Dokument hier zum Download - Akademie für Konflikttransformation
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Extra: Kalender im Innenteil<br />
Ausgabe 4/2008<br />
Frieden braucht Fachleute<br />
Zeitung des Forum Ziviler Friedensdienst e. V.<br />
editorial<br />
r e i s e du r c h af g h a n i s t a n<br />
© forumZFD<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
Ich trinke Kaffee, mal mit dem, mal<br />
mit jenem. So antworten Friedensfachkräfte<br />
manchmal auf die Frage,<br />
was sie denn eigentlich so tun. Das<br />
soll alles sein, fragen sich nicht wenige.<br />
Wozu dann die ganze Ausbildung?<br />
Ja, wozu? Zunächst einmal: Wichtig<br />
ist, dass Friedensarbeit gelingt, nicht<br />
dass sie spektakulär ist. Und: Menschen,<br />
im Extremfall sogar Feinde,<br />
zur richtigen Zeit, am richtigen Ort<br />
zusammenzubringen, ist alles ande -<br />
re als leicht. Wenn es dazu kommt,<br />
kann sich das Geschehen zunächst<br />
durchaus auf die begleitenden Rituale<br />
reduzieren: »Wir haben miteinander<br />
Kaffee getrunken.« Die Begegnung<br />
eines serbischen Veteranen mit<br />
seinen ehemaligen kroatischen Gegnern,<br />
die wir in unserem neuen Film<br />
zeigen, macht dies unmittelbar anschaulich.<br />
Miteinander Kaffee trinken kann der<br />
erste Schritt zur Zusammenarbeit<br />
sein, dem Ziel aller Friedensarbeit.<br />
Zusammenarbeit ist auch für uns in<br />
Deutschland wichtig: So haben wir<br />
mit den anderen Organisationen im<br />
Konsortium ZFD beschlossen, ab<br />
2009 eine gemeinsame Werbekampagne<br />
für den Zivilen Friedensdienst<br />
durchzuführen. Im westlichen Balkan<br />
unterstützen wir eine Koalition, die<br />
eine Wahrheitskommission im ehemaligen<br />
Jugoslawien fordert. Und:<br />
Diese Ausgabe unserer Zeitschrift geben<br />
wir gemeinsam mit CARE heraus.<br />
Auf dem Feld der Zusammenarbeit<br />
sind noch große Fortschritte zu machen.<br />
Fangen wir ruhig mit dem Kaffeetrinken<br />
an.<br />
Heinz Wagner<br />
Geschäftsführer des forumZFD<br />
b o n n e r fr i e d e n s l a u f<br />
Friedens-Bewegung 1983 und 2008<br />
Viele Menschen fanden 1983 bei den<br />
großen Demonstra tionen Verbindung<br />
zur Friedensbewegung. Der Bonner<br />
© forumZFD Hofgarten ist einer der Orte, die mit © dpa/picture-alliance<br />
den damaligen Protesten gegen die Raketenstationierungen in der BRD<br />
verbunden werden. 25 Jahre später ging vom Bonner Hofgarten erneut<br />
ein sichtbares Zeichen für Frieden und gegen Krieg aus: Mehr als 3.000<br />
Kinder und Jugendliche beteiligten sich am 19. Sept. am 5. Bonner Friedenslauf<br />
– so viele wie noch nie. Einige, die schon vor 25 Jahren an den<br />
Demonstrationen teilnahmen, waren auch jetzt als Helferinnen und<br />
Helfer beim Friedenslauf dabei.<br />
www.bonn.run4peace.eu<br />
© CARE / Tarek Noor<br />
Roger Willemsen beim »Minenunterricht« mit Schautafeln in einer Mädchenschule außerhalb von Kabul. Auf die Frage »Wer hat im wirklichen Leben<br />
schon einmal eine Mine gesehen?« fliegen die Hälfte aller Hände hoch.<br />
Afghanistan: Verspieltes Vertrauen<br />
Ein Reisebericht von Roger Willemsen<br />
Als ich im Februar 2005 <strong>zum</strong> ersten Mal nach Kabul kam, reiste ich für<br />
die internationale Hilfsorganisation CARE: Flüchtlingslager, Auffangsiedlungen,<br />
Witwenprojekte, Schulen rund um Kabul waren es vor<br />
allem, die wir besuchten. Im folgenden Herbst fuhr ich wieder, jetzt<br />
auf eigene Faust, als »der erste Tourist« gewissermaßen, wie ein kleiner<br />
Junge meinte, unterwegs von Kabul bis an die Grenze zu Tadschikistan<br />
und dabei unablässig konfrontiert mit den Auswirkungen der<br />
US-Politik.<br />
In Kabul fuhr ein amerikanischer<br />
Panzer – dekoriert mit zwei aufgepflanzten<br />
Star Spangled Banners –<br />
auf eine Straßenkreuzung, ließ das<br />
Geschützrohr über die Menge kreisen,<br />
bis Menschen flohen oder sich<br />
zu Boden warfen, ehe der Tank in<br />
eine Seitenstraße abbog. Sinnlose,<br />
absichtsvolle Provokation.<br />
Ich sprach mit Dorfältesten, die berichteten,<br />
wie US-Soldaten die Außentore<br />
ihrer Siedlungen sprengten<br />
und Stoßtrupps, bis an die Zähne<br />
bewaffnet, das Dorf durchkämmten,<br />
Frauen und Kinder nicht minder verängstigend<br />
als ehemals die sowjetischen<br />
Soldaten. Doch der Älteste<br />
lobte auch: »Wenn ihr Deutschen<br />
kommt, seid ihr unbewaffnet, ihr<br />
erklärt am Eingang, was ihr wollt. Ihr<br />
seid vertraut mit unserer Kultur, wir<br />
trauen euch.« Seit die Deutschen<br />
die Aktionen der Amerikaner aber<br />
militärisch unterstützen, ist der Kredit<br />
verbraucht.<br />
Überrascht erfuhr ich im Gespräch<br />
mit afghanischen Soldaten, wie präzise<br />
ihre Kenntnisse der Richtlinien<br />
der deutschen Mission waren, wie<br />
wertschätzend sie sich äußerten. So<br />
eigenartig es ist und so neuartig mir<br />
die Erfahrung war: Die Deutschen,<br />
die nicht mit den US-Truppen in den<br />
Irakkrieg zogen und sich jetzt auch<br />
in Afghanistan so viel behutsamer<br />
verhielten, erschienen manchem<br />
Afghanen als Anti-Amerikaner, als<br />
positive Variante westlicher Mentalität,<br />
vorbildlich in der Annäherung<br />
an eine fremde Kultur. In einer Nacht<br />
traf ich einen führenden Taliban, einen<br />
jungen, weltläufigen, humorvollen<br />
Mann, der argwöhnte, die<br />
ISAF-Mission sei vielleicht nichts anderes<br />
als ein Brückenkopf für militärische<br />
Operationen. Ich widersprach.<br />
Als dann die deutschen Tornados zur<br />
»Aufklärungsmission« ins Land geschickt<br />
wurden, ließen die Taliban<br />
verlauten, nun seien die Deutschen<br />
Besatzer wie alle anderen, und vielfach<br />
hallte diese Meinung im Lande<br />
© Fabian Hammerl<br />
Roger Willemsen ist Autor, Moderator,<br />
Bühnen-Erzähler.<br />
Sein Bestseller »Afghanische Reise«<br />
wurde in mehrere Sprachen übersetzt.<br />
Willemsen ist Mitglied im Kuratorium<br />
von CARE Deutschland-Luxemburg,<br />
Schirmherr des Afghanischen Frauenvereins<br />
und engagiert sich als Botschafter<br />
für amnesty international und terre des<br />
femmes.<br />
wider. Weitet Deutschland sein militärisches<br />
Mandat in Afghanistan<br />
weiter aus, wird es seine Sonderrolle<br />
im Land, die kostbare, seltene<br />
Sympathie der Bevölkerung und<br />
damit Afghanistan verlieren. Damit<br />
rückt auch die Aussicht auf Frieden<br />
in noch weitere Ferne.<br />
In einer Umfrage wollte man von<br />
den Menschen Afghanistans wissen:<br />
Was sehen Sie als Voraussetzung für<br />
den Frieden? 35 Prozent aller Afghanen<br />
antworteten: Entwaffnung.<br />
Zwei Prozent sagten: Hilfe von außen.<br />
Behutsam, nicht mit imperialer<br />
Geste, vorsichtig und mit genauer<br />
Beobachtung der afghanischen Kultur<br />
hat man Afghanistan zu helfen –<br />
nicht militärisch, nicht bevormundend<br />
und schon gar nicht entlang<br />
westlicher Ideen von Staat und<br />
Markt. Denn was wird aus dem Stolz<br />
eines Volkes, das in eine Kultur geschoben<br />
wird, die nicht die seine ist,<br />
in westliche Demokratie, Welthandel,<br />
in die Internationale der Unterhaltung<br />
und des Fast Food? Schon<br />
jetzt sind viele Afghanen, die sich<br />
vehement für freie Wahlen einsetzten,<br />
tief enttäuscht von der Demokratie,<br />
die wir ihnen überstülpen<br />
und die in einem Parlament auch<br />
Kräfte versammelt, unter denen<br />
Afghanistan immer gelitten hat:<br />
Drogenbarone, Söldnerführer, Marionetten<br />
der USA. Die Geschichte<br />
Afghanistans, das nie kolonialisiert<br />
wurde, ist die eines endlosen Ringens<br />
um Unabhängigkeit. Der alte<br />
Kampf um Selbstbewahrung bleibt.<br />
Wenn man Afghanistan überhaupt<br />
überzeugen kann, überzeugt man<br />
es mit humanitären Arbeiten, mit<br />
struktureller Unterstützung und der<br />
Stärkung des zivilen Lebens. CARE<br />
und der Afghanische Frauenverein<br />
<strong>zum</strong> Beispiel arbeiten effektiv auf<br />
nichtstaatlicher Basis – die internationale<br />
Staatengemeinschaft, auch<br />
die Bundesregierung, könnten von<br />
dieser Arbeit profitieren und sollten<br />
sie unterstützen.<br />
Das Verlangen nach Frieden ist in<br />
Afghanistan allgegenwärtig, die<br />
Hoffnung auf eine friedliche Zukunft<br />
ist groß, doch das Vertrauen wird<br />
schwächer. Oft habe ich erfahren,<br />
wie diese Hoffnung schon welkt,<br />
bevor sie erblüht ist. »Macht Ihnen<br />
der Lärm der amerikanischen Flieger<br />
Angst?«, frage ich einen Alten,<br />
als ein Flugzeug tief vorbeistreift.<br />
»Der Krieg ist vorbei. Sollen sie fliegen«,<br />
ist seine Antwort. »Der Krieg<br />
ist vorbei, und wie lange werden Sie<br />
jetzt auf den Frieden warten?« Da<br />
sieht mir der Alte direkt in die Augen:<br />
»Ihr habt die Uhr, wir haben die<br />
Zeit.«<br />
n
Erfahrungen einer Reise nach Israel und Palästina<br />
Menschen, die Frieden leben –<br />
trotz alledem!<br />
Es gibt Momente, die uns als Zuhörerinnen<br />
und Zuhörer einer<br />
Geschichte so tief berühren, dass<br />
uns Tränen in die Augen schießen.<br />
Anfang Oktober hatte ich<br />
die Gelegenheit, im Rahmen einer<br />
Studienreise des forumZFD<br />
erstmalig in den Nahen Osten zu<br />
reisen. In Gesprächen mit Menschen<br />
aus Israel und Palästina,<br />
die von ihren persönlichen Erfahrungen<br />
mit dem Nahostkonflikt<br />
berichteten, habe ich gleich<br />
mehrere dieser Momente erlebt.<br />
Am Beginn stand der Besuch der<br />
Holo caust-Gedenkstätte Yad Vashem<br />
in Jerusalem. Das Gefühl der Scham,<br />
das ich schon früher bei Besuchen<br />
im ehemaligen KZ Dachau oder<br />
beim Film »Schindlers Liste« empfunden<br />
hatte, wird gesteigert durch<br />
das Bewusstsein, im Land der Opfer<br />
des Nationalsozialismus zu sein. Ich<br />
bin umgeben von Menschen, die<br />
direkt oder indirekt vom Holocaust<br />
betroffen waren und mich heute<br />
dennoch als Deutschen an diesem<br />
Ort akzeptieren.<br />
Und dann – wir kommen auf dem<br />
Vorplatz der Gedenkstätte wieder<br />
zusammen – erzählt uns unser junger<br />
israelischer Begleiter Guy Elhanan,<br />
dass Yad Vashem an einer Stelle<br />
errichtet wurde, wo 1948 jüdische<br />
Immigrantinnen und Immigran ten<br />
palästinensische Dörfer zerstörten<br />
und ihre Bewohnerinnen und Bewohner<br />
vertrieben. Opfer? Täter?<br />
Schuld? Verantwortung? Scham …<br />
Die Fragen und Gefühle, die an<br />
diesem Ort aufkommen, könnten<br />
widersprüchlicher nicht sein.<br />
Guy Elhanan ist Mitarbeiter im Koordinationsbüro<br />
des forumZFD an<br />
der Hebron-Road in Jerusalem. Hier<br />
sitzen wir am nächsten Tag mit seinem<br />
palästinensischen Freund Bassam<br />
Aramin zusammen. Beide gehören<br />
der Gruppe »Combatants for<br />
Peace« (Kämpfer für den Frieden)<br />
an, einer Friedensorganisation, in<br />
der ehemalige Soldaten und Kämpfer<br />
beider Seiten gemeinsam und<br />
gewaltfrei für Frieden, Versöhnung<br />
und eine Zweistaatenlösung in der<br />
Region eintreten. Wie groß das Maß<br />
der persönlichen Überwindung von<br />
Hass und Vorurteilen sein muss, das<br />
sich hinter ihrem Engagement verbirgt,<br />
lässt sich nur erahnen. Guy<br />
Elhanan hat drei Jahre Militärdienst<br />
auf den Golanhöhen hinter sich. Bei<br />
einem Bombenattentat in Tel Aviv<br />
ist seine jüngere Schwester ums Leben<br />
gekommen. Bassam Aramin<br />
© forumZFD / T. Oelerich<br />
© forumZFD / T. Oelerich<br />
© forumZFD / T. Oelerich<br />
verbrachte sieben Jahre in israelischen<br />
Gefängnissen. Als seine<br />
jüngste Tochter im vergangenen<br />
Jahr von israelischen Soldaten erschossen<br />
wurde, war er schon Mitglied<br />
bei »Combatants for Peace«.<br />
Dennoch hat ihn selbst diese neue<br />
Leiderfahrung nicht von seiner<br />
Überzeugung abbringen können,<br />
den Weg des Friedens und der Versöhnung<br />
zu gehen.<br />
Drei Tage später in Bethlehem. Wir<br />
treffen den stellvertretenden Bürgermeister<br />
George Sa’adeh, er ist<br />
Palästinenser und Christ. George<br />
Sa’adeh erzählt uns, dass er seit zwei<br />
Jahren der Vereinigung »Parents<br />
Circle« (Elternzirkel) angehört, einer<br />
Gruppe israelischer und palästinensischer<br />
Eltern, die durch die Gewalt<br />
der letzten Jahre Angehörige, insbesondere<br />
Kinder und Geschwister,<br />
verloren haben. »Ich war mit meiner<br />
Familie im Auto unterwegs«, berichtet<br />
er, »als wir in eine israelische Kontrolle<br />
gerieten und unser Wagen mit<br />
einem anderen verwechselt wurde.<br />
Über 70 Schüsse wurden auf uns<br />
abgegeben, meine Frau wurde verletzt,<br />
meine jüngste Tochter starb im<br />
Kugelhagel. Ich selbst wurde sieben<br />
Mal getroffen.« Wie schafft es jemand,<br />
einer solchen Erfahrung <strong>zum</strong><br />
Trotz auf die Menschen der anderen<br />
Seite zuzugehen und sich für Versöhnung<br />
und Frieden einzusetzen?<br />
Generell überrascht es mich zu hören,<br />
dass die meisten Israelis noch<br />
nie direkt mit Palästinenserinnen<br />
und Palästinensern Kontakt hatten<br />
Guy Elhanan, (links)<br />
Mitarbeiter im Koordinationsbüro<br />
des forumZFD in Jerusalem, begleitete<br />
die Gruppe bei der Studienreise<br />
George Sa'adeh,<br />
stellvertretender Bürger meister von<br />
Bethlehem, verlor seine Tochter durch ein<br />
»Versehen« bei einer israelischen Kontrolle<br />
* Die Drusen sind eine im Jahr 1010 entstandene Religionsgemeinschaft. Drusen leben<br />
heute hauptsächlich im Nahen Osten, insbesondere im Libanon (ca. 280.000), in Syrien (ca.<br />
360.000) sowie in Israel (107.000), dort vor allem im Gebiet des Karmel bei Haifa sowie im<br />
von Israel annektierten Golan.<br />
und sich deren Lebenssituation in<br />
der Westbank oder im Gazastreifen<br />
nicht vorstellen können. Die von<br />
Israel erlassenen Verwaltungsregelungen<br />
machen heute eine direkte<br />
Begegnung fast unmöglich. Auch<br />
der »Parents Circle« muss für seine<br />
Treffen Sondergenehmigungen auf<br />
höchster ministerieller Ebene einholen.<br />
Am Abend vor dem Rückflug besuchen<br />
wir Camal Zidan, den ehemaligen<br />
Polizeichef der Stadt Beit Jann<br />
und ebenfalls Mitglied von »Parents<br />
Circle«. Die Zidans gehören wie die<br />
meisten Menschen in Beit Jann der<br />
Religionsgemeinschaft der Drusen(*)<br />
an. In ihrem Wohnzimmer<br />
haben sie vor allem Familienfotos<br />
aufgehängt. Zwei Söhne haben sie<br />
bereits im Krieg verloren, erzählt<br />
Herr Zidan. Seine Augen werden<br />
kurz feucht, der Schmerz über den<br />
Verlust ist auch Jahre später noch<br />
nicht überwunden. Bei »Parents Circle«<br />
sind Camal und Salma Zidan<br />
palästinensischen Eltern begegnet,<br />
die ebenfalls Kinder im Krieg verloren<br />
haben. Es sei ihnen nicht leicht<br />
gefallen, dort hinzugehen. »Aber wir<br />
sind in unserer Organisation nicht<br />
tätig, um persönliche Trauer zu verarbeiten,<br />
sondern in erster Linie, um<br />
zu erreichen, dass nicht noch mehr<br />
Eltern dieselben traumatischen Erfahrungen<br />
machen müssen. Darum<br />
müssen wir aufeinander zugehen<br />
und Verständnis füreinander schaffen«,<br />
betont Herr Zidan. Seine Frau<br />
nickt zustimmend. Beide haben<br />
Hass und Zorn überwunden und auf<br />
diesem Weg neue Freunde gewonnen.<br />
Es gibt Menschen und Gruppen in<br />
Israel und Palästina, die den Frieden<br />
– gegen alle Widerstände – bereits<br />
leben. Die den Frieden leben<br />
trotz aller persönlichen Leiderfahrungen<br />
und angesichts der über 600<br />
Checkpoints entlang der Grenze<br />
zwischen Israel und Palästina sowie<br />
in den palästinensischen Gebieten<br />
selber. Trotz der Betonmauern und<br />
der Stacheldrahtzäune, die das Land<br />
durchziehen. Von diesen Menschen<br />
erfahren wir in Deutschland leider<br />
viel zu wenig. Brücken zwischen<br />
Camal und Salma Zidan treffen sich im »Parents circle« mit Eltern aller Glaubensrichtungen,<br />
die wie sie Kinder im Krieg verloren haben<br />
ihnen zu bauen und sie zusammenzubringen,<br />
ist – so haben wir auf der<br />
Reise ebenfalls erfahren können –<br />
auch eine der zentralen Aufgaben<br />
der vor Ort eingesetzten Friedensfachkräfte.<br />
Ihre Arbeit kann gar nicht<br />
hoch genug eingeschätzt werden,<br />
weil sie Menschen beider Seiten<br />
zusammenführt, die endlich eines<br />
wollen: Frieden.<br />
n<br />
Thomas Oelerich<br />
Thomas Oelerich<br />
ist Referent für Fundraising<br />
und Kommunikation<br />
in der Geschäftsstelle<br />
des forumZFD<br />
<br />
© forumZFD / T. Oelerich<br />
www.combatantsforpeace.org<br />
<br />
www.theparentscircle.org<br />
n a c h r i c h t e n<br />
+ + + Info + + + Info + + + Info + + + Info + + + Info + + +<br />
■■<br />
forumZFD<br />
startet<br />
Projektarbeit<br />
auf Mindanao/<br />
Philippinen<br />
© forumZDF<br />
Im November rei sen mit Inge Sauren und<br />
Jörg Winter die beiden ersten Friedensfachkräfte<br />
des forumZFD nach Mindanao/<br />
Philippinen. Damit wird das forumZFD<br />
neben dem Nahen Osten und dem westlichen<br />
Balkan nun in einer dritten Projektregion<br />
aktiv.<br />
Noch vor wenigen Wochen sahen die Bewohner<br />
von Mindanao, der südlichsten<br />
Insel der Philippinen, mit viel Zuversicht<br />
in die Zukunft. Es schien so, als wären die<br />
vielen Anläufe für einen friedlichen Ausgleich<br />
zwischen den verschiedenen Rebellengruppen<br />
der Insel und der philippinischen<br />
Regierung endlich von Erfolg<br />
gekrönt. Ein Friedensvertrag zwischen den<br />
Konfliktparteien stand kurz vor der Unterzeichnung.<br />
Seit dem Scheitern des Vertrags<br />
ist der Konflikt eskaliert, Tausende<br />
Menschen fliehen vor der Gewalt.<br />
Inge Sauren und Jörg Winter wollen im<br />
Auftrag des forumZFD Friedensorganisationen<br />
auf Mindanao unterstützen und<br />
dazu beitragen, dass die Philippinen einer<br />
friedlichen Lösung des Konflikts näherkommen.<br />
■■ Europäische Friedensorganisationen<br />
starten Kampagne<br />
Das forumZFD und die Nonviolent Peaceforce<br />
haben anlässlich der anstehenden<br />
Wahlen <strong>zum</strong> Europäischen Parlament eine<br />
europaweite Kampagne gestartet. Vertreterinnen<br />
und Vertreter von Friedensorganisationen<br />
aus neun EU-Ländern haben<br />
bei einem Treffen in Brüssel Ende September<br />
gemeinsame Forderungen an die<br />
Kandidierenden und das nächste EU-<br />
Parlament verabschiedet. Im Zentrum<br />
steht die Forderung nach einer europäischen<br />
Agentur für Friedensförderung und<br />
die Etablierung eines Europäischen Zivilen<br />
Friedensdienstes. Weitere Organisationen<br />
können die Kampagne als Unterzeichner<br />
unterstützen.<br />
Informationen bei Jochen Schmidt,<br />
Telefon: 03 22 28 04 076<br />
oder E-Mail: schmidt@forumzfd.de<br />
www.forumzfd.de<br />
■■ Offene Worte von Friedensstiftern<br />
an Friedensstifter<br />
Mit einem offenen Brief haben sich Simon<br />
Fisher und Lada Zimina weltweit an Menschen<br />
in Friedensorganisationen gewandt<br />
und zu einer grundsätzlichen Reflexion des<br />
eigenen Handelns aufgefordert. Anhand<br />
einer Analyse der Entwicklung von (professioneller)<br />
Friedensfacharbeit stellen sie<br />
fest, dass die Zivile Konfliktbearbeitung<br />
von Regierungen und internationalen Organisationen<br />
zunehmend wahr- und ernst<br />
genommen werde, was sich in erweiterten<br />
Mandaten und höheren Finanzierungen<br />
niederschlage. Die Autoren vermissen aber<br />
die Vision der Pionierzeit der Friedensbewegung,<br />
die nach ihrer Ansicht von einem<br />
»technischen Ansatz« verdrängt worden<br />
sei: »So, wie Friedensarbeit im Moment<br />
betrieben wird, verfestigt sie in vielen Fällen<br />
das bestehende Weltgefüge«, lautet<br />
eine zentrale These des Briefes, der in vielen<br />
Organisationen, auch im forumZFD,<br />
Diskussionen auslöste. Der Bund für Soziale<br />
Verteidigung hat eine Übersetzung<br />
bereitgestellt:<br />
www.soziale-verteidigung.de<br />
■■ 40 Jahre Aktionsgemeinschaft<br />
Dienst für den Frieden<br />
Am 28. September feierte die Aktionsgemeinschaft<br />
Dienst für den Frieden e. V.<br />
(AGDF) ihr 40-jähriges Bestehen mit einem<br />
Festgottesdienst in der Heilig-Kreuz-Kirche<br />
in Berlin. Der Vorstand des forumZFD überbrachte<br />
Glückwünsche an die AGDF, die zu<br />
den Mitbegründern des Zivilen Friedensdienstes<br />
gehört und bis <strong>zum</strong> Jahr 2002<br />
gemeinsam mit dem forumZFD die Qualifizierungskurse<br />
zur Friedensfachkraft entwickelte.<br />
Als Dachverband von heute 35<br />
Organisationen setzt sich die AGDF für den<br />
Ausbau von Friedens- und Freiwilligendiensten<br />
und die Förderung gewaltfreier<br />
Konfliktbearbeitung ein.<br />
www.friedensdienst.de<br />
■■ Neuerscheinung:<br />
»Gewaltfrei streiten«<br />
Die AGDF hat <strong>zum</strong> Internationalen<br />
Tag der Gewaltfreiheit<br />
das Buch »Gewaltfrei<br />
streiten für einen gerechten<br />
Frieden« herausgebracht. Im Fokus der<br />
Beiträge stehen Alternativen zu militärischen<br />
Einsätzen und konkrete Handlungsempfehlungen<br />
zur Stärkung des zivilen<br />
Umgangs mit Konflikten für Akteure<br />
aus Politik und Kirche.<br />
www.friedensdienst.de<br />
■■ Wahrheitskommission für den<br />
Balkan gefordert<br />
Am 29. Oktober gründeten über 400 Vertreter<br />
zivilgesellschaftlicher Organisationen<br />
und Verbände des westlichen Balkan<br />
in Pristina/Kosovo eine Koalition, die von<br />
den Regierungen die Einrichtung einer<br />
Kommission zur Ermittlung, Feststellung<br />
und Veröffentlichung der Tatsachen bezüglich<br />
der Kriegsverbrechen im ehemaligen<br />
Jugoslawien (RECOM) fordert. Das<br />
forumZFD hat die Koalition mit gegründet<br />
und wird diese viel versprechende Initiative<br />
nach Kräften unterstützen.<br />
www.korekom.org<br />
■■ Tag des Entwicklungshelfers<br />
im Zeichen des ZFD<br />
»Mut <strong>zum</strong> Frieden. Der Zivile Friedendienst –<br />
Internationale Erfahrungen im Gespräch«.<br />
Unter diesem Motto steht in diesem Jahr<br />
der »Tag des Entwicklungshelfers«, der am<br />
5. Dezember von 12.00 bis 17.30 Uhr in der<br />
Bonner Beethovenhalle stattfindet. Zur<br />
Veranstaltung sind Vertreterinnen und<br />
Vertreter von Partnerorganisationen aus<br />
Afrika, dem Nahen Osten und dem Balkan<br />
eingeladen, um über ihre Erfahrungen mit<br />
der Unterstützung durch zivile Friedensfachkräfte<br />
zu sprechen. Der »Tag des Entwicklungshelfers«<br />
bietet für Interessierte<br />
ein Forum, um mit Partnern und Mitarbeitenden<br />
der Entsendeorganisationen direkt<br />
ins Gespräch zu kommen.<br />
www.forumzfd.de<br />
■■ Kursangebot für 2009 veröffentlicht<br />
Die <strong>Akademie</strong> für <strong>Konflikttransformation</strong><br />
hat ihr Trainings- und Kursangebot für 2009<br />
veröffentlicht. Interessierte können sich<br />
über alle Angebote auf der Website informieren<br />
oder die Broschüre <strong>zum</strong> Angebot<br />
der »Trainings for Peace 2009« in der Geschäftsstelle<br />
bestellen,<br />
Telefon: 02 28 98 14 473 oder E-Mail:<br />
akademie@forumzfd.de<br />
www.forumzfd-akademie.de<br />
»Do No Harm« –<br />
Humanitäre Hilfe<br />
in Krisen und Konflikten<br />
»Wir laufen vier Stunden bis zur<br />
nächsten Wasserquelle«, erzählt Oumara<br />
aus Iridimi, Ost-Tschad. »Seit<br />
die Flüchtlinge aus Darfur <strong>hier</strong> sind,<br />
ist das Wasser knapp und schmutzig<br />
geworden. Oft gibt es Streit.«<br />
235.000 gewaltsam Vertriebene aus<br />
Darfur suchen seit 2004 im Ost-<br />
Tschad Sicherheit und bringen das<br />
ökologische und soziale Gleichgewicht<br />
der ohnehin unterversorgten<br />
Region ins Wanken. Wasser und Holz<br />
reichen nicht. Ressourcenkonflikte<br />
nehmen zu. Im Auftrag der Vereinten<br />
Nationen betreut CARE <strong>hier</strong> drei<br />
Flüchtlingslager. »Unser eigentlicher<br />
Auftrag ist die Unterstützung von<br />
60.000 Vertriebenen mit Nahrung,<br />
Hilfsgütern, Wasser, sozialen und<br />
Einkommen schaffenden Maßnahmen«,<br />
sagt Dr. Wolfgang Jamann,<br />
Geschäftsführer von CARE Deutschland-Luxemburg.<br />
»Würden wir uns<br />
aber auf diese Kernaufgaben beschränken,<br />
würden wir die Spannungen<br />
zwischen der lokalen Bevölkerung<br />
und den Flüchtlingen verstärken,<br />
wenn nicht gar zur Eskalation<br />
bringen, denn auch die Dörfer<br />
der Region sind unterversorgt.« Um<br />
weiteren Konflikten vorzubeugen,<br />
bezieht CARE die lokale Bevölkerung<br />
in seine Hilfsmaßnahmen mit<br />
ein. Gemeinsam entstanden Brunnen<br />
– nicht nur in den Lagern, auch<br />
in den umliegenden Dörfern. Viele<br />
Hilfsorganisationen folgen inzwischen<br />
in ihrer Projektarbeit diesem<br />
Prinzip, das immer mehr an Bedeutung<br />
gewinnt: dem »Do No Harm«-<br />
Ansatz.<br />
»Richte keinen Schaden an«<br />
Zu Beginn der 1990er Jahre und besonders<br />
nach dem Völkermord in<br />
Ruanda mussten sich Hilfsorganisationen<br />
mit gravierenden Nebenwirkungen<br />
ihrer Hilfe auseinandersetzen<br />
– ethnische Konflikte und Gewaltakte,<br />
Schwarzhandel und Korruption<br />
hatten sich durch die Hilfseinsätze<br />
verstärkt statt verringert.<br />
Unter Leitung von Mary B. Anderson<br />
vom Beratungsinstitut Collaborative<br />
for Development Action (CDA) aus<br />
Cambridge, Massachusetts, schlossen<br />
sich daraufhin über 50 internationale<br />
Organisationen zusammen.<br />
Auf Basis einer sechsjährigen Fallstudie<br />
in 14 Krisenregionen analysierten<br />
sie, welchen Mustern Nothilfe<br />
und Entwicklungsarbeit in Krisenregionen<br />
folgen, wie sie zu schädlichen<br />
Nebenwirkungen führen und<br />
wie diese vermieden werden können.<br />
Das Ergebnis: ein von Praktikerinnen<br />
und Praktikern entwickeltes<br />
und über drei Jahre in Kriegsgebieten<br />
erprobtes Projektplanungsinstrument,<br />
der »Do No Harm«-Ansatz.<br />
Dr. Wolfgang Jamann, damals im<br />
Südsudan tätig, testete den Ansatz,<br />
half bei seiner Weiterentwicklung<br />
und setzt sich seitdem für seine Verbreitung<br />
in Deutschland ein.<br />
Dr. Wolfgang Jamann (2. v.r.) bei der Planung der Hilfsgüterverteilung für die Wirbelsturmopfer<br />
in Myanmar. CARE versorgte <strong>hier</strong> 223.000 Menschen mit Nothilfe.<br />
© CARE / T. Schwarz<br />
© CARE / C. Ihle<br />
Für das ethnisch gemischte Dorf Berivojcé, Kosovo, ist die gemeinsam erbaute Brücke<br />
ein Symbol für Frieden geworden<br />
Lokale Friedenspotenziale<br />
stärken<br />
»In Krisen- und Kriegsgebieten steht<br />
die materielle Hilfe, die Versorgung<br />
der Bevölkerung mit überlebenswichtigen<br />
Hilfsgütern, zunächst im<br />
Vordergrund. Diese Güter repräsentieren<br />
vor Ort Wohlstand und Macht.<br />
Abhängig davon, wie, wo, mit wem<br />
und an welche Zielgruppen Organisationen<br />
Hilfsgüter verteilen, senden<br />
sie implizit Botschaften, die<br />
konfliktverstärkend wirken oder ein<br />
friedliches Miteinander fördern«,<br />
erläutert Jamann.<br />
»Der ›Do No Harm‹-Ansatz gibt Organisationen<br />
klare Richtlinien und<br />
Arbeitsschritte für eine konfliktsensible<br />
Projektplanung«, so Jamann.<br />
»Der Ansatz lässt sich schnell an Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter in<br />
den Einsatzgebieten vermitteln. Ein<br />
Handbuch, ständig aktualisierte<br />
Trainingsprogramme <strong>zum</strong> Verhalten<br />
vor Ort und regelmäßige Analyseworkshops<br />
helfen bei der Umsetzung.<br />
Unsere Erfahrungen zeigen,<br />
dass es mit diesem Instrument möglich<br />
ist, humanitäre Hilfe und Entwicklungsarbeit<br />
in Krisengebieten<br />
auf eine Weise zu leisten, die Spannungen<br />
reduziert und den Betroffenen<br />
Raum gibt, sich aus Gewaltprozessen<br />
zu lösen.«<br />
Der Ansatz basiert auf der Unterscheidung<br />
zwischen spaltenden und<br />
verbindenden Faktoren zwischen<br />
Konfliktparteien. Beide gilt es zu erkennen<br />
und zu berücksichtigen.<br />
»Wenn es einem Projekt gelingt, die<br />
verbindenden Faktoren auszubauen,<br />
spaltende Faktoren aber zu vermeiden,<br />
fördert es die lokalen Kapazitäten<br />
für Frieden. Der Aufbau gemeinsamer<br />
Institutionen und Infrastrukturen<br />
<strong>zum</strong> Beispiel, das Entdecken<br />
gemeinsamer Werte und Interessen<br />
und die Entstehung gemeinsamer<br />
Symbole und Ereignisse wirken<br />
verbindend und können Menschen<br />
davon abhalten, Gewalt gegeneinander<br />
einzusetzen. Auch<br />
wenn sie nicht immer Gewalt verhindern,<br />
sind sie doch erste Bausteine<br />
für einen zukünftigen Frieden.«<br />
Eine Brücke <strong>zum</strong> Frieden<br />
Seit 2000 arbeitet CARE im Kosovo.<br />
In dem Dorf Berivojcé südlich von<br />
Pristina leben 1.200 Albaner, 800<br />
Serben und 300 Roma wieder Tür an<br />
Tür. »Wir tolerieren uns, mehr nicht«,<br />
sagte Bekim Leci, Dorfsprecher der<br />
Albaner 2003. Die Sprecher der Serben<br />
und Roma schwiegen dazu.<br />
Schließlich erklärten sich die Angehörigen<br />
der verschiedenen Ethnien<br />
jedoch bereit, auf Initiative und unter<br />
Moderation von CARE sich erstmals<br />
wieder zusammenzusetzen,<br />
um gemeinsam den Wiederaufbau<br />
des Dorfes zu planen. Die Dorfgemeinschaft<br />
entschied sich als Erstes<br />
für den Bau einer Brücke. CARE stellte<br />
das Baumaterial. In gemeinsamen<br />
Arbeitseinsätzen entstand die Brücke,<br />
die von der Bevölkerung»Brücke<br />
des Friedens« getauft wurde. Für<br />
das Dorf ist sie zu einem Symbol für<br />
den Beginn eines friedlichen Miteinanders<br />
geworden. Inzwischen hat<br />
sich durch viele Gemeinschaftsprojekte<br />
die Situation im Dorf für alle<br />
verbessert.<br />
»Der ›Do No Harm‹-Ansatz stößt in<br />
Deutschland bei Organisationen<br />
und Geberinstitutionen auf eine hohe<br />
Akzeptanz und gehört bei einigen<br />
von ihnen bereits zu den Arbeits-,<br />
Projekt- und Förderrichtlinien«, so<br />
die Einschätzung von Dr. Jamann.<br />
»Dass der Ansatz und seine Instrumente<br />
jedoch zur Selbstverständlichkeit<br />
werden – bis dahin ist der<br />
Weg noch weit.«<br />
n<br />
Christina Ihle<br />
Christina Ihle, zuvor Pressesprecherin<br />
von CARE Deutschland-Luxemburg,<br />
lebt in Hamburg und arbeitet<br />
als freie Journalistin.<br />
Umfangreiche Informationen zu<br />
»Do No Harm« finden sich unter:<br />
www.cdainc.com<br />
f r a g e n un d an t w o r t e n zu r zivilen k o n f l i k t b e a r b e i t u n g<br />
Was ist eigentlich<br />
»Wirkungsanalyse«?<br />
Guter Wille genügt nicht: Wie misst man, ob es einem ZFD-Projekt<br />
gelingt, Hass und Gewalt zu mindern und Verständigung zu fördern?<br />
Der oft subjektive Charakter solcher Prozesse, die Vielzahl der Akteure<br />
und Faktoren, die oft wechselhaften, langfristigen Wirkungen scheinen<br />
sich jeder Erfassung zu entziehen. Und doch sind Wirkungsnachweise<br />
nötig, zur professionellen Qualitätsentwicklung, zur Rechtfertigung<br />
der öffentlichen Mittel wie zur politischen Legitimation. Hinzu kommt<br />
die Verantwortung, dass solche Projekte nicht ungewollt konfliktverschärfend<br />
wirken (»do no harm«). In der Entwicklungszusammenarbeit<br />
haben Instrumente der Evaluierung eine jahrzehntelange Tradition.<br />
Darauf fußend wurden abgewandelte Prüfverfahren für friedensfördernde<br />
Maßnahmen entwickelt; ein Sammelbegriff ist <strong>hier</strong>»Peace and<br />
Conflict Impact Assessment« (PCIA). Die inzwischen durchgeführten<br />
Wirkungsbeobachtungen haben die Nützlichkeit, aber auch Grenzen<br />
der neuen Verfahren aufgezeigt: Messbar im strengen Sinne sind die<br />
Ergebnisse im unmittelbaren Umfeld des Projekts (»output«). Belegbar<br />
anhand illustrierender Beispiele sind Wirkungen im weiteren sozialen<br />
Umfeld, vor allem unter den Zielgruppen der Partnerorganisationen<br />
(»outcome«). Nicht belegbar sind bislang Wirkungen auf der Ebene<br />
eines Gesamt-Konflikts (»impact«); aufgrund der geringen Größe der<br />
bisherigen ZFD-Projekte können deren »impacts« im Zusammenspiel<br />
mit anderen Akteuren und Maßnahmen in dem jeweiligen Konflikt nur<br />
plausibel vermutet werden. Insofern können Methoden der Wirkungsanalyse<br />
die Einsichten aus Erfahrung, Verstand und Intuition zwar ergänzen<br />
und korrigieren, nicht aber ersetzen.<br />
n<br />
Tilman Evers
i n f o fü r sp e n d e r i n n e n un d sp e n d e r<br />
Ihre Spende schafft Frieden!<br />
Prof. em. Dr. Andreas Buro ( * 1928)<br />
war Professor für internationale Politik an der J. W. Goethe-Universität<br />
in Frankfurt am Main und ist seit über 50 Jahren ehrenamtlich<br />
in zahlreichen friedens- und bürgerrechtlichen Organisationen aktiv.<br />
Andreas Buro war der »Erfinder« des Namens »Forum Ziviler Friedensdienst«<br />
und erhielt im Jahr 2008 den renommierten Aachener Friedenspreis.<br />
Im Gespräch mit Andreas Buro<br />
Afghanistan: Dialog statt Soldaten<br />
Professor Buro, Bundesregierung und<br />
Bundestag haben beschlossen, 1.000<br />
weitere Soldatinnen und Soldaten<br />
nach Afghanistan zu entsenden. Wie<br />
beurteilen Sie diese Entscheidung vor<br />
dem Hintergrund der gegenwärtigen<br />
Situation in Afghanistan?<br />
Ich halte diese Entscheidung für<br />
falsch! Dieser Interventionskrieg<br />
dauert schon länger als der Zweite<br />
Weltkrieg. Manche Politikerinnen<br />
und Politiker rechnen mit weiteren<br />
10 bis 15 Jahren. Die Intervention<br />
wurde mithilfe der Warlords der afghanischen<br />
Nordallianz betrieben,<br />
die ganz und gar nichts mit Demokratie<br />
zu tun haben, dafür aber jetzt<br />
in der Regierung stark vertreten sind.<br />
Der Krieg wird auf dem Rücken der<br />
Bevölkerung geführt, die nicht nur<br />
»Kollateralschäden« zu tragen hat,<br />
sondern auch unter bitterer Armut<br />
leidet.<br />
Die große Mehrheit der deutschen<br />
Bevölkerung lehnt den westlichen<br />
Interventionskrieg und die deutsche<br />
Beteiligung ab. Je mehr Deutschland<br />
in diesen Krieg verstrickt wird,<br />
desto stärker wird es als Feind der<br />
islamischen Welt wahrgenommen.<br />
Dies hat für die Bevölkerung in<br />
Deutschland zunehmende Bedrohung<br />
zur Folge sowie Freiheitsbeschränkungen<br />
durch die eigene<br />
Regierung zwecks vermeintlicher<br />
Terror-Abwehr und eine sich weiter<br />
vertiefende Einbindung in das unfriedliche<br />
System der NATO-Konfliktbehandlung.<br />
Noch mehr deutsche<br />
Soldatinnen und Soldaten<br />
stärken also nicht Sicherheit und<br />
Frieden in Afghanistan, sondern<br />
verstellen die Möglichkeit für eine<br />
zivile Friedens- und Entwicklungspolitik<br />
und für gute Beziehungen zu<br />
den islamischen Ländern.<br />
In Ihrem Dossier <strong>zum</strong> Afghanistankonflikt<br />
sagen Sie, die ohnehin bescheidene<br />
internationale Entwicklungshilfe<br />
erfolge ohne frie dens -<br />
politische Strategie. Wie könnte eine<br />
solche Strategie aussehen?<br />
Erst wenn die afghanische Bevölkerung<br />
eine Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse<br />
unter Wahrung ihrer<br />
Autonomie und ihrer Würde erkennen<br />
kann, wird sie sich auch für Frieden<br />
einsetzen. Eine wesentliche<br />
Verbesserung erfährt sie jedoch<br />
nicht durch die bisherigen Tätigkeiten<br />
der ISAF-Truppen, geschweige<br />
denn durch die OEF-Kampfeinsätze.<br />
Die Masse der afghanischen<br />
Bevölkerung lebt auf dem Lande<br />
unter elenden Bedingungen. Ihr<br />
muss vor allem geholfen werden,<br />
und zwar so, dass sie ihre eigenen<br />
Bedürfnisse zur Geltung bringen<br />
kann. Dabei müssen alle Gruppierungen<br />
lokal und regional beteiligt<br />
werden, sodass sich ein innerafghanischer<br />
Dialog über die Entwicklung<br />
Monitoring-Projekt für Zivile Konfliktbearbeitung<br />
Die »Kooperation für den Frieden«, ein Zusammenschluss friedenspolitisch<br />
aktiver Organisationen und Initiativen, hat vor<br />
zwei Jahren ein »Monitoring-Projekt für Zivile Konflikt -<br />
be arbeitung, Gewalt- und Kriegsprävention« begonnen.<br />
Es soll der Öffentlichkeit die Mög lich keiten eines zivilen<br />
Umgangs mit Konflikten nahe bringen und so den Be -<br />
fürwortern der angeblich alternativlosen Aufrüstungsund<br />
Interventions politik entgegentreten.<br />
Im Rahmen des Projekts sind bisher verschiedene Pu blika -<br />
tionen erschienen: zuletzt Dossiers <strong>zum</strong> israelischpalästinensischen<br />
Konflikt sowie <strong>zum</strong> Krieg in Afghanistan.<br />
Das Dossier IV – Der Afghanistan-Konflikt<br />
(15-seitige DIN A 5-Broschüre) kann für 1,20 € zzgl. Versandkosten<br />
bestellt werden bei: Kooperation für den Frieden,<br />
Tel. 0228-69 29 04, E-Mail: info@koop-frieden.de<br />
des Landes ergibt. In Dialog und<br />
Entscheidung sind auch die den<br />
Taliban nahen Kräfte einzubeziehen.<br />
Kann der Zivile Friedensdienst mit<br />
seinen Fachkräften in der gegenwärtigen<br />
Situation in Afghanistan positiven<br />
und produktiven Einfluss ausüben?<br />
Vorstellbar ist Folgendes: Der ZFD<br />
bemüht sich um ein im weitesten<br />
Sinne entwicklungspolitisches, zugleich<br />
friedenstiftendes Projekt im<br />
armen ländlichen Bereich, das er<br />
unter Einbeziehung aller lokalen<br />
Kräfte exemplarisch betreibt. Dazu<br />
sucht er sich lokale NGO-Partner,<br />
die bereit sind, sich zu beteiligen.<br />
Das kann die Lebenssituation der<br />
Menschen dort verbessern, den<br />
Dialog verschiedener Kräfte befördern<br />
und der Anfang einer verstärkten<br />
Kooperation und Koordination<br />
der vor Ort arbeitenden NGOs sein.<br />
Ein solches Projekt könnte Schule<br />
machen.<br />
© Rainer F. Steuszloff/JOKER<br />
Wie lassen sich solche Projekte in Afghanistan<br />
durchführen, ohne dass<br />
die zivilen Helferinnen und Helfer<br />
durch Militär geschützt werden?<br />
Kein ausländisches Militär kann zivile<br />
Helferinnen und Helfer schützen.<br />
Im Gegenteil! Diese fühlen sich<br />
eher bedroht, wenn ihre Arbeit mit<br />
den Interventionstruppen in Verbindung<br />
gebracht wird. Ihre Arbeit, die<br />
mit möglichst allen Kräften im lokalen<br />
oder regionalen Bereich vereinbart<br />
worden ist, scheint mir der<br />
beste Schutz zu sein. In der bestehenden<br />
eskalierten Situation sind<br />
jedoch Angriffe nicht auszuschließen.<br />
Doch das ist gegenwärtig auch<br />
schon der Fall.<br />
In Ihrer Friedensstrategie spielt die<br />
Bundesregierung eine gewichtige<br />
Rolle als Vorreiterin einer zivilen Alternative.<br />
Die durch den Abzug der<br />
Truppen frei werdenden Mittel von<br />
etwa 500 Millionen Euro jährlich<br />
sollten für Entwicklungsprojekte verwendet<br />
werden. Welche Projekte halten<br />
Sie dabei für vorrangig?<br />
Es gilt vorrangig, den verarmten<br />
Menschen auf dem Lande zu helfen.<br />
Stichworte sind: Wasser- und medizinische<br />
Versorgung, ausreichende<br />
Ernährung, Infrastruktur, Ausbildung.<br />
Dabei ist es wichtig, vor Ort<br />
Arbeitsplätze und damit Einkommen<br />
zu schaffen, selbst wenn ausländische<br />
Firmen Arbeiten billiger ausführen<br />
könnten. Mit den Projekten<br />
sollte eine Qualifizierung der Bevölkerung<br />
verbunden werden. In diesem<br />
Sinne sollte Kabul aufgefordert<br />
werden, Importzölle <strong>zum</strong> Schutz der<br />
Inlandproduktionen einzuführen.<br />
Was können zivilgesellschaftliche Akteure<br />
in Deutschland oder anderen<br />
EU-Staaten dazu beitragen, eine friedenspolitische<br />
Wende herbeizuführen,<br />
die eine Strategie wie die von Ihnen<br />
vorgeschlagene überhaupt erst<br />
möglich machen würde?<br />
Die für Frieden eintretenden Kräfte<br />
in Afghanistan, wie die Nationale<br />
Friedens-Jirga, mit ihren Forderungen<br />
in Europa bekannt machen und ihr<br />
Kontakte vermitteln. Sich mit dem im<br />
Dossier vorgeschlagenen Konzept<br />
befassen und es in der Öffentlichkeit,<br />
in den politischen Parteien, Gewerkschaften<br />
und Kirchen, sowie in Gesellschaften<br />
der NATO-Staaten verbreiten.<br />
Die Kritik und die Gefahren<br />
der jetzigen Militärintervention in<br />
Afghanistan thematisieren und gegen<br />
diese Politik protestieren. Mit<br />
dieser Kritik Soldatinnen und Soldaten,<br />
die nach Afghanistan geschickt<br />
werden sollen, konfrontieren. n<br />
Das Interview führte André Madaus<br />
Dass die Geldanlage auf den Aktienmärkten einem Lottospiel<br />
gleichkommt, ist in den letzten Wochen mehr als deutlich ge -<br />
worden.<br />
n<br />
n<br />
Sichern Sie Ihre Geldanlage durch ein zinsloses bzw. zinsgünstiges<br />
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nicht nur sicher angelegt, sondern Sie lassen es auf diese<br />
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