Brückenschlag Februar / März 2015
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Theologisches ABC<br />
Vergebung<br />
Vergebung ist nicht nur ein theologischer<br />
Begriff, sondern ein zutiefst befreiendes<br />
aktives Geschehen. Wer<br />
weiß, dass kein Mensch perfekt sein<br />
kann, sondern dass wir alle grundsätzlich<br />
der Vergebung bedürfen, weil niemand<br />
ohne Sünde leben kann, weiß<br />
auch wie wichtig Vergebung ist. Auch<br />
wenn wir uns noch so bemühen, wir<br />
können der Schuld in unserem Leben<br />
nicht ausweichen. Oft denken wir, wir<br />
sind unschuldig und schauen nicht<br />
ehrlich auf das, was sich da lähmend<br />
auf die Beziehungen legt und suchen<br />
dann zuerst den Fehler bei den anderen.<br />
Im Vaterunser, dem Gebet, das<br />
Jesus uns geschenkt hat, geht es anders<br />
herum. Da beten wir: „Vergib uns<br />
unsere Schuld wie auch wir vergeben<br />
unseren Schuldigern.“<br />
Diese Bitte zeigt die beiden Richtungen<br />
an. Gottes Vergebung geht<br />
unserer Vergebungsfähigkeit voraus.<br />
Es ist eine der wichtigsten Glaubensentscheidungen,<br />
dass ich bereit bin<br />
Gottes Vergebung in meinem Leben<br />
anzunehmen. Ihm gegenüber kann ich<br />
bekennen, was ich falsch gemacht<br />
oder gesagt oder versäumt habe, und<br />
die ganze Verstrickung in Probleme,<br />
die sich daraus ergeben. Vergebung<br />
setzt Reue und den Willen zur Besserung<br />
voraus. Wer so bekennt, dem gilt<br />
dieser Zuspruch: „Gott vergibt dir deine<br />
Schuld“. Dieser Satz bedeutet Freispruch,<br />
pure Gnade, nicht weil wir so<br />
gut, sondern weil Gott so gnädig ist.<br />
Du darfst neu anfangen, unbelastet<br />
und frei von der Schuld, die sich auf<br />
die Seele gelegt hat. Manchmal muss<br />
man die Folgen einer Schuld noch tragen,<br />
aber sie hat dann keine vernichtende<br />
Kraft mehr.<br />
Und das, was wir von Gott empfangen,<br />
sollen wir auch anderen Menschen<br />
entgegenbringen: die Bereitschaft<br />
zur Vergebung. Weil wir wissen,<br />
auch wir sind nicht perfekt, auch wir<br />
können nicht leben ohne Fehler zu<br />
machen, können und sollen auch wir<br />
dem anderen, der uns zu schaffen<br />
macht im Leben, der uns willentlich<br />
oder unwillentlich verletzt hat, mit<br />
Barmherzigkeit begegnen. Vergebung<br />
heißt nicht „Schwamm drüber“ oder<br />
„Friede, Freude, Eierkuchen“, sondern<br />
es ist oft ein schmerzhafter Prozess,<br />
zu dem das ehrliche Betrachten und<br />
Anerkennen der Schuld gehört wie<br />
auch der ehrliche Wunsch, dass ihr<br />
nicht die Macht eingeräumt wird, die<br />
Beziehung zu zerstören. Vergebung<br />
ermöglicht einen neuen Anfang im Leben,<br />
auch in unseren menschlichen<br />
Beziehungen.<br />
Lore Julius<br />
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