SPORT
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BAUMEISTER<br />
LeBron mit dem<br />
NBA-Pokal. 2011/12<br />
und 2012/13 gewann<br />
die Miami Heat den<br />
Titel zweimal in<br />
Folge, vor allem<br />
wegen James.<br />
«LeBron<br />
ist Stadterneuerung<br />
in<br />
Basketballschuhen.<br />
Der<br />
stolzeste Beleg<br />
für Sport in<br />
dieser Stadt»<br />
WASHINGTON POST<br />
FOTOS: DOUGLAS FRIEDMAN/TRUNK ARCHIVE, JEFFERY A. SALTER/<strong>SPORT</strong>S ILLUSTRATED/GETTY IMAGES<br />
Sportkanals ESPN, in der er schliesslich den<br />
Abschied von Cleveland bekannt gab. Sage<br />
und schreibe acht Millionen amerikanische<br />
Haushalte verfolgten die Ankündigung, die<br />
als «the decision» in die Folklore des<br />
US-Sports einging. Was zeigt, wie ernst man<br />
LeBron zumindest in den USA nimmt.<br />
Zu ernst? Während man in Cleveland<br />
wie erwartet reagierte – mit Wut und<br />
Enttäuschung über den «Verrat» –, stiess der<br />
egozentrisch angehauchte Auftritt in<br />
anderen Teilen der USA einfach nur auf<br />
Ablehnung. Eine Stunde Fernsehen, wo es<br />
eine schlichte Mitteilung über Twitter<br />
genausogut getan hätte? Ein paar Monate<br />
später wertete eine Marketingfirma eine<br />
Umfrage unter 16 000 Amerikanern aus und<br />
fand heraus, dass die Miami Heat als eine der<br />
arrogantesten Sportmarken in den USA<br />
galten. Nur übertroffen vom reichen Baseballclub<br />
New York Yankees und dem Top-<br />
Golfer Tiger Woods, der sein Image in einem<br />
monatelangen Sexskandal geschreddert<br />
hatte. Der Grund: Der Ausnahmebasketballer<br />
hatte mit seinem Wechsel gegen ein<br />
ungeschriebenes Gesetz verstossen. Kein<br />
anderer überragender Spieler in der mehr<br />
als sechzigjährigen NBA-Geschichte hatte<br />
sich jemals aus einer Stadt davongestohlen<br />
und einen Club verlassen, der das Zeug zum<br />
Meister hatte. Nicht Magic Johnson, nicht<br />
Michael Jordan, nicht Larry Bird. So etwas<br />
gilt in den USA als Eingeständnis von<br />
Schwäche.<br />
VOM SCHÜLER ZUM PROFI<br />
Man muss allerdings anfügen, dass der amerikanische<br />
Sport- und Entertainmentkomplex<br />
mit zweierlei Mass misst. In diesem Fall<br />
mit jener Elle, mit der die sportbegeisterte<br />
alte Industriestadt Cleveland James vereinnahmt<br />
hatte. Man sah in ihm mehr als einen<br />
besonders talentierten Basketballer, der<br />
dem Team aus den Tiefen des Tabellenkellers<br />
herausgeholfen hatte. Er war so etwas<br />
wie der Hoffnungsträger einer ganzen wirtschaftlich<br />
stark angeschlagenen Region geworden,<br />
die ähnlich wie Detroit als traurige<br />
Symbolwelt für den urbanen Zerfall Amerikas<br />
steht.<br />
<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015