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SPORT

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EISHOCKEY KEVIN FIALA<br />

<strong>SPORT</strong>LER-FAMILIE<br />

Kevin Fiala mit Mama<br />

Renata (Leichtathletik),<br />

Schwester Laura<br />

(Tennis) und Papa Jan<br />

(Eishockey) bei den<br />

Sports Awards 2014.<br />

ZIEL IM BLICK In<br />

seiner Wohnung<br />

in Jönköping<br />

hängt Kevin das<br />

Dress der Nashville<br />

Predators<br />

vom Draft auf. «Es<br />

soll mich immer<br />

erinnern, wofür<br />

ich hart arbeite.»<br />

Dass er das Zeug zu einer grossen Eishockey-Karriere<br />

hat, ahnt man schon viel früher.<br />

Der Bub aus dem sanktgallischen Zuzwil fällt<br />

schon als Dreikäsehoch auf dem Eisfeld<br />

auf. Beim EHC Uzwil schiesst er schon mal<br />

an einem Piccolo-Turnier 50 von 60 Toren<br />

seines Teams. Papa Jan, der einst selbst<br />

bei Uzwil spielte – mit einem blutjungen<br />

Matthias Seger an seiner Seite –, hat dem<br />

Sohn offensichtlich überreiches Talent vererbt.<br />

Bald wird klar, dass Kevin in diesem Umfeld<br />

sportlich zu wenig gefordert ist. Er wechselt<br />

mit 14 in den Nachwuchs der ZSC Lions.<br />

Doch auch da spielt er über dem Niveau<br />

seiner Alterskollegen. Also beschliessen die<br />

Eltern zusammen mit Kevin, dass er im Ausland<br />

sein Potenzial ausloten soll. In Schweden<br />

gibt es die beste Juniorenförderung Europas.<br />

Kevin ist gerade einmal 16 und hat die<br />

Sekundarschule abgeschlossen, als er nach<br />

Malmö wechselt. Er ist nur sportlich auf sich<br />

allein gestellt: Mutter Renata, eine ehe malige<br />

Spitzen-Hürdensprinterin in Tschechien,<br />

begleitet ihn in den Norden. Nach einem<br />

halben Jahr gehts weiter nach Jönköping in<br />

Småland, wo alles eine Spur grösser und<br />

professioneller ist. Mama ist längst wieder<br />

zurück in der Schweiz. Die Selbstständigkeit<br />

tut Kevin gut. «Ich musste einiges lernen,<br />

zum Beispiel, aufzustehen, wenn der Wecker<br />

schellt, ohne dass Mama nachhilft.» Beim<br />

HV71 Jönköping erkennt man schnell, dass<br />

das Hockeyjuwel aus der Schweiz das Zeug<br />

hat, in der «Svenska Ishockey Elit serien» bei<br />

den «Grossen» mitzuspielen. Und dort überzeugt<br />

Kevin auf Anhieb so sehr, dass er auch<br />

in der Schweiz ein Thema für das Hockey<br />

auf professioneller «Männer stufe» wird.<br />

Wenige Wochen nach der U20-WM wird er<br />

von Nationalcoach Simpson auch gleich<br />

noch für die A-WM auf geboten. Und überzeugt<br />

in Minsk auf der ganzen Linie. Die Krönung<br />

mit dem Erstrunden-Draft durch die<br />

Nashville Predators im Juni 2014 ist nur noch<br />

die logische Folge. Bald heisst es in der<br />

Schweiz: A star is born!<br />

EIN BRUCH IM AUFSTIEG<br />

Gefährlich, gefährlich, solche Lobeshymnen<br />

auf einen jungen Mann, der gerade knapp<br />

der Pubertät entwachsen ist. Und tatsächlich<br />

kommt es zu einem ersten Bruch im bisher<br />

gradlinigen Aufstieg Fialas. Kevin darf mit<br />

den grossen Predators im Sommer 2014 ins<br />

Vorbereitungscamp, macht sich Hoffnungen,<br />

dass es womöglich schon jetzt klappt<br />

mit dem Aufstieg in die beste Liga der Welt.<br />

Doch die Coaches befinden ihn noch als<br />

zu leichtgewichtig und schicken ihn für ein<br />

weiteres «Lehrjahr» zurück nach Schweden.<br />

Kevin ist so frustriert, dass er sich Undiszipliniertheiten<br />

auf dem Eis erlaubt. HV71-Trainer<br />

Johansson suspendiert ihn vorübergehend<br />

– und Kevin begreift: «Dass er mich bestraft<br />

hat, war absolut richtig. Da hat es klick gemacht.<br />

Ich habe nicht gut reagiert und mich<br />

auch beim Team dafür entschuldigt.» Auch<br />

Papa Jan, sein wichtigster Ansprechpartner<br />

in Sachen Eishockey, habe ihm «die Kappe<br />

gewaschen», sagt Kevin. So was bleibt im<br />

Gedächtnis haften.<br />

Fialas Launenhaftigkeit war und ist mitunter<br />

sein Problem. «Wenn er gut drauf ist»,<br />

sagt Förderer Andreas Johansson, «kann er<br />

alle mitreissen und ein Spiel im Alleingang<br />

entscheiden. Er ist derart begnadet. Ist er<br />

aber mies drauf, kann er abtauchen und<br />

komplett von der Bildfläche verschwinden.»<br />

In Jönköping hat er sich zuletzt praktisch<br />

durchweg von seiner Sonnenseite gezeigt.<br />

In seinen letzten Monaten in Småland sticht<br />

er nicht nur durch seinen roten Stock heraus.<br />

Auch sein Trainingseifer verblüfft. Nach der<br />

Übungseinheit sprintet Fiala übers Feld, als<br />

alle anderen schon unter der Dusche stehen.<br />

Zigmal donnert er den Puck aufs Tor, lenkt<br />

Schüsse Johanssons mit der Schaufel ab.<br />

Als der Trainer bei einem Schuss ruft: «Hey,<br />

das war der Slapshot eines Mädchens!», lacht<br />

Fiala und ballert die Scheibe noch grim miger<br />

FOTO: DAVID BIEDERT<br />

SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015

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