SPORT
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
50 FUSSBALL VERO SALATIC<br />
GROSSER MOMENT<br />
Salatic feiert mit Roman<br />
Bürki den Cupsieg 2013<br />
mit den Fans an der<br />
Zürcher Langstrasse.<br />
Sie wurden als fremdgesteuert betitelt.<br />
Wie viel Macht hat ihr Agent Milos<br />
Malenovic?<br />
Er war neben meiner Frau und meiner Familie<br />
der Einzige, der immer für mich da war.<br />
Aber ich habe meine Schlüsse immer selbst<br />
gezogen. Ich bin bald 30, habe drei Kinder,<br />
das vierte ist unterwegs. Ich bin ein erwachsener<br />
Mann, der keinen Berater braucht, der<br />
ihn an der Hand führt. Wir teilen dieselbe<br />
Meinung. Ich sehe nun mal alles, was in dem<br />
Verein abläuft. Wenn du 15 Jahre in einem<br />
Klub bist, weisst du, was vorgeht. Du redest<br />
auch mit jedem. Ob das jetzt in der Wäscherei<br />
ist, mit dem Gärtner oder weiss ich was.<br />
Du kennst die Leute. Ich sehe, was gut läuft<br />
und was nicht.<br />
Salatic zieht sich fürs Shooting erst ein<br />
Jeanshemd über, dann auch ein GC-Shirt<br />
im Retro-Stil der 60er-Jahre. Selbst wenn er<br />
die Farben vielleicht nie mehr tragen wird.<br />
«Kein Problem», sagt er. «Wissen Sie, ein Teil<br />
von mir bleibt immer GC.»<br />
14 Jahre alt ist Vero, als er das erste Mal<br />
mit den Grasshoppers in Kontakt kommt. Er<br />
wird zu einem Probetraining eingeladen,<br />
fährt nach Zürich. Nach dem dritten Training<br />
kommt der damalige Coach der U15, José Ribeiro,<br />
zu ihm, als Salatic gerade die Schuhe<br />
putzt. «Hey, Junge, willst du wirklich zu GC<br />
kommen?», fragt Ribeiro. «Du weisst, was<br />
es heisst, täglich mit dem Zug hierher zu<br />
fahren?» Vero weiss es. Und er sagt zu. Als<br />
er fünf ist, kommt seine Familie aus Bosnien<br />
in die Schweiz. Er spielt Fussball für Zug 94.<br />
Sein Talent bleibt den Spähern aus Zürich<br />
nicht verborgen. Der Schritt zu GC ist<br />
gross. GC ist eine namhafte Adresse. Nur die<br />
Besten gehen dahin. Sie werden von überall<br />
her geholt. Täglich wird trainiert, sogar<br />
zweimal. «Ich machte ein Jahr U15, ein<br />
Jahr U17, ein Jahr U21», erinnert sich Salatic.<br />
2003 darf er zum Probetraining in die erste<br />
Mannschaft. Reto Ziegler ist damals im<br />
Team, Stephan Lichtsteiner, Kim Jaggy,<br />
Richard Nuñez, Fernando Gamboa. Für den<br />
17-Jährigen ist das die grosse Welt.<br />
Mitte der Neunziger ist GC sehr erfolgreich.<br />
Auch in der Champions League. Salatic<br />
ist GC-Fan, als Teenager steht er als Balljunge<br />
an der Seitenlinie. Für ihn gibt es<br />
nichts anderes als blau-weiss. Er weiss noch,<br />
wie viel Stolz er verspürt, als er das Shirt zum<br />
ersten Mal anziehen darf. Damals noch ohne<br />
Namen. Als er Jahre später im Aufgebot<br />
der ersten Mannschaft steht, geht er in die<br />
Garderobe. Sein Leibchen ist aufgehängt.<br />
Auf dem Rücken steht Salatic geschrieben.<br />
Carlos Bernegger kommt zu ihm und sagt:<br />
«Siehst du, davon hast du immer geträumt.»<br />
Dafür ist er morgens um halb sieben<br />
immer in den Zug nach Zürich gestiegen,<br />
mit zwei Trainingstenus. Eines fürs Morgentraining,<br />
eines fürs Nachmittagstraining.<br />
Abends um zehn war er zuhause. Und das<br />
täglich. Irgendwann ging die Wäsche aus.<br />
Dann musste Mutter Cvijeta abends waschen<br />
und danach alles von Hand föhnen. «Diese<br />
«SICHER<br />
BEDAURE ICH<br />
DINGE. DASS<br />
ICH IN MEINER<br />
KARRIERE KEINE<br />
CHAMPIONS<br />
LEAGUE SPIELE<br />
ZUM BEISPIEL»<br />
Vero Salatic<br />
Zeiten bleiben schon hängen», sagt Salatic.<br />
«Darum ist ihr das, was in den letzten Monaten<br />
passierte, auch nicht einfach so egal. Ihr<br />
tat es extrem weh. Du warst das halbe Leben<br />
bei GC, dann passiert so etwas.»<br />
Er verbringt mit seinen Geschwistern Dragoljub<br />
und Radojka eine sorglose Kindheit.<br />
Es gibt nur Ärger, wenn sie zu spät vom Fussballspielen<br />
nach Hause kommen, mal ein<br />
Fenster kaputtgeht. Sie sind Strassenfussballer.<br />
Und der Typ Secondos, den es nicht<br />
kümmert, ob es dabei regnet oder schneit.<br />
Auf dem Pausenplatz ist er einer von vielen,<br />
keiner, der sagt, wer wo zu spielen hat. Aber<br />
schon damals zählen für ihn Dinge, die er<br />
aus dem Elternhaus mitbekommt. Anstand,<br />
Respekt, Ehrlichkeit. Und er hat einen ausgeprägten<br />
Gerechtigkeitssinn.<br />
Er sieht später, wie Ricardo Cabanas<br />
oder Boris Smiljanic mit natürlicher Autorität<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015