<br />
misst dieser Bär von einem Mann – wenn<br />
auch ein Bär mit Bubigesicht – 1,93 Meter,<br />
er trägt Schuhgrösse 47. Zu Beginn seiner<br />
Karriere hat er eine Power-Zahnspange<br />
getragen. Eine optimale Bissposition soll<br />
sich positiv auf das Gleichgewicht auswirken,<br />
eine höhere Kraftleistung möglich<br />
sein. Hokuspokus? Auch Sportstars wie<br />
Mats Hummels, Andrea Petkovic, Michael<br />
Phelps oder Lindsay Vonn haben sie genutzt.<br />
Alle haben sich durchgebissen.<br />
Seinen ersten Profivertrag unterschreibt<br />
Neuer auf Schalke 2005, ein Jahr später ist<br />
er Stammtorwart. Ein Alleingang des ehemaligen<br />
Trainers Mirko Slomka, der seinem<br />
Manager Andreas Müller vor Neuers Debüt<br />
sagt: «Pass auf, wenn der Manu patzt, dann<br />
sag nachher, dass du nichts davon wusstest.»<br />
Neuer patzt nicht, im Gegenteil, er<br />
wird zum Überflieger. Seine Karriere ist<br />
nicht mehr aufzuhalten. Dass er einmal ein<br />
Schulpraktikum in einem Rehazentrum gemacht<br />
und überlegt hat, Physiotherapeut zu<br />
werden? Vergessen, der Mann hat jetzt endgültig<br />
andere, grössere Pläne.<br />
AUS LIEBE WIRD PLÖTZLICH HASS<br />
Eine Universitätsklinik in Wuppertal. Hier<br />
liegen Dokumente, die nie an die Öffentlichkeit<br />
gelangt sind. Ein Professor namens Jürgen<br />
Freiwald, damals auf Schalke Vertrauter<br />
von Trainer Slomka, hat Neuer in dessen jungen<br />
Jahren Leistungstests unterzogen. «Seine<br />
Sprungkraft ist unglaublich, er hat keine<br />
schwache Ecke, eine Ballbehandlung wie ein<br />
Feldspieler und die beste Spieleröffnung<br />
aller Torhüter. Wenn er sein Riesenpoten zial<br />
abruft und weiter ausbaut, wird er bald zu<br />
den besten Torhütern der Welt gehören»,<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
32 FUSSBALL MANUEL NEUER<br />
Felix Magath beschwert, später dazu öffentlich<br />
nicht klar Stellung bezogen, was<br />
ihm Mitspieler krummgenommen haben.<br />
Heute ist das anders.<br />
Als Startrainer Pep Guardiola gerade<br />
seine Arbeit beim FC Bayern aufgenommen<br />
hat, bestellt er zwei Spieler zu Gesprächen.<br />
Einer ist Philipp Lahm, der Kapitän. Der andere:<br />
Manuel Neuer, dem er sagt, dass er<br />
ein Grund für seine Entscheidung gewesen<br />
sei, zum FC Bayern zu gehen, weil er einen<br />
Torwart, der auch im Feld spielen könnte,<br />
noch nie gesehen hätte. Guardiola, der<br />
Lionel Messi trainiert hat! Neuer merkt, er<br />
ist wichtig. Und längst akzeptiert. «Ich bin<br />
keiner, der unbedingt im Mittelpunkt stehen<br />
möchte. Ich lebe eher etwas zurückgezogen»,<br />
sagt er. Noch heute kann er schwer still<br />
sitzen bei Pressekonferenzen. Dann wippt er<br />
ständig mit den Füssen oder mit den Beinen.<br />
Nach vielen Sätzen sagt er «ne?!» und lächelt<br />
dabei, was oft unsicher wirkt, in Wahrheit ist<br />
er cooler und souveräner geworden im Umgang<br />
mit den Medien.<br />
Sein bester Kumpel bei Bayern ist<br />
Torwarttrainer Toni Tapalovic, der 2011<br />
mit Neuer aus Schalke zum FC Bayern kam.<br />
Gemeinsam gehen sie gern auf einen<br />
Cappuccino ins schicke «Schumann’s», in<br />
der auch Jens Lehmann hin und wieder aufsagt<br />
der Professor vor acht Jahren. Er wird<br />
belächelt. Heute weiss jeder, was der Mann<br />
meinte. In Deutschland wird Neuer nach<br />
waghalsigen Aktionen und Ausflügen aus<br />
seinem Strafraum während der WM «Manu,<br />
der Libero» getauft – in Anlehnung an «Manni,<br />
der Libero», der 13-teiligen Kultfernsehserie<br />
aus den 80ern. Miroslav Klose glaubt:<br />
«In der 2. Liga würde er als Feldspieler sicher<br />
ein paar Buden machen.» Jahrelang hat<br />
Neuer seinen linken Fuss trainiert, immer<br />
und immer wieder – in Trainingsspielchen<br />
mischt er mitunter als Feldspieler mit.<br />
Die Schalke-Fans lieben ihren Manu schon<br />
ganz am Anfang, er ist einer von ihnen, einer,<br />
der bei Spielen ein T-Shirt der Fangruppierung<br />
unter seinem Torwart trikot trägt. Einer,<br />
der nie ins schicke Düsseldorf ziehen will,<br />
wie es viele Schalker machen. Neuer kauft<br />
brav eine Doppelhaushälfte in Gelsenkirchen.<br />
Doch dann erleidet die Beziehung einen<br />
unheilbaren Knacks. Neuer entscheidet<br />
sich gegen seine grosse Liebe, gegen den<br />
FC Schalke. Unter Tränen verkündet er, dass<br />
er seinen Vertrag nicht verlängert – Neuer<br />
wird nach 156 Bundesligaspielen 2011 zum<br />
FC Bayern gehen, er will Titel, besser werden.<br />
Und er wird merken, wie schlimm das ist,<br />
wenn einem Hass entgegenschlägt. Die<br />
Noch-Anhänger beschimpfen ihn («Ich wünsche<br />
dir von ganzem Herzen Sportinvalidität»),<br />
Bayern-Fans halten Plakate mit der Aufschrift<br />
«Koan Neuer» hoch, «Kein Neuer». Ein<br />
Schalke-Fan wird handgreiflich, verpasst dem<br />
Ex-Liebling eine Ohrfeige.<br />
Es ist die Zeit, die den jungen Manuel<br />
reifen lässt. Damals wirkt er oft kindisch,<br />
seine Interviews sind belanglos, seine Meinung<br />
hat nicht viel Gewicht. Bei Schalkes<br />
Chef Clemens Tönnies hat er sich einmal<br />
über die seltsamen Methoden von Trainer<br />
SAMMLER Manuel<br />
Neuer zusammen mit<br />
Bastian Schweinsteiger,<br />
Franck Ribéry,<br />
Thomas Müller, Philipp<br />
Lahm und Arjen<br />
Robben (v. l.) und dem<br />
Uefa-Supercup, dem<br />
Champions-League-<br />
Pokal, der Meisterschale<br />
und dem Pokal<br />
der Saison 2012/13.<br />
kreuzt. Hier erinnert nichts an seine alte<br />
Stammkneipe «Die Zwiebel» in Gelsenkirchen.<br />
«Manu ist inzwischen in einer anderen<br />
Welt zu Hause», sagt sein erster Trainer<br />
Lothar Matuschak. Als Kind ist Neuer immer<br />
fasziniert gewesen von der Zeche Hugo, einem<br />
Steinkohlebergwerk in Gelsenkirchen-<br />
Buer, das 2000 geschlossen wurde. In München<br />
hat Neuer jetzt wieder ein Hugo’s. So<br />
heisst der In-Italiener in der Innenstadt, bei<br />
dem Stars und solche, die es sein möchten,<br />
häufig verkehren. Neuer ist ein Star.<br />
Vor einem Fussballspiel hat Neuer das<br />
gleiche Ritual: Er «begrüsst» beide Torpfosten<br />
und die Latte mit jeweils einer Hand. Es<br />
wirkt, als baue Neuer da eine «persönliche<br />
Beziehung» zu den Torpfosten auf. Seine<br />
wirkliche Beziehung war bis Herbst 2014 die<br />
vier Jahre ältere Kathrin, eine Coiffeuse, mit<br />
der er zuletzt auf Mykonos in den Ferien<br />
war. Doch nach fünf Jahren folgte das<br />
Aus. Ende Oktober wurde die Trennung bekannt,<br />
bestätigt von Neuers Management.<br />
Sein Privatleben schottet der Torwart ab –<br />
als Spekulationen über eine neue Freundin<br />
in der Zeitung stehen, gibts Post vom Anwalt.<br />
Dass private Dinge öffentlich werden<br />
wie im Jahr 2011, als Diebe bei ihm einbrechen<br />
und Schmuck und Uhren stehlen,<br />
ist die Ausnahme.<br />
Vor fünf Jahren hat er eine Stiftung gegründet,<br />
die Hilfsprojekte für Kinder rund<br />
um Gelsenkirchen umsetzt: «Ich möchte<br />
mein Glück teilen, meiner sozialen Verantwortung<br />
gerecht werden, indem ich benachteiligten<br />
Kindern in meiner Heimat etwas<br />
von dem zurückgebe, was ich in meiner<br />
Jugend haben durfte: Chancen und<br />
Perspektiven für mein Leben.»<br />
Einmal Schalker, immer Schalker. Zumindest<br />
im Herzen.<br />
Autor Marco Fenske begleitete Manuel Neuer als<br />
Reporter der Zeitschrift «Sport Bild» auf Schalke<br />
und später für die Münchner «Abendzeitung»<br />
beim FC Bayern. Heute ist Fenske Sportchef vom<br />
RedaktionsNetzwerk Deutschland.<br />
MANUEL NEUER<br />
GEBOREN 27. März 1986 in Gelsenkirchen<br />
(Deutschland) Sternzeichen<br />
Widder ZIVILSTAND ledig ERFOLGE<br />
Welt meister 2014, Champions-League-<br />
Sieger 2013 (mit Bayern München),<br />
Deutscher Meister 2013, 2014 (mit<br />
Bayern München), Deutscher Pokalsieger<br />
2011 (mit Schalke 04), 2013, 2014 (mit<br />
Bayern München). Goldener Handschuh<br />
der Weltmeisterschaft 2014.<br />
www.manuel-neuer.com<br />
FOTOS: MICHEL COMTE, ADAM PRETTY/ GETTY IMAGES FÜR FC BAYERN MÜNCHEN<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
AUFGEMOTZT<br />
«Ich mag<br />
keinen roten<br />
Teppich. Der<br />
grüne Rasen<br />
ist mir lieber»
JUWEL IM SCHNEE Martin Ødegaard kurz vor<br />
seinem 4-Millionen-Transfer zu Real Madrid vor<br />
der Trainingshalle seines Vereins Strømsgodset.<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
FUSSBALL ØDEGAARD<br />
35<br />
GROSSE WELT Martin Ødegaard posiert mit<br />
seinen künftigen Kollegen Cristiano Ronaldo<br />
(r.) und Sergio Ramos.<br />
PETER PAN<br />
DES NORDENS<br />
FOTOS: BJÖRN LANGSEM/DAGBLADET<br />
DIE FUSSBALLWELT<br />
BEKNIET EINEN 16-<br />
JÄHRIGEN NORWEGER.<br />
MARTIN ØDEGAARD<br />
STREICHELT DEN BALL<br />
WIE KAUM EIN ZWEITER.<br />
REAL MADRID HAT<br />
SICH DEN FILI GRANEN<br />
KÜNSTLER FÜR VIEL<br />
GELD GESICHERT.<br />
Text: Lars Tjærnås<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
HEIMAT Martin und Hans Erik<br />
Ødegaard zu Hause in Drammen –<br />
der Vater war gleichzeitig der<br />
Trainer und Schleifer.<br />
Der 27. August des letzten Jahres<br />
war ein ziemlich kalter<br />
Spätsommerabend in Stavanger.<br />
Wir, die auf der Tribüne<br />
oder hinter einem Mikrofon<br />
sassen, froren im kalten Wind. 14 Minuten<br />
im Freundschaftsspiel zwischen Norwegen<br />
und den Vereinten Arabischen Emiraten waren<br />
gespielt. Und streng genommen war im<br />
Spiel bis jetzt nichts passiert, was uns hätte<br />
aufwärmen können. Dann wurde der Ball<br />
nach rechts gespielt. Er landete an der Seitenlinie<br />
bei einem feingliedrigen blonden<br />
Jungen. Das, was dann kam, passierte so<br />
rasch, dass wir es nicht ganz geschafft haben,<br />
zu verstehen, was wir sahen.<br />
Der Junge nahm den Ball an und nahm<br />
ihn mit zum nächsten Aussenverteidiger. Mit<br />
zwei blitzschnellen Bewegungen dribbelte<br />
er ihn mit einem Sohlentrick aus und spielte<br />
sich rasch nach vorn. Der nächste Verteidiger,<br />
ein athletischer Mittelfeldspieler, erkannte<br />
die Gefahr und sprintete los, um den<br />
frechen Spieler zu stoppen. Mit der Aussenseite<br />
des linken Fusses berührte der Junge<br />
den Ball fast liebevoll, so dass er zwischen<br />
den Beinen seines Widersachers hindurchrollte.<br />
Ein Tunnel, das Erniedrigendste, was<br />
einem Verteidiger passieren kann. Die Einlage,<br />
die dieser Dribbelserie folgte, endete<br />
nicht mit einem Tor, vielleicht, weil die Mitspieler<br />
vor dem Tor genauso überrascht<br />
waren wie die meisten Zuschauer auf der<br />
Tribüne. Das hätten sie nicht sein dürfen. Genau<br />
genommen war Martin Ødegaard für die<br />
allermeisten nur ein paar wenige Monate davor<br />
ein Unbekannter. Am 13. April debütierte<br />
er als jüngster Spieler der Geschichte in<br />
Norwegens erster Liga, als er für Strømsgodset<br />
gegen Aalesund eingewechselt wurde.<br />
Das Allererste, was er in diesem Spiel machte,<br />
war den Absatz zu gebrauchen, um einen<br />
Gegner nahe der Cornerfahne zu düpieren.<br />
2011 sah ich Martin Ødegaard zum ersten<br />
Mal auf dem Fussballplatz. In Oslo fand ein<br />
Eliteturnier statt, an welchem viele der besten<br />
U16-Teams aus Skandinavien teilnahmen.<br />
Unter den Spielern war ein 12-jähriger Junge,<br />
welcher in seinen zu weiten Fussballkleidern<br />
vor allem an ein Maskottchen erinnerte.<br />
Jedenfalls so lange, bis er Ballkontakt<br />
hatte. Von diesem Augenblick an zweifelte<br />
keiner mehr daran, dass er als Spieler teilnahm<br />
und nicht als Maskottchen. Jedes Mal,<br />
wenn er den Ball berührte, behandelte er ihn<br />
so, als sei er das Wertvollste, das er besass.<br />
Vermutlich ist das nicht einmal weit von der<br />
Wahrheit entfernt. Martin Ødegaard ist aus<br />
zwei Gründen zum begehrtesten 16-jährigen<br />
Fussballspieler der Welt geworden. Fast seit<br />
seiner Geburt ist der Fussball sein bester<br />
Freund, und dann hat er einen Vater, der sich<br />
darum gekümmert hat, dass sein Sohn nicht<br />
nur viel, sondern richtig trainiert.<br />
Hans Erik Ødegaard spielte während<br />
10 Saisons 241 Matches für Strømsgodset. Er<br />
war gut, aber nie spektakulär, ein ehrlicher<br />
Arbeiter. Er hat einen grossen Beitrag dazu<br />
geleistet, dass sein Sohn nicht nur sehr<br />
gut, sondern ein Künstler auf dem Fussballplatz<br />
wurde. Das wird einem nicht geschenkt.<br />
In Brasilien sagt man, dass man nach 20 Millionen<br />
Ballkontakten bereit ist, um ein Topspieler<br />
zu werden. Andere reden davon, dass<br />
man zehntausend Trainingsstunden investieren<br />
muss, um dahin zu kommen. Martin ist<br />
in Bezug auf beide Voraussetzungen schon<br />
weit gekommen.<br />
FUSSBALL ÜBER ALLEM<br />
Der Junge spielt schon vor Beginn der obligatorischen<br />
Schulzeit auf einem kleinen Bolzplatz<br />
unterhalb des elterlichen Reihenhauses<br />
in einem ruhigen Teil von Drammen. Früh am<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
FUSSBALL ØDEGAARD<br />
37<br />
PHOTOALBUM<br />
Martin mit Mutter<br />
Lene (l.), mit<br />
Bruder Kristoffer<br />
und Schwester<br />
Emilie, als cooler<br />
DJ bei einer Party<br />
und zusammen<br />
mit seinen besten<br />
Freunden.<br />
PREMIERE Am 16. Mai 2014 erzielt<br />
der 15-jährige Martin Ødegaard für<br />
Strømsgodset gegen Sarpsborg 08<br />
seinen ersten Liga-Treffer.<br />
FOTOS: BJÖRN LANGSEM/DAGBLADET, VEGARD GROTT/EPA/KEYSTONE, PRIVAT (4)<br />
Morgen trifft er sich mit den andern zum<br />
Fussballspielen. Dort bleiben sie den ganzen<br />
Tag, unterbrochen nur von den Müttern, die<br />
ihnen ab und zu etwas zu essen und zu trinken<br />
bringen. Und sie spielen weiter, bis sie<br />
nach Hause und ins Bett müssen. Er macht<br />
gern Langlauf, manchmal benutzt er die Loipen<br />
in der Nähe von Drammen, aber eigentlich<br />
ist es Fussball, und nur Fussball, was ihn<br />
interessiert. Er erzählt davon, wie er und seine<br />
Kollegen auf dem zugefrorenen Platz<br />
Bandy gespielt haben, eine Art Uni hockey<br />
auf Eis, mit Schlittschuhen und Schlägern.<br />
Sie konnten es einfach nicht erwarten, bis der<br />
Frühling kam und sie wieder den ganzen Tag<br />
Fussball spielen konnten. Und bis sie alt genug<br />
waren, um allein zu den andern Fussballplätzen<br />
in der Stadt loszuziehen.<br />
2005 bezahlten sein Vater und 15 andere<br />
Nachbarn je 50 000 norwegische Kronen<br />
(zirka 7500 Franken), damit aus dem Hartplatz<br />
ein Kunstrasen wurde. Das war damals<br />
eine grosse Sache in der Lokalzeitung. Nicht<br />
alle waren davon begeistert. Heute sind es<br />
nur noch wenige, welche sich über die damalige<br />
Investition beklagen.<br />
Martin hat ein enges Verhältnis zu seinen<br />
drei Geschwistern, einem älteren Bruder und<br />
zwei jüngeren Schwestern. Obwohl es der<br />
Vater ist, welcher ihn in den Medien vertritt<br />
und der nun mit ihm nach Spanien zieht, leistet<br />
auch seine Mutter einen grossen Beitrag.<br />
Lene Ødegaard hat Leichtathletik betrieben<br />
und Handball gespielt, sie engagiert sich<br />
heute noch im Handball. Auch die Grosseltern<br />
haben Einfluss darauf, wer Martin als<br />
Mensch ist. Martin sagt, dass ihm seine<br />
Grossmutter an seiner Konfirmation drei Ratschläge<br />
mit auf den Weg gegeben hat. Bleib<br />
auf dem Boden. Mach eine Ausbildung. Und<br />
hab Jesus im Herzen.<br />
War er nicht mit seinen Freunden auf dem<br />
besagten Hartplatz, dann war er mit seinem<br />
Vater da. Das hat sich gelohnt, denn es hat<br />
ihm das gegeben, was ihn heute als Spieler<br />
am meisten auszeichnet. Viele glauben, der<br />
Weg zum Erfolg führe über stundenlanges<br />
Pauken von Technik. Das stimmt nur zum Teil.<br />
Technik ist wichtig, aber Fertigkeit ist alles.<br />
Fertigkeit ist Taktik plus Technik, das heisst<br />
Plan plus Ausführung. Das ist es, was Hans<br />
Erik Ødegaard verstanden hat, und das<br />
ist es, was er seinem Sohn eingebläut hat.<br />
Immer wieder haben sie Übungen gemacht,<br />
in welchen Martin sich orientieren musste,<br />
bevor er an den Ball kam und in welchen er<br />
«Was wir für seine<br />
Medienkompetenz<br />
gemacht haben?<br />
Nichts! Er ist es, der<br />
uns die ganze Zeit<br />
zeigt, wie es geht»<br />
JOSTEIN FLO<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
SELBER FINANZIERT 2005 bauten die<br />
Ødegaards und deren Nachbarn auf<br />
eigene Kosten einen Platz mit Kunstrasen.<br />
Im Winter ist er tief verschneit. Unten:<br />
Die Real-Legende Emilio Butragueño<br />
präsentiert Ødegaard in Madrid.<br />
«Der Letzte, der versteht,<br />
dass Martin ein Weltstar<br />
ist, ist wahrscheinlich<br />
MARTIN selbst»<br />
MARTINS TEAMKOLLEGE IVER FOSSUM<br />
gezwungen wurde, sich taktische Überlegungen<br />
direkt vor oder während der Ballannahme<br />
zu machen. Zwei Beispiele illustrieren,<br />
wie das gemeint ist. Der Vater, welcher<br />
momentan als Assistenztrainer in der Tippeliga<br />
in Mjöndalen amtiert, spielt seinem<br />
Sohn, der einige Meter entfernt steht, den<br />
Ball zu. Vereinzelte Male steht er dabei still,<br />
andere Male rennt er mit unterschiedlicher<br />
Geschwindigkeit in verschiedene Richtungen,<br />
so dass Martin sich jedes Mal neu<br />
auf die Ballannahme einstellen muss. Beim<br />
nächsten Mal steht Martin mit dem Rücken<br />
zum Vater, eine Wand vor sich. Der Ball wird<br />
hart an die Wand gespielt, während der<br />
Vater in seinem Rücken näher kommt oder<br />
sich ab und zu vor ihn zu stellen versucht,<br />
um ihn so zu stören. All das hat Martin die<br />
einzigartige Kombination von Balance, Blick<br />
und Ballbehandlung vermittelt, die nun Spieler<br />
und Manager auf allerhöchstem Niveau<br />
verblüfft. Er führt den Ball so nah am Fuss,<br />
dass er damit grosse, starke Gegner kontrolliert<br />
umspielt. Sein Orientierungssinn verhilft<br />
ihm zu totaler Übersicht, bevor er an den Ball<br />
kommt. Er weiss ganz genau, wo seine<br />
Mitspieler und seine Gegner sich befinden,<br />
wie viel Zeit er mit dem Ball hat und wohin er<br />
damit kann. In Gedanken ist er dem Ball stets<br />
einen Schritt voraus, und damit ist er auch<br />
auf dem Platz immer einen Schritt voraus.<br />
DER WIRBEL UM DAS ERSTE TOR<br />
All das hat ihm dazu verholfen, am 16. Mai<br />
vergangenen Jahres der jüngste Liga-<br />
Torschütze der Geschichte zu werden. Kurz<br />
vor Schluss im Spiel gegen Sarpsborg war<br />
er von vier Verteidigern umzingelt. Die Situation<br />
ausweglos. Eine halbe Sekunde und<br />
eine Ballberührung später waren alle ausmanövriert,<br />
und der Ball landete im Netz.<br />
Der Tag wird zum norwegischen Fussball-<br />
Nationalfeiertag, einen Tag vor dem 17. Mai,<br />
Norwegens offiziellem Feiertag. Ein ausverkauftes<br />
Stadion erhebt sich und applaudiert<br />
tosend seinem neuen Liebling, und die<br />
Presse versammelt sich nach dem Spiel um<br />
einen Jungen von 15 Jahren und 150 Tagen.<br />
Der Einzige, der ruhig wirkt, ist der Junge<br />
selbst. Und so ist es noch heute.<br />
Der Sportdirektor von Strømsgodset, der<br />
ehemalige Fussballer Jostein Flo, wurde<br />
gefragt, was der Club gemacht habe, um<br />
dem Jungen eine solche Medienkompetenz<br />
zu vermitteln. Flo lächelte schelmisch.<br />
«Nichts», lautete seine Antwort. «Er ist es,<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
FUSSBALL ØDEGAARD<br />
39<br />
REKORD Norwegens Coach Högmo<br />
wechselt Ødegaard gegen Bulgarien ein:<br />
mit 15 Jahren und 301 Tagen der jüngste,<br />
der je ein EM-Quali-Match bestritt.<br />
SLALOM-ASS Nicht auf Schnee,<br />
sondern auf Rasen: Ødegaard im<br />
EM-Quali-Spiel gegen Bulgarien.<br />
HEISS BEGEHRT<br />
Martin war zu<br />
Probetrainings in<br />
halb Europa eingeladen,<br />
aber<br />
Liverpool (o.) und<br />
Bayern München<br />
(l.) zogen letztlich<br />
gegen Real Madrid<br />
den Kürzeren.<br />
FOTOS: KEYSTONE, IMAGO <strong>SPORT</strong>FOTO, SPLASH NEWS/CORBIS, HANDOUT (2)<br />
der uns die ganze Zeit zeigt, wie es geht.»<br />
Seit diesem Spiel herrscht schon beinahe<br />
Hysterie in Bezug auf den Jungen. Kichernde<br />
Mädchen bitten um Selfies, und die<br />
Medien berichten über das kleinste Detail,<br />
das von Interesse sein könnte. Mittendrin<br />
steht Martin und benimmt sich, als wäre das<br />
ganz alltäglich. Er ist äusserst höflich zu allen,<br />
natürlich zudem. Auf die meisten Fragen antwortet<br />
er mit entwaffnendem Charme und<br />
einem Wortschatz, der von der gleichen Reife<br />
ist wie die auf dem Fussballplatz. Vermutlich<br />
hat ihn sein Freund und Mannschaftskamerad<br />
Iver Fossum am besten beschrieben,<br />
als er sagte: «Der Letzte, der versteht,<br />
dass Martin ein Weltstar ist, ist vermutlich<br />
Martin selbst.» Das ist eine Leistung, vor allem<br />
im Licht der hysterischen Zustände um ihn.<br />
Das Tor gegen Sarpsborg wurde durch<br />
zwei Treffer sowie ein Assist auswärts gegen<br />
Sandnes Ulf im Juli, durch drei Assists<br />
auswärts gegen Start und zwei Tore daheim<br />
gegen Lillestrøm bestätigt. Die Meinung im<br />
Volk ist gemacht. Er verkörpert zudem die<br />
Zukunft des Nationalteams. Alle haben eine<br />
Meinung über ihn. In einem Land, das seit<br />
den Neunzigern nicht von Erfolg verwöhnt<br />
worden ist. Selten kommt es vor, dass ein<br />
norwegischer Spieler für die grossen Ligen<br />
in Europa attraktiv genug ist. Nun scheint der<br />
Retter da. Das wollen alle auskosten.<br />
Der Trainer der Nationalmannschaft, Per<br />
Mathias Høgmo, erkannte, was alle erkannten.<br />
Norwegen hat ein einzigartiges Talent.<br />
Trotzdem zögerte er. Und das ist verständlich.<br />
Die Rede ist von einem Jungen, der<br />
noch nicht einmal Moped fahren durfte und<br />
noch nicht einmal die obligatorische Schulzeit<br />
abgeschlossen hatte. Zum Schluss entschied<br />
Høgmo sich, und das Debüt erfolgte<br />
an dem Abend in Stavanger. Seit diesem<br />
Spiel ist der Zirkus um ihn perfekt.<br />
Nur er vermittelt Ruhe. Und Ruhe konnte<br />
er während der letzten Wochen gut gebrauchen.<br />
Nach dem Saisonabschluss waren er<br />
und sein Vater auf einer umfassenden Tournee<br />
bei den besten Fussballclubs der Welt.<br />
Bei Bayern, Dortmund, Barcelona, Arsenal,<br />
Manchester United und Stadtrivale City, und<br />
sogar bei Martins Lieblingsclub in Liverpool.<br />
In «La Gazzetta dello Sport» rangiert Martin<br />
als zweitgrösstes Talent, hinter Divock Origi<br />
und vor dem Schweizer Breel Embolo. Der<br />
Club, der sich am allermeisten angestrengt<br />
hat, ist Real Madrid. Dieser Club hat auch<br />
die begehrte Unterschrift bekommen.<br />
Die Wahl war nicht so einfach, im Sinne<br />
von: Zu Real Madrid sagt man nicht nein. Vermutlich<br />
war die Entscheidung viel härter.<br />
Zum Schluss waren wahrscheinlich Madrid,<br />
Bayern, Arsenal und Liverpool im Rennen.<br />
Jetzt zieht Martin mit seinem Vater in die<br />
spanische Hauptstadt. Hans Erik arbeitet als<br />
Spielerentwickler an der Juniorenakademie,<br />
Martin als Fussballspieler der zweiten Mannschaft.<br />
Das ist ein grosser Schritt für einen<br />
immer noch kleinen Jungen, vom Hartplatz<br />
zu Hause in Drammen nach Santiago Bernabeu.<br />
Das lange Rennen an die Spitze hat<br />
gerade erst begonnen.<br />
Autor Lars Tjærnås war Headcoach von drei Erstliga-Klubs<br />
in Norwegen, hat acht Jahre nationale<br />
Auswahlen trainiert und war Assistent von Egil<br />
Olsen in Englands Premier League bei Wimbledon<br />
MARTIN ØDEGAARD<br />
GEBOREN 17. Dezember 1998 in Drammen<br />
(Norwegen), Sternzeichen Schütze<br />
ZIVILSTAND ledig ERFOLGE Youngster<br />
des Jahres 2014 in der Tippeliga.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
40 FUSSBALL JOSÉ GONÇALVES<br />
In der Schweiz war José Gonçalves ein Fussballer unter vielen. In den USA<br />
aber gehört der Waadtländer mit kapverdischen Wurzeln zu den Topstars.<br />
Der Captain der New England Revolution hat nach einer Reise durch die<br />
Fussballwelt in New England sein Glück gefunden. Text: Marc David · Fotos: Peter Lueders<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
ENTSCHLOSSEN José Gonçalves<br />
in der gemeinsamen Trainingshalle<br />
der New England Patriots und<br />
Revolution. Die Fussballer wollen<br />
nach fünf erfolglosen Finalteilnahmen<br />
endlich den ersten<br />
Titel. Am 8. März starten<br />
sie in Seattle in die neue Saison.
ATHLETISCHER HÜNE Mit<br />
seinen 1,90 m Körpergrösse<br />
ist Gonçalves prädestiniert<br />
zum Innenverteidiger.<br />
Er ist ein richtiger Fussball-Globetrotter,<br />
José Gonçalves.<br />
Und doch ist der athletische<br />
und freundliche 29-Jährige<br />
von seinen tiefen Wurzeln geprägt.<br />
Denn seine Geschichte, die momentan<br />
inmitten der Wolkenkratzer Bostons<br />
spielt, ist eigentlich die eines typischen kleinen<br />
Jungen aus Lausanne, der im fünften<br />
Stock eines Wohnhauses im beliebten Quartier<br />
La Sallaz aufgewachsen ist. Die Eltern<br />
leben heute noch dort, und seine Mutter<br />
schneidet sorgfältig alle Artikel aus, die über<br />
ihren Sohn erscheinen. José war zwei Jahre<br />
alt, als seine Eltern in die Schweiz zogen. Die<br />
Familie kam aus bescheidenen Verhältnissen<br />
via Portugal von den Kapverdischen Inseln.<br />
«Alle haben nur von der Schweiz gesprochen.<br />
Man hat sie als Paradies betrachtet»,<br />
erinnert sich Vater Julio, der ebenso wie<br />
seine Frau am Universitätsspital Lausanne<br />
arbeitet. Und José, Captain in einer der<br />
grössten Städte der USA, ist stolz auf die<br />
Werte, die ihm seine Familie mitgegeben<br />
hat: harte Arbeit und Bescheidenheit. Nach<br />
ihnen lebt er noch heute.<br />
In der Familie Gonçalves fehlte man keinen<br />
Tag in der Schule. «Ich ging sogar hin,<br />
wenn ich krank war», erinnert sich José. «Ich<br />
habe nie erlebt, dass mein Vater zu Hause<br />
war, anstatt arbeiten zu gehen.» Nach einem<br />
Transfer zu Yverdon nahm der 15-jährige<br />
José seinen Mut zusammen und wechselte<br />
ein halbes Jahr vor Abschluss seiner obligatorischen<br />
Schulzeit zum grossen FC Basel.<br />
«Das Risiko bin ich eingegangen», sagt er.<br />
FOTO: JIM ROGASH/GETTY IMAGES<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
FUSSBALL JOSÉ GONÇALVES<br />
43<br />
<strong>SPORT</strong>STADT BOSTON<br />
BABE RUTH BIS TOM BRADY<br />
Boston mit seinen 2,7 Mio. Einwohnern<br />
ist eine ausgesprochene<br />
Sportstadt. Zahlreiche Teams verschiedener<br />
Sportarten sind hier<br />
zu Hause. Da sind die Baseballer<br />
der Red Sox, aus deren Reihen<br />
der wohl beste Spieler der Geschichte,<br />
Babe Ruth, hervorgegangen<br />
ist. Sie gewannen 2013<br />
zum ersten Mal seit seit 1918<br />
die World Series. Die Eishockey-<br />
Organisation der Bruins mit<br />
Legenden wie Ray Bourque oder<br />
Bobby Orr holte 2011 ihren sechsten<br />
Stanley Cup. In ihrem TD<br />
Garden finden 17 500 Zuschauer<br />
Platz. Die polysportive Arena<br />
wird auch vom legendären Basketballklub<br />
der Celtics genutzt.<br />
Unvergessen deren Helden Larry<br />
Bird oder Bill Russell. Die letzte<br />
Meisterschaft gabs zwar 2008,<br />
doch bis heute sind die Celtics<br />
mit 17 Titeln der erfolgreichste<br />
Klub der NBA. Die Fussballer der<br />
New England Revolution dagegen<br />
warten seit ihrer Gründung<br />
1996 trotz fünf Finalteilnahmen<br />
auf den ersten Titel. Sie teilen das<br />
Gillette Stadium (68 000 Plätze)<br />
mit dem Football Team der<br />
New England Patriots. Diese holten<br />
vor Monatsfrist mit ihrem<br />
Quarterback-Superstar Tom<br />
Brady die Super Bowl zum vierten<br />
Mal nach Boston.<br />
«Manchmal fehlt<br />
mir im Stadion die<br />
aufgeheizte<br />
Stimmung wie in<br />
Europa»<br />
<strong>SPORT</strong>HEIMAT FÜR ZWEI Das Gillette<br />
Stadium teilen sich Revolution und<br />
Patriots. Zum Football kommen 68 000,<br />
zum Soccer 20 000.<br />
CAPTAIN Inmitten seiner Teamkollegen<br />
stemmt José Gonçalves den Pokal<br />
nach dem Gewinn der Eastern Conference<br />
gegen New York.<br />
«Wenn ich schlechte Laune hatte, dachte<br />
ich an meinen Vater und daran, was er alles<br />
erlebt hat. Über mein Schicksal flennen, weil<br />
ich oft Zug fahren musste? Keinesfalls.»<br />
Gonçalves ist danach weitergezogen,<br />
nach Winterthur, Venedig und Thun, wo er<br />
die grossen Momente in der Champions<br />
League miterlebte, zu Heart of Midlothian<br />
nach Edinburgh in Schottland und nach<br />
Nürnberg, bevor er wieder in die Schweiz<br />
zurückkehrte (St. Gallen und Sion), nur um<br />
danach in den USA erneut durchzustarten. <br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
44 FUSSBALL JOSÉ GONÇALVES<br />
SPASS José mit Lenny in der Bostoner Stadtwohnung. Den Namen verdankt er Popstar Kravitz.<br />
«An keinem<br />
Ort meiner<br />
langen Reise<br />
fiel es mir so<br />
leicht, mich<br />
einzuleben,<br />
wie in<br />
Boston»<br />
«Wenn man wie ich viele schwierige<br />
Momente zu meistern hat, ist es wichtig, dass<br />
man weiss, woher man kommt. Ich brauche<br />
die Rückkehr zu mir, um Energie zu tanken.»<br />
Mit «zu mir» meint er Lausanne. Gonçalves<br />
besitzt in Lutry in der Nähe des Sees eine<br />
Zweitwohnung.<br />
Seine Stadt ist heute aber Boston. 2013<br />
hat er nach einem missglückten Engagement<br />
in Sion dorthin gewechselt. Mit Freundin<br />
Bianca und Hund Lenny wagte er den Versuch.<br />
Er wollte spielen. Ein Augenschein in<br />
der fürstlichen Infrastruktur hat ihn schnell<br />
überzeugt: Sein Club «New England Revolution»<br />
teilt das Stadion mit den Patriots. Zwar<br />
zieht der prestigeträchtige American-Football-Club<br />
im Schnitt 70 000 Zuschauer pro<br />
Spiel an, während es die «Revs» bloss auf<br />
20 000 bringen – für den amerikanischen<br />
Fussball ist das aber eine beachtliche Zahl.<br />
Als zuverlässiger und zielstrebiger Spieler<br />
nimmt Gonçalves in seinem neuen Club<br />
rasch eine wichtige Rolle ein, ist Captain.<br />
2013 wird er zum besten Verteidiger der Liga<br />
gewählt. Grund genug, sein neues Umfeld<br />
zu schätzen: Die Stadt gefällt ihm sehr gut,<br />
genauso der American Way of Life. Der<br />
Waadtländer hat sich trotz seiner zahlreichen<br />
Stationen eine Begeisterung bewahrt. «Hier<br />
lebe ich bloss zehn Minuten vom Zentrum,<br />
von den Restaurants und Kinos entfernt. Ich<br />
kann mit dem Scooter oder mit dem Velo<br />
hinfahren. Von der Lebensart und der<br />
Architektur her ist es die europäischste Stadt<br />
der USA», schwärmt Gonçalves. «Sie erinnert<br />
mich an Edinburgh. Im Sommer kann ich zum<br />
Strand, im Winter nach Vermont zum<br />
Skifahren.»<br />
Das sportliche Umfeld ist allerdings ein<br />
ganz anderes als jenes in Europa. Die Trainings<br />
etwa finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit<br />
statt – aus Angst, dass ein Verrückter<br />
auftaucht. «Das ist schade», findet<br />
Gonçalves. Er musste lernen, dass der Fussball<br />
in den USA zwar seinen Reiz hat, aber<br />
nicht von der aufgeheizten Atmosphäre lebt,<br />
wie er es aus Italien oder Deutschland kennt.<br />
«Manchmal wünschte ich, dass da etwas<br />
mehr Spannung wäre. Das macht den Fussball<br />
schliesslich aus. Letztes Jahr verloren wir<br />
sechs Mal in Folge, obwohl wir eigentlich<br />
eine tolle Saison hatten. Dennoch blieben<br />
die Fragen der Journalisten höflich, niemand<br />
sagte, was wir für Nieten seien.»<br />
THIERRY HENRY ALS FREUND<br />
Das Erreichen des Meisterschaftsfinals schaffte<br />
dennoch etwas Leben in einer Stadt, die<br />
grosse Exploits seiner Clubs gewohnt<br />
ist (siehe Box). Das Saison-Highlight gegen<br />
die Los Angeles Galaxy und ihren Star Robbie<br />
Keane (ex Tottenham Hotspurs) ging allerdings<br />
verloren. Es war die fünfte Final-Niederlage für<br />
die Revs. «Das hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack.<br />
Ich spiele für Matches wie diesen.<br />
Es ist hart, wenn etwas, das die Krönung der<br />
Saison hätte werden sollen, so endet.»<br />
Die Major Soccer League besitzt eine<br />
Reihe solcher ausländischer Torjäger. Dazu<br />
gehören der Italiener Marco Di Vaio, der Brasilianer<br />
Juninho oder der Franzose Péguy Luyindula.<br />
In der neuen Saison werden weitere<br />
Cracks wie die Weltmeister David Villa und<br />
Kaka oder Frank Lampard erwartet. Inmitten<br />
dieser Stars ist Gonçalves eine anerkannte<br />
Grösse und hat sich mit Thierry Henry angefreundet,<br />
auch weil New England und New<br />
York ihre Trainingscamps in Arizona verbrachten.<br />
«Wir haben viel geredet. Auch wenn es<br />
zahlreiche andere Spieler wollten – mir hat er<br />
sein letztes Trikot nach seinem allerletzten<br />
Spiel gegeben, als wir die Red Bulls im Finale<br />
der Eastern Conference besiegt haben.»<br />
Ins Stadion kommen die Zuschauer zwar<br />
zahlreich, doch kennen sich die meisten mit<br />
den Feinheiten des Fussballs nicht aus. Vielmehr<br />
geht es darum, eine gute Zeit mit der<br />
Familie zu verbringen. «Sie tun das, was man<br />
das ‹Tailgetting Barbecue› nennt. Selbst im<br />
Winter grillieren sie Fleisch und trinken Bier,<br />
während sie das Spiel schauen.»<br />
Gonçalves akzeptiert dies mit einem<br />
Lächeln, betrachtet es als Erfahrung. Er verheimlicht<br />
aber nicht, dass er sich mit 30 Jahren<br />
wieder der Schweiz annähern möchte.<br />
Momentan verbringt er hier pro Jahr bloss<br />
einen Monat zur Weihnachtszeit kehrt er<br />
zurück «zu sich». In die kleine Wohnung in La<br />
Sallaz, wo alles begann.<br />
ZAHLEN UND FAKTEN<br />
GEBOREN Am 17. September 1985 in<br />
Lissabon, Sternzeichen Jungfrau; Doppelbürger<br />
Schweiz und Portugal ZIVILSTAND<br />
Liiert mit Bianca CLUBS Yverdon (2001–<br />
02), Basel (2002–04), Venedig (2005),<br />
Winterthur (2004–05), Thun (2005–06),<br />
Heart of Midlothian (2006–08), Nürnberg<br />
(2008–09), St. Gallen (2011), Sion (2011–14),<br />
New England Revolution (seit 2013).<br />
Drei Aufgebote für Portugals U21.<br />
www.jose-goncalves.com<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
SEITE AN SEITE Seine<br />
Zürcher Freundin<br />
Bianca hat Gonçalves<br />
vor seinem Engagement<br />
in Nürnberg<br />
kennen gelernt. Sie<br />
folgt ihm überallhin.<br />
In Boston studiert sie<br />
Kommunikation.
46<br />
HIS MASTER’S VOICE<br />
OTTMAR HITZFELD UND URS HELLER ÜBER<br />
EMBOLO, SHAQIRI UND<br />
VIER STARKE TORHÜTER<br />
Das Jahr hat prima angefangen. Breel Embolo besitzt<br />
jetzt den Schweizer Pass.<br />
Das ist ein unglaublich positiver Entscheid. Für<br />
die Schweiz und bald auch für die Schweizer Nationalmannschaft.<br />
Er ist mit seinen 18 Jahren schon sehr<br />
weit gekommen, ist ein Diamant, der jetzt beim FC Basel ge schliffen<br />
wird. Dass Breel den Vertrag beim FCB jetzt bis 2019 verlängert<br />
hat, zeugt von einer guten Karriereplanung. Mich hat es nicht überrascht,<br />
dass er sich für die Schweiz und gegen Kamerun ent schieden<br />
hat. Er weiss, was er dem Verband und dem FCB verdankt.<br />
Sehen wir Embolo bald in der Nationalmannschaft?<br />
Das nehme ich an. Früher oder später ist die Zeit reif für einen Teileinsatz.<br />
Embolo kann auf vielen Positionen<br />
eingesetzt werden. Im Verein sehe ich ihn<br />
am ehesten als Mittelstürmer.<br />
Beim FCB heisst der Mittelstürmer immer<br />
noch Marco Streller. Und ausgerechnet er<br />
setzt sich unglaublich für Breel ein.<br />
Marco hat eine hohe Sozialkompetenz. Er ist<br />
ein echter Leader, ein perfekter Captain.<br />
Streller ist für Breel ein Glücksfall.<br />
Du hast ein gutes Auge für 18-Jährige.<br />
Shaqiri flog mit dir an die WM nach<br />
Südafrika, als er bei Basel noch häufig auf<br />
der Ersatzbank sass. Ist Inter für ihn ein<br />
guter Entscheid?<br />
Inter ist nicht Bayern. Aber er hatte in München<br />
das Vertrauen des Trainers nicht mehr.<br />
Da ist es besser, einen Schritt zurück zu<br />
machen. Ich habe den Wechsel befürwortet.<br />
Bei Inter kann er die nötige Spielpraxis<br />
holen. Er ist ein Vollblut-Fussballer. Und er<br />
wird seinen Weg gehen.<br />
Bei der SFL Award Night wurde Breel<br />
Embolo als Publikumsliebling ausgezeichnet<br />
und Shkelzen Gashi als «Fussballer<br />
des Jahres». Mich überrascht Gashis Entwicklung.<br />
Gashi ist ein Spätzünder. Mit 18, 19, 20 Jahren<br />
wurde er von Klub zu Klub weitergereicht,<br />
blieb meist nur kurz beim gleichen<br />
Verein, und niemand hätte ihm zugetraut,<br />
dass er einmal «Fussballer des Jahres» würde.<br />
Aber er hat nie aufgegeben, hat immer<br />
«Breel Embolo plant<br />
seine Karriere gut.<br />
Er ist ein Diamant,<br />
der jetzt beim FCB<br />
geschliffen wird»<br />
OTTMAR HITZFELD<br />
MARIO WIDMER People gross Guer sissequ<br />
ametum alit vol enis, henia llamet, velis amet<br />
my nullamet, velis amet amcon heniam<br />
Vorname Name.ro commy nullamet, velis<br />
amet amcon heniam Vornammet, veliht Guer<br />
FCB-STURMTANK sissequ ametum. Breel Embolo hat den<br />
Lockrufen aus dem Ausland widerstanden.<br />
an sich geglaubt. Seine Karriere hat eine traumhafte Wende genommen.<br />
Ebenfalls traumhaft: Gleich vier Schweizer Torhüter spielen in<br />
der Bundesliga …<br />
… und alle vier haben sich in ihren Vereinen durchgesetzt. Die<br />
Schweiz verfügt momentan über eine gute Torhüter-Generation.<br />
Eine einmalige Konstellation, die kaum zur Regel wird. Dafür ist die<br />
Schweiz zu klein.<br />
Dass es Diego Benaglio und Yann Sommer geschafft haben,<br />
war zu erwarten. Aber auch Roman Bürki und Marwin Hitz sind<br />
echte Leistungsträger.<br />
Bürki ist ein aussergewöhnlicher Torhüter. Stark auf der Linie, stark<br />
beim Herauslaufen, mit einer guten Spieleröffnung.<br />
Ein moderner Torhüter also!<br />
Hitz ist ein Riesentalent. Er ist mit Augsburg<br />
durchgestartet. Ein kleiner Verein mit<br />
kleinem Budget ist auf dem Höhenflug.<br />
Wir haben uns vor 30 Jahren beim<br />
FC Luzern kennengelernt. Du warst<br />
Spieler, ich Reporter. Müssen wir uns<br />
Sorgen machen um den Verein?<br />
Der FC Luzern darf die Gefahr nicht unterschätzen.<br />
Die Mannschaft hat in der Vorrunde<br />
zu wenig Punkte geholt, die Leistung<br />
nicht abgerufen, nicht überzeugt. Da ist noch<br />
Luft nach oben.<br />
Die Innerschweizer lieben ihren FCL.<br />
Klappts nicht, gibt es schnell Unruhe. Ist<br />
Markus Babbel da der richtige Mann?<br />
Ich halte viel von Markus. Er hat als Spieler<br />
beim FC Bayern viel erlebt. Er bewahrt auch<br />
als Trainer in kritischen Momenten die Ruhe,<br />
ist ein Stratege. Und mit Rolf Fringer hat<br />
er jetzt einen Mann an seiner Seite, der<br />
ebenfalls viel Erfahrung mitbringt und gut<br />
kommuniziert.<br />
OTTMAR HITZFELD gehört zu den erfolgreichsten<br />
Trainern der Welt. Champions-League-<br />
Sieger mit Borussia Dortmund und Bayern<br />
München. 2 × Schweizer Meister. 7 × Deutscher<br />
Meister. Von 2008 bis 2014 Trainer der Schweizer<br />
Nationalmannschaft.<br />
URS HELLER ist Geschäftsführer der Ringier<br />
Zeitschriften und Fussball-Fan.<br />
FOTOS: THOMAS BUCHWALDER, NICK SOLAND/FRESHFOCUS<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
verbindet.<br />
Mehr Himmel<br />
auf Erden.<br />
400 KM WANDERWEGE FÜHREN INS GLÜCK.<br />
Lässt Herzen höher schlagen.
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015<br />
«MONATELANG<br />
HAT MAN GEGEN<br />
MICH GESCHOSSEN.<br />
DER IMAGESCHADEN<br />
IST RIESIG»<br />
Vero Salatic
FUSSBALL VERO SALATIC 49<br />
SCHLUSS<br />
MIT DEM<br />
ZIRKUS<br />
Vero Salatic verkörperte den Traditionsklub GC wie kein Zweiter. Dann überwarf<br />
sich der Captain mit dem Trainer. Was folgte, war ein beispielloser Machtkampf,<br />
der nur Verlierer hinterliess. Wie tickt der Mann, der beim FC Sion sein<br />
ramponiertes Image neu aufbauen will? Text: Christian Bürge · Foto: Thomas Buchwalder<br />
STYLING: JULIA GRUNZ, JEANSHEMD VON DEECEE STYLE, ZÜRICH; HAARE UND MAKE-UP: MELANIE VOLKART<br />
Möglicherweise kommt der Interviewtermin<br />
zeitlich ungelegen<br />
wie keiner zuvor in<br />
seinem Leben. Es ist Samstag,<br />
der 7. Februar, als Vero<br />
Salatic in dem Fotostudio in<br />
Oberglatt erscheint, keine<br />
drei Kilometer vom GC-Campus in Niederhasli<br />
entfernt. Das Gespräch war lange ausgemacht.<br />
Er hätte über seine Karriere sprechen<br />
sollen, sein Wesen, seine Träume. Auch<br />
über das Zerwürfnis mit Trainer Michael Skibbe.<br />
Und darüber, wie er die Zukunft anpacken<br />
will mit GC, mit seinem Klub. Aber<br />
die Tage zuvor waren turbulent. Er ist plötzlich<br />
auf dem Absprung zu Sion. Christian<br />
Constantin, der Präsident der Walliser, fliegt<br />
nach Zürich, um zu verhandeln. GC verlangt<br />
zuerst fünf, dann vier Millionen Franken<br />
Ablöse. Constantin bricht die Verhandlungen<br />
ab. Keine 24 Stunden später sitzt Salatic<br />
da und wirkt wie ein geknickter Mann. Es<br />
sieht schlecht aus mit seinem Transfer.<br />
Kann er damit umgehen? «Ja, muss ich ja.<br />
Sonst gehe ich psychisch kaputt», sagt er.<br />
Wie soll er zurückkehren in diese Mannschaft,<br />
von der er sich schon verabschiedet<br />
hat? Wie die Motivation wieder finden? Wie<br />
die Akzeptanz? Die Situation ist ihm sichtlich<br />
unangenehm.<br />
Dabei ist Michael Skibbe zu diesem Zeitpunkt<br />
längst weg. Wieder in der Türkei, bei<br />
seinem ehemaligen Klub Eskisehirspor. Mit<br />
dem Deutschen hatte er sich im Spätsommer<br />
wegen verschiedener Entscheide und<br />
der Trainingsgestaltung überworfen und war<br />
deswegen suspendiert worden. Per Gerichtsbeschluss<br />
hatte er sich das Trainingsrecht<br />
nach Wochen wieder erkämpft, und<br />
schliesslich wurde er von Präsident Anliker<br />
begnadigt, feierte ein erfolgreiches Comeback.<br />
Nur die Captainbinde gaben sie ihm<br />
nicht mehr. Und die damit verbundenen Extraprämien.<br />
Das war für Salatic inakzeptabel.<br />
Man wirft Ihnen vor, dass es nach dem<br />
Machtkampf nur ums Geld ging.<br />
Ich weiss nicht, wer gern auf Geld verzichtet.<br />
Es war ungerechtfertigt, dass ich suspendiert<br />
wurde. Sonst wäre ich am Ende nicht<br />
wieder in der Mannschaft gestanden. Ich<br />
habe mich gefragt, warum wir nicht zur<br />
Tagesordnung übergehen konnten, mit dem<br />
Stand vor dem Knatsch. Wenn die Leute<br />
schon der Überzeugung sind, dass es mich<br />
braucht. Dass ich recht hatte.<br />
Ist der persönliche Status wichtiger als das<br />
Team?<br />
Man muss das im Kontext sehen. Für mich<br />
mussten die Dinge wieder zurechtgerückt<br />
werden. Monatelang wurde gegen mich<br />
geschossen. Mein Name hat gelitten. Der<br />
Imageschaden ist riesig. Es hiess, Salatic hat<br />
gegen den Trainer gearbeitet. Das ist alles<br />
nicht wahr.<br />
Was darf ein Trainer neben Ihnen?<br />
Alles. Der Trainer muss der Chef sein. Aber<br />
wenn du dem Team nichts vorlebst, dann<br />
verliert es den Respekt. Bei Skibbe war es<br />
so, dass es ihn gar nicht interessierte, was uns<br />
beschäftigte. Das erste Jahr war gut. Wir<br />
konnten arbeiten, wir funktionierten. Ich hielt<br />
die Mannschaft zusammen. Wir tauschten<br />
uns aus. Aber ihn interessierten die Inputs je<br />
länger, je weniger – dass wir Zusatztrainings<br />
wollten und so weiter. Wir wollten Dinge<br />
mit den Physiotherapeuten machen, verletzungsvorbeugende<br />
Sachen. Wir wollten alles<br />
optimieren. Wir wurden zwar Zweiter, aber<br />
es war bei weitem nicht alles gut.<br />
Was hätten Sie verändern wollen?<br />
Skibbe sagte immer, die Qualität der Spieler<br />
sei halt zu schlecht. Aber wenn die Qualität<br />
der Spieler nicht gut genug ist, dann geht es<br />
nicht, wenn man eine Stunde lasch trainiert.<br />
Dann muss man eben zwei Stunden intensiv<br />
trainieren. Vielleicht wird man ja besser. So<br />
ist jedenfalls meine Einstellung. Ich wollte<br />
nicht bestimmen, was er zu tun hat. Aber zumindest<br />
den Input musste ich weitergeben.<br />
Das stand sogar in meinem Vertrag.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
50 FUSSBALL VERO SALATIC<br />
GROSSER MOMENT<br />
Salatic feiert mit Roman<br />
Bürki den Cupsieg 2013<br />
mit den Fans an der<br />
Zürcher Langstrasse.<br />
Sie wurden als fremdgesteuert betitelt.<br />
Wie viel Macht hat ihr Agent Milos<br />
Malenovic?<br />
Er war neben meiner Frau und meiner Familie<br />
der Einzige, der immer für mich da war.<br />
Aber ich habe meine Schlüsse immer selbst<br />
gezogen. Ich bin bald 30, habe drei Kinder,<br />
das vierte ist unterwegs. Ich bin ein erwachsener<br />
Mann, der keinen Berater braucht, der<br />
ihn an der Hand führt. Wir teilen dieselbe<br />
Meinung. Ich sehe nun mal alles, was in dem<br />
Verein abläuft. Wenn du 15 Jahre in einem<br />
Klub bist, weisst du, was vorgeht. Du redest<br />
auch mit jedem. Ob das jetzt in der Wäscherei<br />
ist, mit dem Gärtner oder weiss ich was.<br />
Du kennst die Leute. Ich sehe, was gut läuft<br />
und was nicht.<br />
Salatic zieht sich fürs Shooting erst ein<br />
Jeanshemd über, dann auch ein GC-Shirt<br />
im Retro-Stil der 60er-Jahre. Selbst wenn er<br />
die Farben vielleicht nie mehr tragen wird.<br />
«Kein Problem», sagt er. «Wissen Sie, ein Teil<br />
von mir bleibt immer GC.»<br />
14 Jahre alt ist Vero, als er das erste Mal<br />
mit den Grasshoppers in Kontakt kommt. Er<br />
wird zu einem Probetraining eingeladen,<br />
fährt nach Zürich. Nach dem dritten Training<br />
kommt der damalige Coach der U15, José Ribeiro,<br />
zu ihm, als Salatic gerade die Schuhe<br />
putzt. «Hey, Junge, willst du wirklich zu GC<br />
kommen?», fragt Ribeiro. «Du weisst, was<br />
es heisst, täglich mit dem Zug hierher zu<br />
fahren?» Vero weiss es. Und er sagt zu. Als<br />
er fünf ist, kommt seine Familie aus Bosnien<br />
in die Schweiz. Er spielt Fussball für Zug 94.<br />
Sein Talent bleibt den Spähern aus Zürich<br />
nicht verborgen. Der Schritt zu GC ist<br />
gross. GC ist eine namhafte Adresse. Nur die<br />
Besten gehen dahin. Sie werden von überall<br />
her geholt. Täglich wird trainiert, sogar<br />
zweimal. «Ich machte ein Jahr U15, ein<br />
Jahr U17, ein Jahr U21», erinnert sich Salatic.<br />
2003 darf er zum Probetraining in die erste<br />
Mannschaft. Reto Ziegler ist damals im<br />
Team, Stephan Lichtsteiner, Kim Jaggy,<br />
Richard Nuñez, Fernando Gamboa. Für den<br />
17-Jährigen ist das die grosse Welt.<br />
Mitte der Neunziger ist GC sehr erfolgreich.<br />
Auch in der Champions League. Salatic<br />
ist GC-Fan, als Teenager steht er als Balljunge<br />
an der Seitenlinie. Für ihn gibt es<br />
nichts anderes als blau-weiss. Er weiss noch,<br />
wie viel Stolz er verspürt, als er das Shirt zum<br />
ersten Mal anziehen darf. Damals noch ohne<br />
Namen. Als er Jahre später im Aufgebot<br />
der ersten Mannschaft steht, geht er in die<br />
Garderobe. Sein Leibchen ist aufgehängt.<br />
Auf dem Rücken steht Salatic geschrieben.<br />
Carlos Bernegger kommt zu ihm und sagt:<br />
«Siehst du, davon hast du immer geträumt.»<br />
Dafür ist er morgens um halb sieben<br />
immer in den Zug nach Zürich gestiegen,<br />
mit zwei Trainingstenus. Eines fürs Morgentraining,<br />
eines fürs Nachmittagstraining.<br />
Abends um zehn war er zuhause. Und das<br />
täglich. Irgendwann ging die Wäsche aus.<br />
Dann musste Mutter Cvijeta abends waschen<br />
und danach alles von Hand föhnen. «Diese<br />
«SICHER<br />
BEDAURE ICH<br />
DINGE. DASS<br />
ICH IN MEINER<br />
KARRIERE KEINE<br />
CHAMPIONS<br />
LEAGUE SPIELE<br />
ZUM BEISPIEL»<br />
Vero Salatic<br />
Zeiten bleiben schon hängen», sagt Salatic.<br />
«Darum ist ihr das, was in den letzten Monaten<br />
passierte, auch nicht einfach so egal. Ihr<br />
tat es extrem weh. Du warst das halbe Leben<br />
bei GC, dann passiert so etwas.»<br />
Er verbringt mit seinen Geschwistern Dragoljub<br />
und Radojka eine sorglose Kindheit.<br />
Es gibt nur Ärger, wenn sie zu spät vom Fussballspielen<br />
nach Hause kommen, mal ein<br />
Fenster kaputtgeht. Sie sind Strassenfussballer.<br />
Und der Typ Secondos, den es nicht<br />
kümmert, ob es dabei regnet oder schneit.<br />
Auf dem Pausenplatz ist er einer von vielen,<br />
keiner, der sagt, wer wo zu spielen hat. Aber<br />
schon damals zählen für ihn Dinge, die er<br />
aus dem Elternhaus mitbekommt. Anstand,<br />
Respekt, Ehrlichkeit. Und er hat einen ausgeprägten<br />
Gerechtigkeitssinn.<br />
Er sieht später, wie Ricardo Cabanas<br />
oder Boris Smiljanic mit natürlicher Autorität<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
51<br />
NEUE HEIMAT Salatic<br />
mit seinem Teamkollegen<br />
Dario Vidosic auf dem<br />
Weg zum Sion-Training in<br />
Martigny.<br />
FOTOS: KATHI BETTELS/BLICK<strong>SPORT</strong>/RDB, CHRISTIAN PFANDER/FRESHFOCUS<br />
führen. Er selbst ist noch kein Leitwolf. Er hat<br />
genug mit sich selbst zu kämpfen. Zum<br />
Leader wird er erst auf Zypern. Bei Omonia<br />
Nikosia, seinem einzigen Ausland-Engagement,<br />
für das er damals belächelt wird. Constantinos<br />
Makrides ist dort der Captain, der<br />
sich auf dem Feld zerreisst. Und sich auch<br />
sonst nicht scheut, in den Nahkampf zu gehen.<br />
Als Omonia Cupsieger wird, die Spieler<br />
aber immer noch auf ihre Löhne warten, stellt<br />
er den Präsidenten persönlich. «In dieser<br />
Sprache hast du sowieso das Gefühl, dass sie<br />
sich gleich die Köpfe einschlagen», sagt<br />
Salatic. «Aber es war beeindruckend.»<br />
Makrides macht sich keinen Freund an diesem<br />
Abend, aber er eint das Team. Salatic sieht<br />
sich spätestens nach seiner Rückkehr selbst<br />
in dieser Rolle. Als Routinier, der den Jungen<br />
die Richtung vorgibt, Einsatz vorlebt, ihnen<br />
auch mal auf die Finger klopft, den Kopf<br />
wäscht, wenn sie zu spät zum Training kommen.<br />
Der sagt, welcher Jüngling die Bälle<br />
aufpumpt, der sie zurechtweist, wenn sie<br />
ihren Müll nicht wegräumen. Er ist auch der<br />
grosse Bruder, der sich schützend vor alle<br />
stellt, der Prügel einsteckt. Er ist der Motor<br />
des Teams. Er verkörpert GC im positiven<br />
Sinn, so sieht er das selbst. Aber das sehen<br />
nicht alle so. In guten Momenten ist er aus<br />
sportlicher Sicht seinen Vertrag allemal wert,<br />
der ihm 700 000 Franken im Jahr einbringt.<br />
Im eskalierenden Konflikt mit Skibbe steht<br />
ihm aber auch sein Selbst verständnis im Weg.<br />
Wie muss ein perfekter Trainer sein?<br />
Es gibt verschiedene Typen, es gibt nicht<br />
den einen. Uli Forte hat sehr viel aus uns<br />
her ausgeholt. Er impfte dem Team auch<br />
etwas ein. Uli stand für Hochleistung. Er war<br />
der Erste auf dem Campus und der Letzte,<br />
der ging. Uli war eindrücklich. Sein Arbeitsethos.<br />
Tami ist sein Spiegelbild, ich bin<br />
sicher, er hat eine gute Zukunft vor sich. Er<br />
ist vom Typ her ein wenig ruhiger. Aber<br />
wie akribisch er arbeitet, das ist vergleichbar.<br />
Skibbe war ein sehr guter Rhetoriker. Die<br />
Medien hingen ihm an den Lippen. Das<br />
klang alles wahnsinnig gut bei ihm, keine<br />
Frage. Den Rest kennen Sie.<br />
Sie werden dieses Jahr 30. Bedauern Sie<br />
manchmal, dass ein Wechsel in die grossen<br />
Ligen nie geklappt hat? Oder der Wechsel<br />
zum FC Basel?<br />
Sicher bedaure ich auch Dinge. Dass ich<br />
wahrscheinlich keine Champions League<br />
spiele in meiner Karriere zum Beispiel. Ich<br />
habe es mit GC nicht geschafft, und in<br />
nächster Zukunft sieht es auch nicht danach<br />
aus, dass ich noch die Chance dazu erhalte.<br />
Würden Sie etwas anders machen, wenn<br />
Sie die Zeit zurückdrehen könnten?<br />
Vielleicht. Ich habe sicher auch nicht immer<br />
glücklich kommuniziert. In Zukunft würde ich<br />
meine Kritik nur einmal deutlich anbringen,<br />
nicht fünfmal. Wenn sie es nicht glauben,<br />
dann eben nicht.<br />
Drei Tage nach dem Interview einigen<br />
sich Sion und GC doch noch. Salatic wechselt<br />
für knapp eine Million zu den Wallisern –<br />
mit einem Vertrag bis 2018. Es ist die letzte<br />
Kehrtwende einer Vereinsführung, die in<br />
dieser Geschichte einen planlosen Eindruck<br />
macht. Die ihren wichtigsten Spieler demontiert,<br />
ihn dann wieder für unersetzlich erklärt<br />
und letztlich doch ziehen lässt. Salatic trifft<br />
in Sion auf seinen ehemaligen Weggefährten<br />
Reto Ziegler. Seine stetig grösser werdende<br />
Familie bleibt vorerst in Cham, er<br />
ist Wochenaufenthalter und Hotelgast im<br />
Wallis.<br />
Sion-Präsident Christian Constantin,<br />
der unberechenbare Mann mit dem Hang<br />
zu cholerischen Auftritten und bizarren<br />
Entscheiden, hat den Chef, den er wollte.<br />
Auch wenn er keine Captainbinde trägt. «Ich<br />
war bei GC der Kopf und Captain, das ist<br />
für mich hier nicht entscheidend. Ich will einfach<br />
erfolgreich spielen», sagt Salatic.<br />
In einem Punkt kann er sicher sein:<br />
Dass er Constantin punkto Schlagzeilen den<br />
Rang abläuft, ist kaum anzunehmen. Den<br />
ganz grossen Zirkus inszeniert der Präsident<br />
dort für gewöhnlich selbst.<br />
VERO SALATIC<br />
GEBOREN 14. November 1985 in Zvornik<br />
(Bosnien) ZIVILSTAND verheiratet mit<br />
Slavica, 3 Kinder<br />
ERFOLGE Schweizer Cupsieger 2013.<br />
www.verosalatic.com<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
52 FUSSBALL KOLUMNE<br />
DER LUXUS, EINEN<br />
FCB ZU HABEN<br />
SVON MARIO WIDMER<br />
agen wir es ganz unverblümt: Was für ein Luxus, einen<br />
FCB zu haben!<br />
Basel, die Schweiz hat sich daran gewöhnt, im FCB<br />
in seinem Joggeli einen Mitspieler im Weltkonzert des<br />
Fussballs zu haben. Gegen 30000 Zuschauer im Schnitt,<br />
ein modernstes Stadion, in dem die Hors-d’œuvres mit den feinsten<br />
Leckereien in den VIP-Bereichen alltäglich geworden sind, wo eigene<br />
Weltklassekicker auf dem Rasen gereicht werden, wie wenn das selbstverständlich<br />
wäre, Siege über andere Weltklasseteams in der Champions<br />
League zum Programm gehören wie der Sonntag zur Woche.<br />
Und fragen wir ganz unverblümt: Ist Bernhard Heusler, der Mann,<br />
der hinter dem zur Selbstverständlichkeit gewordenen Phänomen FC<br />
Basel steht, ein Genie, oder was? Oder sind alle anderen Fussballchefs<br />
in der Schweiz, die dem FCB mit seinem<br />
so properen Präsidenten nicht einmal das<br />
«Der Vorteil, in<br />
einer Meisterschaft<br />
zu spielen, die sich<br />
mit einem Bein<br />
gewinnen lässt,<br />
wird am Ende zu<br />
einem Nachteil»<br />
Wasser reichen können, ganz einfach jämmerliche<br />
Stümper?<br />
Konkrete Antworten auf diese Fragen<br />
zu formulieren, würde bedeuten, dem Neid<br />
auf den FCB das Wort zu erteilen. Oder die<br />
Konkurrenz in unserem Land zu Erbsenzählern<br />
und Schiessbudenfiguren zu degradieren.<br />
Der FCB und der Rest der Schweiz<br />
hätten solches nicht verdient.<br />
Doch eine Tatsache bleibt: Die Schweizer<br />
Fussballmeistersterschaft dieser Tage ist<br />
kein fairer Wettbewerb, von Chancengleichheit<br />
kann längst keine Rede mehr sein. Dass<br />
darüber nicht überall laut lamentiert wird,<br />
liegt in der Natur der Sache. Und des Schreibstils unserer Zeit. In<br />
der die Kompetenz der Experten längst vom Zwang, politisch korrekt<br />
fabulieren zu müssen, überholt worden ist.<br />
Was sollen die Finanzchefs in Luzern, Aarau, Vaduz, St. Gallen,<br />
Thun, Sion, aber auch in Zürich und sogar in Bern, nur sagen, wenn<br />
sie die um den FCB kolportierten Zahlen lesen? Von gegen 100 Millionen<br />
Umsatz in diesem Jahr etwa oder von 25 Millionen Transfererlös<br />
oder einem einzigen Basler Einkauf für die Ersatzbank, der ihr<br />
Budget für das Spieljahr sprengen würde?<br />
Sollen sie öffentlich jammern, ihren Eintritt und Werbung bezahlenden<br />
Kunden klagen, im Vergleich zu Basel hätten sie leider nur<br />
ein drittklassiges Angebote zu machen?<br />
Gewiss, Argumente haben sie alle. Aarau, Thun, St. Gallen, Sion,<br />
Vaduz und Luzern können über ihre vergleichsweise winzigen Märkte<br />
sprechen. Bei YB können sie feststellen, dass Bern halt eine<br />
Beamtenstadt ist, der Kanton sowieso dem Rest der Schweiz<br />
mit dem Finanzausgleich auf der Tasche liegt. Und in Zürich wird<br />
niemand einer über primitive Bewegungsübungen wie Fussball erhabenen<br />
Regierung widersprechen können, einer Regierung, die<br />
Verlierer vergöttert und lieber in feuchtfröhliche Gay Parades und<br />
den die Nächte durchtanzenden Rauschraver investiert.<br />
Aber was machte denn überhaupt in Basel die wunderbaren Sieger<br />
wie den FCB möglich, was? Was ist in Basel anders als überall<br />
sonst in der Schweiz, wo der Neid auf überbezahlte Kicker wirk lichen<br />
Spitzenfussball längst unmöglich gemacht hat?<br />
War es die bemerkenswerte Gigi Oeri, die so gern in einer Narrenkappe<br />
mit den von ihr alimentierten Kickern eine weitere Meisterschaft<br />
im Pool feierte, die alles möglich<br />
gemacht hatte? Musste am Rhein wirklich<br />
eine kleine, energische Physiotherapeutin<br />
ankommen, die in die endlos reiche Pharma<br />
eingeheiratet hatte, zeigen, dass das alte<br />
Rom mit seinem «Brot und Spiele» für das<br />
Volk doch nicht unrecht gehabt hatte? Eine<br />
Gigi, die versuchte, mit ihrem Geld und dem<br />
Spass, den sie allen schenkte, die ewig beweinte<br />
Kluft zwischen arm und reich ein bisschen<br />
zu schliessen? Auf das man sich gemeinsam<br />
an den siegreichen Spielen freute?<br />
Und die so den Luxus schaffte, der der FCB<br />
dem reichen Land mit dem schlechten Gewissen<br />
ist?<br />
Wenn es denn so ist, dass es in Basel nur<br />
einer interessierten Milliardärin bedurfte, das Juwel FCB in die Welt<br />
zu setzen, was für Langweiler sind denn all die anderen Milliardäre<br />
im Land, die Aarau, Luzern, St. Gallen, Sion, Zürich und Bern, Thun<br />
und Vaduz darben lassen? Auf was warten sie, ihrem Volk ein bisschen<br />
Spass und gemeinsame Identität zu schenken mit dem Luxus<br />
des schönen, aber im Spiegel aller Probleme dieser Welt überflüssigen<br />
Fussballs? Oder ist es nicht mehr ihr Volk, unter dem sie<br />
leben? Dann warten sie nur noch darauf, dass goldene Bäume aus<br />
ihren vertrocknenden Gräbern spriessen, die von tanzenden Ravern<br />
so heiter und offenbar zu wenig befeuchtet worden sind.<br />
Natürlich, Basel ist nicht nur Gigi. Basel ist auch und vor allem<br />
das, was dank Gigi möglich wurde. Von vielen ungenannten Menschen<br />
geschaffen wurde, die heute durch den properen Präsidenten<br />
Bernhard Heusler vertreten werden. Basel ist auch so gut gewor-<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
den, weil es viel, sehr viel richtig machte, vielleicht auch ein bisschen<br />
darum, weil dort einst ein Benthaus wirkte, ein Odermatt kickte und<br />
noch heute ein Adrian Knup Vizepräsident ist. Beim FCB gibt es<br />
Menschen, die den Fussball nicht nur lieben, die den Fussball auch<br />
gelebt haben.<br />
Dass wir dank Basel heute eine unfaire Meisterschaft haben, die<br />
bereits mit dem ersten Kick der Saison entschieden ist, ist wahr und<br />
liegt einfach in der Natur des Fussballs. Soll einer die Deutschen<br />
mit ihren Bayern fragen. Fussball ist nicht einfach fairer Sport und<br />
Gerechtigkeit für alle Beteiligten. Fussball ist viel mehr. Fussball ist<br />
Freude am Leben. Das darf selbst Freude an der Nieder lage des<br />
anderen sein, was für ein Anachronismus!, ja, tatsächlich, Fussball<br />
schenkt nicht nur den Guten einen schönen Tag, auch völlig normale<br />
Menschen jubeln über Tore.<br />
Was auf den ersten Blick einfach und logisch aussieht wie die<br />
einbeinigen Siege des FCB in der nationalen Konkurrenz, ist es in<br />
Wirklichkeit gar nicht. Zu sehr ist das Beschleunigen im Fussball kräfteraubend.<br />
Wer im höchstmöglichen Tempo an der Anfield Road dem<br />
FC Liverpool trotzt, hat Mühe, dieses Tempo zwei Tage später ins<br />
Brügglifeld zu bringen. Dies steht natürlich nicht im Matchbericht,<br />
und der Reporter freut sich zu sehr an der Niederlage des Riesen,<br />
als dass er es stets fachkundig bemerken und in Erinnerung halten<br />
würde.<br />
So wird der Vorteil, in einer Meisterschaft zu spielen, die sich mit<br />
einem Bein gewinnen lässt, am Ende zu einem Nachteil. Zwar<br />
können sich die Spieler in ihr gemächlich für die nächste grössere<br />
Aufgabe ausruhen, besser werden sie in diesem Rhythmus nicht.<br />
Die Gefahr ist sehr gross, sich an den Trott der Warmlaufliga zu<br />
gewöhnen. Diese Gefahr ist sehr viel eminenter als der Neid der nationalen<br />
Konkurrenz.<br />
Auch darum ist der Luxus, ein FCB zu<br />
sein, kein ewiger Luxus. Die Millionen, die<br />
den FCB unantastbar machen, sind nur<br />
Schutz, so lange ihre Anzahl wächst.<br />
Sobald ihre Anzahl schmilzt, wächst die<br />
Zahl der Besserwisser im eigenen Lager.<br />
So liegt die wahre Kunst eines Bernhard<br />
Heusler denn darin, diese Kräfte in Schach<br />
zu halten. Er muss die Menschen und ihre<br />
Reaktionen auf den Erfolg viel besser<br />
kennen als die Komponenten des Sieges<br />
im Fussball.<br />
Lang lebe der Luxus, sich einen FCB<br />
leisten zu können! Triumphiere die Freude<br />
am überflüssigen Sieg im Fussball in Basel<br />
noch lange über den Neid der Vernünftigen!<br />
Fair oder unfair.<br />
ILLUSTRATION: BERND SCHIFFERDECKER<br />
MARIO WIDMER<br />
schrieb als Sportchef<br />
und Chefreporter<br />
34 Jahre lang für<br />
«Blick» und<br />
«SonntagsBlick».<br />
Seit 1997 ist er<br />
persönlicher Manager von Martina<br />
Hingis und Lebenspartner von<br />
Melanie Molitor.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
54 TENNIS SERENA WILLIAMS<br />
Sie ist der grösste weibliche Sportstar der Erde. Serena Williams schreibt auch<br />
mit 33 Jahren die Rekordbücher des Tennis neu. Die Frau mit den vielen<br />
Gesichtern scheint aber auch endlich Frieden zu machen – mit sich selbst.<br />
SERENAS<br />
Text: Jean Bertrand<br />
NEUE LUST<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
55<br />
EIGENWILLIG<br />
Ihr Look ist so<br />
ausser ordentlich<br />
wie ihre Launen:<br />
Serena Williams.<br />
FOTO: THEO WENNER/ART PARTNER
56 TENNIS SERENA WILLIAMS<br />
GLAMOURGIRL<br />
Williams ist nicht nur<br />
eine Tennisspielerin,<br />
sie weiss auch um<br />
ihre Wirkung vor<br />
der Kamera.
57<br />
FOTOS: WILLIAM WEST/AFP/GETTY IMAGES<br />
Serena Williams weiss, dass sie als<br />
Persönlichkeit zwischen grossen<br />
Extremen schwankt: Mal ist sie<br />
glücklich und unbezwingbar,<br />
mal schäumt sie vor Wut. Patrick<br />
Mouratoglou, ihr aus Frankreich<br />
stammender Coach seit drei<br />
Jahren, befasst sich immer<br />
wieder mit den Zweifeln, die<br />
Williams vor oder nach einem<br />
Match überfallen, und fragt sie:<br />
«Wie ist das möglich? Wie?»<br />
Die 33-Jährige zuckt nur mit den Schultern<br />
und sagt: «Ich weiss, es ist seltsam.»<br />
Jeder zusätzliche Grand-Slam-Sieg und<br />
jede weitere Woche als Nummer 1 der<br />
Welt stellen einen weiteren Markstein in der<br />
Tennisgeschichte dar.<br />
Williams’ unersättlicher Siegeshunger und<br />
ihr gelegentlich explosives Temperament<br />
stehen so stark in Konflikt mit der netten Person<br />
von neben dem Platz, dass sie nicht nur<br />
ihre Autos mit Übernamen bedenkt (ihren<br />
weissen Rolls-Royce nannte sie «Casper»).<br />
Sie hat auch für ihre widersprüchlichen<br />
Persönlichkeiten eigene Namen: Megan, das<br />
ungezogene Party-Girl; Summer, die hochanständige<br />
Freundin, die sich keinen Fehltritt<br />
erlaubt; Heidi, das Online-Pseudonym,<br />
mit dem sie ihren langjährigen Sparringpartner<br />
Aleksandr «Sascha» Bajin wochenlang<br />
glauben liess, er hätte eine heimliche<br />
Verehrerin.<br />
Die echte Serena ist praktizierende Zeugin<br />
Jehovas und zitiert ab und zu Bibelstellen.<br />
Doch es gibt auch ihr Alter Ego Taquanda<br />
(oder «Psycho-Serena»), das Serena und ihre<br />
Mutter Oracene für verschiedene Ausraster<br />
in der Vergangenheit verantwortlich machen.<br />
So geschehen an den US Open 2009, als eine<br />
Linienrichterin beim Aufschlag von Serena im<br />
Halbfinal gegen Kim Clijsters auf Fussfehler<br />
entschied: «Ich steck‘ dir gleich diesen<br />
verdammten Ball in den Rachen!», schrie<br />
Serena ausser sich. Dieser Eklat brachte ihr<br />
einen Strafpunkt ein, womit sie einer verdutzten<br />
Clijsters den Sieg schenkte.<br />
«Wenn es mir schlecht läuft, führe ich<br />
Selbstgespräche. Das sieht verrückt aus, weil<br />
ich dann ständig mit mir im Zwiegespräch<br />
bin», sagte Williams einmal. «Ich fordere sie<br />
FOKUSSIERT Am Australian Open ist sie<br />
eine Klasse für sich und gewinnt.<br />
«WENN ES<br />
MIR SCHLECHT<br />
LÄUFT, FÜHRE<br />
ICH SELBST<br />
GESPRÄCHE.<br />
DAS SIEHT<br />
VERRÜCKT<br />
AUS»<br />
auf, zu verschwinden, und sie sagt, ich solle<br />
den Mund halten. Dann versöhnen wir uns<br />
wieder.» Doch der Waffenstillstand hält oft<br />
nicht lange. Zwei Jahre nach ihrem peinlichen<br />
Auftritt gegen Kim Clijsters rastete<br />
Serena erneut aus und verlor das Finale der<br />
US Open 2011 gegen die australische Überraschungssiegerin<br />
Sam Stosur, nachdem<br />
sie wegen eines verfrühten «C’mon!»-Ausrufs<br />
wegen Behinderung einen Punktabzug<br />
erhalten hatte. Letztes Jahr beharrte sie<br />
darauf, in Wimbledon trotz Virusinfektion mit<br />
ihrer Schwester zum Doppel anzutreten. Sie<br />
torkelte allerdings im Match wie benommen<br />
über den Platz und schlug jeden Aufschlag<br />
ins Netz. Die Partie wurde nach drei Games<br />
abgebrochen. Im November zertrümmerte<br />
sie am WTA-Finale in Singapur ein Racket<br />
und gab später zu, der Ausbruch sei zwar<br />
«legendär» gewesen, jener Schläger «würde<br />
ihr jedoch nie wieder Probleme bereiten».<br />
Im Final der Australian Open gegen Maria<br />
Scharapowa brachte sie sich nicht mehr<br />
selbst zu Fall. Der Sieg über die Russin kam<br />
ohne Nebengeräusche in einer Demonstration<br />
der Stärke zustande. Etwa eine Woche<br />
später gab sie über das «Time»-Magazin ein<br />
Video heraus, das für einige Überraschung<br />
sorgte: Sie stellte ihren 14-jährigen Boykott<br />
von Indian Wells ein, nachdem sie geschworen<br />
hatte, nie wieder einen Fuss an das Turnier<br />
zu setzen. Doch warum jetzt? Warum<br />
das? Welche Serena war das nun wieder?<br />
DAS GROSSE DRAMA<br />
Vor einigen Monaten wurde Williams gefragt,<br />
welchen Film sie über ihr Leben drehen würde.<br />
Sie lächelte und gestand: «Gerade jetzt<br />
wäre es leider wohl ein grosses Drama.»<br />
Allerdings fügte sie an, dass «dies die Geschichte<br />
wohl interessanter machen würde».<br />
Ihre Ziele, darunter, dem 19. Grand-Slam-<br />
Titel noch weitere hinzuzufügen und in der<br />
Zahl der Grand-Slam-Turniere an Steffi Graf<br />
(22) und Margaret Court (24) in der «ewigen<br />
Rangliste» vorbeizuziehen, verfolgt sie mit<br />
grossem Ehrgeiz. Die beste Tennisspielerin<br />
aller Zeiten zu sein ist ebenfalls ihr erklärter<br />
Wunsch. In dieser Phase ihres Lebens und<br />
nach einer 17-jährigen Profikarriere strebt<br />
Williams aber auch nach anderen Dingen.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
58 TENNIS SERENA WILLIAMS<br />
SIEG! Williams nach dem 19. Grand-Slam-<br />
Triumph an den Australian Open in Melbourne.<br />
«ICH BIN IN<br />
DEN LETZTEN<br />
JAHREN ALS<br />
TENNIS<br />
SPIELERIN UND<br />
ALS MENSCH<br />
REIFER<br />
GEWORDEN»<br />
«Hallo, hier spricht Serena», beginnt sie ihr<br />
Video auf Time.com. In ihrem Workout-Trainingsanzug<br />
und allein auf einem Sofa sitzend<br />
sieht sie ziemlich entspannt aus. Dann erklärt<br />
sie, warum sie nach Indian Wells, «das Turnier,<br />
an dem ich 1999 meinen ersten Sieg auf<br />
der Tour feierte», aber auch «den Ort, an<br />
dem ich einen Teil meiner selbst verloren<br />
habe» zurückkehren will. Sie erinnert sich,<br />
wie die Fans sie und ihre Schwester Venus<br />
ausbuhten, nachdem sich Venus in letzter<br />
Sekunde von ihrem Halbfinal-Match 2001<br />
zurückgezogen hatte. Das Pfeifkonzert hörte<br />
auch nicht auf, als Serena zu ihrem Einzelfinal<br />
antrat. Deshalb schwor sich die Familie<br />
Williams, nie wieder an dieses Turnier zurückzukehren.<br />
Serenas Vater Richard wollte gar<br />
rassistische Beschimpfungen gehört haben<br />
und stand demonstrativ mit zu einem Black-<br />
Power-Gruss geballter Faust auf. «Wir waren<br />
Aussenseiter», sagt Serena.<br />
Es war nicht das erste Mal, dass sich die<br />
Familie Williams mit der negativen Seite<br />
eines afroamerikanischen Aufsteigers in<br />
einer weissen Sportart auseinandersetzen<br />
musste. Nachdem so viel Zeit vergangen ist,<br />
sieht es jedoch aus, als würde Serena versuchen,<br />
offene Fragen zu klären, alte<br />
Wunden zu verschliessen und sich selbst einzugestehen,<br />
wie viel sie bereits erreicht hat.<br />
Richard Williams nannte Serena und ihre<br />
Schwester einst «Ghetto-Cinderellas», weil<br />
sie sich aus dem kriminellen Milieu von<br />
Compton, einem Vorort von Los Angeles,<br />
hochgearbeitet hatten. Seine Prophezeiung,<br />
sie, und nicht Venus, würde einst als beste<br />
Tennisspielerin aller Zeiten in die Geschichte<br />
eingehen, hat sich weitgehend bewahrheitet.<br />
Trotzdem verspürte Serena Ende<br />
2012 bei einem Platzinterview das Bedürfnis,<br />
die US-Fans um Unterstützung für den bevorstehenden<br />
Final zu bitten. «Leute, ich<br />
bin Amerikanerin. Die Einzige, die noch im<br />
Tableau verblieben ist. Für Amerika!» Weil<br />
sie schon so lange auf der Tour ist, fliegen<br />
Serena immer mehr Herzen und Respektbezeugungen<br />
der amerikanischen Öffentlichkeit<br />
zu.<br />
Alles bestens. Aber warum will sie jetzt<br />
oder überhaupt wieder in Indian Wells starten?<br />
Diese Wende kommt für alle überraschend.<br />
«Ich bin in den letzten Jahren als<br />
Tennisspielerin und als Mensch reifer geworden»,<br />
erklärt sich Williams im «Time»-Magazin-Auftritt.<br />
«Aus diesem Grund will ich<br />
zurückkehren. Das Tennis hat sich verändert,<br />
und auch ich habe mich verändert.» Die<br />
Geschichte wird zeigen, dass die Williams-<br />
Schwestern das Tennis mehr verändert<br />
haben als der Sport sie selbst. Im Gegensatz<br />
zu ihrer Schwester Venus kämpft Serena<br />
vehement darum, nicht von anderen definiert<br />
zu werden. Oder sich einschränken zu lassen.<br />
«Nein, das wird sie nie zulassen», schmunzelt<br />
Mouratoglou wissend.<br />
GEGEN DEN STROM<br />
Serena und Venus wohnen immer noch<br />
zusammen in einem Haus in Florida. Aber<br />
Serena ist die erste US-Tennisspielerin der<br />
jüngeren Geschichte, die gegen den Strom<br />
schwimmt und sich einen Teil des Jahres in<br />
Europa aufhält. Sie hat in Paris eine Wohnung<br />
gekauft, lernt Französisch und trainiert in der<br />
Akademie von Mouratoglou. Mehr als Venus<br />
geniesst sie ihren Status als Berühmtheit, übt<br />
sich als Schauspielerin, schreibt eine Autobiografie<br />
und preist ihre Unter-100-Dollar-<br />
Modelinie endlos in den 24-Stunden-Shops<br />
eines amerikanischen Fernsehsenders an.<br />
Serena ist in allen sozialen Netzwerken<br />
vertreten. Einst war sie mit dem Filmproduzenten<br />
Brett Ratner liiert. Später gestand sie,<br />
dass ihre Krise 2012 die Folge einer Depression<br />
nach der gescheiterten Beziehung zu<br />
Rapper Common war. Gelegentlich erwähnt<br />
Serena, dass sie sich ernsthaft nach einem<br />
Kind sehnt, weshalb sie in Betracht zieht, ihre<br />
Eizellen einfrieren zu lassen, um sich nach<br />
dem Ende ihrer Tenniskarriere der Familienplanung<br />
zu widmen. «Alles hat seinen Preis»,<br />
meint sie.<br />
Williams scheint es offensichtlich nicht zu<br />
stören, dass sie von Paparazzi verfolgt wird,<br />
wenn sie in einer Disco in New York City mit<br />
Caroline Wozniacki, ihrer neben Venus besten<br />
Freundin auf der Tour, Platten auflegt<br />
oder an den Oscar-Partys über den roten<br />
Teppich schreitet. Einzige Ausnahme bildet<br />
die Tatsache, dass Serena der weit verbreiteten<br />
Annahme, sie und Mouratoglou hätten<br />
eine intime Beziehung, stets widersprochen<br />
FOTOS: QUINN ROONEY/GETTY IMAGES, MARK SELIGER/MANAGEMENT + ARTISTS<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
WAHRE LIEBE<br />
Serena mit dem<br />
Jack-Russel-Terrier<br />
«Jackie». Sie hat<br />
zudem einen<br />
Malteser-Hund<br />
namens «Lorelei».
60 TENNIS SERENA WILLIAMS<br />
hat. Die Fotos in der Boulevardpresse lassen allerdings<br />
einen anderen Schluss zu. «Unsere Beziehung<br />
ist rein professionell. Er ist der Coach,<br />
ich bin die Spielerin», wehrt sich Williams.<br />
Man kann sich die berechtigte Frage stellen,<br />
ob Williams Graf und Court in der Anzahl<br />
Grand-Slam-Siege bereits übertroffen hätte,<br />
wenn sie nicht immer wieder von gesundheitlichen<br />
Problemen und sonderbaren Verletzungen<br />
zurückgeworfen worden wäre, die<br />
sie zu langer Abstinenz vom Tennis zwangen.<br />
Am schlimmsten war die lebensbedrohliche<br />
Lungenembolie, die 2011 einen operativen<br />
Noteingriff erforderte. Damals musste sie<br />
sich die bange Frage stellen: «Werde ich<br />
je wieder Tennis spielen?» Auch 2003 war<br />
sie untröstlich, als ihre Schwester Yetunde in<br />
den Strassen von Compton – dem Ort, dem<br />
sie längst den Rücken gekehrt hatte – erschossen<br />
wurde. Serena nahm erneut eine<br />
Auszeit vom Tennis und kämpfte gemäss<br />
eigenen Angaben mit Depressionen.<br />
Was Serena an diesem Punkt ihrer Karriere<br />
augenscheinlich versöhnlich stimmt, ist die<br />
Erkenntnis, dass man seiner Vergangenheit<br />
nicht entkommen kann, auch wenn man alles<br />
daran setzt, mit ihr Frieden zu schliessen.<br />
Dasselbe gilt für ihre Nerven und den Druck,<br />
den Serena verspürt.<br />
«UNSERE<br />
BEZIEHUNG<br />
IST REIN<br />
PROFESSIONELL.<br />
ER IST DER<br />
COACH»<br />
KEIN PAAR? Serena<br />
Williams beim<br />
Siegershooting in<br />
Melbourne mit<br />
Patrick Mouratoglou.<br />
Ist er nur der Trainer?<br />
«Ich denke, im Grossen und Ganzen<br />
bleibt sich alles gleich», sagte sie in Australien.<br />
«Vielleicht spreche ich einfach offener<br />
darüber als früher.»<br />
Rückblickend auf 2014 gibt Serena heute<br />
unbekümmert zu, dass sie unter dem selbst<br />
auferlegten Druck, mit Chris Evert und Martina<br />
Navratilova auf 18 Grand-Slam-Titel<br />
gleichzuziehen, zerbrach. Mouratoglou hatte<br />
ihrer Karriere bereits einmal einen neuen<br />
Kick gegeben, als sie 2012 frustriert über ihr<br />
Leben und Spiel anfragte, ob sie in seiner<br />
Akademie trainieren könne. Der Coach optimierte<br />
ihre Laufarbeit und verbesserte die<br />
Technik und den Mix ihres Aufschlags, der<br />
bereits der beste aller Zeiten war. Gemeinsam<br />
studierten sie Berichte und arbeiteten<br />
an der Strategie. «Eigentlich ging es hauptsächlich<br />
darum, ihr Selbstvertrauen zu stärken»,<br />
sagt Mouratoglou. Letztes Jahr verfolgten<br />
sie das gleiche Ziel. Doch diesmal riet<br />
Mouratoglou Williams, sich einzugestehen,<br />
dass ihre Karriere selbst dann ausserordentlich<br />
wäre, wenn sie keine weiteren Tennismatches<br />
mehr gewinnen würde. Auch das<br />
berühmte F-Wort war ein Thema. Doch jetzt<br />
hiess es: Fun. Der knallharten Serena zuzuhören,<br />
wie sie sich diese Botschaft immer<br />
wieder vorsagte, schien Aussenstehenden<br />
ein mehr als gekünsteltes Verhalten.<br />
Zwei Grand-Slam-Titel später sagt Serena,<br />
dass sie ihrem Mantra treu geblieben sei.<br />
«Wenn ich heute die vierte Runde überstehe,<br />
ist Party-Zeit», scherzte sie in Australien.<br />
Dieselbe Serena, die einst behauptete, es<br />
sei wichtig, ihre jeweilige Gegnerin – selbst<br />
Venus – zu hassen, versucht heute, sich<br />
gegenüber netter zu sein. Vielleicht findet<br />
sie trotz ihrem Hang zum Perfektionismus<br />
und ihren multiplen Persönlichkeiten ja<br />
endlich zu ihrem persönlichen Frieden und<br />
Stolz auf ihre Erfolge und Leistungen.<br />
Erstaunt stellte sie nach dem Gewinn der<br />
US Open 2014 fest, dass sie mit ihrer neuen<br />
Perspektive keinen Wettbewerbsvorteil ein-<br />
FOTO: MICHAEL DODGE/GETTY IMAGES<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
FOTO: ALBERTO E. RODRIGUEZ/GETTY IMAGES<br />
büsste – im Gegenteil, sie wurde noch stärker.<br />
Weil sie freier spielte. Williams sagte,<br />
nachdem sie aufgehört hatte, sich einzureden,<br />
sie müsse unbedingt den 18. Grand-<br />
Slam-Titel gewinnen, sei etwas Unglaubliches<br />
passiert. «Es lief wieder. Es ist einfach<br />
passiert. Es ist alles eine Frage des Selbstvertrauens.»<br />
«WIR WURDEN OFT VERLETZT»<br />
Ihre langjährige Gewohnheit, am Morgen<br />
mit dem Gedanken aufzuwachen: Wie kann<br />
ich die Beste bleiben?, konnte Serena noch<br />
nicht ablegen. Einige ihrer längeren Abwesenheiten<br />
von der Tour, darunter ihr Spitalaufenthalt<br />
nach der Lungenembolie-Operation,<br />
waren für sie «eine Erleichterung. Ich<br />
weiss, das klingt verrückt.»<br />
Williams hat nun 28 ihrer insgesamt 65 Titel<br />
gewonnen, seit sie sich als 30-Jährige neu<br />
orientiert hat. Ihren Sieg an den Australian<br />
Open kürzlich erzielte sie erstaunliche<br />
16 Jahre nach ihrem ersten Grand-Slam-<br />
Titel. «Das ist für mich das Eindrücklichste an<br />
allem», sagt Martina Hingis. «Ich hätte nie<br />
gedacht, dass sie so lange dranbleibt», sagt<br />
bewundernd Roger Federer.<br />
Williams will mindestens bis zu den Olympischen<br />
Spielen 2016 weitermachen. Trotzdem<br />
fällt auf, dass sie sich bereits über die<br />
Grundlinie hinaus Gedanken über ihr weiteres<br />
Leben macht. In der Familie wurde Serena<br />
stets als das «verwöhnte» Nesthäkchen<br />
gehänselt. Doch jetzt wächst sie über sich<br />
hinaus. Als sie in Kenia Kinder traf, deren<br />
Lernwille so gross war, dass sie ihre Aufgaben<br />
mit Stöcken in den Dreck schrieben, weil<br />
sie weder Papier noch Bleistift hatten, half sie<br />
mit, zwei Schulen zu finanzieren. Eine dritte<br />
Einrichtung ist geplant. Serena sponsert<br />
zudem acht College-Stipendien für amerikanische<br />
Teenager. Sie will Menschen motivieren,<br />
die «von Haus aus nicht viel haben, aber<br />
es trotzdem schaffen können. Jeder kann es<br />
schaffen, wenn er an sich selbst glaubt.»<br />
Williams 71-jähriger Vater Richard will sich<br />
ein Beispiel an ihr nehmen. Seine aufrüttelnde<br />
Autobiografie gab er letztes Jahr nur<br />
heraus, weil «Serena mir sagte, es könnte<br />
jemandem helfen». Richard, der selbst immer<br />
wieder Opfer von Rassendiskriminierung<br />
war, vor allem während seiner Kindheit<br />
IM ELEMENT Serena Williams, die selbst eine<br />
Modelinie hat, an der Oscar-Party des<br />
US-Magazins «Vanity Fair» in West-Hollywood.<br />
«SERENA,<br />
ICH WILL,<br />
DASS DU MICH<br />
ÜBERHOLST,<br />
DASS DU<br />
DEN 19. TITEL<br />
HOLST»<br />
CHRIS EVERT<br />
im Süden der USA, gestand, dass er bei den<br />
Lesungen manchmal in Tränen ausbrach.<br />
«Ich konnte kaum glauben, dass man mich<br />
akzeptierte. Das Einzige, was ich wusste,<br />
war, dass mich die Leute für verrückt hielten.<br />
Wir haben viel Schlimmes erlebt und wurden<br />
oft verletzt», fügt er hinzu. Doch was, wenn<br />
man die Perspektive wechselt? Was, wenn<br />
man sich an der Zahl der Triumphe anstatt<br />
der Niederlagen misst? Wäre es nicht<br />
möglich, dass dadurch Raum für Freude und<br />
Zufriedenheit entsteht?<br />
Mouratoglou sagt, Serena habe kürzlich<br />
damit angefangen, Videos von den Spielen<br />
anderer Tennisgrössen und von ihren eigenen<br />
Matches anzuschauen. Die Aufnahmen<br />
sind teilweise fünf, manche sogar zehn Jahre<br />
alt. Sie will herausfinden, was für eine Spielerin<br />
und was für ein Mensch sie damals war<br />
und inwiefern sie sich verändert hat.<br />
Nach ihrem diesjährigen Sieg an den<br />
Australian Open wurde sie von den TV-<br />
Kameras eingefangen, als sie ausser sich<br />
vor Freude einen Korridor hinunterrannte,<br />
flankiert von Dutzenden von Fans. Beim<br />
Gespräch mit Chris Evert im US-TV waren die<br />
Differenzen, die es über die Jahre zwischen<br />
ihnen gegeben hatte, kein Thema. Evert hatte<br />
Serena in einem offenen Brief aufgefordert,<br />
endlich aufzuhören, ihr einmaliges Talent<br />
zu verschleudern, als sie mit Motivationsproblemen<br />
kämpfte. Serena sass entspannt<br />
neben Evert und erzählte, wie Chris ihr vor<br />
Beginn des Turniers gesagt hatte: «Serena,<br />
ich will, dass du mich überholst, dass du den<br />
19. Titel holst und dass du es hier tust.»<br />
«Ich hatte diese Worte immer in meinem<br />
Ohr, es war so selbstlos, so toll», gestand<br />
Williams gegenüber Evert. «Danke für die<br />
Unterstützung und Ermutigung.» Williams<br />
hat sich wieder klar an der Tennisspitze<br />
etabliert und scheint fast unbesiegbar zu<br />
sein.<br />
Wenn sie im Mai in Paris und danach in<br />
Wimbledon spielt, wird sie sich mit Sicherheit<br />
auf ihr Mantra besinnen und sich einreden,<br />
dass sie kein weiteres Match mehr gewinnen<br />
muss, weil sie sich schon mehr als bewiesen<br />
hat. Jeder kann glauben, was er will.<br />
Die Aussenseiterin kommt aus der Kälte.<br />
Aber in der unersättlichen Kämpferin Serena<br />
lodert ein Feuer.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
62 BASKETBALL LEBRON JAMES<br />
KING JAMES<br />
Er ist der momentan beste Basketballer der Welt. Doch LeBron<br />
James will mehr sein als das. Die Rückkehr aus Miami in die<br />
sportlichen Niederungen von Cleveland steht auch für seine neue<br />
Bereitschaft zur Solidarität mit weniger Privilegierten. Text: Jürgen Kalwa<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
FOTO: TERRY RICHARDSEN/ART PARTNER LICENSING<br />
ÜBERFLIEGER<br />
Mit 19 wechselt<br />
LeBron James von<br />
der Highschool<br />
direkt ins Profibasketball.<br />
In seinem<br />
ersten NBA-Spiel für<br />
Cleveland macht<br />
er gleich 25 Punkte.
64 BASKETBALL LEBRON JAMES<br />
D<br />
THE CHOSEN ONE<br />
«Der Auserwählte»<br />
lässt vor jedem<br />
Match – hier zu<br />
Hause in der Quicken<br />
Loans Arena von<br />
Cleveland – das<br />
Magnesium über<br />
seinem Kopf stieben.<br />
ie Szene spielt an einem Swimmingpool<br />
unter der warmen Sonne von Kalifornien und<br />
zeigt vier Mitglieder einer Mehrgenerationenfamilie,<br />
die eine verquere Beziehung<br />
zueinander haben. Da ist «wise», der Alte,<br />
der gern aus der Zeit erzählt, als er selbst<br />
Basketball gespielt hat. Da ist «business»,<br />
ein aalglatter jüngerer Typ, der meistens<br />
an seinem Mobiltelefon hängt, um seine<br />
Geschäfte abzuwickeln. Da ist «kid», ein<br />
Teenager, den das alles wenig interessiert,<br />
solange er sich im Becken austoben kann.<br />
Und dann ist da «athlete», ein Typ, der geistig<br />
eher abwesend aussieht – konzentriert<br />
auf Training und Karriere.<br />
Wer genauer hinsieht, erkennt rasch, dass<br />
alle vier Charaktere vom selben Schau spieler<br />
gespielt werden. Und das obwohl sich der<br />
Maskenbildner mächtig angestrengt hat,<br />
um den einminütigen Werbespot wirken zu<br />
lassen, als handle es sich um eine Ensemble-<br />
Leistung. Aber was wahr ist und was gespielt,<br />
ist am Ende für die dieses kurze kreative<br />
Werk gar nicht so wichtig. Entscheidend<br />
ist wohl eher die Feststellung: dass die<br />
Hauptfigur – LeBron James, der derzeit<br />
beste Basketballer der Welt – viele Gesichter<br />
hat. Und dass er dabei vor allem eins besitzt:<br />
Jede Menge Humor, um sich über sich selbst<br />
lustig zu machen.<br />
HERR DER SELBSTINSZENIERUNG<br />
Was gut ist. Denn als Star ist man nicht nur<br />
man selbst. Man ist auch ein Spiegelbild all<br />
der Projektionen, die sich andere von einem<br />
machen. In die Rolle des vielschrötigen<br />
Selbstdarstellers ist der 30-Jährige im Laufe<br />
der Jahre konsequent hineingewachsen. Es<br />
ist eine Selbstinszenierung mit allerlei<br />
Facetten. Dazu gehört die grosse, blasphemische<br />
Tätowierung auf seinem Rücken –<br />
«Chosen 1» (der Auserwählte) – genauso<br />
wie dieses Ritual: Jedes Mal, bevor er das<br />
Basketballspielfeld betritt, schlägt er die beiden<br />
frisch mit Magnesia-Pulver bestreuten<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015<br />
«Meine<br />
Beziehung zu<br />
Nordost-Ohio<br />
ist bedeutender<br />
als Basketball.<br />
Deshalb habe<br />
ich alles<br />
verziehen»<br />
Hände über dem Kopf zusammen und lässt<br />
es stauben. «King James» – so der Spitzname<br />
des NBA-Profis, der pro Jahr mit seinen<br />
vielfältigen Künsten um die 70 Millionen<br />
Dollar einspielt – ist eben nicht nur Ballkünstler,<br />
sondern auch Entertainer. Für ihn<br />
sind Erfolge wichtig, wie die zwei NBA-Titel<br />
und die beiden Goldmediallen bei Olympischen<br />
Spielen. Und das eigene Image.<br />
Der Werbefilm aus der Werkstatt des<br />
Sportausrüsters Nike ist schon etwas älter. Er<br />
stammt aus jener frühen Phase der Karriere
FOTO: NATHANIEL S. BUTLER/NBAE VIA GETTY IMAGES<br />
von LeBron James, als die Welt mit ihm noch<br />
etwas rücksichtsvoller und respektvoller<br />
verfuhr. Bei seinem ersten Arbeitgeber, den<br />
Cleveland Cavaliers, zum Beispiel hielt man<br />
ihn damals für eine Art Moses: 2,03 Meter<br />
gross, sprintstark und ballgewandt, der den<br />
Club, der in der besten Basketballliga der<br />
Welt noch nie eine Meisterschaft gewonnen<br />
hatte, ins Gelobte Land führen würde.<br />
Es ist nicht ganz unwichtig, an dieser Stelle<br />
anzumerken, dass sich diese Hoffnungen<br />
nicht ganz erfüllten. Mehr als eine Finalteil-<br />
nahme im Frühjahr 2007 sprang für ihn<br />
und die Cavaliers nicht heraus. Woran lag es?<br />
Keiner weiss es genau. Es gibt nämlich zahllose<br />
Theorien darüber, welche Bausteine ein<br />
Club in der NBA braucht, um eine Meistermannschaft<br />
zusammenzustellen. James hielt<br />
sich schliesslich an jene Version, wonach man<br />
hauptsächlich mehrere gute Basketballer<br />
in einem Team versammeln sollte, um eine<br />
Saison mit 82 Spielen und vier Playoffrunden<br />
erfolgreich durchzustehen. Weshalb er 2010<br />
bei den Miami Heats unterschrieb. Dort<br />
wusste er mit Dwyane Wade und Chris Bosh<br />
zwei der besten Spieler der Liga an seiner<br />
Seite.<br />
EIN GROSSER VERRAT<br />
Als er damals diesen Schritt bekannt gab,<br />
hätte ihm echtes schauspielerisches Format<br />
sicher gutgetan. Statt dessen erlebte man<br />
einen Superstar, der im Spannungsfeld von<br />
Emotionen und sportlichen Entscheidungen<br />
nervös wirkte und nach Worten rang. Eine<br />
Stunde dauerte die Sondersendung des<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
BAUMEISTER<br />
LeBron mit dem<br />
NBA-Pokal. 2011/12<br />
und 2012/13 gewann<br />
die Miami Heat den<br />
Titel zweimal in<br />
Folge, vor allem<br />
wegen James.<br />
«LeBron<br />
ist Stadterneuerung<br />
in<br />
Basketballschuhen.<br />
Der<br />
stolzeste Beleg<br />
für Sport in<br />
dieser Stadt»<br />
WASHINGTON POST<br />
FOTOS: DOUGLAS FRIEDMAN/TRUNK ARCHIVE, JEFFERY A. SALTER/<strong>SPORT</strong>S ILLUSTRATED/GETTY IMAGES<br />
Sportkanals ESPN, in der er schliesslich den<br />
Abschied von Cleveland bekannt gab. Sage<br />
und schreibe acht Millionen amerikanische<br />
Haushalte verfolgten die Ankündigung, die<br />
als «the decision» in die Folklore des<br />
US-Sports einging. Was zeigt, wie ernst man<br />
LeBron zumindest in den USA nimmt.<br />
Zu ernst? Während man in Cleveland<br />
wie erwartet reagierte – mit Wut und<br />
Enttäuschung über den «Verrat» –, stiess der<br />
egozentrisch angehauchte Auftritt in<br />
anderen Teilen der USA einfach nur auf<br />
Ablehnung. Eine Stunde Fernsehen, wo es<br />
eine schlichte Mitteilung über Twitter<br />
genausogut getan hätte? Ein paar Monate<br />
später wertete eine Marketingfirma eine<br />
Umfrage unter 16 000 Amerikanern aus und<br />
fand heraus, dass die Miami Heat als eine der<br />
arrogantesten Sportmarken in den USA<br />
galten. Nur übertroffen vom reichen Baseballclub<br />
New York Yankees und dem Top-<br />
Golfer Tiger Woods, der sein Image in einem<br />
monatelangen Sexskandal geschreddert<br />
hatte. Der Grund: Der Ausnahmebasketballer<br />
hatte mit seinem Wechsel gegen ein<br />
ungeschriebenes Gesetz verstossen. Kein<br />
anderer überragender Spieler in der mehr<br />
als sechzigjährigen NBA-Geschichte hatte<br />
sich jemals aus einer Stadt davongestohlen<br />
und einen Club verlassen, der das Zeug zum<br />
Meister hatte. Nicht Magic Johnson, nicht<br />
Michael Jordan, nicht Larry Bird. So etwas<br />
gilt in den USA als Eingeständnis von<br />
Schwäche.<br />
VOM SCHÜLER ZUM PROFI<br />
Man muss allerdings anfügen, dass der amerikanische<br />
Sport- und Entertainmentkomplex<br />
mit zweierlei Mass misst. In diesem Fall<br />
mit jener Elle, mit der die sportbegeisterte<br />
alte Industriestadt Cleveland James vereinnahmt<br />
hatte. Man sah in ihm mehr als einen<br />
besonders talentierten Basketballer, der<br />
dem Team aus den Tiefen des Tabellenkellers<br />
herausgeholfen hatte. Er war so etwas<br />
wie der Hoffnungsträger einer ganzen wirtschaftlich<br />
stark angeschlagenen Region geworden,<br />
die ähnlich wie Detroit als traurige<br />
Symbolwelt für den urbanen Zerfall Amerikas<br />
steht.<br />
<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
BASKETBALL LEBRON JAMES 67<br />
HERZENSSACHE<br />
Ehefrau Savannah,<br />
James’ Teenagerliebe,<br />
mit den<br />
Söhnen LeBron jr. (l.)<br />
und Bryce Maximus<br />
in Miami.
68<br />
BASKETBALL LEBRON JAMES<br />
«Er ist Stadterneuerung in Basketballschuhen,<br />
der stolzeste Beleg für Sport in<br />
dieser Stadt», schrieb die «Washington<br />
Post» damals. Woran vor dem Weggang eine<br />
Werbefläche erinnerte, die, zwölf Stockwerke<br />
hoch, eine ganze Hauswand in der<br />
Innenstadt von Cleveland bedeckte. Sie<br />
zeigte ein grosses Foto, verbunden mit<br />
einem kurzen Text und dem Krummhaken als<br />
Markenzeichen der Firma Nike, welche die<br />
Kampagne bezahlt hatte. Die Botschaft<br />
lautete: «We Are All Witnesses» («Wir sind<br />
alle Zeugen»). Zeuge von was? War alles<br />
nur ein einziges Theaterstück gewesen?<br />
Mit einem Sportler, der das Zeug zum<br />
Schauspieler hatte?<br />
Sie waren Zeuge geworden, wie LeBron,<br />
der Sohn einer alleinerziehenden Mutter aus<br />
den untersten Schichten, mit ganzen 18 Jahren<br />
von der High School direkt in die Profiliga<br />
kam und dort zum Multimillionär wurde.<br />
Zeuge dafür, wie die amerikanische Gesellschaft<br />
Träume noch wahr werden lässt und<br />
Menschen hervorbringt, die bei aller Lust am<br />
Spielerischen noch immer rechtschaffen und<br />
stark geerdet sind.<br />
Und so kehrte er vier Jahre später zurück.<br />
In die grosse Villa in Akron, die er sich vor<br />
seinem Wechsel hatte bauen lassen. In das<br />
pompöse, statusgerechte Haus auf einem<br />
Grundstück von zwei Hektar, mit einem<br />
Kinosaal, einer Bowlingbahn, einem Casino,<br />
einem Musikstudio und einem Coiffeursalon.<br />
Mit einer Garage mit Platz für sechs<br />
Autos. Und mit einem Schlafzimmer für<br />
den Hausherrn und seine Gattin, das knapp<br />
200 Quadratmeter gross ist.<br />
ABSAGE AN DEN STOLZ<br />
Diesmal setzte er sich nicht einfach nur<br />
vor eine Fernsehkamera, sondern er liess<br />
einen Redaktor vom Magazin «Sports Illustrated»<br />
seine Übe rlegungen aufschreiben.<br />
Ein Satz fiel darin ganz besonders auf: «Meine<br />
Beziehung zu Nordost-Ohio ist bedeutender<br />
als Basketball», verlautbarte er und<br />
liess durchblicken, weshalb er sich wieder mit<br />
dem Club besitzer der Cavaliers an einen<br />
Tisch gesetzt hatte, der ihn doch wenige<br />
Jahre zuvor öffentlich beschimpft hatte.<br />
«Wieso habe ich das alles verziehen? Mensch,<br />
wir machen alle Fehler.» Die Trennungslinie<br />
zwischen Stolz und Fortschritt sei zwar sehr<br />
dünn, meinte er. «Aber ich stehe auf der<br />
Seite des Fortschritts, nicht auf der des<br />
Stolzes.»<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015<br />
BEKENNTNIS<br />
LeBron beim Warm-up im Polit-Trikot. Die<br />
Aufschrift richtet sich gegen Polizeigewalt.<br />
Die Erklärung klang ernst und klug. So<br />
etwas habe er «vor vier Jahren noch nicht<br />
begriffen», erklärte er. «Ich tue es jetzt.»<br />
Dabei verzichtete er, der erst kurz davor<br />
seine Teenagerliebe Savannah Brinson, 28,<br />
geheiratet hatte, die Mutter seiner beiden<br />
Söhne LeBron jr., 10, und Bryce Maximus, 7,<br />
und seiner fünf Monate alten Tochter Zhuri,<br />
aufgrund der komplizierten Bestimmungen<br />
der NBA mit ihrer Gehaltsobergrenze – genannt<br />
Salary Cap – in Cleveland auf ein paar<br />
Millionen Dollar. Sein Zwei-Jahres-Vertrag<br />
bringt ihm 42,2 Millionen Dollar ein. Was weit<br />
unter seinem Wert liegt. Ein ständig verletzter<br />
Kobe Bryant erhält bei den Los Angeles<br />
Lakers 30,04 Millionen Dollar – im Jahr. Wirk<br />
LEBRON JAMES<br />
GEBOREN 30. Dezember 1984 in Akron/<br />
Ohio (USA), Sternzeichen Steinbock<br />
ZIVILSTAND Verheiratet mit Savannah,<br />
drei Kinder KLUBS Cleveland Cavaliers<br />
2003 – 2010, Miami Heat 2010 – 2014,<br />
Cleveland Cavaliers seit 2014.<br />
ERFOLGE 2 × NBA-Champion (2012 und<br />
2013); 4 × Most valuable Player (MVP) der<br />
NBA (2009, 2010, 2012, 2013); 1 × Scoring<br />
Champion (2008); 11 × in Folge im Allstar-<br />
Team 2005 – 2015; 2 × Olympiasieger mit<br />
den USA (2008, 2012).
ENGAGEMENT<br />
Die drei James-<br />
Männer vor dem<br />
TV bei einer Ansprache<br />
von Präsident<br />
Obama.<br />
GROSSE JUNGS<br />
LeBron (l.) mit<br />
Kumpels aus<br />
dem Highschool-<br />
Team von St.Vincent<br />
Cleveland.<br />
«LeBron hat das<br />
Richtige getan.<br />
Wir haben vergessen,<br />
was für<br />
eine Rolle,<br />
Muhammed Ali<br />
oder Arthur<br />
Ashe gespielt<br />
haben»<br />
BARACK OBAMA<br />
FOTOS: NBAE VIA GETTY IMAGES (6), VERNON BRYANT/<br />
DALLES MORNING NEWS/CORBIS, HANDOUT<br />
MITTEN UNTER DEN TOP-SHOTS DER WELT LeBron James beim Smalltalk mit Michelle Obama,<br />
Rapper Jay Z, Milliardär und Cavaliers-Fan Warren Buffett sowie dem royalen englischen Paar<br />
Prinz William und Herzogin Kate (von oben links im Uhrzeigersinn).<br />
lich verzichten muss James allerdings nicht.<br />
Bleibt er gesund, wird ihn der nächste<br />
Vertrag für vieles entschädigen.<br />
Nike nutzte ihn natürlich erneut als Werbefigur<br />
in einer geschickten Inszenierung.<br />
Diesmal wurde es ein Schwarz-Weiss-Commercial,<br />
gedreht im Stil eines Dokumentarfilms<br />
des Cinema verité. Darin wird die<br />
Rückkehr von James zu einer zweiminütigen<br />
Ode an eine verschwommene Solidarität:<br />
«Kommt», ruft der Basketballer seinen Mitspielern<br />
zu, ehe man aufs Spielfeld geht.<br />
«Wir müssen das für Cleveland machen. Jeden<br />
Abend, bei jedem Training müssen wir<br />
alles geben, was wir haben.» Kämmt man<br />
aus der Kampagne mit dem Titel «Together»<br />
die Essenz, wird deutlich, dass «King James»<br />
wohl so etwas wie eine Mission gefunden<br />
hat. In der geht es zwar noch immer um den<br />
Verkauf von Basketballschuhen, Big Macs<br />
und Eintrittskarten. Aber irgendwie taucht<br />
in der Kalkulation auch ein Typ Mensch auf,<br />
der heutzutage gerne vergessen wird: Der<br />
zahlende Konsument.<br />
GLAUBWÜRDIGES ENGAGEMENT<br />
Weshalb auch seine Bereitschaft, sich hin<br />
und wieder zu politischen Fragen zu äussern,<br />
glaubwürdiger klingt, seit er die Glitzer- und<br />
Glamourkulisse von Südflorida hinter sich<br />
gelassen hat. Etwa als schwarze NBA-Spieler<br />
Ende letzten Jahres gegen die Polizeibrutalität<br />
gegenüber afroamerikanischen<br />
Männern protestierten und beim Aufwärmen<br />
vor Spielen T-Shirts mit der Aufschrift<br />
«I can’t breathe» trugen. Das waren die<br />
letzten Worte eines New Yorker Mannes<br />
gewesen, der von einem Beamten ohne<br />
Grund niedergerungen und dabei getötet<br />
worden war.<br />
«Unsere Gesellschaft muss besser werden»,<br />
verkündete er, sekundiert von<br />
Präsident Barack Obama. «LeBron hat das<br />
Richtige getan», sagte der Mann im Weissen<br />
Haus. «Wir haben vergessen, was für eine<br />
Rolle Muhammad Ali, Arthur Ashe und Bill<br />
Russell gespielt haben, um das öffentliche<br />
Bewusstsein zu schärfen», unterstrich der<br />
Politiker und erinnerte an den Boxer, den<br />
Tennis-Star und einen der besten Basketballer<br />
in der Geschichte der NBA. «Wir sind<br />
viel zu lange durch eine Phase gegangen, in<br />
der es hiess: Sei bloss ruhig, unterschreibe<br />
Werbeverträge und sorge nicht für Aufregung.»<br />
James zeige, dass auch er ein Teil<br />
der Gesellschaft ist, in der manche Angelegenheiten<br />
mehr Aufmerksamkeit bedürfen.»<br />
KAUM TITELCHANCEN<br />
Auf dem Spielfeld läuft es noch nicht so,<br />
wie er sich das vorgestellt hat. Er musste<br />
häufiger wegen Knie- und Rückenbeschwerden<br />
ganze Begegnungen aussetzen und<br />
sagte unlängst: «Ich habe mich das ganze<br />
Jahr über nicht gut gefühlt. Ich bin ehrgeizig.<br />
Und ich will für meine Mannschaftskollegen<br />
da sein.» Die werden das begrüssen, denn<br />
ohne LeBron James schafft man es in<br />
Cleveland kaum in Playoffs. Und selbst mit<br />
ihm ist es höchst unwahrscheinlich, dass<br />
man so schnell wieder um den Titel spielt.<br />
Bei James und den Cavaliers ist noch Luft<br />
nach oben.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
SEIN REVIER Andy<br />
Schmid (1,90 m/90 kg)<br />
in der SAP-Arena.<br />
Hier spielen die<br />
«Löwen» vor bis zu<br />
13 000 Fans.<br />
CHEF IN DER<br />
MANEGE<br />
Ein Schweizer brilliert in der besten Handball-Liga der Welt. Andy Schmid, 31,<br />
ist beim deutschen Spitzenklub Rhein-Neckar-Löwen zum Leader gereift –<br />
spielerisch wie menschlich. Und im Mai heiratet «Ändy» seine Therese.<br />
Text: Ilona Scherer · Fotos: Thomas Schweigert
HANDBALL ANDY SCHMID 71<br />
Noch neun Stunden bis zum<br />
Anpfiff. Andy Schmid betritt<br />
die SAP-Arena in Mannheim.<br />
So früh war der Handballer der<br />
Rhein-Neckar-Löwen noch nie<br />
in «seiner» Halle. Die Ränge<br />
sind leer, aber unten herrscht<br />
emsiges Treiben. Der Kunststoff-Boden<br />
wurde eben über<br />
die Eisfläche gelegt, auf der die Adler Mannheim<br />
ihre Hockey- Matches austragen. Nun<br />
bringen Arbeiter die letzten Markierungen auf<br />
dem Spielfeld an. Die Techniker bereiten die<br />
Anlagen fürs Bundesliga-Spiel gegen den<br />
Bergischen HC vor. Schmid, einer der Hauptakteure<br />
des kommenden Abends, fühlt sich<br />
irgendwie verloren in der eigenen Halle:<br />
«Beim Spiel ist eindeutig mehr los …», sagt<br />
der 31-jährige Schweizer und lacht.<br />
Acht Stunden später steigt der Adrenalinspiegel.<br />
Kurz vor Anpfiff gehen die Lichter<br />
aus. Auf dem Spielfeld tanzt ausgelassen<br />
Löwen-Maskottchen Conny, und Moderator<br />
Sven peitscht die Fans zum Klatschen an.<br />
Schmid und seine Mitspieler schreiten derweil<br />
die letzten Meter durch die Katakomben<br />
und warten auf der Stirnseite der Halle, bis<br />
«Insomnia» von «Faithless» eingespielt wird:<br />
Begleitet von zwei Feuer-Fontänen laufen sie<br />
aufs Feld, 5000 Fans toben.<br />
Obwohl die Halle nicht einmal zur Hälfte<br />
gefüllt ist, erreicht der Lärmpegel be achtliche<br />
Höhen. Handball-Bundesliga, das ist<br />
eben die perfekte Show. Schmid erklärt:<br />
«Seit Deutschlands Weltmeistertitel 2007<br />
gab es einen regelrechten Handball-Boom,<br />
viele grosse Hallen wurden gebaut. Das sind<br />
nicht einfach Turnhallen, wo du einen Match<br />
schauen gehst. Es gibt VIP-Logen, mit allem<br />
drum und dran. Hier wird den Fans wirklich<br />
etwas geboten.» Schmids Verein spielt seit<br />
zehn Jahren an der Bundesliga-Spitze mit<br />
und regelmässig in der Champions League.<br />
KAFFEE MIT PIRMIN SCHWEGLER<br />
Vor fünf Jahren entschied sich der Rückraum-<br />
Spieler gegen ein Angebot des grossen<br />
FC Barcelona und wechselte in die Rhein-<br />
Neckar-Region, die mit den «Löwen», den<br />
«Adlern» und dem Fussballklub aus Hoffenheim<br />
drei sportliche Aushängeschilder hat.<br />
Mit Pirmin Schwegler, der bei Hoffenheim<br />
kickt, geht er ab und zu einen Kaffee trinken.<br />
Beide haben ihre Wurzeln in Luzern. <br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
WELTKLASSE Andy Schmid<br />
beim Torwurf. Mitspieler<br />
Mads Mensah und 5000 Fans<br />
schauen gebannt zu.<br />
«Mein Name wird auf<br />
ewig in der Bestenliste<br />
stehen. Das macht mich<br />
extrem stolz»<br />
In der SAP-Arena ist der Boden wegen<br />
des darunter liegenden Eises zu hart, um täglich<br />
darauf zu trainieren. Geübt wird deshalb<br />
im Dorf Kronau, eine halbe Stunde entfernt.<br />
Mit Physiotherapie, Kraftraum, Videoraum<br />
und einer eigenen Kabine. Ein richtiges<br />
Heimatgefühl will sich bei den Löwen-Profis<br />
in der SAP-Arena darum nicht einstellen: «Ich<br />
vergleiche es mit dem Zirkus», so Schmid:<br />
«Wir zeigen in der Manege, was wir die ganze<br />
Woche über trainiert und geübt haben.»<br />
«ÄNDY IST DER BESTE<br />
MITTELMANN DER WELT»<br />
Die Partie gegen den Bergischen HC, erst<br />
noch an einem Mittwochabend, ist kein Spitzenspiel.<br />
Trotzdem kommen fast 5000 Fans in<br />
die Arena. Schon beim Anpfiff wird klar, dass<br />
hier alles über Schmid läuft. Sobald die Löwen<br />
von Abwehr auf Angriff umschalten, kommt er<br />
von der Bank ins Spiel: «Die Defensive ist nicht<br />
meine Stärke.» Sofort nimmt er das Heft in die<br />
Hand, gibt Kommandos, beruhigt das Spiel im<br />
einen Moment, um im nächsten mit überraschenden<br />
und technisch perfekten Aktionen<br />
Tore einzuleiten oder zu erzielen. Ändy, wie sie<br />
ihn hier nennen, ist der Dreh- und Angelpunkt<br />
im Löwen-Spiel. Seit kurzem hat Schmid sogar<br />
einen eigenen Fanclub, der ihn bei Heimspielen<br />
manchmal mit Kuhglocken unterstützt.<br />
Nur der Mann heimer Teamcaptain Uwe Gensheimer,<br />
ein Eigengewächs, ist beliebter.<br />
Trainer Nikolaj Jacobsen, 44, weiss, was<br />
er am Schweizer hat: «Er ist für mich der<br />
beste Mittelmann der Welt.» Der Däne und<br />
der Schweizer kennen sich seit einer gemeinsamen<br />
Saison 2009 bei Bjerringbro-Silkeborg<br />
(Dä). Schmid war Spieler, Ex-Profi<br />
Jacobsen hatte als Co-Trainer seine zweite<br />
Laufbahn eingeschlagen. Seither verbindet<br />
die beiden auch neben dem Spielfeld eine<br />
Freundschaft. «Ändy war ein Grund, weshalb<br />
ich im Juli zu den Löwen gewechselt habe»,<br />
sagt Jacobsen.<br />
Doch auch der beste Mittelmann kann<br />
nicht pausenlos brillieren. Als Schmid einen<br />
Fehlwurf macht, der dem Gegner einen<br />
Konter ermöglicht, flucht Jacobsen seinen<br />
Star an – «auf Dänisch», wie Schmid nach<br />
dem Spiel schmunzelnd erklärt. Eine echte<br />
Männerfreundschaft hält so was aus.<br />
MVP ZUM «FALSCHEN»<br />
ZEITPUNKT<br />
Mit Jacobsens Vorgänger Gudmundur<br />
Gudmundsson hatte Schmid 2010 dagegen<br />
keinen leichten Einstand in Mannheim. Der<br />
wortkarge Isländer setzte nicht auf den<br />
Schweizer, Schmid dachte nach der ersten<br />
Saison sogar an eine Rückkehr in die Heimat.<br />
«Doch je wichtiger ich wurde, desto besser<br />
unser Verhältnis. So ist das im Profisport»,<br />
sagt er und lächelt mit der Gelassenheit des<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
HANDBALL ANDY SCHMID 73<br />
«Im Ausland bin ich erwachsen geworden»,<br />
ist Schmid überzeugt. Die Jahre in Dänemark<br />
und Deutschland haben seiner Entwicklung<br />
gutgetan. Auch die Rolle als Vater einer Familie<br />
machte ihn reifer: Vor zweieinhalb Jahren<br />
kam Sohn Lio zur Welt. Und im kommenden<br />
Mai heiratet Schmid seine norwegische<br />
Verlobte Therese Olsen, 28. Es sei unausweichlich<br />
geworden, schmunzelt der Schweizer,<br />
der sich weiteren Nachwuchs wünscht.<br />
Die kleine Familie wohnt im nahen Heidelberg,<br />
Nachbar ist Teamkollege und Freund<br />
Byarte Myrhol, 32, der den Verein im Sommer<br />
Richtung Skandinavien verlassen wird.<br />
Auch Andy Schmid ist bewusst, dass sein<br />
Lebensmittelpunkt langfristig in der Heimat<br />
liegen wird. Andy: «Wenn mein Vertrag hier<br />
endet, möchte ich noch in der Nationalliga<br />
A spielen.»<br />
Therese und Lio sind auch gegen den<br />
BHC in der Halle und feuern ihren Papa beim<br />
30:24-Sieg an. Nach dem Schlusspfiff stürmt<br />
der zweijährige Blondschopf aufs Spielfeld.<br />
«Ball», sagt Andy Schmid und wirft ihn seinem<br />
Söhnchen zu, das gerade sprechen<br />
lernt. Die Halle hat sich mittlerweile geleert.<br />
Es wird wieder still in der Arena.<br />
ANDY SCHMID<br />
KÖPFE DES TEAMS Sind die Löwen in der Defensive, sitzt Schmid bei<br />
Teammanager Oliver Roggisch auf der Bank und bespricht die Taktik.<br />
Erfolgreichen. Längst ist er aus dem Team<br />
nicht mehr wegzudenken.<br />
Ende Mai 2014 wurde Schmid von den<br />
Trainern und Managern der 18 Bundesligisten<br />
mit grossem Vorsprung zum «Most Valuable<br />
Player» (MVP), dem wertvollsten Spieler<br />
der Liga, gewählt. Die Auszeichnung<br />
konnte er in den ersten Wochen jedoch<br />
überhaupt nicht geniessen – zu gross war die<br />
Enttäuschung über den verlorenen Meistertitel<br />
in der letzten Runde. «Meisterfeier,<br />
Korso durch die Stadt – alles war geplant …»<br />
erinnert sich Schmid an den «Tiefpunkt meiner<br />
Karriere». Zwei Tore fehlten zum Triumph.<br />
Dass mit Jacobsen im Juli ein extravertierter,<br />
menschlicher Trainer folgte, war wichtig<br />
fürs Team, ist Schmid überzeugt: «Nach<br />
der riesigen Enttäuschung brauchte es einen,<br />
der viel spricht und psychologisch arbeitet.»<br />
Trotzdem: Bis heute gibt es Momente, in<br />
denen er an diese Enttäuschung denkt. Und<br />
das sei auch gut so, findet Schmid: «Man<br />
kann nicht immer nur von grossen Siegen<br />
reden. Schwierige Momente prägen eine<br />
Karriere genauso. Sie gehören dazu.»<br />
Auch über die Auszeichnung zum MVP<br />
kann er sich mittlerweile freuen: «Mein Name<br />
wird auf ewig in dieser Liste stehen. Dass ich<br />
mich in dieser Liga so etablieren konnte,<br />
macht mich extrem stolz.»<br />
Das gesunde Selbstvertrauen hat sich<br />
Schmid von den Deutschen abgeschaut:<br />
«Wenn man etwas gut kann oder etwas Gutes<br />
geleistet hat, soll man auch dazu stehen<br />
und das selbstbewusst zeigen. Wir Schweizer<br />
fühlen uns doch fast unwohl, wenn wir etwas<br />
gut können», sagt er.<br />
HOCHZEIT IM MAI<br />
Deutschland ist mittlerweile seine zweite<br />
Heimat geworden. Erst kürzlich hat er seinen<br />
Vertrag bei den Löwen bis 2018 verlängert.<br />
GEBOREN 30. August 1983 in Horgen ZH,<br />
aufgewachsen in Luzern, Sternzeichen<br />
Jungfrau ZIVILSTAND verlobt mit der<br />
Norwegerin Therese Olsen, 28, Hochzeit<br />
im Mai GRÖSSTE ERFOLGE MVP der<br />
Bundesliga 2014, Vizemeister 2014,<br />
MVP der dänischen Liga 2009, Schweizer<br />
Meister 2008 und 2009, MVP Schweiz<br />
2008 und 2009, 3× Schweizer Handballer<br />
des Jahres NATIONALTEAM 149 Länderspiele,<br />
654 Tore BESONDERES Betreibt<br />
mit Teamkollege Uwe Gensheimer einen<br />
Online-Shop für Socken und Unterwäsche<br />
im skandinavischen Desgin WEBSITE<br />
www.uandwoo.com<br />
ERSTER GRATULANT Söhnchen Lio läuft nach<br />
dem Schlusspfiff zum Papi. Er wird im August<br />
drei Jahre alt.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
AUCH ABWÄRTS<br />
GEHTS AUFWÄRTS<br />
Jolanda Neff wird<br />
technisch immer<br />
besser. Hier übt sie im<br />
heimischen Thal SG.
MOUNTAINBIKE JOLANDA NEFF 75<br />
Jolanda Neff ist vergangene<br />
Saison jünger und<br />
unerfahrener als die<br />
meisten Gegnerinnen.<br />
Und doch fährt sie im<br />
Weltcup allen auf ihrem<br />
Mountainbike einfach<br />
davon. Das wollen wir<br />
uns von der Nummer 1<br />
der Welt doch einmal<br />
erklären lassen.<br />
Interview: Iso Niedermann<br />
Fotos: Gian Marco Castelberg / 13Photo<br />
Ausser<br />
Sichtweite<br />
für den Rest<br />
des Feldes<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
76 MOUNTAINBIKE JOLANDA NEFF<br />
Es war das bislang erfolgreichste<br />
Jahr für Jolanda Neff: 2014, mit<br />
21 Jahren, holte sie ihren bereits<br />
dritten U23-WM-Titel im Cross<br />
Country und gewann als jüngste<br />
Fahrerin der Geschichte den Gesamtweltcup.<br />
Logische Folge: Neff wurde zur neuen<br />
Nummer eins der Weltrangliste. Jetzt fährt<br />
sie neu für das Team Stöckli und peilt<br />
Olympia 2016 in Rio (Br) an.<br />
Jolanda Neff, was macht Sie zur besten<br />
Mountainbikerin der Welt?<br />
Ich fahre einfach etwas schneller ... Im Ernst:<br />
Es kommen viele Bausteine zusammen.<br />
Vor der letzten Saison konnte ich mich<br />
erstmals im Winter voll professionell vorbereiten<br />
und nur für den Sport leben. Ich<br />
blieb gesund, fuhr konstant und konnte<br />
im technischen Bereich ein paar Sekunden<br />
MEH DRÄCK Jolanda<br />
Neff jubelt in Lostorf<br />
SO über ihren Sieg<br />
an der Schweizer<br />
Meisterschaft 2014.<br />
Das gibt Wäsche!<br />
Beauty<br />
«Ich<br />
schminke<br />
mich auch<br />
fürs Rennen<br />
dezent. Und<br />
die Ohrringe<br />
bleiben<br />
dran»<br />
herausholen. Entscheidend war die starke<br />
Physis.<br />
Sekundengewinn im technischen Bereich?<br />
Wie muss man sich das vorstellen: Üben<br />
Sie das gezielt, springen immer und immer<br />
wieder über Wurzeln, fahren über Schottersteine,<br />
trainieren das Lenken?<br />
Ja, etwa so. Seit diesem Winter hat die<br />
Frauen-Bike-Nati einen neuen Coach. Unter<br />
ihm trainieren wir jede Woche einmal zusammen<br />
auf dem Indoor-Pump-Track in Pfäffikon.<br />
Da repetieren wir tatsächlich solche<br />
technischen Elemente wieder und wieder.<br />
Nie Angst vor Stürzen?<br />
Angst eigentlich nicht. Natürlich gehen wir<br />
an die Grenzen und stürzen deshalb auch hin<br />
und wieder. Aber wir üben ja auch, zu erkennen,<br />
wie weit wir gehen können. Wir kennen<br />
die Grenzen der Physik deshalb genau. Hobbybikern<br />
würde ich nicht empfehlen, auszuprobieren,<br />
wie hoch oder weit man springen<br />
kann. Nein, ich denke eigentlich nie ans Stürzen,<br />
auch bei heftigen Abfahrten nicht.<br />
Wann haben Sie als Kind gemerkt: Das will<br />
ich können?<br />
Ich weiss nicht mehr genau. Mein erstes<br />
Rennen fuhr ich mit sechs Jahren. Mein Vater<br />
machte bereits an MTB-Events mit, bevor<br />
ich auf der Welt war. Wir waren alle sehr<br />
polysportiv. Ich habe vieles ausprobiert. In<br />
der Primarschule ging ich in die Gymnastik,<br />
machte Ballett. Im Sek-Alter entschied ich<br />
mich fürs Biken, weil es da viel mehr Wettkämpfe<br />
gab als in der Gymnastik. Ich war<br />
damals schon ein Wettkampftyp. Wäre es<br />
anders gewesen, hätte es gut sein können,<br />
dass ich jetzt Gymnastik-Turnerin wäre.<br />
Warum sind Sie eigentlich MTB- und nicht<br />
Strassen-Rennfahrerin?<br />
Weil ich mit dem Bike aufgewachsen bin. In<br />
den vergangenen Jahren habe ich ab und zu<br />
als Abwechslung Strassen-Radsport betrieben.<br />
Aber das Biken macht mir einfach mehr<br />
Spass wegen der Abfahrten, die man so auf<br />
den Strassen gar nicht hat. Und dann ist die<br />
Stimmung innerhalb der MTB-Szene extrem<br />
familiär, locker und fröhlich. Männer und<br />
Frauen fahren am gleichen Ort auf den gleichen<br />
Strecken. Deshalb wird den Frauen im<br />
Bikesport auch viel mehr mediale Beachtung<br />
geschenkt als im Strassensport. Man kann es<br />
mit dem Skifahren und Snowboarden vergleichen.<br />
Wir Biker sind die Boarder; bei uns<br />
ist alles etwas cooler. Bei den Männern allerdings<br />
ist es so, dass der Strassen-Radsport<br />
viel grösser ist als das Biken.<br />
Weshalb kennt eigentlich das Biken dieses<br />
Image-Problem wie der Strassen-Radsport<br />
wegen Dopings nicht?<br />
Unser Anforderungsprofil ist ganz anders. Unsere<br />
Rennen dauern eineinhalb Stunden, dann<br />
hat man wieder eine Woche Zeit, sich zu erholen.<br />
Bei den Rundfahrten hat man das nicht.<br />
Aber man darf nicht ausblenden, dass es auch<br />
im Biken schon Dopingfälle gab. Nur ist es einfach<br />
schade, dass mittlerweile in unserer<br />
Gesellschaft jede grosse sportliche Leistung<br />
sofort unter dem Verdacht der illegalen Nachhilfe<br />
steht. Das ist aber nicht der Grund dafür,<br />
dass ich keinen Strassen-Radsport mache.<br />
Wie sieht Ihr bevorzugter Parcours aus?<br />
Es ist ein cooler Aspekt unseres Sports, dass<br />
wir bei jedem Rennen völlig andere Voraussetzungen<br />
und Verhältnisse antreffen. Das<br />
macht es so interessant. Mir gefällt es, wenn<br />
es technisch sehr anforderungsreich ist, mit<br />
FOTO: MAXIME SCHMID/KEYSTONE<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
77<br />
HEIMATLICH Neff im Trikot ihres neuen Arbeitgebers Stöckli-Pro-Team. «Ich trage gern Rot-Weiss.»<br />
Wurzeln, Steinbrocken, Sprüngen, wie etwa<br />
beim WM-Parcours letzten Jahr in Cham péry<br />
oder auch beim Weltcup diesen Frühling in<br />
Lenzerheide. Steile Aufstiege mag ich auch,<br />
oder wenn es eine so genannte «Chickenline»<br />
hat, einen Weg, der einfacher zu fahren,<br />
aber länger ist als die Normallinie. Da lässt<br />
sich toll taktieren.<br />
Und das Gelände des Olympiaparcours<br />
2016 in Rio? Sie haben es ja gesehen.<br />
Stimmt, das war spannend. Es liegt etwas<br />
erhöht ausserhalb der Stadt. Der Untergrund<br />
ist sandig, rau. Das mag ich. Aber wie dann<br />
die Strecke technisch angelegt sein wird, das<br />
ist völlig ungewiss.<br />
Sie fahren bisher in der Regel stets ein<br />
Hard-Tail-Bike, also nur mit Federung am<br />
Hinterrad statt ein vollgefedertes. Erklären<br />
Sie uns den Unterschied!<br />
Das ist eine «Glaubensfrage». Manche<br />
fahren nur «Fullies» – vollgefederte Bikes,<br />
manche nur Hard Tails, und manche wechseln<br />
je nach Strecke ab. Der Vorteil des Hard<br />
Tails ist das geringere Gewicht, etwa ein Kilo,<br />
weil die Dämpfung hinten fehlt. Das Fully<br />
nimmt zwar etwas mehr Schläge auf und<br />
schont den Rücken, aber man braucht dafür<br />
mehr Energie. Mit dem Hard Tail muss<br />
man exakter fahren, weil das Bike weniger<br />
verzeiht.<br />
Und wozu raten Sie einem Hobby-Biker?<br />
Ich würde raten, auf ein Fully zu setzen. Das<br />
macht Amateuren definitiv mehr Spass, ist<br />
angenehmer. Und weils da nicht um die Zeit<br />
geht, machts auch nichts, wenn man ein Kilo<br />
mehr auf den Berg hochfahren muss.<br />
Was schmerzt eigentlich nach einem<br />
Rennen oder intensiven Training mehr, die<br />
Beine oder der Hintern?<br />
Am meisten die Lunge! Sie wird extrem<br />
beansprucht. Die Beine spürt man eher erst<br />
am nächsten Tag. Das Gesäss übersteht ein<br />
Rennen recht problemlos, und die Hände<br />
schmerzen selbst nach einer sehr langen<br />
Abfahrt nicht gross. Entscheidend für uns ist,<br />
dass wir die Rumpfkraft gut trainieren, damit<br />
wir die gebeugte Position einen Lauf lang<br />
halten können.<br />
Anders als im Strassensport gibt es auch<br />
bei den Abfahrten keine Erholung.<br />
Stimmt, im Strassenrennen kann man sich bei<br />
Abfahrten tatsächlich etwas erholen. Bei uns<br />
sind hingegen Abfahrten oftmals körperlich<br />
beinahe so streng wie Aufstiege, weil man<br />
extrem aktiv sein muss mit dem Oberkörper.<br />
Stopfen sich Biker eigentlich auch Schweineschnitzel<br />
in der Rennhose als Schutz gegen<br />
wunde Stellen?<br />
(Lacht.) Machen sie das auf der Strasse wirklich?<br />
Unsere einzigen Schutzvorrichtungen<br />
sind der Helm und die Handschuhe. Keine<br />
Tricks und Geheimmittelchen.<br />
Was, wenn Sie unterwegs mal «müssen für<br />
kleine Mädchen»?<br />
Kein Thema bei uns. Ein Bikerennen muss<br />
vorschriftsgemäss zwischen eineinhalb und<br />
eindreiviertel Stunden dauern. Das hält man<br />
schon aus. Aber es ist lustig: Wenn ich nach<br />
der Zieleinfahrt jeweils direkt zur Dopingkontrolle<br />
muss, merke ich oftmals, dass ich<br />
eigentlich ziemlich dringend mal müsste.<br />
Im Ziel sind Sie oft von Kopf bis Fuss<br />
verdreckt. Schminken Sie sich trotzdem<br />
vor einem Rennen?<br />
Ja, dezent. Und Schmuck, etwa die Ohrringe,<br />
trage ich auch im Wettkampf.<br />
Was macht man, wenn man weit weg von<br />
einer Servicezone einen Platten einfängt?<br />
Man fährt auf der Felge bis zur Techzone,<br />
wo man das ganze Rad wechselt. Das geht<br />
zwar, aber die Felge ist dann halt hin. Bei<br />
einem unwichtigen Rennen überlegst du,<br />
ob du eine Felge opfern willst, aber im Weltcup<br />
gibts darauf keine Rücksicht.<br />
Ihr Vater Markus ist Ihr häufigster<br />
Trainingspartner. Kann er Ihnen folgen?<br />
Ja, schon. Darum trainiere ich auch gern mit<br />
ihm. Wenn ich Vollgas eine Steigung hochfahre,<br />
verliert er den Anschluss zwar irgendwann.<br />
Aber das kommt in einem Training selten vor.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
78 MOUNTAINBIKE JOLANDA NEFF<br />
ÜBUNG MACHT<br />
DEN MEISTER<br />
Jolanda trainiert<br />
intensiv auch einzelne<br />
fahrerische Elemente<br />
wie Sprünge oder<br />
Geröllfahrten.<br />
WELTCUP IN LENZERHEIDE<br />
STARS IN GRAUBÜNDEN<br />
ALLE GEGEN JOLANDA NEFF<br />
UND NINO SCHURTER<br />
Wo hängt Jolanda Neff die Gegnerinnen<br />
ab?<br />
Es ist klar, dass man bergauf die physischen<br />
Vorteile ausspielen kann. Aber auch eine<br />
Abfahrt kann entscheidend sein. Wenn du<br />
als Erste in die Abfahrt gehst, kannst du oft<br />
ein Loch zu den Verfolgern aufmachen, das<br />
dann bei gleichem Tempo der Fahrerinnen<br />
bestehen bleibt.<br />
Lassen Sie mich raten: Eine Top-Fahrerin<br />
wie Sie verdient im Jahr eine halbe Million<br />
Franken und mehr.<br />
Schön wärs! Ich selber kann als Weltnummer<br />
eins zwar gut leben von meinem Sport.<br />
Aber reich wird niemand bei uns. Aus der<br />
Weltrangliste können vielleicht die ersten<br />
drei Geld verdienen und die Vierte bis zur<br />
Zehnten vom Biken leben, aber die Elfte geht<br />
schon arbeiten daneben. Bei den Männern<br />
sind es vielleicht die ersten 50, die es als<br />
Beruf machen können. Ein Weltcupsieg wirft<br />
nicht mehr als 3000 Euro Preisgeld ab.<br />
Wie viele Bikes verbrauchen Sie pro<br />
Saison?<br />
So viele wie ich vom Ausrüster erhalte! Letztes<br />
Jahr waren es zwei Hard Tails, ein Fully<br />
und ein Freerider plus ein Strassenvelo.<br />
Man fährt ein Bike auf keinen Fall mehr als<br />
eine Saison. Obwohl sie natürlich schon noch<br />
brauchbar sind. Ich verkaufe meine Bikes<br />
teilweise nach der Saison. Aber früher fuhr<br />
ich mein Bike sicher drei Saisons.<br />
Sie fahren nicht mehr für Liv-Giant,<br />
sondern neu für das Stöckli-Pro-Team.<br />
Vom Giganten zum Zwerg, sozusagen.<br />
Kann man sagen. Aber nur was die Teamgrösse<br />
anbelangt. Die Weltcup-Mannschaft<br />
Furchtlos<br />
«Ich denke<br />
eigentlich<br />
nie ans<br />
Stürzen.<br />
Auch bei<br />
heftigen<br />
Abfahrten<br />
nicht»<br />
wird von Florian Vogel und mir gebildet. Technisch<br />
bietet Stöckli hervorragendes Material.<br />
Und ich freue mich mega, dass ich nun für<br />
ein Schweizer Team fahren kann. Mein Vater<br />
Markus ist neu als Vollzeit-Mechaniker angestellt.<br />
Das macht es natürlich noch cooler.<br />
JOLANDA NEFF<br />
GEBOREN 5. Januar 1993 in Rorschach<br />
SG, Sternzeichen Steinbock, wohnhaft in<br />
Thal SG ZIVILSTAND ledig<br />
ERFOLGE Elite Cross Country: 3 Weltcup-<br />
Rennsiege, Gesamtweltcup-Siegerin 2014,<br />
aktuelle Welt-Nummer 1, 2 × WM-Silber<br />
im Eliminator 2012/2013. U23: 3 × Weltmeisterin<br />
im Cross Country (2012–2014).<br />
PARTNER Stöckli, Schibli Elektrotechnik,<br />
Spitzensport Schweizer Armee.<br />
www.jolandaneff.ch<br />
Die grosse Welt des professionellen<br />
Mountainbike-Sports<br />
gastiert im Bündnerland: Die<br />
Ferienregion Lenzerheide ist<br />
vom 3. bis zum 5. Juli dieses<br />
Jahres Gastgeberin des MTB<br />
Weltcup. Gefahren wird in<br />
den Disziplinen Cross Country<br />
und Downhill.<br />
Rund um die Bikearena bei<br />
der Talstation Rothorn werden<br />
die Besten der Welt um den Sieg<br />
kämpfen. Und sowohl bei den<br />
Männern als auch bei den<br />
Frauen ist Rot-Weiss die Farbe,<br />
an der sich alle orientieren. Bei<br />
den Männern führt Weltmeister<br />
Nino Schurter das Feld an. Seine<br />
härtesten Widersacher dürften<br />
die Landsleute Fabian Giger<br />
und Mathias und Lukas Flückiger<br />
sein sowie die Weltstars Julien<br />
Absalon, Daniel McConnell<br />
oder José Hermida Ramos.<br />
Bei den Frauen will die Welt-<br />
Elite Jolanda Neff das Siegen<br />
schwermachen.<br />
Neben dem Cross-Country-<br />
Rennen und dem Downhill-<br />
Spektakel wird ein attraktives<br />
Rahmenprogramm die Gäste<br />
in Lenzerheide unterhalten.<br />
SPEKTAKEL Weltmeister<br />
Nino Schurter auf dem Rundkurs<br />
um die Talstation Rothorn in<br />
Lenzer heide.<br />
FOTO: HANDOUT<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
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peugeot.ch<br />
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Mit 21 Jahren hat er schon mehr<br />
Titel gewonnen als andere in ihrer<br />
ganzen Karriere. Stefan Küng ist die<br />
Schweizer Hoffnung im Radsport.<br />
Und arbeitet daran, seine Träume<br />
umzu setzen – ob auf Bahn, Pflasterstein<br />
oder im Kampf gegen die Uhr.<br />
MUNI<br />
MIT<br />
GEFÜHL<br />
Text: Eva Breitenstein · Fotos: Christoph Köstlin
RAD STEFAN KÜNG<br />
81<br />
KAMPF MIT<br />
SICH SELBST<br />
«Ich liebe das Zeitfahren,<br />
kann über<br />
mich hinauswachsen.<br />
Faszinierend, was<br />
man aus dem Körper<br />
herausholen kann.»<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
82 RAD STEFAN KÜNG<br />
«CANCELLARAS<br />
KARRIERE LÄSST<br />
EINEN TRÄUMEN.<br />
DIE LEUTE<br />
WOLLEN EINEN<br />
NACHFOLGER,<br />
UND DA FÄLLT IM<br />
MOMENT EBEN<br />
MEIN NAME»<br />
STEFAN KÜNG<br />
GEBOREN 16. 11. 1993 in Wil SG, Sternzeichen<br />
Skorpion ZIVILSTAND Single ER-<br />
FOLGE Bahn*: WM-Silber Einzelverfolgung<br />
und Bronze Madison 2014; U23-Europameister<br />
Einzel- und Mannschaftsverfolgung<br />
2014, 2013; Strasse: U23-Europameister<br />
Strasse und Zeitfahren 2014; WM-<br />
Bronze U23 Zeitfahren 2014; TEAM Seit<br />
2015: BMC Racing Team; 2013/14: BMC<br />
Development Team. *Bahn-WM 2015 nach<br />
Redaktionsschluss. www.stefankueng.ch<br />
Breiter Nacken, Oberarme dick wie<br />
Oberschenkel, so breit wie gross –<br />
nein, das ist nicht die Figur von<br />
Stefan Küng. Aber ungefähr das,<br />
was man sich unter dem Spitznamen<br />
«Muni von Fischingen» vorstellen<br />
würde. Ein Schwinger vielleicht.<br />
Küng jedoch ist Radfahrer.<br />
Mit 193 Zentimetern und 83 Kilogramm ein<br />
Typ Modellathlet, einer, der Kraft auf die<br />
Pedale bringt. Was er denn als junger Fahrer<br />
auch gern tat: «Ich wollte alles mit Kraft erzwingen.»<br />
Daher der Muni.<br />
Küng lacht, wenn er dies erzählt. So wie<br />
er immer lebhaft und mit einer Energie<br />
spricht, dass man sein Feuer fürs Radfahren<br />
spürt. Er strahlt, wenn er von der Faszination<br />
des Bahnfahrens erzählt, «für mich die komplexeste<br />
Form des Velofahrens». Seine<br />
Augen leuchten, wenn er von Paris–Roubaix<br />
schwärmt, das er in der U23-Ausgabe bereits<br />
gefahren ist: «Es ist ein geiles Gefühl, in<br />
diese Pavés reinzuklöpfen, wie wir sagen.»<br />
Und wenn er sich zum Zeitfahren äussert,<br />
beschleicht einen das Gefühl, er wolle jetzt<br />
sofort auf seiner BMC-Zeitmaschine davonflitzen,<br />
die neben ihm an der Wand lehnt.<br />
Was gar nicht so abwegig ist. «Ich sage schon<br />
mal zu einem Kollegen: Jetzt hätte ich<br />
Lust, ein Zeitfahren zu fahren. Die Antwort<br />
ist meist: Du bist nicht ganz normal im Kopf.<br />
Für andere ist es eine Strafe. Das Zeitfahren<br />
musst du lieben, um vorn dabei zu sein.»<br />
Maturand Küng ist 21-jährig und seit<br />
Anfang Jahr Profi. Der Muni hat mittlerweile<br />
gelernt, neben Kraft auch Gefühl und Technik<br />
einzusetzen. Mit Erfolg: Sechs EM-Titel<br />
hat der Ostschweizer in der Kategorie U23<br />
gewonnen, und das in vier Disziplinen: im<br />
Zeitfahren, im Strassenrennen sowie auf der<br />
Bahn je zweimal in der Einzel- und Mannschaftsverfolgung.<br />
«Wenn ich lange auf der<br />
Strasse war, sehne ich mich nach der Bahn<br />
und umgekehrt», sagt der Hinterthurgauer.<br />
Haupt sache, das Fahrzeug hat zwei Räder.<br />
In einer Familie aufgewachsen, in der<br />
Sport eine nebensächliche Rolle spielt,<br />
nimmt er als Zehnjähriger selber das Telefon<br />
in die Hand und ruft den Präsidenten des<br />
Velo clubs Fischingen an. Drei Wochen später<br />
steht er am Start seines ersten Rennens,<br />
nochmals eine Woche darauf folgt der erste<br />
Sieg. Seither geht es im selben Tempo weiter.<br />
«Manchmal wird mir plötzlich bewusst:<br />
Jetzt trainierst du für Rennen wie Paris–Roubaix.»<br />
Noch ist es ein langer Weg, bis er<br />
vielleicht einmal als Sieganwärter am Start<br />
des Pflasterstein-Klassikers im Norden<br />
Frankreichs steht. Doch dass er dank seiner<br />
Erfolge zwischen Profiverträgen der Schweizer<br />
Teams BMC und IAM sowie Cancellaras<br />
Equipe Trek auswählen konnte, ist eine Ausnahmesituation,<br />
die Selbstvertrauen gibt.<br />
Küng hat bei seinem ersten Vertrag darauf<br />
bestanden, dass er bis zu den Olympischen<br />
Spielen in Rio 2016 auch auf die Bahn<br />
setzen darf. So steht in seiner Saison fast immer<br />
ein wichtiges Rennen an – November bis<br />
Februar Bahn-Weltcups, im Februar die WM,<br />
dann bis im September die Strassen-Saison.<br />
«Mental ist das noch fordernder als körperlich.<br />
Man kann nie sagen: Es ist egal, wenn<br />
ich diese Woche mal nur fünf Stunden schlafe.»<br />
Mittlerweile hat Küng diese Professionalität,<br />
doch er war nicht immer ein Trainings-<br />
Weltmeister; dafür kamen die Erfolge wohl<br />
zu einfach. Wenn er keine Lust zu fahren<br />
hatte, stand das Rad schon mal fünf Tage im<br />
Keller. Oder er besuchte ein Open-Air, anstatt<br />
in aller Frühe zu trainieren. Mit der Zeit<br />
jedoch hat er von selbst gelernt: «Wenn einer<br />
der älteren Fahrer neben dir im Trainingslager<br />
nur ein Stück Kuchen nimmt, nimmst<br />
du eben auch nicht drei», grinst der Schoggi-<br />
Liebhaber. Ausserdem hat er selber grosse<br />
Pläne: Mit dem Bahn-Vierer war ursprünglich<br />
die Qualifikation für Olympia das Ziel, das<br />
heisst die Top 9 der Welt. Nun schielt das<br />
junge Grüppchen schon etwas weiter nach<br />
vorn. Im Verbands-Projekt nimmt Küng eine<br />
wichtige Rolle ein. Nationaltrainer Daniel<br />
Gisiger, der Küng als 15-Jährigen kennen<br />
lernte, sagt: «Stefan ist eine Ausnahmeerscheinung.<br />
Und er ist ein dankbarer Fahrer,<br />
der viele Ideen einbringt.» Manchmal<br />
müsse man diese etwas vernünftiger angehen,<br />
als von ihm angedacht, doch er übernehme<br />
als Teamleader Verantwortung.<br />
Während Küng auf der Bahn schon WM-<br />
Medaillen bei der Elite gewann, steht für ihn<br />
auf der Strasse erst der Übergang zu den<br />
Profis an. Bis sich sein Körper an die grösseren<br />
Umfänge der Rennen gewöhnt hat, muss<br />
man mit zwei bis drei Jahren rechnen. Und<br />
dann muss Stefan Küng auch mit einer Erwartung<br />
von aussen zurechtkommen: Vom Athletentyp<br />
her erinnert Küng an Fabian Cancellara,<br />
der seit Jahren den Schweizer Radsport<br />
quasi allein verkörpert und Ende 2016 zurück -<br />
tritt. Ein Nachfolger ist gefragt. «Das ist<br />
für einen Jungen nicht einfach zu verkraften»,<br />
sagt Gisiger. «Aber Stefan ist intelligent<br />
genug, nicht immer demjenigen zu glauben,<br />
der zuletzt gesprochen hat.» Und auch<br />
Küng selber relativiert: «Cancellaras Karriere<br />
lässt einen träumen, aber ich gehe Schritt<br />
für Schritt. Die Leute wollen einen Nachfolger,<br />
und im Moment fällt da eben mein<br />
Name.» Der Name des Munis von Fischingen.<br />
PRODUKTION: HAARE UND MAKE-UP: JEHAN RADWAN; STYLING: LEA KÜNG; JEANSHEMD VON LEVIS, HOSE VON CINQUE; LOCATION: FOTOSTUDIO ZUERCHERFOTOGRAFIE.CH<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
SMART UND<br />
MUTIG Nach der<br />
Matur gab sich Küng<br />
zwei Jahre, um auf<br />
den Sport zu setzen.<br />
«Entweder klappt es<br />
und ist 20 Jahre lang<br />
mein Beruf, oder<br />
ich gehe studieren.»
84 MOTO2 DIE SCHNELLSTEN SCHWEIZER<br />
DIE FÜNF SCHWEIZER CRACKS<br />
Robin Mulhauser, Jesko Raffin, Randy<br />
Krummenacher, Tom Lüthi und<br />
Dominique Aegerter fahren 2015 alle<br />
in der Moto2-WM.<br />
5 ZWISCHEN<br />
ADRENALIN<br />
UND ABGRUND<br />
SIE HEISSEN LÜTHI, AEGERTER, KRUMMENACHER, RAFFIN UND<br />
MULHAUSER. FÜNF SCHWEIZER, DIE RUND UM DEN ERDBALL<br />
TEUFLISCH SCHNELL MOTORRAD FAHREN. ES IST EIN DASEIN<br />
AM LIMIT UND MIT DEM MAXIMALEN EINSATZ – DEM LEBEN.<br />
TEXT: CHRISTIAN BÜRGE · FOTOS: CHRISTOPH KÖSTLIN
ZWEI TEAMS, EIN DACH «Jeder fokussiert zwar auf sein Team, aber wir sind breiter abgestützt, haben mehr Daten, mehr Ideen», sagt Tom Lüthi über die neue<br />
Der Ort wirkt wie eine<br />
düstere Fantasie aus<br />
einem futuristischen<br />
Irgendwann. Mitten<br />
in der Wüste frisst<br />
sich ein riesiges<br />
Band aus Beton<br />
durch die verlassene Landschaft. Darüber<br />
drohen dunkle Wolkenberge. Dann zerreisst<br />
die Stille. Zuerst ein Sirren von links, das<br />
lauter wird und schliesslich in einer Orgie<br />
von Lärm eskaliert. Geschosse auf Rädern<br />
jagen auf der Ziel geraden vorbei, in einem<br />
Tempo, das jede Kamera verfälscht und nur<br />
das Auge richtig erfasst. Wie zwei Blitze<br />
zucken sie dahin. Fast 270 Stundenkilometer<br />
schnell. Adrenalin beim Fahrer, Gänsehaut<br />
an der Boxenmauer, einen Moment lang<br />
verharren im Rausch des Schauspiels. Hier<br />
sind sie auf der Suche nach dem persönlichen<br />
Limit und dem der Maschine. Hier<br />
sind sie im Dauerstreit mit sich selbst, wie<br />
weit die Grenzen verrückbar sind, ob sie es<br />
noch kontrollieren können, wo das Spiel<br />
mit dem Leben beginnt. Denn irgendwann<br />
kommt immer die nächste Kurve. Wer zuletzt<br />
bremst, gewinnt oft. Aber der Einsatz ist<br />
hoch.<br />
«Am Ende der Geraden erreichen die<br />
Maschinen eine unglaubliche Geschwindigkeit»,<br />
sagt Marc Marquez, der zweifache<br />
MotoGP-Weltmeister. «Manchmal kannst du<br />
gar nicht anders, als zu denken‚ was würde<br />
passieren, wenn es jetzt kracht?»<br />
Cheste, Circuit Ricardo Tormo, zwanzig<br />
Kilometer westlich von Valencia. Ein kühler<br />
Februartag. Hier fressen die Maschinen der<br />
Moto2- und Moto3-Klasse Testkilometer.<br />
Zwischen 60 und 80 Runden in drei Stunden,<br />
mehrere Renndistanzen. Alle 10 bis 15 Minuten<br />
steigen sie runter von ihren Maschinen,<br />
die Gesichter fahl, wie versteinert von der<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
MOTO2 DIE SCHNELLSTEN SCHWEIZER<br />
«WIR HABEN UNS BESSER KENNEN<br />
GELERNT. WIR WOLLEN BEIDE RENNEN<br />
GEWINNEN. DAS IST KLAR. ABER WIR<br />
KÖNNEN MITEINANDER WACHSEN»<br />
TOM LÜTHI ÜBER DIE ZUSAMMENARBEIT MIT DOMINIQUE AEGERTER<br />
87<br />
ERNSTHAFT<br />
Der stechende Blick<br />
von Tom Lüthi nach<br />
ein paar schnellen<br />
Runden und beim<br />
Relaxen auf seiner<br />
Couch im Team-<br />
Truck (r.).<br />
Struktur.<br />
Konzentration nach der Höchstbelastung.<br />
Die Blicke sind stechend. Tom Lüthi hat sein<br />
Motorrad einem Mechaniker übergeben,<br />
geht sofort zu seinem Stuhl. Ohne den Helm<br />
auszuziehen, beginnt er zu reden, die Techniker<br />
hängen an seinen Lippen, ihre Stifte<br />
fliegen über die Notizblöcke. Das Feedback<br />
ist der Schlüssel zur Bestzeit. Er erzählt, wie<br />
der Grip der Reifen ist, ob er mehr Druck auf<br />
dem Hinterrad braucht, ob sie die Maschine<br />
absenken sollen. Tausend kleine Dinge<br />
können die Differenz machen. Das Talent fürs<br />
Motorradfahren ist das eine. Damit kann man<br />
gute Rennen abliefern, vielleicht eines<br />
gewinnen. Das Gespür für die Maschine, die<br />
Rückmeldung, wie die Techniker sie perfekt<br />
einstellen, von Tag zu Tag verbessern, macht<br />
aber den Champion aus.<br />
RIVALEN UNTER EINEM DACH<br />
Es läuft gut für Lüthi an diesem Tag. Der<br />
Emmentaler kommt in jeder der drei Teststunden<br />
unter die besten drei. Trotz den<br />
kühlen Bedingungen fährt er hier so schnell<br />
wie noch nie in seiner Karriere. Das sind viel<br />
versprechende Zeichen für den Saisonstart<br />
von Ende März in Katar. Denn für den WM-<br />
Vierten der vergangenen Moto2-Saison hat<br />
sich einiges geändert. Statt einer Suter fährt<br />
er nun wie die grosse Mehrheit der Piloten<br />
eine Kalex, dazu spannt sein Team mit jenem<br />
der beiden Schweizer Dominique Aegerter<br />
und Robin Mulhauser zusammen. Faktisch<br />
bleiben es zwar zwei Teams mit eigenen Mechanikern<br />
und Cheftechnikern, die Daten<br />
werden jedoch ausgetauscht. Und die zählen<br />
sonst zu den gut gehüteten Geheimnissen.<br />
«Es ist cool», sagt Lüthi. «Jeder fokussiert<br />
zwar auf sein Team, aber wir sind breiter abgestützt,<br />
haben mehr Zahlen, mehr Ideen.»<br />
Wenn der eine in eine Richtung tüftelt, die<br />
sich als falsch erweist, muss der andere die-<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
GANZ IN SCHWARZ Noch fehlen<br />
auch bei Aegerters Maschine<br />
die Beschriftungen für seine neue<br />
Kalex-Maschine.<br />
«TOM HAT EINEN GANZ<br />
ANDEREN FAHRSTIL ALS<br />
ICH. ER FÄHRT FEINER,<br />
FLÜSSIGER IN DIE<br />
KURVEN. ICH BIN EIN<br />
SPÄTBREMSER»<br />
DOMINIQUE AEGERTER ÜBER TOM LÜTHI<br />
FOKUSSIERT Dominique<br />
Aegerter ist bei den Valencia-<br />
Tests im vorderen Mittelfeld –<br />
er brennt auf die neue Saison.<br />
WETTKAMPFTYP<br />
Dominique Aegerter hat<br />
bei den kühlen Temperaturen<br />
nicht das Letzte riskiert.
MOTO2 DIE SCHNELLSTEN SCHWEIZER<br />
89<br />
sen Weg gar nicht mehr gehen. Das spart<br />
Zeit. Der Zusammenschluss der beiden<br />
Alphatiere Lüthi und Aegerter ist keine<br />
Selbstverständlichkeit. Die beiden kämpfen<br />
nicht nur auf der Strecke um jeden Zentimeter,<br />
sie beharken sich in diesem kleinen Markt<br />
auch um die beste Crew, die Aufmerksamkeit,<br />
die Sponsoren und entsprechend ums<br />
Budget. Es war alles andere als Liebe auf den<br />
ersten Blick, und auf der Strecke bleiben sie<br />
Rivalen, aber hier in der Box nähern sie sich<br />
an, wechseln hie und da ein paar Worte,<br />
scherzen zusammen. «Wir haben uns besser<br />
kennengelernt. Wir beide wollen Rennen<br />
gewinnen, das ist klar. Aber wir können<br />
miteinander wachsen.» Für Lüthi ist es die<br />
14. WM-Saison, die sechste in der Moto2. Er<br />
will konstanter werden, mehr Spitzenränge.<br />
Im November ist es zehn Jahre her, seit er in<br />
der 125er-Klasse den Weltmeistertitel<br />
errang. Seither wechseln sich Licht und<br />
Schatten ab. Mit 28 Jahren will er sich<br />
zumindest nochmals in den Bereich bringen,<br />
damit er um die WM kämpfen kann.<br />
Es ist der zweite Testtag hier in Valencia.<br />
Ab und zu peitscht ein Regenschauer Richtung<br />
Meer. Die Maschinen bleiben in den<br />
Boxen. «Der Asphalt hat neun Grad, dann<br />
bringt das nichts», sagt Lüthi. Wenn er fährt,<br />
dann nur am Limit. Nur so weiss er, was das<br />
Motorrad hergibt. «In Le Castellet wars ähnlich,<br />
und in Aragon hatten wir sogar Schnee<br />
in einer Kurve. Ich dachte, ich sei im falschen<br />
Film.» Er vertreibt sich im Fahrerlager die Zeit<br />
auf dem Handy, gibt da und dort ein Interview,<br />
redet mit Technikern. In der Winterpause<br />
gönnte er sich Skiferien, verbesserte<br />
die Koordination auf den Langlaufski. Er hat<br />
mit Kickboxen begonnen, will so die Schnelligkeit<br />
und das Auge verbessern. «Es darf<br />
zwischendurch auch mal wehtun», sagt er.<br />
Dominique Aegerter hat seine Mütze tief<br />
ins Gesicht gezogen. Am ersten Tag war er<br />
rund eine Sekunde langsamer als Lüthi. Er ist<br />
der Wettkampftyp, hat das Image eines charmanten<br />
Draufgängers, der den Mädchen<br />
den Kopf verdreht. Im vergangenen Jahr gewann<br />
er auf dem Sachsenring. «Das kann mir<br />
niemand mehr nehmen», sagt er. Er wurde<br />
am Ende WM-Fünfter. Hinter Lüthi, der ihn<br />
noch abfing. «Tom hat einen ganz anderen<br />
Fahrstil als ich. Er fährt feiner, fährt flüssiger<br />
AUF DER SUCHE Tom Lüthi rapportiert<br />
nach den Tests den Technikern (stehend<br />
und rechts Cheftechniker Alfred Willecke).<br />
in die Kurven. Ich bin ein Spätbremser», vereinfacht<br />
der 24-Jährige die Unterschiede.<br />
Die Strecke in Valencia findet er nicht besonders<br />
prickelnd. «Das hier ist langsam», sagt<br />
er. In Mugello zeigt der Tacho meter auf der<br />
Geraden 300, in Australien haben sie eine<br />
Durchschnittsgeschwindigkeit von 175 Stundenkilometern.<br />
Und immer rast auch das<br />
Herz. Mit Puls 180 steigen sie vom Motorrad.<br />
Durchatmen können sie erst dann.<br />
Die Testtage haben nichts von der Sexyness<br />
eines Grand Prix. Keine Zuschauer, keine<br />
elektrisierende Stimmung, kein Blitzlicht,<br />
keine Grid-Girls. Hier wird unter Männern<br />
malocht. Geschraubt, gefeilt, geölt – um<br />
neue Antworten gerungen. Abends gehen<br />
sie gemeinsam essen. Die grosse Welt ist das<br />
nicht. Das Restaurant ist im Shoppingcenter.<br />
Das Budget verträgt keine anderen Sachen.<br />
Und die Hotels haben keine vier Sterne, selten<br />
einmal drei. «Mir ist es lieber, wenn jeder<br />
Franken in die Maschine investiert wird», sagt<br />
Aegerter. So etwas wie Business-Class fliegen<br />
kennt er nur vom Hörensagen. Das ist<br />
etwas für Multimillionäre wie Valentino Rossi.<br />
Geht es nach ihm, können zehn Fahrer<br />
Weltmeister werden. Natürlich hat er Rabat,<br />
Lüthi und Zarco auf der Rechnung. «Aber<br />
wenn einer einen Lauf hat, ist alles offen.»<br />
DAS UNSAGBARE AUSBLENDEN<br />
18 Rennwochen plus viele Testwochen ist<br />
Aegerter unterwegs. Er hat bei den Eltern in<br />
Rohrbach ein Studio. Die Mutter sagt jeweils<br />
«heb Sorg», wenn er wieder an ein Rennen<br />
fährt, der Vater sagt, er soll Vollgas geben.<br />
DIE 5 SCHWEIZER<br />
DER MOTO2-WM<br />
TOM LÜTHI<br />
Geboren am 6. September 1986 in<br />
Oberdiessbach BE<br />
Erfolge: Weltmeister 125ccm 2005,<br />
4 Siege und 25 Podiumsplätze in der<br />
Moto2.<br />
www.tomluethi.ch<br />
DOMINIQUE AEGERTER<br />
Geboren am 30. September 1990 in<br />
Rohrbach BE<br />
Erfolge: 1 Sieg und 3 Podiumsplätze in<br />
der Moto2.<br />
www.domi77.com<br />
RANDY KRUMMENACHER<br />
Geboren am 24. Februar 1990 in Zürich<br />
Erfolge: 1 Podiumsplatz in der<br />
125 ccm, ein Vierter Platz in der Moto2.<br />
www.randykrummenacher.ch<br />
ROBIN MULHAUSER<br />
Geboren am 7. November 1991<br />
in Fribourg<br />
Erfolge: 17. Platz in der Moto2-Saison<br />
2014 in Valencia<br />
www.robinmulhauser.ch<br />
JESKO RAFFIN<br />
Geboren am 12. Juni 1996 in Zürich<br />
Erfolge: Sieger der spanischen<br />
Moto2-Meisterschaft (CEV) 2014<br />
www.raffin.ch<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
DEM WETTER TROTZEN Tom Lüthi und<br />
Robin Mulhauser machen das Beste aus der<br />
Schlechtwetterlage bei einer Kaffeepause.<br />
UNGLEICHES DUO Aegerter will für sein Team<br />
um Siege mitfahren, Mulhauser hat sich Plätze<br />
zwischen 10 und 20 zum Ziel gesetzt.
MOTO2 DIE SCHNELLSTEN SCHWEIZER 91<br />
«ICH MUSS ZUHÖREN KÖNNEN. UND<br />
SPÜREN, IN WELCHEM TONFALL MIR<br />
DER FAHRER ETWAS ERZÄHLT. ER MUSS<br />
MIR NUR SAGEN, WAS NICHT GUT IST»<br />
ALFRED WILLECKE, CHEFTECHNIKER VON TOM LÜTHI<br />
«Ich mache mir nicht viele Gedanken, wenn<br />
ich losfahre. Letztes Jahr hatte ich den Kopf<br />
nicht immer frei. Dann bist du nicht schnell,<br />
ganz einfach.» Den Kopf frei zu haben, alles<br />
auszublenden, ist gerade für Aegerter keine<br />
Selbstverständlichkeit. Es ist der 5. September<br />
2010, als seine Welt zum Stillstand<br />
kommt. Beim GP von San Marino stürzt<br />
Teamkollege Shoya Tomizawa, bleibt auf der<br />
Strecke liegen, wird von Alex de Angelis und<br />
Scott Redding überfahren. Eine Stunde nach<br />
Rennschluss stirbt Tomizawa im Spital von<br />
Riccione. Einen Monat später entsteht beim<br />
GP von Japan ein Foto, auf dem das Team<br />
mit den Eltern Tomizawas vor einem Blumenmeer<br />
für Shoya niederkniet. Dominique<br />
Aegerter hat ein Bild seines Freundes in<br />
der Hand. «I will never forget my team mate»,<br />
steht darauf. Er hat in der Woche nach dessen<br />
Tod oft geweint. Vergessen hat er ihn wie<br />
versprochen nicht. Aber ans Aufhören hat er<br />
nie gedacht. Das Unsagbare fährt immer mit.<br />
Es hat nur keinen Platz in den Köpfen.<br />
Alfred Willecke sitzt in der Box vor einem<br />
Computerbildschirm, der einen scheinbar<br />
wirren Salat bunter Leistungslinien anzeigt.<br />
Das Motorrad, an das sie den Laptop nach<br />
jeder Fahrt anhängen, liefert eine Unmenge<br />
Zahlen. Über die Federwege, den Bremsdruck,<br />
die Drehzahl, die Gasgriffstellung.<br />
180 Kanäle können sie auswerten. Wenn sie<br />
denn wollten. Aber oft wissen sie, wo die<br />
Hundertstel zu holen sind, welche Para meter<br />
zählen. Willecke ist einer der begehrtesten<br />
Techniker der Gilde. Lüthi ist froh, dass er<br />
den Deutschen im Team halten konnte,<br />
obwohl das Budget keine Sprünge erlaubt.<br />
«Zuhören ist eine Eigenschaft, die man in<br />
meinem Geschäft haben muss», sagt er. «Ich<br />
muss auch spüren, wie der Fahrer etwas<br />
erzählt, in welchem Tonfall. Das alles muss<br />
ich einschätzen können. Ich will kein Lob<br />
hören, wie toll die Maschine läuft. Er muss<br />
mir nur sagen, was nicht gut ist. Schulterklopfen<br />
ist Zeitverschwendung.»<br />
Willecke ist selbst passionierter Motorradfahrer.<br />
Was die jungen Piloten aus den<br />
Maschinen herausholen, sei für den Laien<br />
kaum nachvollziehbar. «Ob nun einer 17.<br />
oder 25. wird – ich habe vor allen Respekt.»<br />
Die Spitze der Moto2 könnte in der MotoGP<br />
mithalten, ist er überzeugt. «Da wäre keiner<br />
fehl am Platz.» Die MotoGP- Klasse ist der<br />
Wunschtraum jedes Fahrers. Die Faszination<br />
der Leistung ist es, welche alle in den Bann<br />
zieht. In der Moto2 haben die Maschinen 130<br />
PS, in der MotoGP liegt die Leistung jenseits<br />
der 200 PS. Auch medial ist die Aufmerksamkeit<br />
viel grösser. Dort, wo die Stars Marc Marquez,<br />
Valentino Rossi oder Jorge Lorenzo<br />
heissen. «Aber von der Spannung her würde<br />
ich in dieser Saison eher Moto2 schauen»,<br />
sagt Willecke. Neben dem Honda-Motor,<br />
der wie die Dunlop- Reifen Standard ist, sind<br />
23 Fahrer mit dem Kalex-Chassis unterwegs.<br />
Hier zeigt sich, wer der beste Fahrer ist.<br />
DER AUSGEBUFFTE<br />
Der Freiburger Robin Mulhauser wird nichts<br />
mit der WM-Entscheidung zu tun haben.<br />
Für ihn wären schon regelmässige Plätze<br />
zwischen 10 und 20 ein Erfolg. «Ich habe spät<br />
angefangen», sagt der 23-Jährige, «erst mit<br />
14. Aber ich bin schnell vorwärtsgekom<br />
UNTER DEM RADAR Robin<br />
Mulhauser spielt im Team von Tom<br />
Lüthi und Dominique Aegerter die<br />
dritte Geige. Aber der Spätzünder<br />
verbessert sich schnell.
«DAS FAHREN IST IMMER NOCH EIN<br />
KICK. UND WENN AM SACHSENRING<br />
240 000 LEUTE BRÜLLEN, HAT SICH<br />
ALLES GELOHNT»<br />
RANDY KRUMMENACHER<br />
EINSAMER REITER<br />
Randy Krummenacher<br />
wirkt wie ein Spielertyp<br />
– irgendwann schlägt<br />
sich das Glück schon auf<br />
seine Seite.<br />
AUSGEBUFFT «Ich bin ausdauernd, aber ich brauche Schnelligkeit», sagt Randy Krummenacher – darum hat er jetzt einen neuen Trumpf im Ärmel.<br />
men.» In der vergangenen Saison wurde er<br />
hier in Valencia 17. Jetzt will er sich herantasten,<br />
von den Besten lernen. Links und<br />
rechts von ihm haben Lüthi und Aegerter<br />
ihre Motor räder aufgebockt. Er ist im Sandwich<br />
zweier grosser Rivalen, die immer ums<br />
Podium mitfahren wollen. Hier kann er profitieren.<br />
«Tom sieht zehn Dinge gleichzeitig,<br />
kann so schnell alles analysieren, das fehlt<br />
mir», sagt der Gottéron-Fan. «Letztes Jahr<br />
war es schwierig für mich, das richtige<br />
Feedback zu geben. Aber ich kann es mit<br />
jedem Monat besser vermitteln.»<br />
Im Gegensatz zu Mulhauser ist Randy<br />
Krummenacher mit seinen 24 Jahren schon<br />
ein Routinier. 2006 fuhr er seine ersten Grand<br />
Prix, seit 2011 ist er in der Moto2-Klasse dabei.<br />
Jetzt läuft er hier in den Boxen herum<br />
wie ein ausgebuffter Oldie, dem nichts und<br />
niemand mehr etwas anhaben kann. Fahrerisch<br />
galt er als Teenager als so talentiert<br />
wie Lüthi und Aegerter. Aber entweder<br />
fuhr der Zürcher Oberländer in Teams, die<br />
zu wenig kompetitiv waren, wurde durch<br />
Stürze zurückgeworfen oder hatte schlicht<br />
Rennpech. Ein vierter Platz ist bislang sein<br />
Bestresultat in dieser Klasse. Nach einem<br />
24. WM-Gesamtrang wurde für ihn die Luft<br />
dünn. Jetzt ist er bei «Japan Italy Racing»<br />
untergekommen. Seine drei Sponsoren<br />
stehen für eine halbe Million Franken gerade,<br />
die ihm den Platz im Team garantieren.<br />
«Motorsport in der Schweiz ist schwierig<br />
zu finanzieren», sagt er. «Dieses Jahr ist ein<br />
wichtiges. Ich muss bestätigen, dass ich<br />
hierher gehöre.» Für ihn heisst das Top-<br />
10-Ränge herausfahren, konstant sein. Er hat<br />
einen neuen Ansatz, der ihn weiterbringen<br />
soll. Ein ehemaliger Spitzen-Motocrossfahrer<br />
arbeitet mit ihm an der Kondition. «Ich<br />
bin ausdauernd, aber ich brauche Schnelligkeit.»<br />
Krummenacher hat etwas Verwegenes,<br />
Abgezocktes. Er hat keinen Manager<br />
mehr, organisiert sich seine Existenz selbst.<br />
Sein Lebensstil ist reduziert auf die Essenz.<br />
Statt geflogen ist er hierher gefahren. Mit<br />
seinem eigenen kleinen Transporter. Er<br />
öffnet die Hecktür, zeigt die Motocross-<br />
Maschine, die er dabei hat. Wofür lohnt sich<br />
all der Verzicht? «Für vieles! Das Fahren ist<br />
noch immer ein Kick. Und wenn am Sachsenring<br />
an drei Tagen 240 000 Fans brüllen, dass<br />
du deine Maschine nicht mehr hörst, hat sich<br />
alles gelohnt.» Krummenacher verkörpert<br />
eine Art lonesome rider, aber auch den<br />
Spielertyp. Vom Volg in Bertschikon zum GP<br />
Suzuka, immer mit einem Lächeln, immer mit<br />
einem Augenzwinkern. Irgendwann schlägt<br />
sich das Glück schon auf seine Seite.<br />
WACHLIEGEN IN DER NACHT<br />
Ginge es nur um Looks und Vermarktbarkeit,<br />
könnte sie der fünfte Schweizer alle an die<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
MOTO2 DIE SCHNELLSTEN SCHWEIZER<br />
93<br />
VIEL ZU LERNEN Jesko Raffin muss die WM-Strecken<br />
studieren, über die Hälfte kennt er noch nicht.<br />
«DASS SIE MICH EIN JAHRZEHNTTALENT<br />
NENNEN, SCHMEICHELT MIR. ABER SCHNELLER<br />
MACHT ES MICH NICHT»<br />
JESKO RAFFIN, WM-NEULING IN DER MOTO2<br />
SHOOTING-STAR 1,79 m<br />
gross ist Jesko Raffin.<br />
«Vielleicht habe ichs einfacher<br />
bei den Frauen. Aber hier<br />
ist es eher ein Nachteil.»<br />
Wand spielen. Jesko Raffin, der 18-jährige<br />
Zürcher, hat es sich auf einem Barhocker im<br />
Truck seines SAG-Teams bequem gemacht.<br />
Er streicht sich die dunklen Haare aus dem<br />
Gesicht und ist etwas konsterniert. Denn<br />
eigentlich sollte er hier Runde um Runde<br />
fahren, um sich an die neue Welt zu gewöhnen.<br />
Aber das garstige Wetter macht<br />
ihm einen Strich durch die Rechnung. Am<br />
Dienstag hat der Sieger der spanischen<br />
Moto2-Meisterschaft fast vier Sekunden auf<br />
die Besten verloren. Das macht den letzten<br />
Platz. Nicht einfach für einen Erfolgsverwöhnten.<br />
«Es ist schwierig hier. Sie sind alle zu<br />
schnell für mich. Sogar der Letzte ist schnell.»<br />
Er will das Motorrad mehr fliessen lassen,<br />
sagt er. Jesko, der italienische und spanische<br />
Wurzeln hat, braucht hier lange, bis er<br />
einschlafen kann. Er liegt wach, verarbeitet<br />
all die Bilder, die auf ihn zukommen wie<br />
eine Lawine. Die Strecken, der Stress, das<br />
WUST VON DATEN Auf total<br />
180 Kanälen können bei einem<br />
Bordcomputer Daten eines Motorrads<br />
abgerufen werden. Die Techniker<br />
müssen daraus die richtigen Schlüsse<br />
ziehen.<br />
Abliefernmüssen. «Du machst dir Gedanken.<br />
Es gibt so viele Kleinigkeiten, auf die du achten<br />
musst.» Dass er als Jahrzehnttalent gilt,<br />
findet er schmeichelhaft. «Aber schneller<br />
macht es mich nicht.» Mit sechs Jahren setzt<br />
sich Jesko erstmals auf die Motocross-Maschine,<br />
die ihm sein Vater hinstellt. Auf einer<br />
Privatstrasse in der Nähe der Brunau brettert<br />
er hin und her. Auf dem Kopf den Harley-Helm<br />
des Vaters, dazu die Harley-Handschuhe. In<br />
der Jugend fällt ihm Sport immer leicht. Er<br />
ist ein guter Skifahrer, ein guter Schwimmer.<br />
Aber nichts macht er so selbstverständlich<br />
wie Motorradfahren. Jetzt schaut er sich die<br />
Videos der Besten an. Ihre Linienwahl, ihre<br />
Sitzposition. Er will näher an sie ran. Hier<br />
und dort den Bruchteil einer Sekunde wettmachen.<br />
Die Worte von Ayrton Senna könnten<br />
sein Ansporn sein: «Du bist und bleibst<br />
nur dann ein Rennfahrer, wenn du die Lücke<br />
schliessen willst. Stück für Stück.»<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
94 EISHOCKEY KEVIN FIALA<br />
BEREIT FÜR DEN<br />
HARTEN WEG<br />
Er ist mit 18 Jahren das Wunderkind des Schweizer Eishockeys.<br />
Und an der Schwelle zur grossen NHL. Doch noch bestimmt<br />
Kevin Fiala den Weg nicht selbst, der ihn ans Ziel führt. Steckt<br />
er kurzfristig erzwungene Klub- und Wohnortwechsel ebenso<br />
weg wie derbe Checks und ermüdende Reisen, ist er reif für<br />
die grossen Nashville Predators. Text: Iso Niedermann · Fotos: Dirk Schmidt<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
ABGANG MIT WEHMUT<br />
Kevin Fiala wirft einen letzten<br />
Blick in die Kinnarps Arena<br />
von Jönköping (Sd). «Ich<br />
gehe hier nicht gern weg.»
HEIMISCH Kevin in<br />
Jönköping am Ufer<br />
des Vätternsees. Hier<br />
wurde er so heimisch,<br />
dass er sogar fliessend<br />
Schwedisch zu<br />
sprechen gelernt hat.<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
EISHOCKEY KEVIN FIALA 97<br />
ANGEKOMMEN Fiala im BMO Harris<br />
Bradley Center von Milwaukee gegen<br />
die Rockford Icehogs. An diesem<br />
Abend schafft er mit zwei Treffern<br />
den Durchbruch in der AHL.<br />
Vielleicht wird sich der Stadionspeaker<br />
des 17 800 Zuschauer<br />
fassenden «BMO Harris Bradley<br />
Center» in Milwaukee an diesen<br />
6. Februar 2015 erinnern: 4 Minuten<br />
16 Sekunden sind im zweiten Drittel<br />
gespielt, als ein 18-jähriger Stürmer der<br />
Admirals einen Steilpass erläuft, loszieht<br />
und am Goalie der Rockford Icehogs vorbei<br />
per Backhand-Schlenzer in die hohe Ecke<br />
trifft. «Scoring his first north american goal<br />
for the Milwaukee Admirals, with the number<br />
12: Kevin Fiaaala!», brüllt der Speaker ins<br />
Mikrofon. Der Tonfall, wie Fialas erster Treffer<br />
im sechsten Spiel für die «Ads» gefeiert<br />
wird, könnte ein Zeichen sein, dass hier soeben<br />
eine grosse Eishockey-Karriere lanciert<br />
worden ist. Später trifft der junge Schweizer<br />
Neuzugang gleich noch einmal und wird am<br />
Ende zum besten Spieler der Partie gewählt.<br />
«Damit bin ich wohl endgültig in Milwaukee<br />
angekommen», sagt Fiala hinterher.<br />
FOTOS: SCOTT PAULUS, CHRIS SZAGOLA/LANDOV/KEYSTONE<br />
DAS WORT DES GM IST GESETZ<br />
Knappe drei Wochen sind es da her, seit Kevin<br />
Fiala quasi Hals über Kopf von Schweden<br />
an den Lake Michigan geflogen ist. In Jönköping,<br />
wo der Teenager beim Erstligisten<br />
HV71 bereits zu den Leistungsträgern des<br />
Teams gehört, erreicht ihn Mitte Januar 2015<br />
«WUNDERKIND? DOCH,<br />
DAS HÖRE ICH SCHON<br />
GERN. ABER DANN<br />
SAGE ICH MIR JEWEILS<br />
SOFORT: AUFPASSEN,<br />
KEVIN! NUR NICHT<br />
HOCHNÄSIG WERDEN»<br />
GROSSE ZUKUNFT Am 27. Juni 2014<br />
streift sich Fiala unter den Blicken von<br />
GM David Poile als Erstrunden-Draft<br />
das Dress der Nashville Predators über.<br />
völlig überraschend der Anruf von David<br />
Poile. Und macht ihm schlagartig klar, dass<br />
sein Leben als Eishockeyspieler nun eine<br />
ganz neue Dimension annimmt. Poile ist<br />
Generalmanager der Nashville Predators,<br />
jener NHL-Organisation, in der mit Roman<br />
Josi bereits ein anderer Schweizer zu den<br />
Superstars gehört. Der Klub hat Kevin im vergangenen<br />
Sommer gedraftet, die Transferrechte<br />
erworben. Und dass Fiala unter Hunderten<br />
Kandidaten weltweit gleich in der<br />
ersten Runde gezogen wird, erhebt ihn in<br />
den Kreis jener Hockey-Talente, denen man<br />
die wirklich grosse NHL-Karriere zutraut.<br />
GM Poile teilt Fiala am Telefon mit, man<br />
würde ihn gern per sofort ins Predators-<br />
Farmteam nach Milwaukee in die AHL holen,<br />
um ihn nach den Vorgaben der Organisa tion<br />
an die NHL heranzuführen. Die Zeit des<br />
Überlegens und Abwägens, der Rücksprache<br />
mit den Eltern und seinem Agenten Daniel<br />
Giger, ist vorbei. «Ich hatte drei Tage<br />
Zeit, mir den Wechsel zu überlegen. Aber eigentlich<br />
gabs da nichts zu überlegen. Wenn<br />
ich meinen Traum von der NHL verwirklichen<br />
will, muss ich tun, was mir vorgegeben wird.»<br />
Und das ist nicht wenig. Fiala verlässt fast<br />
über Nacht ein Land, in dem er sich sehr wohl<br />
gefühlt hat, dessen Sprache er fast perfekt<br />
spricht. Er verlässt eine Stadt, in der er sein<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
98<br />
EISHOCKEY KEVIN FIALA<br />
WILLE PUR In<br />
Jönköping legt<br />
Kevin nach den<br />
Teamtrainings<br />
regelmässig<br />
Zusatzschichten<br />
im Kraftraum<br />
ein – freiwillig.<br />
SCHNELLE HÄNDE Kevin Fiala übt im Schusskeller von HV71<br />
Jönköping Schlenzer unter die Torlatte. Der Kunststoff-Boden in<br />
der Anlage simuliert eine Eis-Unterlage. Die einmalige Infrastruktur<br />
bei HV71 bringt den begnadeten Techniker und Läufer aus<br />
Zuzwil SG noch einmal einen Schritt vorwärts. «Schweden war<br />
für meine Entwicklung der perfekte Ort!»<br />
ANDREAS JOHANSSON COACH HV71 JÖNKÖPING<br />
«... DANN HABEN WIR VERSAGT!»<br />
«KEVIN IST EIN NATUREREIGNIS,<br />
EIN KIND IN EINEM MÄNNER KÖRPER.<br />
DAS GIBTS ALLE ZEHN JAHRE EINMAL»<br />
HV71-TRAINER ANDREAS JOHANSSON<br />
Andreas Johansson, für wie gut<br />
halten Sie Ihren ehemaligen<br />
Schützling Kevin Fiala?<br />
ANDREAS JOHANSSON Er ist ein<br />
Naturereignis, ein Bub in einem<br />
Männerkörper. Ich begegnete<br />
ihm erstmals, als ich vor ein paar<br />
Jahren für den Schweizer<br />
Verband in Engelberg ein Nachwuchscamp<br />
organisierte. Er fiel<br />
mir sofort auf. So einen Spieler<br />
siehst du vielleicht alle zehn<br />
Jahre einmal. Ich habe in meiner<br />
langen Karriere auch in der NHL<br />
kaum einen Jungen gesehen mit<br />
solcher Lauf- und Stocktechnik.<br />
Nichts zu verbessern also?<br />
O doch! Er ist oft zu eigensinnig,<br />
muss an seiner Teamfähigkeit<br />
noch arbeiten. Das ist die grosse<br />
Herausforderung an einen<br />
Trainer von Kevin: Aus ihm einen<br />
Teamspieler zu formen, ohne seine<br />
herausragende Individualität<br />
zu untergraben.<br />
Hat er zu viel Selbstvertrauen?<br />
Falls damit Arroganz gemeint ist,<br />
verneine ich ganz klar. Er hat ein<br />
grosses Herz für andere. Aber<br />
es ist schwierig für einen, der<br />
schon als Kind fast ein Star war.<br />
Sie spielten während 10 Jahren<br />
unter anderem bei Nashville<br />
in der NHL, aber auch in Bern<br />
oder bei Servette in der<br />
Schweiz. Wo findet er die beste<br />
Vorbereitung auf die NHL?<br />
Dass er nun in der AHL ist, finde<br />
ich persönlich nicht optimal.<br />
In den Minor Leagues gehts zu<br />
sehr ums Resultat. Da ist ein<br />
Künstler wie er «in Gefahr». Und<br />
auch wenn ich die Strategie der<br />
Nashville-Organisation<br />
verstehen kann: Ich hätte mir<br />
gewünscht, dass man wartet,<br />
bis er den Schritt von Schweden<br />
direkt in die NHL schafft.<br />
Schafft er es denn auch wirklich<br />
da hin?<br />
Da bin ich mir ganz sicher! Wenn<br />
ein Kevin Fiala keine grosse<br />
NHL-Karriere absolviert, dann<br />
haben wir hier alle versagt!<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
NEUE REALITÄT Columbus’ Marko Dano<br />
gibt Fiala bei einem Vorbereitungsspiel<br />
mit den Predators schon mal den<br />
nordamerikanischen Tarif bekannt.<br />
FOTOS: MARK HUMPHREY/AP PHOTO/KEYSTONE, PRIVAT<br />
Leben auf eigenen Beinen zu leben gelernt<br />
hat. Wo er einen eigenen Haushalt führt. Und<br />
wo nicht zuletzt seine gleichaltrige Freundin,<br />
Jessica, lebt. Vor allem aber verlässt er eine<br />
Eishockey-Liga, in der Kevins läuferische<br />
und technische Stärken perfekt zum Tragen<br />
kommen. Wo man ihn als Eishockey-Stürmer<br />
benötigt und bewundert. «Die Trennung<br />
von Jönköping hat ihm wirklich weh getan,<br />
das haben wir gespürt», sagt Kevins Vater<br />
Jan Fiala, 46. Doch der einstige NLA-Spieler<br />
mit tschechischen Wurzeln glaubt zumindest,<br />
dass Kevin bewusst ist, was es braucht:<br />
«In der AHL wird viel körperlicher gespielt,<br />
die Felder sind kleiner, er wird die bösen<br />
Checks einstecken müssen. Und er wird Tausende<br />
Kilometer mühsamer Busreisen durchzustehen<br />
haben. Aber Kevin muss auf die<br />
Zähne beissen und diese Mühle betreten,<br />
weil es der erfolgversprechendste Weg in<br />
die NHL ist. Und nur da will er hin.» Kevins<br />
Schwester Laura, 22, die unlängst eine vielversprechende<br />
Tenniskarriere beendete,<br />
fällt nicht nur die grosse räumliche Distanz zu<br />
ihrem «kleinen» Bruder schwer: «Hoffentlich<br />
findet er sich in den USA zurecht. Er ist halt<br />
manchmal schon noch sehr jung. Schon<br />
wenn er jeweils nach Heimatbesuchen<br />
wieder nach Schweden abreiste, bin ich am<br />
Vorabend traurig geworden.» Und Mama<br />
«IN DER AHL WIRD ER<br />
DIE BÖSEN CHECKS<br />
EINSTECKEN UND<br />
MÜHSAME REISEN ZU<br />
ERTRAGEN HABEN.<br />
ABER DA MUSS ER<br />
DURCH» VATER JAN FIALA<br />
PAPAS ERBE Knirps Kevin im Januar 2000<br />
als Dreijähriger zusammen mit Jan Fiala –<br />
damals noch Aktiver – in der Eishalle Uzwil.<br />
Renata, 46, sagt offen: «Seit diesem unerwartet<br />
schnellen Wechsel machen wir uns<br />
täglich Sorgen um Kevin.»<br />
SCHON ALS KNIRPS EIN STAR<br />
Nur: Nach persönlichen Präferenzen und<br />
seinem Wohlbefinden sowie dem seiner<br />
Liebsten wird ein Spieler in diesem Stadium<br />
seiner Karriere nicht mehr gefragt. Egal, ob<br />
er erst 18 oder schon 28 Jahre alt ist. GM<br />
Poile sagt: «Wir sind unserem früheren<br />
Predators-Spieler Andreas Johansson sehr<br />
dankbar für die Arbeit, die er als Trainer von<br />
Jönköping in Kevins Betreuung investiert<br />
hat. Aber wir sind der Meinung, dass es für<br />
Kevins Entwicklung nun am besten ist, wenn<br />
er die restliche Saison in unserer Organi -<br />
sa tion in der AHL spielt und sich an das nordamerikanische<br />
Eishockey gewöhnt.»<br />
Spätestens mit seinen zwei Toren gegen<br />
Rockford scheint Kevin Fiala die sportliche<br />
Akklimatisierung gelungen zu sein. Zwei<br />
Tage später liefert der Schweizer Neuzugang<br />
beim dritten Sieg innerhalb von drei Tagen<br />
gleich noch zwei Assists nach. Die Admirals<br />
sind zu dem Zeitpunkt als drittbestes Team<br />
der Western Conference auf gutem Weg in<br />
die Playoff um den Calder Cup. Und die werden<br />
ein nochmals härterer Prüfstein für die<br />
NHL-Tauglichkeit des Kevin Fiala. <br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
100<br />
EISHOCKEY KEVIN FIALA<br />
<strong>SPORT</strong>LER-FAMILIE<br />
Kevin Fiala mit Mama<br />
Renata (Leichtathletik),<br />
Schwester Laura<br />
(Tennis) und Papa Jan<br />
(Eishockey) bei den<br />
Sports Awards 2014.<br />
ZIEL IM BLICK In<br />
seiner Wohnung<br />
in Jönköping<br />
hängt Kevin das<br />
Dress der Nashville<br />
Predators<br />
vom Draft auf. «Es<br />
soll mich immer<br />
erinnern, wofür<br />
ich hart arbeite.»<br />
Dass er das Zeug zu einer grossen Eishockey-Karriere<br />
hat, ahnt man schon viel früher.<br />
Der Bub aus dem sanktgallischen Zuzwil fällt<br />
schon als Dreikäsehoch auf dem Eisfeld<br />
auf. Beim EHC Uzwil schiesst er schon mal<br />
an einem Piccolo-Turnier 50 von 60 Toren<br />
seines Teams. Papa Jan, der einst selbst<br />
bei Uzwil spielte – mit einem blutjungen<br />
Matthias Seger an seiner Seite –, hat dem<br />
Sohn offensichtlich überreiches Talent vererbt.<br />
Bald wird klar, dass Kevin in diesem Umfeld<br />
sportlich zu wenig gefordert ist. Er wechselt<br />
mit 14 in den Nachwuchs der ZSC Lions.<br />
Doch auch da spielt er über dem Niveau<br />
seiner Alterskollegen. Also beschliessen die<br />
Eltern zusammen mit Kevin, dass er im Ausland<br />
sein Potenzial ausloten soll. In Schweden<br />
gibt es die beste Juniorenförderung Europas.<br />
Kevin ist gerade einmal 16 und hat die<br />
Sekundarschule abgeschlossen, als er nach<br />
Malmö wechselt. Er ist nur sportlich auf sich<br />
allein gestellt: Mutter Renata, eine ehe malige<br />
Spitzen-Hürdensprinterin in Tschechien,<br />
begleitet ihn in den Norden. Nach einem<br />
halben Jahr gehts weiter nach Jönköping in<br />
Småland, wo alles eine Spur grösser und<br />
professioneller ist. Mama ist längst wieder<br />
zurück in der Schweiz. Die Selbstständigkeit<br />
tut Kevin gut. «Ich musste einiges lernen,<br />
zum Beispiel, aufzustehen, wenn der Wecker<br />
schellt, ohne dass Mama nachhilft.» Beim<br />
HV71 Jönköping erkennt man schnell, dass<br />
das Hockeyjuwel aus der Schweiz das Zeug<br />
hat, in der «Svenska Ishockey Elit serien» bei<br />
den «Grossen» mitzuspielen. Und dort überzeugt<br />
Kevin auf Anhieb so sehr, dass er auch<br />
in der Schweiz ein Thema für das Hockey<br />
auf professioneller «Männer stufe» wird.<br />
Wenige Wochen nach der U20-WM wird er<br />
von Nationalcoach Simpson auch gleich<br />
noch für die A-WM auf geboten. Und überzeugt<br />
in Minsk auf der ganzen Linie. Die Krönung<br />
mit dem Erstrunden-Draft durch die<br />
Nashville Predators im Juni 2014 ist nur noch<br />
die logische Folge. Bald heisst es in der<br />
Schweiz: A star is born!<br />
EIN BRUCH IM AUFSTIEG<br />
Gefährlich, gefährlich, solche Lobeshymnen<br />
auf einen jungen Mann, der gerade knapp<br />
der Pubertät entwachsen ist. Und tatsächlich<br />
kommt es zu einem ersten Bruch im bisher<br />
gradlinigen Aufstieg Fialas. Kevin darf mit<br />
den grossen Predators im Sommer 2014 ins<br />
Vorbereitungscamp, macht sich Hoffnungen,<br />
dass es womöglich schon jetzt klappt<br />
mit dem Aufstieg in die beste Liga der Welt.<br />
Doch die Coaches befinden ihn noch als<br />
zu leichtgewichtig und schicken ihn für ein<br />
weiteres «Lehrjahr» zurück nach Schweden.<br />
Kevin ist so frustriert, dass er sich Undiszipliniertheiten<br />
auf dem Eis erlaubt. HV71-Trainer<br />
Johansson suspendiert ihn vorübergehend<br />
– und Kevin begreift: «Dass er mich bestraft<br />
hat, war absolut richtig. Da hat es klick gemacht.<br />
Ich habe nicht gut reagiert und mich<br />
auch beim Team dafür entschuldigt.» Auch<br />
Papa Jan, sein wichtigster Ansprechpartner<br />
in Sachen Eishockey, habe ihm «die Kappe<br />
gewaschen», sagt Kevin. So was bleibt im<br />
Gedächtnis haften.<br />
Fialas Launenhaftigkeit war und ist mitunter<br />
sein Problem. «Wenn er gut drauf ist»,<br />
sagt Förderer Andreas Johansson, «kann er<br />
alle mitreissen und ein Spiel im Alleingang<br />
entscheiden. Er ist derart begnadet. Ist er<br />
aber mies drauf, kann er abtauchen und<br />
komplett von der Bildfläche verschwinden.»<br />
In Jönköping hat er sich zuletzt praktisch<br />
durchweg von seiner Sonnenseite gezeigt.<br />
In seinen letzten Monaten in Småland sticht<br />
er nicht nur durch seinen roten Stock heraus.<br />
Auch sein Trainingseifer verblüfft. Nach der<br />
Übungseinheit sprintet Fiala übers Feld, als<br />
alle anderen schon unter der Dusche stehen.<br />
Zigmal donnert er den Puck aufs Tor, lenkt<br />
Schüsse Johanssons mit der Schaufel ab.<br />
Als der Trainer bei einem Schuss ruft: «Hey,<br />
das war der Slapshot eines Mädchens!», lacht<br />
Fiala und ballert die Scheibe noch grim miger<br />
FOTO: DAVID BIEDERT<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
101<br />
REIF In Schweden<br />
hat er gelernt,<br />
allein zu haushalten.<br />
aufs Goal. Danach zieht sich Kevin um – ins<br />
Gymnastikdress. Im Kraftraum stemmt er<br />
Gewichte, hüpft schweissnass und mit rotem<br />
Kopf über einen Hindernis parcours. Masse<br />
durch Muskelpakete, das ist es, was sie in<br />
der NHL sehen wollen. Da hat der 1,80 m<br />
grosse St. Galler mit seinen knapp 90 Kilo<br />
noch Luft nach oben.<br />
«SCHLAFEN IST MEIN<br />
SCHLÜSSEL ZUM<br />
ERFOLG. EIN SPEZIALIST<br />
HAT GESAGT,<br />
9 STUNDEN WÄREN<br />
IDEAL» TRAINER MARKUS SCHMIDT<br />
MUCKIS GEFRAGT Fiala ist top-athletisch.<br />
Doch mit knapp 90 Kilo bei 180 cm Grösse<br />
muss er noch an Muskelmasse zulegen.<br />
WARTEN AUF DIE LIEBSTEN<br />
Und an seiner «Wasserverdrängung» kann<br />
Kevin Fiala nun bis Saisonende in Milwaukee<br />
feilen – wenn nicht noch ein überraschender,<br />
vorzeitiger Ruf aus Nashville kommt. Doch<br />
wäre der junge Mann überhaupt schon bereit<br />
für das tempo- und verlockungsreiche<br />
Leben in Amerikas Starliga? «Wann ist ein<br />
Kind bereit?», fragt Vater Fiala zurück.<br />
«Kevins ältere Schwester Laura studiert nach<br />
dem Abbruch ihrer Tenniskarriere nun in<br />
Winterthur. Und sie pendelt weiterhin gern<br />
zu uns nach Hause. Ist Kevin ‹mehr bereit› als<br />
sie? Ganz klar: ja! Er besitzt den Fokus und<br />
ist bereit, den hohen Preis zu bezahlen.»<br />
Bald werden Kevins Eltern ihren Sohn in<br />
den USA besuchen. Und Freundin Jessica,<br />
mit der er seit einem Jahr zusammen ist, hat<br />
bereits eine Woche bei ihm in Milwaukee<br />
verbracht, wo er vorerst eine Wohnung mit<br />
einem Teamkollegen teilt. Über die Möglichkeit,<br />
ihr Jus-Studium statt in Jönköping in<br />
Amerika anzutreten, haben die zwei schon<br />
vor dem überraschenden Ruf der Admirals<br />
nachgedacht.<br />
Doch so wichtig das für einen 18-Jährigen<br />
ist – vorerst bestimmen andere Faktoren sein<br />
Leben auf und neben dem Eis. Und das hat<br />
er zu akzeptieren, wenn sein Timing stimmen<br />
soll: «Mein Vorbild ist Jaromir Jagr. Und der<br />
hat auch mit 18 in der NHL gespielt.»<br />
KEVIN FIALA<br />
HERZENS-<br />
SACHE Seit<br />
einem Jahr<br />
ist Kevin mit<br />
Jessica zusammen.<br />
Die<br />
Schwedin<br />
könnte in<br />
den USA<br />
studieren.<br />
GEBOREN 22. Juli 1996 in Uzwil SG,<br />
Sternzeichen Krebs ZIVILSTAND ledig,<br />
Freundin Jessica, 19 KLUBS Als Junior:<br />
EHC Uzwil 2007–2010, ZSC Lions 2010–<br />
2012, Malmö Redhawks (Sd) 2012–2013.<br />
Als Aktiver: HV71 Jönköping (Sd) 2013–<br />
2015, Milwaukee Admirals (USA) seit 2015.<br />
ERFOLGE 2014 NHL-Draft Nr. 11 in der<br />
ersten Runde durch die Nashville Predators.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
102 TAEKWONDO NINA KLÄY<br />
Sie ist die weltweit<br />
beste Taekwondo-<br />
Kämpferin in ihrer<br />
Gewichtsklasse. Das<br />
Erfolgsgeheimnis<br />
der Bielerin Nina<br />
Kläy: Sie kämpft mit<br />
Köpfchen und hat<br />
gelernt, dass nicht ihr<br />
ganzes Leben vom<br />
sportlichen Erfolg<br />
abhängt.<br />
Text: Sarah Meier<br />
Fotos: Gian-Paul Lozza<br />
EXPLOSIV<br />
EXPLOSIV<br />
VON KOPF BIS FUSS<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
SIDEKICK Im Kampf bekommt<br />
Taekwondo-Sportlerin Nina Kläy<br />
für den «Twio pandal-chagi»<br />
Punkte, beim Fotoshooting für SI<br />
<strong>SPORT</strong> Applaus vom Fotografen.
104 TAEKWONDO NINA KLÄY<br />
B<br />
eweglich wie eine Balletttänzerin,<br />
schwingt sie ihr Bein in die Höhe.<br />
Den Fuss bis in die Zehenspitzen gestreckt,<br />
jeden Muskel ihres Körpers<br />
angespannt. Die Fäuste sind geballt, ihr Blick<br />
ist starr. Statt eleganter Pirouette folgt ein<br />
blitzschneller Kick, begleitet von einem<br />
lautstarken «ha!». «Der Schrei gehört dazu,<br />
so wird in der Nebenniere Adrenalin ausgeschüttet,<br />
und ich kann mehr Kraft entwickeln»,<br />
erklärt Nina Kläy – 25-jährig, Taekwondo-Europameisterin<br />
und momentan<br />
Weltranglistenerste in ihrer Gewichtsklasse<br />
bis 62 Kilo.<br />
Die koreanische Kampfkunst ist in ihrem<br />
Ursprungsland ein Volkssport und weltweit<br />
die meistbetriebene Kampfsportart. Hierzulande<br />
muss Kläy den Leuten jeweils erklären,<br />
was sie genau macht. «Es ist wie Fechten,<br />
einfach zu 90 Prozent mit den Füssen.» Neben<br />
dem Schlagen, Stossen und Kicken mit<br />
Händen und Füssen hat im Taekwondo der<br />
mentale Aspekt eine grosse Bedeutung, wie<br />
das dreisilbige Wort, vom Koreanischen ins<br />
Deutsche übersetzt, zeigt: Tae = Fuss, Kwon<br />
= Faust, Do = Weg. Gelehrt werden diszipliniertes<br />
Denken, Respekt und Durchhaltewillen.<br />
Heute habe diese Philosophie aber<br />
nicht mehr viel mit der olympischen Disziplin<br />
zu tun, sagt Nina. «Besser gesagt, es ist<br />
ähnlich wie in anderen Sportarten – ich<br />
kämpfe, um zu gewinnen.»<br />
KAMPF<strong>SPORT</strong> STATT MÄDCHENRIEGE<br />
Schon als kleines Kind wusste Nina Kläy genau,<br />
was sie wollte und was nicht: Der Abstecher<br />
in die Mädchenriege als Sechsjährige<br />
sollte ein kurzer werden. «Ich war zu egoistisch,<br />
wollte lieber etwas für mich machen<br />
und auch für mich allein verantwortlich sein.»<br />
Wieso also nicht in die Fussstapfen ihres Vaters<br />
treten, der in den 70er-Jahren als Taekwondo-Kämpfer<br />
an den Europameisterschaften<br />
teilnahm? Mit acht Jahren stand<br />
Nina in der Kim Taekwondo-Schule Biel auf<br />
der Matte, zusammen mit ihrer älteren<br />
Schwester Nathalie und ihrem Zwillingsbruder<br />
Kevin. Genau das, was vielen kleinen Kindern<br />
Mühe bereitet – Disziplin, Konzentration,<br />
Ruhe – das entsprach Nina. «Zwei Stunden<br />
zu schweigen, zu gehorchen und danach<br />
FLEXIBEL<br />
FLEXIBEL<br />
«ES GIBT NICHTS<br />
BESSERES, ALS DIE<br />
BESTE ZU SEIN.<br />
ABER WENN ES<br />
NICHT KLAPPT,<br />
GEHT DIE WELT<br />
NICHT UNTER»<br />
körperlich und mental ausgepowert zu sein,<br />
das gefiel mir.»<br />
Aufgewachsen in Port bei Biel, wohnt die<br />
junge Frau heute in Bellmund und trainiert<br />
im Leistungszentrum von Swiss Taekwondo<br />
in Magglingen.<br />
25 Stunden pro Woche beträgt der Trainingsaufwand<br />
– Kraft training, Ausdauer,<br />
Technik, Kämpfe. Dank einer 50-Prozent-<br />
Anstellung als Zeitmilitär-Spitzensportlerin<br />
der Schweizer Armee und der Unterstützung<br />
der Sporthilfe kann sie seit 2009 als Profi<br />
leben.<br />
Zu ihren Trainingskolleginnen gehört mit<br />
Manuela Bezzola, 25, eine weitere Spitzenkämpferin.<br />
Die beiden haben im gleichen<br />
Club angefangen, ihre ganzen Karrieren<br />
zusammen trainiert und standen schon oft<br />
zusammen auf dem Podest. Etwa Anfang<br />
Februar, beim ersten Weltcup dieses Jahres<br />
im arabischen Emirat Fudschaira, wo Nina<br />
zuoberst steht und Manuela Bronze holt.<br />
«Unter uns herrscht kein Konkurrenzkampf,<br />
aber wir spornen einander enorm an. Ohne<br />
Manuela wäre ich nicht da, wo ich heute bin.»<br />
DIE RICHTIGE MISCHUNG GEFUNDEN<br />
Als Europameisterin und Bronzemedaillengewinnerin<br />
der letzten WM 2013, sind die<br />
Ambitionen Kläys diese Saison hoch. «Klar,<br />
dass ich meine Resultate toppen will. Es gibt<br />
nichts Besseres, als an diesem einen Tag die<br />
Beste zu sein. Doch wenn es nicht klappt,<br />
geht die Welt nicht unter.» Dies ist die Lehre,<br />
die sie aus der verpassten Olympiaqualifikation<br />
für London 2012 zog. «Ich war so verkrampft,<br />
dass im Wettkampf nichts mehr<br />
ging. Seitdem bin ich lockerer, versuche,<br />
auch das Leben neben dem Sport mehr zu<br />
geniessen. Die Abwechslung ist wichtig, mal<br />
mit Kollegen ins Kino oder Kaffee trinken.»<br />
Dieses Umdenken verhalf ihr schliesslich zum<br />
Durchbruch. Aus dem Grund will sie sich<br />
auch jetzt noch nicht zu stark auf Olympia<br />
2016 in Rio fixieren. «Natürlich ist das Ziel<br />
Olympiamedaille in meinem Kopf. Aber der<br />
Weg dahin ist noch lang, und ich nehme<br />
Schritt für Schritt.»<br />
Der nächste grosse führt sie Mitte Mai<br />
an die WM in Tscheljabinsk, Russland. Dort<br />
wird sie mit der Kombination aus Angriffslust,<br />
der nötigen Lockerheit, explosiven Beinen<br />
und lauten Schreien um eine Medaille<br />
kämpfen.<br />
NINA KLÄY<br />
GEBURTSTAG 19. Juni 1989 Biel, Schweiz,<br />
Sternzeichen Zwillinge ZIVILSTAND ledig<br />
ERFOLGE Europameisterin 2014, WM-<br />
Bronze 2013, Weltranglistenerste in der<br />
Kategorie bis 62 kg PARTNER Sporthilfe,<br />
Swiss Olympic, Schweizer Armee<br />
PRODUKTION: HAARE UND MAKE-UP: JANA MÜLLER; STYLING: JULIA GRUNZ; VORHERIGE SEITE: HOSE VON ADIDAS, TOP VON AMERICAN APPAREL;<br />
DIESE SEITE: HOSE UND TOP VON AMERICAN APPAREL<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
LOUNGEDIE GANZE WELT DES <strong>SPORT</strong>S<br />
105<br />
131<br />
THOMAS<br />
FRISCHKNECHT<br />
Der mehrfache Weltmeister<br />
zeigt Tricks und Kniffe,<br />
wie man auf dem Mountainbike<br />
sicher und schnell<br />
fahren kann.<br />
138<br />
CHRISTOPHE OHREL<br />
Früher verunsicherte er<br />
die Gegenspieler, heute<br />
versichert er sie: Ein<br />
Besuch beim Fussball-<br />
WM-Helden von 1994.<br />
FOTOS: NICOLE BÖKHAUS (2), STEVE MORTON/GETTY IMAGES<br />
MAX HEINZER<br />
ER STICHT ALLE AUS<br />
COOLER FECHTER Er macht nicht<br />
nur auf der Planche eine starke<br />
Figur, sondern würde auch auf<br />
dem Laufsteg die Konkurrenz<br />
ausstechen: Der Innerschweizer<br />
ist Fecht-Europameister und<br />
mehrfacher Weltcup-Turniergewinner.<br />
Und hat mit Erfolg<br />
schon an Mister-Wahlen teilgenommen:<br />
2008 wurde Heinzer<br />
zum viertschönsten Mann der<br />
Innerschweiz gewählt.<br />
Für SI <strong>SPORT</strong> zeigt der Hobbyfischer,<br />
wie man cool gestylt ins<br />
Workout geht. Seite 106<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
106 LOUNGE FIT & CHIC<br />
MAX HEINZER<br />
HEISSE ARBEIT<br />
COOL VERPACKT<br />
Als einer der weltbesten Fechter<br />
trainiert Max Heinzer hart für<br />
seine Schnelligkeit, Kraft und<br />
Agilität. Da darf wenigstens das<br />
Trainingsoutfit gemütlich sein.<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015<br />
Running-Jacke<br />
(Art. 6 808 510),<br />
T-Shirt (Art. 6 801<br />
517), Tights (Art.<br />
6 806 512) und<br />
Running-Schuh<br />
Free Fly Unit 4.0<br />
(Art. 1 716 823),<br />
alles von Nike.<br />
Alle Produkte von OCHSNER <strong>SPORT</strong>, teilweise nicht in allen Filialen erhältlich.<br />
PRODUKTION: HAARE UND MAKE-UP: JANA MÜLLER; STYLING: YVONNE WIGGER/STYLE-COUNCIL.CH; LOCATION: STUDIO468.CH, ZH
LOUNGE TITEL 107<br />
T-Shirt von Nike<br />
(Art. 6 601 573).<br />
Sweatjacke<br />
(Art. 6 606 522),<br />
Shorts (Art. 6 601<br />
574), T-Shirt (Art.<br />
6 612 561) und<br />
Freizeit-Schuh<br />
Son of Force<br />
(Art. 1 718 746),<br />
alles von Nike.<br />
Sweatjacke<br />
(Art. 6 606 513),<br />
Shorts (Art. 6 612<br />
560), T-Shirt (Art.<br />
6 601 571) und<br />
Running-Schuh<br />
Zoom Pegasus<br />
(Art. 1 716 548),<br />
alles von Nike.<br />
T-Shirt (Art. 6 601<br />
572), Shorts<br />
(Art. 6 612 560),<br />
Freizeit-Schuh<br />
Free Run 2 (Art.<br />
1 718 587), alles<br />
von Nike.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
108 LOUNGE ACTIVITY<br />
DEM MYTHOS GANZ NAH<br />
Die fünfte Austragung des Mammut 24h Hike by<br />
OCHSNER <strong>SPORT</strong> führt im August zum berühmtesten<br />
Berg der Schweiz: Ziel ist die Matterhorn-Region.<br />
DIE LIEBSTEN SIND LIVE DABEI<br />
UNVERGESSLICH<br />
Fragt man im Ausland nach den Namen<br />
von Bergen in der Schweiz, werden<br />
mit einiger Wahrscheinlichkeit Eiger,<br />
Mönch und Jungfrau genannt,<br />
ganz sicher aber das Matterhorn. Der<br />
4478 Meter hohe Gipfel zwischen Zermatt<br />
und dem italienischen Cervinia ist das wohl<br />
meistfoto grafierte touristische Sujet des<br />
Landes.<br />
In diesem Jahr feiert der «Berg aller<br />
Berge» ein besonderes Ereignis: Zum<br />
150. Mal jährt sich die Erstbesteigung des<br />
«Horu» durch den britischen Alpinisten<br />
Edward Whymper. Ein Jubiläum, das den<br />
perfekten Rahmen abgibt für den fünften<br />
Mammut 24h Hike by OCHSNER <strong>SPORT</strong>. Die<br />
Ausdauer- und Erlebniswanderung führt<br />
vom 21. bis 23. August in die Matterhorn-<br />
Region. Bewältigt werden dabei insgesamt<br />
40 Distanzkilo meter und 3600 Höhenmeter.<br />
Fast ebenso mythisch wie der Berg selbst<br />
ist die Hörnlihütte auf 3260 m ü. M. Und das<br />
Basislager für viele Gipfelstürmer wurde<br />
im Hinblick auf das Jubiläum saniert, modernisiert<br />
und ausgebaut. Die Teilnehmer am<br />
Mammut 24h Hike by OCHSNER <strong>SPORT</strong> erhalten<br />
die exklusive Gelegenheit zu einer<br />
Übernachtung mit Abendprogramm in<br />
der neuen Hörnlihütte.<br />
Die Teilnahme am Mammut 24h Hike ist<br />
begehrt und kostet 399 Franken pro Person.<br />
OCHSNER <strong>SPORT</strong> verlost 80 der raren<br />
Startplätze. Wander- und abenteuerlustige<br />
Interessenten können sich bis zum 3. Mai über<br />
das Internet auf mammut.ochsnersport.ch<br />
dafür bewerben.<br />
WANDERUNG AM «HORU»<br />
DIE LEISTUNGEN Inbegriffen im<br />
Teilnehmerpreis von CHF 399.– sind<br />
ein Ausrüstungspackage aus der<br />
Matterhorn-Kollektion von Mammut im<br />
Wert von CHF 600.–, Übernachtung in der<br />
Hörnlihütte, Verpflegung, Bergbahn-<br />
Tickets, Betreuung und Begleitung durch<br />
Bergführer/Wanderleiter der Mammut<br />
Alpine School, Erinnerungsfotos sowie als<br />
Clou für Freunde und Angehörige eine<br />
Live-Berichterstattung via Facebook:<br />
www.facebook.com/ochsnersport<br />
FOTOS: ROBERT BÖSCH<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
LOUNGE TRAVEL 109<br />
FÜR ALLE ETWAS Ob als<br />
Zuschauer bei den Strandfechtern<br />
Fabian Kauter und<br />
Max Heinzer, laufend hinter<br />
Viktor Röthlin, oder per Bike:<br />
In Giverola wird jeder fit.<br />
SPASS, ACTION, STARS<br />
Den Sommer an der Costa Brava verlängern und<br />
zusammen mit Schweizer Sportgrössen fit werden –<br />
Die Sportplausch-Woche in Giverola bietet alles.<br />
<strong>SPORT</strong>PLAUSCH-WOCHE<br />
GIVEROLA RESORT<br />
SONNE TANKEN IN SPANIEN<br />
LEISTUNGEN Inbegriffen sind die<br />
Anreise im Car oder gegen Aufpreis<br />
mit dem Flugzeug, 7 Übernachtungen,<br />
Halbpension, täglich frei wählbares<br />
Sportprogramm mit Star-Betreuung,<br />
Testmaterial für alle Sportarten.<br />
KOSTEN ab CHF 1099.– pro Person,<br />
OCHSNER <strong>SPORT</strong> CLUB Members ab<br />
CHF 999.–<br />
ANMELDUNG Tel. 0800 022 011,<br />
www.ochsnersport-travel.ch<br />
Wenn hierzulande im Herbst die<br />
kühleren Tage Einzug halten,<br />
ist das der ideale Zeitpunkt, um<br />
im Süden den Sommer noch etwas<br />
zu verlängern. Und wenn<br />
man dabei seine gute Form wahren oder sie<br />
im Hinblick auf den bevorstehenden Winter<br />
erst richtig auf bauen kann, sind das Feriengenüsse<br />
für Hobbysportler in ihrer schönsten<br />
Form.<br />
OCHSNER <strong>SPORT</strong> macht diese Art Aktivferien<br />
noch zusätzlich attraktiv: In Giverola<br />
an der spanischen Costa Brava wird<br />
eine Sportplausch-Woche angeboten, deren<br />
Coaches bekannte Namen tragen: Marathon-Europameister<br />
Viktor Röthlin ist unter<br />
ihnen, ebenso Turn-Queen Ariella Kaeslin,<br />
Triathlon-Olympiasiegerin Nicola Spirig<br />
oder Fussball-Legende Alain Sutter, oder<br />
Weltklasse-Fechter Max Heinzer und Fabian<br />
Kauter. Entsprechend der Sportgrössen aus<br />
den verschiedensten Disziplinen werden in<br />
der Sportplausch-Woche in Giverola denn<br />
auch Aktivitäten und Kurse in den unterschiedlichsten<br />
Diszi plinen und Stärkeklassen<br />
angeboten. Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
jeden Alters können ihr Sportprogramm<br />
täglich frei wählen. Neustes Testmaterial<br />
steht selbstverständlich jederzeit zur<br />
Verfügung.<br />
Die Sportplausch-Woche in Giverola wurde<br />
von OCHSNER <strong>SPORT</strong> bereits im vergangenen<br />
Herbst durchgeführt und war ein voller<br />
Erfolg. Über 150 sportbegeisterte Erwachsene<br />
und Kinder liessen sich im Giverola-Resort<br />
verwöhnen, tankten viel Sonne und arbeiteten<br />
mit grösstem Ver gnügen und unter<br />
prominenter Anleitung an ihrer Fitness.<br />
Das Konzept kam bei den Teilnehmenden<br />
und bei den beteiligten Sport-Grössen perfekt<br />
an.<br />
Das Giverola Resort in Tossa de Mar,<br />
unweit von Girona, bietet nebst der sportlichen<br />
eine vorzügliche Infrastruktur auch<br />
betreffend Unterkunft, Gastronomie und<br />
Erholungs angeboten. Die Anlage ist spe ziell<br />
auch für Familien geeignet, denn sie<br />
deckt ein breites Spektrum an Angeboten ab.<br />
Die Sportplausch-Woche von OCHSNER<br />
<strong>SPORT</strong> findet vom 10. bis 17. Oktober statt.<br />
Anmeldungen sind ab sofort möglich unter<br />
www.ochsnersport-travel.ch.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
ONLINE<br />
110 LOUNGE ONLINE-SHOP<br />
Fahrradkorb<br />
Art. 5 712 414<br />
Top-Velozubehör<br />
SICHER<br />
IM TRITT<br />
Die Fahrrad-Saison beginnt.<br />
Doch erst das richtige Equipment<br />
macht sie zum ungetrübten Spass.<br />
Knog Blinder<br />
Rücklicht<br />
Art. 5 714 428<br />
Uvex City-<br />
Visierhelm<br />
Art. 5 740 695<br />
Trelock Faltschloss<br />
Art. 5 710 423<br />
Alpina E-Helm<br />
Art. 5 740 679<br />
Vaude Fahrradtasche<br />
Reva<br />
Art. 5 715 433<br />
Hamax Fahrradkindersitz<br />
Art. 5 715 430<br />
Hercules<br />
E-Bike Edison<br />
Art. 5 704 470<br />
B&M Rückspiegel<br />
Art. 5 716 435<br />
Croozer Kinderfahrradwagen<br />
Art. 5 733 423<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015<br />
Alle Produkte von OCHSNER <strong>SPORT</strong>, erhältlich unter ebike.ochsnersport.ch.
BIKE<br />
2015<br />
NEU:<br />
32 Bike-<br />
Kompetenzzentren<br />
in<br />
der Schweiz.<br />
MEIN ZIEL<br />
HÖHER. WEITER.<br />
SCHNELLER.<br />
Roger Fischlin, Gigathlet<br />
VERSAND<br />
KOSTEN<br />
FREI<br />
OCHSNER<strong>SPORT</strong>.CH<br />
Dein Ziel ist unser Ziel.
EXKLUSIV<br />
für CLUB Mitglieder<br />
von 02.03. bis 22.03.2015<br />
27.5”<br />
Art. 5 701 458<br />
Wheeler Mountainbike Passera XT-20*<br />
Gabel: SF14 XCR-32LO-R, 100 mm Federweg<br />
Schaltung: Shimano Deore, 27 Gänge<br />
Bremsen: Shimano Disc Brake BR-M445<br />
Grössen: 15"/17"/19"<br />
999.– 699.–<br />
27.5”<br />
Gültig vom 02.03. bis 22.03.2015 oder solange Vorrat. Nicht kumulierbar mit anderen Aktionen.<br />
Preisänderungen und Irrtümer vorbehalten.<br />
Art. 5 700 554<br />
Wheeler Mountainbike Protron XT-20*<br />
Gabel: SF14 XCR-32LO-R, 100 mm Federweg<br />
Schaltung: Shimano Deore, 27 Gänge<br />
Bremsen: Shimano Disc Brake BR-M445<br />
Grössen: 17"/19"/21"/22.5"<br />
999.– 699. –
Liebe Bikebegeisterte<br />
Achtung, fertig – die neue Bike-Saison kann kommen.<br />
Für mich sind die Übergänge von einer Saison zur<br />
andern fliessend. Und trotzdem strömt das Adrenalin<br />
immer wieder von Neuem, wenn die Temperaturen<br />
steigen und es uns hinauszieht in die Natur.<br />
In den 32 Bike-Kompetenzzentren von OCHSNER <strong>SPORT</strong><br />
wirst du optimal beraten. Und wenn ich dir selber einen<br />
Tipp geben darf: Mit dem Scott-Bike MTB Genius 750 erlebst<br />
du eine neue Dimension des Bikens, die jede Tour<br />
zu einem unvergesslichen Erlebnis macht.<br />
So wurde einst bei mir die Leidenschaft für diesen Sport<br />
geweckt, der für mich zum Beruf geworden ist. Und trotzdem<br />
Hobby geblieben ist. Biken vermittelt mir immer<br />
noch ein Lebensgefühl, das Technik, Vergnügen, Schweiss<br />
und Lust miteinander verbindet. Und wenn die Ausrüstung<br />
stimmt, ist der Genuss noch ungleich grösser.<br />
27.5”<br />
Nino Schurter,<br />
Weltmeister Mountainbike<br />
Art. 5 700 557<br />
Scott Mountainbike Genius 750*<br />
Gabel: Rock Shox Sector mit Lockout-Funktion<br />
Schaltung: Shimano SLX / Deore, 30 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M395 Disc<br />
Grössen: M/L<br />
2199.–<br />
MEIN<br />
TIPP<br />
*Nicht in allen Filialen erhältlich. Angebot gültig solange Vorrat.<br />
GEMEINSAM <strong>SPORT</strong>LICHE ZIELE<br />
ERREICHEN:<br />
OFFIZIELLES <strong>SPORT</strong>GESCHÄFT
TOP PRICE<br />
GÜLTIG VON 02.03. BIS 22.03.2015<br />
oder solange Vorrat. Nicht kumulierbar mit anderen Aktionen.<br />
Art. 5 704 468<br />
Hercules E-Bike Roberta F7<br />
Motor: Bosch Active Line 250 Watt, 400 Wh Batterie<br />
Schaltung: Shimano Nexus Nabenschaltung, 7 Gänge<br />
Bremsen: Magura HS 11 hydraulische Felgenbremsen<br />
Grössen: 46/50c m<br />
Einführungspreis<br />
2699.– 1799.–<br />
–33 %
Denise Feierabend,<br />
Weltcup, Ski alpin<br />
Roger Fischlin, Gigathlet<br />
Diese TOP PRICE Aktionen findest du in den 32 OCHSNER <strong>SPORT</strong> Bike-Kompetenzzentren sowie in vielen weiteren OCHSNER <strong>SPORT</strong> Filialen.<br />
27.5”<br />
–38 %<br />
–27 %<br />
Art. 5 700 553<br />
Wheeler Mountainbike Protron XT-40<br />
Gabel: ZOOM HL-565D, Federweg 80 mm<br />
Schaltung: Shimano Acera, 24 Gänge<br />
Bremsen: Shimano Disc Brake BR-M396L<br />
Grössen: 15"/17"/19"/21"/22.5"<br />
Einführungspreis<br />
799.– 499.–<br />
Art. 5 702 485<br />
Wheeler Mountainbike XT-24<br />
Gabel: Zoom HL-565D, Federweg 50 mm<br />
Schaltung: Shimano Altus RD-M310, 21 Gänge<br />
Bremsen: Promax V-Brake<br />
Grösse: 24"<br />
Einführungspreis<br />
479.– 349.–
Reflektierendes Tape<br />
unter der Flachnaht<br />
Abriebfestes und<br />
wasserabweisendes<br />
Material<br />
Drei Rückentaschen<br />
samt Reissverschluss<br />
Rutschfester<br />
Silikonabschluss<br />
Art. 6 701 668<br />
Scott Bike Shirt RC Pro Tec*<br />
Grössen: M–XXL<br />
129.90<br />
Scott Bike Trägerhose<br />
RC Pro Tec<br />
Das anatomisch vorgeformte<br />
Scott Performance Sitzpolster<br />
sorgt durch seine pflegeleichte<br />
und schweissabsorbierende<br />
Funktion für<br />
ausserordentlichen Komfort.<br />
Scott Protect Technologie<br />
Scott ist stolz, die neue ITD ProTec Technologie vorzustellen.<br />
Die Kombination aus Carbonfasern und Keramikaufdrucken lässt ein<br />
Material entstehen, welches eine sehr gute Widerstandsfähigkeit<br />
aufweist. Speziell im Fall von Stürzen bei hoher Geschwindigkeit<br />
wird so ein optimaler Schutz gewährleistet.<br />
Die Scott RC Protect-Linie besteht aus<br />
abriebfestem Material und ist besonders<br />
schonend für die Haut. Die reflektierenden<br />
Flachnähte sorgen für noch mehr Komfort<br />
und Sicherheit.<br />
Art. 6 703 511<br />
Scott Bike Trägerhose<br />
RC Pro Tec*<br />
Grössen: M–XL<br />
149.90<br />
Das DUROwear-Material schützt dich<br />
vor den rauhen Bedingungen, die dich<br />
in der Natur erwarten.<br />
DUROshade-Stoffe bieten Schutz<br />
vor der Sonne.
Art. 6 701 662<br />
Scott Bike Shirt Endurance 30*<br />
Atmungsaktiv<br />
3-Taschen-System am Rücken<br />
Grössen: M–XXL<br />
79.90<br />
Art. 6 701 665<br />
Scott Bike Shirt Trail 40 S/SL*<br />
Atmungsaktiv<br />
Seitliche Reissverschluss-Tasche<br />
Grössen: M–XXL<br />
69.90<br />
Art. 6 704 474<br />
Scott Bike Short Trail 20 LS/FIT*<br />
Mit Innentight<br />
Atmungsaktiv, mit Stretch-Einsätzen<br />
Grössen: S–XL<br />
129.90<br />
Art. 6 711 569<br />
Scott Bike Shirt Trail MTN 10S*<br />
Atmungsaktiv<br />
Kleine Rückentasche mit Reissverschluss<br />
Grössen: S–L<br />
69.90<br />
Art. 6 711 567<br />
Scott Bike Shirt Endurance 20*<br />
Atmungsaktiv<br />
3-Taschen-System am Rücken<br />
Grössen: S–L<br />
79.90<br />
Art. 6 714 479<br />
Scott Bike Short Trail LS/FIT*<br />
Mit Innentight<br />
Atmungsaktiv<br />
Grössen: XS–L<br />
149.90<br />
Art. 5 718 501<br />
Stoke Bike Rucksack Bike 15<br />
Mit separatem Fach für Trinksystem<br />
Gewicht: ca. 600 g<br />
Volumen: 15 Liter<br />
59.90<br />
Art. 5 718 420<br />
Stoke Bike Rucksack Enduro 15<br />
Helmbefestigung mit Kordelzug<br />
Gewicht: ca. 550 g<br />
Volumen: 15 Liter<br />
59.90<br />
Art. 5 718 421<br />
Stoke Bike Rucksack Bike 10<br />
Mit Helmhalterung / Öffnung für Trinksystem<br />
Gewicht: ca. 500 g<br />
Volumen: 10 Liter<br />
49.90<br />
*Nicht in allen Filialen erhältlich. Angebot gültig solange Vorrat.
Diese Produkte sind exklusiv in den 32 Bike-Kompetenzzentren erhältlich.<br />
ALLES RUND UMS BIKE .<br />
Neu in diesen 32 Bike-Kompetenzzentren.<br />
Herblingen<br />
Kreuzlingen<br />
Spreitenbach<br />
Oerlikon<br />
Aarau<br />
Egerkingen<br />
Regensdorf<br />
Dietlikon<br />
Volketswil<br />
Sihlcity<br />
Hinwil<br />
Wil<br />
St.Margrethen<br />
La Chaux-de-Fonds<br />
Neuchâtel<br />
Lyssach<br />
Rothenburg<br />
Stans<br />
Zug<br />
Mels<br />
Avry-sur-Matr.<br />
Heimberg<br />
Thun, Panorama Center<br />
Chur, City West<br />
Crissier<br />
Bulle<br />
Matten bei Interlaken<br />
Signy<br />
Villeneuve<br />
Genève<br />
Carouge<br />
Conthey<br />
Entdecke unser geballtes Bike-Know-how an 32 Standorten. Unser Fachpersonal freut sich<br />
darauf, dir mit Bikes, Zubehör und Service-Dienstleistungen weiterzuhelfen. In 16 Filialen<br />
findest du zudem eine grosse Auswahl an Scott-Bikes – die absolute Top-Marke, wenn es<br />
um Bikes geht. Bike-Zubehör, -Textilien und saisonale Bike-Aktionen findest du in allen<br />
unseren über 85 OCHSNER <strong>SPORT</strong> Filialen.<br />
bike-zenter.ochsnersport.ch
29”<br />
29”<br />
Art. 5 700 558<br />
Scott Mountainbike Spark 940*<br />
Gabel: Fox 32 Float Evolution CTD Air<br />
Schaltung: Shimano XT / SLX, 20 Gänge<br />
Bremsen: Shimano Disc BL-M615<br />
Grössen: M/L<br />
2899.–<br />
Art. 5 700 560<br />
Scott Mountainbike Scale 950*<br />
Gabel: Fox 32 Float Evolution CTD Air<br />
Schaltung: Shimano XT / SLX, 20 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M447 Disc<br />
Grössen: M/L/XL<br />
1549.–<br />
29”<br />
27.5”<br />
Art. 5 700 559<br />
Scott Mountainbike Scale 960*<br />
Gabel: Rock Shox XC 30 mit Remote Lockout<br />
Schaltung: Shimano XT / Deore, 30 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M447 Disc<br />
Grössen: S/M/L/XL<br />
1099.–<br />
Art. 5 701 459<br />
Scott Mountainbike Contessa Scale 710*<br />
Gabel: Rock Shox XC 30<br />
Schaltung: Shimano XT / Deore, 30 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M447 Disc<br />
Grössen: S/M/L<br />
1099.–<br />
27.5”<br />
Art. 5 700 561<br />
Scott Mountainbike Scale 770*<br />
Gabel: Suntour XRC-Remote Lockout<br />
Schaltung: Shimano Deore, 30 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M395 Disc<br />
Grössen: S/M/L/XL<br />
899.–<br />
Art. 5 701 460<br />
Scott Mountainbike Contessa Scale 730*<br />
Gabel: Suntour XCR-Remote Lockout<br />
Schaltung: Shimano Deore, 27 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M355 Disc<br />
Grössen: XS/S/M/L<br />
799.–<br />
27.5”<br />
*Nicht in allen Bike-Kompetenzzentren erhältlich. Angebot gültig solange Vorrat.
crbasel<br />
Nino Schurter<br />
Mountainbiker<br />
Der Spezialist für Kredit- und Prepaidkarten. cornercard.ch<br />
Auch als Visa<br />
Karte erhältlich.
Diese Produkte sind exklusiv in den 32 Bike-Kompetenzzentren erhältlich.<br />
29”<br />
27.5”<br />
Art. 5 700 555<br />
Wheeler Mountainbike Protron XT-10<br />
Gabel: SF14-RAIDON-XC-LO-R<br />
Schaltung: Shimano SLX, 30 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M506 Disc<br />
Grössen: 17"/19"/21"<br />
1299.–<br />
Art. 5 700 466<br />
Stoke Mountainbike MTX 7.5<br />
Gabel: Suntour XCR-RL mit Remote Lockout<br />
Schaltung: Shimano Alivio, 27 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M395 Disc<br />
Grössen: 41/46/51/56c m<br />
799.–<br />
26”<br />
27.5”<br />
Art. 5 700 564<br />
Stoke Mountainbike MTX 6.3<br />
Gabel: Suntour XCT-P<br />
Schaltung: Shimano Acera, 24 Gänge<br />
Bremsen: Tektro Alu V-Brake<br />
Grössen: 38/43/48/51/54c m<br />
499.–<br />
Art. 5 701 457<br />
Wheeler Mountainbike Passera XT-10<br />
Gabel: SF14-RAIDON-XC-LO-R<br />
Schaltung: Shimano SLX, 30 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M506 Disc<br />
Grössen: 15"/17"/19"<br />
1299.–<br />
27.5”<br />
26”<br />
Art. 5 701 446<br />
Stoke Mountainbike MTX 7.5<br />
Gabel: Suntour XCR-RL mit Remote Lockout<br />
Schaltung: Shimano Alivio, 27 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M395 Disc<br />
Grössen: 37/41/46c m<br />
799.–<br />
Art. 5 701 447<br />
Stoke Mountainbike MTX 6.3<br />
Gabel: Suntour XCT-P<br />
Schaltung: Shimano Acera, 24 Gänge<br />
Bremsen: Tektro Alu V-Brake<br />
Grössen: 38/43/48c m<br />
499.–
Diese Produkte sind exklusiv in den 32 Bike-Kompetenzzentren erhältlich.<br />
Wheeler Mountainbike Eagle XR-10<br />
29”<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Shimano Hydraulic Disc Brake<br />
Mit vorne 180 mm und hinten 160 mm<br />
Bremsscheiben ist eine gute Bremskraft<br />
garantiert.<br />
Gabel Suntour Raidon SF15 29“, 100 mm<br />
Dank der 15 mm Steckachse erhält das<br />
Rad mehr Steifigkeit und erhöhte Kontrolle.<br />
Diverse Einstellmöglichkeiten der<br />
Federgabel und eine Lockout-Funktion<br />
garantieren hohen Fahrspass.<br />
Shimano XT Antrieb mit DYNASYS<br />
Bessere Schaltpräzision durch das DYNASYS<br />
System garantiert höchsten Fahrgenuss.<br />
Angebot gültig solange Vorrat.<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Art. 5 700 551<br />
Wheeler Mountainbike Eagle XR-10<br />
Gabel: Suntour Raidon SF15 29" 100 mm<br />
Schaltung: Shimano XT, 30 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BL-M506 Disc<br />
Grössen: 17"/19"/21"<br />
1699.–
Wheeler Mountainbike R.A.M.P. AM20<br />
1<br />
Aluminium Rahmen mit Tapered Headtube<br />
Super Light Aluminium Rahmen 6061, in einer<br />
27.5er Edition mit einer ausgewogenen<br />
Geometrie. Integrierte Kabelführung.<br />
27.5”<br />
2<br />
3<br />
Gabel Suntour Epicon SF15 27.5“, 130 mm<br />
Dämpfer Suntour RS15 Epicon, 130 mm<br />
Die 15 mm Steckachse vorne verleiht dem<br />
Rad mehr Steifigkeit und erhöht damit den<br />
Fahrspass. Diverse Einstellmöglichkeiten<br />
der Federelemente, wie das Blockieren<br />
vorne und hinten, runden alles ab.<br />
Shimano XT Antrieb mit DYNASYS<br />
Bessere Schaltpräzision durch das DYNASYS<br />
System garantiert höchsten Fahrgenuss.<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Art. 5 700 552<br />
Wheeler Mountainbike<br />
R.A.M.P. AM20<br />
Gabel: Suntour Epicon SF15 27.5“ 130 mm<br />
Schaltung: Shimano XT, 30 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BL-M506 203 mm Disc<br />
Grössen: 17“/19“<br />
1999.–
Diese Produkte sind exklusiv in den 32 Bike-Kompetenzzentren erhältlich.<br />
Tretunterstützung bis max. 25 km/h.<br />
Drei Unterstützungsmodi wählbar.<br />
Der Akku besitzt eine Kapazität von 418 Wh und<br />
lässt sich in nur vier Stunden vollständig aufladen.<br />
Hydraulische Shimano<br />
Scheibenbremse<br />
für maximale Bremsleistung.<br />
Die elektronische Shimano Alfine 8-Gang<br />
Di2 Nabenschaltung sorgt für höchsten<br />
Schaltkomfort und ist optimal in das<br />
STePS-System integriert.<br />
INNOVATION<br />
DES MONATS<br />
Art. 5 704 470<br />
Hercules E-Bike Edison Di2<br />
Motor: Shimano STePS Mittelmotor<br />
Leistung: 250 Watt<br />
Bremsen: Shimano BR-M447 Disc<br />
Grössen: 46/50c m<br />
3129.–<br />
27.5”<br />
Art. 5 700 556<br />
Scott E-Mountainbike E-Aspect 720*<br />
Motor: Bosch Performance 250 Watt, 400 Wh Batterie<br />
Schaltung: Shimano Deore, 10 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M447 Disc<br />
Grössen: M/L<br />
2999.–<br />
Art. 5 703 498<br />
Stoke E-Bike Lumen<br />
Motor: Bosch Performance 250 Watt, 400 Wh Batterie<br />
Schaltung: Shimano Deore, 9 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BL-355 Disc<br />
Grössen: 48/52/56c m<br />
2999.–
Art. 5 703 497<br />
Stoke Cross-/Trekkingbike CRX 8.5<br />
Gabel: Suntour NXC mit Lockout<br />
Schaltung: Shimano Deore, 27 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M395 Disc<br />
Grössen: 48/54/58c m<br />
799.–<br />
Art. 5 704 473<br />
Stoke Cross-/Trekkingbike CRX 8.5<br />
Gabel: Suntour NXC mit Lockout<br />
Schaltung: Shimano Deore, 27 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M395 Disc<br />
Grössen: 44/48c m<br />
799.–<br />
Art. 5 703 496<br />
Stoke Citybike TRX 8.9<br />
Gabel: Suntour NEX-DS<br />
Schaltung: Shimano Deore, 27 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M395 Disc<br />
Grössen: 50/55c m<br />
999.–<br />
Art. 5 704 472<br />
Stoke Citybike TRX 8.9<br />
Gabel: Suntour NEX-DS<br />
Schaltung: Shimano Deore, 27 Gänge<br />
Bremsen: Shimano BR-M395 Disc<br />
Grössen: 46/50c m<br />
999.–<br />
Art. 5 703 495<br />
Stoke Citybike TRX 8.1<br />
Gabel: Hi-Ten starr<br />
Schaltung: Shimano Acera, 24 Gänge<br />
Bremsen: Tektro V-Brake<br />
Grössen: 50/55c m<br />
649.–<br />
Art. 5 704 471<br />
Stoke Citybike TRX 8.1<br />
Gabel: Hi-Ten starr<br />
Schaltung: Shimano Acera, 24 Gänge<br />
Bremsen: Tektro V-Brake<br />
Grössen: 46/50c m<br />
649.–<br />
*Nicht in allen Bike-Kompetenzzentren erhältlich. Angebot gültig solange Vorrat.
Diese Produkte sind exklusiv in den 32 Bike-Kompetenzzentren erhältlich.<br />
Art. 5 708 405<br />
Stoke BMX<br />
Gabel: Hi-Ten starr<br />
Schaltung: Single Speed<br />
Bremsen: Tektro Alu U-Brake<br />
Grösse: 20"<br />
399.–<br />
Art. 5 702 493<br />
Stoke Mountainbike MTX 4.1<br />
Gabel: Suntour M3010-AL<br />
Schaltung: Shimano Tourney, 18 Gänge<br />
Bremsen: Tektro Alu V-Brake<br />
Grösse: 24"<br />
449.–<br />
*Nicht in allen Bike-Kompetenzzentren erhältlich. Angebot gültig solange Vorrat.<br />
Art. 5 702 491<br />
Stoke Mountainbike MTX 2.1<br />
Gabel: Suntour M3010-AL<br />
Schaltung: Shimano Tourney, 6 Gänge<br />
Bremsen: Tektro Alu V-Brake<br />
Grösse: 20"<br />
399.–<br />
Art. 5 702 492<br />
Stoke Mountainbike MTX 4.1<br />
Gabel: Suntour M3010-AL<br />
Schaltung: Shimano Tourney, 18 Gänge<br />
Bremsen: Tektro Alu V-Brake<br />
Grösse: 24"<br />
449.–<br />
Art. 5 705 421<br />
Stoke Citybike CTX 4.1<br />
Gabel: Hi-Ten starr<br />
Schaltung: Shimano Tourney, 18 Gänge<br />
Bremsen: Tektro Alu V-Brake<br />
Grösse: 24"<br />
449.–<br />
Art. 5 705 420<br />
Stoke Citybike CTX 2.1<br />
Gabel: Hi-Ten starr<br />
Schaltung: Shimano Tourney, 6 Gänge<br />
Bremsen: Tektro Alu V-Brake<br />
Grösse: 20"<br />
399.–
In unseren 32 Bike-Kompetenzzentren:<br />
GROSSER BIKE-<br />
SERVICE FÜR<br />
NUR CHF 109.–<br />
Folgende Leistungen sind inkludiert:<br />
Überprüfen und Einstellen aller<br />
technischen Funktionen wie<br />
Bremsen, Schaltung, Licht<br />
Ölen aller beweglichen Teile<br />
Überprüfen von Reifen und<br />
Luftdruck<br />
Kontrolle der Speichenspannung<br />
(Achter korrigieren)<br />
Reinigung<br />
Alle weiteren Arbeiten oder Ersatzteile nach Aufwand<br />
DEIN MECHANIKER VOR ORT<br />
Ivo Bachofner, Filiale Lyssach<br />
In unseren 32 Bike-Kompetenzzentren garantieren wir guten Service zu guten Preisen.<br />
Unsere Mechaniker vor Ort sorgen dafür, dass dein Bike innerhalb von 48 h wieder auf<br />
Vordermann gebracht wird, sofern der Andrang nicht zu gross ist und der Service vor Ort<br />
durchgeführt werden kann. Dein nächstes Kompetenzzentrum findest du unter:<br />
bike-zenter.ochsnersport.ch
Highway<br />
to heaven.<br />
UNSER PARADIES FÜR MOUNTAIN<br />
MOUNTAINBIKER.<br />
Lässt Herzen höher schlagen.
Diese Produkte sind exklusiv in den 32 Bike-Kompetenzzentren erhältlich.<br />
Sylomer-Federung ® für höheren<br />
Komfort für die Kinder.<br />
Drei Nutzungsmöglichkeiten:<br />
als Veloanhänger, Buggy oder Walker.<br />
Veloanhänger<br />
Buggy<br />
Walker<br />
Art. 5 733 423<br />
Croozer Veloanhänger Kid Plus for 2<br />
Platz für 2 Kinder<br />
Viel Stauraum<br />
769.–<br />
Mit TÜV Toxproof-Siegel ausgezeichnet.<br />
Die Produkte von Toxproof gewährleisten<br />
durch ständige Prüfungen, dass die Produkte<br />
frei von relevanten Schadstoffen sind.<br />
Art. 5 733 421<br />
Croozer Veloanhänger Kid for 2<br />
3 Nutzungsvarianten: Veloanhänger, Buggy und Walker<br />
Innovatives Schnellfaltsystem<br />
Platz für 2 Kinder / viel Stauraum<br />
579.–<br />
Entdecke unser grosses<br />
Sortiment an Bike-Helmen<br />
in allen unseren Filialen.
Bike-Textilien<br />
der Marke VAUDE<br />
findest du neu in den<br />
32 OCHSNER <strong>SPORT</strong><br />
Bike-Kompetenzzentren.<br />
Art. 6 701 645<br />
Vaude Bike Shirt Tremalzo<br />
Atmungsaktiv<br />
Kleine Rückentasche mit Reissverschluss<br />
Grössen: S–XXL<br />
74.90<br />
Art. 6 714 469 / 6 704 468<br />
Vaude Bike Short Craggy II<br />
Mit Innentight<br />
Atmungsaktiv, mit Stretch-Einsätzen<br />
Grössen: Damen 36–42 / Herren S–XXL<br />
139.90<br />
Art. 6 711 483 / 552<br />
Vaude Bike Shirt Tremalzo<br />
Atmungsaktiv<br />
Kleine Rückentaschen mit Reissverschluss<br />
Grössen: 36–44<br />
74.90
LOUNGE OCHSNER <strong>SPORT</strong> COACH 131<br />
IMMER NOCH GEFESSELT<br />
von der Faszination des<br />
Mountainbikings: Thomas<br />
Frischknecht und Urs<br />
Gerig (l.) auf der Indoor<br />
Pumptrack in Pfäffikon (ZH)<br />
FOTO: NICOLE BÖKHAUS; LOCATION: INDOORBIKEPARK.CH, PFÄFFIKON,ZH<br />
SATTELFEST IM SCHUSS<br />
Weltmeister Thomas Frischknecht und OCHSNER <strong>SPORT</strong> Coach Urs Gerig<br />
sind langjährige Weggefährten im Bikesport. In der Pfäffiker Indoor-<br />
Anlage zeigen sie Tricks und Kniffe für eine sichere Geländefahrt.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
URS GERIG<br />
Das erfolgreichste Mountainbike-Team<br />
in den 90er-Jahren<br />
war das Team Ritchey<br />
mit dessen Teamleader<br />
Thomas Frischknecht. Urs<br />
Gerig war als Masseur und Betreuer dabei.<br />
Heute ist «Frischi» dreifacher Weltmeister<br />
und Olympiasilbermedaillen-Gewinner,<br />
Urs Gerig Sportcoach und Ausbildner bei<br />
OCHSNER <strong>SPORT</strong>. Die beiden sind «dicke»<br />
Freunde und treffen sich wenn irgend möglich<br />
einmal pro Woche zum gemeinsamen<br />
Sporttreiben. Ihre Freude und Erfahrung geben<br />
die beiden mit Leidenschaft in den von<br />
OCHSNER <strong>SPORT</strong> TRAVEL organisierten<br />
Mountainbike-Seminaren weiter. Im Engadin<br />
und in der Toskana lernen interessierte Hobbyfahrer<br />
die Vielseitigkeit des Mountainbikens<br />
kennen. Fahrtechnik, Materialwahl, Trai-<br />
DOWNHILLPOSITION<br />
Körperschwerpunkt nach hinten<br />
schieben – genügend Druck auf<br />
den Lenker bringen – Arme und<br />
Beine als Federelemente einsetzen,<br />
Blick voraus. Die Ideallinie<br />
findet Frischi auch ohne Coach.<br />
CDER COACH GIBT TIPPS<br />
KLICKPEDALEN<br />
Wer sich einmal daran<br />
gewöhnt hat, gibt sie<br />
nicht mehr her. Klickpedalen<br />
und die entsprechenden<br />
Schuhe verbessern<br />
die Kraftübertragung<br />
und erhöhen die Sicherheit<br />
durch verbesserte Führung<br />
des Bikes in den Abfahrten.<br />
SATTELTÄSCHLI<br />
Auch auf kurzen Ausfahrten:<br />
Luftpumpe, Ersatzschlauch,<br />
Pneuhebel, Multitool und Kettennieter<br />
immer mitnehmen.<br />
15 Minuten reparieren ist besser<br />
als 1 Stunde zu Fuss nach Hause<br />
gehen.<br />
EINSTELLUNG SATTELHÖHE<br />
Das gestreckte Bein sollte bei tiefster<br />
Kurbelstellung gerade noch mit der<br />
Ferse das Pedal berühren. Dies in<br />
zentraler Sitzposition über dem Bike.<br />
Sattel um einige Millimeter erhöhen,<br />
20–30 Min. fahren. Besser? Evtl.<br />
weitere Anpassungen machen.<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015
LOUNGE OCHSNER <strong>SPORT</strong> COACH 133<br />
FOTOS: NICOLE BÖKHAUS; LOCATION: INDOORBIKEPARK.CH, PFÄFFIKON,ZH<br />
ning, Regeneration und natürlich die Geselligkeit<br />
stehen im Mittelpunkt. Ein spezielles<br />
Augenmerk wird auf die Verbesserung der<br />
Fahrtechnik gelegt, was nicht zuletzt zur Sicherheit<br />
beiträgt. Auf ausgesuchten Strecken<br />
werden die persönlichen technischen Fertigkeiten<br />
optimiert und verbessert. So wird unter<br />
fachkundiger Leitung und in verschiedenen<br />
Leistungsgruppen jede Ausfahrt schnell<br />
zu einem persönlichen Erfolgserlebnis.<br />
Es gibt keine Sportart, in der die Fortschritte<br />
der Teilnehmer so schnell und gut<br />
sichtbar werden wie in einem Mountainbikekurs.<br />
Technische Passagen, die man als<br />
«unfahrbar» einstufte, werden gegen Ende<br />
des Kurses mit Jubelrufen überwunden.<br />
«So macht Sportcoaching Spass!», sagen die<br />
beiden Profis unisono.<br />
Für weiterführende Fragen<br />
zu Technik oder Tipps steht Urs Gerig<br />
am Montagnachmittag, 23. März 2015<br />
von 14 bis 16 Uhr auf der Facebook-<br />
Seite von OCHSNER <strong>SPORT</strong> unter<br />
www.facebook.com/ochsnersport<br />
zur Verfügung.<br />
GLEICHGEWICHTSÜBUNGEN<br />
Diese Übungen verbessern die Bike-Kontrolle und das Gleichgewichtsgefühl<br />
auf dem Rad. Im Stillstand Bike und Körper<br />
aus balancieren. Beginnen Sie mit den Händen am Lenker.<br />
Tipp zum Anfangen: Das Vorderrad seitlich abkippen (bei einer<br />
leichten Steigung fällt dies noch leichter).<br />
Hüpfen an Ort: Auf einer flachen Unterlage beginnen, beide Bremsen<br />
blockieren und versuchen, möglichst lange zu hüpfen. Achten Sie<br />
darauf, dass Hinter- und Vorderrad gleichzeitig den Boden verlassen<br />
bzw. berühren. Erst Fortgeschrittene suchen sich eine Erhöhung.<br />
KURVENTECHNIK<br />
Kurventechnik in Perfektion: Das Pedal ist in<br />
6-Uhr-Stellung, Bike dosiert nach innen legen,<br />
Körperspannung aufbauen über den gestreckten<br />
Innenarm und das gestreckte Aussenbein sorgen<br />
für ein stabiles Gleichgewicht. Ausgangs Kurve<br />
das Bike aufrichten und den Schwung ausnutzen.<br />
Wichtig: Vorausschauender Blick.
134 LOUNGE SAISON-HIGHLIGHTS<br />
Scott MTB<br />
E-Aspect 720<br />
Art. 5 700 556<br />
BIKE-TRENDS 2015<br />
AB AUFS BIKE!<br />
Noch sind die Bike-Trails vom Winter schön dreckig und damit<br />
herausfordernd. Höchste Zeit, den Frühling auf zwei<br />
Rädern zu begrüssen. Wir präsentieren die wichtigsten Gadgets<br />
fürs Mountainbiken. Foto: Gian Marco Castelberg/13Photo
135<br />
Knog Blinder Arc LED<br />
Frontleuchte<br />
Art. 5 714 427<br />
Blackburn<br />
iPhone-<br />
Halterung<br />
Art. 5 715 428<br />
Scott Bike<br />
Trikot<br />
Art. 6 701 665<br />
Scott Bike Trikot<br />
Art. 6 701 664<br />
Scott Bike Shorts<br />
Art. 6 704 474<br />
Scott Bike<br />
Shorts<br />
Art. 6 704 672<br />
Stoke<br />
Helmcover<br />
Art. 5 740 662<br />
Scott MTB<br />
Scale 950<br />
Art. 5 700 560<br />
Uvex Bikehelm<br />
Quatro<br />
Art. 5 740 685<br />
Alle Produkte von OCHSNER <strong>SPORT</strong>, teilweise nicht in allen Filialen erhältlich.<br />
März 2015· SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>
Publireportage<br />
Zwei absol<br />
Renner<br />
Das Radidol<br />
Der mehrfache Olympiasieger, Weltmeister<br />
und Cornèrcard Botschafter Fabian Cancellara<br />
freut sich auf Sie.<br />
6. Cornèrcard Cancellara Challenge.<br />
Am Samstag, 13.Juni 2015 zählt im Kanton Zug nur<br />
noch eins: Höchstgeschwindigkeit. Radsportbegeisterte<br />
können an der 6.Cornèrcard Cancellara<br />
Challenge ihre Kräfte mit Superstar Fabian Cancellara<br />
messen. Mit etwas Glück sind Sie dabei!<br />
300 per Los ermittelte Fahrerinnen und Fahrer<br />
rollen im 15-Sekunden-Takt von der Startrampe,<br />
um ihr Können auf der offiziellen, 5,1 km langen<br />
Tour-de-Suisse-Strecke unter Beweis zu stellen.<br />
Es gewinnt, wer seine Differenz zur Rennzeit von<br />
Fabian Cancellara am besten geschätzt hat.
ute<br />
für Sie.<br />
Jetzt anmelden zur Startplatz-Verlosung!<br />
Anmeldung:<br />
bis 30.04.2015 unter emotions.cornercard.ch/challenge<br />
Voraussetzungen: Kondition, eigenes Renn- oder<br />
Triathlonvelo, Velohelm, Mindestalter von 16 Jahren<br />
Details zu den Rennstrecken unter tourdesuisse.ch<br />
1. Cornèrcard City Circle.<br />
Am Sonntag, 21. Juni 2015 können Sie in Bern bei<br />
einem weiteren Höhepunkt im Radsport mitmachen.<br />
Treten Sie bei der Premiere des Cornèrcard City<br />
Circle an und fahren Sie auf der 76,4 km langen,<br />
abgesperrten Originalrundstrecke der Profis<br />
um die Wette.<br />
Cornèrcard verlost 200 Startplätze für das<br />
Rennen, das sich ebenfalls an ambitionierte<br />
Hobby-Radrennfahrerinnen und -fahrer richtet.<br />
Auch hier viel Glück!<br />
emotions.cornercard.ch
138 WAS MACHT ... CHRISTOPHE OHREL<br />
2015<br />
1993<br />
«Ich glaube, wir hatten<br />
damals mehr Spass»<br />
Nach seinem Rücktritt wurde der Charakter-Fussballer<br />
Versicherungsagent. Noch heute nimmt Christophe<br />
Ohrel kein Blatt vor den Mund. Text: Marc David Foto: Darrin Vanselow<br />
CHRISTOPHE OHREL<br />
GEBOREN 7. April 1968 in Saint-Dié<br />
(Fr). GESTERN Französische Eltern,<br />
als Kind in der Schweiz eingebürgert,<br />
Spieler in Lausanne (1987–1992),<br />
Servette (1992–94), Rennes (1994–95),<br />
Saint-Etienne (1995–96), Lausanne<br />
(1996–2001), Luzern (2001–02) und<br />
Yverdon (2002–03). Rücktritt 2003.<br />
Schweizer Meister 1994 (Servette),<br />
Cupsieger 1998 und 1999 (Lausanne).<br />
56 Einsätze fürs Nationalteam, WM-<br />
Teilnahme 1994, 6 Tore.<br />
HEUTE Nach vier Jahren als<br />
Weinverkäufer 2008 Rückkehr in die<br />
Finanzwelt; seit 2013 Versicherungsagent<br />
bei der Allianz in Lausanne.<br />
Verheiratet mit Carole Chapuisat<br />
(Schwester von Stéphane), lebt seit<br />
17 Jahren in der Agglomeration<br />
Lausanne. Drei Töchter (Jennifer, 19,<br />
Romy, 17, Marine, 12). Sportdirektor<br />
des FC Forward Morges (2. Liga), spielt<br />
mit den Senioren des FC Crissier (VD).<br />
Wenn Christophe Ohrel über Fussball<br />
spricht, schaut er nicht auf die<br />
Uhr. Als einer, der alles gab, bissig<br />
und fordernd, verkörpert er einen<br />
Typ Sportler, der dem heutigen<br />
Fussball gut anstehen würde.<br />
Was ist von Ihrer Zeit im Fussball geblieben?<br />
Ich habe immer noch viele Kontakte und<br />
bewege mich gern in dieser Welt. Aber ich<br />
habe nicht weitergemacht, weil ich keine<br />
Chance sah, im waadtländischen oder gar<br />
welschen Fussball Erfüllung zu finden. Um<br />
richtig Karriere zu machen, muss man in die<br />
Deutschschweiz gehen. Und trotz zehn Saisons<br />
in Lausanne gab man mir zu verstehen,<br />
dass man kein Interesse an Ehemaligen wie<br />
mir hat. Sogar mit einem gewissen Neid.<br />
Was mögen Sie am Versicherungswesen?<br />
Den Kontakt mit den Kunden. Und dass<br />
ich unabhängig bin, obwohl ich angestellt<br />
bin. Ich habe ein Portfolio mit ungefähr<br />
500 Adressen, das macht es interessant. Ich<br />
bin ein kleiner Unternehmer mit Zielen.<br />
Haben sich die Fussballer verändert?<br />
Sehr. Wir haben früher noch ein Glas mit den<br />
Fans getrunken. Die heutigen Fussballer sind<br />
ein wenig wie von einem anderen Planeten.<br />
Ich glaube, wir hatten mehr Spass daran,<br />
waren amateurhafter. Ich muss über all die Tätowierungen<br />
und Spieler lachen, die sich wegen<br />
eines Images stundenlang frisieren. Und<br />
die Summen sind exzessiv, das ist der Wahnsinn.<br />
Man darf nicht vergessen, dass Fussball<br />
in erster Linie ein Spiel ist. Heute spielt man<br />
nicht mehr Fussball, man macht ihn.<br />
Sind Sie französisch-schweizerischer<br />
Doppelbürger?<br />
Ja, aber für mich gab es nie eine Wahl:<br />
Ich bin Schweizer, das ist selbstverständlich.<br />
Wir identifizieren uns heute nicht mehr<br />
mit unserem Land. Ich kann Spieler nicht<br />
verstehen, die hier geboren sind, sich<br />
aber für Kroatien oder den Kosovo entscheiden.<br />
Was ist Ihre schönste Erinnerung?<br />
Als wir im Hardturm 4:0 gegen Estland gewonnen<br />
haben und uns damit für die WM<br />
1994 qualifizierten. Das Wetter war so<br />
schlecht, sie mussten das Spielfeld mit Maschinen<br />
trocknen. Dieser Abend war ein richtiges<br />
Fest mit einer genialen Atmosphäre.<br />
Wir spürten, dass wir etwas Historisches<br />
geschafft haben.<br />
FOTOS: DARRIN VANSELOW, GETTY IMAGES<br />
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