HA052011neu - WIR in Hille
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Ob Gast oder geschichts<strong>in</strong>teressierter Besucher – von der<br />
gelungenen Verschmelzung von Althergebrachtem mit<br />
stilvollem Ambiente s<strong>in</strong>d beide gleichermaßen bee<strong>in</strong>druckt.<br />
des Fürstbistums M<strong>in</strong>den mit weitreichenden<br />
Folgen auch für das Schloss Petershagen.<br />
Nachdem der letzte Bischof, Christian<br />
von Braunschweig-Lüneburg, der<br />
1599 nach Petershagen kam, resigniert<br />
se<strong>in</strong> Amt aufgegeben hatte, blieb Petershagen<br />
nicht mehr Residenz mit fürstlicher<br />
Hofhaltung. E<strong>in</strong> langes Kapitel fürstbischöflicher<br />
Geschichte war zu Ende.<br />
Streitbare Würdenträger mit menschlichen<br />
Schwächen<br />
Es würde zu weit führen, die Regierungszeiten<br />
der 2o <strong>in</strong> Petershagen ansässig<br />
gewesenen Fürstbischöfe, ihre Machtausübung<br />
und deren Folgen für die Bürger im<br />
Rahmen dieser Artikelserie über die Herrenhäuser<br />
unserer Region ausführlich<br />
darzustellen; dennoch müssen wir uns mit<br />
den Amtszeiten zweier streitbarer und <strong>in</strong><br />
ihrer Machtausübung offenbar auch skrupelloser<br />
„Würdenträger“ befassen, die<br />
Schloss Petershagen als e<strong>in</strong>e von machtbesessenen<br />
Bischöfen regierte Trutzburg<br />
<strong>in</strong> die heimatkundlichen Geschichtsbücher<br />
E<strong>in</strong>lass verschafften. Untrennbar<br />
verbunden mit Franz I., der hier als<br />
Bischof von 1508 bis 1529 residierte,<br />
bleiben die von ihm veranstalteten großen<br />
Zechgelage, an dessen Folgen auf der<br />
Schalksburg sogar drei Brüder starben,<br />
se<strong>in</strong>e kriegerischen Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />
mit den Grafen von Hoya und – nach dem<br />
Sieg über se<strong>in</strong>e Widersacher – die Rückgew<strong>in</strong>nung<br />
zuvor verloren gegangener<br />
bzw. neu h<strong>in</strong>zu gewonnener Gebiete und<br />
Besitzungen. Durch Brüskierung der<br />
Tochter des Herzogs von Braunschweig<br />
und mehrerer zusätzlicher Übergriffe<br />
gegen die Grafen von Diepholz, sowie<br />
durch die Beraubung von Kaufleuten aus<br />
dem Raum Lüneburg und Hildesheim,<br />
kam es 1519 zur so genannten „Hildesheimer<br />
Fehde“. E<strong>in</strong>e gewaltige Streitmacht<br />
hatte sich Ostern 1519 vor dem<br />
Schloss Petershagen versammelt, aus dem<br />
sich Franz – nach Abbrennen der Stadt<br />
Petershagen und der Kirche zur Erreichung<br />
e<strong>in</strong>es besseren Verteidigungsschussfeldes<br />
– zuvor <strong>in</strong> Richtung M<strong>in</strong>den abgesetzt<br />
hatte. Ähnlich brutal war er auch <strong>in</strong><br />
Rahden und Hausberge vorgegangen,<br />
dessen Bürger ebenfalls durch<br />
Niederbrennen ihrer Häuser<br />
erheblichen Schaden erlitten<br />
hatten. Auch aus M<strong>in</strong>den<br />
musste er alsbald fliehen,<br />
kehrte aber 1520 nach hier<br />
zurück und unterstützte <strong>in</strong><br />
den letzten Jahren se<strong>in</strong>er<br />
Amtszeit die Bürger Petershagens<br />
beim Wiederaufbau<br />
ihrer von ihm niedergebrannten<br />
Häuser. Wie überliefert<br />
ist, starb er an den Folgen<br />
se<strong>in</strong>es ungezügelten Lebenswandels.<br />
Franz II., Graf von Waldeck,<br />
vormals Domherr <strong>in</strong><br />
Köln gewesen, bestimmte<br />
von 1530 bis 1553 das geistliche<br />
Geschehen nicht nur im Domkapitel<br />
M<strong>in</strong>den, sondern nach den Wahlen zum<br />
Bischof von Münster und Osnabrück im<br />
Jahre 1532 maßgeblich auch das dortige<br />
Geschehen im kirchlichen Bereich. Das<br />
Schloss Petershagen, das er als Residenz<br />
erst 1535 bezog, verdankt ihm e<strong>in</strong>en<br />
gründlichen Umbau se<strong>in</strong>er Häuser und<br />
Befestigungsanlagen. Se<strong>in</strong> ebenfalls ausschweifender<br />
Lebenswandel und die Eskapaden<br />
mit se<strong>in</strong>er Maitresse, der Wäscher<strong>in</strong><br />
Anna Pohlmann, mit der er zahlreiche<br />
Nachkommen zeugte, sowie die am Hofe<br />
gepflegte Völlerei und die Zechgelagen<br />
machten ihn alsbald zum Gespött des<br />
Adels und des Domkapitels im hiesigen<br />
Raum. Trotzdem vere<strong>in</strong>igte er als Bischof<br />
von Münster und Osnabrück e<strong>in</strong>e erhebliche<br />
Machtfülle <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Hand, die ihn<br />
mit Unterstützung des Rhe<strong>in</strong>ischen Kreises<br />
und des Paderborner Adels <strong>in</strong> die Lage<br />
versetzte, Münster von den Wiedertäufern<br />
nach e<strong>in</strong>em fürchterlichen Blutbad zu befreien.<br />
Die Führer der Wiedertäufer wurden<br />
am 22. Januar 1536 auf dem Pr<strong>in</strong>zipalmarkt<br />
grausam zu Tode gefoltert, ihre<br />
Leichen <strong>in</strong> eisernen Körben zur Abschrekkung<br />
am Turm der Lambertikirche befestigt.<br />
Die Brutalität dieses Vorgangs<br />
lässt noch heute die Besucher der Stadt<br />
Münster beim Anblick der hier immer<br />
noch hängenden Käfige <strong>in</strong> schw<strong>in</strong>delnder<br />
Höhe erschaudern und macht deutlich,<br />
wozu Menschen zu<br />
allen Zeiten fähig<br />
waren und – wie die<br />
Gegenwart zeigt –<br />
auch heute noch s<strong>in</strong>d.<br />
Hexenverbrennungen<br />
<strong>in</strong> Petershagen<br />
Traurige Berühmtheit<br />
<strong>in</strong> der langen Geschichte<br />
des Schlosses<br />
Petershagen erlangte<br />
das Jahr 1605<br />
mit der ersten hier<br />
stattgefundenen Hexenverbrennung<br />
unter der Regentschaft<br />
von Bischof<br />
Christian von Braun-<br />
schweig-Lüneburg. Wie der Chronist berichtet,<br />
hatte die juristische Fakultät Marburg<br />
am 15. Februar 16o4 bereits e<strong>in</strong> Gutachten<br />
abgegeben, wonach Blenske<br />
Anneske wegen Zauberei mit der Todesstrafe<br />
und Gese Nordl<strong>in</strong>gh mit der Landesverweisung<br />
zu bestrafen seien. „In<br />
scharfer Execution“, so ist den Unterlagen<br />
zu entnehmen, „wurde e<strong>in</strong>e schöne Frauensperson,<br />
welche zwei Liebhaber gehabt<br />
und den e<strong>in</strong>en umgebracht hatte, mit Zangen<br />
gezwickt, gerädert und gevierteilt.<br />
Die Körperteile hängte man an verschiedenen<br />
Stellen auf.“ Der Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er<br />
Wahns<strong>in</strong>nszeit, <strong>in</strong> der <strong>in</strong> Petershagen <strong>in</strong><br />
den Folgejahren 1654 über 30, 1655 =<br />
23 und 1656 e<strong>in</strong>e nicht näher benannte<br />
Anzahl von Hexen verbrannt wurden.<br />
Überliefert ist auch, dass am 28. Nov.<br />
1655 <strong>in</strong> Petershagen Hans Harmsen aus<br />
Nordhemmern wegen angeblicher Bigamie<br />
enthauptet wurde. Mit dem so genannten<br />
„Hexenpatent“ des Statthalters<br />
des Großen Kurfürsten, Graf Georg<br />
Friedrich Waldeck, wurde ab 1657 die<br />
Hexenverbrennung unter Androhung von<br />
Strafe zunächst e<strong>in</strong>gedämmt, flammte<br />
aber nach dem Weggang des Grafen vor<br />
allem <strong>in</strong> M<strong>in</strong>den wieder auf. Erst als der<br />
Große Kurfürst 1675 die Erneuerung des<br />
von Georg Friedrich erlassenen Hexenpatents<br />
befahl, hatte der Spuk e<strong>in</strong> Ende.<br />
Noch heute ist das Ausguckfenster im<br />
Schloss Petershagen zu sehen, von dem<br />
aus geistliche Herren das „Spektakel“<br />
grausamer Verbrennungen angeblicher<br />
Hexen genüsslich beobachtet haben<br />
sollen. Verhaltensweisen, die deutlich<br />
machen, wozu Intoleranz und Fanatismus<br />
führen können.<br />
Wer mehr über die Geschichte des<br />
Schlosses Petershaben erfahren möchte,<br />
dem sei das vom Vater des jetzigen Eigentümers,<br />
von Gustav Hestermann, herausgebrachte<br />
Buch empfohlen, das detailliert<br />
die 700-jährige Geschichte e<strong>in</strong>es Schlosses<br />
<strong>in</strong> fesselnder Form schildert, das sich<br />
im Laufe der Jahrhunderte von e<strong>in</strong>er<br />
Schutz- und Trutzburg zu e<strong>in</strong>er gefragten<br />
Hotelanlage entwickelt hat. Hier spürt<br />
der Gast heute nicht nur auf Schritt und<br />
Tritt e<strong>in</strong>en Hauch geschichtlicher