LP Magazin, June '06
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LP Magazin, June '06
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48 lTest I Lautsprecher<br />
I<br />
tp<br />
lnzwischen schon zweimal<br />
auf der High End erfolgreich<br />
vertreten, wollten wir nicht<br />
länger auf das Flaggschiff des<br />
Lautsprecherherstellers Lithophon<br />
warten. Wir luden die<br />
edel bestückte und aufwendig<br />
gefertigte,,Miracle 2006"<br />
zum Test<br />
f-1er Grundstein für diesen Lautsprecher<br />
L/wurde, wenn auch nur indirekt, in<br />
clen 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts<br />
gelegt. Der studierte Physiker, Chemiker,<br />
Mathematiker und Musiker Oskar Heii ersann<br />
zu dieser Zeit ein Chassiskonzept, das<br />
sich bis heute als Alternative zu konventionellen<br />
Lautsprechern am Markt behaupten<br />
konnte - den Air Motion Transformer, kurz<br />
AMT. Diese Aussage ist eigentlich noch<br />
weit untertrieben, gilt das Prinzip doch als<br />
eines der besten, um Schall zu produzieren.<br />
Die Grundidee dieses Wandlers ist, Töne<br />
nicht durch das Vor- und Zurückbewegen<br />
einer Kalotte oder eines Kor.tus, sondern<br />
durch das Zusammenziehen und Atiseinanderdrücken<br />
einer in Falten geiegten Folienmembran<br />
zu erzeugen. Der Vorteil der<br />
aufivendisen Bauweise ist ein exzellentes<br />
Impuls- und Dynamikverhalten durch das<br />
besonders günstige Verhältnis aus Antrieb<br />
und Masse. Außerdem liegt der Wirkungsgrad<br />
meist in deutlich höheren Regioneti<br />
als der eines Kalottenhochtöners, auf dererr<br />
Wiedergabebereich sich das Prinzip<br />
aus praktischen (lründcn har.rptsächlich<br />
tleschränkt.<br />
hn l.aufe der lahre wurde dieses patentierte<br />
Konzept immcr u'iedcr von uttterschiedlichen<br />
llerstellern aufgegrifflen. In<br />
der \4iracle vcn'ichtet ein r\l\41'von.r Kölner<br />
Iliruteilespezialistcn N'h.tndr.:ri' scinen<br />
L)icrrst. l-ctzl('rcl brrtclrtc ittt vcrglttrgcttctt<br />
Jahr eine lleihc irn Air Vlotion lianstitrmern<br />
und N4agnetostatctr hcratts, dic'sich<br />
durcl.r htichste Qr,ralilät, hcrvcrrra{e nde<br />
Messwerte und nicht zuletzt k
EntwicHer der Miracle, Wolfgang Stuwe,<br />
mal Hand menarbeit<br />
man ver-<br />
; Kapton<br />
mit Leiterbahüctä{ke&,,bje<br />
'mao das roptinrurn fllr<br />
dieses,.FrofCIld,'gdfimder hatte''Das Ziel<br />
war die größtmögliche Breitbandigkeit des<br />
Hochtöners, bei Vermeidung von materialabhängigem<br />
Eigenklang.<br />
Auch Tief- und Mitteltönör, eigentlich,,ab<br />
Werk" schon über jeden Zweifel erhaben,<br />
mussten sich ftir dieses Projekt einigen<br />
Anpassungen unterziehen, um für tauglich<br />
befunden zu werden. Die Basis biiden<br />
drei l8-cm-Tiefrnitteltöner von Excel,<br />
dem High-End-Ableger des norwegischen<br />
Herstellers Seas. Sie bestehen durch und<br />
durch aus allerbesten Zlttaten und ausgefeilten<br />
Konstruktionsdetails, wie zum<br />
Beispiel hochfesten Membranen aus Magnesium,<br />
eingefasst von einer langlebigen<br />
Gummisicke. Das Magnetsystem ist durch<br />
einen speziell geformten Polkern und den<br />
reichlichen Einsatz von Kupfer aufVerzerrungsarmut<br />
und Effrzienz ausgelegt. Das<br />
Ganze sitzt an bzw. in einem sehr stabilen<br />
Korb aus Aluminiumdruckguss, der durch<br />
die filigranen Stege und die großzügigen<br />
Öffnungen hinter der Zentrierung keinen<br />
Raum flir schädliche Reflexionen und störende<br />
Luftpolster bietet.<br />
Obwohl sich das Trio äußerlich gleicht,<br />
wurde ihr Inneres auf den zu bearbeitenden<br />
Frequenzbereich hin optimiert. So besitzt<br />
der Mitteltöner eine kürzere, leichtere<br />
Schwingspule, die es ihm erleichtert, den<br />
schnellen Mitteltonsignalen zu folgen. Die<br />
beiden Bässe hingegen sollten in den unteren<br />
Registern auftrumpfen und wurden<br />
mit einer profunden Basswiedergabe im<br />
Hinterkopf konstruiert.<br />
Auch an das Umfeld der Treiber hat der<br />
EntyricKer gedacht. Schließlichrnützt das<br />
Dle Granit-Eodenplatte hat nicht nur eine<br />
,,trcgende" Rotle,sondern dient auch zur<br />
Abl elt u n g von u n e rwü n schte n<br />
6ehäuseschwlngungen<br />
beste Material nichts, wenn man ihm keine<br />
passende Basis bietet. Der Hochtöner zum<br />
Beispiel ist, was den Einbau betrifft, sehr<br />
kritisch, weil es sich um einen Dipol handelt.<br />
Er strahlt den Schall nach vorne und<br />
hinten nahezu gleich ab. Da er hier aber<br />
nur als Direktstrahler fungieren soll, muss<br />
der räckseitig abgestrahlte Anteil zuverlässig<br />
getilgt werden. Das besorgt eine kleine<br />
Kammer hinter dem Chassis, die mit verschiedenen<br />
Dämmmaterialien geftillt ist.<br />
Hier wurde lange experimentiert, bis sich<br />
eine optimale Kombination aus Stoff und<br />
Menge herauskristallisierte. Außerdem<br />
wurde der Einbauposition eine tragende<br />
Rolle zugedacht. Mit Absicht sind die<br />
AMTs spiegelbildlich um 4,5 mm aus der<br />
Mitte gerückt, da sich diese Position in Versuchsreihen<br />
als besonders günsitg fiir das<br />
Abstrahlverhalten herausstellte. Außerdem<br />
schuf sie einen zusätzlichen Freiheitsgrad<br />
bei der Außtellung, da man die Lautsprecher<br />
nun mit Hochtöner nach außen und<br />
nach innen positionieren kann. Zusätzlich<br />
ist der Hochtonpegel über Widerstande<br />
auf der Rückseite des Chassis in Grenzen<br />
variierbar.<br />
Die zusätzliche Frontplatte trägt mit ihrer<br />
definierten Formgebung ebenfalls zum<br />
Klang bei, indem sie das Abstrahlverhalten<br />
des Hochtöners dem des Mitteltöners annähert.<br />
Das wiederum hilft der Frequenzweiche<br />
bei der Arbeit, die es mit geringerem<br />
Bauteile-Aufi,vand und damit weniger Verlusten<br />
dankt.<br />
Auch der Mitteltöner genießt die Vorzüge<br />
einer speziellen Behausung. Sein Gehäuse<br />
ist nicht einfach geschlossen, wie es wohl<br />
die meisten Mitteltöner dieser Welt vorfinden,<br />
sondern ventiliert. Dafrir sorgen al-<br />
Ierdings nicht nur die von außen sichtbare<br />
Reflexöffnung, sondern zwei Kammern im<br />
Gehäuse. verbunden über eine Platte mit<br />
definierten Bohrungen. In einer sitzt das<br />
Chassis, die andere hat über besagtes Rohr<br />
Verbindung zur Außenwelt. Der Luftwiderstand<br />
der Bohrungen sorgt ftir eine<br />
optimale mechanische Bedampfung des<br />
Chassis, ohne die Behinderung durch das<br />
Luftpolster eines geschlossenen Gehäuses,<br />
und ohne die störenden Mitteltonanteile<br />
rückseitiger Öffnungen.<br />
La utsprecher Test | 49<br />
Mitspieler<br />
Plattenspieler:<br />
. TW Accustic Raven AC<br />
mit DaVinci Grandezza<br />
und Clearaudio Goldfi nger<br />
Phonovorverstärker:<br />
.MalValve Preamp three Phono<br />
Vorverstärker:<br />
.Pass<br />
X2.5<br />
Endverstärker:<br />
.Pars X35o.5<br />
Cegenspieler<br />
'B&W Nautilus 8o3D<br />
.Klipsch Cornwall lll<br />
Der Air Motion Trcnstoffier:vOh<br />
lvlundorl besltzt elne spezlell<br />
gefomte F rcntpl atte, die<br />
das Abstrahtverhatten des<br />
Wandlers optimiert<br />
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50 | Test La utsprecher<br />
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Rondo a tre<br />
Pat Coll<br />
Just Ahead<br />
Bfö*<br />
Post<br />
Dafl Punk<br />
Discovery<br />
Und auch die beiden Tieftöner erfahren<br />
eine gezielte Behandlung durch ihr Gehäuse.<br />
Das Problem lieg laut Enwickler<br />
darin, dass die beiden Chassis unterschiedliche<br />
Entfernungen zum Reflexrohr am<br />
unteren Ende des Gehäuses besitzen, auf<br />
das sie aber gemeinsam arbeiten sollen.<br />
Ein Mini-Kanal (Synchro-Line) im Gehäuse<br />
sorgt ftir eine gezielte Eliminierung<br />
der Abweichungen, indem die Bassenergie<br />
erst gebündelt und dann weitergegeben<br />
wird. Die Reflexöffnung ist im Übrigen<br />
kein schnödes einteiliges, sondern ein<br />
dreiteiliges Rohr, bestehend aus dem angeschraubten,<br />
abgerundeten Außenstück,<br />
einem geraden Rohr und einem kleineren,<br />
ebenfalls abgerundeten Innenstück. Durch<br />
denAustausch des Mittelstücks gegen eines<br />
der zwei mitgelieferten Exemplare kann<br />
man die Bassabstimmung der Miracle um<br />
ein paar Hertz variieren und sie perfekt an<br />
den Raum anpassen, der gerade im Tiefton<br />
viel Einfluss auf den Klang nimmt. Das<br />
Ganze sitzt in einem Gehäuse aus Buchensperrholz,<br />
welches mit 55 kg nicht gerade<br />
zur leichten Sorte gehört. Je nach Bedarf<br />
wurden an verschiedenen Positionen weniger<br />
oder viele Lagen aufeinandergebracht.<br />
Am Gewicht hat allerdings auch die soli<br />
de Granitplatte ihren Anteil, auf der der<br />
Lautsprecher thront. Sie wird mit einer<br />
Schraube gegen drei im Gehäuse sitzende<br />
Spikes gedrtickt, was laut Entwickler ftir<br />
eine definierte Ableitung unerwünschter<br />
mechanischer Schwingungsenergie in den<br />
Fuß sorgt.<br />
Klarytrieh' fälh,bci, der,Miracle'als Erstes<br />
das,gltorme Differenriwuhgsverrnögen dee<br />
AMT eü6 r*elches mr eher hellen Timbre<br />
der Box sicherlich seinen Anteil. trat. Vollko*nmen,<br />
rnühclss so$iert er jede noch<br />
oo winzige Kleinigkeit in das passende<br />
Dle ohere Öflnung entlüftet die zweite Mitteltonkommer,das<br />
untere Roht eübtst zusiltzllchen Bats<br />
der beiden Excel-Treiber in den Raum. Dazwischen<br />
Ilegt das Anschlusstetminal aus Volloluminium, ver<br />
sehen mlt zwei großen Vollkupferklemmen<br />
Das Reflexrchr der Eassabteilung wird in drei unterschied-<br />
Iichen Längen geliefert, Damit kdnn die Abstimmfrequenz<br />
zwischen 98 Hz ft6 cm) und 4z Hz (tz cm) variiert werden<br />
I '<br />
Lithophon bietet kleine Füßchen an, auf die<br />
man Loutsprecher wie die Mirccle bei prob<br />
lemati sch em U nteryrund stell en kann<br />
Fach, vor altem Scälagzeugbecken wisem<br />
zu beeindrucken,, Manr hdt idno Gef&ld''ab<br />
könne man jede eiuaelnc Sctm'ingun6 dee<br />
goldenen,Ir{etalls w,ahnebnr&, 'IirMm<br />
zer(ällt es nicht in einzeh* Bmtgd*cjl€,<br />
sondern wird als&onrogemes,,@*&4*<br />
stellt. Diese Gxtrerne Präzisiono gpanrf nsit<br />
der beinahe schon frechsl Ar\ sich dabei<br />
nicht einnral groß anzuetrengerl ti&tsidl<br />
bis in die untersten Asgister; Dis Magnesiumkonusse<br />
sind in der Disziplin Präzision<br />
ganz vorne mit dabei, ohne sich nur in<br />
Details zu ergehen und den Rest unter den<br />
tppich zu kehren. Sie lassen sich bei keiner<br />
einzigen Note zu einem Fehler verführen,<br />
sondern steuern zielsicher durch komplizierteste<br />
Musikstücke, als hätten sie sich<br />
jede einzelne Bewegung genau überlegt.<br />
Ob Tiefstbass, Grund- oder Mittelton, alles<br />
stimmt bis auf die letzte Kommastelle.
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ilarstschnlk-Kommental<br />
Dle Box besitzt in unserer Freifeldmessung<br />
einen vom Grundton an recht stdrken Anstieg<br />
zu den Höhen, der unter wohnruumbedingungen<br />
weitgehend verschwindet (siehe unteres<br />
Diagramm). Auch der recht frühe Abfall<br />
des Bosspegels zu tiefen FrC\uenzen entsteht<br />
durch dle Freifeldmessung. Der Klirr ist über<br />
den gesamten Frequenzbereich extrem<br />
niedrig, und auch dos Ausschwingdiagromm<br />
ist vollkommen frei von Resonanzen oder sonstigen<br />
Störungen, Die lmpedanz besitzt ein<br />
Minimum von 3p Ohm bei r4o Hz,wos noch<br />
. als unktitisch einzustufen ist, Und mit einer<br />
Schwankungsbreite von lediglich 6,5 Ohm<br />
stellt die Miracle auch einen Röhrenverstärker<br />
nicht vor unlösbare Probleme,<br />
Ich habe in meiner Hörsitzung mit<br />
diesem Lautsprecher bewusst viel<br />
Björk aufgelegt, die nicht unbedingt jedermanns<br />
Sache ist. Doch der Wahnsinn<br />
hat Methode. Die zrrbrechlich wirkende,<br />
musikalisch dafur aber um so mächtiger<br />
auftretende Isländerin setzt in ihren Stücken<br />
auf sehr vielschichtige, fein verästelte<br />
Klangstrukturen, außergewöhnliche Instrumente<br />
und nicht zuletzt ihre mal raue,<br />
mal lieblich sanfte Stimme. Garniert wird<br />
das Ganze gerne mit tiefen Bassteppichen<br />
und -tönen aus dem Synthesizer. Dieses<br />
Gesamtkunstwerk verkommt auf einem<br />
Lautsprecher, der in den Disziplinen Dynamik<br />
und Auflösungsvermögen nicht<br />
vollkommen sattelfest ist, zu einem unangenehmen<br />
Klangbrei, den man nur wenige<br />
Minuten erträgt, wenn überhaupt.<br />
Die Miracle ist für diese Musik geradezu<br />
geschaffen. Mit ihrem ausgeprägten Geftihl<br />
fitr Feinheiten und der sehr breitbandigen<br />
Wiedergabe präsentierte sie die<br />
Stücke der Alben ,Post' und ,Homogenic'<br />
mit einer Zielsicherheit, wie sie nur ganz<br />
wenige Lautsprecher vermitteln. Das verftihrte<br />
dazu, den Lautstärkesteller immer<br />
weiter aufzudrehen. Auch das brachte<br />
die Miracle aber nicht ins Schwitzen, sie<br />
behielt ihre Tugenden vollkommen unbeeindruckt<br />
bei. Ob laut oder leise, deftig<br />
oder sanft, kompliziert oder einfach -<br />
diese Box beherrscht alles.<br />
tl<br />
1.<br />
1<br />
"t<br />
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Christian 6ather<br />
D a s C hoii is m at e rlal be s it zt<br />
ei ne h e rvorrage n d e Quo I i tät.<br />
Der MundorfAMT ist über<br />
jeden zweifel erhaben, und<br />
a uch d i e Excel -T ief mitteltöner<br />
gehören zur EIite<br />
Trotz des Rohrs ist das Tieftongehäuse<br />
k ei ne e i nf d ch e Ref I ex konstru kti o n.<br />
lm Gehöuse sltzt eine Art Zwischenteiler<br />
(Synchro Line), die das Bassve<br />
rha lten zusötzl i ch beei nfl usst<br />
Unterm Strlch...<br />
, ... Die Miracle 2006 ist kein<br />
Sonderangebot, kann dafiir aber<br />
ein extrem pr?Dises Klangbild<br />
ftir sich verbuchen, ohpp<br />
unnatürlich zu wirken. Def Air<br />
Motion Transformer ist sowohl<br />
konzeptionell als auch klangliö<br />
ein Highlight, das diese Box<br />
durchaus herauszustellen vermas.<br />
Freunde absoluter Präzision,äie<br />
sich mit den analytischen<br />
Monitoren dieser Welt nicht<br />
anfreunden können, finden in<br />
der Miracle dementsprechend<br />
ihren Tiaumlautsprecher.