SPORT
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
MOTO2 DIE SCHNELLSTEN SCHWEIZER 91<br />
«ICH MUSS ZUHÖREN KÖNNEN. UND<br />
SPÜREN, IN WELCHEM TONFALL MIR<br />
DER FAHRER ETWAS ERZÄHLT. ER MUSS<br />
MIR NUR SAGEN, WAS NICHT GUT IST»<br />
ALFRED WILLECKE, CHEFTECHNIKER VON TOM LÜTHI<br />
«Ich mache mir nicht viele Gedanken, wenn<br />
ich losfahre. Letztes Jahr hatte ich den Kopf<br />
nicht immer frei. Dann bist du nicht schnell,<br />
ganz einfach.» Den Kopf frei zu haben, alles<br />
auszublenden, ist gerade für Aegerter keine<br />
Selbstverständlichkeit. Es ist der 5. September<br />
2010, als seine Welt zum Stillstand<br />
kommt. Beim GP von San Marino stürzt<br />
Teamkollege Shoya Tomizawa, bleibt auf der<br />
Strecke liegen, wird von Alex de Angelis und<br />
Scott Redding überfahren. Eine Stunde nach<br />
Rennschluss stirbt Tomizawa im Spital von<br />
Riccione. Einen Monat später entsteht beim<br />
GP von Japan ein Foto, auf dem das Team<br />
mit den Eltern Tomizawas vor einem Blumenmeer<br />
für Shoya niederkniet. Dominique<br />
Aegerter hat ein Bild seines Freundes in<br />
der Hand. «I will never forget my team mate»,<br />
steht darauf. Er hat in der Woche nach dessen<br />
Tod oft geweint. Vergessen hat er ihn wie<br />
versprochen nicht. Aber ans Aufhören hat er<br />
nie gedacht. Das Unsagbare fährt immer mit.<br />
Es hat nur keinen Platz in den Köpfen.<br />
Alfred Willecke sitzt in der Box vor einem<br />
Computerbildschirm, der einen scheinbar<br />
wirren Salat bunter Leistungslinien anzeigt.<br />
Das Motorrad, an das sie den Laptop nach<br />
jeder Fahrt anhängen, liefert eine Unmenge<br />
Zahlen. Über die Federwege, den Bremsdruck,<br />
die Drehzahl, die Gasgriffstellung.<br />
180 Kanäle können sie auswerten. Wenn sie<br />
denn wollten. Aber oft wissen sie, wo die<br />
Hundertstel zu holen sind, welche Para meter<br />
zählen. Willecke ist einer der begehrtesten<br />
Techniker der Gilde. Lüthi ist froh, dass er<br />
den Deutschen im Team halten konnte,<br />
obwohl das Budget keine Sprünge erlaubt.<br />
«Zuhören ist eine Eigenschaft, die man in<br />
meinem Geschäft haben muss», sagt er. «Ich<br />
muss auch spüren, wie der Fahrer etwas<br />
erzählt, in welchem Tonfall. Das alles muss<br />
ich einschätzen können. Ich will kein Lob<br />
hören, wie toll die Maschine läuft. Er muss<br />
mir nur sagen, was nicht gut ist. Schulterklopfen<br />
ist Zeitverschwendung.»<br />
Willecke ist selbst passionierter Motorradfahrer.<br />
Was die jungen Piloten aus den<br />
Maschinen herausholen, sei für den Laien<br />
kaum nachvollziehbar. «Ob nun einer 17.<br />
oder 25. wird – ich habe vor allen Respekt.»<br />
Die Spitze der Moto2 könnte in der MotoGP<br />
mithalten, ist er überzeugt. «Da wäre keiner<br />
fehl am Platz.» Die MotoGP- Klasse ist der<br />
Wunschtraum jedes Fahrers. Die Faszination<br />
der Leistung ist es, welche alle in den Bann<br />
zieht. In der Moto2 haben die Maschinen 130<br />
PS, in der MotoGP liegt die Leistung jenseits<br />
der 200 PS. Auch medial ist die Aufmerksamkeit<br />
viel grösser. Dort, wo die Stars Marc Marquez,<br />
Valentino Rossi oder Jorge Lorenzo<br />
heissen. «Aber von der Spannung her würde<br />
ich in dieser Saison eher Moto2 schauen»,<br />
sagt Willecke. Neben dem Honda-Motor,<br />
der wie die Dunlop- Reifen Standard ist, sind<br />
23 Fahrer mit dem Kalex-Chassis unterwegs.<br />
Hier zeigt sich, wer der beste Fahrer ist.<br />
DER AUSGEBUFFTE<br />
Der Freiburger Robin Mulhauser wird nichts<br />
mit der WM-Entscheidung zu tun haben.<br />
Für ihn wären schon regelmässige Plätze<br />
zwischen 10 und 20 ein Erfolg. «Ich habe spät<br />
angefangen», sagt der 23-Jährige, «erst mit<br />
14. Aber ich bin schnell vorwärtsgekom<br />
UNTER DEM RADAR Robin<br />
Mulhauser spielt im Team von Tom<br />
Lüthi und Dominique Aegerter die<br />
dritte Geige. Aber der Spätzünder<br />
verbessert sich schnell.