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Extra: Kalender im Innenteil<br />

Ausgabe 4/2008<br />

Frieden braucht Fachleute<br />

Zeitung des Forum Ziviler Friedensdienst e. V.<br />

editorial<br />

r e i s e du r c h af g h a n i s t a n<br />

© forumZFD<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

Ich trinke Kaffee, mal mit dem, mal<br />

mit jenem. So antworten Friedensfachkräfte<br />

manchmal auf die Frage,<br />

was sie denn eigentlich so tun. Das<br />

soll alles sein, fragen sich nicht wenige.<br />

Wozu dann die ganze Ausbildung?<br />

Ja, wozu? Zunächst einmal: Wichtig<br />

ist, dass Friedensarbeit gelingt, nicht<br />

dass sie spektakulär ist. Und: Menschen,<br />

im Extremfall sogar Feinde,<br />

zur richtigen Zeit, am richtigen Ort<br />

zusammenzubringen, ist alles ande -<br />

re als leicht. Wenn es dazu kommt,<br />

kann sich das Geschehen zunächst<br />

durchaus auf die begleitenden Rituale<br />

reduzieren: »Wir haben miteinander<br />

Kaffee getrunken.« Die Begegnung<br />

eines serbischen Veteranen mit<br />

seinen ehemaligen kroatischen Gegnern,<br />

die wir in unserem neuen Film<br />

zeigen, macht dies unmittelbar anschaulich.<br />

Miteinander Kaffee trinken kann der<br />

erste Schritt zur Zusammenarbeit<br />

sein, dem Ziel aller Friedensarbeit.<br />

Zusammenarbeit ist auch für uns in<br />

Deutschland wichtig: So haben wir<br />

mit den anderen Organisationen im<br />

Konsortium ZFD beschlossen, ab<br />

2009 eine gemeinsame Werbekampagne<br />

für den Zivilen Friedensdienst<br />

durchzuführen. Im westlichen Balkan<br />

unterstützen wir eine Koalition, die<br />

eine Wahrheitskommission im ehemaligen<br />

Jugoslawien fordert. Und:<br />

Diese Ausgabe unserer Zeitschrift geben<br />

wir gemeinsam mit CARE heraus.<br />

Auf dem Feld der Zusammenarbeit<br />

sind noch große Fortschritte zu machen.<br />

Fangen wir ruhig mit dem Kaffeetrinken<br />

an.<br />

Heinz Wagner<br />

Geschäftsführer des forumZFD<br />

b o n n e r fr i e d e n s l a u f<br />

Friedens-Bewegung 1983 und 2008<br />

Viele Menschen fanden 1983 bei den<br />

großen Demonstra tionen Verbindung<br />

zur Friedensbewegung. Der Bonner<br />

© forumZFD Hofgarten ist einer der Orte, die mit © dpa/picture-alliance<br />

den damaligen Protesten gegen die Raketenstationierungen in der BRD<br />

verbunden werden. 25 Jahre später ging vom Bonner Hofgarten erneut<br />

ein sichtbares Zeichen für Frieden und gegen Krieg aus: Mehr als 3.000<br />

Kinder und Jugendliche beteiligten sich am 19. Sept. am 5. Bonner Friedenslauf<br />

– so viele wie noch nie. Einige, die schon vor 25 Jahren an den<br />

Demonstrationen teilnahmen, waren auch jetzt als Helferinnen und<br />

Helfer beim Friedenslauf dabei.<br />

www.bonn.run4peace.eu<br />

© CARE / Tarek Noor<br />

Roger Willemsen beim »Minenunterricht« mit Schautafeln in einer Mädchenschule außerhalb von Kabul. Auf die Frage »Wer hat im wirklichen Leben<br />

schon einmal eine Mine gesehen?« fliegen die Hälfte aller Hände hoch.<br />

Afghanistan: Verspieltes Vertrauen<br />

Ein Reisebericht von Roger Willemsen<br />

Als ich im Februar 2005 <strong>zum</strong> ersten Mal nach Kabul kam, reiste ich für<br />

die internationale Hilfsorganisation CARE: Flüchtlingslager, Auffangsiedlungen,<br />

Witwenprojekte, Schulen rund um Kabul waren es vor<br />

allem, die wir besuchten. Im folgenden Herbst fuhr ich wieder, jetzt<br />

auf eigene Faust, als »der erste Tourist« gewissermaßen, wie ein kleiner<br />

Junge meinte, unterwegs von Kabul bis an die Grenze zu Tadschikistan<br />

und dabei unablässig konfrontiert mit den Auswirkungen der<br />

US-Politik.<br />

In Kabul fuhr ein amerikanischer<br />

Panzer – dekoriert mit zwei aufgepflanzten<br />

Star Spangled Banners –<br />

auf eine Straßenkreuzung, ließ das<br />

Geschützrohr über die Menge kreisen,<br />

bis Menschen flohen oder sich<br />

zu Boden warfen, ehe der Tank in<br />

eine Seitenstraße abbog. Sinnlose,<br />

absichtsvolle Provokation.<br />

Ich sprach mit Dorfältesten, die berichteten,<br />

wie US-Soldaten die Außentore<br />

ihrer Siedlungen sprengten<br />

und Stoßtrupps, bis an die Zähne<br />

bewaffnet, das Dorf durchkämmten,<br />

Frauen und Kinder nicht minder verängstigend<br />

als ehemals die sowjetischen<br />

Soldaten. Doch der Älteste<br />

lobte auch: »Wenn ihr Deutschen<br />

kommt, seid ihr unbewaffnet, ihr<br />

erklärt am Eingang, was ihr wollt. Ihr<br />

seid vertraut mit unserer Kultur, wir<br />

trauen euch.« Seit die Deutschen<br />

die Aktionen der Amerikaner aber<br />

militärisch unterstützen, ist der Kredit<br />

verbraucht.<br />

Überrascht erfuhr ich im Gespräch<br />

mit afghanischen Soldaten, wie präzise<br />

ihre Kenntnisse der Richtlinien<br />

der deutschen Mission waren, wie<br />

wertschätzend sie sich äußerten. So<br />

eigenartig es ist und so neuartig mir<br />

die Erfahrung war: Die Deutschen,<br />

die nicht mit den US-Truppen in den<br />

Irakkrieg zogen und sich jetzt auch<br />

in Afghanistan so viel behutsamer<br />

verhielten, erschienen manchem<br />

Afghanen als Anti-Amerikaner, als<br />

positive Variante westlicher Mentalität,<br />

vorbildlich in der Annäherung<br />

an eine fremde Kultur. In einer Nacht<br />

traf ich einen führenden Taliban, einen<br />

jungen, weltläufigen, humorvollen<br />

Mann, der argwöhnte, die<br />

ISAF-Mission sei vielleicht nichts anderes<br />

als ein Brückenkopf für militärische<br />

Operationen. Ich widersprach.<br />

Als dann die deutschen Tornados zur<br />

»Aufklärungsmission« ins Land geschickt<br />

wurden, ließen die Taliban<br />

verlauten, nun seien die Deutschen<br />

Besatzer wie alle anderen, und vielfach<br />

hallte diese Meinung im Lande<br />

© Fabian Hammerl<br />

Roger Willemsen ist Autor, Moderator,<br />

Bühnen-Erzähler.<br />

Sein Bestseller »Afghanische Reise«<br />

wurde in mehrere Sprachen übersetzt.<br />

Willemsen ist Mitglied im Kuratorium<br />

von CARE Deutschland-Luxemburg,<br />

Schirmherr des Afghanischen Frauenvereins<br />

und engagiert sich als Botschafter<br />

für amnesty international und terre des<br />

femmes.<br />

wider. Weitet Deutschland sein militärisches<br />

Mandat in Afghanistan<br />

weiter aus, wird es seine Sonderrolle<br />

im Land, die kostbare, seltene<br />

Sympathie der Bevölkerung und<br />

damit Afghanistan verlieren. Damit<br />

rückt auch die Aussicht auf Frieden<br />

in noch weitere Ferne.<br />

In einer Umfrage wollte man von<br />

den Menschen Afghanistans wissen:<br />

Was sehen Sie als Voraussetzung für<br />

den Frieden? 35 Prozent aller Afghanen<br />

antworteten: Entwaffnung.<br />

Zwei Prozent sagten: Hilfe von außen.<br />

Behutsam, nicht mit imperialer<br />

Geste, vorsichtig und mit genauer<br />

Beobachtung der afghanischen Kultur<br />

hat man Afghanistan zu helfen –<br />

nicht militärisch, nicht bevormundend<br />

und schon gar nicht entlang<br />

westlicher Ideen von Staat und<br />

Markt. Denn was wird aus dem Stolz<br />

eines Volkes, das in eine Kultur geschoben<br />

wird, die nicht die seine ist,<br />

in westliche Demokratie, Welthandel,<br />

in die Internationale der Unterhaltung<br />

und des Fast Food? Schon<br />

jetzt sind viele Afghanen, die sich<br />

vehement für freie Wahlen einsetzten,<br />

tief enttäuscht von der Demokratie,<br />

die wir ihnen überstülpen<br />

und die in einem Parlament auch<br />

Kräfte versammelt, unter denen<br />

Afghanistan immer gelitten hat:<br />

Drogenbarone, Söldnerführer, Marionetten<br />

der USA. Die Geschichte<br />

Afghanistans, das nie kolonialisiert<br />

wurde, ist die eines endlosen Ringens<br />

um Unabhängigkeit. Der alte<br />

Kampf um Selbstbewahrung bleibt.<br />

Wenn man Afghanistan überhaupt<br />

überzeugen kann, überzeugt man<br />

es mit humanitären Arbeiten, mit<br />

struktureller Unterstützung und der<br />

Stärkung des zivilen Lebens. CARE<br />

und der Afghanische Frauenverein<br />

<strong>zum</strong> Beispiel arbeiten effektiv auf<br />

nichtstaatlicher Basis – die internationale<br />

Staatengemeinschaft, auch<br />

die Bundesregierung, könnten von<br />

dieser Arbeit profitieren und sollten<br />

sie unterstützen.<br />

Das Verlangen nach Frieden ist in<br />

Afghanistan allgegenwärtig, die<br />

Hoffnung auf eine friedliche Zukunft<br />

ist groß, doch das Vertrauen wird<br />

schwächer. Oft habe ich erfahren,<br />

wie diese Hoffnung schon welkt,<br />

bevor sie erblüht ist. »Macht Ihnen<br />

der Lärm der amerikanischen Flieger<br />

Angst?«, frage ich einen Alten,<br />

als ein Flugzeug tief vorbeistreift.<br />

»Der Krieg ist vorbei. Sollen sie fliegen«,<br />

ist seine Antwort. »Der Krieg<br />

ist vorbei, und wie lange werden Sie<br />

jetzt auf den Frieden warten?« Da<br />

sieht mir der Alte direkt in die Augen:<br />

»Ihr habt die Uhr, wir haben die<br />

Zeit.«<br />

n


Erfahrungen einer Reise nach Israel und Palästina<br />

Menschen, die Frieden leben –<br />

trotz alledem!<br />

Es gibt Momente, die uns als Zuhörerinnen<br />

und Zuhörer einer<br />

Geschichte so tief berühren, dass<br />

uns Tränen in die Augen schießen.<br />

Anfang Oktober hatte ich<br />

die Gelegenheit, im Rahmen einer<br />

Studienreise des forumZFD<br />

erstmalig in den Nahen Osten zu<br />

reisen. In Gesprächen mit Menschen<br />

aus Israel und Palästina,<br />

die von ihren persönlichen Erfahrungen<br />

mit dem Nahostkonflikt<br />

berichteten, habe ich gleich<br />

mehrere dieser Momente erlebt.<br />

Am Beginn stand der Besuch der<br />

Holo caust-Gedenkstätte Yad Vashem<br />

in Jerusalem. Das Gefühl der Scham,<br />

das ich schon früher bei Besuchen<br />

im ehemaligen KZ Dachau oder<br />

beim Film »Schindlers Liste« empfunden<br />

hatte, wird gesteigert durch<br />

das Bewusstsein, im Land der Opfer<br />

des Nationalsozialismus zu sein. Ich<br />

bin umgeben von Menschen, die<br />

direkt oder indirekt vom Holocaust<br />

betroffen waren und mich heute<br />

dennoch als Deutschen an diesem<br />

Ort akzeptieren.<br />

Und dann – wir kommen auf dem<br />

Vorplatz der Gedenkstätte wieder<br />

zusammen – erzählt uns unser junger<br />

israelischer Begleiter Guy Elhanan,<br />

dass Yad Vashem an einer Stelle<br />

errichtet wurde, wo 1948 jüdische<br />

Immigrantinnen und Immigran ten<br />

palästinensische Dörfer zerstörten<br />

und ihre Bewohnerinnen und Bewohner<br />

vertrieben. Opfer? Täter?<br />

Schuld? Verantwortung? Scham …<br />

Die Fragen und Gefühle, die an<br />

diesem Ort aufkommen, könnten<br />

widersprüchlicher nicht sein.<br />

Guy Elhanan ist Mitarbeiter im Koordinationsbüro<br />

des forumZFD an<br />

der Hebron-Road in Jerusalem. Hier<br />

sitzen wir am nächsten Tag mit seinem<br />

palästinensischen Freund Bassam<br />

Aramin zusammen. Beide gehören<br />

der Gruppe »Combatants for<br />

Peace« (Kämpfer für den Frieden)<br />

an, einer Friedensorganisation, in<br />

der ehemalige Soldaten und Kämpfer<br />

beider Seiten gemeinsam und<br />

gewaltfrei für Frieden, Versöhnung<br />

und eine Zweistaatenlösung in der<br />

Region eintreten. Wie groß das Maß<br />

der persönlichen Überwindung von<br />

Hass und Vorurteilen sein muss, das<br />

sich hinter ihrem Engagement verbirgt,<br />

lässt sich nur erahnen. Guy<br />

Elhanan hat drei Jahre Militärdienst<br />

auf den Golanhöhen hinter sich. Bei<br />

einem Bombenattentat in Tel Aviv<br />

ist seine jüngere Schwester ums Leben<br />

gekommen. Bassam Aramin<br />

© forumZFD / T. Oelerich<br />

© forumZFD / T. Oelerich<br />

© forumZFD / T. Oelerich<br />

verbrachte sieben Jahre in israelischen<br />

Gefängnissen. Als seine<br />

jüngste Tochter im vergangenen<br />

Jahr von israelischen Soldaten erschossen<br />

wurde, war er schon Mitglied<br />

bei »Combatants for Peace«.<br />

Dennoch hat ihn selbst diese neue<br />

Leiderfahrung nicht von seiner<br />

Überzeugung abbringen können,<br />

den Weg des Friedens und der Versöhnung<br />

zu gehen.<br />

Drei Tage später in Bethlehem. Wir<br />

treffen den stellvertretenden Bürgermeister<br />

George Sa’adeh, er ist<br />

Palästinenser und Christ. George<br />

Sa’adeh erzählt uns, dass er seit zwei<br />

Jahren der Vereinigung »Parents<br />

Circle« (Elternzirkel) angehört, einer<br />

Gruppe israelischer und palästinensischer<br />

Eltern, die durch die Gewalt<br />

der letzten Jahre Angehörige, insbesondere<br />

Kinder und Geschwister,<br />

verloren haben. »Ich war mit meiner<br />

Familie im Auto unterwegs«, berichtet<br />

er, »als wir in eine israelische Kontrolle<br />

gerieten und unser Wagen mit<br />

einem anderen verwechselt wurde.<br />

Über 70 Schüsse wurden auf uns<br />

abgegeben, meine Frau wurde verletzt,<br />

meine jüngste Tochter starb im<br />

Kugelhagel. Ich selbst wurde sieben<br />

Mal getroffen.« Wie schafft es jemand,<br />

einer solchen Erfahrung <strong>zum</strong><br />

Trotz auf die Menschen der anderen<br />

Seite zuzugehen und sich für Versöhnung<br />

und Frieden einzusetzen?<br />

Generell überrascht es mich zu hören,<br />

dass die meisten Israelis noch<br />

nie direkt mit Palästinenserinnen<br />

und Palästinensern Kontakt hatten<br />

Guy Elhanan, (links)<br />

Mitarbeiter im Koordinationsbüro<br />

des forumZFD in Jerusalem, begleitete<br />

die Gruppe bei der Studienreise<br />

George Sa'adeh,<br />

stellvertretender Bürger meister von<br />

Bethlehem, verlor seine Tochter durch ein<br />

»Versehen« bei einer israelischen Kontrolle<br />

* Die Drusen sind eine im Jahr 1010 entstandene Religionsgemeinschaft. Drusen leben<br />

heute hauptsächlich im Nahen Osten, insbesondere im Libanon (ca. 280.000), in Syrien (ca.<br />

360.000) sowie in Israel (107.000), dort vor allem im Gebiet des Karmel bei Haifa sowie im<br />

von Israel annektierten Golan.<br />

und sich deren Lebenssituation in<br />

der Westbank oder im Gazastreifen<br />

nicht vorstellen können. Die von<br />

Israel erlassenen Verwaltungsregelungen<br />

machen heute eine direkte<br />

Begegnung fast unmöglich. Auch<br />

der »Parents Circle« muss für seine<br />

Treffen Sondergenehmigungen auf<br />

höchster ministerieller Ebene einholen.<br />

Am Abend vor dem Rückflug besuchen<br />

wir Camal Zidan, den ehemaligen<br />

Polizeichef der Stadt Beit Jann<br />

und ebenfalls Mitglied von »Parents<br />

Circle«. Die Zidans gehören wie die<br />

meisten Menschen in Beit Jann der<br />

Religionsgemeinschaft der Drusen(*)<br />

an. In ihrem Wohnzimmer<br />

haben sie vor allem Familienfotos<br />

aufgehängt. Zwei Söhne haben sie<br />

bereits im Krieg verloren, erzählt<br />

Herr Zidan. Seine Augen werden<br />

kurz feucht, der Schmerz über den<br />

Verlust ist auch Jahre später noch<br />

nicht überwunden. Bei »Parents Circle«<br />

sind Camal und Salma Zidan<br />

palästinensischen Eltern begegnet,<br />

die ebenfalls Kinder im Krieg verloren<br />

haben. Es sei ihnen nicht leicht<br />

gefallen, dort hinzugehen. »Aber wir<br />

sind in unserer Organisation nicht<br />

tätig, um persönliche Trauer zu verarbeiten,<br />

sondern in erster Linie, um<br />

zu erreichen, dass nicht noch mehr<br />

Eltern dieselben traumatischen Erfahrungen<br />

machen müssen. Darum<br />

müssen wir aufeinander zugehen<br />

und Verständnis füreinander schaffen«,<br />

betont Herr Zidan. Seine Frau<br />

nickt zustimmend. Beide haben<br />

Hass und Zorn überwunden und auf<br />

diesem Weg neue Freunde gewonnen.<br />

Es gibt Menschen und Gruppen in<br />

Israel und Palästina, die den Frieden<br />

– gegen alle Widerstände – bereits<br />

leben. Die den Frieden leben<br />

trotz aller persönlichen Leiderfahrungen<br />

und angesichts der über 600<br />

Checkpoints entlang der Grenze<br />

zwischen Israel und Palästina sowie<br />

in den palästinensischen Gebieten<br />

selber. Trotz der Betonmauern und<br />

der Stacheldrahtzäune, die das Land<br />

durchziehen. Von diesen Menschen<br />

erfahren wir in Deutschland leider<br />

viel zu wenig. Brücken zwischen<br />

Camal und Salma Zidan treffen sich im »Parents circle« mit Eltern aller Glaubensrichtungen,<br />

die wie sie Kinder im Krieg verloren haben<br />

ihnen zu bauen und sie zusammenzubringen,<br />

ist – so haben wir auf der<br />

Reise ebenfalls erfahren können –<br />

auch eine der zentralen Aufgaben<br />

der vor Ort eingesetzten Friedensfachkräfte.<br />

Ihre Arbeit kann gar nicht<br />

hoch genug eingeschätzt werden,<br />

weil sie Menschen beider Seiten<br />

zusammenführt, die endlich eines<br />

wollen: Frieden.<br />

n<br />

Thomas Oelerich<br />

Thomas Oelerich<br />

ist Referent für Fundraising<br />

und Kommunikation<br />

in der Geschäftsstelle<br />

des forumZFD<br />

<br />

© forumZFD / T. Oelerich<br />

www.combatantsforpeace.org<br />

<br />

www.theparentscircle.org<br />

n a c h r i c h t e n<br />

+ + + Info + + + Info + + + Info + + + Info + + + Info + + +<br />

■■<br />

forumZFD<br />

startet<br />

Projektarbeit<br />

auf Mindanao/<br />

Philippinen<br />

© forumZDF<br />

Im November rei sen mit Inge Sauren und<br />

Jörg Winter die beiden ersten Friedensfachkräfte<br />

des forumZFD nach Mindanao/<br />

Philippinen. Damit wird das forumZFD<br />

neben dem Nahen Osten und dem westlichen<br />

Balkan nun in einer dritten Projektregion<br />

aktiv.<br />

Noch vor wenigen Wochen sahen die Bewohner<br />

von Mindanao, der südlichsten<br />

Insel der Philippinen, mit viel Zuversicht<br />

in die Zukunft. Es schien so, als wären die<br />

vielen Anläufe für einen friedlichen Ausgleich<br />

zwischen den verschiedenen Rebellengruppen<br />

der Insel und der philippinischen<br />

Regierung endlich von Erfolg<br />

gekrönt. Ein Friedensvertrag zwischen den<br />

Konfliktparteien stand kurz vor der Unterzeichnung.<br />

Seit dem Scheitern des Vertrags<br />

ist der Konflikt eskaliert, Tausende<br />

Menschen fliehen vor der Gewalt.<br />

Inge Sauren und Jörg Winter wollen im<br />

Auftrag des forumZFD Friedensorganisationen<br />

auf Mindanao unterstützen und<br />

dazu beitragen, dass die Philippinen einer<br />

friedlichen Lösung des Konflikts näherkommen.<br />

■■ Europäische Friedensorganisationen<br />

starten Kampagne<br />

Das forumZFD und die Nonviolent Peaceforce<br />

haben anlässlich der anstehenden<br />

Wahlen <strong>zum</strong> Europäischen Parlament eine<br />

europaweite Kampagne gestartet. Vertreterinnen<br />

und Vertreter von Friedensorganisationen<br />

aus neun EU-Ländern haben<br />

bei einem Treffen in Brüssel Ende September<br />

gemeinsame Forderungen an die<br />

Kandidierenden und das nächste EU-<br />

Parlament verabschiedet. Im Zentrum<br />

steht die Forderung nach einer europäischen<br />

Agentur für Friedensförderung und<br />

die Etablierung eines Europäischen Zivilen<br />

Friedensdienstes. Weitere Organisationen<br />

können die Kampagne als Unterzeichner<br />

unterstützen.<br />

Informationen bei Jochen Schmidt,<br />

Telefon: 03 22 28 04 076<br />

oder E-Mail: schmidt@forumzfd.de<br />

www.forumzfd.de<br />

■■ Offene Worte von Friedensstiftern<br />

an Friedensstifter<br />

Mit einem offenen Brief haben sich Simon<br />

Fisher und Lada Zimina weltweit an Menschen<br />

in Friedensorganisationen gewandt<br />

und zu einer grundsätzlichen Reflexion des<br />

eigenen Handelns aufgefordert. Anhand<br />

einer Analyse der Entwicklung von (professioneller)<br />

Friedensfacharbeit stellen sie<br />

fest, dass die Zivile Konfliktbearbeitung<br />

von Regierungen und internationalen Organisationen<br />

zunehmend wahr- und ernst<br />

genommen werde, was sich in erweiterten<br />

Mandaten und höheren Finanzierungen<br />

niederschlage. Die Autoren vermissen aber<br />

die Vision der Pionierzeit der Friedensbewegung,<br />

die nach ihrer Ansicht von einem<br />

»technischen Ansatz« verdrängt worden<br />

sei: »So, wie Friedensarbeit im Moment<br />

betrieben wird, verfestigt sie in vielen Fällen<br />

das bestehende Weltgefüge«, lautet<br />

eine zentrale These des Briefes, der in vielen<br />

Organisationen, auch im forumZFD,<br />

Diskussionen auslöste. Der Bund für Soziale<br />

Verteidigung hat eine Übersetzung<br />

bereitgestellt:<br />

www.soziale-verteidigung.de<br />

■■ 40 Jahre Aktionsgemeinschaft<br />

Dienst für den Frieden<br />

Am 28. September feierte die Aktionsgemeinschaft<br />

Dienst für den Frieden e. V.<br />

(AGDF) ihr 40-jähriges Bestehen mit einem<br />

Festgottesdienst in der Heilig-Kreuz-Kirche<br />

in Berlin. Der Vorstand des forumZFD überbrachte<br />

Glückwünsche an die AGDF, die zu<br />

den Mitbegründern des Zivilen Friedensdienstes<br />

gehört und bis <strong>zum</strong> Jahr 2002<br />

gemeinsam mit dem forumZFD die Qualifizierungskurse<br />

zur Friedensfachkraft entwickelte.<br />

Als Dachverband von heute 35<br />

Organisationen setzt sich die AGDF für den<br />

Ausbau von Friedens- und Freiwilligendiensten<br />

und die Förderung gewaltfreier<br />

Konfliktbearbeitung ein.<br />

www.friedensdienst.de<br />

■■ Neuerscheinung:<br />

»Gewaltfrei streiten«<br />

Die AGDF hat <strong>zum</strong> Internationalen<br />

Tag der Gewaltfreiheit<br />

das Buch »Gewaltfrei<br />

streiten für einen gerechten<br />

Frieden« herausgebracht. Im Fokus der<br />

Beiträge stehen Alternativen zu militärischen<br />

Einsätzen und konkrete Handlungsempfehlungen<br />

zur Stärkung des zivilen<br />

Umgangs mit Konflikten für Akteure<br />

aus Politik und Kirche.<br />

www.friedensdienst.de<br />

■■ Wahrheitskommission für den<br />

Balkan gefordert<br />

Am 29. Oktober gründeten über 400 Vertreter<br />

zivilgesellschaftlicher Organisationen<br />

und Verbände des westlichen Balkan<br />

in Pristina/Kosovo eine Koalition, die von<br />

den Regierungen die Einrichtung einer<br />

Kommission zur Ermittlung, Feststellung<br />

und Veröffentlichung der Tatsachen bezüglich<br />

der Kriegsverbrechen im ehemaligen<br />

Jugoslawien (RECOM) fordert. Das<br />

forumZFD hat die Koalition mit gegründet<br />

und wird diese viel versprechende Initiative<br />

nach Kräften unterstützen.<br />

www.korekom.org<br />

■■ Tag des Entwicklungshelfers<br />

im Zeichen des ZFD<br />

»Mut <strong>zum</strong> Frieden. Der Zivile Friedendienst –<br />

Internationale Erfahrungen im Gespräch«.<br />

Unter diesem Motto steht in diesem Jahr<br />

der »Tag des Entwicklungshelfers«, der am<br />

5. Dezember von 12.00 bis 17.30 Uhr in der<br />

Bonner Beethovenhalle stattfindet. Zur<br />

Veranstaltung sind Vertreterinnen und<br />

Vertreter von Partnerorganisationen aus<br />

Afrika, dem Nahen Osten und dem Balkan<br />

eingeladen, um über ihre Erfahrungen mit<br />

der Unterstützung durch zivile Friedensfachkräfte<br />

zu sprechen. Der »Tag des Entwicklungshelfers«<br />

bietet für Interessierte<br />

ein Forum, um mit Partnern und Mitarbeitenden<br />

der Entsendeorganisationen direkt<br />

ins Gespräch zu kommen.<br />

www.forumzfd.de<br />

■■ Kursangebot für 2009 veröffentlicht<br />

Die <strong>Akademie</strong> für <strong>Konflikttransformation</strong><br />

hat ihr Trainings- und Kursangebot für 2009<br />

veröffentlicht. Interessierte können sich<br />

über alle Angebote auf der Website informieren<br />

oder die Broschüre <strong>zum</strong> Angebot<br />

der »Trainings for Peace 2009« in der Geschäftsstelle<br />

bestellen,<br />

Telefon: 02 28 98 14 473 oder E-Mail:<br />

akademie@forumzfd.de<br />

www.forumzfd-akademie.de<br />

»Do No Harm« –<br />

Humanitäre Hilfe<br />

in Krisen und Konflikten<br />

»Wir laufen vier Stunden bis zur<br />

nächsten Wasserquelle«, erzählt Oumara<br />

aus Iridimi, Ost-Tschad. »Seit<br />

die Flüchtlinge aus Darfur <strong>hier</strong> sind,<br />

ist das Wasser knapp und schmutzig<br />

geworden. Oft gibt es Streit.«<br />

235.000 gewaltsam Vertriebene aus<br />

Darfur suchen seit 2004 im Ost-<br />

Tschad Sicherheit und bringen das<br />

ökologische und soziale Gleichgewicht<br />

der ohnehin unterversorgten<br />

Region ins Wanken. Wasser und Holz<br />

reichen nicht. Ressourcenkonflikte<br />

nehmen zu. Im Auftrag der Vereinten<br />

Nationen betreut CARE <strong>hier</strong> drei<br />

Flüchtlingslager. »Unser eigentlicher<br />

Auftrag ist die Unterstützung von<br />

60.000 Vertriebenen mit Nahrung,<br />

Hilfsgütern, Wasser, sozialen und<br />

Einkommen schaffenden Maßnahmen«,<br />

sagt Dr. Wolfgang Jamann,<br />

Geschäftsführer von CARE Deutschland-Luxemburg.<br />

»Würden wir uns<br />

aber auf diese Kernaufgaben beschränken,<br />

würden wir die Spannungen<br />

zwischen der lokalen Bevölkerung<br />

und den Flüchtlingen verstärken,<br />

wenn nicht gar zur Eskalation<br />

bringen, denn auch die Dörfer<br />

der Region sind unterversorgt.« Um<br />

weiteren Konflikten vorzubeugen,<br />

bezieht CARE die lokale Bevölkerung<br />

in seine Hilfsmaßnahmen mit<br />

ein. Gemeinsam entstanden Brunnen<br />

– nicht nur in den Lagern, auch<br />

in den umliegenden Dörfern. Viele<br />

Hilfsorganisationen folgen inzwischen<br />

in ihrer Projektarbeit diesem<br />

Prinzip, das immer mehr an Bedeutung<br />

gewinnt: dem »Do No Harm«-<br />

Ansatz.<br />

»Richte keinen Schaden an«<br />

Zu Beginn der 1990er Jahre und besonders<br />

nach dem Völkermord in<br />

Ruanda mussten sich Hilfsorganisationen<br />

mit gravierenden Nebenwirkungen<br />

ihrer Hilfe auseinandersetzen<br />

– ethnische Konflikte und Gewaltakte,<br />

Schwarzhandel und Korruption<br />

hatten sich durch die Hilfseinsätze<br />

verstärkt statt verringert.<br />

Unter Leitung von Mary B. Anderson<br />

vom Beratungsinstitut Collaborative<br />

for Development Action (CDA) aus<br />

Cambridge, Massachusetts, schlossen<br />

sich daraufhin über 50 internationale<br />

Organisationen zusammen.<br />

Auf Basis einer sechsjährigen Fallstudie<br />

in 14 Krisenregionen analysierten<br />

sie, welchen Mustern Nothilfe<br />

und Entwicklungsarbeit in Krisenregionen<br />

folgen, wie sie zu schädlichen<br />

Nebenwirkungen führen und<br />

wie diese vermieden werden können.<br />

Das Ergebnis: ein von Praktikerinnen<br />

und Praktikern entwickeltes<br />

und über drei Jahre in Kriegsgebieten<br />

erprobtes Projektplanungsinstrument,<br />

der »Do No Harm«-Ansatz.<br />

Dr. Wolfgang Jamann, damals im<br />

Südsudan tätig, testete den Ansatz,<br />

half bei seiner Weiterentwicklung<br />

und setzt sich seitdem für seine Verbreitung<br />

in Deutschland ein.<br />

Dr. Wolfgang Jamann (2. v.r.) bei der Planung der Hilfsgüterverteilung für die Wirbelsturmopfer<br />

in Myanmar. CARE versorgte <strong>hier</strong> 223.000 Menschen mit Nothilfe.<br />

© CARE / T. Schwarz<br />

© CARE / C. Ihle<br />

Für das ethnisch gemischte Dorf Berivojcé, Kosovo, ist die gemeinsam erbaute Brücke<br />

ein Symbol für Frieden geworden<br />

Lokale Friedenspotenziale<br />

stärken<br />

»In Krisen- und Kriegsgebieten steht<br />

die materielle Hilfe, die Versorgung<br />

der Bevölkerung mit überlebenswichtigen<br />

Hilfsgütern, zunächst im<br />

Vordergrund. Diese Güter repräsentieren<br />

vor Ort Wohlstand und Macht.<br />

Abhängig davon, wie, wo, mit wem<br />

und an welche Zielgruppen Organisationen<br />

Hilfsgüter verteilen, senden<br />

sie implizit Botschaften, die<br />

konfliktverstärkend wirken oder ein<br />

friedliches Miteinander fördern«,<br />

erläutert Jamann.<br />

»Der ›Do No Harm‹-Ansatz gibt Organisationen<br />

klare Richtlinien und<br />

Arbeitsschritte für eine konfliktsensible<br />

Projektplanung«, so Jamann.<br />

»Der Ansatz lässt sich schnell an Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter in<br />

den Einsatzgebieten vermitteln. Ein<br />

Handbuch, ständig aktualisierte<br />

Trainingsprogramme <strong>zum</strong> Verhalten<br />

vor Ort und regelmäßige Analyseworkshops<br />

helfen bei der Umsetzung.<br />

Unsere Erfahrungen zeigen,<br />

dass es mit diesem Instrument möglich<br />

ist, humanitäre Hilfe und Entwicklungsarbeit<br />

in Krisengebieten<br />

auf eine Weise zu leisten, die Spannungen<br />

reduziert und den Betroffenen<br />

Raum gibt, sich aus Gewaltprozessen<br />

zu lösen.«<br />

Der Ansatz basiert auf der Unterscheidung<br />

zwischen spaltenden und<br />

verbindenden Faktoren zwischen<br />

Konfliktparteien. Beide gilt es zu erkennen<br />

und zu berücksichtigen.<br />

»Wenn es einem Projekt gelingt, die<br />

verbindenden Faktoren auszubauen,<br />

spaltende Faktoren aber zu vermeiden,<br />

fördert es die lokalen Kapazitäten<br />

für Frieden. Der Aufbau gemeinsamer<br />

Institutionen und Infrastrukturen<br />

<strong>zum</strong> Beispiel, das Entdecken<br />

gemeinsamer Werte und Interessen<br />

und die Entstehung gemeinsamer<br />

Symbole und Ereignisse wirken<br />

verbindend und können Menschen<br />

davon abhalten, Gewalt gegeneinander<br />

einzusetzen. Auch<br />

wenn sie nicht immer Gewalt verhindern,<br />

sind sie doch erste Bausteine<br />

für einen zukünftigen Frieden.«<br />

Eine Brücke <strong>zum</strong> Frieden<br />

Seit 2000 arbeitet CARE im Kosovo.<br />

In dem Dorf Berivojcé südlich von<br />

Pristina leben 1.200 Albaner, 800<br />

Serben und 300 Roma wieder Tür an<br />

Tür. »Wir tolerieren uns, mehr nicht«,<br />

sagte Bekim Leci, Dorfsprecher der<br />

Albaner 2003. Die Sprecher der Serben<br />

und Roma schwiegen dazu.<br />

Schließlich erklärten sich die Angehörigen<br />

der verschiedenen Ethnien<br />

jedoch bereit, auf Initiative und unter<br />

Moderation von CARE sich erstmals<br />

wieder zusammenzusetzen,<br />

um gemeinsam den Wiederaufbau<br />

des Dorfes zu planen. Die Dorfgemeinschaft<br />

entschied sich als Erstes<br />

für den Bau einer Brücke. CARE stellte<br />

das Baumaterial. In gemeinsamen<br />

Arbeitseinsätzen entstand die Brücke,<br />

die von der Bevölkerung»Brücke<br />

des Friedens« getauft wurde. Für<br />

das Dorf ist sie zu einem Symbol für<br />

den Beginn eines friedlichen Miteinanders<br />

geworden. Inzwischen hat<br />

sich durch viele Gemeinschaftsprojekte<br />

die Situation im Dorf für alle<br />

verbessert.<br />

»Der ›Do No Harm‹-Ansatz stößt in<br />

Deutschland bei Organisationen<br />

und Geberinstitutionen auf eine hohe<br />

Akzeptanz und gehört bei einigen<br />

von ihnen bereits zu den Arbeits-,<br />

Projekt- und Förderrichtlinien«, so<br />

die Einschätzung von Dr. Jamann.<br />

»Dass der Ansatz und seine Instrumente<br />

jedoch zur Selbstverständlichkeit<br />

werden – bis dahin ist der<br />

Weg noch weit.«<br />

n<br />

Christina Ihle<br />

Christina Ihle, zuvor Pressesprecherin<br />

von CARE Deutschland-Luxemburg,<br />

lebt in Hamburg und arbeitet<br />

als freie Journalistin.<br />

Umfangreiche Informationen zu<br />

»Do No Harm« finden sich unter:<br />

www.cdainc.com<br />

f r a g e n un d an t w o r t e n zu r zivilen k o n f l i k t b e a r b e i t u n g<br />

Was ist eigentlich<br />

»Wirkungsanalyse«?<br />

Guter Wille genügt nicht: Wie misst man, ob es einem ZFD-Projekt<br />

gelingt, Hass und Gewalt zu mindern und Verständigung zu fördern?<br />

Der oft subjektive Charakter solcher Prozesse, die Vielzahl der Akteure<br />

und Faktoren, die oft wechselhaften, langfristigen Wirkungen scheinen<br />

sich jeder Erfassung zu entziehen. Und doch sind Wirkungsnachweise<br />

nötig, zur professionellen Qualitätsentwicklung, zur Rechtfertigung<br />

der öffentlichen Mittel wie zur politischen Legitimation. Hinzu kommt<br />

die Verantwortung, dass solche Projekte nicht ungewollt konfliktverschärfend<br />

wirken (»do no harm«). In der Entwicklungszusammenarbeit<br />

haben Instrumente der Evaluierung eine jahrzehntelange Tradition.<br />

Darauf fußend wurden abgewandelte Prüfverfahren für friedensfördernde<br />

Maßnahmen entwickelt; ein Sammelbegriff ist <strong>hier</strong>»Peace and<br />

Conflict Impact Assessment« (PCIA). Die inzwischen durchgeführten<br />

Wirkungsbeobachtungen haben die Nützlichkeit, aber auch Grenzen<br />

der neuen Verfahren aufgezeigt: Messbar im strengen Sinne sind die<br />

Ergebnisse im unmittelbaren Umfeld des Projekts (»output«). Belegbar<br />

anhand illustrierender Beispiele sind Wirkungen im weiteren sozialen<br />

Umfeld, vor allem unter den Zielgruppen der Partnerorganisationen<br />

(»outcome«). Nicht belegbar sind bislang Wirkungen auf der Ebene<br />

eines Gesamt-Konflikts (»impact«); aufgrund der geringen Größe der<br />

bisherigen ZFD-Projekte können deren »impacts« im Zusammenspiel<br />

mit anderen Akteuren und Maßnahmen in dem jeweiligen Konflikt nur<br />

plausibel vermutet werden. Insofern können Methoden der Wirkungsanalyse<br />

die Einsichten aus Erfahrung, Verstand und Intuition zwar ergänzen<br />

und korrigieren, nicht aber ersetzen.<br />

n<br />

Tilman Evers


i n f o fü r sp e n d e r i n n e n un d sp e n d e r<br />

Ihre Spende schafft Frieden!<br />

Prof. em. Dr. Andreas Buro ( * 1928)<br />

war Professor für internationale Politik an der J. W. Goethe-Universität<br />

in Frankfurt am Main und ist seit über 50 Jahren ehrenamtlich<br />

in zahlreichen friedens- und bürgerrechtlichen Organisationen aktiv.<br />

Andreas Buro war der »Erfinder« des Namens »Forum Ziviler Friedensdienst«<br />

und erhielt im Jahr 2008 den renommierten Aachener Friedenspreis.<br />

Im Gespräch mit Andreas Buro<br />

Afghanistan: Dialog statt Soldaten<br />

Professor Buro, Bundesregierung und<br />

Bundestag haben beschlossen, 1.000<br />

weitere Soldatinnen und Soldaten<br />

nach Afghanistan zu entsenden. Wie<br />

beurteilen Sie diese Entscheidung vor<br />

dem Hintergrund der gegenwärtigen<br />

Situation in Afghanistan?<br />

Ich halte diese Entscheidung für<br />

falsch! Dieser Interventionskrieg<br />

dauert schon länger als der Zweite<br />

Weltkrieg. Manche Politikerinnen<br />

und Politiker rechnen mit weiteren<br />

10 bis 15 Jahren. Die Intervention<br />

wurde mithilfe der Warlords der afghanischen<br />

Nordallianz betrieben,<br />

die ganz und gar nichts mit Demokratie<br />

zu tun haben, dafür aber jetzt<br />

in der Regierung stark vertreten sind.<br />

Der Krieg wird auf dem Rücken der<br />

Bevölkerung geführt, die nicht nur<br />

»Kollateralschäden« zu tragen hat,<br />

sondern auch unter bitterer Armut<br />

leidet.<br />

Die große Mehrheit der deutschen<br />

Bevölkerung lehnt den westlichen<br />

Interventionskrieg und die deutsche<br />

Beteiligung ab. Je mehr Deutschland<br />

in diesen Krieg verstrickt wird,<br />

desto stärker wird es als Feind der<br />

islamischen Welt wahrgenommen.<br />

Dies hat für die Bevölkerung in<br />

Deutschland zunehmende Bedrohung<br />

zur Folge sowie Freiheitsbeschränkungen<br />

durch die eigene<br />

Regierung zwecks vermeintlicher<br />

Terror-Abwehr und eine sich weiter<br />

vertiefende Einbindung in das unfriedliche<br />

System der NATO-Konfliktbehandlung.<br />

Noch mehr deutsche<br />

Soldatinnen und Soldaten<br />

stärken also nicht Sicherheit und<br />

Frieden in Afghanistan, sondern<br />

verstellen die Möglichkeit für eine<br />

zivile Friedens- und Entwicklungspolitik<br />

und für gute Beziehungen zu<br />

den islamischen Ländern.<br />

In Ihrem Dossier <strong>zum</strong> Afghanistankonflikt<br />

sagen Sie, die ohnehin bescheidene<br />

internationale Entwicklungshilfe<br />

erfolge ohne frie dens -<br />

politische Strategie. Wie könnte eine<br />

solche Strategie aussehen?<br />

Erst wenn die afghanische Bevölkerung<br />

eine Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse<br />

unter Wahrung ihrer<br />

Autonomie und ihrer Würde erkennen<br />

kann, wird sie sich auch für Frieden<br />

einsetzen. Eine wesentliche<br />

Verbesserung erfährt sie jedoch<br />

nicht durch die bisherigen Tätigkeiten<br />

der ISAF-Truppen, geschweige<br />

denn durch die OEF-Kampfeinsätze.<br />

Die Masse der afghanischen<br />

Bevölkerung lebt auf dem Lande<br />

unter elenden Bedingungen. Ihr<br />

muss vor allem geholfen werden,<br />

und zwar so, dass sie ihre eigenen<br />

Bedürfnisse zur Geltung bringen<br />

kann. Dabei müssen alle Gruppierungen<br />

lokal und regional beteiligt<br />

werden, sodass sich ein innerafghanischer<br />

Dialog über die Entwicklung<br />

Monitoring-Projekt für Zivile Konfliktbearbeitung<br />

Die »Kooperation für den Frieden«, ein Zusammenschluss friedenspolitisch<br />

aktiver Organisationen und Initiativen, hat vor<br />

zwei Jahren ein »Monitoring-Projekt für Zivile Konflikt -<br />

be arbeitung, Gewalt- und Kriegsprävention« begonnen.<br />

Es soll der Öffentlichkeit die Mög lich keiten eines zivilen<br />

Umgangs mit Konflikten nahe bringen und so den Be -<br />

fürwortern der angeblich alternativlosen Aufrüstungsund<br />

Interventions politik entgegentreten.<br />

Im Rahmen des Projekts sind bisher verschiedene Pu blika -<br />

tionen erschienen: zuletzt Dossiers <strong>zum</strong> israelischpalästinensischen<br />

Konflikt sowie <strong>zum</strong> Krieg in Afghanistan.<br />

Das Dossier IV – Der Afghanistan-Konflikt<br />

(15-seitige DIN A 5-Broschüre) kann für 1,20 € zzgl. Versandkosten<br />

bestellt werden bei: Kooperation für den Frieden,<br />

Tel. 0228-69 29 04, E-Mail: info@koop-frieden.de<br />

des Landes ergibt. In Dialog und<br />

Entscheidung sind auch die den<br />

Taliban nahen Kräfte einzubeziehen.<br />

Kann der Zivile Friedensdienst mit<br />

seinen Fachkräften in der gegenwärtigen<br />

Situation in Afghanistan positiven<br />

und produktiven Einfluss ausüben?<br />

Vorstellbar ist Folgendes: Der ZFD<br />

bemüht sich um ein im weitesten<br />

Sinne entwicklungspolitisches, zugleich<br />

friedenstiftendes Projekt im<br />

armen ländlichen Bereich, das er<br />

unter Einbeziehung aller lokalen<br />

Kräfte exemplarisch betreibt. Dazu<br />

sucht er sich lokale NGO-Partner,<br />

die bereit sind, sich zu beteiligen.<br />

Das kann die Lebenssituation der<br />

Menschen dort verbessern, den<br />

Dialog verschiedener Kräfte befördern<br />

und der Anfang einer verstärkten<br />

Kooperation und Koordination<br />

der vor Ort arbeitenden NGOs sein.<br />

Ein solches Projekt könnte Schule<br />

machen.<br />

© Rainer F. Steuszloff/JOKER<br />

Wie lassen sich solche Projekte in Afghanistan<br />

durchführen, ohne dass<br />

die zivilen Helferinnen und Helfer<br />

durch Militär geschützt werden?<br />

Kein ausländisches Militär kann zivile<br />

Helferinnen und Helfer schützen.<br />

Im Gegenteil! Diese fühlen sich<br />

eher bedroht, wenn ihre Arbeit mit<br />

den Interventionstruppen in Verbindung<br />

gebracht wird. Ihre Arbeit, die<br />

mit möglichst allen Kräften im lokalen<br />

oder regionalen Bereich vereinbart<br />

worden ist, scheint mir der<br />

beste Schutz zu sein. In der bestehenden<br />

eskalierten Situation sind<br />

jedoch Angriffe nicht auszuschließen.<br />

Doch das ist gegenwärtig auch<br />

schon der Fall.<br />

In Ihrer Friedensstrategie spielt die<br />

Bundesregierung eine gewichtige<br />

Rolle als Vorreiterin einer zivilen Alternative.<br />

Die durch den Abzug der<br />

Truppen frei werdenden Mittel von<br />

etwa 500 Millionen Euro jährlich<br />

sollten für Entwicklungsprojekte verwendet<br />

werden. Welche Projekte halten<br />

Sie dabei für vorrangig?<br />

Es gilt vorrangig, den verarmten<br />

Menschen auf dem Lande zu helfen.<br />

Stichworte sind: Wasser- und medizinische<br />

Versorgung, ausreichende<br />

Ernährung, Infrastruktur, Ausbildung.<br />

Dabei ist es wichtig, vor Ort<br />

Arbeitsplätze und damit Einkommen<br />

zu schaffen, selbst wenn ausländische<br />

Firmen Arbeiten billiger ausführen<br />

könnten. Mit den Projekten<br />

sollte eine Qualifizierung der Bevölkerung<br />

verbunden werden. In diesem<br />

Sinne sollte Kabul aufgefordert<br />

werden, Importzölle <strong>zum</strong> Schutz der<br />

Inlandproduktionen einzuführen.<br />

Was können zivilgesellschaftliche Akteure<br />

in Deutschland oder anderen<br />

EU-Staaten dazu beitragen, eine friedenspolitische<br />

Wende herbeizuführen,<br />

die eine Strategie wie die von Ihnen<br />

vorgeschlagene überhaupt erst<br />

möglich machen würde?<br />

Die für Frieden eintretenden Kräfte<br />

in Afghanistan, wie die Nationale<br />

Friedens-Jirga, mit ihren Forderungen<br />

in Europa bekannt machen und ihr<br />

Kontakte vermitteln. Sich mit dem im<br />

Dossier vorgeschlagenen Konzept<br />

befassen und es in der Öffentlichkeit,<br />

in den politischen Parteien, Gewerkschaften<br />

und Kirchen, sowie in Gesellschaften<br />

der NATO-Staaten verbreiten.<br />

Die Kritik und die Gefahren<br />

der jetzigen Militärintervention in<br />

Afghanistan thematisieren und gegen<br />

diese Politik protestieren. Mit<br />

dieser Kritik Soldatinnen und Soldaten,<br />

die nach Afghanistan geschickt<br />

werden sollen, konfrontieren. n<br />

Das Interview führte André Madaus<br />

Dass die Geldanlage auf den Aktienmärkten einem Lottospiel<br />

gleichkommt, ist in den letzten Wochen mehr als deutlich ge -<br />

worden.<br />

n<br />

n<br />

Sichern Sie Ihre Geldanlage durch ein zinsloses bzw. zinsgünstiges<br />

Darlehen an das forumZFD. Ihr Geld ist damit<br />

nicht nur sicher angelegt, sondern Sie lassen es auf diese<br />

Weise auch für den Frieden arbeiten.<br />

Wir sagen Ihnen gerne, wie das geht. Rufen Sie uns an!<br />

Helfen Sie mit einer Spende, damit zivile Methoden der<br />

Konfliktbearbeitung in Zukunft stärker <strong>zum</strong> Tragen kommen.<br />

Das forumZFD ist auf Menschen mit gutem Willen in seiner<br />

Arbeit angewiesen.<br />

Spenden Sie auf das Konto 82 40 101 bei der Bank für<br />

Sozialwirtschaft (BLZ 370 20 500). Sie erhalten mit Beginn<br />

des neuen Jahres automatisch eine Zuwendungsbestätigung.<br />

Herr Thomas Oelerich (02 28 96 1192 22) steht Ihnen für Rückfragen<br />

jederzeit gerne zur Verfügung (E-Mail: oelerich@forumzfd.de).<br />

Frieden braucht SIE!<br />

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impressum<br />

Frieden braucht Fachleute – Zeitung des Forum Ziviler Friedensdienst e. V. –<br />

Ausgabe 4/2008. ISSN 1612-6858. Diese Ausgabe entstand in Zusammenarbeit mit<br />

CARE Deutschland-Luxemburg. Die Abgabe der Zeitung ist kostenfrei. Frieden braucht<br />

Fachleute erscheint viermal jährlich und wird auf 100 % Recyclingpapier gedruckt.<br />

Herausgeber: Forum Ziviler Friedensdienst (forumZFD) e. V.<br />

Wesselstraße 12 53113 Bonn Tel: 0228 9 81 45 15 kontakt@forumzfd.de<br />

www.forumzfd.de<br />

Redaktion: Christoph Bongard, André Madaus, Kerstin Meinhardt, Thomas Meinhardt,<br />

Annedore Smith, Helga Tempel, Heinz Wagner (verantw.); in dieser Ausgabe: Christina Ihle<br />

Verlag, Entwurf und Gestaltung: meinhardt, Agentur für Kommunikationsstrategien,<br />

Text und Design Magdeburgstraße 11 65510 Idstein www.meinhardt.info<br />

Druck: Druckhaus Bayreuth<br />

Spendenkonto: Kto-Nr.: 82 40 101, BLZ 370 205 00, Bank für Sozialwirtschaft

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