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64 BASKETBALL LEBRON JAMES<br />
D<br />
THE CHOSEN ONE<br />
«Der Auserwählte»<br />
lässt vor jedem<br />
Match – hier zu<br />
Hause in der Quicken<br />
Loans Arena von<br />
Cleveland – das<br />
Magnesium über<br />
seinem Kopf stieben.<br />
ie Szene spielt an einem Swimmingpool<br />
unter der warmen Sonne von Kalifornien und<br />
zeigt vier Mitglieder einer Mehrgenerationenfamilie,<br />
die eine verquere Beziehung<br />
zueinander haben. Da ist «wise», der Alte,<br />
der gern aus der Zeit erzählt, als er selbst<br />
Basketball gespielt hat. Da ist «business»,<br />
ein aalglatter jüngerer Typ, der meistens<br />
an seinem Mobiltelefon hängt, um seine<br />
Geschäfte abzuwickeln. Da ist «kid», ein<br />
Teenager, den das alles wenig interessiert,<br />
solange er sich im Becken austoben kann.<br />
Und dann ist da «athlete», ein Typ, der geistig<br />
eher abwesend aussieht – konzentriert<br />
auf Training und Karriere.<br />
Wer genauer hinsieht, erkennt rasch, dass<br />
alle vier Charaktere vom selben Schau spieler<br />
gespielt werden. Und das obwohl sich der<br />
Maskenbildner mächtig angestrengt hat,<br />
um den einminütigen Werbespot wirken zu<br />
lassen, als handle es sich um eine Ensemble-<br />
Leistung. Aber was wahr ist und was gespielt,<br />
ist am Ende für die dieses kurze kreative<br />
Werk gar nicht so wichtig. Entscheidend<br />
ist wohl eher die Feststellung: dass die<br />
Hauptfigur – LeBron James, der derzeit<br />
beste Basketballer der Welt – viele Gesichter<br />
hat. Und dass er dabei vor allem eins besitzt:<br />
Jede Menge Humor, um sich über sich selbst<br />
lustig zu machen.<br />
HERR DER SELBSTINSZENIERUNG<br />
Was gut ist. Denn als Star ist man nicht nur<br />
man selbst. Man ist auch ein Spiegelbild all<br />
der Projektionen, die sich andere von einem<br />
machen. In die Rolle des vielschrötigen<br />
Selbstdarstellers ist der 30-Jährige im Laufe<br />
der Jahre konsequent hineingewachsen. Es<br />
ist eine Selbstinszenierung mit allerlei<br />
Facetten. Dazu gehört die grosse, blasphemische<br />
Tätowierung auf seinem Rücken –<br />
«Chosen 1» (der Auserwählte) – genauso<br />
wie dieses Ritual: Jedes Mal, bevor er das<br />
Basketballspielfeld betritt, schlägt er die beiden<br />
frisch mit Magnesia-Pulver bestreuten<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE <strong>SPORT</strong>· März 2015<br />
«Meine<br />
Beziehung zu<br />
Nordost-Ohio<br />
ist bedeutender<br />
als Basketball.<br />
Deshalb habe<br />
ich alles<br />
verziehen»<br />
Hände über dem Kopf zusammen und lässt<br />
es stauben. «King James» – so der Spitzname<br />
des NBA-Profis, der pro Jahr mit seinen<br />
vielfältigen Künsten um die 70 Millionen<br />
Dollar einspielt – ist eben nicht nur Ballkünstler,<br />
sondern auch Entertainer. Für ihn<br />
sind Erfolge wichtig, wie die zwei NBA-Titel<br />
und die beiden Goldmediallen bei Olympischen<br />
Spielen. Und das eigene Image.<br />
Der Werbefilm aus der Werkstatt des<br />
Sportausrüsters Nike ist schon etwas älter. Er<br />
stammt aus jener frühen Phase der Karriere