Nachruf Walter Reece (2006)\374 - Betty-Reis-Gesamtschule
Nachruf Walter Reece (2006)\374 - Betty-Reis-Gesamtschule
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- Er wollte einen Ahornsprössling aus seinem eigenen kleinen Wald gerne in Wassenberg<br />
auf dem jüdischen Friedhof an dem Gedenkstein für seine Großeltern und<br />
seine Schwester <strong>Betty</strong> pflanzen lassen.<br />
Beide Wünsche konnte ich ihm erfüllen:<br />
- Das Bild „Nach dem Pogrom“ gemalt von <strong>Walter</strong> <strong>Reece</strong> nach dem Original von<br />
Maurycy Minkowski hängt in dem Eingangsbereich der <strong>Betty</strong>-<strong>Reis</strong>-<strong>Gesamtschule</strong><br />
Wassenberg neben einer Fotografie von <strong>Betty</strong> <strong>Reis</strong>.<br />
- Der Ahornsprössling wurde im Beisein der „Ahornklasse“ am 10. November 2004<br />
auf dem Friedhof gepflanzt.<br />
Manche Dinge fügen sich zueinander, ohne dass man es so geplant hat:<br />
Im Oktober 2002 lernte ich „Die Eine-Welt-Kirche“ mit dem „Eine-Erde-Altar“ in<br />
Schneverdingen (Lüneburger Heide) kennen. Der „Eine-Erde-Altar“ mit Erdspenden<br />
aus aller Welt ruft die Menschen zu globalem Denken und Leben auf, und zwar auf<br />
der Grundlage der Verbindung zu unserer Erde, unserer Heimat und unserer<br />
Geschichte, in der wir verwurzelt sind.<br />
Dies brachte eine ehemalige Kollegin der <strong>Betty</strong>-<strong>Reis</strong>-<strong>Gesamtschule</strong> Wassenberg und<br />
mich auf den Gedanken, uns mit einer Erdspende aus Bergen-Belsen – dem Ort, an<br />
dem <strong>Betty</strong> <strong>Reis</strong> ermordet wurde - und aus dem elterlichen Garten der Familie <strong>Reis</strong> in<br />
Wassenberg an den Erdbüchern zu beteiligen. Kurz vorher, am 24. September 2002,<br />
erreichte mich eine E-Mail von <strong>Walter</strong> <strong>Reece</strong>, in der er schrieb:<br />
„Ich weiß nicht, ob dies möglich ist, oder ob ich überhaupt fragen darf, jedoch heute<br />
morgen kam mir ein schönes Kirchenlied in den Kopf, das meine Schwester <strong>Betty</strong><br />
und ich oft in der evangelischen Kirche und Schule gesungen haben. Ich nehme an,<br />
dass dieses Lied in beiden Religionen gesungen wird. Es heißt: „Lobe den Herren ...“<br />
Nun meine Bitte, wäre es möglich, dieses Lied in Erinnerung an meine Schwester an<br />
einem Sonntag in der Kirche zu singen? <strong>Betty</strong> und ich hatten dieses Lied gerne und<br />
haben es auch wohl zu Hause mit meiner Mutter gesungen (die eine gute Stimme<br />
hatte und auch im Synagogen-Chor in Krefeld gesungen hat). Dieses Lied war mir im<br />
Kopf den ganzen Morgen und so meine Idee und Bitte an Sie.“<br />
In der schon erwähnten ökumenischen Gedenkstunde am 10. November 2002 wurden<br />
die beiden Gefäße mit der Erde für die Übergabe in Schneverdingen vorbereitet<br />
und das von <strong>Walter</strong> <strong>Reece</strong> gewünschte Lied gesungen.<br />
Durch diese von <strong>Walter</strong> <strong>Reece</strong> geäußerte Bitte wird deutlich, wie er und seine<br />
Schwester die Jahre vor der Nazizeit erlebt und Zeitzeugen bestätigt haben:<br />
Die jüdischen Familien waren in Wassenberg voll integriert. Das „Anderssein“ aufgrund<br />
einer anderen Religionszugehörigkeit spielte keine Rolle.<br />
Vor meinem Besuch in Kanada erkundigte ich mich, womit ich <strong>Walter</strong> <strong>Reece</strong> eine<br />
Freude machen könne. Seine Antwort: Ich habe früher mit meiner Mutter und<br />
Schwester so gerne deutsche Volkslieder gesungen, kann aber nicht mehr alle<br />
Texte. Vielleicht können Sie mir ein Liederbuch mitbringen!<br />
Dieses Liederbuch mit alten Volkliedern und Rheinweisen diente uns an mehreren<br />
Abenden zum gemeinsamen Singen und Austauschen von Erinnerungen.<br />
Eines Tages überraschte <strong>Walter</strong> <strong>Reece</strong> uns mit seinem Vortrag (auswendig) des Gedichtes<br />
von Johann Wolfgang von Goethe „Legende vom Hufeisen“.<br />
Bei der Bildübergabe für die <strong>Gesamtschule</strong> konnte ich den SchülerInnen diesen Vortrag<br />
von <strong>Walter</strong> <strong>Reece</strong> durch einen Film miterleben lassen.